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Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 12. November 2015.#HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl und HSH Investment Holdings FSO Sàrl gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Bankensektor – Umstrukturierung der HSH Nordbank – Beschluss, mit dem die Beihilfe unter bestimmten Auflagen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde – Nichtigkeitsklage – Keine individuelle Betroffenheit – Minderheitsaktionär des Beihilfeempfängers – Begriff des unterschiedlichen Interesses – Teilweise Unzulässigkeit – Kapitalverwässerung.#Rechtssache T-499/12.
62012TJ0499
ECLI:EU:T:2015:840
2015-11-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62012TJ0499 URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer) 12. November 2015 (*1) „Staatliche Beihilfen — Bankensektor — Umstrukturierung der HSH Nordbank — Beschluss, mit dem die Beihilfe unter bestimmten Auflagen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde — Nichtigkeitsklage — Keine individuelle Betroffenheit — Minderheitsaktionär des Beihilfeempfängers — Begriff des unterschiedlichen Interesses — Teilweise Unzulässigkeit — Kapitalverwässerung“ In der Rechtssache T‑499/12 HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), HSH Investment Holdings FSO Sàrl mit Sitz in Luxemburg, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt H.‑J. Niemeyer, Rechtsanwältin H. Ehlers und Rechtsanwalt C. Kovács, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, T. Maxian Rusche und R. Sauer als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/477/EU vom 20. September 2011 über die Staatliche Beihilfe SA.29338 (C 29/09 [ex N 264/09]) der Bundesrepublik Deutschland an die HSH Nordbank AG (ABl. 2012, L 225, S. 1) erlässt DAS GERICHT (Achte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter (Berichterstatter), Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2015 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die HSH Nordbank AG entstand am 2. Juni 2003 aus einer Fusion der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein. Sie stellt mit ihren Filialen (im Folgenden: HSH-Gruppe) die fünftgrößte deutsche Landesbank dar. 2 Die HSH Nordbank und die HSH-Gruppe waren, so wie zahlreiche andere Finanzinstitute, den Folgen der 2007 eingetretenen Finanzkrise (im Folgenden: Subprime-Krise) ausgesetzt, die durch den Konkurs der Bank Lehman Brothers im September 2008 derart akut wurde, dass die HSH Nordbank beim Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (im Folgenden: Sonderfonds) Liquiditätsgarantien in Höhe von 30 Mrd. Euro beantragen musste. 3 Nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Stellungnahme abgegeben hatte, wonach die Gewährung einer solchen Garantie es schwerlich erlaube, die im deutschen Recht vorgesehenen Anforderungen an das Eigenkapital einzuhalten, beantragte die Bundesrepublik Deutschland bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 30. April 2009 die Bewilligung von zwei Beihilfemaßnahmen, nämlich erstens einer Rekapitalisierung in Höhe von 3 Mrd. Euro (im Folgenden: Rekapitalisierung) durch die Ausgabe von Aktien der HSH Nordbank und deren vollständige Zeichnung durch eine öffentlich-rechtliche Anstalt, den HSH Finanzfonds AöR (im Folgenden: HSH Finanzfonds) – errichtet und kontrolliert von den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein, in deren Eigentum dieser Finanzfonds zu gleichen Teilen steht –, und zweitens einer sogenannten „Zweitverlustgarantie“ in Höhe von 10 Mrd. Euro (im Folgenden: Risikoabschirmung), die dem Schutz der HSH Nordbank vor Verlusten dienen sollte, die ihr Portfolio an wertgeminderten Aktiva beeinträchtigen könnten, um so die Kernkapitalquoten der Bank zu stärken. Die „Erstverlusttranche“ ging zulasten der HSH Nordbank selbst. 4 Mit ihrer Entscheidung vom 29. Mai 2009 über die staatliche Beihilfe N 264/09 (ABl. C 179, S. 1) genehmigte die Kommission die Rekapitalisierung und die Risikoabschirmung als Maßnahmen zur Rettung der HSH-Gruppe gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG für den Zeitraum von sechs Monaten und forderte die Bundesrepublik Deutschland auf, ihr innerhalb von drei Monaten einen Umstrukturierungsplan vorzulegen. 5 Die beiden genannten Bundesländer gewährten der HSH Nordbank die fraglichen Beihilfemaßnahmen im Mai und Juni 2009. Aufgrund der Rekapitalisierung bewilligte der Sonderfonds der HSH Nordbank einen Teil der beantragten Liquiditätsgarantien in Höhe von 17 Mrd. Euro (im Folgenden: Liquiditätsgarantie). 6 Am 1. September 2009 legte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission einen Umstrukturierungsplan der HSH-Gruppe vor. 7 Die Kommission eröffnete wegen der Rekapitalisierung und der Risikoabschirmung am 22. Oktober 2009 das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Verfahren. Die Beteiligten wurden aufgefordert, ihre Stellungnahmen innerhalb von zwei Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union am 21. November 2009 (ABl. C 281, S. 42) abzugeben. In diesem Rahmen beantragten die von der amerikanischen Gesellschaft JC Flowers & Co. LLC beratenen Anlagefonds, darunter die Klägerinnen, die HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl und die HSH Investment Holdings FSO Sàrl, am 3. Dezember 2009 eine Fristverlängerung, um ihre Stellungnahmen abzugeben, die ihnen gewährt wurde. Die betreffenden Stellungnahmen gingen der Kommission am 17. Dezember 2009 zu, nachdem am 2. Dezember 2009 ein Treffen zwischen der Kommission und sämtlichen Beteiligten, darunter auch der u. a. die Klägerinnen vertretenden JC Flowers & Co, stattgefunden hatte. 8 Die von JC Flowers & Co. beratenen Anlagefonds, die vor der Rekapitalisierung zusammen 25,67 % des Kapitals der HSH Nordbank gehalten hatten, hielten danach nur noch 9,19 % dieses Kapitals, da sie sich an der Rekapitalisierung freiwillig nicht beteiligt hatten. 9 Um zusätzlichen, zwischen Oktober 2009 und Juni 2011 mitgeteilten Informationen zum angestrebten Umstrukturierungskonzept Rechnung zu tragen, legte die Bundesrepublik Deutschland am 11. Juli 2011 einen geänderten Umstrukturierungsplan vor. 10 Mit dem Beschluss 2012/477/EU vom 20. September 2011 über die Staatliche Beihilfe SA.29338 (C 29/09 [ex N 264/09]) der Bundesrepublik Deutschland an die HSH Nordbank (ABl. 2012, L 225, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Kommission fest, dass die Rekapitalisierung, die Risikoabschirmung und die Liquiditätsgarantie staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, aber mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, sofern die Bundesrepublik Deutschland die Einhaltung der der Kommission gegebenen Verpflichtungszusagen, die in den Anhängen I und III des angefochtenen Beschlusses aufgelistet waren, und der von der Kommission erteilten Auflagen, die sich im Anhang II dieses Beschlusses befanden, sicherstelle. 11 Nach Ziff. 1.11 („Einmalzahlung und Kapitalerhöhung“) des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses mussten der HSH Finanzfonds und die HSH Nordbank den am 2. Juni 2009 geschlossenen Vertrag über die Bereitstellung eines Garantierahmens dahin gehend ändern bzw. durch weitere Dokumentation ergänzen, „dass ein Anspruch de[s] HSH Finanzfonds … gegen die HSH [Nordbank] auf eine Einmalzahlung im Nominalwert von 500 Mio. Euro begründet wird“ (im Folgenden: Einmalzahlung). Die Einmalzahlung bestand aus der Zahlung eines Betrags von 500 Mio. Euro durch die HSH Nordbank an den HSH Finanzfonds; dieser Betrag musste anschließend nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Ziff. 1.11 des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses als „Sachkapitalerhöhung“ in die HSH Nordbank eingebracht werden. Nach Ziff. 1.13 dieses Anhangs musste die Erhöhung des Gesellschaftskapitals in Höhe des vorgenannten Betrags zugunsten des HSH Finanzfonds „unter Ausschluss des Bezugsrechts der Minderheitsaktionäre“ oder aber – falls sie im Wege einer gemischten Sach-/Barkapitalerhöhung mit Bezugsrecht aller Aktionäre stattfinden sollte – unter der Bedingung erfolgen, dass der HSH Finanzfonds an der Kapitalerhöhung nicht in Form eines Baranteils beteiligt ist. 12 In Ziff. 3 („Dividendenverbot“) dieses Anhangs heißt es weiter: „[Die] HSH [Nordbank] zahlt bis zum Geschäftsjahr 2014 (einschließlich des Geschäftsjahrs, das am 31. Dezember 2014 endet) keine Dividenden.“ 13 Außerdem bestimmt Ziff. 4 („Schutz von Rücklagen“) dieses Anhangs, dass „[i]m Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016 … Dividendenzahlungen nur bis zur Höhe von 50 % des Jahresüberschusses des jeweils abgelaufenen Geschäftsjahres erfolgen“ dürfen, und zudem nur „insoweit …, als dadurch die Einhaltung der Vorschriften über die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute nach Basel III auch mittelfristig nicht gefährdet wird“. Verfahren und Anträge der Parteien 14 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 13. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 15 Am 1. Februar 2013 hat die Kommission ihre Klagebeantwortung eingereicht. 16 Die Erwiderung der Klägerinnen ist am 15. April 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. Die Gegenerwiderung ist dort am 11. Juni 2013 eingegangen. 17 Infolge der teilweisen Neubesetzung des Gerichts wurde der Berichterstatter der Achten Kammer zugeteilt, der daher die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist. 18 Die Klägerinnen beantragen, — den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 19 Die Kommission beantragt, — die Klage als unzulässig abzuweisen; — hilfsweise, den fünften Klagegrund im 2. Teil, B. I und die Angriffsmittel im 2. Teil, B. II als unzulässig abzuweisen; — weiter hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. 20 Die Kommission hat zwei weitere Anträge, die sie äußerst hilfsweise gestellt hatte, zurückgenommen, was im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2015 vermerkt worden ist. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit 21 Die Klägerinnen tragen vor, sie seien hinsichtlich der vorliegenden Klage klagebefugt, da der angefochtene Beschluss sie in ihrer Eigenschaft als Aktionärinnen der HSH Nordbank unmittelbar und individuell im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betreffe. Die Rechtsprechung erkenne (Allein- oder Mit-)Eigentümern das Recht zu, Klage bei einem Unionsgericht zu erheben. Außerdem hätten sie sich aktiv am Verfahren beteiligt, das zur Annahme des angefochtenen Beschlusses geführt habe. 22 Die Kommission tritt diesem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. Ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, macht sie geltend, dass die Klage unzulässig sei. 23 Nach der Rechtsprechung braucht bei fehlendem Rechtsschutzinteresse nicht geprüft zu werden, ob die klagende Partei von der angefochtenen Entscheidung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell betroffen ist (Urteil vom 18. Dezember 2003, Fern Olivieri/Kommission und EMEA, T‑326/99, Slg, EU:T:2003:351, Rn. 66, und Beschluss vom 15. Mai 2013, Post Invest Europe/Kommission, T‑413/12, EU:T:2013:246, Rn. 17). 24 Das Rechtsschutzinteresse ist nämlich die wesentliche und erste Voraussetzung jeder Klage. Eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist somit nur zulässig, soweit die klagende Partei ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung besitzt. Das Bestehen des Rechtsschutzinteresses bei einer klagenden Partei setzt voraus, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann, dass also die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann und dass diese ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung nachweist (Urteil vom 19. Juni 2009, Socratec/Kommission, T‑269/03, EU:T:2009:211, Rn. 36, und Beschluss Post Invest Europe/Kommission, oben in Rn. 23 angeführt, EU:T:2013:246, Rn. 22). 25 Nach der Rechtsprechung hat die klagende Partei ihr Rechtsschutzinteresse nachzuweisen (Beschluss vom 31. Juli 1989, S./Kommission, C‑206/89 R, Slg, EU:C:1989:333, Rn. 8, und Urteil vom 14. April 2005, Sniace/Kommission, T‑141/03, Slg, EU:T:2005:129, Rn. 31). Sie muss insbesondere ein persönliches Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung darlegen. Es muss sich dabei um ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse handeln, wofür auf den Tag der Klageerhebung abzustellen ist (Urteile Sniace/Kommission, EU:T:2005:129, Rn. 25, und vom 20. September 2007, Salvat père & fils u. a./Kommission, T‑136/05, Slg, EU:T:2007:295, Rn. 34). 26 Allerdings überschneidet sich, wenn ein nicht privilegierter Kläger eine Nichtigkeitsklage gegen eine nicht an ihn gerichtete Handlung erhebt, das Erfordernis, dass die verbindlichen Rechtswirkungen der angefochtenen Maßnahme geeignet sein müssen, die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen, mit den Voraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV (Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, Slg, EU:C:2011:656, Rn. 38, und vom 16. Oktober 2014, Alro/Kommission, T‑517/12, Slg, EU:T:2014:890, Rn. 25). 27 Um zu beurteilen, ob die Klägerinnen den angefochtenen Beschluss im Wege einer Klage anfechten können, ist daher zu prüfen, ob dieser eine Handlung darstellt, die ihnen gegenüber verbindliche Rechtswirkungen entfaltet (vgl. in diesem Sinne Urteile Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2011:656, Rn. 40, und Alro/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2014:890, Rn. 26). 28 Ferner ist das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach seiner allgemeinen Systematik ein Verfahren, das gegenüber dem Mitgliedstaat eröffnet wird, der für die Gewährung der Beihilfe verantwortlich ist (Urteil vom 24. März 2011, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, T‑443/08 und T‑455/08, Slg, EU:T:2011:117, Rn. 50, und Beschluss vom 19. Februar 2013, Provincie Groningen u. a./Kommission, T‑15/12 und T‑16/12, EU:T:2013:74, Rn. 41). 29 Wird gegen einen Beschluss, mit dem das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt worden ist, nicht von dem betroffenen Mitgliedstaat, sondern von einer natürlichen oder juristischen Person Nichtigkeitsklage erhoben, so ist diese Klage folglich, wenn es sich um eine individuelle Beihilfe und nicht um eine Beihilferegelung handelt, nur insoweit zulässig, als diese Person von der angefochtenen Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell betroffen ist. 30 Nach ständiger Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nur dann individuell betroffen sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer solchen Entscheidung (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg, EU:C:1963:17, S. 213, und vom 17. Juli 2014, Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, T‑457/09, Slg, EU:T:2014:683, Rn. 80). 31 Schließlich kann eine Person, wenn sie kein Rechtsschutzinteresse geltend machen kann, das sich von dem eines Unternehmens unterscheidet, das von einer Handlung der Union betroffen ist und an dessen Kapital sie beteiligt ist, ihre Interessen gegenüber dieser Handlung nur durch Ausübung ihrer Rechte als Teilhaberin dieses Unternehmens, das seinerseits ein Klagerecht hat, verteidigen (Urteil vom 20. Juni 2000, Euromin/Rat, T‑597/97, Slg, EU:T:2000:157, Rn. 50, Beschluss vom 27. März 2012, European Goldfields/Kommission, T‑261/11, EU:T:2012:157, Rn. 21, Beschluss Post Invest Europe/Kommission, oben in Rn. 23 angeführt, EU:T:2013:246, Rn. 24, und Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 112). 32 Allerdings enthebt die bloße Tatsache, dass die Kommission in ihrem Beschluss eine Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt und dieser Beschluss somit für den Beihilfeempfänger grundsätzlich keine Beschwer darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, oben in Rn. 28 angeführt, EU:T:2011:117, Rn. 52), den Unionsrichter nicht der Prüfung, ob die Beurteilung der Kommission verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, die die Interessen des Beihilfeempfängers beeinträchtigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2002, Nuove Industrie Molisane/Kommission, T‑212/00, Slg, EU:T:2002:21, Rn. 38, Urteil Salvat père & fils u. a./Kommission, oben in Rn. 25 angeführt, EU:T:2007:295, Rn. 36, und Beschluss Provincie Groningen u. a./Kommission, oben in Rn. 28 angeführt, EU:T:2013:74, Rn. 32). 33 Darüber hinaus kann eine klagende Partei aufgrund ihrer aktiven Beteiligung am Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, nach der Rechtsprechung nur dann individuell betroffen sein, wenn es um besondere Konstellationen geht, in denen sie eine klar umschriebene und mit dem Gegenstand der Entscheidung eng zusammenhängende Stellung als Verhandlungspartner einnimmt, die für sie tatsächliche Umstände begründet, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 9. September 2013, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria/Kommission, T‑429/11, EU:T:2013:488, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34 Anhand dieser Grundsätze ist zu bestimmen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Klage zulässig ist, wobei außer Zweifel steht, dass die Klägerinnen unmittelbar betroffen sind, was im Übrigen zwischen den Parteien nicht in Streit steht. 35 Im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Beschluss einen Art. 1, in dessen Abs. 1 die Kommission die Rekapitalisierung, die Risikoabschirmung und die Liquiditätsgarantie als staatliche Beihilfen einstuft und in dessen Abs. 2 sie diese Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar wertet. Nach Art. 2 dieses Beschlusses muss der am 1. September 2009 übermittelte ursprüngliche Umstrukturierungsplan, der zuletzt entsprechend der Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland vom 11. Juli 2011 geändert wurde, einschließlich der Auflagen in Anhang II des Beschlusses von der Bundesrepublik Deutschland im Einklang mit dem vorgegebenen Zeitplan umgesetzt werden. Nach diesem Anhang ist, wie in den vorstehenden Rn. 11 bis 13 ausgeführt, Voraussetzung für die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Binnenmarkt zum einen die Einmalzahlung und zum anderen das Verbot bzw. die Beschränkung von Dividendenzahlungen. 36 Die Klagegründe gliedern sich in zwei Gruppen. Im zweiten Teil der Klageschrift beantragen die Klägerinnen, den angefochtenen Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, und stützen sich dabei auf fünf Klagegründe. Im ersten Teil der Klageschrift beantragen sie, den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären, soweit die Kommission mit diesem Beschluss ihnen als Minderheitsaktionären Auflagen erteilt hat. Insoweit machen sie acht Klagegründe geltend. 37 Zu prüfen ist die Zulässigkeit der Klage, soweit es um die Anträge auf vollständige Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses geht. 38 Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Klage nicht vom durch die Beihilfemaßnahmen Begünstigten, sondern von dessen Minderheitsaktionären erhoben worden ist. Zweitens vertritt die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass diese Maßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, sofern bestimmte Auflagen eingehalten würden, darunter die Einmalzahlung und das Verbot bzw. die Beschränkung von Dividendenzahlungen. Drittens treffen die Pflichten, die sich aus diesen Auflagen ergeben, nach dem Wortlaut des verfügenden Teils und des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses die Bundesrepublik Deutschland als dessen Adressat sowie die HSH Nordbank und den HSH Finanzfonds als juristische Personen, denen die betreffenden Auflagen erteilt wurden. 39 An erster Stelle ist daher zu prüfen, ob sich die Klägerinnen als Minderheitsaktionäre in Anbetracht des Inhalts des angefochtenen Beschlusses auf ein Rechtsschutzinteresse berufen können, das sich von dem der HSH Nordbank selbst unterscheidet, wie es die in der vorstehenden Rn. 31 angeführte Rechtsprechung verlangt. 40 Zunächst ist festzustellen, dass, was Art. 1 des angefochtenen Beschlusses angeht, mit dem die Kommission die betreffenden Beihilfemaßnahmen als für mit dem Binnenmarkt vereinbar einstuft, das Interesse der Klägerinnen sich mit dem der HSH Nordbank überschneidet. 41 Die HSH Nordbank wäre nämlich ohne die Rettungsmaßnahmen in Gestalt der Rekapitalisierung, der Risikoabschirmung und der Liquiditätsgarantie sehr wahrscheinlich in die Insolvenz gefallen, und ihre Minderheitsaktionäre hätten mit ansehen müssen, wie ihre Beteiligung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einem Schleuderpreis veräußert oder sogar wertlos geworden wäre, und hätten damit ihre Investition in das Kapital der HSH Nordbank verloren. Als Beleg für dieses Szenario reicht ein Blick in die Buchhaltungsdaten in Tabelle 1 des angefochtenen Beschlusses, wonach die HSH Nordbank im Jahr 2008 einen Verlust in Höhe von 3,195 Mrd. Euro (ihr verbliebenes Eigenkapital betrug laut dem Geschäftsbericht für dieses Jahr etwas mehr als 2 Mrd. Euro) und im Jahr 2009 einen Verlust in Höhe von 838 Mio. Euro verzeichnete. Das kumulierte Defizit der HSH Nordbank betrug zum 31. Dezember 2009 1,851 Mrd. Euro. 42 Ferner haben die Klägerinnen, die sich nicht an der Rekapitalisierung beteiligt hatten, obwohl sie es rechtlich gekonnt hätten (vgl. die Erwägungsgründe 255 und 256 des angefochtenen Beschlusses), trotzdem von den Rettungsmaßnahmen profitiert, ohne dass sie zunächst andere Folgen tragen mussten als die Verwässerung ihrer Beteiligung infolge der Rekapitalisierung. Ihr Interesse deckte sich somit im vorliegenden Fall eindeutig mit dem der Gesellschaft, das darin bestand, die staatlichen Beihilfen zu erhalten, um den Fortbestand der Gesellschaft zu ermöglichen. 43 Schließlich wäre die Bundesrepublik Deutschland, wenn die Beihilfemaßnahmen als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehen worden wären, gezwungen gewesen, die Beihilfen von der HSH Nordbank zurückzufordern, was sich wiederum entsprechend der Beteiligung der Klägerinnen am Kapital der HSH Nordbank auf die Klägerinnen ausgewirkt hätte. 44 Somit ist festzustellen, dass die Klägerinnen, soweit sich ihre Klage auf Art. 1 des angefochtenen Beschlusses bezieht, kein Rechtsschutzinteresse dargetan haben, das sich von dem der HSH Nordbank unterscheidet, sofern unterstellt wird, dass die HSH Nordbank selbst ein Interesse an der Anfechtung dieses Artikels gehabt hätte. Die Klägerinnen können daher nicht als individuell betroffen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV angesehen werden. 45 An zweiter Stelle muss geprüft werden, ob die Klägerinnen das letztgenannte Kriterium – wie sie meinen – aufgrund ihrer Beteiligung am Verwaltungsverfahren erfüllen. Hierzu ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen zwar wie sämtliche von JC Flowers & Co. beratenen Anlagefonds am Verwaltungsverfahren beteiligt haben, aber nicht als Verhandlungspartner im Sinne der in der vorstehenden Rn. 33 angeführten Rechtsprechung oder als unmittelbare Empfänger der Beihilfe konsultiert wurden, sondern als einfache Beteiligte. Folglich reicht die Beteiligung der Klägerinnen am Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall nicht, um sie als individuell betroffen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV anzusehen. 46 Die Klägerinnen haben somit nicht nachgewiesen, dass sie ein Interesse daran hatten, die Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses zu beantragen, und die Klage ist somit unzulässig, was die zweite Gruppe von Klagegründen betrifft, mit denen sie die Nichtigerklärung des gesamten Beschlusses fordern. 47 Die Zulässigkeit der Klage ist außerdem in Bezug auf die erste Gruppe von Klagegründen zu prüfen, mit denen die teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses begehrt wird, soweit die Kommission den Klägerinnen mit diesem Beschluss als Minderheitsaktionären Verpflichtungen auferlegt haben soll. 48 Wie in der vorstehenden Rn. 38 ausgeführt, bezieht sich der Wortlaut des verfügenden Teils und des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses in keiner Weise auf die Klägerinnen. Dort werden als juristische Personen – außer dem betroffenen Mitgliedstaat – lediglich die HSH Nordbank, die von den in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen begünstigt wird, und der HSH Finanzfonds, der Mehrheitsaktionär der HSH Nordbank ist, genannt. Die Zulässigkeit der Klage, soweit sie die Nichtigerklärung der der HSH Nordbank erteilten Auflagen zum Gegenstand hat – d. h. die von den Klägerinnen angesprochenen Aspekte, nämlich erstens die Einmalzahlung, zweitens das Verbot von Dividendenzahlungen und drittens deren Beschränkung –, erfordert somit, dass die Klägerinnen ein Rechtsschutzinteresse geltend machen, das sich von dem der HSH Nordbank unterscheidet, was voraussetzt, dass die genannten Auflagen ihnen gegenüber verbindliche Rechtswirkungen erzeugen. 49 Um festzustellen, ob ein solches Rechtsschutzinteresse vorliegt, müssen die Kriterien angewandt werden, die im Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission (oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683) genannt sind. 50 In diesem Urteil hat es das Gericht als teilweise zulässig erachtet, dass ein Minderheitsaktionär einer Gesellschaft, die staatliche Beihilfen erhalten hatte, die als gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen wurden, gegen die Entscheidung der Kommission klagt, soweit diese die Aktionäre verpflichtet hatte, die Gesellschaft an einen unabhängigen Dritten zu veräußern, was für diese – wie das Gericht feststellte – bedeutete, „innerhalb fester Fristen auf ihr Eigentum an der [betreffenden Gesellschaft] zu verzichten“ (Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 116). 51 Es stellte allerdings fest, „dass ein Aktionär einer deutschen Aktiengesellschaft neben seinen Mitwirkungsrechten lediglich Anspruch auf Gewinnverteilung und auf eine Beteiligung an einem etwaigen Liquidationserlös im Fall einer Auflösung der Gesellschaft hat“ und die Stellung als Aktionär keine Rechte „an den Vermögenswerten der Gesellschaft“ verleiht (Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 118). 52 Da die HSH Nordbank eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts ist, lassen sich die vom Gericht herausgearbeiteten und in den vorstehenden Rn. 50 und 51 dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen. 53 Die Einmalzahlung erfolgte in Anwendung von Art. 2 des angefochtenen Beschlusses, wonach „Deutschland … sicher[stellt], dass der … ursprüngliche Umstrukturierungsplan … einschließlich des Zusagenkatalogs in den Anhängen I und III und der Auflagen in Anhang II vollständig im Einklang mit dem im Zusagen- und Auflagenkatalog angegebenen Zeitplan umgesetzt wird“. 54 Aus den in der vorstehenden Rn. 11 dargestellten Bestimmungen der Ziff. 1.11 und 1.13 des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses im Zusammenhang gelesen geht ferner hervor, dass die Einmalzahlung in Wirklichkeit ein komplexer Vorgang ist, der sich nicht allein auf die Zahlung im engeren Sinne beschränkt. Dieser Vorgang beinhaltet drei unterschiedliche Aspekte. 55 Erstens nimmt die HSH Nordbank eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Mio. Euro zugunsten des HSH Finanzfonds vor, wodurch sich die Aktiva der HSH Nordbank vermindern und die des HSH Finanzfonds wachsen. Zweitens wird dieser Betrag gleichzeitig vom HSH Finanzfonds eingesetzt, um neue Aktien der HSH Nordbank zu erwerben und damit seine Beteiligung an deren Kapital zu erhöhen. Drittens mindert diese Kapitalerhöhung, die ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds erfolgt, automatisch den Anteil, der von den anderen Aktionären, darunter die Klägerinnen, gehalten wurde. 56 Was den ersten Aspekt betrifft, heißt es – worauf in der vorstehenden Rn. 51 bereits hingewiesen worden ist – im Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission (vorstehend in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 118) wörtlich: „Die Stellung als Aktionär verleiht nach deutschem Recht … keine Rechte an den Vermögenswerten der Gesellschaft.“ Speziell Fragen, die die Reduzierung von Posten auf der Aktivseite der Bilanz betreffen, hängen mit der Geschäftstätigkeit der betroffenen Gesellschaft und dem Verkauf oder der Abwicklung ihres Vermögens zusammen. Die betroffene Gesellschaft kann daher jedes Argument gegen die von der Kommission hierzu erlassenen Maßnahmen uneingeschränkt selbst geltend machen (vgl. in diesem Sinne Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 117). Bedingungen, die die Reduzierung der Aktivseite der Bilanz einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts betreffen, können daher die Rechte der Aktionäre dieser Aktiengesellschaft nicht beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 118). Was somit die eigentliche Zahlung als solche angeht, können sich die Klägerinnen nicht auf ein Interesse berufen, das sich von dem der HSH Nordbank unterscheidet. 57 Hinsichtlich des zweiten Aspekts sieht der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses eine Option vor, nämlich entweder die schlichte Verwendung der 500 Mio. Euro für eine Erhöhung des Sachkapitals der HSH Nordbank zugunsten des HSH Finanzfonds oder die Kombination dieser Sachkapitalerhöhung mit einer Barkapitalerhöhung durch die Minderheitsaktionäre. Nach Ziff. 1.13 des Anhangs II des angefochtenen Beschlusses bleibt es allerdings dem HSH Finanzfonds und der HSH Nordbank „vorbehalten, die Form der Kapitalerhöhung zu wählen, welche eine zügigere Umsetzung und Eintragung in das Handelsregister garantiert“. Aus diesen beiden Bestimmungen im Zusammenhang gelesen ergibt sich, dass die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss der von der Beihilfe begünstigten Gesellschaft und ihrem Mehrheitsaktionär erlaubt hat, gegebenenfalls das Eigentumsrecht der Minderheitsaktionäre durch ein Verbot des Erwerbs neuer Aktien einzuschränken, was im Widerspruch zu den normalen Abläufen bei einer Aktiengesellschaft steht. In der Praxis wurde übrigens die Option gewählt, bei der die Minderheitsaktionäre, darunter die Klägerinnen, ausgeschlossen wurden. Somit ist festzustellen, dass dieses Verbot, auch wenn es nur potenziell ist, das Eigentumsrecht der Klägerinnen beeinträchtigt (Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 116), indem es ein mögliches Hindernis für die Ausübung dieses Rechts schafft, da den Minderheitsaktionären die Möglichkeit versagt wird, ihren relativen Anteil am Kapital der HSH Nordbank zu behalten. Diese Versagung beschränkt auch im entsprechenden Umfang die Gesellschafterrechte des Aktionärs; dessen Entscheidungsbefugnis wird nicht durch das freie Spiel des Marktes, sondern durch den angefochtenen Beschluss eingeschränkt, der daher insoweit in Bezug auf die Minderheitsaktionäre, zu denen die Klägerinnen gehören, Rechtswirkungen entfaltet (vgl. in diesem Sinne Urteil Alro/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2014:890, Rn. 26). 58 Was den dritten Aspekt betrifft, beeinträchtigt die Verwendung eines Teils der flüssigen Mittel der HSH Nordbank für deren Rekapitalisierung ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds die Rechte der Klägerinnen als Aktionäre nicht nur – wie in der vorstehenden Rn. 57 dargestellt – wegen ihres geringeren Gewichts in den Entscheidungsorganen der HSH Nordbank, sondern auch deswegen, weil infolge der Minderung des Nominalwerts der einzelnen Aktie ihre Vergütung im Verhältnis zu einem festgelegten Geldbetrag (dem Teil des Gewinns, der in Form von Dividenden ausgeschüttet werden kann) geringer ausfällt. 59 Alles in allem haben die Klägerinnen in Bezug auf den zweiten und den dritten Aspekt (siehe oben, Rn. 57 und 58) ein persönliches Rechtsschutzinteresse nachgewiesen, das sich von dem der HSH Nordbank unterscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, EU:T:2014:683, Rn. 120). Denn die Einmalzahlung ist für die Gesellschaft neutral, da der Abfluss von flüssigen Mitteln in Höhe von 500 Mio. Euro gleichzeitig durch eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals um 500 Mio. Euro ausgeglichen wurde. 60 Die Klage ist daher insoweit zulässig, als die Klägerinnen dadurch unmittelbar und individuell von dem angefochtenen Beschluss betroffen sind, dass die Kommission dort als Auflage eine Erhöhung des Kapitals der HSH Nordbank ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds vorschreibt. 61 Was darüber hinaus das bis zum 31. Dezember 2014 geltende Verbot von Dividendenausschüttungen und die zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Dezember 2016 zu den in der vorstehenden Rn. 13 genannten Bedingungen geltende Beschränkung etwaiger Dividendenzahlungen angeht, beziehen sich diese Maßnahmen zweifelsohne auf die Verteilung des Gewinns der Gesellschaft im Sinne der in der vorstehenden Rn. 51 angeführten Rechtsprechung. Diese notwendige Bedingung ist jedoch nicht hinreichend, da es eines Interesses bedarf, dass den Klägerinnen eigen ist, d. h., dass sie insoweit in ihrer Eigenschaft als Minderheitsaktionäre ein Interesse haben, das sich von dem der HSH Nordbank unterscheidet. 62 Zum einen kann eine Gesellschaft nämlich ein Interesse daran haben, Dividenden auszuschütten, um ihre Aktionäre an sich zu binden und diese für ihre Investition zu belohnen, und deshalb von einer Maßnahme beeinträchtigt sein, die eine solche Ausschüttung verbietet bzw. einschränkt, so dass eine Klage dieser Gesellschaft gegen eine solche Maßnahme zulässig wäre. Zum anderen kommt ihr ein Verzicht auf Dividendenausschüttungen zugute, weil sie ihre Eigenkapitaldecke stärkt, was das von der Kommission in Bezug auf die HSH Nordbank verfolgte Ziel war. Das Interesse des Aktionärs ist in starkem Maße umstandsabhängig. Im Allgemeinen ist das kurzfristige Interesse eines Aktionärs, so bald wie möglich eine Investitionsrendite und somit eine Dividendenausschüttung zu erhalten. Mittel- und langfristiges Ziel des Aktionärs ist die Entwicklung der Gesellschaft, z. B., um bei der Veräußerung seiner Aktien einen Mehrwert zu erzielen, und in Krisenzeiten, wenn sich das Ziel einer Entwicklung der Gesellschaft als unerreichbar erweist, deren Erhalt oder Gesundung. 63 Im vorliegenden Fall sind die Interessen der Aktionäre, seien sie Minderheits- oder Mehrheitsaktionäre, und die der Gesellschaft deckungsgleich. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass, um die Rettung der HSH Nordbank zu ermöglichen, die HSH Nordbank und die Gesamtheit ihrer Aktionäre das gemeinsame Interesse hatten, die Eigenkapitalquote der HSH Nordbank zu erhöhen, um dieser zu ermöglichen, ihr Rating zu verbessern und neue Investoren anzuziehen. Den Klägerinnen ist somit im Zusammenhang mit dem Verbot bzw. der Einschränkung von Dividendenausschüttungen ein eigenes Interesse abzusprechen. Daher sind sie von dem angefochtenen Beschluss insoweit nicht individuell betroffen. 64 Zudem tragen die Kläger – wie die Kommission zutreffend bemerkt – weder einen fundierten Klagegrund noch ein substantiiertes Argument vor, um ihren Antrag auf Nichtigerklärung des Verbots bzw. der Einschränkung von Dividendenausschüttungen zu stützen. 65 Demzufolge ist die Klage – mit Ausnahme des Antrags auf Nichtigerklärung der Auflage, das Kapital der HSH Nordbank ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds zu erhöhen, bei der die Klägerinnen ihre unmittelbare und individuelle Betroffenheit im Sinne von Art. 263 AEUV nachgewiesen haben – unzulässig. Denn zum einen sind die Klägerinnen vom angefochtenen Beschluss nicht individuell betroffen. Zum anderen enthält die Klageschrift zudem hinsichtlich der Auflage, die die Ausschüttung von Dividenden verbietet bzw. einschränkt, nicht die nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erforderlichen Angaben. Zur Begründetheit Zu den „allgemeinen“ Klagegründen des ersten Teils der Klageschrift 66 Von den acht Klagegründen, die die Klägerinnen im Rahmen des ersten Teils ihrer Klage geltend machen und die als zulässig angesehen werden können, sind zunächst die Klagegründe zu prüfen, die als „allgemein“ eingestuft werden können, allerdings unter Berücksichtigung des in der vorstehenden Rn. 65 festgestellten Ergebnisses, d. h. nur, soweit sie sich auf die Einmalzahlung beziehen. – Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht 67 An erster Stelle ist auf den zweiten Klagegrund einzugehen, mit dem die Klägerinnen rügen, dass die Kommission gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen habe, indem sie nicht ausreichend dargelegt habe, weshalb die Klägerinnen eine mittelbare staatliche Beihilfe erhalten haben sollen und aus welchen Gründen der Unternehmenswert der HSH Nordbank unzutreffend ermittelt worden sein soll. 68 Vorab ist kurz darzustellen, weshalb die Klägerinnen als mittelbare Empfänger einer staatlichen Beihilfe einzustufen sein könnten. Im vorliegenden Fall zogen die Minderheitsaktionäre der HSH Nordbank über diese juristische Person, deren Aktionäre sie sind, Vorteile aus den Beihilfemaßnahmen, die dieser unmittelbar und in ihrem Namen zugutekamen, insbesondere aus der Rekapitalisierung – und zwar im Gegensatz zu den Hauptaktionären der HSH Nordbank, ohne dass sie sich an der Rekapitalisierung beteiligt hatten. Die Kommission hat die Ansicht vertreten (siehe u. a. die Erwägungsgründe 245 und 275 des angefochtenen Beschlusses), dass eine solche mittelbare Beihilfe vorliegen würde, sofern nicht die in Anhang II des angefochtenen Beschlusses festgelegten Auflagen erfüllt würden, mit denen die unmittelbare Beihilfe (die allein Gegenstand des förmlichen Prüfverfahrens war) mit dem Binnenmarkt vereinbar gemacht werden sollte. 69 Der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes, mit dem gerügt wird, die Kommission habe nicht dargelegt, weshalb die Klägerinnen eine mittelbare staatliche Beihilfe erhalten haben sollen, geht in tatsächlicher Hinsicht fehl. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen hat die Kommission in den Rn. 247 bis 262 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, weshalb eine solche mittelbare Beihilfe ohne eine neue Verteilung der Lasten unter den Aktionären vorliegen würde und aus welchen Gründen sie sich veranlasst sah, die von der Bundesrepublik Deutschland und Dritten erhobenen Einwände zurückzuweisen. 70 So wird im 247. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass „[d]er den Minderheitsaktionären indirekt gewährte Vorteil … dadurch [entstand], dass die öffentlichen Eigentümer auf die zusätzliche Beteiligung an der HSH [Nordbank] verzichteten, die sie erhalten hätten, wenn der Preis der neuen Anteile korrekt festgesetzt worden wäre“, und dass „ein kausaler Zusammenhang zwischen den aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen an die HSH [Nordbank] und dem Vorteil für die Minderheitsaktionäre“ bestand. Im 248. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weist die Kommission darauf hin, dass – entgegen den vorerwähnten Einwänden – der Vorteil, den die Minderheitsaktionäre erhalten hätten, sehr wohl vom Staat komme, da bei der Beschlussfassung über die Rekapitalisierung, die Anzahl der Anteile und deren Preis auf der Hauptversammlung „die öffentlichen Eigentümer … als Anteilseigner vertreten [waren] und … in ihrer Eigenschaft als öffentliche Einrichtungen [handelten]“. 71 In den Erwägungsgründen 249 bis 253 des angefochtenen Beschlusses wird dargetan, dass die zu geringe Verwässerung des Kapitals nach der Rekapitalisierung, wenn ihr nicht abgeholfen würde, eine Beihilfe darstellen würde. 72 Die Kommission war außerdem der Ansicht, dass der Vergleich mit einer ihrer früheren Entscheidungen zur Lastenverteilung zwischen den Aktionären nicht maßgeblich sei (254. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und hat ausgeführt, dass die finanziellen Beiträge, die die Minderheitsaktionäre geleistet hätten, vor den Beihilfemaßnahmen und insbesondere vor der Rekapitalisierung erbracht worden seien und sich daher nicht auf die Rechtmäßigkeit der Korrekturen auswirken könnten, die an diesen Maßnahmen vorzunehmen seien (Erwägungsgründe 255 und 256 des angefochtenen Beschlusses). 73 Die Kommission hat daher im 262. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis das Vorliegen eines „potenziellen Vorteils, den die Minderheitsaktionäre erhalten haben“, und demzufolge die „Notwendigkeit einer angemessenen Lastenverteilung“ festgestellt. Daraus ergibt sich somit eindeutig, dass der auf einen Begründungsmangel gestützte erste Teil des Klagegrundes nicht durchgreift. 74 Darüber hinaus ist auch dem zweiten Teil des Klagegrundes, wie eine Prüfung des angefochtenen Beschlusses ergibt, nicht stattzugeben. Denn wie in der vorstehenden Rn. 71 erwähnt, wird die Frage des Wertes der HSH Nordbank und infolgedessen die des Stückpreises der Aktien, aus denen sich ihr Kapital zusammensetzt, in den Erwägungsgründen 249 bis 253 des angefochtenen Beschlusses behandelt. Dort wird ausgeführt, dass die auf einem Bewertungsbericht einer angesehenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: Bewertungsbericht) beruhende Analyse der Bundesrepublik Deutschland und der öffentlichen Anteilseigner der HSH Nordbank mehrere Lücken aufweise (250. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), weil der Bewertungsbericht auf einem Geschäftsplan beruht habe, der nicht das Erfordernis berücksichtigt habe, „die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen … erfüllen zu können“ (251. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und somit die HSH Nordbank beträchtlich umzustrukturieren. 75 Die Kommission stellt u. a. fest, dass die in diesem Geschäftsplan enthaltene Annahme, die Märkte würden sich im Jahr 2011 normalisieren, nicht „als konservativ bewertet werden“ könne (251. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie betont außerdem (252. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), dass die Bundesrepublik Deutschland und die öffentlichen Anteilseigner der HSH Nordbank die Vorbehalte nicht berücksichtigt hätten, die die Verfasser des Bewertungsberichts selbst zum Ausdruck gebracht hätten und die sich insbesondere darauf gründeten, dass sich die Herabstufung des Ratings der HSH Nordbank von A auf BBB+ mit negativem Ausblick „nicht im Finanzierungsplan widerspiegelte, auf dem die Bewertung basierte, und daher bei der Berechnung des indikativen Werts der HSH [Nordbank] nicht berücksichtig[t] wurde“. Die Prognose einer Wiedererlangung des A-Ratings im Jahr 2013 beruhte nach Ansicht der Kommission auf einer fehlerhaften Annahme. Im selben Erwägungsgrund weist die Kommission zudem darauf hin, dass im Bewertungsbericht gerade die Notwendigkeit betont worden sei, die Umstrukturierungen einzubeziehen, die im Rahmen der beihilfenrechtlichen Prüfung mit Sicherheit vorgeschrieben werden würden. Schließlich stellt sie im Ergebnis fest, dass bei der Berechnung des Unternehmenswerts im Bewertungsbericht fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass die Risikoabschirmung umgesetzt werde (253. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), obwohl es im förmlichen Prüfverfahren gerade darum geht, festzustellen, ob es sich bei den in Rede stehenden Maßnahmen um staatliche Beihilfen handelt und, falls ja, ob und unter welchen Bedingungen sie mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. 76 Demnach ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zu verwerfen und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 77 An zweiter Stelle hält es das Gericht für angezeigt, einen anderen Klagegrund zu prüfen, mit dem eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften gerügt wird, nämlich ein Verfahrensfehler durch den irregulären Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens. – Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und den Grundsatz der Rechtssicherheit durch den irregulären Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens 78 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe durch den irregulären Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, da sie keine der in diesem Artikel aufgezählten Entscheidungen beschlossen habe, um das fragliche Verfahren zu etwaigen rechtswidrigen Beihilfen zugunsten der Minderheitsaktionäre abzuschließen. Wenn es der Kommission auch freistehe, das förmliche Prüfverfahren offenzulassen, müsse sie doch gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit deutlich machen, für welche Maßnahmen sie dieses Verfahren abschließe. Das sei hier hinsichtlich der fraglichen mittelbaren Beihilfen jedoch nicht geschehen. 79 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 in seinem Abs. 1 auf seine Abs. 2 bis 5 verweist, wo vier Arten von Entscheidungen vorgesehen sind: die Entscheidung, dass die in Rede stehende Maßnahme nicht als Beihilfe angesehen wird (Abs. 2), die Entscheidung, mit der festgestellt wird, dass die in Rede stehende Beihilfe gegebenenfalls nach Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat, mit dem Binnenmarkt vereinbar ist („Positiventscheidung“, Abs. 3), die Entscheidung, dass die Kommission eine Positiventscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbindet, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihrer Entscheidung zu überwachen („mit Bedingungen und Auflagen verbundene Entscheidung“, Abs. 4), und schließlich die Entscheidung, mit der die Kommission die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt („Negativentscheidung“, Abs. 5). Die Klägerinnen weisen zu Recht darauf hin, dass das förmliche Prüfverfahren mit einer dieser vier Arten von Entscheidungen abgeschlossen werden muss. 80 Sie meinen jedoch zu Unrecht, dass dies hinsichtlich der den Minderheitsaktionären eventuell gewährten mittelbaren Beihilfen nicht geschehen sei, und insbesondere, dass der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses hierzu schweige. Denn es steht fest, dass der angefochtene Beschluss eine mit Bedingungen und Auflagen verbundene Entscheidung im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 ist, da die der HSH Nordbank gewährte staatliche Beihilfe nur unter der Bedingung als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen wird, dass Korrekturen an der Verteilung der Lasten zwischen den Aktionären vorgenommen werden, damit die Minderheitsaktionäre einen größeren Beitrag leisten. Für die Kommission bestand daher keine Notwendigkeit, eine Entscheidung über das Vorliegen einer mittelbaren Beihilfe zugunsten der Minderheitsaktionäre zu treffen, weil gerade durch die Vorgabe der Einmalzahlung verhindert werden sollte, dass es zu einer solchen Beihilfe kommt. 81 Die Kommission hat somit weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 noch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, als sie im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses keine Feststellung in Bezug auf das Vorliegen einer mittelbaren Beihilfe zugunsten der Minderheitsaktionäre, zu denen die Klägerinnen gehören, getroffen hat, da die in den vorstehenden Rn. 11 bis 13 dargestellten Auflagen erteilt wurden, um dem Eintritt einer solchen Möglichkeit entgegenzuwirken. Dies steht in keiner Weise im Widerspruch zu den Überlegungen, die im 73. Erwägungsgrund und in Art. 5 der oben in Rn. 7 angeführten Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zum Ausdruck gekommen sind, da diese Entscheidung der Kommission lediglich ermöglichen sollte, zu überprüfen, ob die Möglichkeit bestand, dass es zu der genannten mittelbaren Beihilfe kommt, was nach Ansicht der Kommission ohne die im angefochtenen Beschluss erteilten Auflagen der Fall gewesen wäre. 82 Demzufolge ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. – Zu den Klagegründen, mit denen geltend gemacht wird, dass keine eigenständige Beihilfe zugunsten der Minderheitsaktionäre vorliege, gerügt wird, dass bei der Prüfung, ob den Minderheitsaktionären ein Vorteil gewährt worden sei, die Tatsachen fehlerhaft gewürdigt worden seien, und beanstandet wird, dass die Leistungen, die die Klägerinnen vorher im Rahmen der Lastenverteilung erbracht hätten, nicht berücksichtigt worden seien 83 Der erste, der dritte und der vierte Klagegrund sind zusammen zu prüfen, da es bei allen dreien darum geht, ob die Ausführungen der Kommission in Bezug auf das mögliche Vorliegen einer mittelbaren Beihilfe zugunsten der Minderheitsaktionäre, darunter die Klägerinnen, stichhaltig sind. Diese Klagegründe sind, was die Sachprüfung betrifft, die Entsprechung des Klagegrundes, mit dem ein Begründungsmangel gerügt wird und dessen Prüfung ergeben hat, dass die Kommission die Gründe, die die Gesamtheit dieser Fragen betreffen, rechtlich hinreichend dargelegt hatte. Vorliegend geht es darum, ob die Position der Kommission in der Sache begründet ist. 84 Was erstens die Rüge betrifft, die angebliche mittelbare Beihilfe sei keine eigenständige Beihilfe, verweisen die Klägerinnen auf die aus den Urteilen vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission (C‑382/99, Slg, EU:C:2002:363, Rn. 62 ff.), und vom 20. November 2003, GEMO (C‑126/01, Slg, EU:C:2003:622, Rn. 28 ff.), hervorgegangene Rechtsprechung, um daraus abzuleiten, dass eine mittelbare Beihilfe nur dann vorliegen könne, wenn der wirtschaftliche Vorteil vom ursprünglichen Empfänger (hier der HSH Nordbank) an andere Empfänger (vorliegend die Minderheitsaktionäre) weitergereicht worden sei. Diese Rechtsprechung sei jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil der wirtschaftliche Vorteil, der ihnen wie den anderen Minderheitsaktionären zugutegekommen sei, „ein bloßer wirtschaftlicher Reflex der Unterstützung der HSH Nordbank“ sei. 85 Dieser Rüge stehen zwei Gegenargumente entgegen, die zusammen zu ihrer Verwerfung führen. Erstens wollte die Kommission – wie bei der Prüfung des auf einen Begründungsmangel gestützten Klagegrundes ausgeführt – nicht dartun, dass wirklich eine mittelbare Beihilfe vorliegt, sondern, dass eine Beihilfe dann gegeben sein könnte, wenn an der der HSH Nordbank eingeräumten Beihilfe keine Korrekturen vorgenommen würden. Das Hauptargument der Klägerinnen ist somit unzutreffend. Zweitens ist, sofern anzunehmen wäre, dass die Kommission dartun wollte, dass wirklich eine mittelbare Beihilfe zugunsten der Minderheitsaktionäre vorliegt, zu bemerken, dass die von den Klägerinnen angeführte Rechtsprechung nicht die Annahme ausschließen soll, dass der dem ursprünglichen Empfänger gewährte Vorteil teilweise weitergereicht wird. 86 Die erste Rüge ist somit zurückzuweisen. 87 Was zweitens den angeblichen Beurteilungsfehler bei der Feststellung eines Vorteils zugunsten der Minderheitsaktionäre betrifft, machen die Klägerinnen geltend, dass sich der Bewertungsbericht entgegen der von der Kommission vertretenen Auffassung auf anerkannte Bewertungsmethoden gestützt habe. Sie bestreiten insbesondere, dass im vorliegenden Fall eine konservative Bewertung hätte vorgenommen werden müssen, und sind der Auffassung, dass diese Grundsatzposition der Kommission an einem offensichtlichen Beurteilungsfehler leide. Es sei Sache des Gerichts, auch bei komplexen wirtschaftlichen Gegebenheiten die angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und Kohärenz sowie ihre Eignung, die von der Kommission aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen, zu überprüfen. Der Bewertungsbericht zeige einen objektivierten und damit neutralen Unternehmenswert auf; ungewisse zukünftige Entwicklungen dürften bei einer objektivierten Bewertung nicht dergestalt berücksichtigt werden, dass die Interessen einer Partei einseitig benachteiligt würden, was jedoch bei einer konservativeren Prognose der Fall gewesen wäre. 88 Die Klägerinnen machen ferner geltend, dass — die Annahme sich normalisierender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ab 2011 zum Zeitpunkt der Bewertung realistisch gewesen sei; — die Berücksichtigung anderer Umstrukturierungsmaßnahmen als denen, denen die HSH Nordbank bereits unterzogen worden sei, nicht sachgerecht und nicht ergebnisrelevant gewesen sei, da die zur Bestimmung des Unternehmenswerts herangezogenen Beteiligungen und Portfolien anhand ihres Marktwerts bewertet worden seien und die von der Kommission angenommene Verminderung des Unternehmenswerts nur bei einer Veräußerung unter Marktwert der Wirklichkeit entsprochen hätte; — die Nichtberücksichtigung der Herabstufung des Ratings der HSH Nordbank durch eine Ratingagentur sachgerecht gewesen sei, da sie für die Bestimmung des Unternehmenswerts irrelevant gewesen sei; — die Einbeziehung der Risikoabschirmung sachgerecht gewesen sei; — die Herabsetzung des Ausgabepreises der Stammaktien im Zuge der Rekapitalisierung sachlich unbegründet gewesen sei. 89 Insoweit ist ins Gedächtnis zu rufen, in welchem Rahmen das Vorbringen der Klägerinnen erfolgt. Wie aus Rn. 32 der Klagebeantwortung hervorgeht, wurde bei der Rekapitalisierung der Ausgabepreis der neuen Aktien auf der Grundlage des Bewertungsberichts auf 19 Euro je Aktie festgelegt; dem Bewertungsbericht zufolge lag der Unternehmenswert in einer Spanne zwischen 2,01 und 2,94 Mrd. Euro, was einem Aktienpreis von 19,10 bis 27,80 Euro entspricht. Der festgelegte Preis liegt somit geringfügig niedriger als die Untergrenze der im Bewertungsbericht genannten Spanne. Trotzdem betrachtete die Kommission sogar diesen Betrag von 19 Euro je Aktie als „deutlich zu hoch“ (253. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und Rn. 32 der Klagebeantwortung). 90 Die Klägerinnen sind aus den in den vorstehenden Rn. 87 und 88 angeführten Gründen der Ansicht, die Bewertung des Unternehmenswerts der HSH Nordbank und infolgedessen der Stückpreis der Aktien, die deren Kapital bildeten, seien rechtmäßig. 91 Es ist erforderlich, auf jedes der fünf in der vorstehenden Rn. 88 wiedergegebenen Argumente einzugehen, wobei die Tatsachen als solche nicht streitig sind. 92 Was erstens die Frage betrifft, ob die Annahme, der Markt werde sich ab 2011 normalisieren, falsch war, ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in Rn. 38 der Klagebeantwortung zu Recht darauf hingewiesen hat, dass sie in keiner Weise durch die Standards gebunden werden könne, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei ihren Bewertungen anwendeten. Ferner sollen diese Standards – entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen – Risiken entgegenwirken und eingrenzen und somit dem Vorsichtsprinzip genügen, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt. Schließlich durfte diese Annahme in der Tat als bei der Festlegung des Aktienpreises unvorsichtig gewertet werden, da zum einen dem Bewertungsbericht zufolge hinsichtlich des Wachstums in den Jahren 2009 und 2010 ein Einbruch (2009) und dann eine leichte Erholung (2010) erwartet wurden, was nicht den Schluss einer Rückkehr zum normalen Wirtschaftswachstum im Jahr 2011 zuließ, und zum anderen der Bewertungsbericht keine Aussage oder Überlegung enthält, die diese Annahme selbst stützen könnte, weil er sich auf den Hinweis beschränkt, der Geschäftsplan sehe eine solche Rückkehr vor. Das erste Argument der Klägerinnen ist somit zu verwerfen. 93 Was zweitens die Nichtberücksichtigung der Umstrukturierungs- und Ausgleichsmaßnahmen bei der Berechnung des Ausgabepreises der neuen Aktien betrifft, oblag es den deutschen Behörden, beim Erlass der Beihilfemaßnahme in Gestalt der Rekapitalisierung vorausschauend zu berücksichtigen, was von der Kommission aufgrund der Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen geprüft werden würde. Zwar wurden bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen im Bewertungsbericht vorgeschlagen. Dies geschah aber nur, um den deutschen Rechtsvorschriften Genüge zu tun, insbesondere im Hinblick auf die erwartete Einschaltung des Sonderfonds. Die Kommission hat im Übrigen im 252. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht hervorgehoben, dass im Bewertungsbericht selbst darauf hingewiesen worden sei, dass mit zusätzlichen Umstrukturierungs- und Ausgleichsmaßnahmen gerechnet werden müsse, ohne dass daraus jedoch die Folgerungen bei der Festlegung des Stückpreises der Aktien der HSH Nordbank gezogen worden wären. 94 Die Minderheitsaktionäre der HSH Nordbank, zu denen die Klägerinnen gehören, können sich folglich nicht auf die Formulierungen des Bewertungsberichts berufen, erst recht nicht für die Behauptung, sie hätten die Anwendung von Rechtsregeln nicht vorausschauend berücksichtigen können, die sie sehr wohl kannten und die von umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmern, die sie bei Maßnahmen sein müssen, die ihre Interessen berühren können, berücksichtigt werden mussten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission, C‑194/09 P, Slg, EU:C:2011:497, Rn. 71, und vom 16. Oktober 2014, Eurallumina/Kommission, T‑308/11, EU:T:2014:894, Rn. 59). 95 Die Klägerinnen vertreten ebenfalls zu Unrecht die Auffassung, dass sich die Berücksichtigung der Umstrukturierungs- und Ausgleichsmaßnahmen nicht auf die Festlegung des Unternehmenswerts der HSH Nordbank habe auswirken können, da keine Veräußerung unter dem Marktpreis stattgefunden habe. Denn wie die Kommission zu Recht bemerkt, geht die der Klageschrift als Anlage A 3 beigefügte Studie, auf die sich die Klägerinnen stützen, davon aus, dass der Verkäufer die Möglichkeit behalte, nicht zu verkaufen. Diese Möglichkeit war bei dem geänderten Umstrukturierungsplan, den die Bundesrepublik Deutschland vorgelegt hatte, definitionsgemäß ausgeschlossen, da dieser die Verpflichtung einschloss, bestimmte Portfolien und Unternehmensbereiche innerhalb einer vorgegebenen Frist zu veräußern. Ebenso wenig haltbar ist die Behauptung, dass es sich nicht auf den Unternehmenswert ausgewirkt habe, dass die HSH Nordbank ihr Neugeschäft eingestellt habe, da sich als automatische Folge der Einstellung des Neugeschäfts die Bestände entsprechend den Fälligkeiten der Vermögenswerte, die in den von diesem Geschäft betroffenen Portfolien enthalten waren, kontinuierlich verringerten. Das Vorbringen der Klägerinnen, dass die Einstellung des Neugeschäfts keine Auswirkungen habe, wäre nur stichhaltig, wenn diese Vermögenswerte rentabel genug gewesen wären, um ihre Finanzierungskosten zu erwirtschaften, oder das betreffende Geschäft durch ein anderes, noch jüngeres und hinreichend profitables ersetzt worden wäre. Die Klägerinnen haben jedoch in keiner Weise dargetan, dass diese Bedingungen erfüllt waren. Das zweite Argument der Klägerinnen ist somit ebenfalls zurückzuweisen. 96 Was drittens die Nichtberücksichtigung der Herabstufung des Ratings der HSH Nordbank durch eine Ratingagentur betrifft, ist die Behauptung der Klägerinnen, eine solche Herabstufung sei für die Bestimmung des Unternehmenswerts der HSH Nordbank irrelevant gewesen, unzutreffend. Ein Rating hat im Gegenteil gerade zum Gegenstand und zumeist zur Folge, dass es, so weit wie möglich, den Wert eines Unternehmens und die ständige Entwicklung dieses Wertes widerspiegelt. 97 Allerdings kann die Nichtberücksichtigung der Herabstufung eines Ratings aus wirtschaftlicher Sicht dann objektiv gerechtfertigt sein, wenn das betroffene Unternehmen über Anhaltspunkte verfügt, die die Gründe für diese Herabstufung entkräften, z. B. Ratings durch andere Ratingagenturen, die in die entgegengesetzte Richtung weisen. Dies ist vorliegend der Fall, da die Klägerinnen darauf hinweisen, dass zwei andere Ratingagenturen am A-Rating festgehalten hätten. Aus der Sachverhaltsdarstellung im 31. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die erste Ratingagentur das Rating der HSH Nordbank im Mai 2009 herabgestuft hatte, die beiden anderen Ratingagenturen dies aber erst ein Jahr später taten, im Mai und im Juli 2010. Sämtliche vorgenannten Ratings standen der Kommission zur Verfügung, da die Rekapitalisierung und die Risikoabschirmung im Mai und im Juni 2009 gewährt wurden und das förmliche Prüfverfahren am 22. Oktober 2009 eröffnet wurde. Die Kommission begründet ihre Analyse mit dem Umstand, dass eine einfache Verschlechterung des Ratings im Allgemeinen genügt, um die Kreditkosten für das betroffene Unternehmen zu erhöhen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass in der Subprime-Krise die wenigen verbliebenen Investoren die Herabstufung eines Ratings sehr genau registriert hätten, selbst wenn nur eine Ratingagentur Alarm geschlagen habe. Nach Ansicht der Kommission kam daher der ersten Herabstufung unter diesem Blickwinkel besondere Bedeutung zu. 98 Auch wenn die Bedeutung des letztgenannten Arguments nicht geschmälert werden soll, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn das relative Vertrauen, das die Märkte im vorliegenden Fall zumindest bis Mai 2010 in den Fortbestand des Unternehmens hatten, gründete sich darauf, dass mehrere Ratingagenturen (im vorliegenden Fall zwei von den „großen“ Drei) das Rating dieses Unternehmens aufrechterhielten. Die Kommission weist folglich zu Unrecht auf die Herabstufung des Ratings von „A“ auf „BBB+“ hin, um ihren Gedankengang zu untermauern, der sie zu der Schlussfolgerung führt, der Unternehmenswert der HSH Nordbank sei zu hoch angesetzt gewesen. 99 Vor einer Feststellung, wie sich diese fehlerhafte Analyse auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses auswirkt, müssen die anderen Argumente der Klägerinnen geprüft werden. 100 Was viertens die Annahme betrifft, die Risikoabschirmung sei gesichert gewesen und umgesetzt worden, obgleich die Kommission entscheiden musste, ob diese eine staatliche Beihilfe darstellte und, gegebenenfalls, ob diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar war, können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese Maßnahme bei der Bestimmung des Unternehmenswerts im Vorgriff habe berücksichtigt werden dürfen, auch wenn der HSH Nordbank „Einzelheiten der Risikoabschirmung wie Kosten, Höhe und Laufzeit bereits bekannt [waren]“. Denn der Umstand, dass der Inhalt dieser Maßnahmen bekannt war und die HSH Nordbank ihre Gesprächspartner darüber informiert hatte, um diese von ihrer wirtschaftlichen Lebensfähigkeit zu überzeugen, erlaubt nicht die Schlussfolgerung, dass die Kommission vorhatte, diese Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe anzusehen, was im Übrigen – wie vorliegend geschehen – an die Einhaltung bestimmter Auflagen geknüpft werden konnte. Mit anderen Worten durften die fraglichen Maßnahmen zwar als Garantie für das wirtschaftliche Überleben der HSH Nordbank angesehen werden; dies war jedoch keine maßgebende rechtliche Grundlage, um diese Maßnahmen, bevor sie als nach dem Unionsrecht rechtmäßig anerkannt wurden, in die Parameter für die Bestimmung des wirtschaftlichen Werts des Unternehmens einzubeziehen. Anderenfalls würde das Verfahren bei staatlichen Beihilfen ins Leere gehen und seinen Sinn verlieren. 101 Ebenfalls unerheblich ist das Vorbringen, die Kommission könne nicht gleichzeitig die Berücksichtigung der Risikoabschirmung ablehnen und verlangen, dass die erwarteten Umstrukturierungs- und Ausgleichmaßnahmen berücksichtigt würden. Diese Maßnahmen, wie die Veräußerung von Portfolien oder Geschäftsbereichen, wären nämlich in jedem Fall von den Märkten und den Banken verlangt worden, sobald das Überleben des Unternehmens grundsätzlich gesichert war, um dessen Rentabilität zu erhöhen. In diesem Zusammenhang hatte der Bewertungsbericht – worauf die Kommission in ihrer Gegenerwiderung zutreffend hingewiesen hat – den Zweck, den Wert der HSH Nordbank ohne Beihilfen zu ermitteln, um auf dieser Grundlage den Ausgabepreis der Aktien festzulegen, die gerade dazu dienen sollten, die Beihilfemaßnahme zu finanzieren. Es war daher normal, dass die HSH Nordbank bei der Bestimmung des Unternehmenswerts mit dem Verfahren verbundene Einschränkungen berücksichtigte, die ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer vorausschauend berücksichtigen musste. Gleiches gilt aber nicht für die den Gegenstand des angefochtenen Beschlusses bildenden Beihilfemaßnahmen, bei denen es sich nicht um Bestandteile des Marktwerts des Unternehmens handelt, sondern um ausnahmsweise gewährte Erleichterungen, die dessen Insolvenz verhindern und im Endergebnis dessen Gesundung ermöglichen sollen. So ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass nach der Mitteilung der Kommission über „Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise“ (ABl. 2008, C 270, S. 8) die Gewährung einer staatlichen Garantie als Dringlichkeitsmaßnahme anzusehen und somit zwangsläufig vorübergehender Natur ist und eine solche Garantie außerdem mit Maßnahmen zur Umstrukturierung oder Liquidation des Begünstigten einhergehen muss (Urteil vom 5. März 2015, Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13, Slg, EU:C:2015:151, Rn. 70). Ferner erlaubte nichts die Annahme, dass diese Maßnahmen von der Kommission als rechtmäßig angesehen würden, d. h., entweder nicht als eine staatliche Beihilfe oder als eine mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe gewertet würden. Überdies ist die Vereinbarkeit dieser Beihilfe nur unter Auflagen anerkannt worden, wobei die Klägerinnen gerade diese Auflagen anfechten. Somit ist erneut darauf hinzuweisen, dass es zwar logisch und sachgerecht war, dass die HSH Nordbank gegenüber ihren Geschäftspartnern und den Banken ihre Finanzlage schilderte, wie sie sich nach Gewährung der Risikoabschirmung darstellen würde, die Risikoabschirmung jedoch nicht bei der Festlegung des Wertes der neuen Aktien berücksichtigt werden konnte, die im Rahmen der Rekapitalisierung ausgegeben wurden, ohne diese Aktien dabei automatisch überzubewerten. 102 Dem vierten Argument der Klägerinnen kann daher nicht gefolgt werden. 103 Was fünftens und letztens das Argument betrifft, die Herabsetzung des Ausgabepreises der neuen Aktien sei unbegründet gewesen, meinen die Klägerinnen sogar, dieser Preis sei in Wirklichkeit noch zu niedrig gewesen, und stützen sich insoweit auf den sich aus dem Bewertungsbericht ergebenden Durchschnittswert von 23,50 Euro pro Aktie. Da dieses letzte Argument praktisch als Schlussfolgerung aus den vier vorhergehenden Argumenten zu werten ist, ist festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht sämtlicher von ihr berücksichtigter Gründe – abgesehen von ihrer Bewertung der Herabstufung des Ratings durch eine einzige der drei wichtigsten Ratingagenturen – sämtliche maßgeblichen Daten berücksichtigt hat und keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie davon ausging, der Wert von 19 Euro pro Aktie sei zu hoch und müsse durch eine neue Verteilung der Lasten zwischen den Aktionären ausgeglichen werden. 104 Die zweite Rüge der Klägerinnen ist somit ebenfalls zu verwerfen. 105 Hinsichtlich des an dritter Stelle zu prüfenden Klagegrundes, wonach die Leistungen, die die Klägerinnen vorher im Rahmen der Lastenverteilung erbracht hätten, nicht berücksichtigt worden seien, ist festzustellen, dass dieser ins Leere geht. Denn im vorliegenden Rechtsstreit geht es allein um den angefochtenen Beschluss (womit das gesamte Verhalten der Aktionäre der HSH Nordbank vor dem Entschluss der HSH Nordbank, im Rahmen der Rettungsmaßnahmen auf Hilfe durch die deutschen Behörden zurückzugreifen, ausgeschlossen ist); im Übrigen ist der angefochtene Beschluss nicht insoweit streitig, als er die in Rede stehenden Maßnahmen als staatliche Beihilfen ansieht, sondern insoweit, als er den Minderheitsaktionären der HSH Nordbank eine Reihe von Auflagen zur Neuverteilung der Lasten zwischen Aktionären erteilt, um die fraglichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar zu machen. Der Umstand, dass die Klägerinnen – wie im Übrigen auch sämtliche anderen Aktionäre – vor der Rekapitalisierung eingegriffen haben, kann sich daher nicht auf die Bewertung der Rechtmäßigkeit der genannten Auflagen auswirken. Überdies ist in Übereinstimmung mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Aktionäre der HSH Nordbank, als die Kapitalerhöhung 2008 beschlossen wurde, davon ausgingen, dass ihr Investment gewinnbringend sein würde. Denn sie waren der Ansicht, die HSH Nordbank habe die Finanzkrise überstanden, und teilten der Kommission ihre Einschätzung mit, als marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber gehandelt zu haben, der sich die Kommission anschloss (vgl. 25. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Demzufolge ist dieser Klagegrund, selbst wenn er schlüssig wäre, in der Sache nicht begründet. – Zum Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der neuen Verteilung der Lasten 106 Mit dem siebten Klagegrund des ersten Teils ihrer Klageschrift beanstanden die Klägerinnen, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei außer Acht gelassen worden, weil die Kommission zum einen nicht geprüft habe, ob dieser Grundsatz bei der neuen Verteilung der Lasten aufgrund des angeforderten Beschlusses beachtet worden sei, und ihn zum anderen mit der Auflage der Einmalzahlung tatsächlich missachtet habe. 107 Der erste Teil dieses Klagegrundes geht in tatsächlicher Hinsicht fehl. 108 So stellt die Kommission, bevor sie die den Minderheitsaktionären erteilten Auflagen begründet, fest, dass „der geänderte Umstrukturierungsplan zusätzliche Maßnahmen enthält, die die Einbindung der Minderheitsaktionäre in die Lastenverteilung deutlich verbessern“ (258. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), dass „durch die zusätzlichen Maßnahmen zur Vergütung der Risikoabschirmung, die die Kommission auferlegt hat … der Beitrag zur Lastenverteilung vergrößert wird“ (259. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und dass „die Einbindung der Minderheitsaktionäre in die Lastenverteilung durch die Beschränkung der Vergütung der Kapitalinstrumente weiter verbessert [wird]“ (260. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Anschließend weist sie darauf hin, dass in Anbetracht des Ziels der „Einbindung der Minderheitsaktionäre in die Lastenverteilung“ (261. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden müssten, sofern nicht weitere Auflagen erlassen werden könnten, die die Einbindung der Minderheitsaktionäre in die Lastenverteilung verbesserten. Die Kommission betont im 262. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich, dass das Verbot, Dividenden auszuschütten, beschränkt werden sollte, „[u]m die Verhältnismäßigkeit zu wahren“. Im 263. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sucht sie nach ihren eigenen Worten „einen angemessenen Eigenbeitrag und eine angemessene Einbindung in die Lastenverteilung seitens der Minderheitsaktionäre“ zu erreichen, was implizit, aber notwendigerweise voraussetzt, dass die Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt hat. Die Behauptung, die Kommission habe nicht geprüft, ob dieser Grundsatz beachtet worden sei, ist somit unzutreffend. 109 Der zweite Teil des Klagegrundes ist aus folgenden Gründen ebenfalls zurückzuweisen. 110 Die Kommission hat sowohl in ihren Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung eingewandt, die Klägerinnen hätten keinen Grund, Maßnahmen anzufechten, die diese ihrem Wesen nach in eine günstigere Lage versetzten als die, die sich bei einer Nichtgenehmigung der Beihilfe ergeben hätte. Da jedoch feststeht, dass die Klägerinnen unter den in den vorstehenden Rn. 56 bis 60 festgelegten Voraussetzungen ein Rechtsschutzinteresse haben, muss anhand zum einen der von den Klägerinnen geltend gemachten Klagegründe, die als zulässig und schlüssig gewertet werden, sowie zum anderen der von Amts wegen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte vom Unionsrichter geprüft werden, ob die von der Kommission erteilten Auflagen rechtmäßig sind und, namentlich, ob bei diesen Auflagen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet worden ist. 111 Eine Prüfung in der Sache zeigt, dass die Kommission – entgegen dem unbestimmten Vorbringen der Klägerinnen – diesen Grundsatz im vorliegenden Fall sehr wohl beachtet hat. Die Kommission hat es weder unterlassen, das Ausmaß zu beziffern, in dem die Minderheitsaktionäre nicht hinreichend an der Lastenverteilung beteiligt wurden, noch, die Höhe der Belastung der Minderheitsaktionäre zu bestimmen, die sich aus der Einmalzahlung in Form von Aktien ergibt. 112 Wie insoweit zutreffend in der Klagebeantwortung ausgeführt wird, ergibt sich die Quantifizierung der unzureichenden Beteiligung der Minderheitsaktionäre an der Lastenverteilung eindeutig aus dem 40. Erwägungsgrund in Verbindung mit dem 253. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses. Es handelt sich nämlich um die Differenz zwischen dem tatsächlich angesetzten Preis in Höhe von 19 Euro je Aktie und dem von der Kommission berichtigten Preis (9,10 Euro, d. h. den um Wert der Risikoabschirmung bereinigten Preis von 13,60 Euro, von dem ein Betrag von 4,50 Euro abgezogen worden ist, der den im 40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angestellten Erwägungen in Bezug auf die Senkung des Ausgabepreises der neuen Aktien um die im Zeitraum von 2009 bis 2012 nicht gezahlte Dividende von 10 % Rechnung trägt). Hinsichtlich des Wertes der Einmalzahlung in Form von Aktien vermittelt der 196. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Klägerinnen die erforderlichen Erläuterungen. 113 Es steht somit außer Zweifel, dass die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet hat. Zu den „spezifischen“ Klagegründen des ersten Teils der Klageschrift 114 Sodann sind die Klagegründe zu prüfen, die als „spezifisch“ eingestuft werden können, allerdings auch hier wiederum nur, soweit sie sich auf die Einmalzahlung beziehen können. 115 Der sechste Klagegrund, mit dem gerügt wird, die Kommission habe durch die Verhängung von Auflagen, die nicht mit der Umstrukturierung der HSH Nordbank zusammenhingen, sondern die verdeckte Genehmigung einer mittelbaren Beihilfe unter Auflagen darstellten, gegen Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 sowie ihre Mitteilung über die Behandlung wertgeminderter Aktiva im Bankensektor der [Europäischen] Gemeinschaft (ABl. 2009, C 72, S. 1) verstoßen, richtet sich in Wirklichkeit ausschließlich gegen die Einmalzahlung. Insoweit ist eine Reihe von Bemerkungen angezeigt. 116 Die Einmalzahlung ist Gegenstand der Erwägungsgründe 245 bis 259 des angefochtenen Beschlusses, die unter der Überschrift „Einbindung der Minderheitsaktionäre in die Lastenverteilung“ stehen. Die Kommission greift hier Gesichtspunkte wieder auf, die in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens angesprochen wurden (245. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und verwirft sodann die Argumente der Bundesrepublik Deutschland und der anderen betroffenen Parteien, einschließlich der Minderheitsaktionäre (d. h. des Sparkassen- und Giroverbands für Schleswig-Holstein und die von JC Flowers & Co. beratenen Gesellschaften, darunter die Klägerinnen). 117 Nach Ansicht der Kommission wurden die Aktien der Minderheitsaktionäre, die nicht an der Rekapitalisierung teilgenommen hatten, nicht ausreichend verwässert – mit anderen Worten sei ihr Stückpreis zu hoch gewesen –, weil es bei der Rettung der HSH Nordbank nicht zu einer angemessenen Lastenverteilung gekommen sei, die es ermögliche, die Beihilfemaßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen. Die Kommission war außerdem der Ansicht, dass der mittelbare Vorteil, der den Minderheitsaktionären ohne die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Auflagen entstanden wäre, selbst als staatliche Beihilfe angesehen werden könne, da die öffentlichen Anteilseigner (d. h. die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein), wenn der Preis der Anteile korrekt festgesetzt worden wäre, eine zusätzliche Beteiligung am Kapital der HSH Nordbank erhalten hätten, auf die sie verzichtet hätten (Erwägungsgründe 247 und 248 des angefochtenen Beschlusses). 118 Die Kommission verwirft auch das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland und der Minderheitsaktionäre, dass es auf die ursprüngliche Bewertung des Aktienpreises und die Zahl der Aktien ankomme. Nach Ansicht der Letztgenannten ist auf die in Rede stehenden Parameter, die auf der Grundlage des Bewertungsberichts festgestellt wurden, abzustellen, während die Kommission meint, dass der Umstand, dass im Bewertungsbericht eine Reihe von Aspekten nicht berücksichtigt worden sei, dazu geführt habe, dass der Stückpreis der Aktien bei der Rekapitalisierung zu hoch bewertet worden sei (Erwägungsgründe 249 und 250 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission beanstandet insbesondere zwei Annahmen, die im Bewertungsbericht bei der Festlegung des Stückpreises der Aktien zugrunde gelegt wurden (Erwägungsgründe 251 und 252 des angefochtenen Beschlusses), nämlich die Annahme einer Normalisierung der Märkte im Jahr 2011 und die Annahme einer Wiedererlangung des A-Ratings bei den Ratingagenturen (2009 war die HSH auf BBB+ mit negativem Ausblick zurückgestuft worden), die die Kommission als unbegründeten Optimismus wertet. 119 Die Kommission leitet daraus die Notwendigkeit einer Korrektur durch die Einmalzahlung ab, um den gewünschten Verwässerungsgrad bei der Beteiligung der Minderheitsaktionäre am Kapital der HSH Nordbank zu erreichen (259. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 120 Die Klägerinnen machen im Rahmen des sechsten Klagegrundes geltend, die Einmalzahlung zulasten der Minderheitsaktionäre, zu denen sie gehörten, sei als Beitrag der HSH Nordbank zur Rückzahlung des mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfebestandteils im Sinne des 209. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ungeeignet. Die erlassenen Maßnahmen bewirkten keinen Rückfluss von Zahlungen an den Beihilfegeber. 121 Die Kommission weist zutreffend darauf hin, dass der HSH Finanzfonds „eine Doppelrolle hat. Er ist auf der einen Seite Aktionär der HSH Nordbank, auf der anderen Seite Beihilfegeber“. In diesem Kontext wurden im Rahmen der Einmalzahlung 500 Mio. Euro von der HSH Nordbank an den HSH Finanzfonds gezahlt, die gleichzeitig von den Aktiva der HSH Nordbank abgezogen wurden. Dieser Betrag wurde in Form von Aktien gezahlt und das Kapital entsprechend erhöht. Unbeschadet dessen sind die Aktiva des HSH Finanzfonds infolge dieser Transaktion um 500 Mio. Euro gewachsen, und da der HSH Nordbank derselbe Betrag von den Aktiva abgezogen wurde (bevor er wieder Bestandteil ihres Gesellschaftskapitals wurde), minderte sich für alle Aktionäre der Wert ihrer Beteiligung je Aktie am Kapital der HSH Nordbank. 122 Zwar hat die Kommission auf diese Weise erreicht, dass das von den Minderheitsaktionären, einschließlich der Klägerinnen, eingesetzte Kapital einen Teil der Verluste trug, um eine neue Verteilung der Lasten zwischen den Minderheitsaktionären und dem Mehrheitsaktionär HSH Finanzfonds zu ermöglichen. Die Klägerinnen können aber nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese Neuverteilung ungerechtfertigt sei, wie in der vorstehenden Rn. 113 festgestellt worden ist. Zudem hat die Einmalzahlung – entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen – Auswirkungen auf alle Aktionäre und nicht nur auf eine bestimmte Aktionärsgruppe, auch wenn der Umstand, dass der Mehrheitsaktionär – der als solcher, was den Wert der von ihm bereits gehaltenen Aktien angeht, somit ebenfalls in die Umverteilung des Betrags von 500 Mio. Euro einbezogen ist – außerdem Bezieher der neu ausgegebenen Aktien ist, den Eindruck einer Ungleichbehandlung vermitteln kann. Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein verzerrtes Bild der Einmalzahlung, weil der HSH Finanzfonds die neuen Aktien ausschließlich in seiner Eigenschaft als durch die Überbewertung des Unternehmenswerts benachteiligter Beihilfegeber erhalten hat und nicht in seiner Eigenschaft als Aktionär. Wie die Kommission zu Recht betont, hätte sich dieser Ausgleich auch durch die Einrichtung einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts herstellen lassen, die kein Aktionär gewesen wäre, sondern lediglich Empfänger der Mittel, und dann wäre es zu derselben Lastenverteilung zwischen allen Aktionären zugunsten des durch diese Anstalt vertretenen Beihilfegebers gekommen. 123 Es ist daher festzustellen, dass die Einmalzahlung, auch wenn sie wirtschaftlich zur Folge hat, dass sich der Wert der Beteiligung der Minderheitsaktionäre innerhalb des Kapitals der HSH Nordbank vermindert, rechtlich begründet ist, weil sie die Minderheitsaktionäre zu einer Aufwendung zwingt, die im Verhältnis zu der Aufwendung steht, mit der sich die öffentlichen Anteilseigner bei der Rekapitalisierung einverstanden erklärt haben, so dass den Minderheitsaktionären nicht mittelbar eine Beihilfe zugutekommt und die in Rede stehenden Maßnahmen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können. 124 Der sechste Klagegrund des ersten Teils der Klage ist daher zurückzuweisen. 125 Im Rahmen des achten Klagegrundes des ersten Teils der Klage führen die Klägerinnen drei Entscheidungen der Kommission an. 126 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht die Gültigkeit einer späteren Entscheidung berühren kann, die nur anhand der objektiven Normen des Vertrags zu beurteilen ist (Urteile vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, Slg, EU:C:2010:291, Rn. 21, und Eurallumina/Kommission, oben in Rn. 94 angeführt, EU:T:2014:894, Rn. 80). 127 Darüber hinaus ist auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen. 128 Hinsichtlich des Vergleichs mit der Entscheidung der Kommission vom 7. Mai 2009 machen die Klägerinnen geltend, dass die Generali-Gruppe, die sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligt habe, „über den Ausfall etwaiger Dividenden für zwei Geschäftsjahre hinaus“ auch nicht gezwungen gewesen sei, zu den Lasten beizutragen. Daraus ist abzuleiten, dass dieser erste Vergleich in Wirklichkeit die Begründetheit der Einmalzahlung betrifft. Da deren Begründetheit bei der Prüfung des sechsten Klagegrundes festgestellt worden ist, ist dieser Vergleich zum Scheitern verurteilt. 129 Der zweite Vergleich wird unter der gleichen impliziten Annahme vorgenommen, da die Kläger die Auffassung vertreten, dass sich im Vergleichsfall, in dem sich einige Aktionäre nicht an der Kapitalerhöhung beteiligten, aus der Pressemitteilung der Kommission „nicht [ergibt], ob sich die anderen Aktionäre nur durch ein schlichtes Dividendenverbot oder durch weitere Belastungen an der Lastenteilung beteiligen“. 130 Im Zusammenhang mit dem dritten Vergleich weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission in der Sache, in der sie den die staatliche Beihilfe SA.31883 (ex N 516/10) betreffenden Beschluss vom 9. Dezember 2011 erlassen habe, der Auffassung war, dass „die Bayerischen Sparkassen … zusätzlich belastet [worden seien], weil sie keine jährliche Vergütung mehr für ihre stillen Einlagen erhalten [habe] und wegen des Dividendenverbotes auf Dividendenzahlungen [habe] verzichten müssen“. Die Klägerinnen vertreten insoweit die Ansicht, diese Belastung sei „nicht vergleichbar mit der Belastung, die die Minderheitsaktionäre der HSH Nordbank durch die Einmalzahlung und Dividendenbeschränkung hinnehmen müssen“. 131 Auch hier wird wieder nicht die Rechtswidrigkeit des Verbots bzw. der Beschränkung von Dividendenausschüttungen als solche gerügt – eine solche Rüge wäre jedenfalls, wie in der vorstehenden Rn. 65 festgestellt, im vorliegenden Fall unzulässig –, sondern die Rechtswidrigkeit, die sich aus der Addition dieses Verbots bzw. dieser Beschränkung mit der Einmalzahlung ergibt. Folglich können der zweite und der dritte Vergleich aus denselben Gründen wie der erste keinen Erfolg haben. Die Klägerinnen tun jedenfalls weder dar, dass diese Addition mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet war, noch, dass sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, der – wie sich aus der in der vorstehenden Rn. 113 gezogenen Schlussfolgerung ergibt – im vorliegenden Fall beachtet wurde. 132 Infolgedessen ist der achte Klagegrund des ersten Teils der Klageschrift zurückzuweisen. 133 Insgesamt haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass die Einmalzahlung, die – wie die Kommission zu Recht betont – allein bezweckte, die staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar zu machen, eine unverhältnismäßige oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufende Auflage darstellte. 134 Somit ist Klage als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abzuweisen. Kosten 135 Da die Kommission beantragt hat, die Klägerinnen zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Achte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl und die HSH Investment Holdings FSO Sàrl tragen die Kosten. Gratsias Kancheva Wetter Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. November 2015. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Beschluss des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 15. Oktober 2015.#Banco Privado Português, SA und Massa Insolvente do Banco Privado Português, SA gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Beihilfe der Portugiesischen Republik zugunsten eines Finanzinstituts in Form einer staatlichen Garantie für ein Darlehen – Beschluss, mit dem die staatliche Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV – Offensichtlich unzulässiges und offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel.#Rechtssache C-93/15 P.
62015CO0093
ECLI:EU:C:2015:703
2015-10-15T00:00:00
Cruz Villalón, Gerichtshof
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Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 25. September 2015.#Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chrom-VI-Verbindungen in der Oberflächentechnik e.V. (VECCO) u. a. gegen Europäische Kommission.#REACH – Aufnahme von Chromtrioxid in die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe – Von der Zulassungspflicht ausgenommene Verwendungen oder Verwendungskategorien – Begriff ‚spezifische bestehende Gemeinschaftsgesetzgebung, die für die Nutzungen des Stoffs Mindestvoraussetzungen zum Schutz der Gesundheit oder der Umwelt vorschreibt‘ – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit – Verteidigungsrechte – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.#Rechtssache T-360/13.
62013TJ0360
ECLI:EU:T:2015:695
2015-09-25T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013TJ0360 URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer) 25. September 2015 (*1) „REACH — Aufnahme von Chromtrioxid in die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe — Von der Zulassungspflicht ausgenommene Verwendungen oder Verwendungskategorien — Begriff ‚spezifische bestehende Gemeinschaftsgesetzgebung, die für die Nutzungen des Stoffs Mindestvoraussetzungen zum Schutz der Gesundheit oder der Umwelt vorschreibt‘ — Offensichtlicher Beurteilungsfehler — Verhältnismäßigkeit — Verteidigungsrechte — Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung“ In der Rechtssache T‑360/13 Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chrom-VI-Verbindungen in der Oberflächentechnik e. V. (VECCO) mit Sitz in Memmingen (Deutschland) und die weiteren Kläger, deren Namen in Anhang I aufgeführt sind, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem sowie J. Beck, Solicitor, Kläger, unterstützt durch Assogalvanica mit Sitz in Padua (Italien) und die weiteren Streithelfer, deren Namen in Anhang II aufgeführt sind, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem sowie J. Beck, Streithelfer, gegen Europäische Kommission, vertreten durch K. Talabér-Ritz und J. Tomkin als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch W. Broere, M. Heikkilä und T. Zbihlej als Bevollmächtigte, Streithelferin, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Verordnung (EU) Nr. 348/2013 der Kommission vom 17. April 2013 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (ABl. L 108, S. 1) erlässt DAS GERICHT (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich (Berichterstatter) sowie des Richters J. Schwarcz und der Richterin V. Tomljenović, Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2015 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Der erste Kläger, der Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chrom-VI-Verbindungen in der Oberflächentechnik e. V. (VECCO), ist ein Verein deutschen Rechts, der nachgeschaltete Anwender von Chromtrioxid vertritt. 2 Die 185 Kläger, deren Namen in Anhang I aufgeführt sind, können in drei Gruppen eingeteilt werden. Die erste Gruppe umfasst diejenigen Kläger, die Chromtrioxid als wässrige Lösung zur Oberflächenbehandlung verwenden. Die zweite Gruppe besteht aus Klägern, die an der Bereitstellung von Chromtrioxid enthaltenden Gemischen zur Oberflächenbeschichtung beteiligt sind. Die dritte Gruppe setzt sich aus Industriekunden zusammen, die Oberflächenbeschichtungen aus Chrom für ihre eigenen Primärprodukte, insbesondere in ihrer Eigenschaft als Lieferanten oder Hersteller von mechanischen Teilen, Maschinen oder sonstigen Erzeugnissen, verwenden. 3 Im August übermittelte die Bundesrepublik Deutschland der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ein Dossier (im Folgenden: Dossier nach Anhang XV), das sie zur Ermittlung von Chromtrioxid als besonders besorgniserregenden Stoff nach dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1), ausgearbeitet hatte. In diesem Dossier schlug die Bundesrepublik Deutschland vor, Chromtrioxid als besonders besorgniserregenden Stoff zu ermitteln, da es in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung Nr. 1907/2006 (ABl. L 353, S. 1) als krebserzeugender Stoff der Kategorie 1 und als erbgutverändernder Stoff der Kategorie 2 eingestuft worden sei und dieser Stoff diesbezüglich die Kriterien des Art. 57 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1907/2006 erfülle. Das Dossier nimmt u. a. Bezug auf zwei Berichte, nämlich auf einen im Jahr 2005 vom Vereinigten Königreich verfassten Risikobewertungsbericht mit dem Titel „European Union Risk Assessment Report, 3rd Priority List, Volume 53“ (EU-Bericht über die Risikobewertung, 3. Prioritätenliste, Band 53) und auf einen vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung erstellten Bericht mit dem Titel „MEGA-Auswertungen zur Erstellung von REACH-Expositionsszenarien für Chrom(VI)–Verbindungen (2000 bis 2009) in Deutschland“ (im Folgenden: MEGA-Bericht). 4 Gemäß Art. 59 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 wurde am 30. August 2010 ein Dossier nach Anhang XV veröffentlicht, und es wurde eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, die am 14. Oktober 2010 ablief. Nach Abgabe der Stellungnahmen wurde das Dossier gemäß Art. 59 Abs. 7 dieser Verordnung an den Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA überwiesen. Der Ausschuss nahm den Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland an. Im Anschluss nahm die ECHA mit Entscheidung vom 14. Dezember 2010 Chromtrioxid gemäß Art. 59 Abs. 8 dieser Verordnung in die Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV dieser Verordnung in Frage kommenden Stoffe (im Folgenden: Kandidatenliste) auf; eine aktualisierte Fassung dieser Liste wurde am 15. Dezember 2010 auf der Website der ECHA veröffentlicht. 5 Gemäß Art. 58 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 veröffentlichte die ECHA am 15. Juni 2011 den Entwurf einer Empfehlung zur Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV dieser Verordnung, die die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe enthält, und forderte die interessierten Kreise auf, bis zum 14. September 2011 Stellung zu nehmen. Im Rahmen seiner anlässlich der öffentlichen Anhörung an die ECHA gerichteten Stellungnahme schlug der erste Kläger vor, eine Ausnahme im Sinne von Art. 58 Abs. 1 Buchst. e in Verbindung mit Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 für die Verwendung von Chromtrioxid als aktiver Katalysatorsubstanz vorzusehen. Die von den interessierten Kreisen, darunter u. a. dem ersten Kläger, abgegebenen Stellungnahmen wurden anschließend veröffentlicht. 6 Am 19. Dezember 2011 gab der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA seine Stellungnahme zu dem oben in Rn. 5 genannten Entwurf einer Empfehlung ab. 7 Am 20. Dezember 2011 legte die ECHA ihre Empfehlung für in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aufzunehmende Stoffe vor. In dieser Empfehlung schlug die ECHA vor, für keine der Verwendungen von Chromtrioxid eine Ausnahme zu gewähren. 8 Gemäß Art. 131 und dem in Art. 133 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Verfahren nahm die Europäische Kommission am 17. April 2013 die Verordnung (EU) Nr. 348/2013 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 (ABl. L 108, S. 1, im Folgenden: angefochtener Rechtsakt) an. 9 Durch den angefochtenen Rechtsakt wurde Chromtrioxid in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgenommen. Es wurde keine Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 dieser Verordnung für bestimmte Verwendungen von Chromtrioxid gewährt. Verfahren und Anträge der Beteiligten 10 Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 8. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 11 Mit Schriftsatz, der am 18. Oktober 2013 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, haben Assogalvanica und 93 weitere natürliche und juristische Personen ihre Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kläger beantragt. Nach Anhörung der Beteiligten ist den Anträgen von Assogalvanica und der weiteren Streithelfer, deren Namen in Anhang II aufgeführt sind, durch Beschluss vom 4. März 2014, VECCO u. a./Kommission (T‑360/13, EU:T:2014:130), entsprochen worden. Der Antrag der anderen Streithilfeantragsteller ist zurückgewiesen worden. 12 Mit Schriftsatz, der am 21. Oktober 2013 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die ECHA ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Diesem Antrag ist nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 22. November 2013 entsprochen worden. 13 Die ECHA hat am 22. Januar 2014 ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. 14 Am 11. März 2014 haben sich die Kläger zu dem von der ECHA eingereichten Streithilfeschriftsatz geäußert. 15 Am 24. April 2014 haben Assogalvanica und die weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfer ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. Die Kläger und die Kommission haben sich am 18. Juni 2014 zu diesem Schriftsatz geäußert. 16 Die Kläger beantragen in der Klageschrift, — die Klage für zulässig und begründet zu erklären; — den angefochtenen Rechtsakt teilweise für rechtswidrig zu erklären, da er auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler beruht, gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und die Verteidigungsrechte (einschließlich der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten) verletzt; — den angefochtenen Rechtsakt teilweise für nichtig zu erklären, soweit in seinem Anhang in Zeile 16, fünfte Spalte unter dem Titel „ausgenommene Verwendungen oder Verwendungskategorien“ weder der Ausnahmetatbestand „Verwendung von Chromtrioxid zu Herstellungszwecken in wässriger Lösung bis zu einem maximal zulässigen Expositionswert von 5μg/m3 (oder 0,005 mg/m3)“ noch eine ähnliche Formulierung, die eine Ausnahme vom Geltungsbereich des angefochtenen Rechtsakts für die „Verwendung von Chromtrioxid in der Galvanotechnik, bei Ätzverfahren, der Elektropolitur und anderen Verfahren oder Technologien der Oberflächenbehandlung sowie beim Mischen“ bezweckt, oder eine dementsprechende Formulierung, enthalten ist; — der Kommission aufzugeben, den angefochtenen Rechtsakt dahin gehend zu ändern, dass er dem Urteil des Gerichts entspricht; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 17 In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger den zweiten und den vierten Klageantrag zurückgenommen. 18 Die Kommission und die ECHA beantragen, — die Klage als unbegründet abzuweisen; — den Klägern sowie Assogalvanica und den weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfern die Kosten aufzuerlegen. 19 Assogalvanica und die weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfer beantragen, — den angefochtenen Rechtsakt teilweise für rechtswidrig zu erklären, da er auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler beruht, gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und die Verteidigungsrechte (einschließlich der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten) verletzt; — den angefochtenen Rechtsakt teilweise für nichtig zu erklären, soweit in seinem Anhang in Zeile 16, fünfte Spalte unter dem Titel „ausgenommene Verwendungen oder Verwendungskategorien“ weder der Ausnahmetatbestand „Verwendung von Chromtrioxid zu Herstellungszwecken in wässriger Lösung bis zu einem maximal zulässigen Expositionswert von 5μg/m3 (oder 0,005 mg/m3)“ noch eine ähnliche Formulierung, die eine Ausnahme vom Geltungsbereich des angefochtenen Rechtsakts für die „Verwendung von Chromtrioxid in der Galvanotechnik, bei Ätzverfahren, der Elektropolitur und anderen Verfahren oder Technologien der Oberflächenbehandlung sowie beim Mischen“ bezweckt, oder eine andere Formulierung enthalten ist, durch die die Verwendung von Chromtrioxid in der Beschichtungsindustrie vom Geltungsbereich des angefochtenen Rechtsakts ausgenommen wird; — der Kommission aufzugeben, den angefochtenen Rechtsakt dahin gehend zu ändern, dass er dem Urteil des Gerichts entspricht; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 20 Mit Schriftsatz, der am 8. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt und eine neue wissenschaftliche Analyse für die Daten des MEGA-Berichts vorgelegt. Hilfsweise beantragen die Kläger, dieses Gutachten zu den Akten zu nehmen und die Beteiligten im Wege einer prozessleitenden Maßnahme aufzufordern, zu dessen Auswirkung auf die Entscheidung des Rechtsstreits Stellung zu nehmen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit des ersten und des dritten Klageantrags von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfern 21 Nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend anwendbar ist, können mit den aufgrund eines Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Daher kann der Streithelfer nicht die von ihm unterstützten Parteianträge erweitern (Urteil vom 10. Mai 2001, Kaufring u. a./Kommission, T‑186/97, T‑187/97, T‑190/97 bis T‑192/97, T‑210/97, T‑211/97, T‑216/97 bis T‑218/97, T‑279/97, T‑280/97, T‑293/97 und T‑147/99, Slg, EU:T:2001:133, Rn. 137). 22 Im vorliegenden Fall haben die Kläger den zweiten und den vierten Klageantrag zurückgenommen. Der erste und der dritte Klageantrag von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfern werden demnach nicht mehr zur Stützung der Anträge der Kläger gestellt und sind folglich als unzulässig zurückzuweisen. Zur Begründetheit 23 Die Kläger stützen ihre Klage auf vier Gründe, nämlich erstens offensichtliche Beurteilungsfehler, zweitens einen Verstoß gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und viertens eine Verletzung der Verteidigungsrechte sowie der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der „höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten“. 24 Zunächst ist auf den zweiten Klagegrund einzugehen. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 25 Die Kläger werfen der Kommission einen Verstoß gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 vor, weil sie die fragliche Verwendung von Chromtrioxid nicht von der Zulassungspflicht ausgenommen habe. Ihrer Auffassung nach ist das mit dieser Verwendung verbundene Risiko ausreichend beherrscht. Es bestehe eine Gemeinschaftsgesetzgebung, die Mindestmaßnahmen vorschreibe, die von den Arbeitgebern zur Beherrschung der mit der Verwendung von Chromtrioxid verbundenen Risiken zwingend ergriffen werden müssten, u. a. die Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (vierzehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 131, S. 11) und die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates) (ABl. L 158, S. 50). Diese Richtlinien seien auch für nicht ausdrücklich in ihnen aufgeführte Stoffe „spezifisch“, sofern diese Stoffe zu einer der von diesen Richtlinien erfassten Stoffkategorien gehörten. Der Umstand, dass diese Richtlinien keinen Arbeitsplatzgrenzwert für Chromtrioxid enthielten, schließe nicht aus, dass sie im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 hinreichend „spezifisch“ seien und „Mindestanforderungen“ vorsähen. Verlangte man Expositionsgrenzwerte, so liefe dies auf eine Festlegung von Höchstanforderungen hinaus, was über den Rahmen von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 hinausgehe, der nur auf Mindestanforderungen Bezug nehme. Im Übrigen habe die Kommission in ihrer Mitteilung über die Ergebnisse der Risikobewertung und über die Risikobegrenzungsstrategien für die Stoffe Chromtrioxid, Ammoniumdichromat, Kaliumdichromat (ABl. 2008, C 152, S. 1) die bereits ergriffenen Risikobegrenzungsmaßnahmen als ausreichend erachtet. Die Kommission habe in dem im Februar 2013 von ihr veröffentlichten „Fahrplan für besonders besorgniserregende Stoffe“ anerkannt, dass die Risiken selbst „außerhalb“ der Verordnung Nr. 1907/2006 beherrscht werden könnten. Aufgrund der Effizienz der von den Arbeitgebern ergriffenen Risikobegrenzungsmaßnahmen bestehe zudem kein spezifisches, von dem Galvanik-Sektor verursachtes Krebsrisiko. Darüber hinaus seien von den Verwendern von Chromtrioxid weitere gesetzliche Vorschriften zum Gesundheits- und Umweltschutz einzuhalten, wie etwa die Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197, S. 1), die Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334, S. 17) und die Bestimmungen mehrerer nationaler Rechtsordnungen. Weiterhin sei ein ausreichendes Kontrollniveau für die mit den fraglichen Verwendungen von Chromtrioxid verbundenen Risiken durch eine ganze Reihe einzelstaatlicher Regeln sichergestellt und könne auch durch die freiwillige Anwendung der Arbeitsplatzgrenzwerte erreicht werden. Schließlich treffe im Rahmen von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 die Pflicht zur Prüfung, ob eine Ausnahme gewährt werden könne, sowie die diesbezügliche Beweislast, die Kommission und nicht die Wirtschaftsteilnehmer. 26 Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer schließen sich im Wesentlichen dem Vorbringen der Kläger an, wobei sie zugleich hervorheben, die Kommission und die ECHA hätten die Effizienz der bereits geltenden Maßnahmen sorgfältig und eingehend überprüfen müssen, was sich aus dem Begriff „ausreichend“ im Wortlaut von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 und auch aus dem in Art. 55 dieser Verordnung festgelegten Zweck ergebe, wonach die Kommission und die ECHA dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts Rechnung zu tragen hätten. Im Übrigen sehe Art. 58 Abs. 2 dieser Verordnung nur Mindestanforderungen vor, so dass es gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoße, wenn die Kommission einseitig strengere Anforderungen vorschreibe. Die Beurteilung nach dieser Bestimmung hätte eine eingehendere Prüfung nicht nur der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts, sondern auch der rechtlichen Grundlagen, ihrer praktischen Anwendung und der in diesem Zusammenhang eingeholten faktischen Daten erfordert, um zu beurteilen, ob die Mindestanforderungen eine ausreichende Beherrschung der Risiken ermöglichten. 27 Die Kommission, unterstützt durch die ECHA, tritt diesem Vorbringen entgegen. 28 Vorab ist festzustellen, dass der Gesetzgeber durch die Verordnung Nr. 1907/2006 eine Regelung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe geschaffen hat, die nach dem ersten Erwägungsgrund dieser Verordnung u. a. ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicherstellen sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern soll. Insbesondere sieht diese Verordnung in ihrem Titel VII ein Zulassungsverfahren vor. Nach Art. 55 dieser Verordnung ist es Zweck dieses Verfahrens, sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und gleichzeitig die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden und dass diese Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien ersetzt werden, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind. Das Zulassungsverfahren kann auf alle Stoffe angewandt werden, die die Kriterien des Art. 57 dieser Verordnung erfüllen. 29 Die erste Phase des Zulassungsverfahrens besteht aus der Prüfung durch die ECHA, ob ein Stoff u. a. auf der Grundlage eines Dossiers nach Anhang XV der Verordnung Nr. 1907/2006 die Kriterien des Art. 57 dieser Verordnung erfüllt. Dieses Dossier wird entweder auf Ersuchen der Kommission, der ECHA oder eines Mitgliedstaats ausgearbeitet. Am Ende dieser Phase identifiziert die ECHA diesen Stoff als Stoff, der diese Kriterien erfüllt und nimmt ihn in die Kandidatenliste auf. 30 Die zweite Phase des Zulassungsverfahrens betrifft die Aufnahme eines in der Kandidatenliste aufgeführten Stoffes in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 gemäß Art. 58 dieser Verordnung. Sobald ein Stoff in diesen Anhang eingetragen wurde und die in Art. 56 dieser Verordnung genannten Voraussetzungen für sein Verbot erfüllt sind, kann er nicht mehr verwendet oder in Verkehr gebracht werden, es sei denn, im Rahmen der dritten Phase dieses Verfahrens wurde nach Art. 60 dieser Verordnung eine Zulassung für eine bestimmte Verwendung erteilt. Die Entscheidung über die Aufnahme dieses Stoffes in den Anhang wird von der Kommission auf der Grundlage einer von der ECHA ausgearbeiteten Empfehlung getroffen, die wiederum die vorherige Stellungnahme ihres Ausschusses der Mitgliedstaaten und die von den interessierten Kreisen im Rahmen einer in Art. 58 Abs. 4 Unterabs. 2 der fraglichen Verordnung vorgesehenen öffentlichen Anhörung abgegebenen Stellungnahmen, insbesondere zu den Verwendungen, die nach Art. 58 Abs. 2 dieser Verordnung von der Zulassungspflicht ausgenommen werden sollten, berücksichtigt. 31 Die Entscheidung über die Aufnahme eines Stoffes nach Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Anhang XIV dieser Verordnung hat nach deren Art. 58 Abs. 1 Buchst. e u. a. Verwendungen oder Verwendungskategorien, die gegebenenfalls von der Zulassungspflicht ausgenommen sind, und gegebenenfalls Maßgaben für derartige Ausnahmen anzugeben. Die Gewährung dieser Ausnahmen erfolgt nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung, wonach Verwendungen oder Verwendungskategorien von der Zulassungspflicht ausgenommen werden können, sofern – auf der Grundlage bestehender spezifischer Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes – das Risiko ausreichend beherrscht wird. 32 Da die Kläger im Wesentlichen geltend machen, die Voraussetzungen von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 seien erfüllt und die Kommission hätte eine Ausnahme nach dieser Bestimmung gewähren müssen, ist zunächst zu prüfen, ob im vorliegenden Fall „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung [von Chromtrioxid]“ bestanden. Ist dies der Fall, so ist im Anschluss zu untersuchen, ob „auf der Grundlage [dieser] spezifische[n] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft … das Risiko ausreichend beherrscht [wurde]“. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist schließlich zu prüfen, ob die Kommission, die eine Ausnahme gewähren „kann“ und diesbezüglich daher über einen Ermessensspielraum verfügt, bei der Ausübung ihres Ermessens einen Fehler begangen hat. 33 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine „Rechtsvorschrift der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 eine von einer Einrichtung der Union erlassene Rechtsnorm ist, die bindende Wirkung entfalten soll. Daraus folgt, wie die Kläger im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, dass Regeln, die sich aus mehreren nationalen Rechtsordnungen ergeben, sowie freiwillige Praktiken nicht die erste Voraussetzung von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllen können, da sie keine „bestehende[n] spezifische[n] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ darstellen. Daher sind weder die von den Klägern geltend gemachten nationalen Regeln noch die freiwilligen Praktiken, auf die sie Bezug genommen haben, zu prüfen. 34 Was die oben in Rn. 25 genannte Mitteilung der Kommission, auf die die Kläger Bezug nehmen, anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass sie Informationen zur Risikobewertung und zu Risikobegrenzungsstrategien, u. a. für Chromtrioxid, enthält. Dagegen enthält sie keinerlei bindenden Inhalt oder Erläuterung einer anderen Bestimmung, sondern beschränkt sich zum einen darauf, die Ergebnisse der Risikobewertung u. a. für die Verwendung von Chromtrioxid mitzuteilen, und zum anderen auf die Angabe, dass die Kommission ihre Empfehlung vom 30. Mai 2008 über Risikobegrenzungsmaßnahmen für die Stoffe Chromtrioxid, Ammoniumdichromat und Kaliumdichromat (ABl. L 158, S. 65) verabschiedet hat, auf die diese Mitteilung Bezug nimmt. Mangels jeglichen normativen Charakters kann diese Mitteilung, wie die Kläger im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, nicht als eine „Rechtsvorschrift der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angesehen werden. 35 Daher ist nur zu prüfen, ob die von den Klägern geltend gemachten Richtlinien, nämlich die Richtlinien 98/24, 2004/37, 2010/75 und 2012/18 „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 darstellen. 36 Erstens führen die Kläger sowie Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer zwei Richtlinien über den Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz an, nämlich die Richtlinien 98/24 und 2004/37. 37 Was die Richtlinie 98/24 anbelangt, nehmen die Kläger sowie Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer insbesondere Bezug auf Art. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 2, Art. 6 Abs. 2 und 3 sowie auf Art. 8 und Art. 10 dieser Richtlinie. Nach ihrem Art. 1 verfolgt die Richtlinie das Ziel, „Mindestanforderungen für den Schutz der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch die Wirkungen von am Arbeitsplatz vorhandenen chemischen Arbeitsstoffen oder aufgrund von Tätigkeiten mit chemischen Arbeitsstoffen“ festzulegen. Die Richtlinie sieht in erster Linie Maßnahmen vor, die von den Arbeitgebern zur Minderung oder Abwendung von Risiken aufgrund der Exposition von Arbeitnehmern gegenüber den genannten Arbeitsstoffen zu ergreifen sind. Diese Maßnahmen umfassen insbesondere Pflichten im Hinblick auf die Bewertung der Risiken, denen die Arbeitnehmer am Arbeitsort ausgesetzt sind (Art. 4), den Ersatz gefährlicher Arbeitsstoffe durch weniger gefährliche Arbeitsstoffe (Art. 6), die Verringerung der Menge dieser Arbeitsstoffe (Art. 6), individuelle Schutzmaßnahmen (Art. 6), die kontinuierliche Gesundheitsüberwachung der betroffenen Arbeitnehmer (Art. 10) und schließlich die Unterrichtung der Arbeitnehmer und der zuständigen Behörden (Art. 9 Abs. 3). Die fragliche Richtlinie legt folglich eine Maßnahmenskala fest. In erster Linie ist die Exposition des Arbeitnehmers gegenüber dem gefährlichen Arbeitsstoff zu vermeiden, möglichst durch Ersatz eines gefährlichen Arbeitsstoffs durch einen weniger gefährlichen Arbeitsstoff oder, sofern dies nicht möglich ist, durch Einführung eines geschlossenen Produktionssystems. Ist keine dieser Maßnahmen realisierbar, so ist die Exposition durch kollektive Schutzmaßnahmen, wie z. B. die Verbesserung der Be- und Entlüftungssysteme und der organisatorischen Maßnahmen möglichst zu verringern. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um eine Exposition der Arbeitnehmer zu verhindern, so sind drittens schließlich individuelle Schutzmaßnahmen, wie z. B. die Zurverfügungstellung einer geeigneten persönlichen Schutzausrüstung vorzusehen. 38 Die Richtlinie 98/24 gilt allgemein für alle chemischen Arbeitsstoffe und besitzt Allgemeingültigkeit. Ihr Ziel ist u. a. die Festlegung von Pflichten, die von den Arbeitgebern, die ein angemessenes Sicherheitsniveau für die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu gewährleisten haben, zu beachten sind. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sie für die in ihren Anhang I, in dem sich derzeit nur metallisches Blei und seine Verbindungen befinden, aufgenommenen Stoffe verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte vorgesehen hat. Für die anderen Stoffe sieht Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie die künftige Festsetzung von „auf Gemeinschaftsebene festzulegenden Arbeitsplatz-Richtgrenzwerten“ vor sowie dass „[d]iese Grenzwerte … gemäß dem Verfahren des Artikels 17 der Richtlinie 89/391/EWG unter Berücksichtigung der verfügbaren Messtechniken festgelegt oder geändert [werden]“ und dass „[d]ie Mitgliedstaaten … die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber regelmäßig über die auf Gemeinschaftsebene festgelegten Arbeitsplatzgrenzwerte [unterrichten]“. Nach Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie „[müssen die Mitgliedstaaten] [f]ür jeden chemischen Arbeitsstoff, für den auf Gemeinschaftsebene ein Arbeitsplatz‑Richtgrenzwert festgelegt wurde, … einen nationalen Arbeitsplatzgrenzwert festlegen, wobei sie den Gemeinschaftsgrenzwert berücksichtigen müssen, aber den Rechtscharakter nach der einzelstaatlichen Gesetzgebung und Praxis wählen können“. Nach Art. 3 Abs. 4 derselben Richtlinie „können [a]uf Gemeinschaftsebene … verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte festgelegt werden, die zusätzlich zu den Faktoren, die bei der Festlegung der Arbeitsplatz-Richtgrenzwerte berücksichtigt wurden, Durchführbarkeitsfaktoren widerspiegeln und gleichzeitig die Zielsetzung des Schutzes der Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit wahren.“ 39 Was das Verhältnis zwischen der Richtlinie 98/24 und der Verordnung Nr. 1907/2006 anbelangt, sieht Letztere in ihrem fünften Erwägungsgrund vor, dass sie „unbeschadet der Arbeits- und Umweltschutzvorschriften der Gemeinschaft gelten [sollte]“, und in ihrem zwölften Erwägungsgrund, dass sie „nicht die Anwendung von Richtlinien über den Arbeitnehmerschutz und die Umwelt, insbesondere der Richtlinie [2004/37] und der Richtlinie [98/24 berührt], denen zufolge die Arbeitgeber gefährliche Stoffe beseitigen müssen, wo immer dies technisch möglich ist, oder gefährliche Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe ersetzen müssen“. Art. 2 Abs. 4 Buchst. a dieser Verordnung sieht vor, dass sie „unbeschadet [der] Arbeits- und Umweltschutzvorschriften der Gemeinschaft, einschließlich der Richtlinie 89/391/EWG …, der Richtlinie 96/61/EG …, der Richtlinie [98/24], der Richtlinie 2000/60/EG … und der Richtlinie [2004/37 gilt]“. 40 Im Licht der vorstehenden Ausführungen ist anzuerkennen, dass die Richtlinie 98/24, da sie nicht auf einen bestimmten Stoff Bezug nimmt, wie dies für die genannten, in Anhang I dieser Richtlinie aufgenommenen Stoffe der Fall ist, weder als spezifisch angesehen werden kann, da sie allgemein für alle chemischen Arbeitsstoffe gilt, noch als Richtlinie, mit der Mindestanforderungen auferlegt werden, da sie nur einen allgemeinen Rahmen für die Pflichten von Arbeitgebern festlegt, die ihre Angestellten Risiken aus der Verwendung chemischer Arbeitsstoffe aussetzen. Der allgemeine Charakter dieser Richtlinie kommt dadurch klar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber in Art. 3 dieser Richtlinie davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Festsetzung von Grenzwerten um einen integralen Bestandteil des Schutzmechanismus für Arbeitnehmer handelt und dass diese Festsetzung für Stoffe, für die solche Werte noch nicht vorhanden sind, noch zu erfolgen hat. Entgegen dem Vorbringen von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfern kann der Kommission demnach nicht vorgeworfen werden, dadurch, dass sie Arbeitsplatzgrenzwerte verlangt habe, gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen zu haben, da das Erfordernis dieser Grenzwerte aus der Anwendung von Art. 3 der Richtlinie 98/24 hervorgeht. Die Kommission hat demnach nicht von sich aus spezifische Anforderungen hinzugefügt, sondern ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass die fragliche Richtlinie in Ermangelung von Grenzwerten keine „[bestehende spezifische Rechtsvorschrift] mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 darstellt. 41 Wäre schließlich dem von den Klägern befürworteten Ansatz, wonach die Richtlinie 98/24 unabhängig davon, ob sie Arbeitsplatzgrenzwerte auferlegt, als spezifische Rechtsvorschrift der Gemeinschaft anzusehen ist, zu folgen, müssten alle chemischen Arbeitsstoffe als Arbeitsstoffe angesehen werden, für die „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen“ gelten. In einem solchen Fall bestünde nahezu immer die Möglichkeit, die Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 dieser Verordnung zu gewähren, obwohl es sich bei dieser Bestimmung um eine strikte Ausnahme von dem in Art. 57 dieser Richtlinie in Verbindung mit dem 69. Erwägungsgrund dieser Richtlinie verankerten Grundsatz handelt, wonach besonders besorgniserregende Stoffe grundsätzlich in Anhang XIV der fraglichen Verordnung aufgenommen und dem in Art. 60 dieser Verordnung vorgesehenen Zulassungsverfahren unterworfen werden müssen. Daraus folgt, dass der von den Klägern befürwortete Ansatz zu einer ernsthaften Gefährdung des Ziels und der Funktionsweise der fraglichen Verordnung führen könnte und ihm daher nicht gefolgt werden kann. 42 Was die Richtlinie 2004/37 anbelangt, machen die Kläger sowie Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer insbesondere Art. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 4, Art. 5 Abs. 1, 3 und 5 sowie die Art. 6 und Art. 14 dieser Richtlinie geltend. Nach ihrem Art. 1 ist „Ziel dieser Richtlinie … der Schutz der Arbeitnehmer – einschließlich der Vorbeugung – gegen die Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit, die aus einer Exposition gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen bei der Arbeit erwächst oder erwachsen kann“. In dieser Richtlinie „werden die einschlägigen Mindestvorschriften einschließlich Grenzwerte festgelegt“. Die fragliche Richtlinie sieht somit – wie die Richtlinie 98/24 – eine Maßnahmenskala vor, die u. a. Pflichten im Hinblick auf die Bewertung der Risiken, denen die Arbeitnehmer am Arbeitsort ausgesetzt sind (Art. 3 Abs. 2 bis 4), den Ersatz gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe (Art. 4), die Verringerung der Menge dieser Stoffe (Art. 5), individuelle Schutzmaßnahmen (Art. 8 und 10), die kontinuierliche Gesundheitsüberwachung der betroffenen Arbeitnehmer (Art. 14) und schließlich die Unterrichtung der Arbeitnehmer und zuständigen Behörden (Art. 11, 12 und 19) umfasst. 43 Die Richtlinie 2004/37 gilt für alle Karzinogene oder Mutagene. Sie sieht jedoch verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte für Benzol, Vinylchloridmonomer und Hartholzstäube vor (Anhang III). Ihr Art. 16 Abs. 1 sieht Folgendes vor: „Der Rat legt nach dem in Artikel 137 Absatz 2 des [EG-Vertrags, jetzt Art. 153 Abs. 2 AEUV] genannten Verfahren für alle Karzinogene oder Mutagene, bei denen dies möglich ist, durch Richtlinien Grenzwerte fest und erlässt andere damit unmittelbar zusammenhängende Bestimmungen; er stützt sich auf die verfügbaren Informationen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Daten.“ Ihr 13. Erwägungsgrund stellt diesbezüglich klar, dass „Grenzwerte berufsbedingter Exposition … als wichtiger Bestandteil der allgemeinen Vorkehrungen zum Schutz der Arbeitnehmer anzusehen [sind]“ und dass „[d]erartige Grenzwerte … revidiert werden [müssen], wenn sich dies angesichts neuerer wissenschaftlicher Daten als erforderlich erweist“. 44 Wie bereits im Hinblick auf die Richtlinie 98/24 ausgeführt, berührt die Verordnung Nr. 1907/2006 nicht die Anwendung von Richtlinien über den Arbeitnehmerschutz, einschließlich der Richtlinie 2004/37, für die die oben in Rn. 40 angeführte Argumentation ebenfalls gilt. Da diese Richtlinie auf keinen anderen Stoff als Benzol, Vinylchloridmonomer und Hartholzstäube, für die sie Expositionshöchstwerte festlegt, Bezug nimmt, kann sie weder als „spezifisch“ noch als Richtlinie angesehen werden, mit der Mindestanforderungen auferlegt werden. Außerdem hat der Gesetzgeber – wie für die Richtlinie 98/24 – in Art. 16 der Richtlinie 2004/37 klargestellt, dass es sich bei der Festsetzung von Grenzwerten um einen integralen Bestandteil des Schutzmechanismus für Arbeitnehmer handelt und dass diese Festsetzung für Stoffe, für die solche Werte noch nicht vorhanden sind, noch zu erfolgen hat. Schließlich könnten in Anbetracht von Art. 57 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1907/2006, der Karzinogene und Mutagene in den Zulassungsmechanismus nach Titel VII einbezieht, das Ziel und die Funktionsweise des durch diese Verordnung eingerichteten Kontroll- und Schutzsystems ernsthaft gefährdet werden, wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Richtlinie 2004/37 für jedes beliebige Karzinogen oder Mutagen um bestehende spezifische Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 handelte. Die oben in Rn. 41 angeführte Argumentation gilt auch für die Richtlinie 2004/37. 45 Somit ist festzustellen, dass im Hinblick auf Chromtrioxid weder die Richtlinie 98/24 noch die Richtlinie 2004/37 „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 darstellen. 46 Diese Schlussfolgerung wird durch das weitere Vorbringen der Kläger sowie von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfern nicht in Frage gestellt. 47 Die Kläger machen zunächst geltend, die Kommission habe, indem sie im Rahmen der Anwendung von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 Arbeitsplatzgrenzwerte verlangt habe, in Wirklichkeit versucht, nicht Mindest-, sondern Höchstanforderungen aufzuerlegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Kriterium „Mindestanforderungen“ nicht als jede beliebige, von einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehene Maßnahme verstanden werden kann. Der Begriff der Mindestanforderung ist zum einen dahin zu verstehen, dass sie einen Mindeststandard im Interesse der Arbeitnehmer oder anderer betroffener Personen darstellt, und zum anderen, dass sie zulässt, dass auf einzelstaatlicher Ebene im Rahmen einer strengeren Gesetzgebung als derjenigen, die die Mindestanforderung auf Unionsebene vorschreibt, noch strengere Maßnahmen erlassen oder auferlegt werden. Allein der Umstand, dass Arbeitsplatzgrenzwerte verlangt werden, impliziert mithin nicht die Anwendung einer Höchstanforderung, sondern stellt eine mögliche Mindestanforderung im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 dar. 48 Weiterhin machen die Kläger geltend, dass es für eine Einstufung von Rechtsvorschriften als „spezifisch“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 genüge, dass sie auf eine Kategorie von Stoffen und insbesondere auf die Einstufungskriterien Bezug nähmen. Der erste Kläger bezieht sich auf ein Dokument der ECHA mit dem Titel „Preparation of draft Annex XIV entries for the third recommandation of substances to be included in Annex XIV – General Approach“ (Vorbereitung des Entwurfs für die dritte Empfehlung zur Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV – Allgemeiner Ansatz), aus dem hervorgehe, dass der Umstand, dass ein Stoff beispielsweise zu den Kategorien „krebserzeugende Stoffe“ oder „erbgutverändernde Stoffe“ gehöre, ausreiche, um Rechtsvorschriften zu einer dieser Kategorien als spezifisch zu betrachten. 49 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. 50 Erstens handelt es sich bei dem von den Klägern angeführten Dokument um eine einfache Mitteilung der ECHA, in der die interessierten Kreise über den von ihr verfolgten Ansatz bei der Bewertung insbesondere der in Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Voraussetzungen informiert werden. Dieses Dokument hat keinerlei rechtliche Bedeutung und ist für die Auslegung dieses Artikels durch den Unionsrichter irrelevant. 51 Zweitens kann aus dem Wortlaut von Rn. 5.1, zweiter Erwägungsgrund, des von den Klägern angeführten Dokuments nicht abgeleitet werden, dass jedes beliebige Einstufungskriterium genüge, um Rechtsvorschriften zu einer Kategorie von Stoffen, die diesem Kriterium zuzuordnen sind, als spezifisch zu betrachten. 52 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Rn. 5.1, zweiter Erwägungsgrund, des von den Klägern angeführten Dokuments auf die ausreichende Beherrschung der Risiken Bezug nimmt. Daher ist zu bezweifeln, dass die ECHA mit diesem Erwägungsgrund die Kriterien klarstellen wollte, die es ihrer Ansicht nach gestatten, Rechtsvorschriften als spezifisch zu betrachten. 53 Außerdem stellt die ECHA in dem von den Klägern angeführten Dokument klar, dass „die fraglichen Rechtsvorschriften generell auf den spezifischen, in Anhang XIV [der Verordnung Nr. 1907/2006] aufzunehmenden Stoff Bezug nehmen sollten, entweder durch dessen Nennung oder durch Bezugnahme auf die Stoffgruppe, der dieser Stoff angehört, beispielsweise durch Angabe der Einstufungskriterien oder der Kriterien des Anhangs XIII [dieser Verordnung]“. Selbst unterstellt, dass die ECHA die Kriterien klarstellen wollte, die es ihrer Ansicht nach gestatten, Rechtsvorschriften als spezifisch zu betrachten, kann aus dieser Passage nur abgeleitet werden, dass in erster Linie der Stoff als solcher Gegenstand der Rechtsvorschriften sein muss und dass, sofern dies nicht der Fall ist, auch eine Stoffkategorie als Gegenstand spezifischer Rechtsvorschriften angesehen werden kann, sofern sich diese Rechtsvorschriften auf eine Kategorie beziehen, die sich klar von anderen Stoffen unterscheidet. Die Spezifität von Rechtsvorschriften für eine Stoffkategorie muss demnach mit der Spezifität von Rechtsvorschriften, die nur einen einzigen Stoff zum Gegenstand haben, vergleichbar sein. Daraus folgt, dass die bloße Bezugnahme auf krebserzeugende, mutagene oder chemische Stoffe zu allgemein ist. 54 Zweitens berufen sich die Kläger auf zwei Richtlinien über Umweltschutz, nämlich die Richtlinien 2010/75 und 2012/18, ohne jedoch näher auszuführen, inwiefern diese Richtlinien „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 darstellen. Zur Untermauerung ihres Vortrags verweisen sie lediglich auf Anhang A.22 der Klageschrift, der ohne Angabe des Verfassers noch der Quelle des Berichts „Environmental Risk Reduction Strategy and Analysis of Advantages and Drawbacks for Hexavalent Chromium“ (Strategie zur Reduzierung des Umweltrisikos und Analyse der Vor- und Nachteile von sechswertigem Chrom) dessen Abschnitt 4 wiedergibt und mehr als 40 Seiten umfasst. Ihrer Meinung nach gewährleisten die Richtlinie 2010/75 sowie ein Dokument mit der Bezeichnung „BREF“, d. h. ein Referenzdokument zu den besten verfügbaren Techniken für die Oberflächenbehandlung in der Metall- und Kunststoffverarbeitung von August 2006, dass die besten verfügbaren Techniken, d. h. die effizientesten, fortschrittlichsten und am einfachsten umzusetzenden Arbeitsmethoden eingesetzt werden, um Emissionen und deren Auswirkungen auf die Umwelt zu vermeiden oder zu vermindern. 55 Erstens ist festzustellen, dass dieses Vorbringen, soweit die Kläger geltend machen, die Richtlinien 2010/75 und 2012/18 stellten „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 dar, unzulässig ist, da es nicht Sache des Gerichts ist, anstelle der Kläger in der umfangreichen Anlage A.22 der Klageschrift, auf die sie global verweisen, selbst die Umstände aufzusuchen und zu identifizieren, die sie als Untermauerung ihres Vortrags betrachten könnten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 29. November 1993, Koelman/Kommission, T‑56/92, Slg, EU:T:1993:105, Rn. 23). Soweit sich dieses Vorbringen nur auf die Beherrschung der Risiken bezieht, ist es ebenfalls unzulässig, da allein der globale Verweis auf den Anhang, ohne Präzisierung der stichhaltigen Passagen oder Absätze, auch nicht erkennen lässt, warum das Risiko als beherrscht anzusehen ist. Dieses Argument gilt auch für das Dokument mit der Bezeichnung „BREF“. Im Übrigen ist dieses Dokument dem Gericht nicht zur Verfügung gestellt worden, so dass dieses es nicht prüfen kann. 56 Selbst wenn man zweitens annähme, das Vorbringen der Kläger zur Richtlinie 2012/18 sei zulässig, kann diese keinesfalls als „[bestehende spezifische Rechtsvorschrift] der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angesehen werden, obwohl diese Richtlinie nach ihrem Anhang I Teil 1 in Verbindung mit Anhang VI, Tabelle 3.1, Index-Nummer 024-001-00-0 der Verordnung Nr. 1272/2008 auf Chromtrioxid anwendbar ist. 57 Aus Artikel 1 der Richtlinie 2012/18 geht nämlich hervor, dass diese Richtlinie bezweckt, die Bestimmungen für die Verhütung „schwerer Unfälle“ mit gefährlichen Stoffen und für die Begrenzung der Unfallfolgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt festzulegen, um auf abgestimmte und wirksame Weise in der ganzen Union ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. In ihrem Art. 5 Abs. 1 sieht die Richtlinie allgemeine Pflichten für die Wirtschaftsteilnehmer vor, die alle notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, um schwere Unfälle zu verhüten und deren Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu begrenzen. Anhang III Buchst. b der Richtlinie bestimmt die im Rahmen des Sicherheitsmanagements, das die Wirtschaftsteilnehmer nach Art. 8 der fraglichen Richtlinie in ihren Anlagen umsetzen müssen, zu berücksichtigenden Aspekte, nämlich insbesondere die Ausbildung und Sensibilisierung des Personals, die Ermittlung und Bewertung der Gefahren schwerer Unfälle, die Kontrolle der Industrieanlage, die sichere Durchführung von Änderungen der Anlage, des Verfahrens oder des Lagers, die Planung für Notfälle, die kontinuierliche Leistungsüberwachung, die Meldung von Unfällen, und ein regelmäßiges Audit und regelmäßige Überprüfung. 58 Darüber hinaus legt Anhang I der Richtlinie 2012/18 zur Abgrenzung ihres Anwendungsbereichs Mengenschwellen für das Vorhandensein eines gefährlichen Stoffes innerhalb eines Unternehmens (in Tonnen) fest. So ist diese Richtlinie nicht auf Unternehmen anwendbar, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die unter den in Anhang I Teil 1 Spalte 2 oder Anhang I Teil 2 Spalte 2 genannten Mengen liegen. Dagegen werden von dieser Richtlinie Unternehmen erfasst, die als „Betrieb der unteren Klasse“ im Sinne ihres Art. 3 Abs. 2 oder als „Betrieb der oberen Klasse“ im Sinne von Abs. 3 dieses Artikels in ihren Anwendungsbereich fallen. Mithin legt Anhang I dieser Richtlinie weder Arbeitsplatzgrenzwerte noch Emissionsgrenzwerte für ein Unternehmen fest. 59 Ziel der Richtlinie 2012/18 ist folglich die Gewährleistung der Sicherheit von Anlagen, um „schwere“ Unfälle zu vermeiden. Sie betrifft weder die spezifischen Verwendungen gefährlicher Stoffe im Rahmen normaler industrieller Tätigkeiten eines Unternehmens als solche noch den Schutz von Menschen vor einer übermäßigen Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen an ihrem Arbeitsplatz. Folglich kann sie nicht als „[bestehende spezifische Rechtsvorschrift] der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angesehen werden. 60 Selbst wenn man drittens annähme, das Vorbringen der Kläger zur Richtlinie 2010/75 sei zulässig, kann diese nicht als „[bestehende spezifische Rechtsvorschrift] der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angesehen werden. 61 Nach ihrem Art. 1 „regelt [die Richtlinie 2010/75] die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung infolge industrieller Tätigkeiten“. Sie sieht auch Vorschriften zur Vermeidung und, sofern dies nicht möglich ist, zur Verminderung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden und zur Abfallvermeidung vor, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen. Nach ihrem Art. 2 gilt sie für die in den Kapiteln II bis VI genannten industriellen Tätigkeiten, die eine Umweltverschmutzung verursachen. Diese Richtlinie gilt nicht für Forschungstätigkeiten, Entwicklungsmaßnahmen oder die Erprobung von neuen Produkten und Verfahren. Nach ihrem Anhang I gilt sie u. a. für die Tätigkeit der „Oberflächenbehandlung von Metallen oder Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren, wenn das Volumen der Wirkbäder 30 m3 übersteigt“. Nach ihrem Art. 14 Abs. 1 Buchst. a sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle zur Einhaltung der Art. 11 und 18 dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und insbesondere Emissionsgrenzwerte für die Schadstoffe der Liste in ihrem Anhang II und für sonstige Schadstoffe festzusetzen, die von der betreffenden Anlage unter Berücksichtigung der Art der Schadstoffe und der Gefahr einer Verlagerung der Verschmutzung von einem Medium auf ein anderes in relevanter Menge emittiert werden können. Dieser Anhang führt eine ganze Reihe von Stoffen und Gemischen mit nachgewiesenermaßen über die Luft oder in wässrigem Milieu oder über die Luft oder wässriges Milieu übertragbaren karzinogenen, mutagenen oder sich möglicherweise auf die Fortpflanzung auswirkenden Eigenschaften auf. 62 Zwar besteht somit kein Zweifel, dass die Richtlinie 2010/75 generell auf Industrieemissionen aus der Verwendung von Chromtrioxid anwendbar sein kann; es ist jedoch festzustellen, dass diese Richtlinie keine spezifischen Bestimmungen für diesen Stoff enthält. Sie gilt nur für die Oberflächenbehandlung von Metallen oder Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren, wenn das Volumen der Wirkbäder 30 m3 übersteigt. Mithin erfasst sie ein konkretes industrielles Verfahren, das eine hohe Mengenschwelle überschreitet, und nicht einen bestimmten Stoff dieses Verfahrens, und sie gilt nicht für alle Arten dieses Verfahrens, u. a. nicht für Verfahren, die die angegebene Schwelle nicht überschreiten. 63 Aus alledem ergibt sich, dass die Kläger sowie Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer nicht den Nachweis erbracht haben, dass im Hinblick auf Chromtrioxid „[bestehende spezifische] Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorhanden sind. 64 Was die zweite Voraussetzung von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 anbelangt, nämlich die ausreichende Beherrschung des Risikos auf der Grundlage bestehender spezifischer Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes, ist festzustellen, dass, wie oben in Rn. 31 dargelegt, eine Ausnahme nur dann gewährt werden kann, wenn alle in dieser Bestimmung aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Sind keine bestehenden spezifischen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes vorhanden, so braucht diese zweite Voraussetzung nicht geprüft zu werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Anbetracht des Ausdrucks „compte tenu“ in der französischen Fassung dieser Bestimmung und den in anderen Sprachfassungen verwendeten Ausdrücken, wie dem deutschen Ausdruck „auf der Grundlage“ und dem englischen Ausdruck „on the basis of“, die Beherrschung des Risikos auf diesen bestehenden spezifischen Rechtsvorschriften beruhen muss. Sind keine solchen Rechtsvorschriften vorhanden, so ist es jedoch unmöglich, dass sich irgendeine Beherrschung des Risikos, wenn man sie denn als erwiesen unterstellt, daraus ergeben könnte, wobei es sich bereits für sich genommen um einen ausreichenden Grund für die Feststellung handelt, dass die zweite Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Das Vorbringen der Kläger, mit dem dargetan werden soll, dass die mit den verschiedenen Verwendungen von Chromtrioxid verbundenen Risiken in Wirklichkeit aus anderen Gründen praktisch nicht vorhanden, bzw. jedenfalls vernachlässigbar oder beherrscht seien, legt keinen Zusammenhang zwischen der angeblichen Beherrschung des Risikos und bestehenden spezifischen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft dar und geht deshalb ins Leere. 65 Da nicht alle Voraussetzungen von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt waren, verfügte die Kommission im vorliegenden Fall über keinen Ermessensspielraum im Hinblick auf die Gewährung einer Ausnahme nach diesem Artikel. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass, wenn die oben in Rn. 32 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt gewesen wären, der Ermessensspielraum, der der Kommission zugeständen hätte, nicht unbeschränkt gewesen wäre und sie nicht berechtigt hätte, willkürliche Maßnahmen zu erlassen. Selbst in diesem Fall wäre das Vorbringen der Kläger sowie von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfern jedoch nicht stichhaltig, da die vorgebrachten Umstände nicht die Feststellung erlauben, dass der Ermessensspielraum der Kommission derart eingeschränkt war, dass sie die beantragte Ausnahme hätte gewähren müssen. 66 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission durch ihre Weigerung, die von den Klägern beantragte Ausnahme zu gewähren, nicht gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen hat. Der zweite, auf die Verletzung dieses Artikels gestützte Klagegrund ist somit zurückzuweisen. Zum ersten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler 67 Die Kläger zweifeln im Wesentlichen die wissenschaftliche Grundlage des angefochtenen Rechtsakts an, wobei sie als Hauptargument geltend machen, die Kommission habe nicht in angemessener Weise geprüft, ob die mit den verschiedenen Verwendungen der Chromplattierungsindustrie verbundenen Risiken beherrscht seien. 68 Da der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist, weil die erste Voraussetzung von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht erfüllt ist, braucht, wie oben in Rn. 64 dargelegt, nicht geprüft zu werden, ob die mit den verschiedenen Verwendungen der Chromplattierungsindustrie verbundenen Risiken beherrscht sind. 69 Daher ist festzustellen, dass das Gericht selbst dann, wenn die Kommission tatsächlich vor Erlass des angefochtenen Rechtsakts offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hätte, dem Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts nicht hätte stattgeben können, da Letzterer keine Gewährung der von den Klägern beantragten Ausnahme vorsieht. 70 Unter diesen Umständen geht der erste Klagegrund ins Leere und ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 71 Die Kläger, unterstützt durch Assogalvanica und die weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfer, machen geltend, unter den Umständen des vorliegenden Falles sei das durch den angefochtenen Rechtsakt de facto eingeführte Verbot aller Verwendungen von Chromtrioxid unverhältnismäßig gewesen. Es sei u. a. zu berücksichtigen, dass dieses Mittel in der Chromplattierungsindustrie in erster Linie als Zwischenprodukt im Sinne von Art. 3 Nr. 15 der Verordnung Nr. 1907/2006 verwendet werde. 72 Die Kommission tritt diesem Vorbringen mit Unterstützung der ECHA entgegen. 73 Vor dem Hintergrund der Ausführungen im Rahmen des zweiten Klagegrundes ist festzustellen, dass die Kommission, da sie im vorliegenden Fall über keinen Ermessensspielraum im Hinblick auf die Gewährung einer Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 verfügte, weil nicht alle Voraussetzungen dieses Artikels erfüllt waren, auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen haben konnte, indem sie den Artikel in der darin vorgeschriebenen Art und Weise anwandte. Da die Kommission somit gezwungen war, die Entscheidung zu treffen, keine Ausnahme zu gewähren, hat sie nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen können. 74 Wie die Kommission zutreffend festgestellt hat, könnte das Vorbringen der Kläger daher nur dann stichhaltig sein, wenn es auf die Rechtmäßigkeit von Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 als solchem gerichtet wäre. Wie die Kläger jedoch in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, machen sie keine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen diesen Artikel geltend. 75 Zum Vorbringen von Assogalvanica und den weiteren in Anhang II dieses Urteils aufgeführten Streithelfern, wonach Chromtrioxid als Zwischenprodukt im Sinne von Art. 3 Nr. 15 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht zulassungspflichtig im Sinne von Titel VII der Verordnung Nr. 1907/2006 sei, ist festzustellen, dass dieser Klagegrund, soweit diese Streithelfer mit diesem Vorbringen die Nichtanwendbarkeit von Titel VII gemäß Art. 2 Abs. 8 dieser Verordnung geltend machen wollen, geeignet ist, den von den Hauptparteien bestimmten Streitgegenstand zu ändern, und somit unzulässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2011, Diputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission, C‑474/09 P bis C‑476/09 P, EU:C:2011:522, Rn. 111). Dieses Vorbringen ist jedenfalls auch unbegründet, da diese Streithelfer keinen Beweis dafür vorgelegt haben, dass Chromtrioxid als Zwischenprodukt im Sinne von Art. 3 Nr. 15 dieser Verordnung angesehen werden könnte. Dagegen beantragen sie, das Gericht möge selbst prüfen, ob die „Umwandlung des Chromtrioxids in verchromtes Metall während des Verchromungsprozesses die Voraussetzungen für die in Art. 2 Abs. 8 der [fraglichen] Verordnung vorgesehene Ausnahme oder, hilfsweise, für die Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 [dieser Verordnung] erfüllt, so dass die strikte, ausnahmslose Aufnahme von Chromtrioxid in Anhang XIV rechtswidrig ist“. Es ist jedoch nicht Sache des Gerichts, sich Beweise zu beschaffen, die von den Beteiligten nicht vorgelegt wurden. 76 Da dieses Vorbringen, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, nur die Frage betrifft, ob die Entscheidung der Kommission, keine Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu gewähren, unverhältnismäßig war, geht es aus den oben in Rn. 73 angeführten Gründen ins Leere. 77 Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte sowie der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der „höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten“ 78 Die Kläger erheben zwei Rügen. Im Rahmen der ersten Rüge machen sie eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend, wobei sie u. a. ausführen, mangels Zugang zu den Daten des MEGA-Berichts hätten sie ihren Antrag auf Gewährung einer Ausnahme von der Zulassungspflicht nicht vollständig begründen können. Im Rahmen der zweiten Rüge machen sie eine Verletzung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der „höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten“ u. a. mit der Begründung geltend, dass die Kommission und die ECHA nicht im Besitz dieses Berichts gewesen seien und daher nicht alle verfügbaren Daten hätten prüfen können, und dass die vom ersten Kläger im Rahmen der öffentlichen Anhörung übermittelten Daten nicht angemessen berücksichtigt worden seien. 79 Die Kommission tritt diesem Vorbringen mit Unterstützung der ECHA entgegen. – Zur ersten Rüge: Verletzung der Verteidigungsrechte 80 Zur ersten Rüge ist darauf hinzuweisen, dass Titel VII der Verordnung Nr. 1907/2006 kein Recht auf Beantragung einer Ausnahme vorsieht und dass die Kläger nur im Rahmen von Art. 58 Abs. 4 dieser Verordnung aufgefordert worden sind, als interessierte Kreise „insbesondere zu Verwendungen, die von der Zulassungspflicht ausgenommen werden sollten, Bemerkungen abzugeben“. 81 Die öffentliche Anhörung nach Art. 58 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 gewährt den interessierten Kreisen jedoch keine spezifischen Verfahrensrechte wie das Recht auf Zugang zu den der ECHA und der Kommission im Rahmen des Verfahrens für die Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV dieser Verordnung zur Verfügung gestellten Dokumente. Dieser Artikel sieht nur das Recht vor, Bemerkungen abzugeben. Die Kläger machen jedoch nicht geltend, ihr Recht, im Rahmen der vorgenannten öffentlichen Anhörung Bemerkungen abzugeben, sei durch die ECHA oder die Kommission verletzt worden. Das Vorbringen der Kläger, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, geht demnach ins Leere. 82 Diese Schlussfolgerung wird durch die von den Klägern angeführte Rechtsprechung nicht in Frage gestellt. Zwar wird in Rn. 130 des Urteils vom 9. September 2008, Bayer CropScience u. a./Kommission (T‑75/06, Slg, EU:T:2008:317) u. a. auf die Wahrung der Verteidigungsrechte „in allen gegen eine Person eröffneten Verfahren“ Bezug genommen. In der vorliegenden Rechtssache kann das auf die Aufnahme von Chromtrioxid in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 gerichtete Verfahren jedoch nicht als ein „gegen [die Kläger] eröffnetes Verfahren“ angesehen werden. Im Übrigen stellt der Umstand, dass Art. 58 dieser Verordnung eine öffentliche Anhörung vorsieht, nicht in Frage, dass weder die ECHA noch die Kommission nach diesem Artikel verpflichtet waren, einen Einzelnen, der von dem angefochtenen Rechtsakt betroffen sein könnte, anzuhören (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 12. Dezember 2003, Bactria/Kommission, C‑258/02 P, Slg, EU:C:2003:675, Rn. 43). Soweit die Kläger schließlich Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) anführen, ist festzustellen, dass dieser nicht die Tragweite von Art. 58 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 ändern und damit keine Verfahrensrechte schaffen kann, die die letztgenannte Verordnung nicht vorsieht. Im Übrigen haben die Kläger keinen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 geltend gemacht. 83 Unter diesen Umständen war die Kommission nicht verpflichtet, den Klägern nur für die Zwecke der öffentlichen Anhörung Zugang zu während des vorangegangenen Verfahrens geprüften Dokumenten, einschließlich des MEGA-Berichts, zu gewähren. Mithin ist nicht erheblich, ob die Kommission im Besitz dieses Dokuments und in der Lage war, Zugang zu diesem zu gewähren. Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen. – Zur zweiten Rüge: Verletzung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der „höchsten Fachkompetenz bei wissenschaftlichen Gutachten“ 84 Was die zweite Rüge anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass die Kommission nicht gegen Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen hat. Weiterhin haben die Kommission und die ECHA, wie aus der Prüfung der ersten Rüge des vierten Klagegrundes hervorgeht, nicht gegen die Verfahrensrechte der Kläger verstoßen. Schließlich stand es der Kommission und der ECHA im Rahmen der Entscheidungsfindung über die Gewährung einer Ausnahme auch frei, von einer Prüfung der Frage, ob die mit verschiedenen Verwendungen von Chromtrioxid verbundenen Risiken beherrscht waren, abzusehen. 85 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass, selbst wenn die von der ECHA und der Kommission vorgenommene wissenschaftliche Bewertung, wie die Kläger geltend machen, in unzulänglicher Weise erfolgt sein sollte, diese Fehler in früheren Verfahrensstadien, nämlich bei Erarbeitung des Dossiers nach Anhang XV, begangen worden wären und die Entscheidung, keine Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu erteilen, nicht fehlerhaft machen könnten. Diese Entscheidung war nämlich, ebenso wie die Empfehlung der ECHA, allein auf das Fehlen „bestehender spezifischer Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes“ im Sinne von Art. 58 Abs. 2 dieser Verordnung und nicht auf die Beherrschung der Risiken gestützt. Folglich konnten etwaige, in früheren Verfahrensphasen, nämlich insbesondere bei Erarbeitung des fraglichen Dossiers, begangene Fehler bei der wissenschaftlichen Analyse der Risikobeherrschung, keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung haben. 86 Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens 87 Vor diesem Hintergrund war auch dem Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nicht stattzugeben. 88 Wie sich nämlich aus Art. 113 Abs. 2 Buchst. c der Verfahrensordnung sowie aus der Rechtsprechung ergibt, braucht das Gericht einem Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zum Zweck der Berücksichtigung angeblicher neuer Tatsachen nur stattzugeben, wenn sich die betroffene Partei auf Tatsachen von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits beruft, die sie nicht schon vor dem Ende der mündlichen Verhandlung geltend machen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg, EU:T:2006:267, Rn. 323). 89 Die im vorliegenden Fall von den Klägern vorgebrachten neuen Tatsachen betrafen jedoch ausschließlich die Daten des MEGA-Berichts und die Frage, ob die Kommission und die ECHA in Verfahrensphasen vor der Phase, die die Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahme nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 zum Gegenstand hatte, offensichtliche Beurteilungsfehler bei ihrer wissenschaftlichen Analyse der Risikobeherrschung begangen haben. 90 Wie oben in den Rn. 68 und 69 festgestellt, hätte das Gericht selbst dann, wenn die Kommission tatsächlich vor Erlass des angefochtenen Rechtsakts offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hätte, dem auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts gerichteten Antrag nicht stattgeben können, da dieser keine Gewährung der von den Klägern beantragten Ausnahme vorsieht. 91 Demzufolge sind die von den Klägern vorgebrachten neuen Tatsachen nicht von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits. 92 Aus demselben Grund sind die Beteiligten auch nicht zu der Auswirkung des Gutachtens auf die Entscheidung des Rechtsstreits anzuhören. Kosten 93 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 138 Abs. 1 dieser Verordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach Art. 138 Abs. 3 dieser Verordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung Genannten seine eigenen Kosten trägt. 94 Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 95 Die Streithelfer und die ECHA tragen ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chrom-VI-Verbindungen in der Oberflächentechnik e. V. (VECCO) und die weiteren in Anhang I aufgeführten Kläger tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Assogalvanica und die weiteren in Anhang II des Urteils aufgeführten Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten. 4. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) trägt ihre eigenen Kosten. Dittrich Schwarcz Tomljenović Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. September 2015. Unterschriften ANHANG I Adolf Krämer GmbH & Co. KG mit Sitz in Ulm (Deutschland), AgO Argentum GmbH Oberflächenveredelung mit Sitz in Nürnberg (Deutschland), Alfred Kruse GmbH Metallveredelungen mit Sitz in Langenfeld (Deutschland), AL-Oberflächenveredlungsgesellschaft mbH mit Sitz in Wuppertal (Deutschland), Anke GmbH & Co. KG Oberflächentechnik mit Sitz in Essen (Deutschland), ATC Armoloy Technology Coatings GmbH & Co. KG mit Sitz in Mosbach (Deutschland), August Schröder GmbH & Co. KG Oberflächenveredelung mit Sitz in Hemer (Deutschland), August Sure KG mit Sitz in Lüdenscheid (Deutschland), Baaske Oberflächenveredlung GmbH mit Sitz in Wuppertal (Deutschland), Hartchrom Beck GmbH mit Sitz in Güglingen (Deutschland), Bredt GmbH mit Sitz in Meschede (Deutschland), Breidert Galvanic GmbH mit Sitz in Darmstadt (Deutschland), Chrom-Müller Metallveredelung GmbH mit Sitz in Oberndorf a. N. (Deutschland), Chrom-Schmitt GmbH & Co. KG mit Sitz in Baden-Baden (Deutschland), C. Hübner GmbH mit Sitz in Marktoberdorf (Deutschland), C. W. Albert GmbH & Co. KG mit Sitz in Hemer-Bredenbruch (Deutschland), Detlef Bingen Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Langenfeld (Deutschland), Dittes Oberflächentechnik GmbH mit Sitz in Keltern (Deutschland), Duralloy Süd GmbH mit Sitz in Villingen-Schwenningen (Deutschland), Durochrom-Bogatzki mit Sitz in Oberndorf a. N. (Deutschland), Metallveredlung Emil Weiß GmbH & Co. KG mit Sitz in Mitwitz (Deutschland), Ewald Siodla Metallveredelungsgesellschaft mbH mit Sitz in Witten (Deutschland), Flügel CSS GmbH & Co. KG mit Sitz in Solingen (Deutschland), Fritz Zehnle Galvanische Anstalt, Inh. Gerd Joos e.K., mit Sitz in Triberg (Deutschland), Galvanoform Gesellschaft für Galvanoplastik mbH mit Sitz in Lahr (Deutschland), Galvano Herbert Geske e.K. mit Sitz in Solingen (Deutschland), Galvanotechnik Friedrich Holst GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Galvano Weis, Weis GmbH & Co., Galvanische Werkstätte KG mit Sitz in Emmering (Deutschland), gebr. böge Metallveredelungs GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Hans Giesbert GmbH & Co. KG mit Sitz in Mömbris (Deutschland), Groz-Beckert KG mit Sitz in Albstadt (Deutschland), GTW GmbH mit Sitz in Werl (Deutschland), GWC Coating GmbH mit Sitz in Villingen-Schwenningen (Deutschland), Hartchrom Beuthel GmbH mit Sitz in Schwelm (Deutschland), Hartchrom Erb GmbH mit Sitz in Weiterstadt (Deutschland), Hartchrom GmbH mit Sitz in Karlsruhe (Deutschland), Hartchrom GmbH Werner Kreuz mit Sitz in Blumberg (Deutschland), Hartchrom Schoch GmbH mit Sitz in Sternenfels (Deutschland), Hartchrom Teikuro Automotive GmbH mit Sitz in Sternenfels (Deutschland), Heine Optotechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Herrsching (Deutschland), Heinrich Schnarr GmbH Metallveredlungswerk mit Sitz in Mainaschaff (Deutschland), Heinrich Schulte Söhne GmbH & Co. KG mit Sitz in Arnsberg (Deutschland), Heinz Daurer und Söhne GmbH & Co. KG Metall-Veredelung-Lampertheim mit Sitz in Lampertheim (Deutschland), Helmut Gossmann Metallveredelungs-GmbH mit Sitz in Goldbach (Deutschland), Henry Gevekoth GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Heyer GmbH Oberflächentechnik mit Sitz in Lübeck (Deutschland), HFJ Galvano Kiel GmbH mit Sitz in Kiel (Deutschland), Hueck Engraving GmbH & Co. KG mit Sitz in Viersen (Deutschland), Imhof Hartchrom GmbH mit Sitz in Karlstadt (Deutschland), Johannes Jander GmbH & Co. KG Metalloberflächenveredelung mit Sitz in Iserlohn (Deutschland), Johann Maffei GmbH & Co. KG mit Sitz in Iserlohn-Simmern (Deutschland), Kesseböhmer Beschlagsysteme GmbH & Co. KG mit Sitz in Bad Essen (Deutschland), Knipex-Werk C. Gustav Putsch KG mit Sitz in Wuppertal (Deutschland), Kreft & Röhrig Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Troisdorf-Friedrich-Wilhelms-Hütte (Deutschland), Kriebel Metallveredelung GmbH mit Sitz in Kirschfurt (Deutschland), LKS Kronenberger GmbH Metallveredlungswerk mit Sitz in Seligenstadt (Deutschland), Kunststofftechnik Bernt GmbH mit Sitz in Kaufbeuren (Deutschland), L B – Oberflächentechnik GmbH mit Sitz in Wuppertal (Deutschland), Linder Metallveredelungsgesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Albstadt (Deutschland), Metallisierwerk Peter Schreiber GmbH mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Montanhydraulik GmbH mit Sitz in Holzwickeden (Deutschland), Morex SpA mit Sitz in Crespano del Grappa (Italien), Motoren-Sauer Instandsetzungs-GmbH mit Sitz in Hösbach (Deutschland), MSC/Copperflow Ltd mit Sitz in Bolton, Greater Manchester (Vereinigtes Königreich), Neumeister Hydraulik GmbH mit Sitz in Neuenstadt am Kocher (Deutschland), Nießer Metallveredelung GmbH mit Sitz in Röthenbach a. d. Pegnitz (Deutschland), Norddeutsche Hartchrom GmbH & Co. KG mit Sitz in Ganderkesee (Deutschland), Oberflächenzentrum Elz GmbH mit Sitz in Limburg (Deutschland), OK Oberflächenveredelung GmbH & Co. KG mit Sitz in Sundern (Deutschland), OTH Oberflächentechnik Hagen GmbH & Co. KG mit Sitz in Hagen (Deutschland), OT Oberflächentechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Schwerin (Deutschland), Präzisionsgalvanik GmbH Wolfen mit Sitz in Bitterfeld-Wolfen (Deutschland), Rahrbach GmbH mit Sitz in Heiligenhaus (Deutschland), Rudolf Clauss GmbH & Co. KG Metallveredlung mit Sitz in Mülheim a. d. Ruhr (Deutschland), Rudolf Jatzke Galvanik-Hartchrom Günter Holthöfer GmbH & Co. KG mit Sitz in Bielefeld (Deutschland), Schaeffler Technologies AG & Co. KG mit Sitz in Herzogenaurach (Deutschland), Scherer GmbH mit Sitz in Haslach im Kinzigtal (Deutschland), Schmitz Hydraulikzylinder GmbH mit Sitz in Büttelborn (Deutschland), Schnarr Metallveredlung GmbH mit Sitz in Waiblingen (Deutschland), Schornberg Galvanik GmbH mit Sitz in Lippstadt (Deutschland), Robert Schrubstock GmbH & Co. KG mit Sitz in Velbert (Deutschland), Schulte Hartchrom GmbH mit Sitz in Arnsberg (Deutschland), Schwing GmbH mit Sitz in Sankt Stefan im Lavanttal (Österreich), Silit-Werke GmbH & Co. KG mit Sitz in Riedlingen (Deutschland), Steinbach & Vollmann GmbH & Co. KG mit Sitz in Heiligenhaus (Deutschland), Strötzel Oberflächentechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Hildesheim (Deutschland), Süss Oberflächentechnik GmbH mit Sitz in Wetzlar (Deutschland), Thoma Metallveredelung GmbH mit Sitz in Heimertingen (Deutschland), Viemetall Viersener Metallveredlung Pottel GmbH & Co. KG mit Sitz in Viersen (Deutschland), Walzen-Service-Center GmbH mit Sitz in Oberhausen (Deutschland), Wavec GmbH mit Sitz in Eisenhüttenstadt (Deutschland), Wilhelm Bauer GmbH & Co. KG mit Sitz in Hannover (Deutschland), Willy Remscheid Galvanische Anstalt GmbH mit Sitz in Solingen (Deutschland), Willy Remscheid Kunststofftechnik GmbH mit Sitz in Velbert (Deutschland), Wiotec, Inhaber Udo Wilmes e.K., mit Sitz in Ense (Deutschland), Wissing Hartchrom GmbH mit Sitz in Lohmar (Deutschland), alfi GmbH Isoliergefäße, Metall‑ und Haushaltswaren mit Sitz in Wertheim (Deutschland), BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Solingen (Deutschland), Siegfried Boner e.K. mit Sitz in Villingen-Schwenningen (Deutschland), Bruchmühlbacher Galvanotechnik (BG) GmbH mit Sitz in Bruchmühlbach-Miesau (Deutschland), C + C Krug GmbH mit Sitz in Velbert (Deutschland), Collini GmbH mit Sitz in Aperg (Deutschland), Collini Gesellschaft mbH mit Sitz in Hohenems (Österreich), Collini GmbH mit Sitz in Marchtrenk (Österreich), Collini Wien GmbH mit Sitz in Wien (Österreich), Federal-Mogul TP Europe GmbH & Co KG mit Sitz in Burscheid (Deutschland), Fischer GmbH & Co. surface technologies KG mit Sitz in Katzenelnbogen (Deutschland), Friederici Oberflächenveredlung GmbH mit Sitz in Iserlohn (Deutschland), Galvano Wittenstein GmbH mit Sitz in Solingen (Deutschland), Gedore-Werkzeugfabrik GmbH & Co. KG mit Sitz in Remscheid (Deutschland), Gerhardi Kunststofftechnik GmbH mit Sitz in Lüdenscheid (Deutschland), Gosma ‐ Werkzeugfabrik und Metallveredelung Weber GmbH mit Sitz in Gosheim (Deutschland), Hartchrom-Meuter Ernst Meuter GmbH & Co. KG mit Sitz in Solingen (Deutschland), Hartchrom Spezialbeschichtung Winter GmbH mit Sitz in Treuen (Deutschland), Hasler AG Aluminiumveredlung mit Sitz in Turgi (Schweiz), Hartchrom Haslinger Oberflächentechnik GmbH mit Sitz in Linz (Österreich), Hentschel Harteloxal GmbH & Co. KG mit Sitz in Schorndorf (Deutschland), Kammin Metallveredelung KG mit Sitz in Friesenheim (Deutschland), Karl-Heinz Bauer GmbH Galvanische Anstalt mit Sitz in Ispringen (Deutschland), Maschinenfabrik KBA‑Mödling AG mit Sitz in Maria Enzersdorf (Österreich), Albert Kißling Galvanische Werke GmbH mit Sitz in Neusäß (Deutschland), KME Germany GmbH & Co. KG mit Sitz in Osnabrück (Deutschland), Lahner KG mit Sitz in Brunn am Gebirge (Österreich), Liebherr‑Aerospace Lindenberg GmbH mit Sitz in Lindenberg (Deutschland), MTU Aero Engines AG mit Sitz in München (Deutschland), MTU Maintenance Hannover GmbH mit Sitz in Langenhagen (Deutschland), Münze Österreich AG mit Sitz in Wien (Österreich), Nehlsen‑BWB Flugzeug‑Galvanik Dresden GmbH & Co. KG mit Sitz in Dresden (Deutschland), Orbis Will GmbH + Co. KG mit Sitz in Ahaus (Deutschland), Riag Oberflächentechnik AG mit Sitz in Wängi (Schweiz), Franz Rieger Metallveredlung mit Sitz in Steinheim am Albuch (Deutschland), Saxonia Galvanik GmbH mit Sitz in Halsbrücke (Deutschland), Schweizer Galvanotechnic GmbH & Co. KG mit Sitz in Heilbronn (Deutschland), G. Schwepper Beschlag GmbH + Co mit Sitz in Heiligenhaus (Deutschland), R. Spitzke Oberflächen‑ und Galvanotechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Barsbüttel (Deutschland), Stahl Judenburg GmbH mit Sitz in Judenburg (Österreich), VTK Veredelungstechnik Krieglach GmbH mit Sitz in Krieglach (Österreich), STI Surface Technologies International Holding AG mit Sitz in Steinach (Schweiz), Witech GmbH mit Sitz in Remscheid (Deutschland), Kurt Zecher GmbH mit Sitz in Paderborn (Deutschland), De Martin AG, Metallveredelung mit Sitz in Wängi (Schweiz), Hattler & Sohn GmbH mit Sitz in Villingen-Schwenningen (Deutschland), Alfacrom 2000 Srl mit Sitz in Fiume Veneto (Italien), F.LLI Angelini Sud Srl mit Sitz in Arzano (Italien), Bertola Srl mit Sitz in Marena (Italien), Bugli Srl mit Sitz in Scandicci (Italien), Burello Srl mit Sitz in Pavia di Udine (Italien), Galvanica CMB Di Bittante Franco EC – Snc mit Sitz in Scorzé (Italien), Casprini Gruppo Industriale SpA mit Sitz in Cavrilia (Italien), C.F.G. Rettifiche Srl mit Sitz in Argenta (Italien), CIL – Cromatura e Rettifica Srl mit Sitz in Esine (Italien), Cromatura Dura Srl mit Sitz in Lozza (Italien), Cromital Srl mit Sitz in Parma (Italien), Cromoflesch Di Bolletta Giuseppe & C. – Snc mit Sitz in Salzano (Italien), Cromagalante Srl mit Sitz in Padua (Italien), Cromotrevigiana Srl mit Sitz in Ponzano Veneto (Italien), Elezinco Srl mit Sitz in Castelfidardo (Italien), Galvanica Nobili Srl mit Sitz in Marano sul Panaro (Italien), Galvanotecnica Vignati Srl mit Sitz in Canegrate (Italien), Galvitek Srl mit Sitz in Verona (Italien), Gilardoni Vittorio Srl mit Sitz in Mandello del Lario (Italien), Industria Galvanica Dalla Torre Ermanno e Figli Srl mit Sitz in Villorba (Italien), La Galvanica Trentina Srl mit Sitz in Rovereto (Italien), Nicros Srl mit Sitz in Conegliano (Italien), O.C.M. Di Liboà Mauro & C. – Snc mit Sitz in Mondovì (Italien), Rubinetterie Zazzeri SpA mit Sitz in Incisa Valdarno (Italien), Silga SpA mit Sitz in Castelfidarno (Italien), Surcromo Di Suttora Marco mit Sitz in Pieve Emanuele (Italien), Tobaldini SpA mit Sitz in Altavilla Vicentina (Italien), Tre Albi SNC Di Trentin Silvano Bittante Mario & Albanese Giancarlo mit Sitz in Vedelago (Italien), Adolf Boos GmbH & Co. KG mit Sitz in Iserlohn (Deutschland), Henkel Beiz‑ und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Waidhofen an der Thaya (Österreich), Saueressig GmbH + Co.KG mit Sitz in Vreden (Deutschland), Saueressig Polska sp. z o.o. mit Sitz in Tarnowo Podgórne (Polen), Wetzel GmbH mit Sitz in Grenzach-Wyhlen (Deutschland), Wetzel sp. z o.o. mit Sitz in Duchnów (Polen), Apex Cylinders Ltd mit Sitz in Bristol (Vereinigtes Königreich), Federal-Mogul Burscheid GmbH mit Sitz in Burscheid (Deutschland), Federal-Mogul Friedberg GmbH mit Sitz in Friedberg (Deutschland), Federal-Mogul Vermögensverwaltungs-GmbH mit Sitz in Burscheid (Deutschland), Federal-Mogul Operations France SAS mit Sitz in Saint-Jean-de-la-Ruelle (Frankreich), Dietmar Schrick GmbH mit Sitz in Solingen (Deutschland), Cromatura Dalla Torre Sergio Snc Di Dalla Torre Sergio EC mit Sitz in Breda di Tiave (Italien), Hartchromwerk Brunner AG mit Sitz in St. Gallen (Schweiz), Schulz Hartchrom GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland). ANHANG II Ecometal mit Sitz in Treviso (Italien), Comité européen pour le traitement de surface (CETS) mit Sitz in Löwen (Belgien), Österreichische Gesellschaft für Oberflächentechnik (AOT) mit Sitz in Wien (Österreich), Surface Engineering Association (SEA) mit Sitz in Birmingham (Vereinigtes Königreich), Zentralverband Oberflächentechnik e. V. (ZVO) mit Sitz in Hilden (Deutschland), Eco-Chim Galvanotecnica di Antoniazzi G. & C. Snc mit Sitz in Codognè (Italien), Heiche Oberflächentechnik GmbH mit Sitz in Schwaigern (Deutschland), Schwäbische Härtetechnik Ulm GmbH & Co. KG mit Sitz in Ulm (Deutschland), Trattamento superfici metalliche Srl (TSM) mit Sitz in Schio (Italien), Aros Hydraulik GmbH mit Sitz in Memmingen (Deutschland), Berndorf Band GmbH mit Sitz in Berndorf (Österreich), Eberhard Derichs Maschinen- und Apparatebau GmbH mit Sitz in Krefeld (Deutschland), Friedrich Fausel Metalldrückerei mit Sitz in Herrlingen (Deutschland), Goldhofer AG mit Sitz in Memmingen (Deutschland), Heidelberger Druckmaschinen AG mit Sitz in Heidelberg (Deutschland), Huhtamaki Flexible Packaging Deutschland GmbH & Co. KG mit Sitz in Ronsberg (Deutschland), ITW Automotive Products GmbH mit Sitz in Hodenhagen (Deutschland), Josef Van Baal GmbH mit Sitz in Krefeld (Deutschland), Kleinvoigtsberger Elektrobauelemente GmbH mit Sitz in Großschirma (Deutschland), Kniggendorf & Kögler GmbH mit Sitz in Laatzen (Deutschland), Liebherr-Components Kirchdorf GmbH mit Sitz in Kirchdorf (Deutschland), Max Hilscher GmbH mit Sitz in Dornstadt (Deutschland), Mora Metrology GmbH mit Sitz in Aschaffenburg (Deutschland), Norsystec – Nohra-System-Technik – GmbH mit Sitz in Nohra (Deutschland), Otto Littmann Maschinenfabrik ‐ Präzisionsmechanik GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Provertha Connectors Cables & Solutions GmbH mit Sitz in Pforzheim (Deutschland), Roland Merz, wohnhaft in Ober-Ramstadt (Deutschland), Schwing-Stetter Baumaschinen GmbH mit Sitz in Wien (Österreich), SML Maschinengesellschaft mbH mit Sitz in Lenzing (Österreich), ThyssenKrupp Steel Europe AG mit Sitz in Duisburg (Deutschland), Windmöller & Hölscher KG mit Sitz in Lengerich (Deutschland). (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 22. September 2015.#First Islamic Investment Bank Ltd gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verhältnismäßigkeit.#Rechtssache T-161/13.
62013TJ0161
ECLI:EU:T:2015:667
2015-09-22T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013TJ0161 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 22. September 2015 (*1) „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik — Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation — Einfrieren von Geldern — Beurteilungsfehler — Begründungspflicht — Verteidigungsrechte — Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz — Verhältnismäßigkeit“ In der Rechtssache T‑161/13 First Islamic Investment Bank Ltd mit Sitz in Labuan (Malaysia), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Mettetal und C. Wucher-North, Klägerin, gegen Rat der Europäischen Union, vertreten durch Á. de Elera-San Miguel Hurtado und M. Bishop als Bevollmächtigte, Beklagter, betreffend eine Klage zum einen auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/829/GASP des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 356, S. 71) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1264/2012 des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 356, S. 55) und zum anderen auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Rates, die restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin aufrechtzuerhalten, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová (Berichterstatterin) und des Richters E. Buttigieg, Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2014 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Klägerin, die First Islamic Investment Bank Ltd, ist eine malaysische Bank. 2 Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt. 3 Der Name der Klägerin wurde mit dem Beschluss 2012/829/GASP des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP (ABl. L 356, S. 71) in die Liste der an der iranischen nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen, die in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) enthalten ist, aufgenommen. 4 Infolgedessen wurde der Name der Klägerin mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1264/2012 des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 (ABl. L 356, S. 55) in die Liste des Anhangs IX der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1) aufgenommen. 5 Die Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 hatte das Einfrieren ihrer Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen zur Folge. 6 Bezüglich der Klägerin sind der Beschluss 2012/829 und die Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 wie folgt begründet: „Die First Islamic Investment Bank (FIIB) hilft benannten Einrichtungen bei Verstößen gegen die Bestimmungen der EU-Verordnung über Iran und stellt der iranischen Regierung finanzielle Unterstützung bereit. Die FIIB ist Teil der Sorinet Group, deren Eigentümer und Leiter Babak Zanjani ist. Sie wird zur Kanalisierung von Zahlungen aus iranischen Ölgeschäften genutzt.“ 7 Am 22. Dezember 2012 veröffentlichte der Rat der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung für die Personen und Organisationen, auf die die restriktiven Maßnahmen nach dem Beschluss 2012/829 und der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 (ABl. C 398, S. 8) Anwendung finden. 8 Mit Schreiben vom 3. Januar 2013 unterrichtete der Rat die Klägerin über die Aufnahme ihres Namens in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012. 9 Mit Schreiben vom 25. Januar 2013 bezweifelte die Klägerin die Begründetheit der Aufnahme ihres Namens und beantragte beim Rat eine erneute Prüfung. Sie wiederholte ihren Antrag mit Schreiben vom 25. Februar 2013, in dem sie auch Zugang zu den Informationen und Beweisen beantragte, auf die diese Aufnahme gestützt wurde. 10 Mit Schreiben vom 14. März 2014 beantwortete der Rat den Antrag der Klägerin auf erneute Prüfung. Dabei wies er darauf hin, dass die Gründe für die Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 korrekt gewesen seien und diese Aufnahme daher aufrechtzuerhalten sei. 11 Am 15. März 2014 erließ der Rat eine Mitteilung für die Personen und Einrichtungen, auf die restriktive Maßnahmen nach dem Beschluss 2010/413 und der Verordnung Nr. 267/2012 Anwendung finden (ABl. C 77, S. 1). Entsprechend dieser Mitteilung sollen die Maßnahmen, einschließlich derer, die die Klägerin betreffen, weiterhin gelten. Verfahren und Anträge der Parteien 12 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 14. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 13 Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb am 23. September 2013 verwiesen worden ist. 14 Am 25. Mai 2014 hat die Klägerin ihre Anträge geändert und die Aufhebung des Beschlusses des Rates zur Aufrechterhaltung der sie betreffenden, in der Mitteilung vom 15. März 2014 aufgeführten restriktiven Maßnahmen (im Folgenden: Aufrechterhaltungsbeschluss) beantragt. 15 Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 sind die Parteien mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 ersucht worden, schriftlich bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Schriftstücke vorzulegen. Der Rat und die Klägerin haben ihre Antworten am 12. November 2014 eingereicht. 16 In der Sitzung vom 10. Dezember 2014 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. In der Sitzung wurde die Klägerin ersucht, dem Gericht eine Kopie des Schreibens des Rates vom 14. März 2014 zur Aufnahme in die Akte vorzulegen. Der Rat hat angezeigt, dass er keine Anmerkungen zu diesem Schreiben habe. 17 Die Klägerin ist der Aufforderung des Gerichts in der Sitzung fristgemäß nachgekommen. 18 Am 22. Dezember 2014 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts das mündliche Verfahren geschlossen. 19 Die Klägerin beantragt, — Abschnitt I des Anhangs des Beschlusses 2012/829 insoweit für nichtig zu erklären, als er sie betrifft; — Abschnitt I des Anhangs der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 insoweit für nichtig zu erklären, als er sie betrifft; — den Aufrechterhaltungsbeschluss für nichtig zu erklären; — dem Rat die Kosten aufzuerlegen. 20 Der Rat beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit 21 Der Rat hält die Klage für unzulässig, weil sie nicht fristgemäß eingereicht worden sei. Aus dem Urteil vom 23. April 2013, Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, Slg, EU:C:2013:258), ergebe sich nämlich, dass die Klagefrist gegen Beschlüsse, die individuelle restriktive Maßnahmen vorsähen, gemäß Art. 263 AEUV ab der Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt, die als Mitteilung der Rechtsakte an die betroffenen Personen und Organisationen zu sehen sei, laufe. Im vorliegenden Fall sei die Mitteilung über die Aufnahme des Namens der Klägerin in die betreffenden Listen im Amtsblatt am 22. Dezember 2012 veröffentlicht worden, so dass die Frist von zwei Monaten gemäß Art. 263 AEUV zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen gemäß Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 am 4. März 2013 abgelaufen sei, also zehn Tage vor Einreichung der Klage am 14. März 2013. 22 Die Klägerin erwidert insbesondere, dass die im Urteil Gbagbo u. a./Rat (oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:258) entwickelte Lösung nicht anwendbar sei, da im vorliegenden Fall im Anschluss an die Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt eine individuelle Bekanntgabe der angefochtenen Rechtsakte ihr gegenüber erfolgt sei. 23 Nach Art. 263 Abs. 6 AEUV ist eine Nichtigkeitsklage binnen zwei Monaten zu erheben, wobei diese Frist je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an läuft, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat. 24 Gemäß Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 werden die Verfahrensfristen um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert. 25 Bei Rechtsakten, mit denen restriktive Maßnahmen gegen eine Person oder Organisation erlassen oder aufrechterhalten werden, läuft die Frist zur Einreichung einer Nichtigkeitsklage ab dem Zeitpunkt der Mitteilung, die gegenüber dieser Person oder Organisation zu erfolgen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Gbagbo u. a./Rat, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:258, Rn. 55 und 59). 26 Nach Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 46 Abs. 3 der Verordnung Nr. 267/2012 setzt der Rat, wenn die Anschrift der Person oder Organisation, auf die Bezug genommen wird, bekannt ist, diese auf direktem Weg von den betreffenden Rechtsakten in Kenntnis. 27 Im vorliegenden Fall war die Anschrift der Klägerin dem Rat zwangsläufig bekannt, denn sie wurde im Beschluss 2012/829 und der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 angegeben. 28 Somit läuft die Klagefrist gegen diese beiden Rechtsakte ab dem Zeitpunkt ihrer individuellen Mitteilung an die Klägerin, also ab dem Zeitpunkt, zu dem ihr das Schreiben des Rates vom 3. Januar 2013 übergeben worden ist. 29 Insoweit ist vorab festzustellen, dass es Sache des Rates ist, den Beweis für das Datum zu erbringen, an dem der Klägerin das Schreiben vom 3. Januar 2013 übermittelt worden ist, da er sich auf die Verfristung der Klage beruft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 1980, Belfiore/Kommission, 108/79, Slg, EU:C:1980:146, Rn. 7). 30 Zum Nachweis des Übermittlungszeitpunkts hat der Rat Elemente vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass er das Schreiben vom 3. Januar 2013 an die drei Anschriften der Klägerin gesandt hatte, einschließlich der in der Klage angegebenen. Er hat außerdem die auf den 4. Januar 2013 datierte Empfangsbestätigung für eines der drei Schreiben vorgelegt. Er vermutet daher, dass, auch wenn die Empfangsbestätigungen für die zwei anderen Schreiben ihm nicht zurückgesandt worden seien, sie der Adressatin „zu demselben Zeitpunkt oder einem sehr ähnlichen Zeitpunkt“ übergeben worden seien. 31 Die Klägerin behauptet, dass ihr das Schreiben vom 3. Januar 2013 mit einfacher Post übergeben worden sei und sie infolgedessen den genauen Zeitpunkt der Übermittlung nicht angeben könne. 32 Es ist darauf hinzuweisen, dass die vom Rat vorgelegte Empfangsbestätigung zwar das Datum vom 4. Januar 2013 aufweist, sie aber keinen ausreichenden Beweis dafür darstellt, dass dieses Datum der Zeitpunkt der tatsächlichen Mitteilung des Schreibens vom 3. Januar 2013 an die Klägerin ist. 33 Angesichts der Anordnung der verschiedenen Felder dieser Empfangsbestätigung ist das angegebene Datum nämlich zum einen offenbar nicht das des Versuchs der Übergabe des Schreibens an den Empfänger, sondern das Datum der Einlieferung des Schreibens bei der Post. Dies gilt umso mehr, als es äußerst unwahrscheinlich ist, dass ein in Brüssel (Belgien) auf den 3. Januar 2013 datiertes Schreiben der belgischen Post übergeben und innerhalb eines Tages nach Malaysia befördert und durch die malaysische Post am Empfangsort ausgeliefert wird. 34 Zum anderen trägt die vom Rat vorgelegte Empfangsbestätigung eine Anschrift, die nicht die von der Klägerin in der Klage angegebene ist und vermerkt einen fruchtlosen Übergabeversuch, denn die malaysische Post gab an, dass der Empfänger „verzogen“ sei. 35 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass es dem Rat nicht gelungen ist, den Zeitpunkt nachzuweisen, zu dem das Schreiben vom 3. Januar 2013 der Klägerin mitgeteilt wurde. 36 Im Übrigen ist zu beachten, dass, wenn, wie vom Rat vorgetragen, der 4. Januar 2013 als Beginn der Klagefrist zugrunde gelegt wird, die Frist am 14. März 2013 ablaufen würde, was bedeuten würde, dass die am selben Tag eingereichte Klage in jedem Fall fristgemäß eingereicht wurde. 37 Die Einrede der Unzulässigkeit des Rates ist daher zurückzuweisen. Zur Begründetheit 38 Zur Begründung ihrer Anträge stützt sich die Klägerin auf drei Klagegründe. Mit dem ersten wird ein Beurteilungsfehler geltend gemacht, mit dem zweiten eine Verletzung der Begründungspflicht, ihrer Verteidigungsrechte und ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und mit dem dritten eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 39 Der Rat hält die Klagegründe der Klägerin für unbegründet. Zum ersten Klagegrund: Beurteilungsfehler 40 Die Klägerin trägt vor, der Rat habe einen Beurteilungsfehler begangen, als er die restriktiven Maßnahmen gegen sie beschlossen habe, und stellt die Stichhaltigkeit der ihr gegenüber angeführten Gründe in Frage. 41 Der Rat hält die von der Klägerin vorgebrachten Argumente für nicht begründet. 42 Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, erfordert die gerichtliche Kontrolle eines Rechtsakts, der restriktive Maßnahmen gegen eine Person oder Organisation vorsieht u. a., dass sich der Richter der Europäischen Union vergewissert, ob der fragliche Rechtsakt auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der diesem Rechtsakt zugrunde liegenden Darlegung der Gründe angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diesen Rechtsakt zu stützen – erwiesen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, Slg, EU:C:2013:775, Rn. 58, 59 und 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). 43 Hierzu hat der Unionsrichter bei dieser Prüfung gegebenenfalls von der zuständigen Unionsbehörde vertrauliche oder nicht vertrauliche Informationen oder Beweise anzufordern, die für eine solche Prüfung relevant sind (vgl. Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, oben in Rn. 42 angeführt, EU:C:2013:775, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44 Im Streitfall ist es nämlich Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person oder Organisation angeführten Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (vgl. Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, oben in Rn. 42 angeführt, EU:C:2013:775, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 45 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Rat die folgenden Gründe gegenüber der Klägerin angeführt hat: „Die First Islamic Investment Bank (FIIB) hilft benannten Einrichtungen bei Verstößen gegen die Bestimmungen der EU-Verordnung über Iran und stellt der iranischen Regierung finanzielle Unterstützung bereit. Die FIIB ist Teil der Sorinet Group, deren Eigentümer und Leiter Babak Zanjani ist. Sie wird zur Kanalisierung von Zahlungen aus iranischen Ölgeschäften genutzt.“ 46 Als Erstes ist die Klägerin der Ansicht, der Rat habe nicht nachgewiesen, dass sie gegen die Unionsregelung verstoßen habe oder dass sie die iranische Regierung unterstütze. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie der tadschikischen Gesellschaft Arzish gehöre und daher nicht mit der iranischen Regierung in Verbindung stehe und nie Transaktionen mit iranischen Gesellschaften oder ähnliche Transaktionen bezüglich angeblicher Zahlungen aus iranischen Rohölgeschäften durchgeführt habe. 47 Insoweit ist festzustellen, dass der Rat weder in seinen schriftlichen Ausführungen noch im mündlichen Verfahren konkrete Behauptungen oder Beweise zum Nachweis der Stichhaltigkeit der Gründe angeführt hat, denen zufolge die Klägerin dritten Einrichtungen bei Verstößen gegen die anwendbare Regelung helfe oder die iranische Regierung unterstütze, indem sie bei Zahlungen aus iranischen Ölgeschäften als Vermittlerin auftrete. Unter diesen Umständen können die Gründe, deren Stichhaltigkeit von der Klägerin in Frage gestellt wird, die restriktiven Maßnahmen gegen sie nicht rechtfertigen. 48 Als Zweites bestreitet die Klägerin, dass sie der angeblichen Sorinet Group gehöre oder von dieser kontrolliert werde. In diesem Zusammenhang habe der Rat weder die Existenz dieses Konzerns noch den Umstand, dass er eine Kontrolle über die Klägerin ausübe, bewiesen. 49 Der Rat erwidert, aus den der Klagebeantwortung beigefügten Anlagen gehe hervor, dass die Klägerin über die Sorinet Group durch Herrn Babak Zanjani kontrolliert werde, der die iranische Regierung unterstütze. 50 Vorab ist daran zu erinnern, dass nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 und Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 Gelder und wirtschaftliche Ressourcen einzufrieren sind, die sich im Besitz von Personen und Organisationen, die die iranische Regierung unterstützen, sowie von Organisationen befinden, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen. 51 Durch den Beschluss 2012/829 und die Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 wurde der Name von Herrn Zanjani in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufgenommen, u. a. weil er die iranische Regierung unterstütze. 52 Die Begründung, wonach die Klägerin „Teil der Sorinet Group [ist], deren Eigentümer und Leiter Babak Zanjani ist“, verweist auf den Umstand, dass sie entsprechend dem oben in Rn. 50 zugrunde gelegten Kriterium in dessen Eigentum oder unter dessen Kontrolle steht. 53 Daher sind die vom Rat vorgelegten Nachweise zu prüfen, um festzustellen, ob sie den Schluss zulassen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte im Eigentum oder unter der Kontrolle von Herrn Zanjani stand. 54 Erstens geht diesbezüglich aus einer Mitteilung einer Agentur der tadschikischen Presse hervor, dass Arzish, die Muttergesellschaft der Klägerin, 2011 in eine Bank mit dem Namen Kont Bank Investment umgewandelt wurde. 55 Zweitens gehört diese laut einem Auszug der Internetseite der Kont Bank Investment der türkischen Gesellschaft Kont Kozmetik ve Diş Ticaret Limited Şirketi. 56 Drittens geht aus einem Auszug der Internetseite der Kont Kozmetik ve Diş Ticaret Limited Şirketi hervor, dass sie zur Kont Group gehört, die Gesellschaften umfasst, die auf dem Gebiet des Tourismus und der Finanzdienstleistungen aktiv sind. 57 Viertens erläutert ein Auszug der Internetseite der Sorinet Group, dass Herr Zanjani dieser vorsteht, und weist zudem die Klägerin, ihre Muttergesellschaft, Kont Bank Investment, sowie die anderen Mitglieder der Kont Group als zur Sorinet Group gehörend aus. 58 Daher ist festzustellen, dass die vom Rat vorgelegten Nachweise zumindest auf eine Kontrollbeziehung zwischen Herrn Zanjani und der Klägerin über die Kont Kozmetik ve Diş Ticaret Limited Şirketi und Kont Bank Investment hinweisen. 59 Außerdem ist diesen Nachweisen hinreichende Beweiskraft zuzuerkennen, da sie von den Internetseiten einer Presseagentur und der betreffenden Gesellschaften selbst stammen. 60 Die Klägerin macht hierzu noch geltend, der Rat habe die Existenz einer Organisation mit dem Namen Sorinet Group nicht bewiesen. 61 In Anbetracht der vom Rat vorgelegten Nachweise ist indessen festzustellen, dass die fragliche Bezeichnung tatsächlich öffentlich verwendet wird, um die verschiedenen von Herrn Zanjani kontrollierten oder in seinem Eigentum stehenden Gesellschaften zu bezeichnen. Selbst wenn im Übrigen angenommen wird, dass diese Bezeichnung nicht einer konkreten und präzisen Rechtsform entspricht, geht dieser Umstand bezüglich der Existenz einer Beziehung zwischen Herrn Zanjani und der Klägerin ins Leere, wie sich aus den vorstehenden Rn. 53 bis 59 ergibt. 62 Nach alledem ist zu dem Schluss zu gelangen, dass der Rat zu Recht festgestellt hat, dass die Klägerin im Eigentum oder unter der Kontrolle von Herrn Zanjani stehe. Da sich aus den vorstehenden Rn. 50 bis 53 ergibt, dass dieser Grund für sich genommen ausreicht, um die restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin zu rechtfertigen, ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte der Klägerin und ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz 63 Die Klägerin macht geltend, dass der Rat die Begründungspflicht, ihre Verteidigungsrechte und ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt habe. 64 Sie weist als Erstes darauf hin, dass die ihr gegenüber angeführten Gründe zu knapp gefasst seien, um der Begründungspflicht zu genügen, so dass es nicht möglich sei, festzustellen, ob die ihr gegenüber getroffenen restriktiven Maßnahmen begründet seien. Insbesondere habe der Rat weder die konkreten Situationen angegeben, in denen sie gegen die anwendbare Regelung verstoßen oder die iranische Regierung unterstützt haben soll, noch habe er die Art der angeblichen Beziehung zur Sorinet Group erläutert. 65 Als Zweites habe die Klägerin vom Rat trotz ihrer ausdrücklichen Forderungen keine Beweise oder Schriftstücke zum Nachweis der ihr gegenüber aufgestellten Behauptungen erhalten. 66 Als Drittes stellten die vorerwähnten Verstöße auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz dar. 67 Der Rat hält die von der Klägerin vorgebrachten Argumente für nicht begründet, räumt jedoch ein, dass ihr Antrag auf Akteneinsicht derzeit geprüft werde. 68 Vorab ist zu bemerken, dass die Rüge der Klägerin, der Rat habe gegen ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verstoßen, nicht durch ein spezifisches Vorbringen gestützt wird, sondern sich darauf beschränkt, auf das im Rahmen anderer Rügen Vorgetragene zu verweisen. Unter diesen Umständen ist die Rüge eines Verstoßes gegen den Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht eigenständig zu prüfen. 69 Was als Erstes die Begründungspflicht betrifft, so dient nach ständiger Rechtsprechung diese aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgende Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, Slg, EU:C:2012:718, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 70 Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassenen Maßnahmen entnehmen und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil Rat/Bamba, oben in Rn. 69 angeführt, EU:C:2012:718, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 71 Da dem Betroffenen vor Erlass eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen kein Anhörungsrecht zusteht, kommt der Erfüllung der Begründungspflicht umso größere Bedeutung zu, als sie die einzige Gewähr dafür bietet, dass der Betroffene zumindest nach dem Erlass eines solchen Beschlusses die ihm zur Überprüfung von dessen Rechtmäßigkeit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe sachgerecht in Anspruch nehmen kann (vgl. Urteil Rat/Bamba, oben in Rn. 69 angeführt, EU:C:2012:718, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 72 Daher muss die Begründung eines Rechtsakts des Rates, mit dem eine Maßnahme des Einfrierens von Geldern verhängt wird, die besonderen und konkreten Gründe nennen, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen sei (vgl. Urteil Rat/Bamba, oben in Rn. 69 angeführt, EU:C:2012:718, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). 73 Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss allerdings der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (vgl. Urteil Rat/Bamba, oben in Rn. 69 angeführt, EU:C:2012:718, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 74 Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil Rat/Bamba, oben in Rn. 69 angeführt, EU:C:2012:718, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 75 Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Rat die folgende Begründung gegenüber der Klägerin angeführt hat: „Die First Islamic Investment Bank (FIIB) hilft benannten Einrichtungen bei Verstößen gegen die Bestimmungen der EU-Verordnung über Iran und stellt der iranischen Regierung finanzielle Unterstützung bereit. Die FIIB ist Teil der Sorinet Group, deren Eigentümer und Leiter Babak Zanjani ist. Sie wird zur Kanalisierung von Zahlungen aus iranischen Ölgeschäften genutzt.“ 76 Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass oben in Rn. 47 festgestellt wurde, dass die Gründe, denen zufolge die Klägerin dritten Einrichtungen bei Verstößen gegen die anwendbare Regelung helfe, die iranische Regierung unterstütze oder als Vermittlerin bei Zahlungen aus iranischen Ölgeschäften diene, die restriktiven Maßnahmen ihr gegenüber nicht rechtfertigen können. Unter diesen Umständen besteht hinsichtlich dieser Behauptungen kein Anlass mehr zur Prüfung, ob der Rat die Begründungspflicht erfüllt hat. 77 Was den Grund der Beziehungen zwischen der Klägerin und Herrn Zanjani angeht, ist die angegebene Begründung ausreichend, denn der Rat hat den Konzern, dem die Klägerin gehören oder durch den sie kontrolliert werden soll, genau identifiziert. Wie sich aus der Argumentation der Klägerin zum ersten Klagegrund ergibt, war sie nämlich in der Lage, die Stichhaltigkeit dieser Behauptung anzuzweifeln, indem sie die Existenz der Sorinet Group bestritt und vortrug, dass sie einer tadschikischen Gesellschaft gehöre. Ebenso war das Gericht in der Lage, über die Begründetheit dieses Klagegrundes zu entscheiden. 78 Daher ist die Rüge der Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen, soweit es um den Grund der Beziehungen zwischen der Klägerin und Herrn Zanjani geht. 79 Als Zweites ist hinsichtlich der Akteneinsicht darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte, wenn hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es der betroffenen Einrichtung erlauben, zu den ihr vom Rat zur Last gelegten Umständen sachdienlich Stellung zu nehmen, den Rat nicht dazu verpflichtet, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren. Nur auf Antrag des Betroffenen hat der Rat Einsicht in alle nicht vertraulichen Verwaltungspapiere zu gewähren, die die in Rede stehende Maßnahme betreffen (vgl. Urteil vom 6. September 2013, Bank Melli Iran/Rat, T‑35/10 und T‑7/11, Slg, EU:T:2013:397, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). 80 Hierzu ist mangels einer exakten Frist in der anwendbaren Regelung davon auszugehen, dass der Rat den Zugang zu den betreffenden Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu gewähren hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, Bank Kargoshaei u. a./Rat, T‑8/11, EU:T:2013:470, Rn. 93). Demnach ist bei der Prüfung der Angemessenheit des abgelaufenen Zeitraums der Umstand zu berücksichtigen, dass, soweit der betreffenden Person oder Einrichtung vor der ersten Aufnahme ihres Namens in die Listen der von restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen und Einrichtungen kein Anhörungsrecht zustand, die Akteneinsicht, wie oben in Rn. 79 ausgeführt, für sie die erste Gelegenheit darstellt, die vom Rat zur Begründung der Aufnahme herangezogenen Unterlagen zur Kenntnis zu nehmen und daher von besonderem Interesse für ihre Verteidigung ist. 81 Im vorliegenden Fall stellte die Klägerin am 25. Februar 2013 einen Antrag auf Akteneinsicht. 82 Der Rat hat zwar seiner am 4. Juni 2013 eingereichten Klagebeantwortung Unterlagen zu den Beziehungen zwischen der Klägerin und Herrn Zanjani beigefügt, die der Klägerin in diesem Verfahren übermittelt wurden. Jedoch behauptet der Rat nicht, dass die Übermittlung dieser Unterlagen eine Antwort auf den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht sei. Ebenso stellt das Schreiben des Rates vom 14. März 2014 eine Antwort auf den Antrag auf erneute Prüfung der Klägerin dar, jedoch nicht auf ihren Antrag auf Akteneinsicht. 83 Folglich ist unter Berücksichtigung der Antwort des Rates auf eine mündliche Frage des Gerichts davon auszugehen, dass er den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014, also mehr als 19 Monate, nachdem er gestellt worden war, nicht beantwortet hatte. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Rat damit gegen die Verteidigungsrechte der Klägerin verstoßen hat. 84 Zu den Folgen dieses Verstoßes ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die fehlende oder verspätete Übermittlung eines Dokuments, auf das sich der Rat zum Erlass oder zur Aufrechterhaltung der restriktiven Maßnahmen gegen eine Einrichtung gestützt hat, nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte darstellt, die die Nichtigerklärung der betreffenden Rechtsakte rechtfertigt, wenn erwiesen ist, dass die betreffenden restriktiven Maßnahmen nicht rechtmäßig hätten erlassen oder aufrechterhalten werden können, sofern das nicht übermittelte Dokument als Belastungsbeweis hätte ausgeschlossen werden müssen (Urteile Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 79 angeführt, EU:T:2013:397, Rn. 100, und vom 6. September 2013, Persia International Bank/Rat, T‑493/10, Slg [Auszüge], EU:T:2013:398, Rn. 85). 85 Im vorliegenden Fall ist zum einen der Erlass des Beschlusses 2012/829 und der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 auf kein anderes der Klägerin innerhalb einer angemessenen Frist nach ihrem Erlass übermitteltes Dokument gestützt. Daher bedeutet die fehlende Akteneinsicht, dass der Beschluss 2012/829 und die Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 für nichtig zu erklären sind. 86 Zum anderen wurden der Klägerin vor dem Erlass des Aufrechterhaltungsbeschlusses die der Klagebeantwortung beigefügten Dokumente über die Beziehungen zwischen der Klägerin und Herrn Zanjani übermittelt. Wie sich oben aus den Rn. 48 bis 62 ergibt, weisen diese Dokumente in rechtlich hinreichender Weise die Stichhaltigkeit eines Grundes nach, der für sich genommen die restriktiven Maßnahmen gegenüber der Klägerin rechtfertigt. 87 Demzufolge rechtfertigt der Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf Akteneinsicht nicht die Nichtigerklärung des Aufrechterhaltungsbeschlusses. 88 Nach alledem ist dem zweiten Klagegrund insoweit stattzugeben, als er den Beschluss 2012/829 und die Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 betrifft; er ist zurückzuweisen, soweit er den Aufrechterhaltungsbeschluss betrifft. Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 89 Die Klägerin macht geltend, dass die restriktiven Maßnahmen gegen sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten. Hierzu beruft sie sich als Erstes auf das Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg, EU:C:2008:461), aus dem hervorgehe, dass sich aus der im Rahmen des zweiten Klagegrundes beanstandeten Verletzung ihrer Verfahrensrechte ein Verstoß gegen diesen Grundsatz ergebe. 90 Als Zweites hätten die restriktiven Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Tätigkeit und den Ruf der Klägerin, da sie sie daran hinderten, einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen, wodurch ihr Schaden entstehe. Diese Folgen seien unverhältnismäßig, da die fraglichen Maßnahmen in keiner rationalen Beziehung zu dem vom Rat verfolgten Ziel stünden, denn dieser habe eine verwerfliche Handlung, an der sie sich beteiligt haben solle, weder benannt noch nachgewiesen. 91 Der Rat hält die von der Klägerin vorgebrachten Argumente für nicht begründet. 92 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/829 und der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 im Rahmen des zweiten Klagegrundes der vorliegende Klagegrund lediglich in Bezug auf den Aufrechterhaltungsbeschluss zu prüfen ist. 93 Zum ersten Argument der Klägerin ergibt sich aus den Rn. 84, 86 und 87 oben, dass der vom Gericht festgestellte Verstoß gegen den Anspruch auf Akteneinsicht nicht die Nichtigerklärung des Aufrechterhaltungsbeschlusses rechtfertigt. Daher könnte die von der Klägerin vertretene Ansicht, wonach der Verstoß gegen ihre Verfahrensrechte einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach sich ziehe, auch nicht zur Nichtigerklärung dieses Beschlusses führen. 94 Zum zweiten Argument der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Rechtmäßigkeit des Verbots einer wirtschaftlichen Tätigkeit davon abhängt, dass die Verbotsmaßnahmen zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sind, wobei für den Fall, dass mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 79 angeführt, EU:T:2013:397, Rn. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung). 95 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der oben in den Rn. 48 bis 62 durchführten Prüfung, dass der Rat zu Recht festgestellt hat, dass die Klägerin eine Einrichtung ist, die von Herrn Zanjani kontrolliert wird, der selbst als Unterstützer der iranischen Regierung ermittelt wurde. Daher entspricht der Erlass restriktiver Maßnahmen gegen die Klägerin dem vom Rat verfolgten Ziel, nämlich der iranischen Regierung ihre Erwerbsquellen zu entziehen, um sie zu zwingen, die nukleare Proliferation mangels ausreichender finanzieller Mittel einzustellen. 96 Des Weiteren macht die Klägerin geltend, dass die Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf ihre Tätigkeit und ihren Ruf hätten, da sie sie daran hinderten, einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen; sie hat jedoch keine konkreten Nachweise zu den tatsächlich erlittenen Einschränkungen oder Schäden vorgelegt. Das Vorhandensein eines erheblichen Schadens ist sogar unwahrscheinlich, denn der einzige Aktionär der Klägerin ist eine tadschikische Gesellschaft, und nach ihren eigenen Angaben konzentriert sie sich auf Investitionsvorhaben in Malaysia. 97 Jedenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Eigentumsrecht der Klägerin und ihre Freiheit, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, durch die fraglichen restriktiven Maßnahmen in gewissem Umfang eingeschränkt werden, da sie u. a. weder über ihre im Gebiet der Union oder die im Besitz ihrer Staatsangehörigen befindlichen Guthaben verfügen kann, noch – außer aufgrund von Sondergenehmigungen – ihre Guthaben in die Union transferieren kann. Auch können die die Klägerin betreffenden restriktiven Maßnahmen unter Umständen bei ihren Kunden und Handelspartnern ein gewisses Misstrauen ihr gegenüber hervorrufen. 98 Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die von der Klägerin geltend gemachten Grundrechte, nämlich das Eigentumsrecht und das Recht, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen und dass ihre Ausübung Beschränkungen unterworfen werden kann, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind. Jede restriktive wirtschaftliche oder finanzielle Maßnahme hat definitionsgemäß Auswirkungen, die die Eigentumsrechte und die freie Berufsausübung beeinträchtigen, und schädigt damit Parteien, deren Verantwortlichkeit für die Situation, die zum Erlass der betreffenden Maßnahmen geführt hat, nicht nachgewiesen ist. Die Bedeutung der mit der streitigen Regelung verfolgten Ziele kann selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2009, Melli Bank/Rat, T‑246/08 und T‑332/08, Slg, EU:T:2009:266, Rn. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Im vorliegenden Fall stehen angesichts der fundamentalen Bedeutung der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit die der Klägerin verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen. Dies gilt umso mehr, als zum einen diese Restriktionen höchstens einen Teil des Vermögens der Klägerin betreffen und zum anderen der Beschluss 2010/413 und die Verordnung Nr. 267/2012 bestimmte Ausnahmen vorsehen, die es u. a. den von den Maßnahmen des Einfrierens der Gelder betroffenen Organisationen erlauben, ihre grundlegenden Ausgaben zu bestreiten. 100 Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. 101 Nach alledem sind zum einen der Beschluss 2012/829 und die Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 für nichtig zu erklären. Zum anderen ist die Klage abzuweisen, soweit sie gegen den Aufrechterhaltungsbeschluss gerichtet ist. 102 Im Übrigen ist festzustellen, dass der Aufrechterhaltungsbeschluss kein einfacher bestätigender Rechtsakt ist, sondern ein autonomer Beschluss, der durch den Rat nach Abschluss der regelmäßigen Überprüfung gemäß Art. 26 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 46 Abs. 6 der Verordnung Nr. 267/2012 erlassen wird. Unter diesen Umständen kann die Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/829 und der Durchführungsverordnung Nr. 1264/2012 zwar zur Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 für den Zeitraum vor dem Erlass des Aufrechterhaltungsbeschlusses führen, die Rechtmäßigkeit dieser Aufnahme für den Zeitraum nach diesem Erlass vermag sie hingegen nicht in Frage zu stellen. Kosten 103 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass jede Partei die Hälfte ihrer eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten der anderen Partei trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Folgende Rechtsakte werden für nichtig erklärt, soweit sie die First Islamic Investment Bank Ltd betreffen: — Abschnitt I des Anhangs des Beschlusses 2012/829/GASP des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran; — Abschnitt I des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1264/2012 des Rates vom 21. Dezember 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die First Islamic Investment Bank trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten des Rates der Europäischen Union. Der Rat trägt die Hälfte seiner eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der First Islamic Investment Bank. Kanninen Pelikánová Buttigieg Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. September 2015. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 16. Juni 2015.#Peter Gauweiler u. a. gegen Deutscher Bundestag.#Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverfassungsgerichts.#Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer Reihe technischer Merkmale der geldpolitischen Outright-Geschäfte des Eurosystems an den Sekundärmärkten für Staatsanleihen – Art. 119 AEUV und 127 AEUV – Befugnisse der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken – Geldpolitischer Transmissionsmechanismus – Gewährleistung der Preisstabilität – Verhältnismäßigkeit – Art. 123 AEUV – Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets.#Rechtssache C-62/14.
62014CJ0062
ECLI:EU:C:2015:400
2015-06-16T00:00:00
Cruz Villalón, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62014CJ0062 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 16. Juni 2015 (*1) „Vorlage zur Vorabentscheidung — Wirtschafts- und Währungspolitik — Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer Reihe technischer Merkmale der geldpolitischen Outright-Geschäfte des Eurosystems an den Sekundärmärkten für Staatsanleihen — Art. 119 AEUV und 127 AEUV — Befugnisse der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken — Geldpolitischer Transmissionsmechanismus — Gewährleistung der Preisstabilität — Verhältnismäßigkeit — Art. 123 AEUV — Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets“ In der Rechtssache C‑62/14 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverfassungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Februar 2014, in den Verfahren Peter Gauweiler, Bruno Bandulet u. a., Roman Huber u. a., Johann Heinrich von Stein u. a., Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag gegen Deutscher Bundestag, Beteiligte: Bundesregierung, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, L. Bay Larsen (Berichterstatter), T. von Danwitz, A. Ó Caoimh und J.‑C. Bonichot sowie der Richter J. Malenovský, E. Levits und A. Arabadjiev, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie der Richter E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund und J. L. da Cruz Vilaça, Generalanwalt: P. Cruz Villalón, Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2014, unter Berücksichtigung der Erklärungen — von Herrn Gauweiler, vertreten durch Rechtsanwalt W.‑R. Bub und D. Murswiek, — von Herrn Bandulet u. a., vertreten durch K. A. Schachtschneider, — von Herrn Huber u. a., vertreten durch Rechtsanwältin H. Däubler-Gmelin, C. Degenhart und B. Kempen, — von Herrn von Stein u. a., vertreten durch Rechtsanwalt M. C. Kerber, — der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, vertreten durch H.‑P. Schneider, A. Fisahn und Rechtsanwalt G. Gysi, — des Deutschen Bundestags, vertreten durch C. Calliess, — der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte sowie U. Häde, — Irlands, vertreten durch E. Creedon, G. Hodge und T. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von M. Cush, SC, N. J. Travers, SC, M. J. Dunne, BL, und D. Moloney, BL, — der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki, S. Lekkou und M. Skorila als Bevollmächtigte, — der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González, M. A. Sampol Pucurull und E. Chamizo Llatas als Bevollmächtigte, — der französischen Regierung, vertreten durch F. Alabrune, G. de Bergues, D. Colas und F. Fize als Bevollmächtigte, — der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato, — der zyprischen Regierung, vertreten durch K. K. Kleanthous und N. Ioannou als Bevollmächtigte, — der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte, — der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, C. Herma und K. Maćkowska als Bevollmächtigte, — der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Machado und M. L. Duarte als Bevollmächtigte, — der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski und H. Leppo als Bevollmächtigte, — des Europäischen Parlaments, vertreten durch A. Neergaard, U. Rösslein und E. Waldherr als Bevollmächtigte, — der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Martenczuk, C. Ladenburger, B. Smulders und J.‑P. Keppenne als Bevollmächtigte, — der Europäischen Zentralbank (EZB), vertreten durch C. Zilioli und C. Kroppenstedt als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H.‑G. Kamann, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Januar 2015 folgendes Urteil 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 6. September 2012 zu einer Reihe technischer Merkmale der geldpolitischen Outright-Geschäfte des Eurosystems an den Sekundärmärkten für Staatsanleihen (im Folgenden: OMT‑Beschlüsse) und die Auslegung der Art. 119 AEUV, 123 AEUV und 127 AEUV sowie der Art. 17 bis 24 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ABl. 2012, C 326, S. 230, im Folgenden: Protokoll über das ESZB und die EZB). 2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen mehrerer Verfassungsbeschwerden und eines Organstreitverfahrens wegen der Mitwirkung der Deutschen Bundesbank an der Umsetzung dieser Beschlüsse und der behaupteten Untätigkeit der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags im Hinblick auf diese Beschlüsse. Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen Die OMT‑Beschlüsse 3 Laut dem Protokoll seiner 340. Sitzung am 5. und 6. September 2012 hat der EZB-Rat „die wesentlichen Merkmale der geldpolitischen Outright-Geschäfte (OMT) genehmigt, die in einer nach der Sitzung zu veröffentlichenden Pressemitteilung dargelegt werden“. 4 Die in diesem Protokoll genannte Pressemitteilung (im Folgenden: Pressemitteilung) hat folgenden Wortlaut: „Wie am 2. August 2012 angekündigt, hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) heute Beschlüsse zu einer Reihe technischer Merkmale der Outright-Geschäfte des Eurosystems an den Sekundärmärkten für Staatsanleihen gefasst. Mit diesen geldpolitischen Outright-Geschäften (Outright Monetary Transactions – OMTs) sollen eine ordnungsgemäße geldpolitische Transmission und die Einheitlichkeit der Geldpolitik sichergestellt werden. Für ihre Durchführung gelten folgende Rahmenbedingungen: Konditionalität Eine notwendige Voraussetzung für die geldpolitischen Outright-Geschäfte ist die mit einem entsprechenden Programm der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität bzw. des Europäischen Stabilitätsmechanismus (European Financial Stability Facility/European Stability Mechanism – EFSF/ESM) verbundene strenge und wirksame Konditionalität. Dabei kann es sich um ein vollständiges makroökonomisches EFSF/ESM-Anpassungsprogramm handeln oder ein vorsorgliches Programm (Enhanced Conditions Credit Line – Kreditlinie mit verschärfter Konditionalität), sofern die Möglichkeit von EFSF/ESM-Primärmarktkäufen vorgesehen ist. Bei der Ausgestaltung der länderspezifischen Konditionalität und der Überwachung eines solchen Programms wird die Einbindung des IWF angestrebt. Der EZB-Rat wird geldpolitische Outright-Geschäfte in Erwägung ziehen, sofern sie aus geldpolitischer Sicht geboten sind und solange die mit den Programmen verbundene Konditionalität vollständig erfüllt ist. Der EZB-Rat wird die Transaktionen einstellen, sobald die damit verfolgten Ziele erreicht wurden oder wenn eine Nichteinhaltung des makroökonomischen Anpassungsprogramms bzw. des vorsorglichen Programms festzustellen ist. Nach einer gründlichen Beurteilung wird der EZB-Rat im alleinigen Ermessen und im Einklang mit seinem geldpolitischen Mandat über die Aufnahme, Fortsetzung und Einstellung von geldpolitischen Outright-Geschäften entscheiden. Geltungsbereich Geldpolitische Outright-Geschäfte werden künftig, wie weiter oben erläutert, bei makroökonomischen Anpassungsprogrammen oder vorsorglichen Programmen der EFSF bzw. des ESM in Erwägung gezogen. Sie kommen auch für Mitgliedstaaten in Betracht, die bereits ein makroökonomisches Anpassungsprogramm durchlaufen, wenn ihr Zugang zum Anleihemarkt wieder hergestellt wird. Die Geschäfte konzentrieren sich auf das kürzere Ende der Zinsstrukturkurve, insbesondere auf Staatsanleihen mit einer Laufzeit von einem Jahr und bis zu drei Jahren. Der Umfang der geldpolitischen Outright-Geschäfte ist ex ante nicht quantitativ beschränkt. Gläubigerstatus Das Eurosystem beabsichtigt, in einem Rechtsakt über die geldpolitischen Outright-Geschäfte klarzustellen, dass es für Anleihen von Euro-Ländern, die es im Rahmen geldpolitischer Outright-Geschäfte erwirbt, im Einklang mit den entsprechenden Anleihebedingungen dieselbe (gleichrangige) Behandlung wie private oder sonstige Gläubiger akzeptiert. Sterilisierung Die durch die geldpolitischen Outright-Geschäfte geschaffene Liquidität wird vollständig sterilisiert. Transparenz Der Gesamtbestand aus geldpolitischen Outright-Geschäften und sein jeweiliger Marktwert w[erden] wöchentlich bekannt gegeben. Die Veröffentlichung der durchschnittlichen Duration des Bestands aus Outright-Geschäften und der Aufschlüsselung nach Ländern erfolgt auf monatlicher Basis. Programm für die Wertpapiermärkte Mit dem heutigen Beschluss zur Durchführung geldpolitischer Outright-Geschäfte wird das Programm für die Wertpapiermärkte (Securities Markets Programme – SMP) eingestellt. Die im Rahmen des SMP bereitgestellte Liquidität wird wie schon in der Vergangenheit weiterhin abgeschöpft, und die Wertpapiere im SMP-Portfolio werden bis zu ihrer Fälligkeit gehalten.“ Die Ausgangsverfahren und der Vorlagebeschluss 5 Mehrere Gruppen von Privatpersonen, darunter eine mit mehr als 11000 Beschwerdeführern, erhoben beim vorlegenden Gericht Verfassungsbeschwerden gegen die OMT‑Beschlüsse und die behauptete Untätigkeit der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags im Hinblick auf diese Beschlüsse. Ferner stellte die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag in einem Organstreitverfahren den Antrag, bestimmte Verpflichtungen des Deutschen Bundestags im Hinblick auf diese Beschlüsse festzustellen. 6 Zur Begründung dieser Rechtsbehelfe machten die Beschwerdeführer und die Antragstellerin der Ausgangsverfahren zum einen geltend, dass die OMT‑Beschlüsse insgesamt eine Ultra-vires-Handlung darstellten, weil sie nicht unter das Mandat der EZB fielen und gegen Art. 123 AEUV verstießen. Zum anderen trugen sie vor, dass diese Beschlüsse das im Grundgesetz niedergelegte Demokratieprinzip verletzten und dadurch die deutsche Verfassungsidentität beeinträchtigten. 7 Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass den Rechtsbehelfen stattzugeben sei, wenn die OMT‑Beschlüsse über das Mandat der EZB hinausgingen oder gegen Art. 123 AEUV verstießen. 8 Es hebt insoweit unter Bezugnahme auf das Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV niedergelegte Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung insbesondere hervor, dass das Mandat des ESZB, um demokratischen Anforderungen zu genügen, eng begrenzt sein müsse, wobei die Beachtung dieser Grenzen in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegen müsse. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stehe die Unabhängigkeit der EZB einer solchen Kontrolle nicht entgegen, da sich diese Unabhängigkeit nur auf die der EZB durch die Verträge eingeräumten Befugnisse, nicht aber auf die Bestimmung von Umfang und Reichweite ihres Mandats beziehe. 9 Das vorlegende Gericht führt weiter aus, dass die Rechtsbehelfe der Beschwerdeführer und der Antragstellerin der Ausgangsverfahren auch dann nicht unzulässig wären, wenn die OMT-Beschlüsse nur als Ankündigung künftiger Maßnahmen zu verstehen sein sollten, weil nach dem nationalen Verfahrensrecht zur Vermeidung nicht mehr korrigierbarer Folgen vorbeugender Rechtsschutz geboten sein könne. 10 Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen: 1. a) Ist der Beschluss des EZB-Rates vom 6. September 2012 über Technical features of Outright Monetary Transactions mit Art. 119 AEUV und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie mit den Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB unvereinbar, weil er über das in den genannten Vorschriften geregelte Mandat der EZB zur Währungspolitik hinausgeht und in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreift? Ergibt sich eine Überschreitung des Mandats der EZB insbesondere daraus, dass der Beschluss des EZB-Rates vom 6. September 2012 aa) an wirtschaftspolitische Hilfsprogramme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus anknüpft (Konditionalität)? bb) den Ankauf von Staatsanleihen nur einzelner Mitgliedstaaten vorsieht (Selektivität)? cc) den Ankauf von Staatsanleihen der Programmländer zusätzlich zu Hilfsprogrammen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus vorsieht (Parallelität)? dd) Begrenzungen und Bedingungen der Hilfsprogramme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus unterlaufen könnte (Umgehung)? b) Ist der Beschluss des EZB-Rates vom 6. September 2012 über Technical features of Outright Monetary Transactions mit dem in Art. 123 AEUV verankerten Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung unvereinbar? Steht der Vereinbarkeit mit Art. 123 AEUV insbesondere entgegen, dass der Beschluss des EZB-Rates vom 6. September 2012 aa) keine quantitative Begrenzung des Ankaufs von Staatsanleihen vorsieht (Volumen)? bb) keinen zeitlichen Abstand zwischen der Emission von Staatsanleihen am Primärmarkt und ihrem Ankauf durch das Europäische System der Zentralbanken am Sekundärmarkt vorsieht (Marktpreisbildung)? cc) es zulässt, dass sämtliche erworbenen Staatsanleihen bis zur Fälligkeit gehalten werden (Eingriff in die Marktlogik)? dd) keine spezifischen Anforderungen an die Bonität der zu erwerbenden Staatsanleihen enthält (Ausfallrisiko)? ee) eine Gleichbehandlung des ESZB mit privaten und anderen Inhabern von Staatsanleihen vorsieht (Schuldenschnitt)? 2. Hilfsweise für den Fall, dass der Gerichtshof den Beschluss des EZB-Rates vom 6. September 2012 über Technical features of Outright Monetary Transactions als Handlung eines Organs der Europäischen Union nicht als tauglichen Gegenstand eines Ersuchens nach Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV ansehen sollte: a) Sind Art. 119 AEUV und Art. 127 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB so auszulegen, dass sie es dem Eurosystem – alternativ oder kumulativ – gestatten, aa) den Ankauf von Staatsanleihen von der Existenz und Einhaltung wirtschaftspolitischer Hilfsprogramme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus abhängig zu machen (Konditionalität)? bb) Staatsanleihen nur einzelner Mitgliedstaaten anzukaufen (Selektivität)? cc) Staatsanleihen von Programmländern zusätzlich zu Hilfsprogrammen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus anzukaufen (Parallelität)? dd) Begrenzungen und Bedingungen der Hilfsprogramme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu unterlaufen (Umgehung)? b) Ist Art. 123 AEUV mit Blick auf das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung so auszulegen, dass es dem Eurosystem – alternativ oder kumulativ – erlaubt ist, aa) Staatsanleihen ohne quantitative Begrenzung anzukaufen (Volumen)? bb) Staatsanleihen ohne zeitlichen Mindestabstand zu ihrer Emission von Staatsanleihen am Primärmarkt anzukaufen (Marktpreisbildung)? cc) sämtliche erworbenen Staatsanleihen bis zur Fälligkeit zu halten (Eingriff in die Marktlogik)? dd) Staatsanleihen ohne Mindestanforderung an die Bonität zu erwerben (Ausfallrisiko)? ee) eine Gleichbehandlung des Europäischen Systems der Zentralbanken mit privaten und anderen Inhabern von Staatsanleihen hinzunehmen (Schuldenschnitt)? ff) durch die Äußerung von Kaufabsichten oder auf andere Weise in zeitlichem Zusammenhang mit der Emission von Staatsanleihen von Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets Einfluss auf die Preisbildung zu nehmen (Ermutigung zum Ersterwerb)? Zu den Vorlagefragen Vorbemerkungen 11 Die italienische Regierung trägt vor, das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen könne vom Gerichtshof nicht geprüft werden, weil das vorlegende Gericht der Antwort des Gerichtshofs auf dieses Ersuchen nicht den Wert einer endgültigen und bindenden Auslegung zuerkenne. Das vorlegende Gericht behalte sich nämlich die Befugnis vor, letztgültig darüber zu befinden, ob die streitigen Beschlüsse im Licht der Voraussetzungen und Grenzen, die sich aus dem deutschen Grundgesetz ergäben, gültig seien. 12 Insoweit ist zwar darauf hinzuweisen, dass sich der Gerichtshof im Urteil Kleinwort Benson (C‑346/93, EU:C:1995:85) für die Entscheidung für unzuständig erklärt hat, wenn das vorlegende Gericht nicht an die Auslegung des Gerichtshofs gebunden ist. Denn der Gerichtshof ist nicht dafür zuständig, im Vorabentscheidungsverfahren Antworten zu geben, die eine bloß beratende Bedeutung haben (vgl. in diesem Sinne Kleinwort Benson, C‑346/93, EU:C:1995:85, Rn. 23 und 24). 13 Jedoch war die Auslegung des Unionsrechts in jener Rechtssache nicht geboten, weil der Gerichtshof dort von dem vorlegenden Gericht für dessen Entscheidung über die Anwendung des nationalen Rechts um die Auslegung eines mit dem Unionsrecht in Zusammenhang stehenden Rechtsakts in einem Fall ersucht worden war, in dem das nationale Recht keine unmittelbare und unbedingte Verweisung auf das Unionsrecht enthielt, sondern sich darauf beschränkte, einen dem Unionsrecht unterliegenden Rechtsakt als Muster heranzuziehen, und dessen Wortlaut nur teilweise wiedergab (vgl. in diesem Sinne Urteile Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C‑217/05, EU:C:2006:784, Rn. 21, und Les Vergers du Vieux Tauves, C‑48/07, EU:C:2008:758, Rn. 24). 14 Es ist indessen festzustellen, dass sich die Umstände, die der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegen, eindeutig von denen unterscheiden, die im Urteil Kleinwort Benson (C‑346/93, EU:C:1995:85) in Frage standen, da das Vorabentscheidungsersuchen hier unmittelbar die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts zum Gegenstand hat, was bedeutet, dass das vorliegende Urteil konkrete Konsequenzen für die Entscheidung in den Ausgangsverfahren hat. 15 Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 267 AEUV nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Verfahren des unmittelbaren Zusammenwirkens des Gerichtshofs und der Gerichte der Mitgliedstaaten vorsieht (vgl. u. a. Urteile SAT Fluggesellschaft, C‑364/92, EU:C:1994:7, Rn. 9, und ATB u. a., C‑402/98, EU:C:2000:366, Rn. 29). Im Rahmen dieses Verfahrens, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, fällt jede Beurteilung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts, das im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile WWF u. a., C‑435/97, EU:C:1999:418, Rn. 31, und Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 43), während der Gerichtshof nur befugt ist, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung oder zur Gültigkeit einer Unionsvorschrift zu äußern (Urteil Eckelkamp u. a., C‑11/07, EU:C:2008:489, Rn. 52). 16 Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren nach dessen ständiger Rechtsprechung das nationale Gericht hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit der fraglichen Handlungen der Unionsorgane bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit bindet (vgl. u. a. Urteile Fazenda Pública, C‑446/98, EU:C:2000:691, Rn. 49, und Elchinov, C‑173/09, EU:C:2010:581, Rn. 29). 17 Daraus folgt, dass das Vorabentscheidungsersuchen des vorlegenden Gerichts zu beantworten ist. Zur Zulässigkeit 18 Irland, die griechische, die spanische, die französische, die italienische, die niederländische, die portugiesische und die finnische Regierung, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und die EZB machen aus verschiedenen Gründen geltend, dass das Vorabentscheidungsersuchen oder einzelne Vorlagefragen unzulässig seien. 19 So trägt die italienische Regierung vor, der Ausgangsrechtsstreit sei fiktiv und konstruiert. Die Rechtsbehelfe der Ausgangsverfahren seien nämlich ohne Gegenstand, da nicht dargetan worden sei, dass die Beschwerdeführer und die Antragstellerin der Ausgangsverfahren des vorbeugenden Rechtsschutzes bedürften oder ihnen ein Schaden drohe, aber auch deshalb, weil sich die angebliche Untätigkeit des Deutschen Bundestags als solche in keiner Weise qualifizieren lasse. Das vorlegende Gericht hätte die Rechtsbehelfe im Übrigen deshalb für unzulässig erklären müssen, weil sie sich gegen Handlungen der Union richteten, die nicht rechtlicher Art seien. Auch werfe der Ausgangsrechtsstreit in Wirklichkeit keine Frage einer offensichtlichen Überschreitung von Befugnissen auf, die die deutsche Verfassungsidentität berühre. 20 Die italienische Regierung meint ferner, dass die Fragen abstrakter und hypothetischer Natur seien. Ihnen liege nämlich eine ganze Reihe von Hypothesen zugrunde, die sich u. a. auf den Zusammenhang zwischen dem Ankauf von Staatsanleihen und der Einhaltung wirtschaftlicher Hilfsprogramme, auf das Fehlen einer quantitativen Begrenzung des Ankaufvolumens oder auf die mangelnde Berücksichtigung der von der EZB eingegangenen Verlustrisiken bezögen. 21 Auch die griechische Regierung hält die vorgelegten Fragen für hypothetisch, da die EZB nicht die geringste Maßnahme getroffen habe, die sich unmittelbar auf die Rechte auswirken könne, welche das Unionsrecht den Beschwerdeführern und der Antragstellerin der Ausgangsverfahren verleihe. Die finnische Regierung erachtet ihrerseits die zweite Frage für unzulässig, weil sie sich auf eine hypothetische Tätigkeit der EZB und der nationalen Zentralbanken des Euro-Währungsgebiets beziehe. 22 Ohne ausdrücklich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, macht die spanische Regierung geltend, dass das dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende innerstaatliche Verfahren dem durch die Art. 263 AEUV und 267 AEUV geschaffenen System zur Kontrolle der Gültigkeit von Handlungen der Union zuwiderlaufe, da es eine Direktklage gegen die Gültigkeit einer solchen Handlung eröffne, ohne die in Art. 263 AEUV vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Nichtigkeitsklagen zu beachten. 23 Irland, die griechische, die spanische, die französische, die italienische, die niederländische und die portugiesische Regierung, das Parlament, die Kommission und die EZB erachten schließlich die erste Frage für unzulässig, weil eine Frage zur Gültigkeitsprüfung nicht eine Handlung vorbereitender Art oder ohne Rechtswirkungen wie die OMT‑Beschlüsse zum Gegenstand haben könne. 24 Erstens ist hinsichtlich des Vorbringens, dass die Ausgangsverfahren fiktiv und konstruiert und die Vorlagefragen hypothetischer Art seien, wie bereits in Rn. 15 des vorliegenden Urteils darauf hinzuweisen, dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass eines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung oder die Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil Melloni, C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). 25 Folglich gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Melloni, C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 26 Im vorliegenden Fall beruht das Vorbringen der italienischen Regierung, dass die Ausgangsverfahren fiktiv und konstruiert und die Vorlagefragen hypothetisch seien, auf einer kritischen Würdigung der Zulässigkeit der in den Ausgangsverfahren eingelegten Rechtsbehelfe sowie der Beurteilung des Sachverhalts, die das vorlegende Gericht zur Anwendung der im nationalen Recht vorgesehenen Kriterien vorgenommen hat. Es ist aber weder Sache des Gerichtshofs, diese Beurteilung in Frage zu stellen, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 43), noch hat er zu prüfen, ob die Vorlageentscheidung den nationalen Vorschriften über die Gerichtsorganisation und das gerichtliche Verfahren entspricht (vgl. Urteil Schnorbus, C‑79/99, EU:C:2000:676, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Vorbringen kann daher nicht genügen, um die in der vorstehenden Randnummer genannte Vermutung der Entscheidungserheblichkeit zu widerlegen. 27 Soweit die griechische und die finnische Regierung geltend machen, dass das in der Pressemitteilung angekündigte Programm des Ankaufs von Staatsanleihen nicht durchgeführt worden sei und erst nach Erlass weiterer Rechtsakte durchgeführt werden könne, ist festzustellen, dass dieser Umstand, wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, die Rechtsbehelfe der Ausgangsverfahren nicht gegenstandslos werden lässt, da das deutsche Recht in einer solchen Situation unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes ermöglicht. 28 Auch wenn sich die Rechtsbehelfe der Ausgangsverfahren, mit denen eine Verletzung bedrohter Rechte abgewendet werden soll, zwangsläufig auf Prognosen stützen müssen, die ihrem Wesen nach ungewiss sind, sind sie, wie das vorlegende Gericht dargelegt hat, nach deutschem Recht zulässig. Da im Rahmen des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens die Auslegung des nationalen Rechts ausschließlich Sache dieses Gerichts ist (Urteil Križan u. a., C‑416/10, EU:C:2013:8, Rn. 58), kann nicht unter Verweis darauf, dass die OMT‑Beschlüsse nicht durchgeführt worden seien und erst nach Erlass weiterer Rechtsakte durchgeführt werden könnten, in Abrede gestellt werden, dass das Vorabentscheidungsersuchen zur Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten, mit denen das vorlegende Gericht befasst ist, objektiv erforderlich ist (vgl. entsprechend Urteil Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 65). 29 Zweitens ist hinsichtlich der geltend gemachten Unvereinbarkeit der nationalen Ausgangsverfahren mit dem durch die Art. 263 AEUV und 267 AEUV geschaffenen System zu berücksichtigen, dass der Gerichtshof wiederholt über die Zulässigkeit von Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit von Sekundärrechtsakten befunden hat, die ihm im Rahmen von im Recht des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Klageverfahren zur Rechtmäßigkeitskontrolle („judicial review“) vorgelegt worden waren. Der Gerichtshof verwies darauf, dass nach dem nationalen Recht die Beteiligten ein Klageverfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Absicht oder der Verpflichtung der Regierung des Vereinigten Königreichs zur Umsetzung einer Handlung der Union durchführen konnten. Er zog daraus den Schluss, dass die Möglichkeit für den Einzelnen, sich vor den nationalen Gerichten auf die Ungültigkeit einer Unionshandlung allgemeiner Geltung zu berufen, nicht davon abhängt, dass diese Handlung tatsächlich bereits Gegenstand von Durchführungsmaßnahmen gewesen ist, die aufgrund des nationalen Rechts ergangen sind. Insoweit genügt es, dass das nationale Gericht mit einem tatsächlichen Rechtsstreit befasst ist, in dem sich inzident die Frage der Gültigkeit einer solchen Handlung stellt (vgl. in diesem Sinne Urteile British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 36 und 40, sowie Intertanko u. a., C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 33 und 34). Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass dies hier durchaus der Fall ist. 30 Drittens ist zu dem Vorbringen, das in Rn. 23 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist und speziell die erste Frage betrifft, festzustellen, dass sich das vorlegende Gericht in der vorliegenden Rechtssache an den Gerichtshof gewandt hat, um durch ihn klären zu lassen, ob Art. 119 AEUV, Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB dahin auszulegen sind, dass sie das ESZB dazu ermächtigen, ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie das in der Pressemitteilung angekündigte zu beschließen. 31 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig zu erklären. Zu den Vorlagefragen 32 Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 119 AEUV, Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB dahin auszulegen sind, dass sie das ESZB dazu ermächtigen, ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie das in der Pressemitteilung angekündigte zu beschließen. Zu den Art. 119 AEUV und 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie den Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB 33 Das vorlegende Gericht wirft die Frage auf, ob ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie das in der Pressemitteilung angekündigte unter die im Primärrecht vorgesehenen Befugnisse des ESZB fallen kann. – Zu den Befugnissen des ESZB 34 Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 119 Abs. 2 AEUV die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- und Wechselkurspolitik umfasst (Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 48). 35 Was speziell die Währungspolitik betrifft, hat die Union nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV eine ausschließliche Zuständigkeit in diesem Bereich für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 50). 36 Nach Art. 282 Abs. 1 AEUV bilden die EZB und die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik der Union (vgl. Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 49). Nach Art. 282 Abs. 4 AEUV erlässt die EZB die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Maßnahmen nach den Art. 127 AEUV bis 133 AEUV und 138 AEUV und nach Maßgabe der Satzung des ESZB und der EZB. 37 In diesem Rahmen ist es gemäß Art. 127 Abs. 2 AEUV Sache des ESZB, diese Politik festzulegen und auszuführen. 38 Insbesondere ergibt sich aus Art. 129 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 des Protokolls über das ESZB und die EZB, dass der EZB-Rat die Geldpolitik der Union festlegt und das Direktorium der EZB diese Politik gemäß den Leitlinien und Beschlüssen des EZB-Rates ausführt. 39 Weiter geht aus Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 3 dieses Protokolls hervor, dass die EZB, soweit dies möglich und sachgerecht erscheint, zur Durchführung von Geschäften, die zu den Aufgaben des ESZB gehören, die nationalen Zentralbanken in Anspruch nimmt, die gemäß Art. 14 Abs. 3 des Protokolls gemäß den Leitlinien und Weisungen der EZB zu handeln haben. 40 Des Weiteren ergibt sich aus Art. 130 AEUV, dass das ESZB seine Aufgabe der Festlegung und Ausführung der Währungspolitik der Union in unabhängiger Weise wahrnimmt. Aus dem Wortlaut dieses Artikels ergibt sich, dass er das ESZB und seine Beschlussorgane vor externen Einflussnahmen schützen soll, die mit der Wahrnehmung der Aufgaben in Konflikt geraten könnten, die der AEU-Vertrag und das Protokoll über das ESZB und die EZB dem ESZB übertragen. So soll dieser Artikel das ESZB im Wesentlichen vor jedem politischen Druck schützen, damit es die für seine Aufgaben gesetzten Ziele durch die unabhängige Ausübung der spezifischen Befugnisse, über die es zu diesen Zwecken nach dem Primärrecht verfügt, wirksam verfolgen kann (vgl. in diesem Sinne Kommission/EZB, C‑11/00, EU:C:2003:395, Rn. 134). 41 Gemäß dem in Art. 5 Abs. 2 EUV niedergelegten Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung hat das ESZB innerhalb der Grenzen der Befugnisse zu handeln, die ihm das Primärrecht verleiht, und es kann daher nicht in gültiger Weise ein Programm beschließen und durchführen, das über den Bereich hinausgeht, der der Währungspolitik durch das Primärrecht zugewiesen wird. Um die Einhaltung dieses Grundsatzes zu gewährleisten, unterliegen die Handlungen des ESZB nach Maßgabe der in den Verträgen festgelegten Voraussetzungen der gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/EZB, C‑11/00, EU:C:2003:395, Rn. 135). 42 Insoweit ist festzustellen, dass der AEU-Vertrag keine genaue Definition der Währungspolitik enthält, sondern zugleich die Ziele der Währungspolitik und die Mittel festlegt, über die das ESZB zur Ausführung dieser Politik verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 53). 43 So ist nach Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV das vorrangige Ziel der Währungspolitik der Union die Gewährleistung der Preisstabilität. Diese Bestimmungen sehen ferner vor, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung dieses Ziels die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union unterstützt, um zur Verwirklichung der in Art. 3 EUV definierten Ziele der Union beizutragen (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 54). 44 Das Protokoll über das ESZB und die EZB ist somit durch ein klares Mandat gekennzeichnet, mit dem vorrangig das Ziel verfolgt wird, die Preisstabilität zu gewährleisten. Die Spezifizität dieses Mandats wird durch die Verfahren zur Reform bestimmter Teile der Satzung des ESZB und der EZB noch verstärkt. 45 Was die dem ESZB durch das Primärrecht zur Verwirklichung dieser Ziele zugewiesenen Mittel angeht, ist hervorzuheben, dass das Kapitel IV des Protokolls über das ESZB und die EZB, das die währungspolitischen Aufgaben und Operationen des ESZB festlegt, die Instrumente aufführt, deren sich das ESZB im Rahmen der Währungspolitik bedienen kann. – Zur Abgrenzung der Währungspolitik 46 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass für die Entscheidung über die Frage, ob eine Maßnahme zur Währungspolitik gehört, hauptsächlich auf die Ziele dieser Maßnahme abzustellen ist. Die Mittel, die die Maßnahme zur Erreichung dieser Ziele einsetzt, sind ebenfalls erheblich (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 53 und 55). 47 Was erstens die Ziele angeht, die mit einem Programm wie dem in den Ausgangsverfahren streitigen verfolgt werden, lässt sich der Pressemitteilung entnehmen, dass dieses Programm zugleich eine ordnungsgemäße geldpolitische Transmission und die Einheitlichkeit der Geldpolitik sicherstellen soll. 48 Zum einen aber trägt das Ziel, die Einheitlichkeit der Geldpolitik zu gewährleisten, zur Erreichung der Ziele dieser Politik bei, da diese nach Art. 119 Abs. 2 AEUV „einheitlich“ sein muss. 49 Zum anderen ist das Ziel der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Transmission der Geldpolitik zugleich geeignet, die Einheitlichkeit dieser Politik zu gewährleisten und zu deren vorrangigem Ziel beizutragen, das in der Gewährleistung der Preisstabilität besteht. 50 Die Fähigkeit des ESZB, durch seine geldpolitischen Entscheidungen die Preisentwicklung zu beeinflussen, hängt nämlich in weitem Umfang von der Übertragung der Impulse ab, die es auf dem Geldmarkt an die verschiedenen Wirtschaftssektoren aussendet. Eine Störung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus ist daher geeignet, die Entscheidungen des ESZB in einem Teil des Euro-Währungsgebiets ins Leere gehen zu lassen und damit die Einheitlichkeit der Geldpolitik zu beeinträchtigen. Im Übrigen wird, da eine Störung des Transmissionsmechanismus die Wirksamkeit der vom ESZB beschlossenen Maßnahmen beeinträchtigt, dadurch zwangsläufig dessen Fähigkeit beeinträchtigt, die Preisstabilität zu gewährleisten. Daher können Maßnahmen, die diesen Transmissionsmechanismus erhalten sollen, dem in Art. 127 Abs. 1 AEUV festgelegten vorrangigen Ziel zugerechnet werden. 51 Der Umstand, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte möglicherweise geeignet ist, auch zur Stabilität des Euro-Währungsgebiets beizutragen, die zur Wirtschaftspolitik gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 56), kann diese Beurteilung nicht in Frage stellen. 52 Eine währungspolitische Maßnahme kann nämlich nicht allein deshalb einer wirtschaftspolitischen Maßnahme gleichgestellt werden, weil sie mittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Euro-Währungsgebiets haben kann (vgl. entsprechend Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 56). 53 Was zweitens die Mittel betrifft, die zur Erreichung der Ziele eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten eingesetzt werden sollen, steht fest, dass dessen Durchführung geldpolitische Outright-Geschäfte an den Sekundärmärkten für Staatsanleihen beinhaltet. 54 Aus Art. 18 Abs. 1 des Protokolls über das ESZB und die EZB, der zu dessen Kapitel IV gehört, geht jedoch eindeutig hervor, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken zur Erreichung der Ziele des ESZB und zur Erfüllung seiner Aufgaben, wie sie sich aus dem Primärrecht ergeben, grundsätzlich auf den Finanzmärkten tätig werden können, indem sie auf Euro lautende börsengängige Wertpapiere endgültig kaufen und verkaufen. Folglich wird mit den Geschäften, die der EZB-Rat in der Pressemitteilung in Aussicht genommen hat, eines der geldpolitischen Instrumente genutzt, die das Primärrecht vorsieht. 55 Was die Selektivität des in der Pressemitteilung angekündigten Programms angeht, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Programm Störungen des geldpolitischen Transmissionsmechanismus beheben soll, die durch die besondere Situation der Staatsanleihen bestimmter Mitgliedstaaten hervorgerufen werden. Unter diesen Umständen kann die alleinige Tatsache, dass sich das fragliche Programm spezifisch auf diese Staatsanleihen beschränkt, nicht als solche bedeuten, dass die vom ESZB verwendeten Instrumente nicht zur Währungspolitik gehören. Im Übrigen schreibt keine Bestimmung des AEU-Vertrags dem ESZB vor, auf den Finanzmärkten durch allgemeine Maßnahmen zu intervenieren, die notwendigerweise sämtliche Staaten des Euro-Währungsgebiets betreffen. 56 Im Licht dieser Gesichtspunkte ist festzustellen, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte in Anbetracht seiner Ziele und der zu ihrer Erreichung vorgesehenen Mittel zum Bereich der Währungspolitik gehört. 57 Der Umstand, dass die Durchführung eines solchen Programms von der vollständigen Einhaltung makroökonomischer Anpassungsprogramme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (im Folgenden: EFSF) und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (im Folgenden: ESM) abhängig ist, vermag an dieser Feststellung nichts zu ändern. 58 Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen, das ein solches Merkmal aufweist, geeignet ist, inzident den Anreiz zur Einhaltung solcher Anpassungsprogramme zu stärken, und damit in gewissem Maße die Erreichung der mit diesen verfolgten wirtschaftspolitischen Ziele begünstigen kann. 59 Solche mittelbaren Auswirkungen können jedoch nicht bedeuten, dass ein solches Programm als eine wirtschaftspolitische Maßnahme einzustufen wäre, da sich aus Art. 119 Abs. 2 AEUV, Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV ergibt, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützt. 60 Es ist hinzuzufügen, dass das ESZB dadurch, dass es in voller Unabhängigkeit die Durchführung des in der Pressemitteilung angekündigten Programms von der vollständigen Einhaltung makroökonomischer Anpassungsprogramme der EFSF oder des ESM abhängig macht, gewährleistet, dass seine Währungspolitik den Mitgliedstaaten, deren Staatsanleihen es ankauft, keine Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet, die es ihnen erlaubten, von den Anpassungsprogrammen, denen sie zugestimmt haben, abzuweichen. Das ESZB vermeidet auf diese Weise, dass die von ihm beschlossenen währungspolitischen Maßnahmen der Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten verfolgten Wirtschaftspolitik zuwiderlaufen. 61 Da sich das ESZB ferner gemäß Art. 127 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 119 Abs. 3 AEUV an den richtungweisenden Grundsatz zu halten hat, dass die öffentlichen Finanzen gesund sein müssen, können die in einem Programm, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, festgelegten Voraussetzungen, durch die vermieden werden kann, dass dieses Programm dazu beiträgt, für die Mitgliedstaaten einen Anreiz zur Verschlechterung ihrer Haushaltslage zu schaffen, nicht den Schluss rechtfertigen, dass dieses Programm den Rahmen überschritte, den das Primärrecht der Währungspolitik vorgibt. 62 Es ist zudem hervorzuheben, dass es als Voraussetzung für das Tätigwerden des ESZB im Rahmen eines Programms, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, nicht genügt, dass der betreffende Mitgliedstaat die Verpflichtungen aus einem Anpassungsprogramm, dem er zugestimmt hat, vollständig einhält, da ein solches Tätigwerden in strikter Weise weiterhin voraussetzt, dass Störungen des geldpolitischen Transmissionsmechanismus oder der Einheitlichkeit der Geldpolitik aufgetreten sind. 63 Deshalb wird durch den Umstand, dass der Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten unter der Bedingung, dass ein makroökonomisches Anpassungsprogramm eingehalten wird, als zur Wirtschaftspolitik gehörend angesehen werden konnte, wenn dieser Ankauf vom ESM vorgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 60), nicht impliziert, dass es sich ebenso verhalten müsste, wenn dieses Instrument vom ESZB im Rahmen eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten eingesetzt wird. 64 Insoweit ist nämlich der Unterschied zwischen den Zielen des ESM und des ESZB von entscheidender Bedeutung. Während sich aus den Rn. 48 bis 52 des vorliegenden Urteils ergibt, dass ein Programm wie das in den Ausgangsverfahren fragliche nur in dem Umfang durchgeführt werden darf, in dem es zur Gewährleistung der Preisstabilität erforderlich ist, zielt das Tätigwerden des ESM auf die Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets, wobei dieses letztgenannte Ziel nicht zur Währungspolitik gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 56). 65 Diese Beurteilung lässt auch die Möglichkeit ausscheiden, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte dazu dienen könnte, die Bedingungen zu umgehen, die die Tätigkeit des ESM an den Sekundärmärkten beschränken, da die Intervention des ESZB nicht an die Stelle einer Intervention des ESM treten soll, um dessen Ziele zu verwirklichen, sondern sie vielmehr in unabhängiger Weise nach Maßgabe der Ziele durchzuführen ist, die der Währungspolitik eigen sind. – Zur Verhältnismäßigkeit 66 Aus Art. 119 Abs. 2 AEUV und Art. 127 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 4 EUV geht hervor, dass ein zur Währungspolitik gehörendes Programm für den Ankauf von Anleihen nur in gültiger Weise beschlossen und durchgeführt werden kann, wenn die von ihm umfassten Maßnahmen in Anbetracht der Ziele dieser Politik verhältnismäßig sind. 67 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Association Kokopelli, C‑59/11, EU:C:2012:447, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Was die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung dieser Voraussetzungen anbelangt, ist dem ESZB, da es bei der Ausarbeitung und Durchführung eines Programms für Offenmarktgeschäfte, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, Entscheidungen technischer Natur treffen und komplexe Prognosen und Beurteilungen vornehmen muss, in diesem Rahmen ein weites Ermessen einzuräumen (vgl. entsprechend Urteile Afton Chemical, C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 28, sowie Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka, C‑203/12, EU:C:2013:664, Rn. 35). 69 Indessen kommt in Fällen, in denen ein Unionsorgan über ein weites Ermessen verfügt, der Kontrolle der Einhaltung bestimmter verfahrensrechtlicher Garantien wesentliche Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört die Verpflichtung des ESZB, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidungen hinreichend zu begründen. 70 Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung eines Rechtsakts der Union zwar die Überlegungen des Urhebers dieses Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann, jedoch nicht sämtliche rechtlich oder tatsächlich erheblichen Gesichtspunkte enthalten muss. Die Beachtung der Begründungspflicht ist im Übrigen nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Rat, C‑63/12, EU:C:2013:752, Rn. 98 und 99 und die dort angeführte Rechtsprechung). 71 Im vorliegenden Fall ist, auch wenn eine Prüfung der Einhaltung der Begründungspflicht nur auf der Grundlage eines förmlich erlassenen Beschlusses möglich ist, gleichwohl festzustellen, dass die Pressemitteilung sowie die Entwürfe für Rechtsakte, die in der Sitzung des EZB-Rates geprüft wurden, in der auch die Pressemitteilung genehmigt wurde, die wesentlichen Elemente eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten erkennen lassen und geeignet sind, dem Gerichtshof die Ausübung seiner Kontrolle zu ermöglichen. 72 Was erstens die Eignung eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten zur Erreichung der vom ESZB verfolgten Ziele anbelangt, geht aus dieser Pressemitteilung und den Erläuterungen der EZB hervor, dass dieses Programm auf einer Analyse der wirtschaftlichen Lage im Euro-Währungsgebiet beruht, der zufolge zum Zeitpunkt der Ankündigung dieses Programms die Zinssätze für die Staatsanleihen verschiedener Staaten des Euro-Währungsgebiets eine hohe Volatilität und extreme Unterschiede aufwiesen. Nach den Ausführungen der EZB beruhten diese Unterschiede nicht nur auf makroökonomischen Unterschieden zwischen diesen Staaten, sondern hatten ihre Ursache teilweise darin, dass für die Anleihen bestimmter Mitgliedstaaten überhöhte Risikoaufschläge verlangt worden seien, mit denen der Gefahr eines Auseinanderbrechens des Euro-Währungsgebiets habe begegnet werden sollen. 73 Diese besondere Lage habe den geldpolitischen Transmissionsmechanismus des ESZB erheblich geschwächt und eine Fragmentierung bei den Refinanzierungsbedingungen der Banken und der Darlehenskosten bewirkt, was die Wirksamkeit der vom ESZB an die Wirtschaft ausgesendeten Impulse in einem erheblichen Teil des Euro-Währungsgebiets stark verringert habe. 74 In Anbetracht der dem Gerichtshof im vorliegenden Verfahren unterbreiteten Informationen ist nicht ersichtlich, dass diese Analyse der Wirtschaftslage des Euro-Währungsgebiets, die zum Zeitpunkt der Ankündigung des in den Ausgangsverfahren fraglichen Programms gegeben war, mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet wäre. 75 Insoweit kann der vom vorlegenden Gericht angeführte Umstand, dass gegen diese mit einer Begründung versehene Analyse Einwände erhoben wurden, als solcher nicht genügen, um diese Beurteilung in Frage zu stellen, da vom ESZB mit Rücksicht darauf, dass geldpolitische Fragen gewöhnlich umstritten sind und es über ein weites Ermessen verfügt, nicht mehr als der Einsatz seines wirtschaftlichen Sachverstands und der ihm zur Verfügung stehenden notwendigen technischen Mittel verlangt werden kann, um diese Analyse mit aller Sorgfalt und Genauigkeit durchzuführen. 76 In einer Lage wie der in den Rn. 72 und 73 des vorliegenden Urteils beschriebenen ist der Ankauf von Staatsanleihen der Mitgliedstaaten, die von den durch die EZB als extrem betrachteten Zinssätzen betroffen sind, an den Sekundärmärkten geeignet, die Senkung dieser Zinssätze zu befördern, indem er unbegründete Befürchtungen eines Auseinanderbrechens des Euro-Währungsgebiets zerstreut, und so zu dem Rückgang oder sogar Wegfallen der überhöhten Risikozuschläge beizutragen. 77 In diesem Zusammenhang war das ESZB zu der Annahme berechtigt, dass eine solche Entwicklung der Zinssätze geeignet ist, die geldpolitische Transmission des ESZB zu begünstigen und die Einheitlichkeit der Geldpolitik zu wahren. 78 So ist unstreitig, dass die Zinssätze der Staatsanleihen eines gegebenen Staates für die Festsetzung der für die verschiedenen Wirtschaftsteilnehmer dieses Staates geltenden Zinssätze, für den Wert der Portfolios der solche Anleihen besitzenden Finanzinstitute und für deren Fähigkeit, sich Liquidität zu beschaffen, eine maßgebliche Rolle spielen. Deshalb kann durch eine Eliminierung oder Verringerung überhöhter Risikozuschläge, die für die Staatsanleihen eines Mitgliedstaats verlangt werden, vermieden werden, dass deren Volatilität und Höhe ein Hindernis für die Übertragung der Wirkungen der geldpolitischen Entscheidungen des ESZB auf die Wirtschaft dieses Staates bilden und die Einheitlichkeit der Geldpolitik in Frage stellen. 79 Im Übrigen ist die Behauptung der EZB, dass allein die Ankündigung des in den Ausgangsverfahren fraglichen Programms genügt habe, um die angestrebte Wirkung, d. h. die Wiederherstellung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus und der Einheitlichkeit der Geldpolitik, zu erzielen, im Verlauf des vorliegenden Verfahrens nicht bestritten worden. 80 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass unter wirtschaftlichen Bedingungen, wie sie die EZB zum Zeitpunkt der Pressemitteilung beschrieben hat, das ESZB rechtmäßig zu der Beurteilung gelangen konnte, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte geeignet ist, zu den vom ESZB verfolgten Zielen und damit zur Gewährleistung der Preisstabilität beizutragen. 81 Demnach ist zweitens zu prüfen, ob ein solches Programm nicht offensichtlich über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. 82 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Wortlaut der Pressemitteilung eindeutig ergibt, dass das in den Ausgangsverfahren fragliche Programm den Ankauf von Staatsanleihen nur in dem Umfang gestattet, in dem er zur Erreichung der Ziele dieses Programms erforderlich ist, und dass diese Ankäufe beendet werden, sobald diese Ziele erreicht sein werden. 83 Es ist auch zu beachten, dass der Ankündigung des in den Ausgangsverfahren fraglichen Programms mittels der Pressemitteilung gegebenenfalls eine zweite Phase folgen wird, nämlich die der Durchführung dieses Programms, die von einer umfassenden Beurteilung der geldpolitischen Erfordernisse abhängen wird. 84 Im Übrigen ist festzustellen, dass das in den Ausgangsverfahren fragliche Programm mehr als zwei Jahre nach seiner Ankündigung nicht durchgeführt worden ist, da seine Umsetzung nach Ansicht des EZB-Rates durch die wirtschaftliche Lage im Euro-Währungsgebiet nicht gerechtfertigt war. 85 Über die strikte Bindung der Durchführung eines Programms, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, an die mit ihm verfolgten Ziele hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das potenzielle Ausmaß dieses Programms in mehrfacher Weise beschränkt wird. 86 So darf das ESZB im Rahmen eines solchen Programms nur Staatsanleihen von Mitgliedstaaten erwerben, die an einem makroökonomischen Anpassungsprogramm teilnehmen und erneut Zugang zum Anleihemarkt haben. Überdies konzentriert sich ein Programm wie das in den Ausgangsverfahren fragliche auf Staatsanleihen mit einer Laufzeit von weniger als drei Jahren, wobei sich das ESZB die Möglichkeit vorbehält, die erworbenen Anleihen jederzeit wieder zu verkaufen. 87 Aus diesen Gesichtspunkten ergibt sich zum einen, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte letztlich nur einen begrenzten Teil der von den Staaten des Euro-Währungsgebiets begebenen Staatsanleihen betrifft, so dass die Verpflichtungen, die die EZB mit der Durchführung eines solchen Programms voraussichtlich eingeht, tatsächlich eingegrenzt und beschränkt sind. Zum anderen kann ein solches Programm nur zur Anwendung gelangen, wenn die Lage bestimmter dieser Staaten bereits eine Intervention des ESM gerechtfertigt hat, die noch fortdauert. 88 Unter diesen Umständen konnte ein Programm, dessen Volumen in dieser Weise beschränkt ist, vom ESZB in gültiger Weise beschlossen werden, ohne vor seiner Durchführung eine quantitative Beschränkung festzulegen, zumal eine solche geeignet erschiene, die Wirksamkeit dieses Programms zu schwächen. 89 Im Übrigen ist, soweit das vorlegende Gericht die Frage der Selektivität eines solchen Programms aufwirft, daran zu erinnern, dass dieses Programm die Störungen der Geldpolitik des ESZB beheben soll, die durch die besondere Lage der Anleihen bestimmter Mitgliedstaaten hervorgerufen werden. Unter diesen Umständen konnte das ESZB zu Recht annehmen, dass sich ein selektives Programm des Anleihekaufs als erforderlich erweisen kann, um diese Störungen dadurch auszuräumen, dass das ESZB seine Tätigkeit auf die von diesen Störungen besonders betroffenen Teile des Euro-Währungsgebiets konzentriert und es so vermeidet, den Umfang des Programms über das hinaus, was zur Erreichung seiner Ziele erforderlich ist, unnötig zu vergrößern oder seine Wirksamkeit zu verringern. 90 Es muss zudem festgestellt werden, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte die Mitgliedstaaten, deren Anleihen erworben werden können, auf der Grundlage von Kriterien identifiziert, die an die verfolgten Ziele geknüpft sind, und nicht im Wege einer willkürlichen Auswahl. 91 Drittens ist zu konstatieren, dass das ESZB die verschiedenen beteiligten Interessen in der Weise gegeneinander abgewogen hat, dass tatsächlich vermieden wird, dass sich bei der Durchführung des fraglichen Programms Nachteile ergeben, die offensichtlich außer Verhältnis zu dessen Zielen stehen. 92 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Zu Art. 123 Abs. 1 AEUV 93 Das vorlegende Gericht wirft die Frage auf, ob ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie das in der Pressemitteilung angekündigte mit Art. 123 Abs. 1 AEUV vereinbar ist. 94 Aus dem Wortlaut von Art. 123 Abs. 1 AEUV geht hervor, dass diese Bestimmung der EZB und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten verbietet, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Union und der Mitgliedstaaten Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten zu gewähren oder unmittelbar von ihnen Schuldtitel zu erwerben (vgl. Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 123). 95 Folglich verbietet diese Bestimmung jede finanzielle Unterstützung des ESZB zugunsten eines Mitgliedstaats (vgl. in diesem Sinne Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 132), ohne indessen in allgemeiner Weise die für das ESZB bestehende Möglichkeit auszuschließen, von Gläubigern eines solchen Staates Schuldtitel zu erwerben, die dieser Staat zuvor ausgegeben hat. 96 So gestattet Art. 18 Abs. 1 des Protokolls über das ESZB und die EZB dem ESZB, zur Erreichung seiner Ziele und zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Finanzmärkten tätig zu werden, indem es u. a. börsengängige Wertpapiere, zu denen Staatsanleihen gehören, endgültig kauft und verkauft, ohne dass diese Ermächtigung an besondere Bedingungen geknüpft ist, sofern nicht der Charakter von Offenmarktgeschäften als solcher missachtet wird. 97 Gleichwohl kann das ESZB nicht rechtmäßig Staatsanleihen an den Sekundärmärkten unter Voraussetzungen erwerben, die seinem Tätigwerden in der Praxis die gleiche Wirkung wie ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten verleihen, und auf diese Weise die Wirksamkeit des in Art. 123 Abs. 1 AEUV festgelegten Verbots in Frage stellen. 98 Ferner ist zur Klärung der Frage, welche Formen des Ankaufs von Staatsanleihen mit dieser Bestimmung vereinbar sind, auf den Zweck dieser Bestimmung abzustellen (vgl. entsprechend Urteil Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 133). 99 Insoweit ist daran zu erinnern, dass das in Art. 123 AEUV festgelegte Verbot auf Art. 104 EG-Vertrag (später Art. 101 EG) zurückgeht, der mit dem Maastrichter Vertrag in den EG-Vertrag eingefügt wurde. 100 Aus den Vorarbeiten für den Maastrichter Vertrag ergibt sich, dass Art. 123 AEUV die Mitgliedstaaten dazu anhalten soll, eine gesunde Haushaltspolitik zu befolgen, indem vermieden wird, dass eine monetäre Finanzierung öffentlicher Defizite oder Privilegien der öffentlichen Hand auf den Finanzmärkten zu einer übermäßigen Verschuldung oder überhöhten Defiziten der Mitgliedstaaten führen (vgl. Entwurf eines Vertrags zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Hinblick auf die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion, Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 2/91, S. 25 und 56). 101 Daher dürfen Ankäufe an dem Sekundärmarkt nicht eingesetzt werden, um das mit Art. 123 AEUV verfolgte Ziel zu umgehen, wie im siebten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in [Art. 123 AEUV] und Art. [125 Abs. 1 AEUV] vorgesehenen Verbote (ABl. L 332, S. 1) bekräftigt worden ist. 102 Folglich muss die EZB, wie der Generalanwalt in Nr. 227 seiner Schlussanträge betont hat, wenn sie Staatsanleihen an den Sekundärmärkten erwirbt, ihr Tätigwerden mit hinreichenden Garantien versehen, um sicherzustellen, dass es mit dem in Art. 123 Abs. 1 AEUV festgelegten Verbot der monetären Finanzierung in Einklang steht. 103 Hinsichtlich eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten ist erstens darauf hinzuweisen, dass das ESZB im Rahmen eines solchen Programms Staatsanleihen nicht unmittelbar von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten, sondern nur mittelbar an den Sekundärmärkten erwerben darf. Das Tätigwerden des ESZB im Rahmen eines Programms, wie es in den Ausgangsverfahren in Frage steht, kann daher nicht einer finanziellen Unterstützungsmaßnahme für einen Mitgliedstaat gleichgestellt werden. 104 Indessen ist zweitens hervorzuheben, dass das Tätigwerden des ESZB in der Praxis die gleiche Wirkung wie der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten haben könnte, wenn die Wirtschaftsteilnehmer, die möglicherweise Staatsanleihen auf dem Primärmarkt erwerben, die Gewissheit hätten, dass das ESZB diese Anleihen binnen eines Zeitraums und unter Bedingungen ankaufen würde, die es diesen Wirtschaftsteilnehmern ermöglichten, faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb dieser Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaats zu agieren. 105 Jedoch ist den Erläuterungen der EZB im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu entnehmen, dass die Durchführung eines Programms, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, Bedingungen unterliegen muss, mit denen vermieden werden soll, dass die Interventionen des ESZB an den Sekundärmärkten die gleiche Wirkung wie der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen an den Primärmärkten haben. 106 In dieser Hinsicht ergibt sich aus den von der EZB im vorliegenden Verfahren vorgelegten Entwürfen für einen Beschluss und Leitlinien, dass der EZB-Rat dafür zuständig zu sein hätte, über den Umfang, den Beginn, die Fortsetzung und die Aussetzung der in einem solchen Programm vorgesehenen Interventionen an den Sekundärmärkten zu entscheiden. Überdies hat die EZB vor dem Gerichtshof klargestellt, dass das ESZB zum einen beabsichtigt, eine Mindestfrist zwischen der Ausgabe eines Schuldtitels auf dem Primärmarkt und seinem Ankauf an den Sekundärmärkten einzuhalten, und dass zum anderen eine vorherige Ankündigung seiner Entscheidung, solche Ankäufe vorzunehmen, oder des Volumens der geplanten Ankäufe ausgeschlossen sein soll. 107 Da sich durch diese Garantien verhindern lässt, dass die Emissionsbedingungen für Staatsanleihen durch die Gewissheit verfälscht werden, dass diese Anleihen nach ihrer Ausgabe durch das ESZB erworben werden, kann durch sie ausgeschlossen werden, dass die Durchführung eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten in der Praxis die gleiche Wirkung hat wie der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten. 108 Zwar bleibt trotz dieser Garantien, wie das vorlegende Gericht dargelegt hat, das Tätigwerden des ESZB geeignet, einen gewissen Einfluss auf die Funktionsweise des Primärmarkts und der Sekundärmärkte für Staatsanleihen auszuüben. Dieser Umstand ist aber nicht entscheidend, weil dieser Einfluss, wie der Generalanwalt in Nr. 259 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine Wirkung ist, die den vom AEU-Vertrag erlaubten Ankäufen an den Sekundärmärkten inhärent ist. Im Übrigen ist diese Wirkung unerlässlich, um solche Ankäufe im Rahmen der Geldpolitik wirksam einsetzen zu können. 109 Drittens würde mit einem Programm, wie es in der Pressemitteilung angekündigt wurde, das in Rn. 100 des vorliegenden Urteils genannte Ziel von Art. 123 Abs. 1 AEUV umgangen, wenn es geeignet wäre, den betreffenden Mitgliedstaaten den Anreiz zu nehmen, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. Da nämlich aus Art. 119 Abs. 2 AEUV, Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV hervorgeht, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützt, darf die Tätigkeit des ESZB auf der Grundlage von Art. 123 AEUV nicht dergestalt sein, dass sie der Wirksamkeit dieser Politik zuwiderläuft, indem den Mitgliedstaaten der Anreiz genommen wird, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. 110 Im Übrigen beinhaltet die Geldpolitik fortlaufend, dass auf die Zinssätze und die Refinanzierungsbedingungen der Banken eingewirkt wird, was zwangsläufig Konsequenzen für die Finanzierungsbedingungen des Haushaltsdefizits der Mitgliedstaaten hat. 111 Jedenfalls wird durch die Merkmale eines Programms wie des in der Pressemitteilung angekündigten ausgeschlossen, dass es als geeignet angesehen werden kann, den Mitgliedstaaten den Anreiz zur Verfolgung einer gesunden Haushaltspolitik zu nehmen. 112 Insoweit ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass dieses Programm den Ankauf von Staatsanleihen nur in dem Umfang vorsieht, der für die Erhaltung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus und der Einheitlichkeit der Geldpolitik erforderlich ist, und dass die Ankäufe eingestellt werden, sobald diese Ziele erreicht sein werden. 113 Diese Begrenzung des Tätigwerdens des ESZB bedeutet zum einen, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Festlegung ihrer Haushaltspolitik nicht auf die Gewissheit stützen können, dass ihre Staatsanleihen künftig vom ESZB an den Sekundärmärkten angekauft werden, und zum anderen, dass dieses Programm nicht in einer Weise durchgeführt werden kann, durch die eine Harmonisierung der Zinssätze für die Staatsanleihen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets unabhängig von den Unterschieden bewirkt würde, die sich aus der makroökonomischen Lage oder der Haushaltslage dieser Staaten ergeben. 114 Durch den Erlass und die Durchführung eines solchen Programms wird den Mitgliedstaaten daher weder ermöglicht, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die die Tatsache unberücksichtigt ließe, dass sie im Fall eines Defizits nach einer Finanzierung auf dem Markt zu suchen haben werden, noch können sie sich dadurch vor den Konsequenzen schützen, die die Entwicklung ihrer makroökonomischen Lage oder ihrer Haushaltslage unter diesem Aspekt mit sich bringen kann. 115 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass ein Programm wie das in den Ausgangsverfahren fragliche mit einer Reihe von Garantien versehen ist, die seine Auswirkungen auf den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen, begrenzen sollen. 116 So hat die EZB dadurch, dass sie dieses Programm auf bestimmte Arten von Anleihen beschränkt hat, die nur von Mitgliedstaaten ausgegeben worden sind, die an einem strukturellen Anpassungsprogramm teilnehmen und erneut Zugang zum Anleihemarkt haben, faktisch das Volumen der Staatsanleihen beschränkt, die im Rahmen dieses Programms erworben werden können, und damit die Intensität der Auswirkungen dieses Programms auf die Finanzierungsbedingungen der Staaten des Euro-Währungsgebiets begrenzt. 117 Im Übrigen werden die Auswirkungen, die ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte auf den Anreiz hat, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen, auch durch die für das ESZB bestehende Möglichkeit beschränkt, die erworbenen Anleihen jederzeit wieder zu verkaufen. Denn daraus ergibt sich, dass die Folgen, die daraus entstehen, dass diese Anleihen vom Markt genommen werden, potenziell vorübergehender Art sind. Diese Möglichkeit erlaubt es dem ESZB auch, sein Programm nach Maßgabe der Haltung des betreffenden Mitgliedstaats anzupassen, so insbesondere durch eine Einschränkung oder Aussetzung der Ankäufe von Staatsanleihen, wenn ein Mitgliedstaat sein Emissionsverhalten dahin ändert, dass er mehr Anleihen mit kurzer Laufzeit ausgibt, um seinen Haushalt mittels Anleihen zu finanzieren, die potenziell unter die Intervention des ESZB fallen. 118 Dass das ESZB auch die Möglichkeit hat, die erworbenen Anleihen bis zum Eintritt ihrer Fälligkeit zu behalten, spielt insoweit keine ausschlaggebende Rolle, weil diese Möglichkeit voraussetzt, dass eine solche Handlungsweise zur Verwirklichung der angestrebten Ziele erforderlich ist, und jedenfalls den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern nicht die Gewissheit gewährt, dass das ESZB von dieser Option Gebrauch machen wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Vorgehensweise durch Art. 18 Abs. 1 des Protokolls über das ESZB und die EZB keineswegs ausgeschlossen wird und keinen Verzicht darauf bedeutet, dass der Mitgliedstaat, der die Anleihe ausgegeben hat, bei Eintritt ihrer Fälligkeit seine Schuld begleicht. 119 Überdies schließt das ESZB dadurch, dass es einen Erwerb von Staatsanleihen nur von Mitgliedstaaten vorsieht, die erneut Zugang zum Anleihemarkt haben, von dem vorgesehenen Programm in der Praxis diejenigen Mitgliedstaaten aus, deren finanzielle Lage derart zerrüttet ist, dass sie keine Finanzierung mehr auf dem Markt erhalten könnten. 120 Schließlich wird dadurch, dass der Ankauf von Staatsanleihen von der vollständigen Einhaltung der strukturellen Anpassungsprogramme abhängt, denen die betreffenden Staaten unterliegen, ausgeschlossen, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte diese Staaten dazu veranlassen könnte, auf eine Sanierung ihrer öffentlichen Finanzen zu verzichten, indem sie sich auf die Finanzierungsmöglichkeiten stützen, die ihnen die Durchführung eines solchen Programms eröffnen könnte. 121 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass ein Programm wie das in der Pressemitteilung angekündigte nicht bewirkt, dass den betreffenden Mitgliedstaaten der Anreiz genommen würde, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. Folglich verbietet es Art. 123 Abs. 1 AEUV dem ESZB nicht, ein solches Programm unter Voraussetzungen zu beschließen und durchzuführen, unter denen dem Tätigwerden des ESZB nicht die gleiche Wirkung zukommt wie dem unmittelbaren Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten. 122 Die vom vorlegenden Gericht speziell angesprochenen Merkmale eines solchen Programms, die im Rahmen der in den vorstehenden Randnummern wiedergegebenen Beurteilung nicht erörtert worden sind, vermögen dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen. 123 So werden dadurch, dass dieses Programm – wenn dies als zutreffend unterstellt wird – die EZB einem erheblichen Verlustrisiko aussetzen könnte, in keiner Weise die Garantien geschwächt, mit denen dieses Programm versehen ist, um zu vermeiden, dass den Mitgliedstaaten der Anreiz genommen wird, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. 124 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Garantien auch geeignet sind, das von der EZB eingegangene Verlustrisiko zu verringern. 125 Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass eine Zentralbank wie die EZB verpflichtet ist, Entscheidungen zu treffen, die, wie Offenmarktgeschäfte, unvermeidlich ein Verlustrisiko für sie mit sich bringen. Art. 33 des Protokolls über das ESZB und die EZB enthält gerade eine Regelung dafür, wie die Verluste der EZB aufzuteilen sind, ohne in besonderer Weise die Risiken einzugrenzen, die die EZB zur Verwirklichung ihrer währungspolitischen Ziele eingehen darf. 126 Auch wenn im Übrigen der Verzicht auf eine privilegierte Gläubigerstellung die EZB möglicherweise einer Verlustquote aussetzt, über die die übrigen Gläubiger des betreffenden Mitgliedstaats entscheiden, ist festzustellen, dass es sich hierbei um ein Risiko handelt, das jedem Anleihekauf an den Sekundärmärkten innewohnt, der von den Verfassern der Verträge gleichwohl zugelassen wurde, ohne vorauszusetzen, dass der EZB eine privilegierte Gläubigerstellung eingeräumt wird. 127 Im Licht der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 119 AEUV, Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB dahin auszulegen sind, dass sie das ESZB dazu ermächtigen, ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie das in der Pressemitteilung angekündigte zu beschließen. Kosten 128 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt: Art. 119 AEUV, Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind dahin auszulegen, dass sie das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) dazu ermächtigen, ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie dasjenige zu beschließen, das in der Pressemitteilung angekündigt wurde, die im Protokoll der 340. Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) am 5. und 6. September 2012 genannt ist. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 9. Dezember 2014.#BelTechExport ZAO gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anhörungsrecht.#Rechtssache T‑438/11.
62011TJ0438
ECLI:EU:T:2014:1044
2014-12-09T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62011TJ0438 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62011TJ0438 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62011TJ0438 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 25. November 2014.#Safa Nicu Sepahan Co. gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Schadensersatz.#Rechtssache T‑384/11.
62011TJ0384
ECLI:EU:T:2014:986
2014-11-25T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62011TJ0384 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 25. November 2014 (*1) „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik — Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation — Einfrieren von Geldern — Beurteilungsfehler — Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz — Schadensersatz“ In der Rechtssache T‑384/11 Safa Nicu Sepahan Co. mit Sitz in Ispahan (Iran), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Bahrami, Klägerin, gegen Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch A. Vitro und R. Liudvinaviciute-Cordeiro, dann durch R. Liudvinaviciute-Cordeiro und I. Gurov als Bevollmächtigte, Beklagter, zum einen wegen teilweiser Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2011 des Rates vom 23. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 136, S. 26) und der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1) und zum anderen wegen Schadensersatz erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová (Berichterstatterin) und des Richters E. Buttigieg, Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2014 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt. 2 Die Klägerin, die Safa Nicu Sepahan Co., ist eine iranische Aktiengesellschaft. 3 Der Name einer als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung wurde mit dem Beschluss 2011/299/GASP des Rates vom 23. Mai 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/ GASP (ABl. L 136, S. 65) in die Liste der an der nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen, die in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) enthalten ist, aufgenommen. 4 Infolgedessen wurde der Name der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2011 des Rates vom 23. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. L 136, S. 26) in die Liste in Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1) aufgenommen. 5 In der Begründung des Beschlusses 2011/299 und der Durchführungsverordnung Nr. 503/2011 wurde die als „Safa Nicu“ bezeichnete Einrichtung als „Kommunikationsunternehmen, das Ausrüstung für die Anlage in Fordo (Ghom) geliefert hat, deren Bau der IAEO nicht gemeldet wurde“, beschrieben. 6 Nach einem Hinweis eines ihrer Geschäftspartner beantragte die Klägerin beim Rat der Europäischen Union mit Schreiben vom 7. Juni 2011, Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 zu ändern, indem die Aufnahme der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung in die in Rede stehenden Listen entweder ergänzt und korrigiert oder gestrichen wird. Sie machte insoweit geltend, diese Aufnahme betreffe entweder eine andere Einrichtung als sie selbst oder der Rat habe mit der Aufnahme ihres Namens in die Liste im Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 einen Fehler begangen. 7 Da die Klägerin auf ihr Schreiben vom 7. Juni 2011 keine Antwort erhalten hatte, nahm sie telefonisch mit dem Rat Kontakt auf und richtete dann am 23. Juni 2011 ein weiteres Schreiben an diesen. 8 Die Aufnahme der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in die Liste in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 wurde mit dem Beschluss 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 319, S. 71) und mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 319, S. 11) beibehalten. 9 Im Beschluss 2011/783 und in der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 wurde die Bezeichnung „Safa Nicu“ durch die Bezeichnung „Safa Nicu, a.k.a. ‚Safa Nicu Sepahan‘, ‚Safanco Company‘, ‚Safa Nicu Afghanistan Company‘, ‚Safa Al-Noor Company‘ und ‚Safa Nicu Ltd Company‘“ ersetzt. Auch wurden fünf Adressen im Iran, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Afghanistan als Informationen zur Feststellung der Identität der betroffenen Einrichtung genannt. 10 Mit Schreiben vom 5. Dezember 2011 unterrichtete der Rat die Klägerin darüber, dass ihr Name weiterhin in den Listen des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und des Anhangs VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufgeführt werde. Er stellte fest, dass die von der Klägerin am 7. Juni 2011 vorgelegten Erklärungen die Aufhebung der restriktiven Maßnahmen nicht rechtfertigten. Die Aufnahme der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung habe sich trotz der unvollständigen Angabe ihres Namens auf die Klägerin bezogen. Er informierte die Klägerin auch über die oben in Rn. 9 genannten Änderungen. 11 Da die Verordnung Nr. 961/2010 durch die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 88, S. 1) aufgehoben wurde, nahm der Rat den Namen der Klägerin in Anhang IX dieser letztgenannten Verordnung auf. Die die Klägerin betreffende Begründung ist identisch mit der in der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 herangezogenen Begründung. 12 Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 informierte der Rat die Klägerin darüber, dass ihr Name weiterhin in den Listen des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufgeführt werde und übermittelte ihr diese letztgenannte Verordnung als Anlage. 13 Mit Beschluss 2014/222/GASP des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 119, S. 65) wurde der Name der Klägerin aus der Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 gestrichen. Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 397/2014 des Rates vom 16. April 2014 zur Durchführung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. L 119, S.1) wurde ihr Name infolgedessen aus der Liste in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 gestrichen. Verfahren und Anträge der Parteien 14 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 22. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 15 Mit Schriftsatz, der am 31. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin ihre Anträge nach dem Erlass der Verordnung Nr. 267/2012 angepasst. 16 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die Berichterstatterin der Ersten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist. 17 Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts wurden die Parteien mit Schreiben vom 16. Januar 2014 aufgefordert, einige Fragen schriftlich zu beantworten. Die Parteien haben ihre Antworten am 31. Januar 2014 vorgelegt. 18 Am 4. Februar 2014 wurden die Parteien aufgefordert, zu den Antworten der jeweils anderen Partei auf die am 16. Januar 2014 gestellten Fragen Stellung zu nehmen. Die Parteien übermittelten ihre Stellungnahmen am 20. Februar 2014. Der Stellungnahme der Klägerin waren als Anlage zusätzliche Dokumente zum Nachweis des ihr angeblich entstandenen Schadens beigefügt. 19 Die Parteien haben in der Sitzung vom 4. März 2014 mündlich verhandelt sowie schriftliche und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 20 Nach der teilweisen Klagerücknahme in der Erwiderung und in ihrer dem Gericht am 31. Januar 2014 vorgelegten Antwort auf die Fragen des Gerichts und der Anpassung ihrer Anträge als Folge des Erlasses der Verordnung Nr. 267/2012 beantragt die Klägerin, — Anhang I Teil I Abschnitt B Nr. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 503/2011 und Anhang IX Teil I Abschnitt B Nr. 61 der Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig zu erklären, soweit sie die Klägerin und die mit ihr verbundenen Gesellschaften betreffen; — den Rat zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 7662737,40 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % jährlich ab dem 1. Januar 2013 zu zahlen; — dem Rat die Kosten aufzuerlegen. 21 Der Rat beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der Klägerin in die in Rede stehenden Listen 22 Die Klägerin hat in ihren Schriftsätzen drei Klagegründe zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung geltend gemacht: erstens, einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, zweitens, einen Beurteilungsfehler und einen „Ermessensmissbrauch“ sowie drittens, eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. 23 Die Klägerin machte jedoch im Rahmen des ersten Klagegrundes nur geltend, die angefochtenen Rechtsakte hätten keine hinreichend präzisen Informationen enthalten, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass die Eintragung der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung tatsächlich sie betroffen habe. 24 Wie sich aber aus der Antwort der Klägerin vom 31. Januar 2014 auf die Fragen des Gerichts im Hinblick auf die Erklärungen des Rates in seinen Schriftsätzen und in seinem Schreiben vom 5. Dezember 2011 sowie nach der durch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 vorgenommenen Änderung ergibt, bestreitet sie nicht mehr, von der fraglichen Aufnahme in die Liste betroffen zu sein. 25 Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, den ersten Klagegrund zu prüfen. 26 Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, der Rat habe dadurch, dass er restriktive Maßnahmen gegen sie erlassen habe, einen Beurteilungsfehler und einen „Ermessensmissbrauch“ begangen. 27 Zum einen sei sie keine Kommunikationsgesellschaft, und sie sei nicht an der Lieferung von Ausrüstungsgegenständen an die Anlage Fordo (Ghom) beteiligt gewesen. Der Rat habe in diesem Zusammenhang keinen Beweis in Bezug auf die Ausrüstungsgegenstände vorgelegt, die sie an diese Anlage geliefert haben solle. 28 Zum anderen sei ihr Name, wie sie inoffiziell erfahren habe, aufgrund unzutreffender Informationen, die ein europäischer Wettbewerber geliefert habe, um ihre Teilnahme an wichtigen Ausschreibungen zu verhindern, in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Einrichtungen aufgenommen worden. 29 Der Rat antwortet zum einen, die Begründung, dass die Klägerin Ausrüstungsgegenstände zur Anlage Fordo (Ghom) geliefert habe, sei zutreffend. Zum anderen ist er der Ansicht, dass das Vorbringen, die Aufnahme der Klägerin in die in Rede stehenden Listen beruhe auf unwahren Informationen eines europäischen Konkurrenten, nicht richtig und nicht belegt sei. 30 Was erstens den Vorwurf des „Ermessensmissbrauchs“ betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg, EU:T:2009:401, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 31 Im vorliegenden Fall untermauert die Klägerin in keiner Weise ihr Vorbringen, dass ihr Name aufgrund unwahrer Informationen eines europäischen Konkurrenten in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Einrichtungen aufgenommen worden sei; sie stützt dies weder durch irgendeinen Hinweis noch durch Ausführungen und erläutert auch nicht, welches andere Ziel als dasjenige, die nukleare Proliferation und deren Finanzierung zu verhindern, der Rat mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen tatsächlich verfolgt haben soll. Die Rüge eines Ermessensmissbrauchs erfüllt nicht die Voraussetzungen von Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, da sie nicht klar und präzise genug ist, um dem Rat die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht, gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen, die Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung zu ermöglichen. Folglich ist sie unzulässig. 32 Was zweitens die Rüge eines Beurteilungsfehlers betrifft, hat der Gerichtshof im Rahmen der Kontrolle restriktiver Maßnahmen ausgeführt, dass die Unionsgerichte im Einklang mit den Befugnissen, die ihnen aufgrund des AEU-Vertrags zustehen, eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der Unionsrechtsordnung gewährleisten (vgl. Urteil vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, Slg, EU:C:2013:775, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 33 Grundrechtsrang hat u. a. das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, EU:C:2013:775, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34 Die durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle erfordert u. a., dass sich der Unionsrichter vergewissert, ob der fragliche Rechtsakt, der eine individuelle Betroffenheit der betreffenden Person oder Einrichtung begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der diesem Rechtsakt zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (vgl. in diesem Sinne, Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, EU:C:2013:775, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). 35 Hierzu hat der Unionsrichter bei dieser Prüfung gegebenenfalls von der zuständigen Unionsbehörde vertrauliche oder nicht vertrauliche Informationen oder Beweise anzufordern, die für eine solche Prüfung relevant sind (vgl. Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, EU:C:2013:775, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36 Im Streitfall ist es nämlich Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person angeführten Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (vgl. Urteil Rat/Fulmen und Mahmoudian, EU:C:2013:775, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 37 Im vorliegenden Fall hat der Rat in einer Antwort auf eine Frage des Gerichts ausgeführt, dass die einzige ihm hinsichtlich des Erlasses und der Beibehaltung der betreffenden gegen die Klägerin gerichteten restriktiven Maßnahmen zur Verfügung stehende Information ein Aufnahmevorschlag eines Mitgliedstaats gewesen sei. Die in diesem Vorschlag enthaltenen Informationen seien in der Begründung der angefochtenen Handlungen übernommen worden. 38 Unter diesen Umständen ist zu folgern, dass, obwohl die Klägerin vor dem Gericht bestritten hat, eine Kommunikationsgesellschaft zu sein, die Material zur Anlage Fordo (Ghom) geliefert hatte, der Rat die materielle Richtigkeit dieses Vorbringens, das den einzigen Grund darstellt, der gegenüber der Klägerin angeführt wurde, nicht nachgewiesen hat. 39 Dem zweiten Klagegrund ist daher stattzugeben. 40 Infolgedessen ist die Aufnahme des Namens der Klägerin in Anhang I Teil I Abschnitt B Nr. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 503/2011 und in Anhang IX Teil I Abschnitt B Nr. 61 der Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig zu erklären, ohne dass der dritte Klagegrund geprüft werden muss. 2. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der mit der Klägerin „verbundenen Gesellschaften “ in die in Rede stehenden Listen 41 Die Klägerin macht geltend, in der Begründung für die Aufnahme der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung in die in Rede stehenden Listen in der durch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 geänderten und dann in der Verordnung Nr. 267/2012 übernommenen Fassung würden außer ihr selbst mehrere ihrer „verbundenen Gesellschaften“ genannt. Infolgedessen habe sie in der Erwiderung die Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens dieser Gesellschaften in die genannten Listen beantragt. 42 Der Rat erläutert, dass die in der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 vorgenommene Änderung der Identifikationsmerkmale der Klägerin nicht dazu geführt habe, dass die mit ihr „verbundenen Gesellschaften“ zu den von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Gesellschaften zählten. Als er diese Merkmale geändert habe, habe er nur mehrere von der Klägerin benutzte andere Namen und Adressen hinzugefügt; sie allein bleibe die betroffene Gesellschaft. 43 In dieser Hinsicht konnte zwar der mit der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 eingeführte und dann in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 übernommenen Wortlaut der Eintragung der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung in den in Rede stehenden Listen zu einer gewissen Unsicherheit in Bezug auf die Klägerin führen, dennoch untermauert er die Erklärung, die der Rat abgegeben hat. In den beiden oben genannten Rechtsakten sollen nämlich die Namen, die nicht „Safa Nicu“ lauten, eine andere Bezeichnung der Klägerin benennen und nicht andere, von der Klägerin verschiedene Personen bezeichnen. Auch ist die Begründung im Singular formuliert, was a priori impliziert, dass sie nur eine einzige Einrichtung betrifft. 44 Somit ist unter Berücksichtigung der Erklärungen des Rates der Schluss zu ziehen, dass sich die Aufnahme der als „Safa Nicu“ bezeichneten Einrichtung in die in Rede stehenden Listen nur auf die Klägerin bezieht, was bedeutet, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme der Namen der mit ihr verbundenen Gesellschaften als unzulässig zurückzuweisen ist. 3. Zum Antrag auf Schadensersatz 45 Die Klägerin macht geltend, ihr sei durch den Erlass der sie betreffenden restriktiven Maßnahmen sowohl ein immaterieller als auch ein materieller Schaden entstanden, für den sie Ersatz verlange. 46 Der Rat hält die von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht für begründet. 47 Nach ständiger Rechtsprechung müssen für eine außervertragliche Haftung der Union für rechtswidriges Verhalten ihrer Organe im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, Slg, EU:C:2008:476, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 11. Juli 2007, Schneider Electric/Kommission, T‑351/03, Slg, EU:T:2007:212, Rn. 113). 48 Wegen des kumulativen Charakters dieser Voraussetzungen ist eine Schadensersatzklage dann, wenn eine von diesen nicht erfüllt ist, insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft zu werden brauchen (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, T. Port/Kommission, C‑122/01 P, Slg, EU:C:2003:259, Rn. 30; Urteil Schneider Electric/Kommission, Slg, EU:T:2007:212, Rn. 120). Zur Rechtswidrigkeit des dem Rat zur Last gelegten Verhaltens 49 Aus den Rn. 26 bis 40 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass die angefochtenen Rechtsakte rechtswidrig sind, da der Rat nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin zumindest eines der in der Verordnung Nr. 961/2010 und der Verordnung Nr. 267/2012 für den Erlass restriktiver Maßnahmen vorgesehenen Kriterien erfüllte. 50 Nach gefestigter Rechtsprechung genügt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts, so bedauerlich dieses rechtswidrige Verhalten auch sein mag, jedoch nicht für die Annahme, dass diejenige Voraussetzung für eine Haftung der Union erfüllt ist, die die Rechtswidrigkeit des den Organen zur Last gelegten Verhaltens betrifft. Für eine Erfüllung der die Rechtswidrigkeit des den Organen zur Last gelegten Verhaltens betreffenden Voraussetzung für eine außervertragliche Haftung der Union ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm nachgewiesen wird, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, Slg, EU:T:2011:687, Rn. 31 und 33 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 51 Mit diesem Erfordernis soll unabhängig von der Natur der beanstandeten rechtswidrigen Handlung verhindert werden, dass durch das Risiko, die von den Betroffenen behaupteten Schäden tragen zu müssen, die Fähigkeit des fraglichen Organs eingeschränkt wird, seine Befugnisse im Rahmen seiner normativen oder seiner wirtschaftliche Entscheidungen einschließenden Tätigkeit wie auch in der Sphäre seiner Verwaltungszuständigkeit in vollem Umfang im Allgemeininteresse auszuüben, ohne dass dabei allerdings die Folgen offenkundiger und unentschuldbarer Pflichtverletzungen Dritten aufgebürdet werden (vgl. Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 52 Der entscheidende Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob diesem Erfordernis genügt wird, ist, ob das betreffende Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Entscheidend für die Feststellung, ob ein solcher Verstoß vorliegt, ist somit der Wertungsspielraum, der dem fraglichen Organ zur Verfügung stand. Aus den Rechtsprechungskriterien ergibt sich, dass eine bloße Verletzung des Unionsrechts in dem Fall, dass das betreffende Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Wertungsspielraum verfügt, für die Annahme eines hinreichend qualifizierten Verstoßes ausreichen kann (vgl. Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 53 Jedoch wird in dieser Rechtsprechung kein automatischer Zusammenhang zwischen dem mangelnden Ermessen des betreffenden Organs und der Einstufung der Zuwiderhandlung als hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht hergestellt. Auch wenn nämlich der Umfang des Ermessens des betreffenden Organs bestimmenden Charakter hat, stellt er doch kein ausschließliches Kriterium dar. Dazu hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass das von ihm nach Art. 288 Abs. 2 EG (jetzt Art. 340 Abs. 2 AEUV) entwickelte System daneben u. a. der Komplexität der zu regelnden Sachverhalte und den Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der Vorschriften Rechnung trägt (vgl. Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 36 und 37 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 54 Daraus folgt, dass nur die Feststellung einer Unregelmäßigkeit, die eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen nicht begangen hätte, die Haftung der Gemeinschaft auslösen kann (vgl. Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). 55 Es ist daher Sache des Unionsrichters, zunächst zu prüfen, ob das betreffende Organ über einen Wertungsspielraum verfügt hat, und sodann die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, die Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der Vorschriften, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie die Frage zu berücksichtigen, ob der Rechtsfehler vorsätzlich begangen wurde oder unentschuldbar ist. Jedenfalls ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht offenkundig qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der zur Last gelegte Verstoß festgestellt wird, eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, woraus sich die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat (vgl. Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 56 Erstens verstoßen im vorliegenden Fall die aus dem Erlass der angefochtenen Rechtsakte resultierenden restriktiven Maßnahmen gegen die maßgeblichen Vorschriften der Verordnung Nr. 961/2010 und der Verordnung Nr. 267/2012. 57 Obwohl diese Rechtsakte im Wesentlichen bezwecken, es dem Rat zu ermöglichen, bestimmte Beschränkungen der Rechte Einzelner festzulegen, um die nukleare Proliferation und ihre Finanzierung zu verhindern, haben die Vorschriften, die abschließend die Voraussetzungen aufzählen, unter denen solche Beschränkungen zulässig sind, wie diejenigen, die im vorliegenden Fall in Rede stehen, im Gegensatz dazu im Wesentlichen zum Ziel, die Individualinteressen der betroffenen Personen dadurch zu schützen, dass sie die Anwendungsfälle, den Umfang oder die Intensität der restriktiven Maßnahmen, die gegen diese Personen von Rechts wegen verhängt werden können, begrenzen (vgl. entsprechend Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58 Solche Bestimmungen gewährleisten somit den Schutz der Individualinteressen der möglicherweise betroffenen Personen und Einrichtungen und sind daher Rechtsnormen, die bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Sind die in Rede stehenden materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat die betroffene Person oder Einrichtung einen Rechtsanspruch darauf, dass die fraglichen Maßnahmen gegen sie nicht verhängt werden. Ein solcher Anspruch bedingt notwendigerweise, dass die betroffene Person oder Einrichtung, der die restriktiven Maßnahmen unter in den fraglichen Bestimmungen nicht vorgesehenen Voraussetzungen auferlegt werden, eine Entschädigung für die nachteiligen Folgen dieser Maßnahmen verlangen kann, wenn sich herausstellt, dass deren Verhängung auf einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen die vom Rat angewandten materiellen Vorschriften beruht (vgl. entsprechend Urteil Sison/Rat, EU:T:2011:687, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). 59 Was zweitens die Frage betrifft, ob der Rat einen Wertungsspielraum besaß, ist den Rn. 32 bis 40 des vorliegenden Urteils zu entnehmen, dass die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Rechtsakte darauf zurückzuführen ist, dass der Rat über keine Informationen oder Beweise verfügt, die rechtlich hinreichend die materielle Rechtmäßigkeit der die Klägerin betreffenden restriktiven Maßnahmen belegen, und dass es ihm folglich nicht möglich ist, sie dem Gericht vorzulegen. 60 Wie sich aber aus der oben in den Rn. 32 bis 36 angeführten Rechtsprechung ergibt, wird die Pflicht des Rates, die Rechtmäßigkeit der erlassenen restriktiven Maßnahmen nachzuweisen, durch die Wahrung der Grundrechte der betroffenen Personen und Einrichtungen und insbesondere durch ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz bestimmt, was bedeutet, dass er insoweit über keinen Wertungsspielraum verfügt. 61 Somit wird dem Rat im vorliegenden Fall vorgeworfen, eine Pflicht verletzt zu haben, hinsichtlich deren er über keinen Wertungsspielraum verfügt. 62 Drittens betrifft die Regel, die den Rat verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der erlassenen restriktiven Maßnahmen nachzuweisen, keine besonders komplexe Situation, und sie ist klar und genau, so dass sie zu keinen Anwendungs- oder Auslegungsschwierigkeiten führt. 63 Außerdem wurde die in Rede stehende Regel von der Rechtsprechung vor dem am 23. Mai 2011 erfolgten Erlass des ersten der angefochtenen Rechtsakte fest etabliert. 64 Was somit die gegen den Iran gerichteten restriktiven Maßnahmen betrifft, ergibt sich aus Rn. 37 des Urteils Bank Melli Iran/Rat (EU:T:2009:401), dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts, mit dem restriktive Maßnahmen erlassen worden sind, auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. In Rn. 107 desselben Urteils zog das Gericht aus dieser Feststellung den Schluss, dass der Rat verpflichtet ist, im Fall des Bestreitens die Beweise und Informationen, auf die er sich bei seiner Beurteilung gestützt hat, zur Überprüfung durch den Unionsrichter vorzulegen. 65 Die gleiche Regel wurde durch die Rechtsprechung bestätigt, die in dem verwandten Bereich der gegen terroristische Handlungen gerichteten restriktiven Maßnahmen ergangen ist. So hat das Gericht in Rn. 154 des Urteils vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d'Iran/Rat (T‑228/02, Slg, EU:T:2006:384) u. a. ausgeführt, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen werden, auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweismittel und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. 66 Entsprechend muss der Unionsrichter gemäß Rn. 138 des Urteils vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat (T‑256/07, Slg, EU:T:2008:461), nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung der Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. 67 Schließlich hat das Gericht in den Rn. 54 und 55 des Urteils vom 4. Dezember 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat (T‑284/08, Slg, EU:T:2008:550) die oben in Rn. 66 dargestellte Regel wiederholt. In den Rn. 56 bis 79 dieses Urteils stellte das Gericht fest, dass die vom Rat vorgelegten Informationen eine Überprüfung der Berechtigung der angefochtenen Entscheidung nicht ermöglichten, und folgerte daraus, dass die Klagegründe eines Verstoßes gegen die Beweislast und gegen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz begründet waren. 68 Nach alledem ist davon auszugehen, dass eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter den Umständen des vorliegenden Falles zum Zeitpunkt des Erlasses des ersten angefochtenen Rechtsakts hätte verstehen können, dass es ihr oblag, Informationen oder Beweise zu erheben, die die restriktiven Maßnahmen gegenüber der Klägerin rechtfertigen, um im Streitfall die Berechtigung der genannten Maßnahmen durch die Vorlage dieser Informationen oder dieser Beweise beim Unionsrichter nachweisen zu können. 69 Der Rat hat dadurch, dass er dies nicht getan hat, im Sinne der oben in Rn. 50 angeführten Rechtsprechung einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm begangen, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Zum tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und zum Bestehen eines Kausalzusammenhangs 70 Was die Bedingung des Vorliegens eines tatsächlichen Schadens betrifft, setzt nach der Rechtsprechung die Haftung der Union voraus, dass dem Kläger ein „tatsächlicher Schaden sicher entstanden“ ist (Urteile des Gerichtshofs vom 27. Januar 1982, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Slg, EU:C:1984:341, Rn. 9, und De Franceschi/Rat und Kommission, 51/81, Slg, EU:C:1982:20, Rn. 9; Urteil vom 16. Januar 1996, Candiotte/Rat, T‑108/94, Slg, EU:T:1996:5, Rn. 54). Der Kläger hat dem Unionsrichter die Beweise zum Nachweis des Vorliegens und des Umfangs eines solchen Schadens vorzulegen (Urteile vom 21. Mai 1976, Roquette frères/Kommission, 26/74, Slg, EU:C:1976:69, Rn. 22 bis 24, und vom 9. Januar 1996, Koelman/Kommission, T‑575/93, Slg, EU:T:1996:1, Rn. 97). 71 Was schließlich die Voraussetzung des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden angeht, muss Letzterer die unmittelbare Folge des behaupteten Verhaltens sein, und dies muss die entscheidende Ursache für den entstandenen Schaden sein, wohingegen keine Verpflichtung zum Ersatz jeder auch noch so entfernten nachteiligen Folge einer rechtswidrigen Situation besteht (vgl. Urteile vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Slg, EU:C:1979:223, Rn. 21, und vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, Slg, EU:T:2006:121, Rn. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung. Der Kläger hat zu beweisen, dass zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden ein Kausalzusammenhang besteht (vgl. Urteil des Gerichts vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, Slg, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 72 Im vorliegenden Fall beantragt die Klägerin eine Entschädigung zum einen für einen immateriellen Schaden und zum anderen für einen sich erstens aus der Auflösung einiger ihrer Bankkonten und der Aussetzung ihrer Zahlungen in Euro durch die europäischen Banken, zweitens aus der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch ihre europäischen Lieferanten und schließlich aus dem Umstand, dass sie vier mit ihren Kunden geschlossene Verträge ganz oder teilweise nicht ausführen konnte, ergebenden materiellen Schaden. Die Klägerin beantragt auch, den Schadensersatzbetrag mit 5 % jährlich ab dem 1. Januar 2013 zu verzinsen. 73 Der Rat bestreitet die Begründetheit des Vorbringens der Klägerin sowie die Zulässigkeit eines Teils der von ihr vorgelegten Beweise. 74 Im Hinblick auf den Aufbau des Vorbringens der Parteien prüft das Gericht für die verschiedenen geltend gemachten Schadensarten und ‑ereignisse die an den tatsächlichen Schadenseintritt und an das Bestehen eines Kausalzusammenhangs geknüpften Voraussetzungen gleichzeitig. 75 Außerdem ist zu bemerken, dass – nach den Erklärungen der Klägerin in ihrer Antwort vom 31. Januar 2014 auf die Fragen des Gerichts – ihr Antrag auf Entschädigung für den immateriellen Schaden, den sie erlitten haben will, auch die Auswirkungen des Erlasses der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen auf ihre Beziehungen mit den Lieferanten und Kunden betrifft. Insoweit deckt sich dieser Antrag mit dem Antrag auf Ersatz des materiellen Schadens. 76 Zum anderen hat von den vier oben in Rn. 72 aufgeführten Verträgen der Vertrag über die Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan (Irak) angeblich nicht ausgeführt werden können, da eine Zahlung durch eine europäische Zwischenbank blockiert worden sei, während die drei anderen Verträge durch die Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die europäischen Lieferanten der Klägerin beeinträchtigt worden seien. 77 Unter diesen Umständen ist, um den Umfang der verschiedenen Anträge der Klägerin klar einzugrenzen, erstens der immaterielle Schaden, den sie erlitten haben will, unter Ausnahme der materiellen Auswirkungen der restriktiven Maßnahmen auf die Beziehungen zu ihren Lieferanten und Kunden, zu prüfen. Zweitens wird sich das Gericht mit dem materiellen Schaden befassen, der durch die Auflösung einiger Bankkonten der Klägerin und die Aussetzung der Zahlungen in Euro durch die europäischen Banken entstanden sein soll, einschließlich des mit dem Vertrag über die Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan verknüpften Schadens. Drittens ist der materielle Schaden zu prüfen, der durch die Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die europäischen Lieferanten der Klägerin entstanden sein soll, einschließlich der drei anderen in Rn. 72 des vorliegenden Urteils aufgeführten Verträge. Viertens und letztens wird das Gericht die Zinsforderung prüfen. Zum immateriellen Schaden 78 Nach Ansicht der Klägerin haben der Erlass der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen und deren Beibehaltung ihre Persönlichkeitsrechte, insbesondere ihren Ruf, beschädigt. Sie hat diesen Schaden in ihrer Antwort vom 31. Januar 2014 auf die Fragen des Gerichts auf 1500000 Euro, dann in ihrer Stellungnahme vom 20. Februar 2014 auf 2000000 Euro beziffert. 79 Der Rat hält die von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht für begründet. Zum einen ergebe sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Uj/Ungarn (Nr. 23954/10, 19. Juli 2011), dass das Recht der Klägerin auf Schutz ihres Rufes nur in eingeschränktem Umfang bestehe. Zum anderen sei die Beschädigung des Rufes der Klägerin, vorausgesetzt, sie werde nachgewiesen, nicht die Folge des Erlasses der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen, sondern die Folge von deren Veröffentlichung. Zu dieser Veröffentlichung sei der Rat aber gesetzlich verpflichtet, und sie könne deshalb nicht als schadensbegründend angesehen werden. 80 Insoweit wird eine Einrichtung, wenn sie wegen des Vorwurfs der Unterstützung der nuklearen Proliferation von restriktiven Maßnahmen betroffen ist, öffentlich mit einem Verhalten in Verbindung gebracht, das als schwere Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit betrachtet wird, das zu Missbilligung und Misstrauen ihr gegenüber führt und somit ihren Ruf beschädigt und folglich einen immateriellen Schaden bei ihr verursacht. 81 In diesem Zusammenhang kann sich der Rat nicht auf das Urteil Uj/Ungarn, oben in Rn. 79 angeführt, berufen, das die Veröffentlichung der Meinung eines Journalisten zur Qualität von Produkten einer Handelsgesellschaft betraf. 82 Zum einen betreffen nämlich der Ansehensverlust und das Misstrauen, die durch restriktive Maßnahmen wie diejenigen, die im vorliegenden Fall in Rede stehen, hervorgerufen werden, nicht die wirtschaftliche und kommerzielle Leistungskraft der betreffenden Einrichtung, sondern eine absichtliche Beteiligung an Handlungen, die von der internationalen Gemeinschaft als verwerflich betrachtet werden. Somit wird der Einrichtung über den Bereich ihrer laufenden kommerziellen Interessen hinaus ein Schaden zugefügt. 83 Zum anderen ist die Schädigung des Rufes der fraglichen Einrichtung umso schwerwiegender, als sie nicht aus dem Ausdruck einer persönlichen Meinung folgt, sondern aus einer offiziellen Stellungnahme eines Organs der Union, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und mit verbindlichen Rechtsfolgen verknüpft ist. 84 Außerdem ist die Veröffentlichung der die Klägerin betreffenden restriktiven Maßnahmen im Amtsblatt Bestandteil des Verfahrens, in dem sie erlassen werden, da sie u. a. Voraussetzung für das Inkrafttreten gegenüber Dritten ist. Somit ist entgegen dem Vorbringen des Rates die Veröffentlichung dieser Maßnahmen im Amtsblatt kein Umstand, der den Kausalzusammenhang zwischen Erlass und Beibehaltung der fraglichen restriktiven Maßnahmen und der Rufschädigung der Klägerin unterbrechen kann. 85 Nach alledem ist davon auszugehen, dass der rechtswidrige Erlass und die rechtswidrige Beibehaltung der gegen die Klägerin gerichteten restriktiven Maßnahmen bei dieser zu einem immateriellen Schaden geführt haben, der sich von dem auf die Beeinträchtigung ihrer Geschäftsbeziehungen zurückzuführenden materiellen Schaden unterscheidet. Somit ist ihr Anspruch auf Ersatz dieses Schadens anzuerkennen. 86 Hinsichtlich der Höhe des zu gewährenden Schadensersatzes ist zunächst zu betonen, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte eine Form der Wiedergutmachung des der Klägerin entstandenen immateriellen Schadens darstellen kann, da im vorliegenden Urteil festgestellt wird, dass es nicht gerechtfertigt und somit rechtswidrig ist, die Klägerin mit der nuklearen Proliferation in Verbindung zu bringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, Slg, EU:C:2013:331, Rn. 72). 87 Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann die Nichtigerklärung der Aufnahme der Klägerin in die Liste zu einer Ermäßigung der zuerkannten Entschädigung führen, aber keine vollständige Wiedergutmachung des erlittenen Schadens darstellen. 88 Den Akten ist nämlich zu entnehmen, dass der Vorwurf einer Beteiligung der Klägerin an der nuklearen Proliferation das Verhalten dritter, überwiegend außerhalb der Union niedergelassener, Einrichtungen gegenüber der Klägerin beeinflusst hat. Diese Auswirkungen, die fast drei Jahre bestanden und dem immateriellen Schaden der Klägerin zugrunde liegen, können durch die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Rechtsakte nicht vollständig ausgeglichen werden, da der Erlass restriktiver Maßnahmen gegen eine Einrichtung tendenziell mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht und mehr Reaktionen hervorruft, vor allem außerhalb der Union, als ihre spätere Nichtigerklärung. 89 Außerdem ist zunächst zu bemerken, dass die gegenüber der Klägerin erhobene Beschuldigung des Rates besonders schwer wiegt, da sie diese mit der nuklearen Proliferation im Iran in Verbindung bringt, d. h. mit einer Tätigkeit, die nach Ansicht des Rates den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit gefährdet. 90 Wie sich sodann aus den Rn. 32 bis 38 des vorliegenden Urteils ergibt, wurde die vom Rat gegenüber der Klägerin erhobene Beschuldigung durch keinerlei Informationen oder aussagekräftige Beweise untermauert. 91 Schließlich wurde die Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste, die im Amtsblatt veröffentlicht worden war, ungeachtet der Proteste der Klägerin über einen Zeitraum von fast drei Jahren aufrechterhalten, obwohl sie vom Rat jederzeit hätte zurückgenommen werden können. Insoweit enthält die Akte keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rat aus eigener Initiative oder auf die Proteste der Klägerin die Berechtigung dieses Vorbringens überprüft hat, um die nachteiligen Folgen, die für die Klägerin daraus entstanden, zu begrenzen. 92 In Anbetracht dessen ist das Gericht der Ansicht, dass nach billigem Ermessen ein Betrag von 50000 Euro für den immateriellen Schaden der Klägerin eine angemessene Entschädigung darstellt. Zum materiellen Schaden im Zusammenhang mit der Auflösung einiger Bankkonten der Klägerin und der Aussetzung ihrer Zahlungen in Euro durch die europäischen Banken 93 Erstens macht die Klägerin geltend, die Emirate National Bank of Dubai habe wegen des Erlasses der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen alle ihre Konten, über die die meisten Zahlungen im Rahmen ihrer internationalen Projekte abgewickelt worden seien, aufgelöst. Ebenso hätten die europäischen Banken die Weiterleitung aller Zahlungen in Euro, die von ihr in Auftrag gegeben worden oder für sie bestimmt gewesen seien, blockiert. Daraus sei ihr ein Schaden von mehreren Dutzend Millionen Euro entstanden. 94 Zweitens habe sie ganz konkret deswegen, weil eine Zahlung der Weltbank nicht habe ausgeführt werden können, einen Vertrag über die Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan nicht durchführen können. So sei ihr ein Schaden in Höhe von mindestens 30 % des Wertes dieses Vertrags, nämlich 1508526,60 Euro, entstanden, der den durchgeführten Vorarbeiten (10 % des Wertes) und der Gewinnspanne (20 % des Wertes) entspreche. 95 Was die erste Rüge betrifft, hat die Klägerin in Anlage A.20 zur Erwiderung ein Schreiben vorgelegt, in dem die Emirate National Bank of Dubai sie über die Auflösung ihrer Konten informierte. 96 Zwar erwähnt dieses Schreiben nicht ausdrücklich die gegen die Klägerin gerichteten restriktiven Maßnahmen, doch lässt die Bezugnahme auf „interne Kontrollen und Strategien“ und auf die „Neustrukturierung bestimmter Konten“ mangels einer anderen plausiblen Erklärung vermuten, dass die Auflösung der Konten die Folge des kurze Zeit zuvor erfolgten Erlasses dieser Maßnahmen war. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Tatsache, dass die Emirate National Bank of Dubai weiterhin Finanzdienstleistungen an die Klägerin erbrachte, nachdem gegen diese restriktive Maßnahmen verhängt worden waren, gegebenenfalls den Erlass dieser restriktiven Maßnahmen auch gegen sie rechtfertigen könnte. 97 Allerdings ergibt sich erstens aus dem Schreiben der Emirate National Bank of Dubai, dass diese die Gelder auf den fraglichen Konten nicht eingefroren hat, sondern an die Klägerin zurückgegeben hat. 98 Zweitens trägt die Klägerin nichts vor, das geeignet wäre, nachzuweisen, dass es ihr nicht möglich ist, die Finanzdienstleistungen, die zuvor von der Emirate National Bank of Dubai erbracht wurden, von einer anderen Bank zu erhalten und ihre ein- und ausgehenden Zahlungen umzuleiten. 99 Drittens hat die Klägerin außer dem Fall des Projekts der Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan, der nachstehend in den Rn. 102 bis 107 geprüft wird, keine konkreten Nachweise dafür vorgelegt, dass die Schließung ihrer Konten oder die Unterbrechung ihrer Zahlungen die Beziehungen zu ihren Geschäftspartnern oder zu anderen Personen oder Einrichtungen beeinträchtigt und somit bei ihr zu einem Schaden geführt hat. 100 Viertens hat die Klägerin nichts dargetan, was die Höhe des behaupteten Schadens rechtfertigt. 101 Unter diesen Umständen ist die erste Rüge betreffend die Auflösung der Konten der Klägerin durch die Emirate National Bank of Dubai und die Unterbrechung der Zahlungen durch die europäischen Banken im Allgemeinen als unbegründet zurückzuweisen. 102 Was die zweite Rüge der Klägerin betrifft, ist den Schreiben, die als Anlagen A.26 bis A.29 zur Erwiderung vorgelegt wurden, zu entnehmen, dass der die Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan betreffende Vertrag, der zwischen der Klägerin und den Behörden des irakischen Kurdistan geschlossen worden war, von Letzteren wegen der Tatsache gekündigt wurde, dass es der Klägerin nicht möglich war, eine Zahlung von Seiten der Weltbank zu erhalten, da diese von einer europäischen Zwischenbank blockiert wurde. 103 Zum einen beweisen jedoch weder die Schreiben, die als Anlagen zur Erwiderung vorgelegt wurden, noch die anderen Beweisstücke ausdrücklich, dass die fragliche Blockade Folge des Erlasses der restriktiven Maßnahmen gegenüber der Klägerin war. 104 Selbst wenn man zum anderen annimmt, dass das Bestehen eines Kausalzusammenhangs von der Klägerin rechtlich hinreichend nachgewiesen wird, die insoweit geltend macht, dass die genannte Blockade kurze Zeit nach dem Erlass der die Klägerin betreffenden restriktiven Maßnahmen erfolgt sei und dass sie von einer europäischen Bank ausgeführt worden sei, ist festzustellen, dass der tatsächliche Eintritt und die Höhe des von ihr geltend gemachten Schadens nicht nachgewiesen sind. 105 Die Klägerin fordert nämlich eine Entschädigung in Höhe von 10 % des Wertes des fraglichen Vertrags für durchgeführte vorbereitende Maßnahmen und in Höhe von 20% des Wertes desselben Vertrags als „übliche Mindestgewinnspanne“ in dem betreffenden Industriezweig. 106 Das Vorbringen der Klägerin wird jedoch durch keine Beweise gestützt. So hat die Klägerin zum einen weder ihr vorvertragliches Angebot für das in Rede stehende Projekt, mit dem die konkrete erwartete Gewinnspanne festgestellt werden könnte, noch genaue Angaben zu den allgemeinen Rentabilitätssätzen von ihr selbst oder des Industriezweigs, in dem sie tätig ist, vorgelegt. Zum anderen hat sie dem Gericht auch keine Aufstellung der im Rahmen der Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan angefallenen Kosten oder andere Beweise für deren Existenz und Höhe übermittelt. 107 Unter diesen Umständen ist die Rüge der Klägerin betreffend das Projekt der Sanierung des Wasserkraftwerks Derbendikhan als unbegründet zurückzuweisen. Zum materiellen Schaden im Zusammenhang mit der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die Lieferanten der Klägerin 108 Die Klägerin trägt vor, sowohl die Siemens AG als auch die anderen europäischen Lieferanten hätten die Geschäftsbeziehungen mit ihr beendet. Siemens sei aber ihr Hauptpartner für die Lieferung des größten Teils der Maschinen und der Teile, die sie in ihre Angebote aufgenommen habe, gewesen, so dass ihre aktuellen und künftigen Projekte blockiert seien. 109 Was das Bestehen eines Kausalzusammenhangs betrifft, ist der Abbruch der Geschäftsbeziehungen von Seiten der in der Union ansässigen Einrichtungen eine unvermeidbare Folge des Erlasses der restriktiven Maßnahmen. Dieser Umstand wird im vorliegenden Fall durch das Schreiben von Siemens bestätigt, das als Anlage A.21 zur Erwiderung vorgelegt wurde und aus dem sich ausdrücklich ergibt, dass die Beendigung der Geschäftsbeziehung zwischen Siemens und der Klägerin die unmittelbare Folge des Erlasses der gegen diese gerichteten restriktiven Maßnahmen ist. 110 Was das Vorliegen eines Schadens betrifft, beeinträchtigt der Abbruch der Beziehungen zu wichtigen Lieferanten gewiss die Tätigkeiten einer Gesellschaft. Jedoch ist die Ablehnung einer Warenlieferung als solche kein Schaden. Dieser entsteht nämlich nur, wenn sich die Ablehnung auf die wirtschaftlichen Resultate der betroffenen Gesellschaft auswirkt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Gesellschaft die gleichen Produkte bei anderen Lieferanten zu schlechteren Konditionen kaufen muss oder wenn die Ablehnung einer Lieferung zu einer Verspätung bei der Durchführung der mit Kunden geschlossenen Verträge führt und die Klägerin somit Vertragsstrafen unterworfen wird. Auch können in dem Fall, dass kein anderer Lieferant gefunden werden kann, die bestehenden Verträge aufgehoben werden, und der in Rede stehenden Gesellschaft kann es verwehrt sein, an laufenden Ausschreibungen teilzunehmen. 111 Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin auf drei konkrete Verträge, die von der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die europäischen Lieferanten beeinträchtigt worden sein sollen. Sie legt auch weitere Beweisstücke vor, die nachweisen sollen, dass sie insoweit einen solchen Schaden erlitten hat. – Zum Vertrag mit der Mobarakeh Steel Company 112 Die Klägerin trägt vor, sie sei wegen der Weigerung von Siemens, bestimmte Geräte zu versenden, nicht in der Lage gewesen, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Mobarakeh Steel Company zu erfüllen, die den betreffenden Vertrag aufgehoben und die Klägerin von der Teilnahme an ihren künftigen Ausschreibungen ausgeschlossen habe. Hierdurch habe sie einen Schaden von mindestens 2000000 Euro erlitten. 113 Insoweit ist dem Schreiben der Mobarakeh Steel Company, das als Anlage A.24 zur Erwiderung vorgelegt wurde, zu entnehmen, dass diese den Vertrag mit der Klägerin über die Ausführung von Elektroinstallationen tatsächlich aufgehoben hat, sich das Recht vorbehalten hat, die von Letzterer beigebrachten Bankbürgschaften zu verwerten, und sie von zukünftigen Ausschreibungen ausgeschlossen hat. 114 Allerdings betrug die im Vertrag vorgesehene Lieferfrist gemäß dem ersten Absatz des betreffenden Schreibens 15 Monate ab dem 15. August 2009 und endete folglich am 15. November 2010. Nimmt man an, dass die Klägerin die von ihr eingegangenen vertraglichen Pflichten eingehalten hat, hätte der Erlass der ersten sie betreffenden restriktiven Maßnahmen am 23. Mai 2011, d. h. mehr als sechs Monate nach dem Ende der Lieferfrist, keine Auswirkungen auf die Durchführung des mit der Mobarakeh Steel Company geschlossenen Vertrags gehabt. 115 Diese Schlussfolgerung wird durch den fünften Absatz des in Rede stehenden Schreibens untermauert, in dem die Mobarakeh Steel Company ausdrücklich die Verspätung der Klägerin als einen der zwei Gründe für die Aufhebung des in Rede stehenden Vertrags nennt. 116 Somit ergibt sich, dass der Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin nicht der entscheidende und unmittelbare Grund für die Aufhebung des Vertrags mit der Mobarakeh Steel Company war, was bedeutet, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden von der Klägerin nicht nachgewiesen wurde. 117 Unter diesen Umständen ist die Rüge betreffend den mit der Mobarakeh Steel Company geschlossenen Vertrag als unbegründet zurückzuweisen. – Zum Vertrag über die Modernisierung der elektrischen Ausrüstung des Euphrat-Damms in Syrien 118 Die Klägerin macht geltend, sie sei dadurch, dass ihre europäischen Lieferanten alle Geschäftsbeziehungen mit ihr beendet hätten, nicht in der Lage gewesen, den Großteil der Anlage, des Zubehörs und der notwendigen Materialien für die Modernisierung der elektrischen Ausrüstung des Euphrat-Damms in Syrien zu liefern. Ihr sei dadurch ein Schaden in Höhe von mindestens 30 % des Wertes des Teils des in Rede stehenden Vertrags, der an Subunternehmer habe vergeben werden müssen, nämlich 1425000 Euro für durchgeführte Vorarbeiten und für die Gewinnspanne, entstanden. 119 Den Schreiben des syrischen Ministeriums für Bewässerung an die Klägerin, die als Anlagen A.31 und A 32 der Erwiderung vorgelegt wurden, ist zu entnehmen, dass der Beginn und der Zeitplan der fraglichen Arbeiten verschoben wurden und dass es der Klägerin erlaubt war, „Subunternehmer“ zu beschäftigen. 120 Bei dieser Sachlage beweisen erstens die fraglichen Schreiben nicht, dass, wie die Klägerin vorträgt, der Grund für die eingetretene Verzögerung bei der Durchführung des Projekts und die Beschäftigung von „Subunternehmern“ im Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen sie liegt. 121 Die Klägerin hat insoweit als Anlage A.33 zur Erwiderung effektiv die Liste der Maschinen und Teile, die sie in ihrem Angebot für das fragliche Projekt vorgesehen hatte, vorgelegt. Diese Liste enthält zwar Produkte von europäischen Herstellern, jedoch wurde keinerlei Beweis dafür vorgelegt, dass die Lieferung dieser Produkte wegen des Erlasses der restriktiven Maßnahmen nicht möglich war. 122 Zweitens trägt die Klägerin zwar vor, einen Schaden von mindestens 30 % des Wertes des Teils des in Rede stehenden Vertrags, der an Subunternehmer vergeben werden musste, erlitten zu haben, sie hat aber keine Beweise vorgelegt, die diesen Schaden belegen. 123 Zum einen ist nämlich der Wert des an Subunternehmer vergebenen Teils des Vertrags nur in der Tabelle in Anlage A.5 zur Klageschrift aufgeführt. Diese Tabelle wurde indessen von der Klägerin selbst erstellt. Außerdem wird darin lediglich der an Subunternehmer vergebene Gesamtbetrag genannt, ohne die verschiedenen verwendeten Gegenstände und deren Wert zu bezeichnen. 124 Zum anderen sind in den Unterlagen des Gerichts keine Informationen enthalten, die ermöglichen, die Gewinnspanne der Klägerin und die Höhe der im Rahmen des betreffenden Projekts entstandenen Kosten festzustellen. So hat die Klägerin nicht ihr vorvertragliches Angebot, den Anhang des Vertrags mit Einzelheiten zu den Preisen, Kostenaufstellungen oder andere Informationen, die ihr Vorbringen zur Höhe des erlittenen Schadens stützen könnten, vorgelegt. 125 Unter diesen Umständen ist die das Projekt der Modernisierung der elektrischen Ausrüstung des Euphrat-Damms betreffende Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. – Zum Vertrag über den Bau von Schaltanlagen in Kunduz und in Baghlan (Afghanistan) 126 Die Klägerin trägt vor, sie habe wegen der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch ihre europäischen Lieferanten einen Teil der für die Errichtung der elektrischen Schaltanlagen in Kunduz und Baghlan erforderlichen Maschinen und Geräte nicht liefern können. Infolgedessen sei ihr ein Schaden von mindestens 10 % des Wertes des Vertragsteils, der an Subunternehmer habe vergeben werden müssen, nämlich 729210,80 Euro, entstanden. 127 Zur Stützung ihres Vorbringens legte die Klägerin in Anlage A.34 zur Erwiderung den betreffenden Vertrag vor, der einen Anhang enthält, in dem die vorgesehenen Maschinen und Teile, darunter auch Produkte von europäischen Herstellern, aufgezählt sind. 128 In ihrer Antwort vom 31. Januar 2014 auf die Fragen des Gerichts hat die Klägerin außerdem erläutert, dass das Schreiben von Siemens über die Stornierung der Bestellung mit der Referenznummer P06000/CO/3060, das in Anlage A.21 zur Erwiderung vorgelegt wurde, Geräte betroffen habe, die für die Errichtung der elektrischen Schaltwerke in Kunduz und in Baghlan sowie für einige Projekte im Iran bestimmt gewesen seien. 129 Erstens enthält die Akte des Gerichts aber keine Informationen, wie Schriftverkehr mit den afghanischen Behörden, um nachzuweisen, dass der betreffende Vertrag infolge des Erlasses der restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin geändert werden musste, insbesondere durch die Vergabe an Subunternehmer. 130 Zweitens ist es mangels näherer Angaben in dieser Hinsicht nicht erwiesen, dass die Stornierung der Bestellung mit der Referenznummer P06000/CO/3060 durch Siemens zur Folge hatte, dass die Klägerin den fraglichen Vertrag ohne Vergabe an Subunternehmer nicht ausführen konnte. 131 Drittens hat die Klägerin nicht präzisiert, ob es sich bei dem behaupteten Schaden um einen entgangenen Gewinn, um Kosten im Rahmen des betroffenen Projekts oder um einen anderen Schaden gehandelt hat. Sie hat auch keine Unterlagen vorgelegt, die den Betrag des Teils des in Rede stehenden Vertrags, der an Subunternehmer vergeben worden sein soll, und die Tatsache, dass ihr Schaden 10 % dieses Betrags entspricht, belegen. 132 Unter diesen Umständen ist die Rüge der Klägerin betreffend das Projekt des Baus von elektrischen Schaltwerken in Kunduz und in Baghlan als unbegründet zurückzuweisen. – Zu den anderen von der Klägerin vorgelegten Beweisstücken 133 Erstens hat die Klägerin in Anlage A.5 zur Klageschrift eine Tabelle vorgelegt, die in Teil A ihre ausländischen Projekte, die von den restriktiven Maßnahmen beeinträchtigt worden seien, in Teil B die ausländischen Ausschreibungen, die sie aufgrund des Erlasses dieser Maßnahmen verloren habe, und in Teil C der Wert der Gegenstände, die sie bei europäischen Lieferanten gekauft habe oder im Begriff gewesen sei, zu kaufen, und die aus demselben Grund nicht hätten geliefert werden können, aufführt. 134 Insoweit ist zunächst zu betonen, dass die Projekte in den Nrn. 1 bis 3 des Teils A der fraglichen Tabelle diejenigen sind, auf die sich die in den Rn. 102 bis 107 und 118 bis 132 des vorliegenden Urteils geprüften Rügen beziehen. 135 Was weiter das Projekt in Nr. 4 von Teil A der fraglichen Tabelle und die vier in Teil B dieser Tabelle aufgeführten Ausschreibungen betrifft, ist anzumerken, dass diese Tabelle von der Klägerin selbst erstellt wurde, dass sie nicht durch andere Beweise gestützt wird und dass sie keinen anderen Hinweis enthält, der geeignet wäre, nachzuweisen, dass der behauptete Schaden der Klägerin tatsächlich auf die Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die europäischen Lieferanten zurückzuführen ist. 136 Was schließlich Teil C der in Rede stehenden Tabelle betrifft, wurde oben in Rn. 110 bereits ausgeführt, dass eine Ablehnung der Lieferung von Waren nur dann zu einem Schaden führt, wenn sie sich auf die wirtschaftlichen Ergebnisse der betroffenen Gesellschaft auswirkt. Die Klägerin weist jedoch nur auf den Gesamtwert der Produkte hin, die betroffen sein sollen, ohne sie in irgendeiner Weise zu bestimmen und ohne die konkreten schädigenden Folgen der Ablehnung der Lieferung der betroffenen Produkte zu präzisieren. 137 Deshalb ist Anlage A.5 zur Klageschrift kein ausreichender Beweis dafür, dass die Klägerin wegen des Erlasses der gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen einen Schaden erlitten hat. 138 Zweitens hat die Klägerin in Anlage A.7 zur Klageschrift eine Liste mit ihren ausländischen Lieferanten vorgelegt, unter denen sich zahlreiche europäische Lieferanten befinden. Diese Liste enthält jedoch, ebenso wie Teil C der Tabelle in Anlage A.5 zur Klageschrift, weder Angaben zu den bei den betreffenden Gesellschaften tatsächlich aufgegebenen Bestellungen, die nicht geliefert werden konnten, noch eine Präzisierung der konkreten schädigenden Folgen der Ablehnung der Lieferung und stellt somit keinen ausreichenden Beweis dafür dar, dass die Klägerin einen Schaden erlitten hat. 139 Die Anlage A.7 zur Klageschrift stützt auch nicht das mehr allgemeine Vorbringen der Klägerin, nach dem ihre aktuellen und zukünftigen Projekte blockiert seien, denn anhand der Liste ihrer ausländischen Lieferanten ist es nicht möglich, den Umfang der von der Klägerin bei den europäischen Lieferanten gekauften Geräte oder gar die Tatsache, dass die in Rede stehenden Geräte nicht durch solche mit einem nicht europäischen Ursprung ersetzt werden können, festzustellen. 140 Drittens wird in dem in Anlage A.21 zur Erwiderung vorgelegten Schreiben von Siemens erwähnt, dass die Bestellung der Klägerin mit der Referenznummer P06000/CO/3060 nicht angenommen werden konnte, weil restriktive Maßnahmen gegen sie verhängt worden seien. 141 Wie oben in Rn. 128 bereits ausgeführt wurde, betraf die in Rede stehende Bestellung Geräte, die zum Bau von elektrischen Schaltwerken in Kunduz und Baghlan sowie für bestimmte Projekte im Iran bestimmt waren. 142 Zum einen genügt es, für das Projekt des Baus von elektrischen Schaltwerken in Kunduz und in Baghlan auf die Rn. 126 bis 132 des vorliegenden Urteils zu verweisen. 143 Soweit zum anderen das Schreiben von Siemens Projekte im Iran betrifft, die von der Klägerin erwähnt und in den Rn. 126 bis 132 des vorliegenden Urteils nicht geprüft wurden, stellt es für sich allein keinen ausreichenden Beweis dafür dar, dass die Klägerin einen Schaden erlitten hat. Um einen solchen Beweis zu erbringen, wäre es nämlich notwendig, zumindest Beweisstücke vorzulegen, die die Identität und die Bedingungen der in Rede stehenden Projekte sowie die Auswirkungen der Stornierung der Bestellung mit der Referenznummer P06000/CO/3060 auf deren Durchführung betreffen. 144 Viertens hat die Klägerin in der Anlage zu ihrer Stellungnahme vom 20. Februar 2014 Auszüge aus ihrer Buchhaltung für die Steuerjahre 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 sowie eine Übersichtstabelle vorgelegt. Diese Unterlagen beweisen nach ihrer Ansicht den starken Rückgang ihres Umsatzes und damit einen Schaden, den sie aufgrund der Tatsache erlitten haben will, dass die restriktiven Maßnahmen gegen sie erlassen und beibehalten wurden. 145 Insoweit weisen die Auszüge aus der Buchhaltung der Klägerin und die Übersichtstabelle zwar tatsächlich einen bedeutenden Rückgang ihres Umsatzes aus, geben jedoch keine Gründe für diese Entwicklung an. Somit ist es nicht möglich, festzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dieser Rückgang mehr auf den Erlass und die Beibehaltung der restriktiven Maßnahmen zurückzuführen ist als auf andere Faktoren wie die allgemeine Entwicklung des wirtschaftlichen Klimas. 146 Das gilt umso mehr, als, wie der in Rede stehenden Übersichtstabelle zu entnehmen ist, der größte Teil des betreffenden Rückgangs, in absoluten Zahlen, mit Projekten im Iran verbunden ist. Dagegen betreffen die anderen von der Klägerin vorgelegten spezifischen Beweise, mit Ausnahme des als Anlage A.21 zur Erwiderung vorgelegten Schreibens von Siemens, das in diesem Zusammenhang oben in Rn. 143 geprüft wurde, im Ausland gelegene Projekte. Infolgedessen können diese letztgenannten Beweise die anderen Dokumente, die der Stellungnahme der Klägerin vom 20. Februar 2014 als Anlage beigefügt waren, nicht zweckmäßig ergänzen, um daraus mit hinreichender Verbindlichkeit Schlussfolgerungen in Bezug auf das Bestehen und den Grad eines Kausalzusammenhangs zwischen den die Klägerin betreffenden restriktiven Maßnahmen und dem Rückgang ihres Umsatzes zu ziehen. 147 Selbst wenn man im Übrigen annimmt, dass ein solcher Kausalzusammenhang mit hinreichender Sicherheit aus der Existenz der restriktiven Maßnahmen selbst, die definitionsgemäß die freie Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin begrenzen sollen, abgeleitet werden kann, hat die Klägerin dennoch keine Nachweise vorgelegt, die eine Bewertung des Umfangs des erlittenen Schadens ermöglichen. Die Klägerin hat nämlich keine Informationen vorgelegt, aus denen zum einen der Anteil ihres Umsatzrückgangs, der auf die gegen sie gerichteten restriktiven Maßnahmen zurückzuführen ist, eingeschätzt und zum anderen die Höhe des wegen eines solchen Rückgangs tatsächlich erlittenen Schadens ermittelt werden kann. Solche Hinweise sind aber im vorliegenden Fall umso notwendiger, als die vorgelegten Dokumente ergeben, dass die genannten Maßnahmen sich nicht in gleicher Art auf die Rentabilität der Klägerin ausgewirkt haben wie auf ihren Umsatz. 148 Nach alledem ist die Rüge der Klägerin im Zusammenhang mit der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch ihre europäischen Lieferanten zurückzuweisen, ohne dass es notwendig ist, die vom Rat bestrittene Zulässigkeit der Beweise, die in der Anlage zur Stellungnahme der Klägerin vom 20. Februar 2014 vorgelegt wurden, zu prüfen. 149 Somit ist der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 50000 Euro für den erlittenen immateriellen Schaden zu gewähren, und ihr Antrag auf Ersatz des materiellen Schadens ist zurückzuweisen. Zu den Zinsen 150 Zum einen ist hinsichtlich des Antrags der Klägerin auf Zahlung von Zinsen zu bemerken, dass die Höhe der zugesprochenen Entschädigung den immateriellen Schaden der Klägerin bis zum Tag der Verkündung dieses Urteils berücksichtigt. Unter diesen Umständen sind keine Zinsen für den diesem Tag vorausgehenden Zeitraum zu gewähren. 151 Zum anderen können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs für den geschuldeten Entschädigungsbetrag Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils, mit dem die Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt wird, festgesetzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Dumortier u. a./Rat, EU:C:1979:223, Rn. 25, und vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, Slg, EU:C:2000:38, Rn. 35; Urteil vom 26. November 2008, Agraz u. a./Kommission, T‑285/03, Slg, EU:T:2008:526, Rn. 55). Nach der Rechtsprechung ist der anzuwendende Zinssatz auf der Grundlage des von der Europäischen Zentralbank für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes zu berechnen, der während des fraglichen Zeitraums galt, zuzüglich zwei Prozentpunkte (Urteile vom 13. Juli 2005, Camar/Rat und Kommission, T‑260/97, Slg, EU:T:2005:283, Rn. 146, und Agraz u. a./Kommission, EU:T:2008:526, Rn. 55). 152 Unter diesen Umständen muss der Rat für den Zeitraum von der Verkündung dieses Urteils bis zur vollständigen Zahlung der genannten Entschädigung Verzugszinsen in Höhe des von der EZB für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes, der während des fraglichen Zeitraums galt, zuzüglich zwei Prozentpunkte zahlen. Kosten 153 Zu entscheiden ist zum einen über die Kosten des Verfahrens in der Hauptsache und zum anderen über die Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, die im Beschluss vom 28. September 2011, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11 R, Slg, EU:T:2011:545), vorbehalten wurden. 154 Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 155 Im vorliegenden Fall ist der Rat hinsichtlich des Antrags auf Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste und hinsichtlich eines Teils des Schadensersatzantrags unterlegen, während die Klägerin vor allem hinsichtlich dieses Schadensersatzantrags weitgehend unterlegen ist. Unter diesen Umständen ist zu entscheiden, dass der Rat neben seinen eigenen Kosten die Hälfte der Kosten der Klägerin trägt, die die andere Hälfte ihrer Kosten trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Für nichtig erklärt werden, soweit sie die Safa Nicu Sepahan Co. betreffen: — Anhang I Teil I Abschnitt B Nr. 19 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2011 des Rates vom 23. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran; — Anhang IX Teil I Abschnitt B Nr. 61 der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010. 2. Der Rat der Europäischen Union wird verurteilt, an Safa Nicu Sepahan eine Entschädigung in Höhe von 50000 Euro für den von ihr erlittenen immateriellen Schaden zu zahlen. 3. Für die an Safa Nicu Sepahan zu zahlende Entschädigung sind ab der Verkündung dieses Urteils bis zur vollständigen Bezahlung der genannten Entschädigung Verzugszinsen in Höhe des von der Europäischen Zentralbank für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkte zu zahlen. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 5. Der Rat trägt seine eigenen Kosten im Verfahren zur Hauptsache und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowie die Hälfte der Kosten von Safa Nicu Sepahan betreffend diese Verfahren. Safa Nicu Sepahan trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten im Verfahren zur Hauptsache und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Kanninen Pelikánová Buttigieg Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. November 2014. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der Klägerin in die in Rede stehenden Listen 2. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme des Namens der mit der Klägerin „verbundenen Gesellschaften“ in die in Rede stehenden Listen 3. Zum Antrag auf Schadensersatz Zur Rechtswidrigkeit des dem Rat zur Last gelegten Verhaltens Zum tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und zum Bestehen eines Kausalzusammenhangs Zum immateriellen Schaden Zum materiellen Schaden im Zusammenhang mit der Auflösung einiger Bankkonten der Klägerin und der Aussetzung ihrer Zahlungen in Euro durch die europäischen Banken Zum materiellen Schaden im Zusammenhang mit der Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die Lieferanten der Klägerin – Zum Vertrag mit der Mobarakeh Steel Company – Zum Vertrag über die Modernisierung der elektrischen Ausrüstung des Euphrat-Damms in Syrien – Zum Vertrag über den Bau von Schaltanlagen in Kunduz und in Baghlan (Afghanistan) – Zu den anderen von der Klägerin vorgelegten Beweisstücken Zu den Zinsen Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 13. November 2014.#Mohamad Hamcho und Hamcho International gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Rechtsbehelfsfrist – Teilweise Unzulässigkeit – Rechtsschutzinteresse – Beweislast – Zeitliche Staffelung der Wirkungen einer Nichtigerklärung.#Rechtssache T‑43/12.
62012TJ0043
ECLI:EU:T:2014:946
2014-11-13T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62012TJ0043 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62012TJ0043 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62012TJ0043 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 11. Juli 2014.#RWE AG und RWE Dea AG gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Paraffinwachse – Markt für Paraffingatsch – Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Abstimmung der Preise und Aufteilung der Märkte – Verantwortlichkeit einer Muttergesellschaft für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln, die von ihrer Tochtergesellschaft und von einem Gemeinschaftsunternehmen, an dem sie beteiligt ist, begangen wurden – Bestimmende Einflussnahme durch die Muttergesellschaft – Vermutung im Fall einer 100%igen Beteiligung – Nachfolge – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Unbeschränkte Nachprüfungsbefugnis.#Rechtssache T‑543/08.
62008TJ0543
ECLI:EU:T:2014:627
2014-07-11T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
Parteien Entscheidungsgründe Tenor Parteien In der Rechtssache T‑543/08 RWE AG mit Sitz in Essen (Deutschland), RWE Dea AG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Stadler, M. Röhrig und S. Budde, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Art. 1 und 2 der Entscheidung K (2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias, Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2012 folgendes Urteil Entscheidungsgründe Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung 1. Verwaltungsverfahren und Erlass der angefochtenen Entscheidung 1. Mit der Entscheidung K (2008) 5476 endg. vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Europäische Kommission fest, dass die Klägerinnen, die RWE AG und die RWE Dea AG (im Folgenden zusammen: RWE), gemeinsam mit anderen Unternehmen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und gegen Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) begangen hätten, indem sie sich an einem den Markt für Paraffinwachs im EWR und den deutschen Markt für Paraffingatsch betreffenden Kartell beteiligt hätten. 2. Außer an die Klägerinnen war die angefochtene Entscheidung an folgende Unternehmen gerichtet: die ENI SpA, die Esso Deutschland GmbH, die Esso Société Anonyme Française, die ExxonMobil Petroleum and Chemical BVBA und die Exxon Mobil Corp. (die vier Letzteren im Folgenden zusammen: ExxonMobil), die H & R ChemPharm GmbH, die H & R Wax Company Vertrieb GmbH und die Hansen & Rosenthal KG (im Folgenden zusammen: H & R), die Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG, die MOL Nyrt., die Repsol YPF Lubricantes y Especialidades SA, die Repsol Petróleo SA und die Repsol YPF SA (die drei Letzteren im Folgenden zusammen: Repsol), die Sasol Wax GmbH, die Sasol Wax International AG, die Sasol Holding in Germany GmbH und die Sasol Ltd (im Folgenden zusammen: Sasol), die Shell Deutschland Oil GmbH, die Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, die Deutsche Shell GmbH, die Shell International Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum NV und die Shell Transport and Trading Company Ltd (im Folgenden zusammen: Shell) sowie die Total SA und die Total France SA (im Folgenden zusammen: Total) (erster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 3. Paraffinwachse werden in Raffinerien aus Rohöl hergestellt. Sie werden für die Herstellung von Produkten wie Kerzen, Chemikalien, Reifen und Erzeugnissen der Automobilindustrie sowie in der Kautschuk-, Verpackungs-, Klebstoff- und Kaugummiindustrie eingesetzt (vierter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 4. Bei der Herstellung von Paraffinwachsen dient Paraffingatsch als Ausgangsmaterial. Es fällt in Raffinerien als Nebenprodukt bei der Herstellung von Mineralölen aus Rohöl an. Es wird auch an Endabnehmer, z. B. an Hersteller von Spanplatten, verkauft (fünfter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 5. Die Kommission begann ihre Untersuchung, nachdem Shell Deutschland Schmierstoffe sie mit Schreiben vom 17. März 2005 über das Bestehen eines Kartells informiert hatte und bei ihr einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) (im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) gestellt hatte (72. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 6. Am 28. und 29. April 2005 führte die Kommission in Anwendung des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von „H & R/Tudapetrol“, ENI, MOL sowie in denjenigen der Gesellschaften der Gruppen Sasol, ExxonMobil, Repsol und Total durch (75. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). In den Räumlichkeiten der Klägerinnen wurden keine Nachprüfungen durchgeführt. 7. Am 25. Mai 2007 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften, darunter die Klägerinnen (85. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Mit Schreiben vom 13. August 2007 beantworteten die Klägerinnen die Mitteilung der Beschwerdepunkte. 8. Am 10. und 11. Dezember 2007 führte die Kommission eine mündliche Anhörung durch, an der die Klägerinnen teilnahmen (91. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9. In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Beweise die Ansicht, dass die Adressaten, die die Mehrheit der Paraffinwachs- und Paraffingatschhersteller im EWR ausmachten, an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 des Vertrags und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen hätten, die das Gebiet des EWR betreffe. Diese Zuwiderhandlung habe in Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen für Preisfestsetzungen und für den Austausch und die Offenlegung von kommerziell empfindlichen Informationen über Paraffinwachse bestanden. In Bezug auf RWE (später Shell), ExxonMobil, MOL, Repsol, Sasol und Total habe die Zuwiderhandlung im Hinblick auf Paraffinwachse auch in der Aufteilung der Kunden und/oder der Märkte bestanden. Außerdem habe die von RWE, ExxonMobil, Sasol und Total begangene Zuwiderhandlung auch auf dem deutschen Markt an Endabnehmer verkauftes Paraffingatsch betroffen (Erwägungsgründe 2, 95, 328 und Art. 1 der angefochtenen Entscheidung). 10. Die rechtswidrigen Verhaltensweisen seien bei wettbewerbswidrigen Zusammenkünften, die von den Teilnehmern als „technische Treffen“ oder manchmal als „Blauer Salon“ bezeichnet worden seien, und bei „Gatsch-Treffen“ besprochen worden, die speziell Fragen zum Paraffingatsch gewidmet gewesen seien. 11. Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. C 210, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften in Kraft waren. 12. Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen: „ Artikel 1 Die folgenden Unternehmen haben eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und – seit dem 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 EWR-Abkommen begangen, indem sie sich in den jeweils genannten Zeiträumen an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder einer fortdauernden abgestimmten Verhaltensweise im Paraffinwachssektor auf dem Gemeinsamen Markt und, seit 1. Januar 1994, im Europäischen Wirtschaftsraum beteiligten: … RWE-Dea AG: vom 3. September 1992 bis zum 30. Juni 2002; RWE AG: vom 3. September 1992 bis zum 30. Juni 2002; … Bei den folgenden Unternehmen betrifft die Zuwiderhandlung auch an Endkunden auf dem deutschen Markt verkauftes Paraffingatsch im jeweils angegebenen Zeitraum: … RWE-Dea AG: vom 30. Oktober 1997 bis zum 30. Juni 2002; RWE AG: vom 30. Oktober 1997 bis zum 30. Juni 2002; … Artikel 2 Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen festgesetzt: ENI S.p.A: 29 120 000 EUR; Esso Société Anonyme Française: 83 588 400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit ExxonMobil Petroleum and Chemical B.V.B.A. und ExxonMobil Corporation: 34 670 400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Esso Deutschland GmbH: 27 081 600 EUR; Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG: 12 000 000 EUR; Hansen & Rosenthal KG gesamtschuldnerisch mit H & R Wax Company Vertrieb GmbH: 24 000 000 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit H & R ChemPharm GmbH: 22 000 000 EUR; MOL Nyrt.: 23 700 000 EUR; Repsol YPF Lubricantes y Especialidades S.A. gesamtschuldnerisch mit Repsol Petróleo S.A. und Repsol YPF S.A.: 19 800 000 EUR; Sasol Wax GmbH: 318 200 000 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Sasol Wax International AG, Sasol Holding in Germany GmbH und Sasol Limited: 250 700 000 EUR; Shell Deutschland Oil GmbH, Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, Deutsche Shell GmbH, Shell International Petroleum Company Limited, the Shell Petroleum Company Limited, Shell Petroleum N.V. und the Shell Transport and Trading Company Limited: 0 EUR; RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit RWE AG: 37 440 000 EUR; Total France S.A. gesamtschuldnerisch mit Total S.A.: 128 163 000 EUR.“ 2. Die Strukturen der RWE-Gruppe und des Gemeinschaftsunternehmens Shell & Dea Oil 13. Die Klägerinnen wurden für das Verhalten der Mitarbeiter der Dea Mineraloel AG, später umgewandelt in Dea Mineraloel GmbH (im Folgenden: Dea Mineraloel), zur Verantwortung gezogen. 14. Vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 war Dea Mineraloel eine 100%ige Tochtergesellschaft der RWE-Dea Aktiengesellschaft für Mineraloel und Chemie, später umbenannt in RWE Dea. RWE Dea war zu 99,4 % eine Tochtergesellschaft der RWE AG. 15. Am 2. Januar 2002 übernahm Deutsche Shell die gemeinsame Kontrolle von Dea Mineraloel zusammen mit RWE Dea, indem sie 50 % der Anteile an Dea Mineraloel erwarb. Der Zusammenschluss wurde von der Kommission mit der Entscheidung K(2001) 4526 endg. vom 20. Dezember 2001 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.2389 – Shell/DEA) (im Folgenden: Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses) genehmigt. Dea Mineraloel wurde damit ein Gemeinschaftsunternehmen, das, umbenannt in Shell & Dea Oil, zu je 50 % von Deutsche Shell und RWE Dea gehalten wurde und in dem diese ihre jeweiligen Mineralöl- und Petrochemietätigkeiten zusammenlegten. 16. Am 1. Juli 2002 erwarb Shell die verbleibenden 50 % der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen Shell & Dea Oil. Shell & Dea Oil wurde 2003 in Shell Deutschland Oil umbenannt. Am 1. April 2004 wurde das Wachsgeschäft von der Shell Deutschland Oil in deren 100%ige Tochtergesellschaft Shell Deutschland Schmierstoff eingebracht. Verfahren und Anträge der Parteien 17. Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 15. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 18. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung hat es die Parteien aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Schriftstücke vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 19. In der Sitzung vom 20. März 2012 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 20. In Anbetracht des tatsächlichen Zusammenhangs mit den Rechtssachen T‑540/08, Esso u. a./Kommission, T‑541/08, Sasol u. a./Kommission, T‑544/08, Hansen & Rosenthal und H & R Wax Company Vertrieb/Kommission, T‑548/08, Total/Kommission, T‑550/08, Tudapetrol/Kommission, T‑551/08, H & R ChemPharm/Kommission, T‑558/08, ENI/Kommission, T‑562/08, Repsol YPF Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission, und T‑566/08, Total Raffinage Marketing/Kommission, und der Sachnähe der aufgeworfenen Rechtsfragen hat das Gericht beschlossen, das Urteil in der vorliegenden Rechtssache erst nach den mündlichen Verhandlungen in den genannten zusammenhängenden Rechtssachen zu verkünden, von denen die letzte am 3. Juli 2013 stattgefunden hat. 21. Die Klägerinnen beantragen, – Art. 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin ein Verstoß der Klägerinnen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird; – Art. 2 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 37 440 000 Euro verhängt wird; – hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 22. Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 23. Die Klägerinnen machen zur Stützung ihrer Klage drei Gründe geltend. Mit dem ersten rügen sie einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 durch die fehlerhafte Feststellung, dass sie mit Dea Mineraloel bzw. Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten. Hilfsweise rügen sie mit einem zweiten Klagegrund einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch eine fehlerhafte Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002, die insbesondere darin liege, dass der Kronzeugenantrag von Shell nicht auf die Klägerinnen erstreckt worden sei. Schließlich rügen sie hilfsweise mit einem dritten Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 durch die Missachtung der für die Bußgeldbemessung geltenden Grundsätze. 1. Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Feststellung, dass die Klägerinnen mit Dea Mineraloel bzw. Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten 24. Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe dadurch, dass sie sie für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht habe, die von Dea Mineraloel in der Zeit vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 und von Shell & Dea Oil in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 (im Folgenden: Zeitraum des Gemeinschaftsunternehmens) begangen worden sei, gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen. Dieser Verstoß beruhe darauf, dass die Kommission den Begriff „Unternehmen“ im Sinne von Art. 81 EG falsch ausgelegt habe. Einleitende Bemerkungen 25. Was die gesamtschuldnerische Haftung einer Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft oder eines Gemeinschaftsunternehmens anbelangt, an dem sie beteiligt ist, so vermag der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft oder ein Gemeinschaftsunternehmen eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, noch nicht auszuschließen, dass deren Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Rn. 132). 26. Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft nämlich die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Rn. 54, und Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, General Technic-Otis u. a./Kommission, T‑141/07, T‑142/07, T‑145/07 und T‑146/07, Slg. 2011, II‑4977, Rn. 53). 27. Die Unionsgerichte haben ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Rn. 11, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000, DSG/Kommission, T‑234/95, Slg. 2000, II‑2603, Rn. 124). Sie haben betont, dass es bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht auf die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formale Trennung zwischen zwei Gesellschaften ankommt, sondern vielmehr darauf, ob sich die beiden Gesellschaften auf dem Markt einheitlich verhalten. Es kann also notwendig sein, zu ermitteln, ob zwei oder mehrere Gesellschaften mit je eigener Rechtspersönlichkeit ein und dasselbe Unternehmen oder ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit mit einheitlichem Marktverhalten bilden oder hierzu gehören (Urteil Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Rn. 25 angeführt, Rn. 140, Urteile des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T‑325/01, Slg. 2005, II‑3319, Rn. 85, und General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 54). 28. Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 56, und Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 55). 29. Einer Muttergesellschaft kann das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu demselben Unternehmen zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht unabhängig bestimmt, weil sie insoweit unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft steht, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen diesen beiden Rechtssubjekten (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 58, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Rn. 527). 30. Das Marktverhalten der Tochtergesellschaft steht insbesondere dann unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft, wenn die Tochtergesellschaft im Wesentlichen die Weisungen befolgt, die ihr in dieser Hinsicht von der Muttergesellschaft erteilt werden (Urteile des Gerichtshofs Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Rn. 25 angeführt, Rn. 133, 137 und 138, und vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065, Rn. 27). 31. Das Marktverhalten der Tochtergesellschaft steht grundsätzlich auch dann unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft, wenn sich diese nur die Befugnis vorbehält, bestimmte strategische Geschäftsentscheidungen vorzugeben oder zu genehmigen, gegebenenfalls durch ihre Vertreter in den Organen der Tochtergesellschaft, während die Befugnis, die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne festzulegen, deren sie operativ führenden Geschäftsführern übertragen wird, die von der Muttergesellschaft ausgewählt werden und die geschäftlichen Interessen der Muttergesellschaft vertreten und fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, Slg. 2011, II‑5741, Rn. 138 und 139). 32. Ist die Einheitlichkeit des Marktverhaltens der Tochtergesellschaft und ihrer Muttergesellschaft gewährleistet, etwa in den oben in den Rn. 30 und 31 beschriebenen Fällen oder durch andere wirtschaftliche, organisatorische und rechtliche Bindungen zwischen den Gesellschaften, sind diese Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein Unternehmen im Sinne der oben in Rn. 27 angeführten Rechtsprechung. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 59). 33. Die Rechtsprechung, auf die oben in den Rn. 25 bis 32 Bezug genommen worden ist, ist auch auf den Fall anwendbar, dass einer oder mehreren Muttergesellschaften die Verantwortung für eine von ihrem Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung zugerechnet wird (Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 52 bis 56). 34. Anhand dieser Regeln sind die Argumente der Klägerinnen und die Richtigkeit der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellungen zu der Frage zu prüfen, ob den Klägerinnen die Verantwortung für das Verhalten der zu 100 % von ihnen gehaltenen Dea Mineraloel (erster Teil) und der zu 50 % von ihnen gehaltenen Shell & Dea Oil (zweiter Teil) zugerechnet werden durfte. Zum ersten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung zulasten der Klägerinnen (Zeitraum bis 2. Januar 2002) Zur angefochtenen Entscheidung 35. In der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission Folgendes dar: „… (545) ... Die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf die Unternehmenspolitik einer Tochtergesellschaft setzt nicht voraus, dass die Leitung des Tagesgeschäfts der Tochtergesellschaft übernommen worden wäre. Die Leitung der Tochtergesellschaft kann durchaus von dieser selbst übernommen werden; dies schließt jedoch nicht aus, dass die Muttergesellschaft Ziele und unternehmenspolitische Verhaltensweisen vorgibt, welche sich auf den Erfolg der Gruppe insgesamt sowie die Kohärenz innerhalb der Gruppe auswirken, und dass korrigierend auf jegliches Verhalten eingewirkt wird, das von diesen Zielsetzungen und unternehmenspolitischen Verhaltensweisen abweicht. RWE räumt ein, dass sich die RWE AG auf die allgemeinen Angelegenheiten der RWE-Gruppe wie z. B. Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung konzentriert und technische Berichte erhalten habe. Außerdem erklärt RWE, dass obwohl weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat der RWE Dea AG Einfluss auf das Geschäftsverhalten von Dea Mineraloel nahmen, haben sie sich auf die Geschäfte der Dea Mineraloel … konzentriert, die einen größeren Kapitaleinsatz, die Entwicklung von Gewinnspannen/Erträgen, die Übernahme von Risiken usw. erfordert hätten, und dass sie sich auf die entsprechenden Berichte, die sie empfingen, verließen, da diese als genaue Darstellungen beurteilt worden seien, habe man die Geschäftsentwicklung nicht aktiv überwacht … Diese Erklärungen zeigen, dass [die Klägerinnen] die Möglichkeit hatten, zumindest die Strategie und finanzielle Angelegenheiten ihrer Tochtergesellschaften zu kontrollieren und auch ein entsprechendes Interesse hatten, und dass sie tatsächlich eine gewisse Kontrolle über bestimmte strategische Aspekte und auch durch ein Berichtssystem ausübten. (546) Die Einwände, dass Paraffinwachs nur sehr begrenzte Bedeutung für RWE gehabt habe und dass die RWE AG oder die RWE Dea AG daher nur geringen Anreiz gehabt hätten, die Preispolitik von Dea Mineraloel zu überwachen, haben im Hinblick auf die Frage, ob eine Tochtergesellschaft tatsächlich unabhängig war, keine Beweiskraft. Dass die Muttergesellschaft an der Geschäftstätigkeit der einzelnen Unternehmen nicht selbst beteiligt war, ist nicht entscheidend für die Frage, ob die Muttergesellschaft mit den aktiv tätigen Gesellschaften der Gruppe als Teil einer einzigen wirtschaftlichen Einheit zu betrachten ist. Die Aufteilung der Aufgaben ist ein normales Phänomen in Unternehmensgruppen. Eine wirtschaftliche Einheit übernimmt per definitionem alle wichtigen Funktionen eines Marktteilnehmers innerhalb der Rechtssubjekte, aus denen diese wirtschaftliche Einheit besteht. … ... (553) Die Kommission gelangt daher zu dem Ergebnis, dass die RWE AG und die RWE Dea AG zumindest vom 3. September 1992 bis zum 1. Januar 2002 bestimmenden Einfluss auf [Dea Mineraloel] ausgeübt und diese wirksam kontrolliert haben[, so dass sie] … Teil des Unternehmens [sind], das die Zuwiderhandlung begangen hat.“ Zu der Vermutung, dass die Tochtergesellschaft und ihre einzige Muttergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten 36. In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 37. Darüber hinaus gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung der Verantwortlichkeit, die darauf beruht, dass sich eine Gesellschaft im Besitz sämtlicher Kapitalanteile einer anderen Gesellschaft befindet, nicht nur in Fällen einer unmittelbaren Beziehung zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft, sondern auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es sich wegen der Zwischenschaltung einer anderen Gesellschaft um eine mittelbare Beziehung handelt (Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, C‑90/09 P, Slg. 2011, I‑1, Rn. 90). 38. Die Muttergesellschaft, die nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, befindet sich wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die zwischen ihr und dieser Tochtergesellschaft bestehen, bezüglich ihrer Möglichkeit der bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft in einer ähnlichen Lage wie der ausschließliche Anteilseigner. Folglich ist die Kommission berechtigt, bei dieser Sachlage die gleiche Beweisregelung heranzuziehen, d. h., auf die Vermutung zurückzugreifen, dass diese Muttergesellschaft ihre Macht zu einer bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich gebraucht hat. Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass in bestimmten Fällen Minderheitsgesellschafter gegenüber der Tochtergesellschaft über Rechte verfügen können, die ihnen gestatten, die vorgenannte Analogie in Frage zu stellen. Abgesehen davon, dass solche Rechte im Allgemeinen nicht mit ganz unbedeutenden Anteilen wie denen im vorliegenden Fall verknüpft sind, ist indessen von den Klägerinnen im vorliegenden Fall nichts dieser Art vorgebracht worden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2011, Arkema France u. a./Kommission, T‑217/06, Slg. 2011, II‑2593, Rn. 53). 39. Wird die Vermutung nicht widerlegt, kann die Kommission feststellen, dass die Tochtergesellschaft und die unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne der oben in Rn. 27 angeführten Rechtsprechung bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. die oben in Rn. 32 angeführte Rechtsprechung). 40. Um die oben in Rn. 36 beschriebene Vermutung zu widerlegen, hatten die Klägerinnen gemäß der Rechtsprechung alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihnen und Dea Mineraloel vorzulegen, die ihrer Ansicht nach dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit darstellten. Das Gericht muss bei seiner Würdigung alle ihm vorgelegten Angaben berücksichtigen, wobei deren Charakter und Bedeutung je nach den Merkmalen des jeweiligen Falls variieren können (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Rn. 65). 41. Diese Vermutung beruht auf den Feststellungen, dass zum einen – von wirklich außergewöhnlichen Umständen abgesehen – eine Gesellschaft, die die Gesamtheit des Kapitals einer Tochtergesellschaft hält, allein aufgrund dieser Beteiligung einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und dass es zum anderen normalerweise am zweckmäßigsten ist, in der Sphäre der Einheiten, denen gegenüber diese Vermutung eingreift, zu ermitteln, ob diese Befugnis zur Einflussnahme tatsächlich nicht ausgeübt wurde (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Rn. 60). 42. Zudem rechtfertigt sich die Anwendung einer solchen Vermutung dadurch, dass die Muttergesellschaft, wenn sie alleinige Anteilseignerin der Tochtergesellschaft ist, über alle in Betracht kommenden Instrumente verfügt, um das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf ihr eigenes abzustimmen. Insbesondere bestimmt der Alleinaktionär, indem er ihre Satzung beschließt, grundsätzlich den Umfang der Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft, er wählt ihre Geschäftsführer aus und trifft oder genehmigt die strategischen Geschäftsentscheidungen der Tochtergesellschaft, gegebenenfalls durch seine Vertreter in deren Organen. Darüber hinaus wird die wirtschaftliche Einheit zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft gewöhnlich zusätzlich durch Verpflichtungen gesichert, die sich aus dem Gesellschaftsrecht der Mitgliedstaaten ergeben, etwa zur Erstellung konsolidierter Abschlüsse, durch die Verpflichtung der Tochtergesellschaft, der Muttergesellschaft in regelmäßigen Zeiträumen über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten, sowie durch die Erstellung der Jahresabschlüsse der Tochtergesellschaft durch die allein aus der Muttergesellschaft gebildete Hauptversammlung, was notwendigerweise impliziert, dass die Muttergesellschaft die Geschäftstätigkeiten der Tochtergesellschaft zumindest in ihren Grundzügen verfolgt. 43. Somit erscheint die Aufstellung der Vermutung, die Muttergesellschaft habe tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt, gerechtfertigt, da sie Situationen, die für die Beziehungen zwischen einer Tochtergesellschaft und ihrer einzigen Muttergesellschaft charakteristisch sind, dadurch erfasst, dass dieser Vermutung zufolge der Umstand, dass das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft von einer einzigen Muttergesellschaft gehalten wird, grundsätzlich ein einheitliches Verhalten dieser beiden Gesellschaften auf dem Markt impliziert. 44. Gleichwohl verfügen die betroffenen Gesellschaften nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte uneingeschränkt über die Möglichkeit, den Beweis dafür zu führen, dass die oben in Rn. 42 beschriebenen Mechanismen, die gewöhnlich zur Abstimmung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft auf das ihrer Muttergesellschaft führen, nicht normal funktioniert haben, so dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe aufgehoben wurde. Zu den Argumenten der Klägerinnen bezüglich der Widerlegung der Vermutung 45. Im vorliegenden Fall stellen die Klägerinnen nicht in Abrede, dass die Kommission, da RWE Dea das gesamte Kapital von Dea Mineraloel und die RWE AG 99,4 % des Kapitals von RWE Dea hielt, in Ermangelung gegenteiliger Beweise annehmen durfte, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten von Dea Mineraloel ausgeübt hätten. 46. Sie sind jedoch der Ansicht, dass sie in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte genügend Beweise vorgebracht hätten, um die Vermutung zu widerlegen. – Zur operativen Eigenständigkeit von Dea Mineraloel 47. Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend angenommen habe, die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die Unternehmenspolitik einer Tochtergesellschaft setze nicht die Übernahme der Leitung des Tagesgeschäfts der Tochtergesellschaft voraus. Daher reichten ihre in den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente aus, um die Vermutung zu widerlegen. 48. Erstens führen die Klägerinnen aus, dass sich die RWE AG als Konzernobergesellschaft auf konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung konzentriere. Auf das operative Geschäft von RWE Dea bzw. von Dea Mineraloel habe sie keinen Einfluss genommen. 49. Hierzu hat das Gericht bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft eine eigene örtliche Geschäftsleitung hat und über ihre eigenen Mittel verfügt, für sich genommen nicht beweist, dass sie ihr Marktverhalten gegenüber ihrer Muttergesellschaft eigenständig bestimmt. Die Aufgabenteilung zwischen Tochtergesellschaften und ihren Muttergesellschaften, insbesondere der Umstand, dass die Leitung des operativen Geschäfts der lokalen Geschäftsleitung einer 100%igen Tochtergesellschaft übert ragen wird, ist eine gängige Praxis großer Unternehmen, die aus einer Vielzahl von Tochtergesellschaften bestehen, die letztlich von derselben Konzernobergesellschaft gehalten werden. Bei einer 100%igen oder nahezu 100%igen Beteiligung am Kapital der unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft sind die insoweit vorgelegten Beweise nicht geeignet, die Vermutung, dass die Muttergesellschaft und die Konzernobergesellschaft tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausgeübt haben, zu widerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Alliance One International/Kommission, oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 130 und 131). 50. Dieser Ansatz rechtfertigt sich im Übrigen dadurch, dass bei einer Tochtergesellschaft, die zu 100 % oder nahezu 100 % von einer einzigen Muttergesellschaft gehalten wird, im Grunde ein einziges geschäftliches Interesse besteht und die Mitglieder der Organe der Tochtergesellschaft von dem alleinigen Anteilseigner bestimmt und ernannt werden, der ihnen zumindest informell Weisungen erteilen und Leistungskriterien vorgeben kann. Daher besteht in einem solchen Fall notwendigerweise ein Vertrauensverhältnis zwischen der Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft und derjenigen der Muttergesellschaft, und diese Geschäftsleitungen verhalten sich zwangsläufig so, dass sie das einzige bestehende geschäftliche Interesse, nämlich das der Muttergesellschaft, vertreten und fördern (vgl. auch oben, Rn. 31). So ist die Einheitlichkeit des Marktverhaltens der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft trotz der Eigenständigkeit gewährleistet, über die die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft bei der Führung von deren operativem Geschäft verfügt, welche sich nach der für die Tochtergesellschaft festgelegten Geschäftspolitik im engeren Sinne richtet. Zudem ist es in der Regel der einzige Anteilseigner, der allein und nach seinen eigenen Interessen die Modalitäten der Entscheidungsfindung einer Tochtergesellschaft bestimmt und den Umfang ihrer operativen Eigenständigkeit bestimmt. Dies kann er nach seinem eigenen Willen durch neu festgelegte Regeln für die Betriebsführung der Tochtergesellschaft oder im Rahmen einer Umstrukturierung oder selbst durch die Schaffung informeller Entscheidungsstrukturen ändern. Somit stellt die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft bei der Ausübung ihrer autonomen Befugnisse grundsätzlich sicher, dass das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft mit dem des übrigen Konzerns in Einklang steht. 51. Zweitens fügen sich die von den Klägerinnen angeführten Gesichtspunkte dem Konzept der dezentralisierten Geschäftsführung ein, das für Großunternehmen mit diversifizierten Tätigkeiten typisch ist, und beruhen auf keinem außergewöhnlichen Umstand. Vielmehr räumen die Klägerinnen gerade ein, dass sich die RWE AG konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung gewidmet und von Dea Mineraloel technische Berichte erhalten habe, während sich RWE Dea für die Tätigkeiten von Dea Mineraloel interessiert habe, mit denen ein hoher Kapitalbedarf verbunden gewesen sei, sowie für die Entwicklung von Marktmargen oder Gewinnen und für die Risiken. 52. Drittens ist die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen in der angefochtenen Entscheidung inkohärent vorgegangen, da sie die operative Geschäftsführung im Zusammenhang mit der Zurechnung des Verhaltens des Gemeinschaftsunternehmens von BP und Mobil zulasten dieser Muttergesellschaften durchaus geprüft habe (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dagegen habe sie es abgelehnt, die operative Eigenständigkeit von Dea Mineraloel zu berücksichtigen. 53. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen (vgl. insoweit auch die Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes), dass die jeweiligen Befugnisse der Muttergesellschaften bei der Leitung des operativen Geschäfts eines gemeinsamen Unternehmens ein relevanter Gesichtspunkt für die Beurteilung der Frage sind, ob die Verantwortung für eine von dem Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften zuzurechnen ist, da die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens von der wirtschaftlichen Einheit zeugt, die das Gemeinschaftsunternehmen mit den diese gemeinsame Leitung wahrnehmenden Muttergesellschaften bildet. Doch handelt es sich bei Dea Mineraloel nicht um ein Gemeinschaftsunternehmen, sondern um eine 100%ige Tochtergesellschaft von RWE Dea, auf die eine andere Beweisregelung Anwendung findet, da es nur einen einzigen Anteilseigner und ein einziges geschäftliches Interesse gab und sämtliche Geschäftsführer unmittelbar oder mittelbar ausschließlich von der Muttergesellschaft ausgewählt und ernannt wurden (vgl. oben, Rn. 42 und 50). 54. Daher ist das Argument, das aus der Zurechnung der Verantwortung für die Zuwiderhandlung des Gemeinschaftsunternehmens von BP und Mobil hergeleitet wird, irrelevant. 55. Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerinnen zur operativen Eigenständigkeit von Dea Mineraloel, das eine Aufhebung der aus Dea Mineraloel und den Klägerinnen bestehenden wirtschaftlichen Einheit nicht zu belegen vermag, zurückzuweisen ist. – Zu dem fehlenden Einfluss auf das Paraffinwachsgeschäft und dem geringen prozentualen Anteil der Verkäufe von Paraffinwachs am Umsatz von Dea Mineraloel 56. Die Klägerinnen machen geltend, die RWE AG habe Dea Mineraloel keinerlei Weisungen für die Führung des Tagesgeschäfts erteilt. Lediglich für die Durchführung von Großprojekten von erheblicher Bedeutung für den Gesamtkonzern sei die Zustimmung des Vorstands und des Aufsichtsrats der RWE AG eingeholt worden. Da das Paraffinwachsgeschäft aber nie Bedeutung für den Gesamtkonzern gehabt hatte, seien Vorstand und Aufsichtsrat der RWE AG nicht mit Fragen der Geschäftsführung aus diesem Bereich befasst worden. 57. Ebenso wenig hätten der Vorstand und der Aufsichtsrat von RWE Dea Einfluss auf das Paraffinwachsgeschäft von Dea Mineraloel genommen oder ihr Weisungen für dieses Geschäft erteilt. Im Hinblick auf das Paraffinwachsgeschäft habe der Vorstand von RWE Dea lediglich die wöchentliche Stichtagsrechnung zur Kenntnis genommen, in der das Geschäftsergebnis des Mineralölwerks Grasbrook zusammengefasst worden sei. Diese wöchentliche Stichtagsrechnung habe im Wesentlichen mit dem vom Rechnungswesen gelieferten Monatsergebnis übereingestimmt. Aus diesem Grund sei eine aktive Begleitung des Paraffinwachsgeschäfts aus Sicht des Vorstands von RWE Dea entbehrlich gewesen. 58. Das von dem Kartellvorwurf betroffene Geschäft mache nur 0,1 % bis 0,2 % des Umsatzes von Dea Mineraloel aus, was ein „starkes Indiz“ dafür sei, dass tatsächlich kein bestimmender Einfluss seitens der Konzernspitze genommen worden sei. 59. Erstens gibt nach der Rechtsprechung nicht ein zwischen Mutter- und Tochterunternehmen in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG darstellen, der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen einer Unternehmensgruppe zu richten. Die Zurechnung der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft erfordert nämlich nicht den Beweis, dass die Muttergesellschaft die Politik ihrer Tochtergesellschaft in dem konkreten Bereich beeinflusst, der Gegenstand der Zuwiderhandlung war. Daraus folgt, dass der Umstand, dass die Geschäftsleitung der Muttergesellschaft keine Kenntnis von der Zuwiderhandlung hatte und keine Weisungen in Bezug auf die Produktion oder den Verkauf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Kartells waren, erteilt hat, im Hinblick auf die Widerlegung der Vermutung unerheblich ist (Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 40 angeführt, Rn. 58 und 83, und vom 13. Juli 2011, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑38/07, Slg. 2011, II‑4383, Rn. 69 und 70). 60. Ferner ist aus denselben Gründen der Umstand, dass das von der Zuwiderhandlung betroffene Geschäftsfeld oder Geschäft nur einen geringen prozentualen Anteil am Gesamtgeschäft des Konzerns oder der Muttergesellschaft ausmacht, nicht geeignet, die Unabhängigkeit der genannten Tochtergesellschaft von ihrer Muttergesellschaft nachzuweisen, und daher ohne Auswirkung auf die Anwendung der Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft auf dem Markt ausübt (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Arkema/Kommission, T‑168/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 79, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, Slg. 2007, II‑947, Rn. 144). 61. Außerdem ändert der geringe Anteil des Verkaufs der Erzeugnisse, die Gegenstand des Kartells waren, am Umsatz des Konzerns nichts an der Tatsache, dass die in diesem Bereich erzielten Ergebnisse in der Regel in die konsolidierten Abschlüsse der Muttergesellschaften eingehen. Somit ist die Rentabilität dieser Geschäfte von Interesse für die Muttergesellschaften und für den Konzern insgesamt. 62. Im Übrigen müssen nicht unbedingt förmliche Weisungen der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft vorliegen, damit die wirtschaftliche Einheit zwischen diesen beiden Gesellschaften nachgewiesen werden kann (vgl. oben, Rn. 31). Die wirtschaftliche Einheit zwischen ihnen ist nämlich auch gewährleistet, wenn die Befugnis, die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne zu bestimmen, der mit der Führung des operativen Geschäfts der Tochtergesellschaft betrauten Geschäftsleitung übertragen ist, die von der Muttergesellschaft ausgewählt und auf ihren Positionen bestätigt wird und das einzige bestehende geschäftliche Interesse vertritt und fördert, nämlich das der Muttergesellschaft, die Alleineigentümerin ist. Die genannte Geschäftsleitung stellt somit bei der Ausübung ihrer eigenständigen Befugnisse sicher, dass das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft mit dem der Muttergesellschaft im Einklang steht (vgl. oben, Rn. 50). Ein Einschreiten der Muttergesellschaft kann somit auf Situationen beschränkt sein, in denen die Ergebnisse der Tochtergesellschaft nicht den Erwartungen der Muttergesellschaft entsprechen, während sich die Muttergesellschaft bei normalen Ergebnissen darauf beschränken kann, die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft über von dieser erstellte Berichte zu verfolgen und etwaige strategische Entscheidungen zu genehmigen. 63. Daher sind die Argumente, mit denen die Klägerinnen geltend machen, dass sie im Bereich Paraffinwachs keinen Einfluss ausgeübt hätten, zurückzuweisen. 64. Damit ist die Feststellung der Kommission zu bestätigen, dass die Klägerinnen und Dea Mineraloel zu dem Unternehmen gehörten, das in der Zeit vom 3. September 1992 bis 1. Januar 2002 die Zuwiderhandlung begangen hat. Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Klägerinnen und Dea Mineraloel für die Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen hat. Zur behaupteten verschuldensunabhängigen Haftung der Klägerinnen 65. Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass der von der Kommission im vorliegenden Fall verfolgte Ansatz zu einer „nahezu verschuldensunabhängigen“ Haftung führe, was mit dem Grundsatz persönlicher Verantwortlichkeit unvereinbar sei. Die Zurückweisung der Argumente, die sie vorgebracht hätten, um die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, habe zur Folge, dass diese Vermutung im Fall von Tochtergesellschaften, die zu 100 % von einer Muttergesellschaft gehalten würden, letztlich in eine unwiderlegliche Vermutung des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit umgewandelt werde. 66. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der Vermutung, dass eine Muttergesellschaft bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, gerechtfertigt ist, da sie für die Beziehungen zwischen einer Tochtergesellschaft und ihrer einzigen Muttergesellschaft charakteristische Situationen erfasst, und dass diese Vermutung nicht unwiderleglich ist (vgl. oben, Rn. 41 bis 44). 67. Die Widerlegung dieser Vermutung ist jedoch keine Frage der Menge und der Detailliertheit der Beweise, wenn sich aus diesen ergibt, dass eine für ein großes multinationales Unternehmen normale Organisationssituation vorliegt, wo die Befugnisse der operativen Geschäftsführung an die Leitung seiner örtlichen Einheiten übertragen sind. Um diese Vermutung zu widerlegen, sind außergewöhnliche Umstände darzulegen, die zeigen, dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe, obwohl das gesamte Kapital der Tochtergesellschaften der Gruppe von ihren Muttergesellschaften gehalten wird, aufgehoben worden ist, da die Mechanismen, die gewöhnlich für die Abstimmung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft auf das ihrer Muttergesellschaft sorgen, nicht normal funktioniert haben. 68. Außerdem darf ein Unternehmen nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, der für jedes Verwaltungsverfahren gilt, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, nur für die Handlungen bestraft werden, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Rn. 63). 69. Dieser Grundsatz muss jedoch mit dem Unternehmensbegriff und mit der Rechtsprechung vereinbar sein, wonach der Umstand, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG bilden, die Kommission berechtigt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten. Somit ist festzustellen, dass gegen die Klägerinnen selbst eine Sanktion wegen der Zuwiderhandlung verhängt wurde, die ihnen aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zu Dea Mineraloel, die sich daraus ergaben, dass sie deren gesamtes Kapital hielten, persönlich zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, Rn. 34). 70. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission auf der Grundlage der fraglichen Vermutung, die im vorliegenden Fall nicht widerlegt wurde, feststellen durfte, dass die Klägerinnen zu einem „Unternehmen“ gehörten, das gegen Art. 81 EG verstoßen hat. Somit wurden die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen gewahrt. 71. Daher ist diese Rüge zurückzuweisen. 72. Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Kommission nicht gegen Art. 81 EG und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen hat, als sie den Klägerinnen die Verantwortung für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung zugerechnet hat. 73. Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung (2. Januar bis 30. Juni 2002) zulasten der Klägerinnen 74. Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission ihnen zu Unrecht die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil, einem zu gleichen Teilen von RWE Dea und von Shell gehaltenen Gemeinschaftsunternehmen, im Zeitraum des Gemeinschaftsunternehmens vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 begangene Zuwiderhandlung zugerechnet habe. Shell habe bereits unmittelbar nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens dessen operative Kontrolle übernommen. Folglich dürfe die Kommission gegen die Klägerinnen keine Geldbuße für die von dieser Einheit begangene Zuwiderhandlung verhängen. 75. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission Shell und RWE als Gesamtschuldner für die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Shell & Dea Oil zur Verantwortung gezogen (552. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie hat den Klägerinnen die Verantwortung für diese Verhaltensweisen aufgrund folgender Erwägungen zugerechnet: „… (510) Als Shell und [RWE Dea] im Januar 2002 ihr Gemeinschaftsunternehmen gründeten, wurde die bestehende Dea Mineraloel … als Instrument zur Einrichtung des Gemeinschaftsunternehmens genutzt; diese Gesellschaft wurde am 2. Januar 2002 in ‚Shell & Dea Oil GmbH‘ umbenannt und gleichzeitig jeweils zu 50 % der Deutsche Shell GmbH und der [RWE Dea] unterstellt. Das Gemeinschaftsunternehmen wurde in der Absicht gegründet, dass Shell nach einer Übergangsphase, die mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens beginnen und spätestens am 1. Juli 2004 enden sollte, die alleinige Kontrolle über die kombinierten Geschäftsbereiche übernehmen sollte. Während des Übergangszeitraums sollten von jedem Anteilseigner gleich viele Mitglieder für die für das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens zuständige Geschäftsführung benannt werden; der Vorsitzende der Geschäftsführung sollte jedoch das ausschlaggebende Votum besitzen und von Shell benannt werden. Zudem besaßen beide Parteien gewisse Vetorechte, um ihren bestimmenden Einfluss auf das Gemeinschaftsunternehmen zu wahren; somit übten Shell und RWE während der Übergangsphase gemeinsam die Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen aus [die Fn. 666 der angefochtenen Entscheidung verweist hierzu auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses]. … (549) [Aus der Rechtsprechung, insbesondere aus dem Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085] ergibt sich, dass die Kompetenz eines Unternehmens zur Führung eines anderen Unternehmens als Nachweis dafür dienen kann, dass dieses einen bestimmenden Einfluss auf das andere Unternehmen ausgeübt hat. In dieser Sache ist festzustellen, dass die gemeinsame Kompetenz von Shell und RWE in der Geschäftsführung im Hinblick auf die Führung des Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen wurde (siehe Randnummer [510]). Die Mitglieder der für das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens zuständigen Geschäftsführung wurden zu gleichen Teilen von beiden Anteilseignern benannt. Beschlüsse in der Aktionärsversammlung wurden mit einfacher Mehrheit gefasst. (Beide Parteien besaßen jeweils 50 % der Stimmrechte und Entscheidungen konnten von beiden Parteien mit einem Veto verhindert werden.) Während des maßgeblichen Zeitraums sollten bestimmte Entscheidungen von einem aus sechs Mitgliedern bestehenden Ausschuss des Gemeinschaftsunternehmens getroffen werden; jeder Antei1seigner sollte jeweils drei Mitglieder benennen, und Entscheidungen sollten nur einmütig gefällt werden können. Das Gemeinschaftsunternehmen konnte nach eigenem Ermessen und in eigener Kompetenz eine Reihe strategischer Entscheidungen treffen (z. B. bezüglich des Geschäftsplans, des Jahreshaushalts, struktureller Veränderungen am Gemeinschaftsunternehmen, Investitionen oberhalb einer bestimmten Grenze und der Benennung von Mitgliedern der Geschäftsführung). (In Randnummer [510] wurde auf die so genannten Vetorechte verwiesen.) Daher stellt die Kommission angesichts dieser Vetorechte beider Parteien zur Wahrung ihres bestimmenden Einflusses im Gemeinschaftsunternehmen fest, dass Shell und RWE das Gemeinschaftsunternehmen im betreffenden Zeitraum gemeinsam kontrolliert haben [vgl. Fn. 680 der angefochtenen Entscheidung und Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses]. (550) Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass der Vorstandsvorsitzende das ausschlaggebende Votum besaß und von Shell benannt wurde, nicht als erheblich, geschweige denn entscheidend dafür betrachtet werden, dass die Vermutung der gemeinsamen Haftung von Shell und RWE … widerlegt würde …, da dies nicht die Vetorechte betrifft. In Anbetracht der Leitungsstruktur des Gemeinschaftsunternehmens kann den von RWE vorgebrachten Argumenten dahingehend, dass die Umsatz- und die Preispolitik des Gemeinschaftsunternehmens nur von Shell entschieden und kontrolliert worden sei und dass das Management des Gemeinschaftsunternehmens in die Unternehmensstruktur von Shell integriert gewesen sei, nicht gefolgt werden. Ähnlich ändert auch die Tatsache, dass seit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens vorgesehen war, dass Shell nach dem Übergangszeitraum die uneingeschränkte Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen übernehmen würde, nichts an der Tatsache, dass das Gemeinschaftsunternehmen während des Übergangszeitraums aus den oben in den Randnummern (510) und (549) genannten Gründen der gemeinsamen Kontrolle von Shell und RWE unterstand. (551) In Anbetracht der gemeinsamen Führungskompetenz (insbesondere auch über den Ausschuss des Gemeinschaftsunternehmens) und der Tatsache, dass Shell und RWE sämtliche Anteile am Gemeinschaftsunternehmen gemeinsam kontrollierten (beide zu jeweils 50 %), steht die Zuschreibung der Haftung zu beiden Muttergesellschaften im vorliegenden Fall im Einklang mit dem Urteil [Avebe/Kommission]. … (553) … die RWE AG und die RWE-Dea AG [haben] vom 2. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2002 (gemeinsam mit der Shell-Gruppe) bestimmenden Einfluss auf [das Gemeinschaftsunternehmen] ausgeübt und [dieses] wirksam kontrolliert. Daher haften die RWE AG und die RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit dem Shell-Konzern für das Verhalten [von Shell & Dea Oil] zwischen dem 2. Januar 2002 und dem 30. Juni 2002. Für beide Zeiträume sind die RWE AG und die RWE-Dea AG Teil des Unternehmens, das die Zuwiderhandlung begangen hat.“ 76. Erstens machen die Klägerinnen geltend, dass entgegen den Ausführungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung im Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission (T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085), keine allgemeine Vermutung zu der Frage aufgestellt werde, ob auf das Geschäftsverhalten eines von zwei Muttergesellschaften zu gleichen Teilen gehaltenen Gemeinschaftsunternehmens ein bestimmender Einfluss ausgeübt worden sei. 77. Zweitens habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die „gemeinsame Leitung“ des Gemeinschaftsunternehmens durch Shell und RWE nicht nachgewiesen. Die gemeinsame Leitung sei im Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt) auf der Grundlage von Indizien festgestellt worden, die im vorliegenden Fall fehlten. 78. Insbesondere seien in der Rechtssache, in der das Urteil Avebe/Kommission ergangen sei, die Muttergesellschaften „gemeinsam für die Geschäftspolitik verantwortlich“ und in allen Gremien, einschließlich der Geschäftsführung (Direktoren), gleichberechtigt vertreten gewesen. Im vorliegenden Fall dagegen sei die Geschäftsführung zwar paritätisch besetzt gewesen, jedoch habe der von Shell zu bestellende Vorsitzende der Geschäftsleitung bei Stimmengleichheit das ausschlaggebende Stimmrecht gehabt. 79. Außerdem habe in der Rechtssache, in der das Urteil Avebe/Kommission ergangen sei, das Gemeinschaftsunternehmen regelmäßig an Beauftragte beider Muttergesellschaften berichten müssen. Im vorliegenden Fall sei die Geschäftsführung von Beginn an in die Entscheidungs- und Berichtsstrukturen des Shell-Konzerns eingebunden gewesen. 80. Drittens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die Merkmale der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil, die sich aus deren vorübergehender Natur ergäben, eine gemeinsame Leitung ausschlössen. 81. Hierzu machen sie geltend, dass nach den Bestimmungen der Vereinbarung über das Gemeinschaftsunternehmen Shell die Mehrheit der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen bis zum Ablauf einer bestimmten Frist habe erwerben sollen, während RWE das Recht erlangt habe, ihre Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen Shell anzubieten. In dem Verfahren, das zum Erlass der Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses geführt habe (auf das sich die Kommission in den Erwägungsgründen 510, 530 und 549 der angefochtenen Entscheidung gestützt habe), habe die Kommission nämlich nicht die Erlangung einer gemeinsamen Kontrolle, sondern unmittelbar den Erwerb der ausschließlichen Kontrolle durch Shell geprüft und festgestellt. 82. Die Einbindung der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil in die Entscheidungs- und Berichtsstrukturen von Shell ergebe sich u. a. aus den Verfahrensregeln für deren Geschäftsführung. Gemäß § 1.1 dieser Regeln sei die Geschäftsführung von Shell & Dea Oil in die Shell Europe Oil Products Ltd einzubinden gewesen. Gemäß § 1.2 sei der Vorsitzende der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil verpflichtet gewesen, die Geschäftsführung nach internationalem Shell-Standard auszurichten. Nach § 3 dieser Regeln sei jeder Geschäftsführer Teil der Entscheidungs- und Berichtsstrukturen von Shell gewesen. Nach § 4 dieser Regeln sei der Vorsitzende der Geschäftsführung zur Zusammenarbeit mit dem Präsidenten von Shell Europe Oil Products verpflichtet gewesen. 83. Diese Entscheidungs- und Berichtsstrukturen seien bereits bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eingeführt und von Anfang an beachtet worden. Herr S. etwa, der nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens für das Paraffinwachsgeschäft als Verkaufsleiter zuständig gewesen sei, habe nicht an die Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens berichtet. Er habe vielmehr unmittelbar an Herrn G., den European Wax Manager der Shell-Gruppe bei der Shell UK Oil Products Ltd, berichtet. Was die Vertriebspolitik und das operative Geschäft von Shell & Dea Oil im Bereich Paraffinwachs anbelangt habe, sei das Organ, über das RWE Dea kraft ihrer Besetzungsbefugnis als Gesellschafterin Einfluss hätte ausüben können, überhaupt nicht befasst worden. Die Vertriebspolitik und das operative Geschäft seien von der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens an praktisch allein von Shell gesteuert worden. 84. Die Einbindung des Gemeinschaftsunternehmens in die Strukturen von Shell habe sich auch in anderen wichtigen Unternehmensbereichen gezeigt. So sei ein Projekt namens „Finance Controlling Procurement“ mit der Zielsetzung aufgelegt worden, die Rechnungslegungssysteme von Shell als die auch für Shell & Dea Oil maßgeblichen Systeme einzurichten und die Übertragung des Rechnungswesens der alten Dea Mineraloel auf diese Systeme vorzubereiten. Shell & Dea Oil sei insoweit – wie sich aus den „Kurzinformationen zum FCP-Projekt“ ergebe – bereits als Teil der europäischen Shell-Organisation betrachtet worden. In diesem Dokument heißt es, dass „[d]er Grundsatz der Joint- Venture Vereinbarung beinhaltet, dass das Joint-Venture als Teil der europäischen Organisation von Shell die Standards, Systeme, Prozesse und Kultur von Shell übernehmen wird“ und dass „im Rahmen des Aufbaus des Shell Dea Oil Joint-Ventures … daher sämtliche Geschäftsprozesse von Shell und Dea harmonisiert werden [sollen]“, wobei „[d]ie Geschäftsprozesse von Shell … dabei als der zu übernehmende Standard [gelten]“. 85. Ferner hätten während der Bestandsdauer des Gemeinschaftsunternehmens die Mitarbeiter des Rechnungswesens von RWE Dea keinen Zugriff auf die Rechnungslegung von Shell & Dea Oil gehabt. 86. Somit erbringen nach Ansicht der Klägerinnen die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragenen Gesichtspunkte nicht den Nachweis einer „gemeinsamen Leitung“ im Sinne des Urteils Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt), sondern allenfalls den einer gemeinsamen Kontrolle im Sinne von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1). Der Nachweis der gemeinsamen Leitung sei qualitativ nämlich mehr als der einer gemeinsamen Kontrolle und setze voraus, dass die Muttergesellschaften die Geschäfte tatsächlich auch aktiv gemeinsam führten. 87. Da die Kommission im vorliegenden Fall den Nachweis einer gemeinsamen Leitung nicht erbracht habe, sei die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission den Klägerinnen die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung zurechne. 88. Die Kommission ist erstens der Auffassung, dass eine Vermutung für die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die beiden Muttergesellschaften auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens bestehe, wenn nicht nur die gemeinsame Kontrolle über (nahezu) 100 % der Gesellschaftsanteile, sondern darüber hinaus eine gemeinsame Leitungsbefugnis beider Muttergesellschaften hinsichtlich der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen sei. 89. Zweitens ist sie der Ansicht, sie habe den Nachweis einer gemeinsamen Leitungsbefugnis unter Verweis auf die Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erbracht. Die Klägerinnen stellten nicht in Abrede, dass die von der Kommission angeführten Umstände einen bestimmenden Einfluss der beiden Muttergesellschaften auf strategische Entscheidungen von Shell & Dea Oil begründeten. Da die Muttergesellschaften den besten Einblick in die konkrete Ausgestaltung der Kontrollverhältnisse im Gemeinschaftsunternehmen hätten, obliege es ihnen, den Gegenbeweis zu führen, wenn die Kommission auf der Grundlage nachgewiesener Umstände eine gemeinsame Leitungsbefugnis über die Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen und damit den Prima-facie -Beweis für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch beide Muttergesellschaften erbracht habe. 90. Die Klägerinnen argumentierten ausschließlich damit, dass sie keinen Einfluss auf die Vertriebs- und Preispolitik, d. h. auf das operative Geschäft von Shell & Dea Oil, genommen hätten. Sie behaupteten, dass das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens in die „Entscheidungs‑ und Berichtsstrukturen“ der Shell-Gruppe eingebunden gewesen sei. Nach Ansicht der Kommission reicht es für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit aber aus, wenn sich der bestimmende Einfluss der Muttergesellschaften auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im weiteren Sinne, insbesondere auf strategische Entscheidungen, erstreckt. Daher genüge das Argument der privilegierten Einflussnahmemöglichkeit der Shell-Gruppe auf die Vertriebs- und Preispolitik von Shell & Dea Oil nicht, um zu beweisen, dass die beiden Muttergesellschaften nicht gemeinsam Einfluss ausgeübt hätten. 91. Darüber hinaus ergebe sich aus den Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens, dass beide Muttergesellschaften gemeinsam die Leitung über das Gemeinschaftsunternehmen ausgeübt hätten. RWE Dea und Deutsche Shell seien in der Gesellschafterversammlung paritätisch vertreten gewesen, da sie zu gleichen Teilen am Kapital des Gemeinschaftsunternehmens beteiligt gewesen seien. Dementsprechend seien auch der Gesellschafterausschuss und die Geschäftsführung paritätisch besetzt gewesen. In den Aufsichtsrat hätten beide Muttergesellschaften ebenfalls eine gleiche Anzahl von Vertretern entsandt. 92. Während RWE im Gesellschafterausschuss und im Aufsichtsrat den Vorsitzenden gestellt habe, sei der Vorsitzende der Geschäftsführung von Shell im Einvernehmen mit RWE bestellt worden. Bei Stimmengleichheit habe der Vorsitzende zwar das ausschlaggebende Stimmrecht gehabt, jedoch seien die Vertreter in der Geschäftsführung verpflichtet gewesen, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um Einigkeit bei der Entscheidungsfindung zu erzielen. Im Übrigen sei in den Aufsichtsrat des gemeinsamen Unternehmens eine Reihe von Vorständen der Klägerinnen entsandt worden. 93. Was die Kompetenzverteilung anbelange, sei die Geschäftsleitung allein für die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens verantwortlich gewesen, habe dabei aber der Kontrolle und dem Weisungsrecht des Gesellschafterausschusses und der Gesellschafterversammlung unterlegen. Dies sei mit entsprechenden Informations- und Berichtspflichten und dem Recht zur Rechnungsprüfung der Muttergesellschaften verbunden gewesen. Daher hätten die Klägerinnen entgegen ihren Ausführungen entsprechende Informationen erhalten und Prüfungen selbst vornehmen können. 94. Strategische Fragen seien dem Gesellschafterausschuss und in letzter Instanz der Gesellschafterversammlung vorbehalten gewesen, in denen jeweils mit einfacher Mehrheit entschieden worden sei. In der Gesellschafterversammlung und im Gesellschafterausschuss hätten sich beide Muttergesellschaften intensiv darum bemühen sollen, „Pattsituationen zu beheben“, wobei ultimativ eine Lösung zwischen den jeweiligen Konzernspitzen herbeizuführen gewesen sei. 95. Das Gemeinschaftsunternehmen habe keine von den Muttergesellschaften unabhängige Geschäftsführung gehabt, und beide Muttergesellschaften hätten sich in allen Fragen auf einen gemeinsamen Kurs verständigen müssen. Zudem seien beide Muttergesellschaften in gleicher Weise über das Geschäft des Gemeinschaftsunternehmens informiert worden und hätten auf der Grundlage der übermittelten Berichte ihren Einfluss in den Organen des Gemeinschaftsunternehmens geltend machen können. Diese Sachlage begründe den Anscheinsbeweis, dass beide Muttergesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von Shell & Dea Oil auch tatsächlich ausgeübt hätten. 96. Die Klägerinnen hielten dem entgegen, dass die Geschäftsführung von Shell & Dea Oil von Anfang an „vollständig in die Entscheidungs‑ und Berichtsstrukturen der Shell-Gruppe eingebunden“ worden sei. Aus den Verfahrensregeln für die operative Geschäftsführung ergebe sich zwar, dass mit Blick auf einen möglichen späteren Erwerb der alleinigen Kontrolle durch Shell von Anfang an eine Angleichung der Geschäftsabläufe im Gemeinschaftsunternehmen mit denjenigen des Shell-Konzerns vorgesehen gewesen sei. Nach Auffassung der Kommission wurde hiermit aber lediglich eine organisatorische Integration in die Shell-Gruppe vorweggenommen, ohne jedoch die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens in Frage zu stellen. So habe Shell dem Gemeinschaftsunternehmen als Kooperationspartner und Ratgeber zur Seite stehen sollen. Die Verfahrensregeln machten gleichwohl deutlich, dass damit kein Eingriff in die Leitungsbefugnis von RWE verbunden gewesen sei. 97. Außerdem fehle jeder Nachweis für das Vorbringen der Klägerinnen, wonach der Verkaufsleiter des Gemeinschaftsunternehmens nicht an dessen Geschäftsführung, sondern allein an den für das Wachsgeschäft in Europa zuständigen Geschäftsführer von Shell berichtet habe. Das Vorbringen der Klägerinnen betreffe in jedem Fall allein die Struktur des Berichtswesens, das möglicherweise so organisiert gewesen sei, dass die Verkaufszahlen bei Shell gesammelt und aufbereitet worden seien. Shell habe weiterhin ein eigenes Wachsgeschäft gehabt, während das ehemalige Wachsgeschäft von RWE im Gemeinschaftsunternehmen konzentriert gewesen sei. Ohnehin sei der Verkaufsleiter Mitglied der Geschäftsführung gewesen oder jedenfalls als „First Level Manager“ zur Kooperation und zu Informationen gegenüber der Geschäftsführung verpflichtet gewesen. Die Geschäftsführung sei daher direkt durch den jeweiligen Geschäftsführer oder über das Shell-Berichtswesen informiert worden, was auch erforderlich gewesen sei, da es nach Ziff. 13.4 der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens dem Gesellschafterausschuss habe Bericht erstatten müssen. 98. Auch die Anpassung der Rechnungslegungssysteme rechtfertige nicht die Annahme einer alleinigen Leitungsbefugnis der Shell-Gruppe. RWE Dea habe Zugang zu den Rechnungsdaten von Shell & Dea Oil gehabt. Das Dokument „Kurzinformationen zum FCP-Projekt“ bestätige im Übrigen, dass es um eine einheitliche Organisation des Gemeinschaftsunternehmens unter Anpassung an die „Geschäftsprozesse der Shell“, nicht um eine Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf Shell gegangen sei. Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen sei dort von einer „Berichterstattung an beide Shareholder“ die Rede. Zur gemeinsamen Kontrolle und zur gemeinsamen Ausübung von bestimmendem Einfluss auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens 99. Die Klägerinnen widersprechen der Auffassung, dass ein Beweis der gemeinsamen Kontrolle ausreiche, um die gemeinsame Ausübung von bestimmendem Einfluss durch die beiden Muttergesellschaften auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens nachzuweisen. Die Kommission trägt vor, dass die Ausübung eines solchen Einflusses vermutet werden könne, wenn die beiden Muttergesellschaften 100 % des Kapitals des Gemeinschaftsunternehmens zu gleichen Teilen hielten oder wenn eine gemeinsame Leitungsbefugnis bestehe. Außerdem meint die Kommission, dass sich die gemeinsame Leitungsbefugnis auf der Basis der Regelungen in der Vereinbarung zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens nachweisen lasse. 100. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 „[d]ie Kontrolle … durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet [wird], die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben“. 101. Nach der Rechtsprechung kann sich die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob das wettbewerbswidrige Verhalten einer Gesellschaft einer anderen Gesellschaft nach Art. 81 EG zugerechnet werden kann, nicht wie bei der Anwendung der Verordnung Nr. 139/2004 beim Nachweis der Kontrolle ausschließlich auf die Fähigkeit der Letzteren zur Einflussnahme stützen, ohne zu prüfen, ob tatsächlich ein Einfluss ausgeübt wurde (Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 69). 102. Vielmehr obliegt es ihr grundsätzlich, einen solchen entscheidenden Einfluss anhand einer Reihe tatsächlicher Umstände zu beweisen (vgl. Urteil Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zu diesen Umständen gehört, dass dieselben natürlichen Personen gleichzeitig leitende Positionen in der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft oder ihrem Gemeinschaftsunternehmen innehatten (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2011, Fuji Electric/Kommission, T‑132/07, Slg. 2011, II‑4091, Rn. 184, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 119 und 120) oder dass die genannten Gesellschaften die Weisungen ihrer einheitlichen Leitung zu befolgen hatten und sich auf dem Markt nicht unabhängig verhalten konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Rn. 29 angeführt, Rn. 527). 103. Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission nicht auf einen solchen direkten Beweis der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch RWE und Shell auf das Geschäftsverhalten von Shell & Dea Oil gestützt. 104. Die Feststellung im 510. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach „Shell und RWE während der Übergangsphase gemeinsam die Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen aus[übten]“, war nämlich auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses gestützt, wie sich aus der Fn. 666 der angefochtenen Entscheidung ergibt. Ferner hat die Kommission im 549. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „[i]n dieser Sache … die gemeinsame Kompetenz von Shell und RWE in der Geschäftsführung im Hinblick auf die Führung des Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen wurde (siehe Randnummer [510])“. Zudem hat die Kommission im 549. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Modalitäten der Entscheidungsfindung innerhalb der anderen Organe des Gemeinschaftsunternehmens abstrakt geprüft, d. h. ausschließlich auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens. Auf dieser Grundlage hat die Kommission am Ende des genannten Erwägungsgrundes den Schluss gezogen, dass Shell und RWE das Gemeinschaftsunternehmen im betreffenden Zeitraum gemeinsam kontrolliert hätten, und hat in der Fn. 680 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses verwiesen. 105. Daraus ergibt sich, dass die Kommission im vorliegenden Fall die gemeinsame Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch Shell und RWE auf das Geschäftsverhalten von Shell & Dea Oil wie bei einer nach den Regeln für die Genehmigung von Zusammenschlüssen durchgeführten Prüfung ausschließlich auf der Grundlage einer abstrakten Prüfung der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens, die vor der Aufnahme der Tätigkeit von Shell & Dea Oil unterzeichnet wurde, festgestellt hat. 106. Zweitens hat das Gericht somit zu prüfen, inwieweit eine derartige abstrakte und in die Zukunft gerichtete Prüfung, die im Bereich von Unternehmenszusammenschlüssen durchgeführt wird, wo der Erlass der Genehmigungsentscheidung der Aufnahme der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens vorausgeht, auch dem Nachweis der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens in einer Entscheidung dienen kann, mit der den Muttergesellschaften die Verantwortung für eine in der Vergangenheit von dem genannten Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG zugerechnet wird. 107. Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass, selbst wenn die Befugnis oder die Möglichkeit, die Geschäftsentscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens zu bestimmen, an sich lediglich auf der bloßen Fähigkeit beruht, einen bestimmenden Einfluss auf sein Geschäftsverhalten auszuüben, und damit unter den Begriff „Kontrolle“ im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 fällt, die Kommission und die Unionsgerichte davon ausgehen können, dass die gesetzlichen Vorschriften und die Bestimmungen der Vereinbarungen über den Betrieb dieses Unternehmens, insbesondere die der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens und der Stimmrechtsvereinbarung der Anteilseigner, umgesetzt und eingehalten wurden. Insoweit darf die Prüfung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens, wie bei der Prüfung hinsichtlich der Kontrolle, aus einer abstrakten Prüfung der vor der Aufnahme der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens unterzeichneten Dokumente bestehen. Insbesondere wenn diese Vorschriften und Bestimmungen vorsehen, dass für eine Beschlussfassung innerhalb eines Organs des Gemeinschaftsunternehmens die Stimmen jeder Muttergesellschaft erforderlich sind, können die Kommission und die Unionsgerichte in Ermangelung gegenteiliger Beweise zu der Feststellung gelangen, dass diese Beschlüsse von den Muttergesellschaften gemeinsam gefasst wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 137 bis 139, Fuji Electric/Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 186 bis 193, und General Technic-Otis/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 112 und 113). 108. Da jedoch die Prüfung hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses nachträglich erfolgt und daher auf konkreten Umständen beruhen kann, können sowohl die Kommission als auch die betroffenen Parteien den Nachweis erbringen, dass die Geschäftsentscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens nach anderen Modalitäten gefasst wurden als denen, die sich aus der bloßen abstrakten Prüfung der Vereinbarung über den Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens ergaben (vgl. in diesem Sinne Urteile Fuji Electric/Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 194 und 195, und General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 115 bis 117). Insbesondere können die Kommission oder die betroffenen Parteien den Nachweis erbringen, dass ungeachtet der Befugnis einer Muttergesellschaft, die betreffenden Beschlü sse über ihre Vertreter in den Organen des Gemeinschaftsunternehmens allein zu fassen, diese Beschlüsse tatsächlich von mehreren oder von allen Muttergesellschaften einstimmig gefasst wurden. Zur Rechtmäßigkeit der Feststellung der Kommission, dass die Verantwortlichkeit für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung RWE und Shell zuzurechnen ist 109. In Anbetracht der oben in den Rn. 99 bis 108 ausgeführten Erwägungen ist somit zu prüfen, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung genügend Umstände angeführt hat, um den Klägerinnen die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung zuzurechnen. 110. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission ihre Feststellung zur gesamtschuldnerischen Haftung der Klägerinnen und des Shell-Konzerns für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung auf zwei Gesichtspunkte gestützt hat. Erstens hat sie sich auf das Vorliegen einer gemeinsamen Leitungsbefugnis bezogen, die sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses, in dessen Rahmen Shell und RWE zunächst die gemeinsame Kontrolle über Shell & Dea Oil erlangt hatten und Shell dann nach Ablauf einer Übergangsfrist die alleinige Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen erwerben sollte, anhand der Prüfung der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens festgestellt hat. Zweitens hat sie den Umstand herangezogen, dass die beiden Muttergesellschaften gemeinsam und zu gleichen Teilen das gesamte Kapital des Gemeinschaftsunternehmens hielten. 111. Soweit die Klägerinnen erstens vortragen, die angenommene „gemeinsame Leitungsbefugnis“ bestehe eher in der bloßen Fähigkeit zur Ausübung eines bestimmenden Einflusses, d. h. einer Kontrolle im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004, als in der tatsächlichen Ausübung dieser Kontrolle, genügt der Hinweis, dass aus der gemeinsamen Leitungsbefugnis, wie sie sich aus den Vereinbarungen über den Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens ergibt, auf die tatsächliche gemeinsame Leitung geschlossen werden kann, wenn nicht das Gegenteil nachgewiesen wird (vgl. oben, Rn. 107 und 108). 112. Zweitens hat das Gericht zum Wesen der gemeinsamen Leitung in seinem Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 bis 138) diejenigen Indizien als relevant angesehen, die belegen, dass die von den Muttergesellschaften jeweils ernannten Mitglieder der Organe des Gemeinschaftsunternehmens, die die Geschäftsinteressen der Muttergesellschaften vertreten, bei der Festlegung und Umsetzung der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens eng zusammenarbeiten sollten und dass die von ihnen getroffenen Entscheidungen zwangsläufig einen übereinstimmenden Willen der von der Kommission zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelten. Außerdem zog das Gericht Hinweise darauf heran, dass zur Festlegung der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens regelmäßige Kontakte zwischen den Muttergesellschaften und den jeweils von ihnen ernannten Mitgliedern der Organe des Gemeinschaftsunternehmens stattfanden. Das Gericht hat nicht nur die strategische Entscheidungsfindung im Gemeinschaftsunternehmen geprüft, sondern auch die Führung des Tagesgeschäfts, und hat darauf hingewiesen, dass die beiden von den beiden Muttergesellschaften ernannten Direktoren auch in dieser Hinsicht eng zusammenarbeiten sollten (Urteil Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 bis 138). 113. Darüber hinaus hat das Gericht in seinem Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission (oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 112 und 118) hervorgehoben, dass das Kapital des Gemeinschaftsunternehmens zu 75 % von Otis Belgien und die verbleibenden 25 % von General Technic gehalten wurde und dass nach der Satzung des Gemeinschaftsunternehmens jeder Gesellschafter im Verwaltungsrat des Gemeinschaftsunternehmens im Verhältnis zu seiner Kapitalbeteiligung vertreten war. Da die Entscheidungen des Verwaltungsrats mit einer Mehrheit von 80 % der Stimmen getroffen werden mussten, hatte Otis notwendigerweise durch seine Vertreter im Verwaltungsrat während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung ihre Zustimmung zu allen diesen Entscheidungen erteilt. 114. Drittens verfügte im vorliegenden Fall RWE zwar über ein Vetorecht im Gesellschafterausschuss und in der Gesellschafterversammlung, dies betraf jedoch nicht sämtliche Entscheidungen bezüglich der Leitung des Gemeinschaftsunternehmens. Das ausschlaggebende Stimmrecht des von Shell ernannten Vorsitzenden der Geschäftsführung bedeutet jedoch, dass die von Shell ernannten Mitglieder auch gegen den Willen der von RWE ernannten Mitglieder Entscheidungen der Geschäftsführung treffen konnten. Somit konnte allein auf der Grundlage der in der angefochtenen Entscheidung genannten Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nicht nachgewiesen werden, dass die beiden Muttergesellschaften das Gemeinschaftsunternehmen in enger Zusammenarbeit geleitet haben und dass die Entscheidungsfindung in der Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens notwendigerweise den Willen jeder der zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelte. 115. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission keine konkreten tatsächlichen Nachweise, wie etwa Protokolle der Sitzungen der Geschäftsführung, dafür vorgelegt hat, dass das Gemeinschaftsunternehmen von den beiden Muttergesellschaften in enger Zusammenarbeit geleitet wurde und die von der Geschäftsführung getroffenen Entscheidungen den Willen jeder der zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelten. 116. Somit fehlten im vorliegenden Fall die Indizien, auf deren Grundlage das Gericht in den Urteilen Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt) und General Technic-Otis u. a./Kommission (oben in Rn. 26 angeführt) die gemeinsame Leitung festgestellt hat. 117. Drittens hat die Kommission jedoch geltend gemacht, dass es für den Nachweis einer wirtschaftlichen Einheit ausreiche, dass sich der von den Muttergesellschaften ausgeübte bestimmende Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im weiten Sinne, insbesondere auf strategische Entscheidungen, erstrecke. 118. Insoweit ist zunächst hervorzuheben, dass der Geschäftsführung eine bedeutende Rolle bei der Bestimmung der Geschäftspolitik von Shell & Dea Oil zukam. Nach Ziff. 13.2 der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens war die Geschäftsführung alleinverantwortlich für die Leitung der Geschäfte des Gemeinschaftsunternehmens und verfügte über die nötigen Befugnisse, um die Ziele des Gemeinschaftsunternehmens umzusetzen, auch wenn die strategischen Befugnisse dem Gesellschafterausschuss vorbehalten blieben. Nach Ziff. 12.5 dieser Vereinbarung beschränkten sich diese vorbehaltenen Befugnisse im Wesentlichen auf die Aufstellung des Haushalts und des Geschäftsplans, Entscheidungen bezüglich Investitionen und Verträge mit Dritten, deren Wert eine bestimmte Schwelle überschritt, die Benennung von Mitgliedern der Geschäftsführung und die Umstrukturierung. 119. Ferner ergibt sich aus der oben in den Rn. 112 und 113 angeführten Rechtsprechung, dass der Einfluss der Muttergesellschaften auf die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens, der über von den Muttergesellschaften benannte Mitglieder der Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt wird, für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen den Muttergesellschaften und dem genannten Gemeinschaftsunternehmen in hohem Maße relevant ist. 120. Des Weiteren kann die Frage der operativen Geschäftsführung zwar unerheblich sein, wenn es sich um eine zu 100 % von einer einzigen Muttergesellschaft gehaltene Tochtergesellschaft handelt, da der Nachweis der operativen Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft für sich genommen nicht die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen vermag (vgl. die oben in Rn. 49 angeführte Rechtsprechung). 121. Jedoch werden bei einem einzigen Anteilseigner alle Entscheidungen – einschließlich derjenigen, die die operative Geschäftsführung der Tochtergesellschaft betreffen – von Geschäftsführern getroffen, die unmittelbar oder (mittels der Organe, deren Mitglieder von der Muttergesellschaft benannt wurden) mittelbar von der Muttergesellschaft nominiert und ernannt werden. Da es keine weiteren Anteilseigner gibt, sind zudem die einzigen Geschäftsinteressen, die in der Tochtergesellschaft bestehen, grundsätzlich die des einzigen Anteilseigners. Daher kann die Kommission die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auch dort vermuten, wo die operative Geschäftsführung von Geschäftsführern der Tochtergesellschaft eigenständig wahrgenommen wird. 122. Bei Gemeinschaftsunternehmen gibt es eine Mehrheit von Anteilseignern, und die Entscheidungen seiner Organe werden von Mitgliedern getroffen, die die Geschäftsinteressen der verschiedenen Muttergesellschaften vertreten, die übereinstimmen, aber auch unterschiedlich sein können. Somit bleibt die Frage relevant, ob die Muttergesellschaft, insbesondere durch von ihr bestellte Geschäftsführer, einen tatsächlichen Einfluss auf die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt hat. 123. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen bereits in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte Gesichtspunkte vorgetragen hatten, die für die Beurteilung des Vorliegens einer gemeinsamen Leitung relevant sind. Sie hatten dort geltend gemacht, dass die Vertriebs‑ und Preispolitik des Gemeinschaftsunternehmens, d. h. im Wesentlichen die operative Geschäftsführung, auf den Entscheidungen von Shell beruht habe und von Shell kontrolliert worden sei; die Leitung des Gemeinschaftsunternehmens sei in die Strukturen von Shell integriert worden. Dagegen wurden die einzigen Argumente, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführt hat, um diese Gesichtspunkte zu widerlegen, aus den Vetorechten hergeleitet, die RWE im Gesellschafterausschuss und in der Gesellschafterversammlung hatte. Wie sich jedoch insbesondere aus der obigen Rn. 118 ergibt, fiel die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens nicht in die Kompetenz dieser Organe. Vielmehr waren die Entscheidungen, die für die Beurteilung, ob eine gemeinsame Leitung vorliegt, relevant sind, im Wesentlichen von der Geschäftsführung zu treffen. 124. Somit hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens nicht nachgewiesen. 125. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung außer der gemeinsamen Leitung keinen sich aus den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen ergebenden Anhaltspunkt angeführt hat, um nachzuweisen, dass RWE tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt hat. 126. Dass RWE und Shell zusammen 100 % des Kapitals von Shell & Dea Oil hielten, bedeutet nicht, dass der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache dem Sachverhalt ähnelte, der Gegenstand des oben in Rn. 76 angeführten Urteils Avebe/Kommission war, da das Gericht in jenem Urteil eine gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens festgestellt und seine Schlussfolgerungen, was die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses anging, auf weitere relevante Anhaltspunkte gestützt hatte, die im vorliegenden Fall fehlen. 127. In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission eine Liste über die Besetzung verschiedener Posten bei Dea Mineraloel, Shell & Dea Oil und den Klägerinnen durch dieselben Personen vorgelegt, aus der hervorgeht, dass drei Mitglieder des Vorstands von RWE Dea zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 gleichzeitig Mitglieder des Aufsichtsrats von Shell & Dea Oil waren. Bevor diese Personen Mitglieder des Aufsichtsrats von Shell & Dea Oil wurden, waren sie Mitglieder des Vorstands von Dea Mineraloel. Hingegen konnte es während des Bestehens des Gemeinschaftsunternehmens nicht zu Überschneidungen zwischen den Mitgliedern der Geschäftsführung oder des Gesellschafterausschusses einerseits und den Mitgliedern der Organe der Klägerinnen andererseits kommen. 128. Selbst unter der Annahme, dass sich die von der Kommission im vorliegenden Fall aufgezeigte gleichzeitige Besetzung mehrerer Posten auf die Beurteilung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auswirken kann, kann dieser Umstand die in der angefochtenen Entscheidung insoweit gezogene Schlussfolgerung nicht stützen. Die Begründung ist dem Betroffenen nämlich grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile des Gerichtshofs vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, Slg. 1981, 2861, Rn. 22, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 149). 129. Nach alledem ist festzustellen, dass die Anhaltspunkte, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragen hat, nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die Klägerinnen und Shell die Vorgehensweise von Shell und Dea Oil auf dem Markt gemeinsam festlegten, so dass die Kommission nicht den Schluss ziehen durfte, dass die Klägerinnen und Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Folglich hat die Kommission gegen Art. 81 EG verstoßen, als sie auf der alleinigen Grundlage der in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragenen Gesichtspunkte die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerinnen für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung festgestellt hat. 130. Daher ist dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes stattzugeben und die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission die Beteiligung der Klägerinnen an dem Kartell zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 festgestellt hat. Die Auswirkungen der festgestellten Rechtswidrigkeit auf den Betrag der Geldbuße werden unten in den Rn. 260 ff. geprüft. 2. Zum zweiten Klagegrund: Nichtanwendung der Kronzeugenregelung von 2002 auf die Klägerinnen 131. Hilfsweise machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission die Kronzeugenregelung von 2002 fehlerhaft angewandt und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe, soweit sie die gegen sie festgesetzte Geldbuße nicht unter Berücksichtigung des von Shell Deutschland Schmierstoff u. a. im Namen von Shell Deutschland Oil gestellten Kronzeugenantrags erlassen oder ermäßigt habe. Die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei daher „auf Null herabzusetzen, jedenfalls aber deutlich zu ermäßigen“, was dem Sinn und Zweck der Kronzeugenregelung ebenso wie der Absicht von Shell entspreche, die in deren Kronzeugenantrag dargelegt sei. Zum ersten Teil: Nichterstreckung des von Shell gestellten Kronzeugenantrags auf die Klägerinnen Zur angefochtenen Entscheidung 132. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt: „… „(732) … Shell [war] das erste Unternehmen …, das Beweismittel bezüglich der in dieser Entscheidung behandelten Zuwiderhandlung vorgelegt hat. Die übermittelten Beweismittel haben die Kommission in die Lage versetzt, eine Entscheidung zu erlassen und eine Nachprüfung bezüglich der mutmaßlichen Zuwiderhandlung in diesem Sektor durchzuführen. … (736) Daher kommt für Shell ein Geldbußenerlass gemäß Ziffer 8 der Kronzeugenregelung aus dem Jahre 2002 in Betracht, und die Geldbuße für Shell wird um 100 % ermäßigt. Diese Ermäßigung erstreckt sich auch auf die gesamtschuldnerische Haftung wegen des Verhaltens der Shell Deutschland Oil GmbH/Shell & Dea Oil GmbH. Für den sich aus diesem Verhalten ergebenden Teil der Geldbuße haftet folglich RWE alleine.“ 133. Zur fehlenden Geltung des Kronzeugenantrags von Shell Deutschland Schmierstoff für die Klägerinnen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: „… (524) Shell argumentiert, in dem Zeitraum, in dem Dea Mineralöl Teil der RWE-Gruppe war (d. h. vom Beginn der Zuwiderhandlung am 3. September 1992·bis zum 30. Juni 2002), müsse der Shell gewährte bedingte Erlass auch RWE zugute kommen. (525) Shell erklärt ferner, das Unternehmen könne und solle für den Zeitraum vom 2. Januar bis zum 30. Januar 2002 nicht gesamtschuldnerisch mit RWE haften, wenn die Kommission beabsichtige, eine Geldbuße gegen RWE festzusetzen. In dieser Sache sollten Shell und RWE getrennt verantwortlich gemacht werden. … (527)  … [D]ie Kommission [kann] eine allgemeine Erklärung nicht als Begründung dafür anerkennen, dass der Shell zu gewährende bedingte Erlass von Geldbußen auf RWE ausgeweitet werden müsse. Artikel 81 [EG] betrifft wettbewerbswidriges Verhalten auf dem Markt während eine[s] gewissen Zeitraum[s], während sich die Kronzeugenregelung auf Anträge auf Zusammenarbeit während eines Verwaltungsverfahrens bezieht. Für Letztere muss die Kommission daher bewerten, welchem Unternehmen der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung zuzurechnen war. Als Shell den Antrag auf Erlass der Geldbuße gestellt hat, gehörten Shell und RWE nicht zum selben Konzern. Shell ist daher das einzige Unternehmen, das die Anforderungen der Kronzeugenregelung von 2002 erfüllt und für das daher ein Erlass der Geldbuße in Betracht kommt.“ Zur ersten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Dea Mineraloel 134. Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission die Wirkung des von Shell gestellten Kronzeugenantrags nicht auf die Zuwiderhandlung erstreckt habe, die Dea Mineraloel zwischen 1992 und dem 2. Januar 2002 begangen habe, als die Klägerinnen zu 100 % an ihr beteiligt gewesen seien. Dea Mineraloel sei die Gesellschaft, deren Nachfolgerin Shell Deutschland Oil nach ihrer Übernahme durch Shell sei. Zudem sei die Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt habe, Shell Deutschland Schmierstoff, die Tochtergesellschaft von Shell Deutschland Oil. 135. Bei der Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 sei auf das Unternehmen, dem die Geldbuße erlassen werde, in der Form abzustellen, in der es zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung bestanden habe. Daher habe die Kommission gegen diese Regelung verstoßen, als sie es abgelehnt habe, den von Shell Deutschland Schmierstoff gestellten Kronzeugenantrag auf die Klägerinnen zu erstrecken. Dies ergebe sich u. a. aus Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, wonach bei der Festsetzung der Höhe der gegen Unternehmen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG verhängten Geldbußen die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen seien. Da sich die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung auf das Unternehmen bezögen, wie es während der Beteiligung an der Zuwiderhandlung bestanden habe, sei bei der Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 derselbe Unternehmensbegriff anzuwenden. 136. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der Rechtsprechung die Befugnis, gegen die Muttergesellschaft eine Sanktion wegen des Verhaltens einer Tochtergesellschaft zu verhängen, nicht auf die Rechtmäßigkeit einer allein an die an der Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft gerichteten Entscheidung auswirkt. Somit hat die Kommission die Wahl, die Sanktion entweder der an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft oder der Muttergesellschaft aufzuerlegen, die sie im fraglichen Zeitraum kontrollierte. Diese Wahl hat sie auch im Fall einer wirtschaftlichen Nachfolge in der Kontrolle über die Tochtergesellschaft, so dass sie das Verhalten der Tochtergesellschaft für die Zeit vor dem Übergang der alten Muttergesellschaft und für die Zeit danach der neuen Muttergesellschaft zurechnen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Rn. 331 und 332 und die dort angeführte Rechtsprechung). 137. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Kommission berechtigt ist, die Verantwortlichkeit der alten und der neuen Muttergesellschaft der an der Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft getrennt zu prüfen und festzustellen. 138. Daher hat im vorliegenden Fall die Kommission keinen Ermessensfehler begangen, als sie die Verantwortlichkeit von RWE für die von Dea Mineraloel (zwischen 1992 und dem 2. Januar 2002) begangene Zuwiderhandlung und die Verantwortlichkeit von Shell für die von den Nachfolgerinnen von DEA Mineraloel, d. h. von Shell Deutschland Oil und deren Tochtergesellschaft Shell Deutschland Schmierstoff, (ab dem 30. Juni 2002) begangene Zuwiderhandlung getrennt ermittelt hat. 139. Zweitens ist das Ziel des Kronzeugenprogramms der Kommission zu prüfen. 140. Hierzu ist bereits entschieden worden, dass die Herabsetzung von Geldbußen im Fall der Kooperation von Unternehmen, die an Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligt waren, auf der Erwägung beruht, dass eine solche Kooperation der Kommission die Aufgabe erleichtert, eine Zuwiderhandlung festzustellen und ihr gegebenenfalls ein Ende zu setzen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 399, und Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Rn. 225). 141. Außerdem heißt es in den Ziff. 3 und 4 der Kronzeugenregelung von 2002: „Der Kommission ist bekannt, dass manche Unternehmen, die sich an rechtswidrigen Absprachen beteiligen, ihre Beteiligung einstellen und sie von dem Bestehen des Kartells in Kenntnis setzen wollen, wegen der Gefahr hoher Geldbußen aber davor zurückschrecken. … Die Kommission ist der Auffassung, dass die [Union] ein Interesse daran hat, Unternehmen, die mit ihr zusammenarbeiten, Rechtsvorteile zu gewähren. Das Interesse der Verbraucher und Bürger an der Aufdeckung und Ahndung von Kartellen ist größer als das Interesse an der Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen, die es der Kommission ermöglichen, solche Verhaltensweisen aufzudecken und zu untersagen.“ 142. Aus der Kronzeugenregelung von 2002 ergibt sich demnach, dass das Verschulden und die Verantwortlichkeit der Unternehmen bei der Zuwiderhandlung durch die Anwendung dieser Regelung nicht in Frage gestellt werden und dass lediglich die finanziellen Folgen dieser Verantwortlichkeit ausgeschlossen oder reduziert werden, um einen Anreiz für die Unternehmen zu schaffen, Kartelle aufzudecken. 143. Daraus folgt, dass das einzige Ziel des Kronzeugenprogramms darin besteht, die Aufdeckung derartiger Praktiken im Interesse der europäischen Verbraucher und der Bürger zu erleichtern, indem ein Anreiz für an Kartellen beteiligte Unternehmen geschaffen wird, diese Kartelle offenzulegen. Somit dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 144. Drittens erlässt nach Ziff. 8 der Kronzeugenregelung von 2002 die Kommission einem Unternehmen die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, sofern das Unternehmen als erstes Beweismittel vorlegt, die es ihr ermöglichen, in einer Entscheidung eine Nachprüfung anzuordnen, um gegen ein mutmaßliches Kartell zu ermitteln, oder als erstes Beweismittel vorlegt, die es ihr ermöglichen, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG in Form eines mutmaßlichen Kartells festzustellen. 145. Somit stellt die Kronzeugenregelung von 2002 anders als Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, der sich auf die Dauer der Zuwiderhandlung und damit auf die verschiedenen Zusammensetzungen des Unternehmens, das die unmittelbar verantwortliche Gesellschaft oder die betroffene Tätigkeit umfasst, während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung bezieht, auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags ab, so dass der Begriff „Unternehmen“ grundsätzlich die wirtschaftliche Einheit bezeichnet, wie sie zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags besteht. 146. Diese Auslegung steht im Übrigen im Einklang mit dem Ziel der Kronzeugenregelung von 2002, das darin besteht, die Aufdeckung von Kartellen dadurch zu erleichtern, dass Anreize für die Beteiligten geschaffen werden, diese Kartelle offenzulegen. Da die Möglichkeit besteht, die Verantwortlichkeit einer unmittelbar am Kartell beteiligten Gesellschaft anderen Gesellschaften zuzurechnen, mit denen sie eine wirtschaftliche Einheit bildet, muss es, um den Anreiz zur Preisgabe von Informationen zu erhalten, die auch die Verantwortlichkeit dieser Gesellschaft implizieren, möglich sein, allen Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags dem Unternehmen angehören, die Sanktionen zu erlassen, die ohne diesen Antrag verhängt würden. 147. Dagegen wirkt sich die Erstreckung des Vorteils aus dem Kronzeugenantrag auf die Unternehmen, denen die unmittelbar am Kartell beteiligte Gesellschaft angehörte oder die betroffene Tätigkeit zuzuordnen war, normalerweise nicht auf die Rechtslage der Gesellschaften aus, die mit der den Antrag stellenden Gesellschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Unternehmen bilden. Somit kann eine solche Erstreckung grundsätzlich nicht dem einzigen mit der Kronzeugenregelung von 2002 verfolgten Ziel dienen, nämlich für Unternehmen Anreize zu schaffen, im Interesse der Verbraucher in der Union Kartelle preiszugeben. 148. Daraus folgt, dass die Kommission nicht gegen die Kronzeugenregelung von 2002 verstoßen hat, als sie im 527. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass der Umfang des Unternehmens, dem die Geldbuße zu erlassen sei, anhand der Sachlage bestimmt werden müsse, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags bestehe. 149. Viertens ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils des Klagegrundes lediglich geltend machen, dass ihnen der Erlass der Geldbuße zugutekommen müsse, der Shell wegen der Informationen gewährt worden sei, die Shell Deutschland Schmierstoff, eine Gesellschaft, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags der Shell-Gruppe angehört habe, der Kommission übermittelt habe. 150. Was den Zeitraum vor dem 2. Januar 2002 betrifft, hätte die Erstreckung des Geldbußenerlasses auf die Klägerinnen die Wirksamkeit der Umsetzung des Kronzeugenprogramms der Kommission nicht erhöhen und damit den europäischen Verbrauchern zugutekommen können. Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen wurde nämlich getrennt von der Verantwortlichkeit von Shell festgestellt. Daher konnte die gegen sie verhängte Geldbuße Shell keinen finanziellen Nachteil bringen und Shell somit nicht davon abbringen, alle Informationen vorzulegen, die sie der Kommission mitteilen wollte, um einen Erlass der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 zu erreichen. 151. Außerdem ist es, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, nicht unbillig, die neue Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft, die im Wege interner Untersuchungen eine Zuwiderhandlung entdeckt und daraufhin beschließt, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, durch die Gewährung eines Geldbußenerlasses zu belohnen und dem früheren Eigentümer des Unternehmens, der diese Bemühungen nicht entfaltet hat und nicht zur Aufklärung der Zuwiderhandlung beigetragen hat, diese Maßnahme nicht zugutekommen zu lassen. 152. Somit hat die Kommission im vorliegenden Fall die Kronzeugenregelung von 2002 ihrem Zweck entsprechend angewandt. 153. Fünftens schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist, ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C‑550/07 P, Slg. 2010, I‑8301, Rn. 54 und 55). 154. Im vorliegenden Fall besteht ein klarer Unterschied zwischen der Situation der Klägerinnen und der Situation der zur Shell-Gruppe gehörenden Gesellschaften, denen die Geldbuße nach dem Kronzeugenantrag von Shell Deutschland Schmierstoff erlassen wurde, weil nämlich Letztere anders als die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags mit Shell Deutschland Schmierstoff ein Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG bildeten. Dieser Unterschied ist im Hinblick auf die Erstreckung des Erlasses der Geldbuße von Bedeutung, wie sich aus den oben in den Rn. 145 bis 148 wiedergegebenen Erwägungen ergibt. 155. Somit hat die Kommission unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich behandelt, so dass sie nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. 156. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Feststellung der Kommission zu bestätigen ist, wonach den Klägerinnen der Shell gewährte Erlass der Geldbuße nicht zugutekommen konnte, soweit es um die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung geht. Zur zweiten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Shell & Dea Oil 157. Mit ihrer zweiten Rüge beanstanden die Klägerinnen, dass der der Shell-Gruppe gewährte Geldbußenerlass nicht auf die Geldbuße erstreckt worden sei, die gegen sie wegen der von Shell & Dea Oil, dem Gemeinschaftsunternehmen von Shell und RWE, während des Zeitraums zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 begangenen Zuwiderhandlung verhängt worden sei. 158. Hierzu genügt der Hinweis, dass das Gericht nach Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären ist, soweit die Kommission gegen die Klägerinnen Sanktionen wegen der von Shell & Dea Oil begangenen Zuwiderhandlung verhängt hat. Daher braucht die vorliegende Rüge nicht mehr geprüft zu werden. 159. Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die Rüge der Nichterstreckung des Shell für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung gewährten Geldbußenerlasses zurückzuweisen und braucht über die Nichterstreckung des Shell für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung gewährten Geldbußenerlasses nicht entschieden zu werden. Zum zweiten Teil: Anspruch der Klägerinnen auf vollständigen Erlass oder eine erhebliche Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 160. Die Klägerinnen machen geltend, dass ihnen die Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 hätte erlassen oder sie erheblich hätte herabgesetzt werden müssen. Die von Shell gelieferten Informationen hätten nämlich von früheren Angestellten der Gesellschaften Dea Mineraloel und Shell & Dea Oil – die zu Shell Deutschland Oil, der Muttergesellschaft von Shell Deutschland Schmierstoff, geworden seien – gestammt. 161. Jedenfalls hätten auch die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren wichtige Beweismittel beigebracht, und der einzige Grund dafür, dass sie diese nicht früher hätten vorlegen können, sei gewesen, dass die Kommission ihnen sehr spät mitgeteilt habe, dass die Untersuchung auch gegen sie geführt worden sei. 162. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Beurteilung der Frage, ob Auskünfte oder Schriftstücke, die die Unternehmen freiwillig geliefert haben, ihre Aufgabe erleichtert haben und ob einem Unternehmen ein Nachlass im Sinne der Kronzeugenregelung von 2002 zu gewähren ist, über ein Ermessen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 394, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Rn. 248). Dessen ungeachtet kann sich das Gericht nicht auf diesen Ermessensspielraum stützen, um insoweit auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung zu verzichten (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13085, Rn. 62). 163. Ferner beruht nach der oben in Rn. 140 angeführten Rechtsprechung die Herabsetzung von Geldbußen bei einer Zusammenarbeit von an Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligten Unternehmen auf der Erwägung, dass eine solche Zusammenarbeit die Aufgabe der Kommission erleichtert, eine Zuwiderhandlung festzustellen und ihr gegebenenfalls ein Ende zu setzen. 164. Außerdem besteht, wie oben in Rn. 143 ausgeführt, das einzige Ziel des Kronzeugenprogramms darin, die Aufdeckung von Kartellen im Interesse der europäischen Verbraucher und Bürger dadurch zu erleichtern, dass für die Beteiligten ein Anreiz geschaffen wird, sie preiszugeben. Daher dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 165. Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Kronzeugenregelung von 2002 – anders als Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, der sich auf die Dauer der Zuwiderhandlung und damit auf die unterschiedlichen Zusammensetzungen des Unternehmens, das die unmittelbar verantwortliche Gesellschaft oder die betroffene Tätigkeit umfasst, während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung bezieht – auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags abstellt, so dass der Begriff „Unternehmen“ grundsätzlich die wirtschaftliche Einheit bezeichnet, wie sie zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags besteht. 166. Demnach ist der Umstand, dass die Informationen, durch die Shell in den Genuss des Kronzeugenprogramms gelangen konnte, von Angestellten geliefert wurden, die vor der Übernahme von Dea Mineraloel durch Shell beim RWE-Konzern beschäftigt gewesen waren, für die Beurteilung, ob die Klägerinnen einen Anspruch auf Erlass oder Herabsetzung der Geldbuße haben, ohne Bedeutung. 167. Die Klägerinnen führen nämlich keine rechtliche Regel an, nach der die Kommission sie deshalb von der Zahlung der Geldbuße befreien müsste, weil die Angestellten, die zu der Aufdeckung des Kartells oder der vom Kartell erfassten Tätigkeit der Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt hat, beigetragen haben, in der Vergangenheit einer von ihnen gehaltenen Gesellschaft angehörten. 168. Dagegen ergibt sich aus der Kronzeugenregelung von 2002, die auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags abstellt, dass die Aussagen der Angestellten der Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt hat, nur dem Unternehmen zugutekommen können, dem diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags angehörte. Nur eine solche Auslegung gewährleistet, dass der Erlass oder die Herabsetzung der Geldbuße, die gemäß dem Kronzeugenprogramm gewährt werden, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um das Ziel dieses Programms zu erreichen, das darin besteht, einen Anreiz für an Kartellen beteiligte Unternehmen zu schaffen, diese offenzulegen. 169. Daher ist die erste Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen. 170. Zweitens machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission ihre Geldbuße wegen der Beweismittel, die sie selbst während des Verwaltungsverfahrens vorgelegt hätten, erheblich hätte herabsetzen müssen. 171. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Klägerinnen lediglich die Zurückweisung eines Arguments von MOL im 222. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnen, zu dem sie zusätzliche Beweismittel vorgelegt hätten. Wie die Kommission ausgeführt hat, wurde die Beteiligung von MOL an dem Kartell jedoch auf der Grundlage erschöpfender Beweise festgestellt. Außerdem haben die Klägerinnen diese Informationen in Beantwortung eines Auskunftsersuchens der Kommission zu einem Zeitpunkt vorgelegt, zu dem bereits mindestens drei andere Unternehmen freiwillig Beweise und Informationen zur Funktionsweise des Kartells vorgelegt hatten. Somit hat die Kommission keinen Fehler begangen oder rechtswidrig gehandelt, als sie es abgelehnt hat, den Klägerinnen gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 die Geldbuße zu erlassen oder diese herabzusetzen. 172. Jedenfalls ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass in Anbetracht aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Falles die von den Klägerinnen vorgetragenen Gesichtspunkte nicht ausreichen, um eine derartige Herabsetzung zu rechtfertigen. 173. Dementsprechend ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen 174. Im Rahmen des dritten Teils des zweiten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass ihre Möglichkeiten, einen Kronzeugenantrag zu stellen, von Anfang an eingeschränkt gewesen seien, da die von der fraglichen Zuwiderhandlung betroffene Tätigkeit auf Shell übertragen worden sei. Dass die Kommission sie nicht vor der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte darüber informiert habe, dass die Untersuchung auch gegen sie geführt worden sei, habe ihnen die Möglichkeit genommen, rechtzeitig einen Kronzeugenantrag zu stellen. Damit habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt. 175. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 10, und vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Rn. 21). 176. Dieser Grundsatz kommt in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck, der vorsieht, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, so klar angeführt sein müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Rn. 67), dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, und sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor diese eine endgültige Entscheidung erlässt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die endgültige Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit hatten, sich zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). 177. Im vorliegenden Fall behaupten die Klägerinnen nicht, dass die an sie gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht alle Tatsachen enthalten habe, auf die die angefochtene Entscheidung ihnen gegenüber gestützt sei. Sie machen lediglich geltend, sie seien dadurch, dass die Kommission sie nicht auf die Einleitung des Verwaltungsverfa hrens hingewiesen habe, in eine ungünstigere Lage versetzt worden als die Unternehmen, bei denen die Kommission Nachprüfungen durchgeführt habe. 178. Der Gerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass die Kommission, sofern der Adressat einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzt wird, seinen Standpunkt zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission behaupteten Tatsachen und Umstände im Lauf des kontradiktorischen Verwaltungsverfahrens in geeigneter Weise zu Gehör zu bringen, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, vor der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Ermittlungsmaßnahme an diesen Adressaten zu richten (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 122). 179. Daher können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte berufen. 180. Diese Feststellung kann nicht durch den Hinweis der Klägerinnen auf die Entscheidung der Kommission vom 3. September 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.069 – Kupfer-Installationsrohre) in Frage gestellt werden. Entscheidungen in anderen Verfahren können, wenn die in diesen Verfahren fraglichen tatsächlichen Gegebenheiten nicht die gleichen sind, nur Hinweischarakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Rn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Rn. 60). 181. Ebenso wenig können sich die Klägerinnen mit Erfolg darauf berufen, dass die Übertragung der vom Kartell erfassten Tätigkeit auf Shell ihnen die Zusammenarbeit mit der Kommission erschwert habe. 182. Wie die Kommission hiergegen zu Recht eingewandt hat, waren die Klägerinnen nämlich durch nichts daran gehindert, während des Zeitraums, in dem Dea Mineraloel eine wirtschaftliche Einheit mit ihnen bildete, einen Kronzeugenantrag zu stellen. 183. Zudem ist es nicht Ziel des Kronzeugenprogramms, an Kartellen beteiligte Unternehmen, die von der Einleitung des Verfahrens der Kommission Kenntnis erlangt haben, die Möglichkeit einzuräumen, den finanziellen Folgen ihrer Verantwortung zu entgehen, sondern die Aufdeckung derartiger Praktiken im Interesse der europäischen Verbraucher und Bürger durch die Schaffung von Anreizen für die Beteiligten, diese Praktiken offenzulegen, zu erleichtern. Daher dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 184. Kein Interesse der europäischen Verbraucher verlangt jedoch, dass die Kommission einer größeren Zahl von Unternehmen als der, die zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms erforderlich ist, den Vorteil eines Erlasses oder einer Herabsetzung der Geldbuße zuteilwerden lässt, indem sie diesen Vorteil auch anderen Unternehmen als denen gewährt, die als Erste Beweise beigebracht haben, welche der Kommission die Anordnung von Nachprüfungen oder die Feststellung einer Zuwiderhandlung ermöglichen. 185. Somit ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 3. Zum dritten Klagegrund: Ermittlung des für die Bemessung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zugrunde gelegten Umsatzes 186. Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission bei der Bestimmung des als Bemessungsgrundlage für die Geldbuße zugrunde zu legenden Umsatzes gegen Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, da sie die wesentlichen Grundsätze der Bestimmung der Höhe der Geldbuße nicht beachtet habe, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit. Im Wesentlichen rügen sie, dass die Kommission den in den Jahren 1999 bis 2001 auf den vom Kartell erfassten Märkten durchschnittlich erzielten Umsatz zugrunde gelegt habe, den sie anhand der Angaben von Shell und nicht anhand der von ihnen vorgelegten Angaben berechnet habe. Auch habe die Kommission ihre Begründungspflicht in dieser Hinsicht verletzt. Zum ersten Teil: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Berechnung des Umsatzes der Klägerinnen 187. Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission bei der Berechnung des Umsatzes die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt habe. Zum einen ergebe sich aus der angefochtenen Entscheidung nicht, warum die Kommission als Referenzzeitraum die drei letzten Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung gewählt habe. Zum anderen begründe sie nicht ausreichend, warum sie die Angaben von Shell zum Umsatz der Klägerinnen zugrunde gelegt habe. 188. Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg. 2001, I‑2481, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 146). 189. Somit hat die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Rn. 145, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 462). 190. Die Begründung ist dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile Michel/Parlament, oben in Rn. 128 angeführt, Rn. 22, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 463, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 149). 191. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Rn. 63, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Rn. 166 und 178). 192. Ist wie im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union an mehrere Adressaten gerichtet und betrifft sie die Zurechnung der Zuwiderhandlung, muss sie in Bezug auf jeden Adressaten hinreichend begründet sein, insbesondere aber in Bezug auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung nach dieser Entscheidung zur Last gelegt wird. Daher muss eine solche Entscheidung in Bezug auf die Muttergesellschaft, die für eine Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, eine ausführliche Darlegung der Gründe enthalten, die es rechtfertigen, die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur ersten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Wahl des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung 193. Erstens machen die Klägerinnen geltend, dass nach den Leitlinien von 2006 der maßgebliche Zeitraum für die Bestimmung des relevanten Umsatzes das letzte Jahr der Beteiligung an der Zuwiderhandlung sei. Nach den Erwägungsgründen 629 und 631 der angefochtenen Entscheidung sei dies für den RWE-Konzern das Jahr 2001 gewesen. Der angefochtenen Entscheidung lasse sich nicht entnehmen, warum sich die Kommission als Methode allgemein dafür entschieden habe, den durchschnittlichen in drei Jahren erzielten Umsatz und nicht den in einem einzigen Jahr erzielten Umsatz zugrunde zu legen. 194. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Einklang mit Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 im 629. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass sie zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße in der Regel den Umsatz des Unternehmens auf dem betreffenden Markt im letzten vollständigen Geschäftsjahr seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung zugrunde lege. 195. In den Erwägungsgründen 632 und 633 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Argumente von ExxonMobil und von MOL angeführt, mit denen geltend gemacht worden war, dass die Erweiterungen der Union, insbesondere die von 2004, starke Auswirkungen auf den Umsatz mehrerer Beteiligter gehabt hätten. Selbst die Klägerinnen haben hierzu in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt, dass nach ihrer Ansicht nur der Umsatz, den Dea Mineraloel in den 15 Mitgliedstaaten erzielt habe, aus denen die Union bis zum 1. Mai 2004 bestanden habe, berücksichtigt werden dürfe. Die Kommission hat zu diesen Argumenten im 634. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wie folgt Stellung genommen: „Die Kommission erkennt an, dass das Jahr 2004 wegen der Erweiterung der Europäischen Union im Mai ein Ausnahmejahr war. Sie hält es daher für angemessen, die Umsätze des Jahres 2004 nicht als einzige Grundlage für die Berechnung der Geldbuße anzunehmen, sondern sich stattdessen auf die Umsätze der letzten drei Geschäftsjahre, in denen die Einheit an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zu stützen.“ 196. Mithin geht der Grund dafür, dass die Kommission auf den während der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung erzielten durchschnittlichen Umsatz und nicht auf den im letzten vollständigen Geschäftsjahr der Beteiligung erzielten Umsatz abgestellt hat, klar aus der angefochtenen Entscheidung hervor. 197. Zweitens machen die Klägerinnen jedoch geltend, dass die Kommission nicht begründet habe, warum sie sich dafür entschieden habe, den von den Klägerinnen im Zeitraum 1999 bis 2001 erzielten Umsatz und nicht den allein im Jahr 2001 erzielten Umsatz zugrunde zu legen. Zudem habe die Kommission das Argument der Klägerinnen zurückgewiesen, wonach das Geschäftsjahr 2001/2002 ein Ausnahmejahr gewesen sei und vielmehr auf den durchschnittlichen Umsatz abzustellen sei, den Dea Mineraloel während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung, d. h. in den Jahren 1992/1993 bis 2000/2001, erzielt habe (639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission habe jedoch in keiner Weise erklärt, warum sie sich, statt diesen Referenzzeitraum zu wählen, auf den durchschnittlichen Umsatz der Jahre 1999 bis 2001 gestützt habe. 198. Hierzu ist auf die oben in Rn. 191 angeführte Rechtsprechung hinzuweisen, wonach das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. 199. Außerdem ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Kommission verpflichtet ist, den zu berücksichtigenden Zeitraum so abzugrenzen, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T‑319/94, Slg. 1998, II‑1331, Rn. 42). Zweitens ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für jedes der beschuldigten Unternehmen nach der Methode, die sie im 634. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgelegt hat, durchgehend den in den letzten drei Jahren der Beteiligung am Kartell erzielten Umsatz verwendet hat. 200. Folglich lassen sich der angefochtenen Entscheidung, wie sie in ihrer Gesamtheit und anhand ihres Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet auszulegen ist, die Gründe entnehmen, aus denen die Kommission hinsichtlich der Klägerinnen als Referenzzeitraum auf den Zeitraum 1999 bis 2001 statt nur auf das Jahr 2001 abgestellt hat. Somit ist die Rüge der unzureichenden Begründung in dieser Hinsicht zurückzuweisen. Zur zweiten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Bestimmung des Umsatzes 201. Die Klägerinnen tragen vor, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung ihnen nicht erlaube, zu überprüfen, ob die Kommission ihren Umsatz für den Zeitraum 1999 bis 2001 zutreffend bestimmt habe. 202. Sie hätten anhand der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht nachprüfen können, ob die Kommission die Durchschnittsumsätze für den Zeitraum 1999 bis 2001 richtig ermittelt habe. Offenbar habe sich die Kommission auf die Angaben von Shell gestützt, weil sie der Ansicht gewesen sei, RWE habe keine nach Paraffinwachs und Gatsch aufgeschlüsselten Umsätze für das Jahr 2001 angeben können. Nach dem 628. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hätten die von der Shell-Gruppe gelieferten Zahlen mit den von den Klägerinnen angegebenen Gesamtumsätzen übereingestimmt. Dies hätten die Klägerinnen jedoch nicht nachvollziehen können, da ihnen die von Shell eingereichten Umsatzzahlen während des Verwaltungsverfahrens nicht zugänglich gemacht worden seien. Aus ihren Zahlen ergebe sich jedenfalls, dass das Paraffinwachsgeschäft der früheren Dea Mineraloel in den Geschäftsjahren 1998/1999 bis 2000/2001 durchschnittlich Umsatzerlöse in Höhe von ca. 18,2 Mio. Euro erwirtschaftet habe. Das seien 280 000 Euro weniger als von der Kommission veranschlagt. 203. Im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es: „… Der durchschnittliche jährliche Wert der Verkäufe von Paraffinwachs [der RWE-Gruppe] im EWR betrug in den Jahren 1999-2001 laut Shell 13 785 353 EUR. Der durchschnittliche jährliche Umsatz im Paraffingatsch belief sich in den Jahren 1999-2001 laut Shell im EWR auf 4 670 083 EUR.“ 204. Im 628. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es: „Die Kommission ist bei ihren Berechnungen von den Zahlen ausgegangen, die ihr von den Unternehmen vorgelegt wurden. Da RWE keine nach Produkten aufgeschlüsselten Umsätze für das Jahr 2001 anzugeben in der Lage war, hat die Kommission Angaben von Shell verwendet, die mit den von RWE angegebenen Gesamtumsätzen übereinstimmen. …“ 205. Hierzu ist bereits entschieden worden, dass die Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts ihrer Begründungspflicht genügt, wenn sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angibt, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen; sie ist nicht verpflichtet, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693, Rn. 38 bis 47, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Rn. 1532). Zahlenangaben zur Berechnungsweise von Geldbußen sind, so nützlich sie auch sein mögen, für die Beachtung der Begründungspflicht nicht unabdingbar (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Salzgitter/Kommission, C‑182/99 P, Slg. 2003, I‑10761, Rn. 75, und Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T‑68/04, Slg. 2008, II‑2511, Rn. 31). 206. Außerdem ist darauf hinzuweisen dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 31. Januar 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission behauptet haben, keine Zahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 vorlegen zu können. In Ermangelung dieser Zahlen konnte jedoch der Umsatz für das Kalenderjahr 2001, den die Kommission in der angefochtenen Entscheidung durchgehend zugrunde gelegt hat, nicht ermittelt werden. Ebenso haben die Klägerinnen in dieser Antwort behauptet, keine nach Paraffinwachs und Gatsch aufgeschlüsselten Zahlen für die früheren Geschäftsjahre vorlegen zu können. Solche aufgeschlüsselten Zahlen waren jedoch für die Berechnung der Geldbuße angesichts der Tatsache notwendig, dass der für die Schwere der Zuwiderhandlung ermittelte Koeffizient für diese beiden Produktgruppen unterschiedlich war, nämlich 18 % für Paraffinwachs und 15 % für Gatsch. 207. Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 5. März 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission angaben, dass sie Shell kontaktiert hätten, um sich über die verfügbaren Umsatzzahlen zu informieren, und dass sie darüber auf dem Laufenden gewesen seien, dass Shell der Kommission die Umsatzzahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 bereits übermittelt habe. Sie verwiesen auf die von Shell für dieses Geschäftsjahr vorgelegten Zahlen und räumten ein, dass solche zuverlässigen und verfügbaren Zahlen für die RWE-Gruppe fehlten. 208. Es ist somit zu konstatieren, dass die Klägerinnen in dem Schriftwechsel nach der Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte der Verwendung der von Shell gelieferten Umsatzzahlen durch die Kommission nicht widersprochen, sondern die Kommission vielmehr darin bestärkt haben, sie für das Geschäftsjahr 2001/2002 zu benutzen. 209. Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass sich der angefochtenen Entscheidung, wie sie in ihrer Gesamtheit und in ihrem Kontext, insbesondere im Licht des Schriftwechsels zwischen den Klägerinnen und der Kommission, sowie anhand sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet auszulegen ist, die Gründe entnehmen lassen, aus denen die Kommission die von Shell gelieferten Zahlen verwendet hat. 210. Zu dem Argument der Klägerinnen, dass die angefochtene Entscheidung nicht die Methode erkennen lasse, die Shell bei der Aufschlüsselung der Umsätze zwischen Paraffinwachs und Gatsch angewandt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht erfüllt hat, als sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angegeben hat, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen, und dass sie nicht verpflichtet ist, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen (vgl. die oben in Rn. 205 angeführte Rechtsprechung). 211. Im Übrigen durfte die Kommission aufgrund der Angaben der Klägerinnen im Verwaltungsverfahren annehmen, dass die Klägerinnen die von Shell gelieferten Zahlen angesichts der zwischen den beiden Gruppen bestehenden Kontakte und der Tatsache, dass die Klägerinnen selbst auf diese Zahlen verwiesen hatten, nicht in Abrede stellen würden. Da indes keine allgemeine Verpflichtung besteht, sämtliche relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte im Einzelnen anzugeben, und der Umfang der Begründungspflicht u. a. vom Kontext des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts abhängt, brauchte die Kommission, insbesondere in Anbetracht der Angaben der Klägerinnen zur Kontaktaufnahme zu Shell in dieser Angelegenheit und ihrer Bezugnahme auf einen Teil der im Besitz von Shell befindlichen Daten, in die angefochtene Entscheidung keine detaillierte Analyse der von Shell vorgelegten Zahlen aufzunehmen. 212. Außerdem haben die K lägerinnen in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt, dass Shell ihnen am 25. Januar 2008 tatsächlich Umsatzzahlen zur Verfügung gestellt habe, die aus derselben Datenbank gestammt hätten wie die Angaben, die Shell der Kommission übermittelt habe. Der bloße Umstand, dass sich die von Shell übermittelten Angaben nicht auf Kalenderjahre bezogen, sondern auf die jeweils von Anfang Juli bis Ende Juni laufenden Geschäftsjahre, konnte die Klägerinnen nicht daran hindern, die Berechnungsmethode der Kommission zu erkennen, da in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen wird, dass der Umsatz anhand von Angaben je Kalenderjahr berechnet worden sei. Somit konnten die Klägerinnen aufgrund der angefochtenen Entscheidung und des Kontexts, in dem sie erlassen wurde, erkennen, dass die Kommission die auf Geschäftsjahre bezogenen Angaben an ihre Methode angepasst hatte, nach der Kalenderjahre berücksichtigt wurden. 213. Daher ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße Zur Wahl des Referenzzeitraums (Kalenderjahre 1999 bis 2001) 214. Die Klägerinnen machen geltend, der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße stehe außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung, da ihr Umsatz während des von der Kommission gewählten Referenzzeitraums (1999 bis 2001) erheblich höher gewesen sei als während des vorherigen (1992 bis 1998) und des folgenden Zeitraums (2002 bis 2004). Der Betrag der Geldbuße, der anhand des so festgestellten Umsatzes berechnet worden sei, spiegle nicht die Schwere der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung wider, da der während des Referenzzeitraums erzielte Umsatz nicht für den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung repräsentativ sei. Daher habe die Kommission gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. 215. Um der Schwere der Zuwiderhandlung besser Rechnung zu tragen, hätte die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen den während der gesamten Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung auf den vom Kartell erfassten Märkten durchschnittlich erzielten Umsatz zugrunde legen müssen. Hätte sich die Kommission auf den in den Geschäftsjahren 1992/1993 bis 2000/2001 durchschnittlich erzielten Umsatz gestützt, wäre sie, ceteris paribus , zu einer Geldbuße von etwa 30,95 Mio. Euro anstelle der gegen die Klägerinnen festgesetzten 37 440 000 Euro gelangt. 216. Nach der Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Rn. 13, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Rn. 96, Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 223). 217. Im Rahmen der von der Kommission zur Ahndung von Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren bedeutet die Anwendung dieses Grundsatzes, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. zur Beachtung dieser Regeln – stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere und Dauer in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Rn. 216 angeführt, Rn. 223 und 224 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere bedeutet dies, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Gesichtspunkte dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Rn. 226 bis 228, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Rn. 171). 218. Was zudem die Wahl des Referenzzeitraums betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission eine Berechnungsmethode zu wählen hat, die es ihr ermöglicht, Größe und Wirtschaftskraft eines jeden betroffenen Unternehmens sowie das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Zudem muss nach der Rechtsprechung der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen – und die Marktanteile – so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. Das Referenzjahr muss daher nicht unbedingt das letzte volle Jahr sein, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat (Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, Slg. 2011, II‑6681, Rn. 177, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission, T‑26/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 81 und 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). 219. Folglich kann ein bestimmtes Unternehmen nur dann verlangen, dass die Kommission bei ihm auf einen anderen als den im Allgemeinen herangezogenen Zeitraum abstellt, wenn es nachweist, dass der von ihm im letztgenannten Zeitraum erzielte Umsatz aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine wirkliche Größe und seine Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet (Urteile des Gerichts Fiskeby Board/Kommission, oben in Rn. 199 angeführt, Rn. 42, und vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑175/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 142). 220. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission dadurch, dass sie auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre der Beteiligung jedes an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens abgestellt hat, einen Referenzzeitraum gewählt hat, der insgesamt der in der oben in Rn. 216 angeführten Rechtsprechung aufgestellten Anforderung genügt, den zu berücksichtigenden Zeitraum so abzugrenzen, dass die ermittelten Zahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. 221. Zweitens haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass der von ihnen im letztgenannten Zeitraum erzielte Umsatz aus für sie spezifischen Gründen weder für ihre wirkliche Größe und ihre Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. 222. Zwar war der maßgebliche Umsatz der Jahre 1999 bis 2001 im Durchschnitt höher als die Jahresumsätze der früheren Jahre der Beteiligung, jedoch ergibt sich aus Rn. 130 der Klageschrift, dass dies im Wesentlichen auf den Umstand zurückzuführen ist, dass der auf den vom Kartell erfassten Märkten erzielte Umsatz der Klägerinnen während des Zeitraums der Beteiligung an der Zuwiderhandlung kontinuierlich gestiegen ist. Ein solcher Anstieg kann indes die typische Folge eines Kartells sein, zu dessen Hauptzielen es gehört, die Preise der betreffenden Erzeugnisse zu erhöhen. Zudem kann eine solche Erhöhung zumindest teilweise auch auf allgemeinen Faktoren beruhen, wie der Inflation oder einer ebenfalls steigenden Tendenz des Preises für die Rohstoffe der fraglichen Erzeugnisse auf dem Weltmarkt, die hier gegeben war, da nach den Angaben der Kommission der Rohölpreis zwischen 1992 und 2001 erheblich gestiegen ist. 223. Dagegen nennen die Klägerinnen keinen außergewöhnlichen Umstand, der den Anstieg ihres Umsatzes im Zeitraum 1992 bis 2001 verursacht hätte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass diese Erhöhung tendenziell ist und in einer engen Korrelation mit dem Rohölpreis steht. 224. Auch können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der von ihnen im Referenzzeitraum erzielte durchschnittliche Jahresumsatz höher war als der des Zeitraums 2002 bis einschließlich 2004. Abgesehen von der ersten Hälfte des Jahres 2002 besaßen die Klägerinnen nämlich in diesem Zeitraum nicht mehr die unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligte Gesellschaft. Somit stand der Rückgang des Umsatzes von Shell Deutschland Oil gegenüber dem von Dea Mineraloel in keinem Zusammenhang mit der Geschäftspolitik der Klägerinnen, so dass er nicht zu ihren Gunsten geltend gemacht werden kann. 225. Folglich haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass der Umsatz, den sie im Referenzzeitraum erzielt haben, aus für sie spezifischen Gründen weder für ihre wirkliche Größe und ihre Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. 226. Da die von der Kommission getroffene Wahl des Referenzzeitraums den in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen entspricht, gehen die Argumente der Klägerinnen bezüglich der Möglichkeit, die Daten für das Geschäftsjahr 1993/1994 zu rekonstruieren, ins Leere und sind daher zurückzuweisen. 227. Nach dem Vorstehenden ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie als Berechnungsgrundlage den durchschnittlichen Jahresumsatz der Klägerinnen im Zeitraum 1999 bis 2001 herangezogen hat, weder gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. 228. Jedenfalls gelangt das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu der Auffassung, dass die hinsichtlich der Klägerinnen getroffene Wahl des Referenzzeitraums nach sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Falles gerechtfertigt ist. Zur Berücksichtigung der von Shell vorgelegten Zahlen 229. Mit ihrer zweiten Rüge machen die Klägerinnen geltend, dass sich die Kommission auf die von Shell gelieferten und nicht auf die von ihnen vorgelegten Umsatzzahlen gestützt habe. 230. Zunächst ist daran zu erinnern, dass nach den Ziff. 15 und 16 der Leitlinien von 2006 die Kommission den Umsatz eines Unternehmens mittels der zuverlässigsten Daten bestimmt, die von diesem Unternehmen verfügbar sind. Sind die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig, kann die Kommission den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen. 231. Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren wiederholt angegeben haben, sie seien nicht in der Lage, Daten für das Geschäftsjahr 2001/2002 vorzulegen. Die erste Hälfte dieses Geschäftsjahrs fiel indes in das Kalenderjahr 2001, das zu dem von der Kommission zugrunde gelegten Referenzzeitraum (Kalenderjahre 1999 bis 2001) gehörte. 232. Ferner haben die Klägerinnen in Beantwortung der Auskunftsersuchen der Kommission wiederholt ausgeführt, dass sie keine nach Produktgruppen aufgeschlüsselten Zahlen hätten vorlegen können. Angesichts der Tatsache, dass die von der Kommission für die Schwere der Zuwiderhandlung verwendeten Koeffizienten für Paraffinwachs und Gatsch unterschiedlich waren, waren jedoch aufgeschlüsselte Zahlen für die Berechnung der Höhe des Bußgelds unerlässlich (vgl. oben, Rn. 206). 233. Somit waren die von den Klägerinnen gelieferten Daten unvollständig, so dass die Kommission andere Daten verwenden musste, um den Betrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße berechnen zu können. 234. Zweitens ergibt sich aus der Antwort von Shell vom 31. Januar 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission, dass die von Shell vorgelegten Daten kohärent und vollständig waren und für sich allein genommen für die Berechnung der Kommission ausreichten. 235. Drittens ist daran zu erinnern (vgl. oben, Rn. 207 und 208), dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 5. März 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission angegeben haben, dass sie Shell kontaktiert hätten, um sich über die für sie verfügbaren Umsatzzahlen zu informieren, und dass sie darüber auf dem Laufenden gewesen seien, dass Shell der Kommission die Umsatzzahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 bereits übermittelt habe. Sie haben auf die von Shell für dieses Geschäftsjahr vorgelegten Zahlen verwiesen und eingeräumt, dass solche zuverlässigen und verfügbaren Zahlen für die RWE-Gruppe fehlten. 236. Viertens machen die Klägerinnen nicht ausdrücklich geltend, dass der von der Kommission für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 für Paraffinwachs und Gatsch angenommene Umsatz unzutreffend sei. Sie weisen lediglich darauf hin, dass das Paraffinwachsgeschäft der ehemaligen Dea Mineraloel in den Geschäftsjahren 1998/1999 bis 2000/2001 durchschnittlich Umsätze von etwa 18,2 Mio. Euro eingebracht habe und dass diese Zahl um etwa 280 000 Euro niedriger sei als die von der Kommission veranschlagte. Dieses Argument ist jedoch nicht geeignet, nachzuweisen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, da die von den Klägerinnen übermittelten Daten die Geschäftsjahre 1998/1999 bis 2000/2001 betrafen und nicht die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung systematisch berücksichtigten Kalenderjahre. Außerdem ergibt sich aus den von den Klägerinnen in Rn. 130 der Klageschrift mitgeteilten Zahlen, dass sich der Umsatz für Paraffinwachs im Geschäftsjahr 1998/1999 auf 16 304 000 Euro und im Geschäftsjahr 1999/2000 auf 19 543 000 Euro belief. Im Geschäftsjahr 2000/2001 betrug der Umsatz für Paraffinwachs 18 677 000 Euro. Es ist daher plausibel, dass die Differenz von 280 000 Euro darauf zurückzuführen ist, dass der von den Klägerinnen gewählte Zeitraum die zweite Hälfte des Jahres 1998 umfasst, in der der Umsatz niedriger war als der in der zweiten Hälfte des Jahres 2001 erzielte Umsatz, der in die Berechnung der Klägerinnen hingegen nicht einbezogen worden war. 237. Fünftens können die Klägerinnen der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen, die von Shell gelieferten Daten nicht mit ihren Teildaten und Schätzungen vervollständigt zu haben. Wenn die Kommission nämlich über vollständige kohärente und zuverlässige Daten aus einer Quelle verfügt, auf die die Klägerinnen in Bezug auf einen Teil der Daten selbst verweisen, kann sie nicht verpflichtet sein, diese Daten mit den Daten aus einer anderen Quelle, die auf der Grundlage einer unterschiedlichen Methode berechnet wurden und deren Kompatibilität daher nicht sicher ist, zu kombinieren. 238. Folglich ist die Rüge der Klägerinnen, mit der die Berücksichtigung der von Shell gelieferten Umsatzzahlen beanstandet wird, zurückzuweisen. 239. Somit ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Leitlinien von 2006 240. Die Klägerinnen tragen vor, dass sich die Kommission bei der Ermittlung des Grundbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße auf den Durchschnittsumsatz der Jahre 1999 bis 2001 gestützt habe, während für Shell der Durchschnittsumsatz der Jahre 2002 bis 2004 (für Paraffinwachs) und 2001 bis 2003 (für Gatsch) berücksichtigt worden sei. Dieser Unterschied in der Berechnung habe in zweifacher Hinsicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geführt. 241. Zum einen seien die Klägerinnen für die von Dea Mineraloel und von Shell & Dea Oil vom 3. September 1992 bis 30. Juni 2002 begangene Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen worden. Shell sei für dieselbe Zuwiderhandlung im selben Zeitraum und darüber hinaus für die von den Nachfolgegesellschaften von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung für einen Gesamtzeitraum vom 3. September 1992 bis 17. März 2005 zur Verantwortung gezogen worden. Wegen des unterschiedlichen Referenzzeitraums sei jedoch der Grundbetrag der für Shell berechneten Geldbuße niedriger gewesen als der für RWE ermittelte, auch wenn sich Shell über einen um nahezu drei Jahre längeren Zeitraum an dem Kartell beteiligt habe. Eine derartige Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße sei diskriminierend. 242. Zum anderen sei die Ungleichbehandlung der Klägerinnen und von Shell während der Zeit ihres beiderseitigen Engagements bei Shell & Dea Oil, d. h. also vom 2. Januar bis zum 30. Juni 2002, ebenfalls eklatant. Zeitanteilig entfalle auf die Klägerinnen auf diesen Zeitraum ein Grundbetrag von 1,6 Mio. Euro. Bei Shell seien es weniger als 1,2 Mio. Euro, obwohl gegen Shell, wie sich aus Rn. 530 der angefochtenen Entscheidung ergebe, wegen genau derselben Zuwiderhandlung von Shell & Dea Oil gesamtschuldnerisch eine Geldbuße verhängt worden sei. 243. Hätte die Kommission, so die Klägerinnen, den Grundbetrag für die Klägerinnen – wie für Shell – auf Basis des durchschnittlichen Umsatzes der Jahre 2002 bis 2004 für Paraffinwachs und 2001 bis 2003 für Gatsch ermittelt, wäre sie zu einem Betrag von etwa 24,93 Mio. Euro und, ceteris paribus , zu einer Geldbuße in Höhe von 29,92 Mio. Euro gelangt. Das entspreche in etwa der Geldbuße, die sich aus der Berechnung anhand des Durchschnittsumsatzes der Geschäftsjahre 1992/1993 bis 2000/2001 ergebe. Nur die Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes anhand des durchschnittlichen Umsatzes der Geschäftsjahre 1992/1993 bis 2000/2001 stehe daher mit den Leitlinien von 2006 und dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Einklang. 244. Was erstens die allgemeine Rüge der Klägerinnen betrifft, dass ein Referenzzeitraum angewandt worden sei, statt den Grundbetrag anhand der auf jedes Jahr der Zuwiderhandlung entfallenden Umsätze zu berechnen, ist auf die oben in den Rn. 216 bis 225 dargelegten Erwägungen zu verweisen. Aus ihnen ergibt sich, dass die Kommission berechtigt war, den Umsatz anhand eines Referenzzeitraums zu ermitteln, aus dem sich für alle betroffenen Unternehmen Zahlen ergeben, die so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind, es sei denn, ein Unternehmen weist nach, dass der Umsatz, den es im Referenzzeitraum erzielt hat, aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine wirkliche Größe und seine Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. Die Klägerinnen haben jedoch nicht nachgewiesen, dass dies hier der Fall ist. 245. Zweitens braucht der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zeitraums, in dem das Gemeinschaftsunternehmen Shell & Dea Oil bestand, nicht geprüft zu werden, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht genügend Gesichtspunkte zusammengetragen hat, um den Klägerinnen die Verantwortung für dessen Handlungen zuzurechnen (vgl. oben, Rn. 130). 246. Drittens ist die Rüge der Klägerinnen zu prüfen, wonach trotz der Tatsache, dass der für Shell berechnete Grundbetrag der Geldbuße auf dieselbe, von derselben Gesellschaft begangene Zuwiderhandlung gestützt sei wie in ihrem Fall und Shell sich länger an der Zuwiderhandlung beteiligt habe als sie, der für Shell berechnete Grundbetrag der Geldbuße niedriger sei (30 Mio. Euro) als der für sie berechnete (31,2 Mio. Euro). 247. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass der für die Klägerinnen ermittelte Grundbetrag der Geldbuße höher war als der für Shell ermittelte, einzig und allein darauf zurückzuführen ist, dass der Referenzzeitraum unterschiedlich war. Der durchschnittliche Umsatz von Shell Deutschland Oil während des Zeitraums 2002 bis 2004 für Paraffinwachs und während des Zeitraums 2001 bis 2003 für Gatsch war niedriger als der von Dea Mineraloel während des Zeitraums 1999 bis 2001. 248. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen den Grundsatz der Gleichbehandlung be achten, der es verbietet, vergleichbare Situationen unterschiedlich und unterschiedliche Situationen gleich zu behandeln, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Rn. 219). 249. Der Gerichtshof hat zwar zum einen entschieden, dass die Heranziehung eines einheitlichen Referenzjahrs für alle an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen jedem Unternehmen die Gewissheit gibt, ebenso behandelt zu werden wie die anderen Unternehmen, da die Sanktionen in einheitlicher Weise ermittelt werden, und zum anderen, dass die Wahl eines zum Zeitraum der Zuwiderhandlung gehörenden Referenzjahrs eine Beurteilung des Ausmaßes der begangenen Zuwiderhandlung anhand der wirtschaftlichen Gegebenheiten in diesem Zeitraum ermöglicht (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Aristrain/Kommission, C‑196/99 P, Slg. 2003, I‑11005, Rn. 129). 250. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Wahl eines einheitlichen Referenzzeitraums der einzige Weg ist, um die Sanktionen im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung festzulegen. Insbesondere ist die Kommission berechtigt, zu berücksichtigen, dass für ein bestimmtes Unternehmen das einheitliche Referenzjahr außerhalb des Zeitraums der Zuwiderhandlung liegt, der für dieses Unternehmen festgestellt worden ist, und somit keinen geeigneten Anhaltspunkt für sein individuelles Gewicht bei der Begehung der Zuwiderhandlung darstellt. Die Kommission darf deshalb den Umsatz des Unternehmens für ein vom einheitlichen Referenzjahr abweichendes Jahr berücksichtigen, sofern die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße für die verschiedenen Mitglieder eines Kartells kohärent und objektiv gerechtfertigt bleibt. 251. Im vorliegenden Fall hat die Kommission, indem sie den durchschnittlichen jährlichen Umsatz der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, auf alle Mitglieder des Kartells ein einheitliches Kriterium objektiv angewandt, gerade um die Gleichbehandlung der Beteiligten zu wahren. 252. Außerdem ist festzustellen, dass der Umsatzrückgang, der zur Folge hatte, dass der Grundbetrag der für Shell ermittelten Geldbuße niedriger war als der für RWE ermittelte, während des Zeitraums 2002 bis 2004 eingetreten ist. Für die ersten sechs Monate dieses Zeitraums wurde die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf Shell & Dea Oil durch RWE nicht nachgewiesen. Für die verbleibenden zwei Jahre und neun Monate ist unstreitig, dass Shell Deutschland Oil und Shell Deutschland Schmierstoff völlig unabhängig von RWE tätig waren. Somit hat die Kommission zu Recht angenommen, es dürfe den Klägerinnen nicht zugutekommen, dass der Beitrag von Shell zum Kartell seine wirtschaftliche Bedeutung gegen Ende, als die Klägerinnen nicht mehr am Kartell beteiligt waren, verloren hatte, und zwar vor allem angesichts der Tatsache, dass der Umsatz der Klägerinnen auf den vom Kartell betroffenen Märkten während ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung eine kontinuierlich steigende Tendenz hatte. 253. Damit lässt sich die Tatsache, dass der für die Klägerinnen berechnete Grundbetrag der Geldbuße höher war als der für die Shell-Gruppe berechnete, einzig und allein darauf zurückführen, dass der Umsatz auf den vom Kartell betroffenen Märkten nach der Übernahme von Dea Mineraloel durch Shell erheblich gesunken ist. Da sich die Klägerinnen daher hinsichtlich eines für die Festsetzung des Bußgeldbetrags erheblichen Aspekts in einer anderen Situation befanden als Shell, ist diese Rüge der Ungleichbehandlung zurückzuweisen. 254. Jedenfalls gelangt das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu der Auffassung, dass der von der Kommission festgesetzte Grundbetrag die Schwere und Dauer der von Dea Mineraloel begangenen Zuwiderhandlung in Anbetracht sämtlicher tatsächlicher und rechtlicher Umstände des Falles zutreffend widerspiegelt. 255. Nach all diesen Erwägungen ist auch der dritte Teil des dritten Klagegrundes und damit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 4. Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und zur Festsetzung des endgültigen Betrags der Geldbuße 256. Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der Kommission erlassenen Entscheidungen wird durch die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt, die den Unionsgerichten in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 229 EG eingeräumt ist. Diese Befugnis ermächtigt die Gerichte über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch ihre eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle bedeutet somit – im Einklang mit den Anforderungen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte –, dass die Unionsgerichte sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornehmen und befugt sind, die Beweise zu würdigen, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Rn. 60 bis 62, und Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T‑368/00, Slg. 2003, II‑4491, Rn. 181). 257. Das Gericht hat daher im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu dem Zeitpunkt, zu dem es seine Entscheidung erlässt, zu bewerten, ob gegen die klägerische Partei eine Geldbuße verhängt wurde, deren Höhe die Schwere und die Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung so zutreffend widerspiegelt, dass diese Geldbuße gemessen an den in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Kriterien verhältnismäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T‑156/94, Slg. 1999, II‑645, Rn. 584 bis 586, und vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Rn. 93). 258. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 162 angeführt, Rn. 64). 259. Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße für die Schwere der Zuwiderhandlung 18 % des Jahresumsatzes von Paraffinwachs und 15 % des Jahresumsatzes von Gatsch berücksichtigt. Die auf diese Weise ermittelten Beträge wurden wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um den Koeffizienten 10 für Paraffinwachs und 5 für Gatsch multipliziert. Insgesamt, unter Einbeziehung des wegen der Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzten Zusatzbetrags, der ebenfalls 18 % des Umsatzes für Paraffinwachs und 15 % des Umsatzes für Gatsch betrug, hat die Kommission einen Multiplikator von 11 für Paraffinwachs und von 6 für Gatsch angewandt. 260. Es ist daran zu erinnern, dass die Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 nicht nachgewiesen wurde und dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich dieses Zeitraums für nichtig zu erklären ist, soweit sie die Klägerinnen betrifft (vgl. oben, Rn. 130). Daher sind nach Abzug dieses Zeitraums der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung die von der Kommission angewandten Multiplikatoren für Paraffinwachs von 11 auf 10,5 und für Gatsch von 6 auf 5,5 herabzusetzen. 261. Der so festgesetzte Koeffizient gilt unbeschadet des Ergebnisses einer erneuten Prüfung, die die Kommission nach dem vorliegenden Urteil möglicherweise hinsichtlich der Frage vornehmen wird, ob die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung den Klägerinnen zurechenbar ist. 262. Was im übrigen die Geldbuße betrifft, die für den Zeitraum vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 verhängt wurde, ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße in Anbetracht der Schwere und der Dauer der begangenen Zuwiderhandlung angemessen ist. 263. Nach alledem wird der Betrag der Geldbuße auf 35 888 562 Euro festgesetzt. Kosten 264. Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 265. Im vorliegenden Fall hat das Gericht nur dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes der Klägerinnen stattgegeben. Infolgedessen ist der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße um 4,1 % herabgesetzt worden. Bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles ist somit zu entscheiden, dass die Klägerinnen vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten der Kommission tragen. Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der den Klägerinnen entstandenen Kosten. Tenor Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 1 der Entscheidung K (2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse) wird für nichtig erklärt, soweit die Europäische Kommission festgestellt hat, dass sich die RWE AG und die RWE Dea AG nach dem 2. Januar 2002 an der Zuwiderhandlung beteiligt haben. 2. Der Betrag der gegen RWE und RWE Dea verhängten Geldbuße wird auf 35 888 562 Euro festgesetzt. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der Kosten, die RWE und RWE Dea entstanden sind. RWE und RWE Dea tragen vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten der Kommission. URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 11. Juli 2014 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Markt für Paraffinwachse — Markt für Paraffingatsch — Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Abstimmung der Preise und Aufteilung der Märkte — Verantwortlichkeit einer Muttergesellschaft für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln, die von ihrer Tochtergesellschaft und von einem Gemeinschaftsunternehmen, an dem sie beteiligt ist, begangen wurden — Bestimmende Einflussnahme durch die Muttergesellschaft — Vermutung im Fall einer 100%igen Beteiligung — Nachfolge — Verhältnismäßigkeit — Gleichbehandlung — Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 — Unbeschränkte Nachprüfungsbefugnis“ In der Rechtssache T‑543/08 RWE AG mit Sitz in Essen (Deutschland), RWE Dea AG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Stadler, M. Röhrig und S. Budde, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Art. 1 und 2 der Entscheidung K (2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias, Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2012 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung 1. Verwaltungsverfahren und Erlass der angefochtenen Entscheidung 1 Mit der Entscheidung K (2008) 5476 endg. vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Europäische Kommission fest, dass die Klägerinnen, die RWE AG und die RWE Dea AG (im Folgenden zusammen: RWE), gemeinsam mit anderen Unternehmen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und gegen Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) begangen hätten, indem sie sich an einem den Markt für Paraffinwachs im EWR und den deutschen Markt für Paraffingatsch betreffenden Kartell beteiligt hätten. 2 Außer an die Klägerinnen war die angefochtene Entscheidung an folgende Unternehmen gerichtet: die ENI SpA, die Esso Deutschland GmbH, die Esso Société Anonyme Française, die ExxonMobil Petroleum and Chemical BVBA und die Exxon Mobil Corp. (die vier Letzteren im Folgenden zusammen: ExxonMobil), die H&R ChemPharm GmbH, die H&R Wax Company Vertrieb GmbH und die Hansen & Rosenthal KG (im Folgenden zusammen: H&R), die Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG, die MOL Nyrt., die Repsol YPF Lubricantes y Especialidades SA, die Repsol Petróleo SA und die Repsol YPF SA (die drei Letzteren im Folgenden zusammen: Repsol), die Sasol Wax GmbH, die Sasol Wax International AG, die Sasol Holding in Germany GmbH und die Sasol Ltd (im Folgenden zusammen: Sasol), die Shell Deutschland Oil GmbH, die Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, die Deutsche Shell GmbH, die Shell International Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum NV und die Shell Transport and Trading Company Ltd (im Folgenden zusammen: Shell) sowie die Total SA und die Total France SA (im Folgenden zusammen: Total) (erster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 3 Paraffinwachse werden in Raffinerien aus Rohöl hergestellt. Sie werden für die Herstellung von Produkten wie Kerzen, Chemikalien, Reifen und Erzeugnissen der Automobilindustrie sowie in der Kautschuk-, Verpackungs-, Klebstoff- und Kaugummiindustrie eingesetzt (vierter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 4 Bei der Herstellung von Paraffinwachsen dient Paraffingatsch als Ausgangsmaterial. Es fällt in Raffinerien als Nebenprodukt bei der Herstellung von Mineralölen aus Rohöl an. Es wird auch an Endabnehmer, z. B. an Hersteller von Spanplatten, verkauft (fünfter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 5 Die Kommission begann ihre Untersuchung, nachdem Shell Deutschland Schmierstoffe sie mit Schreiben vom 17. März 2005 über das Bestehen eines Kartells informiert hatte und bei ihr einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) (im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) gestellt hatte (72. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 6 Am 28. und 29. April 2005 führte die Kommission in Anwendung des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von „H&R/Tudapetrol“, ENI, MOL sowie in denjenigen der Gesellschaften der Gruppen Sasol, ExxonMobil, Repsol und Total durch (75. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). In den Räumlichkeiten der Klägerinnen wurden keine Nachprüfungen durchgeführt. 7 Am 25. Mai 2007 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften, darunter die Klägerinnen (85. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Mit Schreiben vom 13. August 2007 beantworteten die Klägerinnen die Mitteilung der Beschwerdepunkte. 8 Am 10. und 11. Dezember 2007 führte die Kommission eine mündliche Anhörung durch, an der die Klägerinnen teilnahmen (91. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9 In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Beweise die Ansicht, dass die Adressaten, die die Mehrheit der Paraffinwachs- und Paraffingatschhersteller im EWR ausmachten, an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 des Vertrags und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen hätten, die das Gebiet des EWR betreffe. Diese Zuwiderhandlung habe in Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen für Preisfestsetzungen und für den Austausch und die Offenlegung von kommerziell empfindlichen Informationen über Paraffinwachse bestanden. In Bezug auf RWE (später Shell), ExxonMobil, MOL, Repsol, Sasol und Total habe die Zuwiderhandlung im Hinblick auf Paraffinwachse auch in der Aufteilung der Kunden und/oder der Märkte bestanden. Außerdem habe die von RWE, ExxonMobil, Sasol und Total begangene Zuwiderhandlung auch auf dem deutschen Markt an Endabnehmer verkauftes Paraffingatsch betroffen (Erwägungsgründe 2, 95, 328 und Art. 1 der angefochtenen Entscheidung). 10 Die rechtswidrigen Verhaltensweisen seien bei wettbewerbswidrigen Zusammenkünften, die von den Teilnehmern als „technische Treffen“ oder manchmal als „Blauer Salon“ bezeichnet worden seien, und bei „Gatsch-Treffen“ besprochen worden, die speziell Fragen zum Paraffingatsch gewidmet gewesen seien. 11 Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. C 210, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften in Kraft waren. 12 Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen: „Artikel 1 Die folgenden Unternehmen haben eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und – seit dem 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 EWR-Abkommen begangen, indem sie sich in den jeweils genannten Zeiträumen an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder einer fortdauernden abgestimmten Verhaltensweise im Paraffinwachssektor auf dem Gemeinsamen Markt und, seit 1. Januar 1994, im Europäischen Wirtschaftsraum beteiligten: … RWE-Dea AG: vom 3. September 1992 bis zum 30. Juni 2002; RWE AG: vom 3. September 1992 bis zum 30. Juni 2002; … Bei den folgenden Unternehmen betrifft die Zuwiderhandlung auch an Endkunden auf dem deutschen Markt verkauftes Paraffingatsch im jeweils angegebenen Zeitraum: … RWE-Dea AG: vom 30. Oktober 1997 bis zum 30. Juni 2002; RWE AG: vom 30. Oktober 1997 bis zum 30. Juni 2002; … Artikel 2 Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen festgesetzt: ENI S.p.A: 29120000 EUR; Esso Société Anonyme Française: 83588400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit ExxonMobil Petroleum and Chemical B.V.B.A. und ExxonMobil Corporation: 34670400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Esso Deutschland GmbH: 27081600 EUR; Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG: 12000000 EUR; Hansen & Rosenthal KG gesamtschuldnerisch mit H&R Wax Company Vertrieb GmbH: 24000000 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit H&R ChemPharm GmbH: 22000000 EUR; MOL Nyrt.: 23700000 EUR; Repsol YPF Lubricantes y Especialidades S.A. gesamtschuldnerisch mit Repsol Petróleo S.A. und Repsol YPF S.A.: 19800000 EUR; Sasol Wax GmbH: 318200000 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Sasol Wax International AG, Sasol Holding in Germany GmbH und Sasol Limited: 250700000 EUR; Shell Deutschland Oil GmbH, Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, Deutsche Shell GmbH, Shell International Petroleum Company Limited, the Shell Petroleum Company Limited, Shell Petroleum N.V. und the Shell Transport and Trading Company Limited: 0 EUR; RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit RWE AG: 37440000 EUR; Total France S.A. gesamtschuldnerisch mit Total S.A.: 128163000 EUR.“ 2. Die Strukturen der RWE-Gruppe und des Gemeinschaftsunternehmens Shell & Dea Oil 13 Die Klägerinnen wurden für das Verhalten der Mitarbeiter der Dea Mineraloel AG, später umgewandelt in Dea Mineraloel GmbH (im Folgenden: Dea Mineraloel), zur Verantwortung gezogen. 14 Vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 war Dea Mineraloel eine 100%ige Tochtergesellschaft der RWE-Dea Aktiengesellschaft für Mineraloel und Chemie, später umbenannt in RWE Dea. RWE Dea war zu 99,4 % eine Tochtergesellschaft der RWE AG. 15 Am 2. Januar 2002 übernahm Deutsche Shell die gemeinsame Kontrolle von Dea Mineraloel zusammen mit RWE Dea, indem sie 50 % der Anteile an Dea Mineraloel erwarb. Der Zusammenschluss wurde von der Kommission mit der Entscheidung K(2001) 4526 endg. vom 20. Dezember 2001 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.2389 – Shell/DEA) (im Folgenden: Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses) genehmigt. Dea Mineraloel wurde damit ein Gemeinschaftsunternehmen, das, umbenannt in Shell & Dea Oil, zu je 50 % von Deutsche Shell und RWE Dea gehalten wurde und in dem diese ihre jeweiligen Mineralöl- und Petrochemietätigkeiten zusammenlegten. 16 Am 1. Juli 2002 erwarb Shell die verbleibenden 50 % der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen Shell & Dea Oil. Shell & Dea Oil wurde 2003 in Shell Deutschland Oil umbenannt. Am 1. April 2004 wurde das Wachsgeschäft von der Shell Deutschland Oil in deren 100%ige Tochtergesellschaft Shell Deutschland Schmierstoff eingebracht. Verfahren und Anträge der Parteien 17 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 15. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 18 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung hat es die Parteien aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Schriftstücke vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 19 In der Sitzung vom 20. März 2012 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 20 In Anbetracht des tatsächlichen Zusammenhangs mit den Rechtssachen T‑540/08, Esso u. a./Kommission, T‑541/08, Sasol u. a./Kommission, T‑544/08, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, T‑548/08, Total/Kommission, T‑550/08, Tudapetrol/Kommission, T‑551/08, H&R ChemPharm/Kommission, T‑558/08, ENI/Kommission, T‑562/08, Repsol YPF Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission, und T‑566/08, Total Raffinage Marketing/Kommission, und der Sachnähe der aufgeworfenen Rechtsfragen hat das Gericht beschlossen, das Urteil in der vorliegenden Rechtssache erst nach den mündlichen Verhandlungen in den genannten zusammenhängenden Rechtssachen zu verkünden, von denen die letzte am 3. Juli 2013 stattgefunden hat. 21 Die Klägerinnen beantragen, — Art. 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin ein Verstoß der Klägerinnen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird; — Art. 2 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 37440000 Euro verhängt wird; — hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 22 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 23 Die Klägerinnen machen zur Stützung ihrer Klage drei Gründe geltend. Mit dem ersten rügen sie einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 durch die fehlerhafte Feststellung, dass sie mit Dea Mineraloel bzw. Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten. Hilfsweise rügen sie mit einem zweiten Klagegrund einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch eine fehlerhafte Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002, die insbesondere darin liege, dass der Kronzeugenantrag von Shell nicht auf die Klägerinnen erstreckt worden sei. Schließlich rügen sie hilfsweise mit einem dritten Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 durch die Missachtung der für die Bußgeldbemessung geltenden Grundsätze. 1. Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Feststellung, dass die Klägerinnen mit Dea Mineraloel bzw. Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten 24 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe dadurch, dass sie sie für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht habe, die von Dea Mineraloel in der Zeit vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 und von Shell & Dea Oil in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 (im Folgenden: Zeitraum des Gemeinschaftsunternehmens) begangen worden sei, gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen. Dieser Verstoß beruhe darauf, dass die Kommission den Begriff „Unternehmen“ im Sinne von Art. 81 EG falsch ausgelegt habe. Einleitende Bemerkungen 25 Was die gesamtschuldnerische Haftung einer Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft oder eines Gemeinschaftsunternehmens anbelangt, an dem sie beteiligt ist, so vermag der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft oder ein Gemeinschaftsunternehmen eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, noch nicht auszuschließen, dass deren Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Rn. 132). 26 Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft nämlich die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237, Rn. 54, und Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, General Technic-Otis u. a./Kommission, T-141/07, T-142/07, T-145/07 und T-146/07, Slg. 2011, II-4977, Rn. 53). 27 Die Unionsgerichte haben ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Rn. 11, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000, DSG/Kommission, T-234/95, Slg. 2000, II-2603, Rn. 124). Sie haben betont, dass es bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht auf die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formale Trennung zwischen zwei Gesellschaften ankommt, sondern vielmehr darauf, ob sich die beiden Gesellschaften auf dem Markt einheitlich verhalten. Es kann also notwendig sein, zu ermitteln, ob zwei oder mehrere Gesellschaften mit je eigener Rechtspersönlichkeit ein und dasselbe Unternehmen oder ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit mit einheitlichem Marktverhalten bilden oder hierzu gehören (Urteil Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Rn. 25 angeführt, Rn. 140, Urteile des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T-325/01, Slg. 2005, II-3319, Rn. 85, und General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 54). 28 Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 56, und Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 55). 29 Einer Muttergesellschaft kann das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu demselben Unternehmen zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht unabhängig bestimmt, weil sie insoweit unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft steht, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen diesen beiden Rechtssubjekten (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 58, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Rn. 527). 30 Das Marktverhalten der Tochtergesellschaft steht insbesondere dann unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft, wenn die Tochtergesellschaft im Wesentlichen die Weisungen befolgt, die ihr in dieser Hinsicht von der Muttergesellschaft erteilt werden (Urteile des Gerichtshofs Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Rn. 25 angeführt, Rn. 133, 137 und 138, und vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C-294/98 P, Slg. 2000, I-10065, Rn. 27). 31 Das Marktverhalten der Tochtergesellschaft steht grundsätzlich auch dann unter dem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft, wenn sich diese nur die Befugnis vorbehält, bestimmte strategische Geschäftsentscheidungen vorzugeben oder zu genehmigen, gegebenenfalls durch ihre Vertreter in den Organen der Tochtergesellschaft, während die Befugnis, die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne festzulegen, deren sie operativ führenden Geschäftsführern übertragen wird, die von der Muttergesellschaft ausgewählt werden und die geschäftlichen Interessen der Muttergesellschaft vertreten und fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T-25/06, Slg. 2011, II-5741, Rn. 138 und 139). 32 Ist die Einheitlichkeit des Marktverhaltens der Tochtergesellschaft und ihrer Muttergesellschaft gewährleistet, etwa in den oben in den Rn. 30 und 31 beschriebenen Fällen oder durch andere wirtschaftliche, organisatorische und rechtliche Bindungen zwischen den Gesellschaften, sind diese Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein Unternehmen im Sinne der oben in Rn. 27 angeführten Rechtsprechung. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 59). 33 Die Rechtsprechung, auf die oben in den Rn. 25 bis 32 Bezug genommen worden ist, ist auch auf den Fall anwendbar, dass einer oder mehreren Muttergesellschaften die Verantwortung für eine von ihrem Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung zugerechnet wird (Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 52 bis 56). 34 Anhand dieser Regeln sind die Argumente der Klägerinnen und die Richtigkeit der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellungen zu der Frage zu prüfen, ob den Klägerinnen die Verantwortung für das Verhalten der zu 100 % von ihnen gehaltenen Dea Mineraloel (erster Teil) und der zu 50 % von ihnen gehaltenen Shell & Dea Oil (zweiter Teil) zugerechnet werden durfte. Zum ersten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung zulasten der Klägerinnen (Zeitraum bis 2. Januar 2002) Zur angefochtenen Entscheidung 35 In der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission Folgendes dar: „… (545) ... Die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf die Unternehmenspolitik einer Tochtergesellschaft setzt nicht voraus, dass die Leitung des Tagesgeschäfts der Tochtergesellschaft übernommen worden wäre. Die Leitung der Tochtergesellschaft kann durchaus von dieser selbst übernommen werden; dies schließt jedoch nicht aus, dass die Muttergesellschaft Ziele und unternehmenspolitische Verhaltensweisen vorgibt, welche sich auf den Erfolg der Gruppe insgesamt sowie die Kohärenz innerhalb der Gruppe auswirken, und dass korrigierend auf jegliches Verhalten eingewirkt wird, das von diesen Zielsetzungen und unternehmenspolitischen Verhaltensweisen abweicht. RWE räumt ein, dass sich die RWE AG auf die allgemeinen Angelegenheiten der RWE-Gruppe wie z. B. Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung konzentriert und technische Berichte erhalten habe. Außerdem erklärt RWE, dass obwohl weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat der RWE Dea AG Einfluss auf das Geschäftsverhalten von Dea Mineraloel nahmen, haben sie sich auf die Geschäfte der Dea Mineraloel … konzentriert, die einen größeren Kapitaleinsatz, die Entwicklung von Gewinnspannen/Erträgen, die Übernahme von Risiken usw. erfordert hätten, und dass sie sich auf die entsprechenden Berichte, die sie empfingen, verließen, da diese als genaue Darstellungen beurteilt worden seien, habe man die Geschäftsentwicklung nicht aktiv überwacht … Diese Erklärungen zeigen, dass [die Klägerinnen] die Möglichkeit hatten, zumindest die Strategie und finanzielle Angelegenheiten ihrer Tochtergesellschaften zu kontrollieren und auch ein entsprechendes Interesse hatten, und dass sie tatsächlich eine gewisse Kontrolle über bestimmte strategische Aspekte und auch durch ein Berichtssystem ausübten. (546) Die Einwände, dass Paraffinwachs nur sehr begrenzte Bedeutung für RWE gehabt habe und dass die RWE AG oder die RWE Dea AG daher nur geringen Anreiz gehabt hätten, die Preispolitik von Dea Mineraloel zu überwachen, haben im Hinblick auf die Frage, ob eine Tochtergesellschaft tatsächlich unabhängig war, keine Beweiskraft. Dass die Muttergesellschaft an der Geschäftstätigkeit der einzelnen Unternehmen nicht selbst beteiligt war, ist nicht entscheidend für die Frage, ob die Muttergesellschaft mit den aktiv tätigen Gesellschaften der Gruppe als Teil einer einzigen wirtschaftlichen Einheit zu betrachten ist. Die Aufteilung der Aufgaben ist ein normales Phänomen in Unternehmensgruppen. Eine wirtschaftliche Einheit übernimmt per definitionem alle wichtigen Funktionen eines Marktteilnehmers innerhalb der Rechtssubjekte, aus denen diese wirtschaftliche Einheit besteht. … ... (553) Die Kommission gelangt daher zu dem Ergebnis, dass die RWE AG und die RWE Dea AG zumindest vom 3. September 1992 bis zum 1. Januar 2002 bestimmenden Einfluss auf [Dea Mineraloel] ausgeübt und diese wirksam kontrolliert haben[, so dass sie] … Teil des Unternehmens [sind], das die Zuwiderhandlung begangen hat.“ Zu der Vermutung, dass die Tochtergesellschaft und ihre einzige Muttergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten 36 In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 37 Darüber hinaus gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung der Verantwortlichkeit, die darauf beruht, dass sich eine Gesellschaft im Besitz sämtlicher Kapitalanteile einer anderen Gesellschaft befindet, nicht nur in Fällen einer unmittelbaren Beziehung zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft, sondern auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es sich wegen der Zwischenschaltung einer anderen Gesellschaft um eine mittelbare Beziehung handelt (Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, C-90/09 P, Slg. 2011, I-1, Rn. 90). 38 Die Muttergesellschaft, die nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, befindet sich wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die zwischen ihr und dieser Tochtergesellschaft bestehen, bezüglich ihrer Möglichkeit der bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft in einer ähnlichen Lage wie der ausschließliche Anteilseigner. Folglich ist die Kommission berechtigt, bei dieser Sachlage die gleiche Beweisregelung heranzuziehen, d. h., auf die Vermutung zurückzugreifen, dass diese Muttergesellschaft ihre Macht zu einer bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich gebraucht hat. Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass in bestimmten Fällen Minderheitsgesellschafter gegenüber der Tochtergesellschaft über Rechte verfügen können, die ihnen gestatten, die vorgenannte Analogie in Frage zu stellen. Abgesehen davon, dass solche Rechte im Allgemeinen nicht mit ganz unbedeutenden Anteilen wie denen im vorliegenden Fall verknüpft sind, ist indessen von den Klägerinnen im vorliegenden Fall nichts dieser Art vorgebracht worden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2011, Arkema France u. a./Kommission, T-217/06, Slg. 2011, II-2593, Rn. 53). 39 Wird die Vermutung nicht widerlegt, kann die Kommission feststellen, dass die Tochtergesellschaft und die unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne der oben in Rn. 27 angeführten Rechtsprechung bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. die oben in Rn. 32 angeführte Rechtsprechung). 40 Um die oben in Rn. 36 beschriebene Vermutung zu widerlegen, hatten die Klägerinnen gemäß der Rechtsprechung alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihnen und Dea Mineraloel vorzulegen, die ihrer Ansicht nach dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit darstellten. Das Gericht muss bei seiner Würdigung alle ihm vorgelegten Angaben berücksichtigen, wobei deren Charakter und Bedeutung je nach den Merkmalen des jeweiligen Falls variieren können (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T-112/05, Slg. 2007, II-5049, Rn. 65). 41 Diese Vermutung beruht auf den Feststellungen, dass zum einen – von wirklich außergewöhnlichen Umständen abgesehen – eine Gesellschaft, die die Gesamtheit des Kapitals einer Tochtergesellschaft hält, allein aufgrund dieser Beteiligung einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und dass es zum anderen normalerweise am zweckmäßigsten ist, in der Sphäre der Einheiten, denen gegenüber diese Vermutung eingreift, zu ermitteln, ob diese Befugnis zur Einflussnahme tatsächlich nicht ausgeübt wurde (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C-521/09 P, Slg. 2011, I-8947, Rn. 60). 42 Zudem rechtfertigt sich die Anwendung einer solchen Vermutung dadurch, dass die Muttergesellschaft, wenn sie alleinige Anteilseignerin der Tochtergesellschaft ist, über alle in Betracht kommenden Instrumente verfügt, um das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf ihr eigenes abzustimmen. Insbesondere bestimmt der Alleinaktionär, indem er ihre Satzung beschließt, grundsätzlich den Umfang der Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft, er wählt ihre Geschäftsführer aus und trifft oder genehmigt die strategischen Geschäftsentscheidungen der Tochtergesellschaft, gegebenenfalls durch seine Vertreter in deren Organen. Darüber hinaus wird die wirtschaftliche Einheit zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft gewöhnlich zusätzlich durch Verpflichtungen gesichert, die sich aus dem Gesellschaftsrecht der Mitgliedstaaten ergeben, etwa zur Erstellung konsolidierter Abschlüsse, durch die Verpflichtung der Tochtergesellschaft, der Muttergesellschaft in regelmäßigen Zeiträumen über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten, sowie durch die Erstellung der Jahresabschlüsse der Tochtergesellschaft durch die allein aus der Muttergesellschaft gebildete Hauptversammlung, was notwendigerweise impliziert, dass die Muttergesellschaft die Geschäftstätigkeiten der Tochtergesellschaft zumindest in ihren Grundzügen verfolgt. 43 Somit erscheint die Aufstellung der Vermutung, die Muttergesellschaft habe tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt, gerechtfertigt, da sie Situationen, die für die Beziehungen zwischen einer Tochtergesellschaft und ihrer einzigen Muttergesellschaft charakteristisch sind, dadurch erfasst, dass dieser Vermutung zufolge der Umstand, dass das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft von einer einzigen Muttergesellschaft gehalten wird, grundsätzlich ein einheitliches Verhalten dieser beiden Gesellschaften auf dem Markt impliziert. 44 Gleichwohl verfügen die betroffenen Gesellschaften nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte uneingeschränkt über die Möglichkeit, den Beweis dafür zu führen, dass die oben in Rn. 42 beschriebenen Mechanismen, die gewöhnlich zur Abstimmung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft auf das ihrer Muttergesellschaft führen, nicht normal funktioniert haben, so dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe aufgehoben wurde. Zu den Argumenten der Klägerinnen bezüglich der Widerlegung der Vermutung 45 Im vorliegenden Fall stellen die Klägerinnen nicht in Abrede, dass die Kommission, da RWE Dea das gesamte Kapital von Dea Mineraloel und die RWE AG 99,4 % des Kapitals von RWE Dea hielt, in Ermangelung gegenteiliger Beweise annehmen durfte, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten von Dea Mineraloel ausgeübt hätten. 46 Sie sind jedoch der Ansicht, dass sie in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte genügend Beweise vorgebracht hätten, um die Vermutung zu widerlegen. – Zur operativen Eigenständigkeit von Dea Mineraloel 47 Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend angenommen habe, die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die Unternehmenspolitik einer Tochtergesellschaft setze nicht die Übernahme der Leitung des Tagesgeschäfts der Tochtergesellschaft voraus. Daher reichten ihre in den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente aus, um die Vermutung zu widerlegen. 48 Erstens führen die Klägerinnen aus, dass sich die RWE AG als Konzernobergesellschaft auf konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung konzentriere. Auf das operative Geschäft von RWE Dea bzw. von Dea Mineraloel habe sie keinen Einfluss genommen. 49 Hierzu hat das Gericht bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft eine eigene örtliche Geschäftsleitung hat und über ihre eigenen Mittel verfügt, für sich genommen nicht beweist, dass sie ihr Marktverhalten gegenüber ihrer Muttergesellschaft eigenständig bestimmt. Die Aufgabenteilung zwischen Tochtergesellschaften und ihren Muttergesellschaften, insbesondere der Umstand, dass die Leitung des operativen Geschäfts der lokalen Geschäftsleitung einer 100%igen Tochtergesellschaft übertragen wird, ist eine gängige Praxis großer Unternehmen, die aus einer Vielzahl von Tochtergesellschaften bestehen, die letztlich von derselben Konzernobergesellschaft gehalten werden. Bei einer 100%igen oder nahezu 100%igen Beteiligung am Kapital der unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft sind die insoweit vorgelegten Beweise nicht geeignet, die Vermutung, dass die Muttergesellschaft und die Konzernobergesellschaft tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausgeübt haben, zu widerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Alliance One International/Kommission, oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 130 und 131). 50 Dieser Ansatz rechtfertigt sich im Übrigen dadurch, dass bei einer Tochtergesellschaft, die zu 100 % oder nahezu 100 % von einer einzigen Muttergesellschaft gehalten wird, im Grunde ein einziges geschäftliches Interesse besteht und die Mitglieder der Organe der Tochtergesellschaft von dem alleinigen Anteilseigner bestimmt und ernannt werden, der ihnen zumindest informell Weisungen erteilen und Leistungskriterien vorgeben kann. Daher besteht in einem solchen Fall notwendigerweise ein Vertrauensverhältnis zwischen der Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft und derjenigen der Muttergesellschaft, und diese Geschäftsleitungen verhalten sich zwangsläufig so, dass sie das einzige bestehende geschäftliche Interesse, nämlich das der Muttergesellschaft, vertreten und fördern (vgl. auch oben, Rn. 31). So ist die Einheitlichkeit des Marktverhaltens der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft trotz der Eigenständigkeit gewährleistet, über die die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft bei der Führung von deren operativem Geschäft verfügt, welche sich nach der für die Tochtergesellschaft festgelegten Geschäftspolitik im engeren Sinne richtet. Zudem ist es in der Regel der einzige Anteilseigner, der allein und nach seinen eigenen Interessen die Modalitäten der Entscheidungsfindung einer Tochtergesellschaft bestimmt und den Umfang ihrer operativen Eigenständigkeit bestimmt. Dies kann er nach seinem eigenen Willen durch neu festgelegte Regeln für die Betriebsführung der Tochtergesellschaft oder im Rahmen einer Umstrukturierung oder selbst durch die Schaffung informeller Entscheidungsstrukturen ändern. Somit stellt die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft bei der Ausübung ihrer autonomen Befugnisse grundsätzlich sicher, dass das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft mit dem des übrigen Konzerns in Einklang steht. 51 Zweitens fügen sich die von den Klägerinnen angeführten Gesichtspunkte dem Konzept der dezentralisierten Geschäftsführung ein, das für Großunternehmen mit diversifizierten Tätigkeiten typisch ist, und beruhen auf keinem außergewöhnlichen Umstand. Vielmehr räumen die Klägerinnen gerade ein, dass sich die RWE AG konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling und Finanzierung gewidmet und von Dea Mineraloel technische Berichte erhalten habe, während sich RWE Dea für die Tätigkeiten von Dea Mineraloel interessiert habe, mit denen ein hoher Kapitalbedarf verbunden gewesen sei, sowie für die Entwicklung von Marktmargen oder Gewinnen und für die Risiken. 52 Drittens ist die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen in der angefochtenen Entscheidung inkohärent vorgegangen, da sie die operative Geschäftsführung im Zusammenhang mit der Zurechnung des Verhaltens des Gemeinschaftsunternehmens von BP und Mobil zulasten dieser Muttergesellschaften durchaus geprüft habe (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dagegen habe sie es abgelehnt, die operative Eigenständigkeit von Dea Mineraloel zu berücksichtigen. 53 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen (vgl. insoweit auch die Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes), dass die jeweiligen Befugnisse der Muttergesellschaften bei der Leitung des operativen Geschäfts eines gemeinsamen Unternehmens ein relevanter Gesichtspunkt für die Beurteilung der Frage sind, ob die Verantwortung für eine von dem Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften zuzurechnen ist, da die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens von der wirtschaftlichen Einheit zeugt, die das Gemeinschaftsunternehmen mit den diese gemeinsame Leitung wahrnehmenden Muttergesellschaften bildet. Doch handelt es sich bei Dea Mineraloel nicht um ein Gemeinschaftsunternehmen, sondern um eine 100%ige Tochtergesellschaft von RWE Dea, auf die eine andere Beweisregelung Anwendung findet, da es nur einen einzigen Anteilseigner und ein einziges geschäftliches Interesse gab und sämtliche Geschäftsführer unmittelbar oder mittelbar ausschließlich von der Muttergesellschaft ausgewählt und ernannt wurden (vgl. oben, Rn. 42 und 50). 54 Daher ist das Argument, das aus der Zurechnung der Verantwortung für die Zuwiderhandlung des Gemeinschaftsunternehmens von BP und Mobil hergeleitet wird, irrelevant. 55 Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerinnen zur operativen Eigenständigkeit von Dea Mineraloel, das eine Aufhebung der aus Dea Mineraloel und den Klägerinnen bestehenden wirtschaftlichen Einheit nicht zu belegen vermag, zurückzuweisen ist. – Zu dem fehlenden Einfluss auf das Paraffinwachsgeschäft und dem geringen prozentualen Anteil der Verkäufe von Paraffinwachs am Umsatz von Dea Mineraloel 56 Die Klägerinnen machen geltend, die RWE AG habe Dea Mineraloel keinerlei Weisungen für die Führung des Tagesgeschäfts erteilt. Lediglich für die Durchführung von Großprojekten von erheblicher Bedeutung für den Gesamtkonzern sei die Zustimmung des Vorstands und des Aufsichtsrats der RWE AG eingeholt worden. Da das Paraffinwachsgeschäft aber nie Bedeutung für den Gesamtkonzern gehabt hatte, seien Vorstand und Aufsichtsrat der RWE AG nicht mit Fragen der Geschäftsführung aus diesem Bereich befasst worden. 57 Ebenso wenig hätten der Vorstand und der Aufsichtsrat von RWE Dea Einfluss auf das Paraffinwachsgeschäft von Dea Mineraloel genommen oder ihr Weisungen für dieses Geschäft erteilt. Im Hinblick auf das Paraffinwachsgeschäft habe der Vorstand von RWE Dea lediglich die wöchentliche Stichtagsrechnung zur Kenntnis genommen, in der das Geschäftsergebnis des Mineralölwerks Grasbrook zusammengefasst worden sei. Diese wöchentliche Stichtagsrechnung habe im Wesentlichen mit dem vom Rechnungswesen gelieferten Monatsergebnis übereingestimmt. Aus diesem Grund sei eine aktive Begleitung des Paraffinwachsgeschäfts aus Sicht des Vorstands von RWE Dea entbehrlich gewesen. 58 Das von dem Kartellvorwurf betroffene Geschäft mache nur 0,1 % bis 0,2 % des Umsatzes von Dea Mineraloel aus, was ein „starkes Indiz“ dafür sei, dass tatsächlich kein bestimmender Einfluss seitens der Konzernspitze genommen worden sei. 59 Erstens gibt nach der Rechtsprechung nicht ein zwischen Mutter- und Tochterunternehmen in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG darstellen, der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen einer Unternehmensgruppe zu richten. Die Zurechnung der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft erfordert nämlich nicht den Beweis, dass die Muttergesellschaft die Politik ihrer Tochtergesellschaft in dem konkreten Bereich beeinflusst, der Gegenstand der Zuwiderhandlung war. Daraus folgt, dass der Umstand, dass die Geschäftsleitung der Muttergesellschaft keine Kenntnis von der Zuwiderhandlung hatte und keine Weisungen in Bezug auf die Produktion oder den Verkauf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Kartells waren, erteilt hat, im Hinblick auf die Widerlegung der Vermutung unerheblich ist (Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 40 angeführt, Rn. 58 und 83, und vom 13. Juli 2011, Shell Petroleum u. a./Kommission, T-38/07, Slg. 2011, II-4383, Rn. 69 und 70). 60 Ferner ist aus denselben Gründen der Umstand, dass das von der Zuwiderhandlung betroffene Geschäftsfeld oder Geschäft nur einen geringen prozentualen Anteil am Gesamtgeschäft des Konzerns oder der Muttergesellschaft ausmacht, nicht geeignet, die Unabhängigkeit der genannten Tochtergesellschaft von ihrer Muttergesellschaft nachzuweisen, und daher ohne Auswirkung auf die Anwendung der Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft auf dem Markt ausübt (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Arkema/Kommission, T‑168/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 79, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T-109/02, T-118/02, T-122/02, T-125/02, T-126/02, T-128/02, T-129/02, T-132/02 und T-136/02, Slg. 2007, II-947, Rn. 144). 61 Außerdem ändert der geringe Anteil des Verkaufs der Erzeugnisse, die Gegenstand des Kartells waren, am Umsatz des Konzerns nichts an der Tatsache, dass die in diesem Bereich erzielten Ergebnisse in der Regel in die konsolidierten Abschlüsse der Muttergesellschaften eingehen. Somit ist die Rentabilität dieser Geschäfte von Interesse für die Muttergesellschaften und für den Konzern insgesamt. 62 Im Übrigen müssen nicht unbedingt förmliche Weisungen der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft vorliegen, damit die wirtschaftliche Einheit zwischen diesen beiden Gesellschaften nachgewiesen werden kann (vgl. oben, Rn. 31). Die wirtschaftliche Einheit zwischen ihnen ist nämlich auch gewährleistet, wenn die Befugnis, die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne zu bestimmen, der mit der Führung des operativen Geschäfts der Tochtergesellschaft betrauten Geschäftsleitung übertragen ist, die von der Muttergesellschaft ausgewählt und auf ihren Positionen bestätigt wird und das einzige bestehende geschäftliche Interesse vertritt und fördert, nämlich das der Muttergesellschaft, die Alleineigentümerin ist. Die genannte Geschäftsleitung stellt somit bei der Ausübung ihrer eigenständigen Befugnisse sicher, dass das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft mit dem der Muttergesellschaft im Einklang steht (vgl. oben, Rn. 50). Ein Einschreiten der Muttergesellschaft kann somit auf Situationen beschränkt sein, in denen die Ergebnisse der Tochtergesellschaft nicht den Erwartungen der Muttergesellschaft entsprechen, während sich die Muttergesellschaft bei normalen Ergebnissen darauf beschränken kann, die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft über von dieser erstellte Berichte zu verfolgen und etwaige strategische Entscheidungen zu genehmigen. 63 Daher sind die Argumente, mit denen die Klägerinnen geltend machen, dass sie im Bereich Paraffinwachs keinen Einfluss ausgeübt hätten, zurückzuweisen. 64 Damit ist die Feststellung der Kommission zu bestätigen, dass die Klägerinnen und Dea Mineraloel zu dem Unternehmen gehörten, das in der Zeit vom 3. September 1992 bis 1. Januar 2002 die Zuwiderhandlung begangen hat. Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Klägerinnen und Dea Mineraloel für die Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen hat. Zur behaupteten verschuldensunabhängigen Haftung der Klägerinnen 65 Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass der von der Kommission im vorliegenden Fall verfolgte Ansatz zu einer „nahezu verschuldensunabhängigen“ Haftung führe, was mit dem Grundsatz persönlicher Verantwortlichkeit unvereinbar sei. Die Zurückweisung der Argumente, die sie vorgebracht hätten, um die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, habe zur Folge, dass diese Vermutung im Fall von Tochtergesellschaften, die zu 100 % von einer Muttergesellschaft gehalten würden, letztlich in eine unwiderlegliche Vermutung des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit umgewandelt werde. 66 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der Vermutung, dass eine Muttergesellschaft bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, gerechtfertigt ist, da sie für die Beziehungen zwischen einer Tochtergesellschaft und ihrer einzigen Muttergesellschaft charakteristische Situationen erfasst, und dass diese Vermutung nicht unwiderleglich ist (vgl. oben, Rn. 41 bis 44). 67 Die Widerlegung dieser Vermutung ist jedoch keine Frage der Menge und der Detailliertheit der Beweise, wenn sich aus diesen ergibt, dass eine für ein großes multinationales Unternehmen normale Organisationssituation vorliegt, wo die Befugnisse der operativen Geschäftsführung an die Leitung seiner örtlichen Einheiten übertragen sind. Um diese Vermutung zu widerlegen, sind außergewöhnliche Umstände darzulegen, die zeigen, dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe, obwohl das gesamte Kapital der Tochtergesellschaften der Gruppe von ihren Muttergesellschaften gehalten wird, aufgehoben worden ist, da die Mechanismen, die gewöhnlich für die Abstimmung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft auf das ihrer Muttergesellschaft sorgen, nicht normal funktioniert haben. 68 Außerdem darf ein Unternehmen nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, der für jedes Verwaltungsverfahren gilt, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, nur für die Handlungen bestraft werden, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T-45/98 und T-47/98, Slg. 2001, II-3757, Rn. 63). 69 Dieser Grundsatz muss jedoch mit dem Unternehmensbegriff und mit der Rechtsprechung vereinbar sein, wonach der Umstand, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG bilden, die Kommission berechtigt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten. Somit ist festzustellen, dass gegen die Klägerinnen selbst eine Sanktion wegen der Zuwiderhandlung verhängt wurde, die ihnen aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zu Dea Mineraloel, die sich daraus ergaben, dass sie deren gesamtes Kapital hielten, persönlich zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Rn. 30 angeführt, Rn. 34). 70 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission auf der Grundlage der fraglichen Vermutung, die im vorliegenden Fall nicht widerlegt wurde, feststellen durfte, dass die Klägerinnen zu einem „Unternehmen“ gehörten, das gegen Art. 81 EG verstoßen hat. Somit wurden die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen gewahrt. 71 Daher ist diese Rüge zurückzuweisen. 72 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Kommission nicht gegen Art. 81 EG und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen hat, als sie den Klägerinnen die Verantwortung für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung zugerechnet hat. 73 Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung (2. Januar bis 30. Juni 2002) zulasten der Klägerinnen 74 Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission ihnen zu Unrecht die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil, einem zu gleichen Teilen von RWE Dea und von Shell gehaltenen Gemeinschaftsunternehmen, im Zeitraum des Gemeinschaftsunternehmens vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 begangene Zuwiderhandlung zugerechnet habe. Shell habe bereits unmittelbar nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens dessen operative Kontrolle übernommen. Folglich dürfe die Kommission gegen die Klägerinnen keine Geldbuße für die von dieser Einheit begangene Zuwiderhandlung verhängen. 75 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission Shell und RWE als Gesamtschuldner für die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Shell & Dea Oil zur Verantwortung gezogen (552. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie hat den Klägerinnen die Verantwortung für diese Verhaltensweisen aufgrund folgender Erwägungen zugerechnet: „… (510) Als Shell und [RWE Dea] im Januar 2002 ihr Gemeinschaftsunternehmen gründeten, wurde die bestehende Dea Mineraloel … als Instrument zur Einrichtung des Gemeinschaftsunternehmens genutzt; diese Gesellschaft wurde am 2. Januar 2002 in ‚Shell & Dea Oil GmbH‘ umbenannt und gleichzeitig jeweils zu 50 % der Deutsche Shell GmbH und der [RWE Dea] unterstellt. Das Gemeinschaftsunternehmen wurde in der Absicht gegründet, dass Shell nach einer Übergangsphase, die mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens beginnen und spätestens am 1. Juli 2004 enden sollte, die alleinige Kontrolle über die kombinierten Geschäftsbereiche übernehmen sollte. Während des Übergangszeitraums sollten von jedem Anteilseigner gleich viele Mitglieder für die für das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens zuständige Geschäftsführung benannt werden; der Vorsitzende der Geschäftsführung sollte jedoch das ausschlaggebende Votum besitzen und von Shell benannt werden. Zudem besaßen beide Parteien gewisse Vetorechte, um ihren bestimmenden Einfluss auf das Gemeinschaftsunternehmen zu wahren; somit übten Shell und RWE während der Übergangsphase gemeinsam die Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen aus [die Fn. 666 der angefochtenen Entscheidung verweist hierzu auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses]. … (549) [Aus der Rechtsprechung, insbesondere aus dem Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T-314/01, Slg. 2006, II-3085] ergibt sich, dass die Kompetenz eines Unternehmens zur Führung eines anderen Unternehmens als Nachweis dafür dienen kann, dass dieses einen bestimmenden Einfluss auf das andere Unternehmen ausgeübt hat. In dieser Sache ist festzustellen, dass die gemeinsame Kompetenz von Shell und RWE in der Geschäftsführung im Hinblick auf die Führung des Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen wurde (siehe Randnummer [510]). Die Mitglieder der für das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens zuständigen Geschäftsführung wurden zu gleichen Teilen von beiden Anteilseignern benannt. Beschlüsse in der Aktionärsversammlung wurden mit einfacher Mehrheit gefasst. (Beide Parteien besaßen jeweils 50 % der Stimmrechte und Entscheidungen konnten von beiden Parteien mit einem Veto verhindert werden.) Während des maßgeblichen Zeitraums sollten bestimmte Entscheidungen von einem aus sechs Mitgliedern bestehenden Ausschuss des Gemeinschaftsunternehmens getroffen werden; jeder Antei1seigner sollte jeweils drei Mitglieder benennen, und Entscheidungen sollten nur einmütig gefällt werden können. Das Gemeinschaftsunternehmen konnte nach eigenem Ermessen und in eigener Kompetenz eine Reihe strategischer Entscheidungen treffen (z. B. bezüglich des Geschäftsplans, des Jahreshaushalts, struktureller Veränderungen am Gemeinschaftsunternehmen, Investitionen oberhalb einer bestimmten Grenze und der Benennung von Mitgliedern der Geschäftsführung). (In Randnummer [510] wurde auf die so genannten Vetorechte verwiesen.) Daher stellt die Kommission angesichts dieser Vetorechte beider Parteien zur Wahrung ihres bestimmenden Einflusses im Gemeinschaftsunternehmen fest, dass Shell und RWE das Gemeinschaftsunternehmen im betreffenden Zeitraum gemeinsam kontrolliert haben [vgl. Fn. 680 der angefochtenen Entscheidung und Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses]. (550) Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass der Vorstandsvorsitzende das ausschlaggebende Votum besaß und von Shell benannt wurde, nicht als erheblich, geschweige denn entscheidend dafür betrachtet werden, dass die Vermutung der gemeinsamen Haftung von Shell und RWE … widerlegt würde …, da dies nicht die Vetorechte betrifft. In Anbetracht der Leitungsstruktur des Gemeinschaftsunternehmens kann den von RWE vorgebrachten Argumenten dahingehend, dass die Umsatz- und die Preispolitik des Gemeinschaftsunternehmens nur von Shell entschieden und kontrolliert worden sei und dass das Management des Gemeinschaftsunternehmens in die Unternehmensstruktur von Shell integriert gewesen sei, nicht gefolgt werden. Ähnlich ändert auch die Tatsache, dass seit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens vorgesehen war, dass Shell nach dem Übergangszeitraum die uneingeschränkte Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen übernehmen würde, nichts an der Tatsache, dass das Gemeinschaftsunternehmen während des Übergangszeitraums aus den oben in den Randnummern (510) und (549) genannten Gründen der gemeinsamen Kontrolle von Shell und RWE unterstand. (551) In Anbetracht der gemeinsamen Führungskompetenz (insbesondere auch über den Ausschuss des Gemeinschaftsunternehmens) und der Tatsache, dass Shell und RWE sämtliche Anteile am Gemeinschaftsunternehmen gemeinsam kontrollierten (beide zu jeweils 50 %), steht die Zuschreibung der Haftung zu beiden Muttergesellschaften im vorliegenden Fall im Einklang mit dem Urteil [Avebe/Kommission]. … (553) … die RWE AG und die RWE-Dea AG [haben] vom 2. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2002 (gemeinsam mit der Shell-Gruppe) bestimmenden Einfluss auf [das Gemeinschaftsunternehmen] ausgeübt und [dieses] wirksam kontrolliert. Daher haften die RWE AG und die RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit dem Shell-Konzern für das Verhalten [von Shell & Dea Oil] zwischen dem 2. Januar 2002 und dem 30. Juni 2002. Für beide Zeiträume sind die RWE AG und die RWE-Dea AG Teil des Unternehmens, das die Zuwiderhandlung begangen hat.“ 76 Erstens machen die Klägerinnen geltend, dass entgegen den Ausführungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung im Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission (T-314/01, Slg. 2006, II-3085), keine allgemeine Vermutung zu der Frage aufgestellt werde, ob auf das Geschäftsverhalten eines von zwei Muttergesellschaften zu gleichen Teilen gehaltenen Gemeinschaftsunternehmens ein bestimmender Einfluss ausgeübt worden sei. 77 Zweitens habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die „gemeinsame Leitung“ des Gemeinschaftsunternehmens durch Shell und RWE nicht nachgewiesen. Die gemeinsame Leitung sei im Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt) auf der Grundlage von Indizien festgestellt worden, die im vorliegenden Fall fehlten. 78 Insbesondere seien in der Rechtssache, in der das Urteil Avebe/Kommission ergangen sei, die Muttergesellschaften „gemeinsam für die Geschäftspolitik verantwortlich“ und in allen Gremien, einschließlich der Geschäftsführung (Direktoren), gleichberechtigt vertreten gewesen. Im vorliegenden Fall dagegen sei die Geschäftsführung zwar paritätisch besetzt gewesen, jedoch habe der von Shell zu bestellende Vorsitzende der Geschäftsleitung bei Stimmengleichheit das ausschlaggebende Stimmrecht gehabt. 79 Außerdem habe in der Rechtssache, in der das Urteil Avebe/Kommission ergangen sei, das Gemeinschaftsunternehmen regelmäßig an Beauftragte beider Muttergesellschaften berichten müssen. Im vorliegenden Fall sei die Geschäftsführung von Beginn an in die Entscheidungs- und Berichtsstrukturen des Shell-Konzerns eingebunden gewesen. 80 Drittens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die Merkmale der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil, die sich aus deren vorübergehender Natur ergäben, eine gemeinsame Leitung ausschlössen. 81 Hierzu machen sie geltend, dass nach den Bestimmungen der Vereinbarung über das Gemeinschaftsunternehmen Shell die Mehrheit der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen bis zum Ablauf einer bestimmten Frist habe erwerben sollen, während RWE das Recht erlangt habe, ihre Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen Shell anzubieten. In dem Verfahren, das zum Erlass der Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses geführt habe (auf das sich die Kommission in den Erwägungsgründen 510, 530 und 549 der angefochtenen Entscheidung gestützt habe), habe die Kommission nämlich nicht die Erlangung einer gemeinsamen Kontrolle, sondern unmittelbar den Erwerb der ausschließlichen Kontrolle durch Shell geprüft und festgestellt. 82 Die Einbindung der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil in die Entscheidungs- und Berichtsstrukturen von Shell ergebe sich u. a. aus den Verfahrensregeln für deren Geschäftsführung. Gemäß § 1.1 dieser Regeln sei die Geschäftsführung von Shell & Dea Oil in die Shell Europe Oil Products Ltd einzubinden gewesen. Gemäß § 1.2 sei der Vorsitzende der Geschäftsführung von Shell & Dea Oil verpflichtet gewesen, die Geschäftsführung nach internationalem Shell-Standard auszurichten. Nach § 3 dieser Regeln sei jeder Geschäftsführer Teil der Entscheidungs- und Berichtsstrukturen von Shell gewesen. Nach § 4 dieser Regeln sei der Vorsitzende der Geschäftsführung zur Zusammenarbeit mit dem Präsidenten von Shell Europe Oil Products verpflichtet gewesen. 83 Diese Entscheidungs- und Berichtsstrukturen seien bereits bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eingeführt und von Anfang an beachtet worden. Herr S. etwa, der nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens für das Paraffinwachsgeschäft als Verkaufsleiter zuständig gewesen sei, habe nicht an die Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens berichtet. Er habe vielmehr unmittelbar an Herrn G., den European Wax Manager der Shell-Gruppe bei der Shell UK Oil Products Ltd, berichtet. Was die Vertriebspolitik und das operative Geschäft von Shell & Dea Oil im Bereich Paraffinwachs anbelangt habe, sei das Organ, über das RWE Dea kraft ihrer Besetzungsbefugnis als Gesellschafterin Einfluss hätte ausüben können, überhaupt nicht befasst worden. Die Vertriebspolitik und das operative Geschäft seien von der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens an praktisch allein von Shell gesteuert worden. 84 Die Einbindung des Gemeinschaftsunternehmens in die Strukturen von Shell habe sich auch in anderen wichtigen Unternehmensbereichen gezeigt. So sei ein Projekt namens „Finance Controlling Procurement“ mit der Zielsetzung aufgelegt worden, die Rechnungslegungssysteme von Shell als die auch für Shell & Dea Oil maßgeblichen Systeme einzurichten und die Übertragung des Rechnungswesens der alten Dea Mineraloel auf diese Systeme vorzubereiten. Shell & Dea Oil sei insoweit – wie sich aus den „Kurzinformationen zum FCP-Projekt“ ergebe – bereits als Teil der europäischen Shell-Organisation betrachtet worden. In diesem Dokument heißt es, dass „[d]er Grundsatz der Joint- Venture Vereinbarung beinhaltet, dass das Joint-Venture als Teil der europäischen Organisation von Shell die Standards, Systeme, Prozesse und Kultur von Shell übernehmen wird“ und dass „im Rahmen des Aufbaus des Shell Dea Oil Joint-Ventures … daher sämtliche Geschäftsprozesse von Shell und Dea harmonisiert werden [sollen]“, wobei „[d]ie Geschäftsprozesse von Shell … dabei als der zu übernehmende Standard [gelten]“. 85 Ferner hätten während der Bestandsdauer des Gemeinschaftsunternehmens die Mitarbeiter des Rechnungswesens von RWE Dea keinen Zugriff auf die Rechnungslegung von Shell & Dea Oil gehabt. 86 Somit erbringen nach Ansicht der Klägerinnen die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragenen Gesichtspunkte nicht den Nachweis einer „gemeinsamen Leitung“ im Sinne des Urteils Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt), sondern allenfalls den einer gemeinsamen Kontrolle im Sinne von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1). Der Nachweis der gemeinsamen Leitung sei qualitativ nämlich mehr als der einer gemeinsamen Kontrolle und setze voraus, dass die Muttergesellschaften die Geschäfte tatsächlich auch aktiv gemeinsam führten. 87 Da die Kommission im vorliegenden Fall den Nachweis einer gemeinsamen Leitung nicht erbracht habe, sei die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission den Klägerinnen die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung zurechne. 88 Die Kommission ist erstens der Auffassung, dass eine Vermutung für die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die beiden Muttergesellschaften auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens bestehe, wenn nicht nur die gemeinsame Kontrolle über (nahezu) 100 % der Gesellschaftsanteile, sondern darüber hinaus eine gemeinsame Leitungsbefugnis beider Muttergesellschaften hinsichtlich der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen sei. 89 Zweitens ist sie der Ansicht, sie habe den Nachweis einer gemeinsamen Leitungsbefugnis unter Verweis auf die Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erbracht. Die Klägerinnen stellten nicht in Abrede, dass die von der Kommission angeführten Umstände einen bestimmenden Einfluss der beiden Muttergesellschaften auf strategische Entscheidungen von Shell & Dea Oil begründeten. Da die Muttergesellschaften den besten Einblick in die konkrete Ausgestaltung der Kontrollverhältnisse im Gemeinschaftsunternehmen hätten, obliege es ihnen, den Gegenbeweis zu führen, wenn die Kommission auf der Grundlage nachgewiesener Umstände eine gemeinsame Leitungsbefugnis über die Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen und damit den Prima-facie-Beweis für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch beide Muttergesellschaften erbracht habe. 90 Die Klägerinnen argumentierten ausschließlich damit, dass sie keinen Einfluss auf die Vertriebs- und Preispolitik, d. h. auf das operative Geschäft von Shell & Dea Oil, genommen hätten. Sie behaupteten, dass das Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens in die „Entscheidungs‑ und Berichtsstrukturen“ der Shell-Gruppe eingebunden gewesen sei. Nach Ansicht der Kommission reicht es für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit aber aus, wenn sich der bestimmende Einfluss der Muttergesellschaften auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im weiteren Sinne, insbesondere auf strategische Entscheidungen, erstreckt. Daher genüge das Argument der privilegierten Einflussnahmemöglichkeit der Shell-Gruppe auf die Vertriebs- und Preispolitik von Shell & Dea Oil nicht, um zu beweisen, dass die beiden Muttergesellschaften nicht gemeinsam Einfluss ausgeübt hätten. 91 Darüber hinaus ergebe sich aus den Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens, dass beide Muttergesellschaften gemeinsam die Leitung über das Gemeinschaftsunternehmen ausgeübt hätten. RWE Dea und Deutsche Shell seien in der Gesellschafterversammlung paritätisch vertreten gewesen, da sie zu gleichen Teilen am Kapital des Gemeinschaftsunternehmens beteiligt gewesen seien. Dementsprechend seien auch der Gesellschafterausschuss und die Geschäftsführung paritätisch besetzt gewesen. In den Aufsichtsrat hätten beide Muttergesellschaften ebenfalls eine gleiche Anzahl von Vertretern entsandt. 92 Während RWE im Gesellschafterausschuss und im Aufsichtsrat den Vorsitzenden gestellt habe, sei der Vorsitzende der Geschäftsführung von Shell im Einvernehmen mit RWE bestellt worden. Bei Stimmengleichheit habe der Vorsitzende zwar das ausschlaggebende Stimmrecht gehabt, jedoch seien die Vertreter in der Geschäftsführung verpflichtet gewesen, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um Einigkeit bei der Entscheidungsfindung zu erzielen. Im Übrigen sei in den Aufsichtsrat des gemeinsamen Unternehmens eine Reihe von Vorständen der Klägerinnen entsandt worden. 93 Was die Kompetenzverteilung anbelange, sei die Geschäftsleitung allein für die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens verantwortlich gewesen, habe dabei aber der Kontrolle und dem Weisungsrecht des Gesellschafterausschusses und der Gesellschafterversammlung unterlegen. Dies sei mit entsprechenden Informations- und Berichtspflichten und dem Recht zur Rechnungsprüfung der Muttergesellschaften verbunden gewesen. Daher hätten die Klägerinnen entgegen ihren Ausführungen entsprechende Informationen erhalten und Prüfungen selbst vornehmen können. 94 Strategische Fragen seien dem Gesellschafterausschuss und in letzter Instanz der Gesellschafterversammlung vorbehalten gewesen, in denen jeweils mit einfacher Mehrheit entschieden worden sei. In der Gesellschafterversammlung und im Gesellschafterausschuss hätten sich beide Muttergesellschaften intensiv darum bemühen sollen, „Pattsituationen zu beheben“, wobei ultimativ eine Lösung zwischen den jeweiligen Konzernspitzen herbeizuführen gewesen sei. 95 Das Gemeinschaftsunternehmen habe keine von den Muttergesellschaften unabhängige Geschäftsführung gehabt, und beide Muttergesellschaften hätten sich in allen Fragen auf einen gemeinsamen Kurs verständigen müssen. Zudem seien beide Muttergesellschaften in gleicher Weise über das Geschäft des Gemeinschaftsunternehmens informiert worden und hätten auf der Grundlage der übermittelten Berichte ihren Einfluss in den Organen des Gemeinschaftsunternehmens geltend machen können. Diese Sachlage begründe den Anscheinsbeweis, dass beide Muttergesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von Shell & Dea Oil auch tatsächlich ausgeübt hätten. 96 Die Klägerinnen hielten dem entgegen, dass die Geschäftsführung von Shell & Dea Oil von Anfang an „vollständig in die Entscheidungs‑ und Berichtsstrukturen der Shell-Gruppe eingebunden“ worden sei. Aus den Verfahrensregeln für die operative Geschäftsführung ergebe sich zwar, dass mit Blick auf einen möglichen späteren Erwerb der alleinigen Kontrolle durch Shell von Anfang an eine Angleichung der Geschäftsabläufe im Gemeinschaftsunternehmen mit denjenigen des Shell-Konzerns vorgesehen gewesen sei. Nach Auffassung der Kommission wurde hiermit aber lediglich eine organisatorische Integration in die Shell-Gruppe vorweggenommen, ohne jedoch die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens in Frage zu stellen. So habe Shell dem Gemeinschaftsunternehmen als Kooperationspartner und Ratgeber zur Seite stehen sollen. Die Verfahrensregeln machten gleichwohl deutlich, dass damit kein Eingriff in die Leitungsbefugnis von RWE verbunden gewesen sei. 97 Außerdem fehle jeder Nachweis für das Vorbringen der Klägerinnen, wonach der Verkaufsleiter des Gemeinschaftsunternehmens nicht an dessen Geschäftsführung, sondern allein an den für das Wachsgeschäft in Europa zuständigen Geschäftsführer von Shell berichtet habe. Das Vorbringen der Klägerinnen betreffe in jedem Fall allein die Struktur des Berichtswesens, das möglicherweise so organisiert gewesen sei, dass die Verkaufszahlen bei Shell gesammelt und aufbereitet worden seien. Shell habe weiterhin ein eigenes Wachsgeschäft gehabt, während das ehemalige Wachsgeschäft von RWE im Gemeinschaftsunternehmen konzentriert gewesen sei. Ohnehin sei der Verkaufsleiter Mitglied der Geschäftsführung gewesen oder jedenfalls als „First Level Manager“ zur Kooperation und zu Informationen gegenüber der Geschäftsführung verpflichtet gewesen. Die Geschäftsführung sei daher direkt durch den jeweiligen Geschäftsführer oder über das Shell-Berichtswesen informiert worden, was auch erforderlich gewesen sei, da es nach Ziff. 13.4 der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens dem Gesellschafterausschuss habe Bericht erstatten müssen. 98 Auch die Anpassung der Rechnungslegungssysteme rechtfertige nicht die Annahme einer alleinigen Leitungsbefugnis der Shell-Gruppe. RWE Dea habe Zugang zu den Rechnungsdaten von Shell & Dea Oil gehabt. Das Dokument „Kurzinformationen zum FCP-Projekt“ bestätige im Übrigen, dass es um eine einheitliche Organisation des Gemeinschaftsunternehmens unter Anpassung an die „Geschäftsprozesse der Shell“, nicht um eine Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf Shell gegangen sei. Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen sei dort von einer „Berichterstattung an beide Shareholder“ die Rede. Zur gemeinsamen Kontrolle und zur gemeinsamen Ausübung von bestimmendem Einfluss auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens 99 Die Klägerinnen widersprechen der Auffassung, dass ein Beweis der gemeinsamen Kontrolle ausreiche, um die gemeinsame Ausübung von bestimmendem Einfluss durch die beiden Muttergesellschaften auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens nachzuweisen. Die Kommission trägt vor, dass die Ausübung eines solchen Einflusses vermutet werden könne, wenn die beiden Muttergesellschaften 100 % des Kapitals des Gemeinschaftsunternehmens zu gleichen Teilen hielten oder wenn eine gemeinsame Leitungsbefugnis bestehe. Außerdem meint die Kommission, dass sich die gemeinsame Leitungsbefugnis auf der Basis der Regelungen in der Vereinbarung zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens nachweisen lasse. 100 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 „[d]ie Kontrolle … durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet [wird], die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben“. 101 Nach der Rechtsprechung kann sich die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob das wettbewerbswidrige Verhalten einer Gesellschaft einer anderen Gesellschaft nach Art. 81 EG zugerechnet werden kann, nicht wie bei der Anwendung der Verordnung Nr. 139/2004 beim Nachweis der Kontrolle ausschließlich auf die Fähigkeit der Letzteren zur Einflussnahme stützen, ohne zu prüfen, ob tatsächlich ein Einfluss ausgeübt wurde (Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 69). 102 Vielmehr obliegt es ihr grundsätzlich, einen solchen entscheidenden Einfluss anhand einer Reihe tatsächlicher Umstände zu beweisen (vgl. Urteil Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zu diesen Umständen gehört, dass dieselben natürlichen Personen gleichzeitig leitende Positionen in der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft oder ihrem Gemeinschaftsunternehmen innehatten (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2011, Fuji Electric/Kommission, T-132/07, Slg. 2011, II-4091, Rn. 184, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Rn. 119 und 120) oder dass die genannten Gesellschaften die Weisungen ihrer einheitlichen Leitung zu befolgen hatten und sich auf dem Markt nicht unabhängig verhalten konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Rn. 29 angeführt, Rn. 527). 103 Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission nicht auf einen solchen direkten Beweis der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch RWE und Shell auf das Geschäftsverhalten von Shell & Dea Oil gestützt. 104 Die Feststellung im 510. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach „Shell und RWE während der Übergangsphase gemeinsam die Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen aus[übten]“, war nämlich auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses gestützt, wie sich aus der Fn. 666 der angefochtenen Entscheidung ergibt. Ferner hat die Kommission im 549. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „[i]n dieser Sache … die gemeinsame Kompetenz von Shell und RWE in der Geschäftsführung im Hinblick auf die Führung des Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nachgewiesen wurde (siehe Randnummer [510])“. Zudem hat die Kommission im 549. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Modalitäten der Entscheidungsfindung innerhalb der anderen Organe des Gemeinschaftsunternehmens abstrakt geprüft, d. h. ausschließlich auf der Grundlage der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens. Auf dieser Grundlage hat die Kommission am Ende des genannten Erwägungsgrundes den Schluss gezogen, dass Shell und RWE das Gemeinschaftsunternehmen im betreffenden Zeitraum gemeinsam kontrolliert hätten, und hat in der Fn. 680 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses verwiesen. 105 Daraus ergibt sich, dass die Kommission im vorliegenden Fall die gemeinsame Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch Shell und RWE auf das Geschäftsverhalten von Shell & Dea Oil wie bei einer nach den Regeln für die Genehmigung von Zusammenschlüssen durchgeführten Prüfung ausschließlich auf der Grundlage einer abstrakten Prüfung der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens, die vor der Aufnahme der Tätigkeit von Shell & Dea Oil unterzeichnet wurde, festgestellt hat. 106 Zweitens hat das Gericht somit zu prüfen, inwieweit eine derartige abstrakte und in die Zukunft gerichtete Prüfung, die im Bereich von Unternehmenszusammenschlüssen durchgeführt wird, wo der Erlass der Genehmigungsentscheidung der Aufnahme der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens vorausgeht, auch dem Nachweis der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens in einer Entscheidung dienen kann, mit der den Muttergesellschaften die Verantwortung für eine in der Vergangenheit von dem genannten Gemeinschaftsunternehmen begangene Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG zugerechnet wird. 107 Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass, selbst wenn die Befugnis oder die Möglichkeit, die Geschäftsentscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens zu bestimmen, an sich lediglich auf der bloßen Fähigkeit beruht, einen bestimmenden Einfluss auf sein Geschäftsverhalten auszuüben, und damit unter den Begriff „Kontrolle“ im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 fällt, die Kommission und die Unionsgerichte davon ausgehen können, dass die gesetzlichen Vorschriften und die Bestimmungen der Vereinbarungen über den Betrieb dieses Unternehmens, insbesondere die der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens und der Stimmrechtsvereinbarung der Anteilseigner, umgesetzt und eingehalten wurden. Insoweit darf die Prüfung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens, wie bei der Prüfung hinsichtlich der Kontrolle, aus einer abstrakten Prüfung der vor der Aufnahme der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens unterzeichneten Dokumente bestehen. Insbesondere wenn diese Vorschriften und Bestimmungen vorsehen, dass für eine Beschlussfassung innerhalb eines Organs des Gemeinschaftsunternehmens die Stimmen jeder Muttergesellschaft erforderlich sind, können die Kommission und die Unionsgerichte in Ermangelung gegenteiliger Beweise zu der Feststellung gelangen, dass diese Beschlüsse von den Muttergesellschaften gemeinsam gefasst wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 137 bis 139, Fuji Electric/Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 186 bis 193, und General Technic-Otis/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 112 und 113). 108 Da jedoch die Prüfung hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses nachträglich erfolgt und daher auf konkreten Umständen beruhen kann, können sowohl die Kommission als auch die betroffenen Parteien den Nachweis erbringen, dass die Geschäftsentscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens nach anderen Modalitäten gefasst wurden als denen, die sich aus der bloßen abstrakten Prüfung der Vereinbarung über den Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens ergaben (vgl. in diesem Sinne Urteile Fuji Electric/Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 194 und 195, und General Technic-Otis u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 115 bis 117). Insbesondere können die Kommission oder die betroffenen Parteien den Nachweis erbringen, dass ungeachtet der Befugnis einer Muttergesellschaft, die betreffenden Beschlüsse über ihre Vertreter in den Organen des Gemeinschaftsunternehmens allein zu fassen, diese Beschlüsse tatsächlich von mehreren oder von allen Muttergesellschaften einstimmig gefasst wurden. Zur Rechtmäßigkeit der Feststellung der Kommission, dass die Verantwortlichkeit für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung RWE und Shell zuzurechnen ist 109 In Anbetracht der oben in den Rn. 99 bis 108 ausgeführten Erwägungen ist somit zu prüfen, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung genügend Umstände angeführt hat, um den Klägerinnen die Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung zuzurechnen. 110 Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission ihre Feststellung zur gesamtschuldnerischen Haftung der Klägerinnen und des Shell-Konzerns für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung auf zwei Gesichtspunkte gestützt hat. Erstens hat sie sich auf das Vorliegen einer gemeinsamen Leitungsbefugnis bezogen, die sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung über die Genehmigung des Zusammenschlusses, in dessen Rahmen Shell und RWE zunächst die gemeinsame Kontrolle über Shell & Dea Oil erlangt hatten und Shell dann nach Ablauf einer Übergangsfrist die alleinige Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen erwerben sollte, anhand der Prüfung der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens festgestellt hat. Zweitens hat sie den Umstand herangezogen, dass die beiden Muttergesellschaften gemeinsam und zu gleichen Teilen das gesamte Kapital des Gemeinschaftsunternehmens hielten. 111 Soweit die Klägerinnen erstens vortragen, die angenommene „gemeinsame Leitungsbefugnis“ bestehe eher in der bloßen Fähigkeit zur Ausübung eines bestimmenden Einflusses, d. h. einer Kontrolle im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004, als in der tatsächlichen Ausübung dieser Kontrolle, genügt der Hinweis, dass aus der gemeinsamen Leitungsbefugnis, wie sie sich aus den Vereinbarungen über den Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens ergibt, auf die tatsächliche gemeinsame Leitung geschlossen werden kann, wenn nicht das Gegenteil nachgewiesen wird (vgl. oben, Rn. 107 und 108). 112 Zweitens hat das Gericht zum Wesen der gemeinsamen Leitung in seinem Urteil Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 bis 138) diejenigen Indizien als relevant angesehen, die belegen, dass die von den Muttergesellschaften jeweils ernannten Mitglieder der Organe des Gemeinschaftsunternehmens, die die Geschäftsinteressen der Muttergesellschaften vertreten, bei der Festlegung und Umsetzung der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens eng zusammenarbeiten sollten und dass die von ihnen getroffenen Entscheidungen zwangsläufig einen übereinstimmenden Willen der von der Kommission zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelten. Außerdem zog das Gericht Hinweise darauf heran, dass zur Festlegung der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens regelmäßige Kontakte zwischen den Muttergesellschaften und den jeweils von ihnen ernannten Mitgliedern der Organe des Gemeinschaftsunternehmens stattfanden. Das Gericht hat nicht nur die strategische Entscheidungsfindung im Gemeinschaftsunternehmen geprüft, sondern auch die Führung des Tagesgeschäfts, und hat darauf hingewiesen, dass die beiden von den beiden Muttergesellschaften ernannten Direktoren auch in dieser Hinsicht eng zusammenarbeiten sollten (Urteil Avebe/Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 136 bis 138). 113 Darüber hinaus hat das Gericht in seinem Urteil General Technic-Otis u. a./Kommission (oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 112 und 118) hervorgehoben, dass das Kapital des Gemeinschaftsunternehmens zu 75 % von Otis Belgien und die verbleibenden 25 % von General Technic gehalten wurde und dass nach der Satzung des Gemeinschaftsunternehmens jeder Gesellschafter im Verwaltungsrat des Gemeinschaftsunternehmens im Verhältnis zu seiner Kapitalbeteiligung vertreten war. Da die Entscheidungen des Verwaltungsrats mit einer Mehrheit von 80 % der Stimmen getroffen werden mussten, hatte Otis notwendigerweise durch seine Vertreter im Verwaltungsrat während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung ihre Zustimmung zu allen diesen Entscheidungen erteilt. 114 Drittens verfügte im vorliegenden Fall RWE zwar über ein Vetorecht im Gesellschafterausschuss und in der Gesellschafterversammlung, dies betraf jedoch nicht sämtliche Entscheidungen bezüglich der Leitung des Gemeinschaftsunternehmens. Das ausschlaggebende Stimmrecht des von Shell ernannten Vorsitzenden der Geschäftsführung bedeutet jedoch, dass die von Shell ernannten Mitglieder auch gegen den Willen der von RWE ernannten Mitglieder Entscheidungen der Geschäftsführung treffen konnten. Somit konnte allein auf der Grundlage der in der angefochtenen Entscheidung genannten Bestimmungen der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nicht nachgewiesen werden, dass die beiden Muttergesellschaften das Gemeinschaftsunternehmen in enger Zusammenarbeit geleitet haben und dass die Entscheidungsfindung in der Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens notwendigerweise den Willen jeder der zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelte. 115 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission keine konkreten tatsächlichen Nachweise, wie etwa Protokolle der Sitzungen der Geschäftsführung, dafür vorgelegt hat, dass das Gemeinschaftsunternehmen von den beiden Muttergesellschaften in enger Zusammenarbeit geleitet wurde und die von der Geschäftsführung getroffenen Entscheidungen den Willen jeder der zur Verantwortung gezogenen Muttergesellschaften widerspiegelten. 116 Somit fehlten im vorliegenden Fall die Indizien, auf deren Grundlage das Gericht in den Urteilen Avebe/Kommission (oben in Rn. 76 angeführt) und General Technic-Otis u. a./Kommission (oben in Rn. 26 angeführt) die gemeinsame Leitung festgestellt hat. 117 Drittens hat die Kommission jedoch geltend gemacht, dass es für den Nachweis einer wirtschaftlichen Einheit ausreiche, dass sich der von den Muttergesellschaften ausgeübte bestimmende Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im weiten Sinne, insbesondere auf strategische Entscheidungen, erstrecke. 118 Insoweit ist zunächst hervorzuheben, dass der Geschäftsführung eine bedeutende Rolle bei der Bestimmung der Geschäftspolitik von Shell & Dea Oil zukam. Nach Ziff. 13.2 der Vereinbarung zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens war die Geschäftsführung alleinverantwortlich für die Leitung der Geschäfte des Gemeinschaftsunternehmens und verfügte über die nötigen Befugnisse, um die Ziele des Gemeinschaftsunternehmens umzusetzen, auch wenn die strategischen Befugnisse dem Gesellschafterausschuss vorbehalten blieben. Nach Ziff. 12.5 dieser Vereinbarung beschränkten sich diese vorbehaltenen Befugnisse im Wesentlichen auf die Aufstellung des Haushalts und des Geschäftsplans, Entscheidungen bezüglich Investitionen und Verträge mit Dritten, deren Wert eine bestimmte Schwelle überschritt, die Benennung von Mitgliedern der Geschäftsführung und die Umstrukturierung. 119 Ferner ergibt sich aus der oben in den Rn. 112 und 113 angeführten Rechtsprechung, dass der Einfluss der Muttergesellschaften auf die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens, der über von den Muttergesellschaften benannte Mitglieder der Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt wird, für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen den Muttergesellschaften und dem genannten Gemeinschaftsunternehmen in hohem Maße relevant ist. 120 Des Weiteren kann die Frage der operativen Geschäftsführung zwar unerheblich sein, wenn es sich um eine zu 100 % von einer einzigen Muttergesellschaft gehaltene Tochtergesellschaft handelt, da der Nachweis der operativen Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft für sich genommen nicht die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen vermag (vgl. die oben in Rn. 49 angeführte Rechtsprechung). 121 Jedoch werden bei einem einzigen Anteilseigner alle Entscheidungen – einschließlich derjenigen, die die operative Geschäftsführung der Tochtergesellschaft betreffen – von Geschäftsführern getroffen, die unmittelbar oder (mittels der Organe, deren Mitglieder von der Muttergesellschaft benannt wurden) mittelbar von der Muttergesellschaft nominiert und ernannt werden. Da es keine weiteren Anteilseigner gibt, sind zudem die einzigen Geschäftsinteressen, die in der Tochtergesellschaft bestehen, grundsätzlich die des einzigen Anteilseigners. Daher kann die Kommission die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auch dort vermuten, wo die operative Geschäftsführung von Geschäftsführern der Tochtergesellschaft eigenständig wahrgenommen wird. 122 Bei Gemeinschaftsunternehmen gibt es eine Mehrheit von Anteilseignern, und die Entscheidungen seiner Organe werden von Mitgliedern getroffen, die die Geschäftsinteressen der verschiedenen Muttergesellschaften vertreten, die übereinstimmen, aber auch unterschiedlich sein können. Somit bleibt die Frage relevant, ob die Muttergesellschaft, insbesondere durch von ihr bestellte Geschäftsführer, einen tatsächlichen Einfluss auf die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt hat. 123 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen bereits in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte Gesichtspunkte vorgetragen hatten, die für die Beurteilung des Vorliegens einer gemeinsamen Leitung relevant sind. Sie hatten dort geltend gemacht, dass die Vertriebs‑ und Preispolitik des Gemeinschaftsunternehmens, d. h. im Wesentlichen die operative Geschäftsführung, auf den Entscheidungen von Shell beruht habe und von Shell kontrolliert worden sei; die Leitung des Gemeinschaftsunternehmens sei in die Strukturen von Shell integriert worden. Dagegen wurden die einzigen Argumente, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführt hat, um diese Gesichtspunkte zu widerlegen, aus den Vetorechten hergeleitet, die RWE im Gesellschafterausschuss und in der Gesellschafterversammlung hatte. Wie sich jedoch insbesondere aus der obigen Rn. 118 ergibt, fiel die operative Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens nicht in die Kompetenz dieser Organe. Vielmehr waren die Entscheidungen, die für die Beurteilung, ob eine gemeinsame Leitung vorliegt, relevant sind, im Wesentlichen von der Geschäftsführung zu treffen. 124 Somit hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens nicht nachgewiesen. 125 Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung außer der gemeinsamen Leitung keinen sich aus den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen ergebenden Anhaltspunkt angeführt hat, um nachzuweisen, dass RWE tatsächlich bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens ausgeübt hat. 126 Dass RWE und Shell zusammen 100 % des Kapitals von Shell & Dea Oil hielten, bedeutet nicht, dass der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache dem Sachverhalt ähnelte, der Gegenstand des oben in Rn. 76 angeführten Urteils Avebe/Kommission war, da das Gericht in jenem Urteil eine gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens festgestellt und seine Schlussfolgerungen, was die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses anging, auf weitere relevante Anhaltspunkte gestützt hatte, die im vorliegenden Fall fehlen. 127 In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission eine Liste über die Besetzung verschiedener Posten bei Dea Mineraloel, Shell & Dea Oil und den Klägerinnen durch dieselben Personen vorgelegt, aus der hervorgeht, dass drei Mitglieder des Vorstands von RWE Dea zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 gleichzeitig Mitglieder des Aufsichtsrats von Shell & Dea Oil waren. Bevor diese Personen Mitglieder des Aufsichtsrats von Shell & Dea Oil wurden, waren sie Mitglieder des Vorstands von Dea Mineraloel. Hingegen konnte es während des Bestehens des Gemeinschaftsunternehmens nicht zu Überschneidungen zwischen den Mitgliedern der Geschäftsführung oder des Gesellschafterausschusses einerseits und den Mitgliedern der Organe der Klägerinnen andererseits kommen. 128 Selbst unter der Annahme, dass sich die von der Kommission im vorliegenden Fall aufgezeigte gleichzeitige Besetzung mehrerer Posten auf die Beurteilung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auswirken kann, kann dieser Umstand die in der angefochtenen Entscheidung insoweit gezogene Schlussfolgerung nicht stützen. Die Begründung ist dem Betroffenen nämlich grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile des Gerichtshofs vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, Slg. 1981, 2861, Rn. 22, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 149). 129 Nach alledem ist festzustellen, dass die Anhaltspunkte, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragen hat, nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die Klägerinnen und Shell die Vorgehensweise von Shell und Dea Oil auf dem Markt gemeinsam festlegten, so dass die Kommission nicht den Schluss ziehen durfte, dass die Klägerinnen und Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Folglich hat die Kommission gegen Art. 81 EG verstoßen, als sie auf der alleinigen Grundlage der in der angefochtenen Entscheidung zusammengetragenen Gesichtspunkte die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerinnen für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung festgestellt hat. 130 Daher ist dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes stattzugeben und die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission die Beteiligung der Klägerinnen an dem Kartell zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 festgestellt hat. Die Auswirkungen der festgestellten Rechtswidrigkeit auf den Betrag der Geldbuße werden unten in den Rn. 260 ff. geprüft. 2. Zum zweiten Klagegrund: Nichtanwendung der Kronzeugenregelung von 2002 auf die Klägerinnen 131 Hilfsweise machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission die Kronzeugenregelung von 2002 fehlerhaft angewandt und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe, soweit sie die gegen sie festgesetzte Geldbuße nicht unter Berücksichtigung des von Shell Deutschland Schmierstoff u. a. im Namen von Shell Deutschland Oil gestellten Kronzeugenantrags erlassen oder ermäßigt habe. Die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei daher „auf Null herabzusetzen, jedenfalls aber deutlich zu ermäßigen“, was dem Sinn und Zweck der Kronzeugenregelung ebenso wie der Absicht von Shell entspreche, die in deren Kronzeugenantrag dargelegt sei. Zum ersten Teil: Nichterstreckung des von Shell gestellten Kronzeugenantrags auf die Klägerinnen Zur angefochtenen Entscheidung 132 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt: „… „(732) … Shell [war] das erste Unternehmen …, das Beweismittel bezüglich der in dieser Entscheidung behandelten Zuwiderhandlung vorgelegt hat. Die übermittelten Beweismittel haben die Kommission in die Lage versetzt, eine Entscheidung zu erlassen und eine Nachprüfung bezüglich der mutmaßlichen Zuwiderhandlung in diesem Sektor durchzuführen. … (736) Daher kommt für Shell ein Geldbußenerlass gemäß Ziffer 8 der Kronzeugenregelung aus dem Jahre 2002 in Betracht, und die Geldbuße für Shell wird um 100 % ermäßigt. Diese Ermäßigung erstreckt sich auch auf die gesamtschuldnerische Haftung wegen des Verhaltens der Shell Deutschland Oil GmbH/Shell & Dea Oil GmbH. Für den sich aus diesem Verhalten ergebenden Teil der Geldbuße haftet folglich RWE alleine.“ 133 Zur fehlenden Geltung des Kronzeugenantrags von Shell Deutschland Schmierstoff für die Klägerinnen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: „… (524) Shell argumentiert, in dem Zeitraum, in dem Dea Mineralöl Teil der RWE-Gruppe war (d. h. vom Beginn der Zuwiderhandlung am 3. September 1992·bis zum 30. Juni 2002), müsse der Shell gewährte bedingte Erlass auch RWE zugute kommen. (525) Shell erklärt ferner, das Unternehmen könne und solle für den Zeitraum vom 2. Januar bis zum 30. Januar 2002 nicht gesamtschuldnerisch mit RWE haften, wenn die Kommission beabsichtige, eine Geldbuße gegen RWE festzusetzen. In dieser Sache sollten Shell und RWE getrennt verantwortlich gemacht werden. … (527) … [D]ie Kommission [kann] eine allgemeine Erklärung nicht als Begründung dafür anerkennen, dass der Shell zu gewährende bedingte Erlass von Geldbußen auf RWE ausgeweitet werden müsse. Artikel 81 [EG] betrifft wettbewerbswidriges Verhalten auf dem Markt während eine[s] gewissen Zeitraum[s], während sich die Kronzeugenregelung auf Anträge auf Zusammenarbeit während eines Verwaltungsverfahrens bezieht. Für Letztere muss die Kommission daher bewerten, welchem Unternehmen der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung zuzurechnen war. Als Shell den Antrag auf Erlass der Geldbuße gestellt hat, gehörten Shell und RWE nicht zum selben Konzern. Shell ist daher das einzige Unternehmen, das die Anforderungen der Kronzeugenregelung von 2002 erfüllt und für das daher ein Erlass der Geldbuße in Betracht kommt.“ Zur ersten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Dea Mineraloel 134 Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission die Wirkung des von Shell gestellten Kronzeugenantrags nicht auf die Zuwiderhandlung erstreckt habe, die Dea Mineraloel zwischen 1992 und dem 2. Januar 2002 begangen habe, als die Klägerinnen zu 100 % an ihr beteiligt gewesen seien. Dea Mineraloel sei die Gesellschaft, deren Nachfolgerin Shell Deutschland Oil nach ihrer Übernahme durch Shell sei. Zudem sei die Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt habe, Shell Deutschland Schmierstoff, die Tochtergesellschaft von Shell Deutschland Oil. 135 Bei der Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 sei auf das Unternehmen, dem die Geldbuße erlassen werde, in der Form abzustellen, in der es zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung bestanden habe. Daher habe die Kommission gegen diese Regelung verstoßen, als sie es abgelehnt habe, den von Shell Deutschland Schmierstoff gestellten Kronzeugenantrag auf die Klägerinnen zu erstrecken. Dies ergebe sich u. a. aus Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, wonach bei der Festsetzung der Höhe der gegen Unternehmen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG verhängten Geldbußen die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen seien. Da sich die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung auf das Unternehmen bezögen, wie es während der Beteiligung an der Zuwiderhandlung bestanden habe, sei bei der Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 derselbe Unternehmensbegriff anzuwenden. 136 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der Rechtsprechung die Befugnis, gegen die Muttergesellschaft eine Sanktion wegen des Verhaltens einer Tochtergesellschaft zu verhängen, nicht auf die Rechtmäßigkeit einer allein an die an der Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft gerichteten Entscheidung auswirkt. Somit hat die Kommission die Wahl, die Sanktion entweder der an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft oder der Muttergesellschaft aufzuerlegen, die sie im fraglichen Zeitraum kontrollierte. Diese Wahl hat sie auch im Fall einer wirtschaftlichen Nachfolge in der Kontrolle über die Tochtergesellschaft, so dass sie das Verhalten der Tochtergesellschaft für die Zeit vor dem Übergang der alten Muttergesellschaft und für die Zeit danach der neuen Muttergesellschaft zurechnen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T-259/02 bis T-264/02 und T-271/02, Slg. 2006, II-5169, Rn. 331 und 332 und die dort angeführte Rechtsprechung). 137 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Kommission berechtigt ist, die Verantwortlichkeit der alten und der neuen Muttergesellschaft der an der Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft getrennt zu prüfen und festzustellen. 138 Daher hat im vorliegenden Fall die Kommission keinen Ermessensfehler begangen, als sie die Verantwortlichkeit von RWE für die von Dea Mineraloel (zwischen 1992 und dem 2. Januar 2002) begangene Zuwiderhandlung und die Verantwortlichkeit von Shell für die von den Nachfolgerinnen von DEA Mineraloel, d. h. von Shell Deutschland Oil und deren Tochtergesellschaft Shell Deutschland Schmierstoff, (ab dem 30. Juni 2002) begangene Zuwiderhandlung getrennt ermittelt hat. 139 Zweitens ist das Ziel des Kronzeugenprogramms der Kommission zu prüfen. 140 Hierzu ist bereits entschieden worden, dass die Herabsetzung von Geldbußen im Fall der Kooperation von Unternehmen, die an Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligt waren, auf der Erwägung beruht, dass eine solche Kooperation der Kommission die Aufgabe erleichtert, eine Zuwiderhandlung festzustellen und ihr gegebenenfalls ein Ende zu setzen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 399, und Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T-69/04, Slg. 2008, II-2567, Rn. 225). 141 Außerdem heißt es in den Ziff. 3 und 4 der Kronzeugenregelung von 2002: „Der Kommission ist bekannt, dass manche Unternehmen, die sich an rechtswidrigen Absprachen beteiligen, ihre Beteiligung einstellen und sie von dem Bestehen des Kartells in Kenntnis setzen wollen, wegen der Gefahr hoher Geldbußen aber davor zurückschrecken. … Die Kommission ist der Auffassung, dass die [Union] ein Interesse daran hat, Unternehmen, die mit ihr zusammenarbeiten, Rechtsvorteile zu gewähren. Das Interesse der Verbraucher und Bürger an der Aufdeckung und Ahndung von Kartellen ist größer als das Interesse an der Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen, die es der Kommission ermöglichen, solche Verhaltensweisen aufzudecken und zu untersagen.“ 142 Aus der Kronzeugenregelung von 2002 ergibt sich demnach, dass das Verschulden und die Verantwortlichkeit der Unternehmen bei der Zuwiderhandlung durch die Anwendung dieser Regelung nicht in Frage gestellt werden und dass lediglich die finanziellen Folgen dieser Verantwortlichkeit ausgeschlossen oder reduziert werden, um einen Anreiz für die Unternehmen zu schaffen, Kartelle aufzudecken. 143 Daraus folgt, dass das einzige Ziel des Kronzeugenprogramms darin besteht, die Aufdeckung derartiger Praktiken im Interesse der europäischen Verbraucher und der Bürger zu erleichtern, indem ein Anreiz für an Kartellen beteiligte Unternehmen geschaffen wird, diese Kartelle offenzulegen. Somit dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 144 Drittens erlässt nach Ziff. 8 der Kronzeugenregelung von 2002 die Kommission einem Unternehmen die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, sofern das Unternehmen als erstes Beweismittel vorlegt, die es ihr ermöglichen, in einer Entscheidung eine Nachprüfung anzuordnen, um gegen ein mutmaßliches Kartell zu ermitteln, oder als erstes Beweismittel vorlegt, die es ihr ermöglichen, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG in Form eines mutmaßlichen Kartells festzustellen. 145 Somit stellt die Kronzeugenregelung von 2002 anders als Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, der sich auf die Dauer der Zuwiderhandlung und damit auf die verschiedenen Zusammensetzungen des Unternehmens, das die unmittelbar verantwortliche Gesellschaft oder die betroffene Tätigkeit umfasst, während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung bezieht, auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags ab, so dass der Begriff „Unternehmen“ grundsätzlich die wirtschaftliche Einheit bezeichnet, wie sie zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags besteht. 146 Diese Auslegung steht im Übrigen im Einklang mit dem Ziel der Kronzeugenregelung von 2002, das darin besteht, die Aufdeckung von Kartellen dadurch zu erleichtern, dass Anreize für die Beteiligten geschaffen werden, diese Kartelle offenzulegen. Da die Möglichkeit besteht, die Verantwortlichkeit einer unmittelbar am Kartell beteiligten Gesellschaft anderen Gesellschaften zuzurechnen, mit denen sie eine wirtschaftliche Einheit bildet, muss es, um den Anreiz zur Preisgabe von Informationen zu erhalten, die auch die Verantwortlichkeit dieser Gesellschaft implizieren, möglich sein, allen Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags dem Unternehmen angehören, die Sanktionen zu erlassen, die ohne diesen Antrag verhängt würden. 147 Dagegen wirkt sich die Erstreckung des Vorteils aus dem Kronzeugenantrag auf die Unternehmen, denen die unmittelbar am Kartell beteiligte Gesellschaft angehörte oder die betroffene Tätigkeit zuzuordnen war, normalerweise nicht auf die Rechtslage der Gesellschaften aus, die mit der den Antrag stellenden Gesellschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Unternehmen bilden. Somit kann eine solche Erstreckung grundsätzlich nicht dem einzigen mit der Kronzeugenregelung von 2002 verfolgten Ziel dienen, nämlich für Unternehmen Anreize zu schaffen, im Interesse der Verbraucher in der Union Kartelle preiszugeben. 148 Daraus folgt, dass die Kommission nicht gegen die Kronzeugenregelung von 2002 verstoßen hat, als sie im 527. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass der Umfang des Unternehmens, dem die Geldbuße zu erlassen sei, anhand der Sachlage bestimmt werden müsse, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags bestehe. 149 Viertens ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils des Klagegrundes lediglich geltend machen, dass ihnen der Erlass der Geldbuße zugutekommen müsse, der Shell wegen der Informationen gewährt worden sei, die Shell Deutschland Schmierstoff, eine Gesellschaft, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags der Shell-Gruppe angehört habe, der Kommission übermittelt habe. 150 Was den Zeitraum vor dem 2. Januar 2002 betrifft, hätte die Erstreckung des Geldbußenerlasses auf die Klägerinnen die Wirksamkeit der Umsetzung des Kronzeugenprogramms der Kommission nicht erhöhen und damit den europäischen Verbrauchern zugutekommen können. Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen wurde nämlich getrennt von der Verantwortlichkeit von Shell festgestellt. Daher konnte die gegen sie verhängte Geldbuße Shell keinen finanziellen Nachteil bringen und Shell somit nicht davon abbringen, alle Informationen vorzulegen, die sie der Kommission mitteilen wollte, um einen Erlass der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 zu erreichen. 151 Außerdem ist es, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, nicht unbillig, die neue Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft, die im Wege interner Untersuchungen eine Zuwiderhandlung entdeckt und daraufhin beschließt, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, durch die Gewährung eines Geldbußenerlasses zu belohnen und dem früheren Eigentümer des Unternehmens, der diese Bemühungen nicht entfaltet hat und nicht zur Aufklärung der Zuwiderhandlung beigetragen hat, diese Maßnahme nicht zugutekommen zu lassen. 152 Somit hat die Kommission im vorliegenden Fall die Kronzeugenregelung von 2002 ihrem Zweck entsprechend angewandt. 153 Fünftens schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist, ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C-550/07 P, Slg. 2010, I-8301, Rn. 54 und 55). 154 Im vorliegenden Fall besteht ein klarer Unterschied zwischen der Situation der Klägerinnen und der Situation der zur Shell-Gruppe gehörenden Gesellschaften, denen die Geldbuße nach dem Kronzeugenantrag von Shell Deutschland Schmierstoff erlassen wurde, weil nämlich Letztere anders als die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags mit Shell Deutschland Schmierstoff ein Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG bildeten. Dieser Unterschied ist im Hinblick auf die Erstreckung des Erlasses der Geldbuße von Bedeutung, wie sich aus den oben in den Rn. 145 bis 148 wiedergegebenen Erwägungen ergibt. 155 Somit hat die Kommission unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich behandelt, so dass sie nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. 156 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Feststellung der Kommission zu bestätigen ist, wonach den Klägerinnen der Shell gewährte Erlass der Geldbuße nicht zugutekommen konnte, soweit es um die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung geht. Zur zweiten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Shell & Dea Oil 157 Mit ihrer zweiten Rüge beanstanden die Klägerinnen, dass der der Shell-Gruppe gewährte Geldbußenerlass nicht auf die Geldbuße erstreckt worden sei, die gegen sie wegen der von Shell & Dea Oil, dem Gemeinschaftsunternehmen von Shell und RWE, während des Zeitraums zwischen dem 2. Januar und dem 30. Juni 2002 begangenen Zuwiderhandlung verhängt worden sei. 158 Hierzu genügt der Hinweis, dass das Gericht nach Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären ist, soweit die Kommission gegen die Klägerinnen Sanktionen wegen der von Shell & Dea Oil begangenen Zuwiderhandlung verhängt hat. Daher braucht die vorliegende Rüge nicht mehr geprüft zu werden. 159 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die Rüge der Nichterstreckung des Shell für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung gewährten Geldbußenerlasses zurückzuweisen und braucht über die Nichterstreckung des Shell für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung gewährten Geldbußenerlasses nicht entschieden zu werden. Zum zweiten Teil: Anspruch der Klägerinnen auf vollständigen Erlass oder eine erhebliche Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 160 Die Klägerinnen machen geltend, dass ihnen die Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 hätte erlassen oder sie erheblich hätte herabgesetzt werden müssen. Die von Shell gelieferten Informationen hätten nämlich von früheren Angestellten der Gesellschaften Dea Mineraloel und Shell & Dea Oil – die zu Shell Deutschland Oil, der Muttergesellschaft von Shell Deutschland Schmierstoff, geworden seien – gestammt. 161 Jedenfalls hätten auch die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren wichtige Beweismittel beigebracht, und der einzige Grund dafür, dass sie diese nicht früher hätten vorlegen können, sei gewesen, dass die Kommission ihnen sehr spät mitgeteilt habe, dass die Untersuchung auch gegen sie geführt worden sei. 162 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Beurteilung der Frage, ob Auskünfte oder Schriftstücke, die die Unternehmen freiwillig geliefert haben, ihre Aufgabe erleichtert haben und ob einem Unternehmen ein Nachlass im Sinne der Kronzeugenregelung von 2002 zu gewähren ist, über ein Ermessen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 394, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Rn. 248). Dessen ungeachtet kann sich das Gericht nicht auf diesen Ermessensspielraum stützen, um insoweit auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung zu verzichten (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C-386/10 P, Slg. 2011, I-13085, Rn. 62). 163 Ferner beruht nach der oben in Rn. 140 angeführten Rechtsprechung die Herabsetzung von Geldbußen bei einer Zusammenarbeit von an Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligten Unternehmen auf der Erwägung, dass eine solche Zusammenarbeit die Aufgabe der Kommission erleichtert, eine Zuwiderhandlung festzustellen und ihr gegebenenfalls ein Ende zu setzen. 164 Außerdem besteht, wie oben in Rn. 143 ausgeführt, das einzige Ziel des Kronzeugenprogramms darin, die Aufdeckung von Kartellen im Interesse der europäischen Verbraucher und Bürger dadurch zu erleichtern, dass für die Beteiligten ein Anreiz geschaffen wird, sie preiszugeben. Daher dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 165 Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Kronzeugenregelung von 2002 – anders als Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, der sich auf die Dauer der Zuwiderhandlung und damit auf die unterschiedlichen Zusammensetzungen des Unternehmens, das die unmittelbar verantwortliche Gesellschaft oder die betroffene Tätigkeit umfasst, während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung bezieht – auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags abstellt, so dass der Begriff „Unternehmen“ grundsätzlich die wirtschaftliche Einheit bezeichnet, wie sie zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags besteht. 166 Demnach ist der Umstand, dass die Informationen, durch die Shell in den Genuss des Kronzeugenprogramms gelangen konnte, von Angestellten geliefert wurden, die vor der Übernahme von Dea Mineraloel durch Shell beim RWE-Konzern beschäftigt gewesen waren, für die Beurteilung, ob die Klägerinnen einen Anspruch auf Erlass oder Herabsetzung der Geldbuße haben, ohne Bedeutung. 167 Die Klägerinnen führen nämlich keine rechtliche Regel an, nach der die Kommission sie deshalb von der Zahlung der Geldbuße befreien müsste, weil die Angestellten, die zu der Aufdeckung des Kartells oder der vom Kartell erfassten Tätigkeit der Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt hat, beigetragen haben, in der Vergangenheit einer von ihnen gehaltenen Gesellschaft angehörten. 168 Dagegen ergibt sich aus der Kronzeugenregelung von 2002, die auf den Zeitpunkt der Einreichung des Kronzeugenantrags abstellt, dass die Aussagen der Angestellten der Gesellschaft, die den Kronzeugenantrag gestellt hat, nur dem Unternehmen zugutekommen können, dem diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags angehörte. Nur eine solche Auslegung gewährleistet, dass der Erlass oder die Herabsetzung der Geldbuße, die gemäß dem Kronzeugenprogramm gewährt werden, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um das Ziel dieses Programms zu erreichen, das darin besteht, einen Anreiz für an Kartellen beteiligte Unternehmen zu schaffen, diese offenzulegen. 169 Daher ist die erste Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen. 170 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission ihre Geldbuße wegen der Beweismittel, die sie selbst während des Verwaltungsverfahrens vorgelegt hätten, erheblich hätte herabsetzen müssen. 171 Hierzu genügt der Hinweis, dass die Klägerinnen lediglich die Zurückweisung eines Arguments von MOL im 222. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnen, zu dem sie zusätzliche Beweismittel vorgelegt hätten. Wie die Kommission ausgeführt hat, wurde die Beteiligung von MOL an dem Kartell jedoch auf der Grundlage erschöpfender Beweise festgestellt. Außerdem haben die Klägerinnen diese Informationen in Beantwortung eines Auskunftsersuchens der Kommission zu einem Zeitpunkt vorgelegt, zu dem bereits mindestens drei andere Unternehmen freiwillig Beweise und Informationen zur Funktionsweise des Kartells vorgelegt hatten. Somit hat die Kommission keinen Fehler begangen oder rechtswidrig gehandelt, als sie es abgelehnt hat, den Klägerinnen gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 die Geldbuße zu erlassen oder diese herabzusetzen. 172 Jedenfalls ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass in Anbetracht aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Falles die von den Klägerinnen vorgetragenen Gesichtspunkte nicht ausreichen, um eine derartige Herabsetzung zu rechtfertigen. 173 Dementsprechend ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen 174 Im Rahmen des dritten Teils des zweiten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass ihre Möglichkeiten, einen Kronzeugenantrag zu stellen, von Anfang an eingeschränkt gewesen seien, da die von der fraglichen Zuwiderhandlung betroffene Tätigkeit auf Shell übertragen worden sei. Dass die Kommission sie nicht vor der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte darüber informiert habe, dass die Untersuchung auch gegen sie geführt worden sei, habe ihnen die Möglichkeit genommen, rechtzeitig einen Kronzeugenantrag zu stellen. Damit habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt. 175 Nach ständiger Rechtsprechung erfordert es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 10, und vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C-310/93 P, Slg. 1995, I-865, Rn. 21). 176 Dieser Grundsatz kommt in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck, der vorsieht, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, so klar angeführt sein müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Rn. 67), dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, und sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor diese eine endgültige Entscheidung erlässt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die endgültige Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit hatten, sich zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T-213/00, Slg. 2003, II-913, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). 177 Im vorliegenden Fall behaupten die Klägerinnen nicht, dass die an sie gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht alle Tatsachen enthalten habe, auf die die angefochtene Entscheidung ihnen gegenüber gestützt sei. Sie machen lediglich geltend, sie seien dadurch, dass die Kommission sie nicht auf die Einleitung des Verwaltungsverfahrens hingewiesen habe, in eine ungünstigere Lage versetzt worden als die Unternehmen, bei denen die Kommission Nachprüfungen durchgeführt habe. 178 Der Gerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass die Kommission, sofern der Adressat einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzt wird, seinen Standpunkt zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission behaupteten Tatsachen und Umstände im Lauf des kontradiktorischen Verwaltungsverfahrens in geeigneter Weise zu Gehör zu bringen, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, vor der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Ermittlungsmaßnahme an diesen Adressaten zu richten (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 122). 179 Daher können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte berufen. 180 Diese Feststellung kann nicht durch den Hinweis der Klägerinnen auf die Entscheidung der Kommission vom 3. September 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.069 – Kupfer-Installationsrohre) in Frage gestellt werden. Entscheidungen in anderen Verfahren können, wenn die in diesen Verfahren fraglichen tatsächlichen Gegebenheiten nicht die gleichen sind, nur Hinweischarakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C-167/04 P, Slg. 2006, I-8935, Rn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C-76/06 P, Slg. 2007, I-4405, Rn. 60). 181 Ebenso wenig können sich die Klägerinnen mit Erfolg darauf berufen, dass die Übertragung der vom Kartell erfassten Tätigkeit auf Shell ihnen die Zusammenarbeit mit der Kommission erschwert habe. 182 Wie die Kommission hiergegen zu Recht eingewandt hat, waren die Klägerinnen nämlich durch nichts daran gehindert, während des Zeitraums, in dem Dea Mineraloel eine wirtschaftliche Einheit mit ihnen bildete, einen Kronzeugenantrag zu stellen. 183 Zudem ist es nicht Ziel des Kronzeugenprogramms, an Kartellen beteiligte Unternehmen, die von der Einleitung des Verfahrens der Kommission Kenntnis erlangt haben, die Möglichkeit einzuräumen, den finanziellen Folgen ihrer Verantwortung zu entgehen, sondern die Aufdeckung derartiger Praktiken im Interesse der europäischen Verbraucher und Bürger durch die Schaffung von Anreizen für die Beteiligten, diese Praktiken offenzulegen, zu erleichtern. Daher dürfen die Vorteile, die an derartigen Praktiken beteiligte Unternehmen erlangen können, nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um die volle Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms zu gewährleisten. 184 Kein Interesse der europäischen Verbraucher verlangt jedoch, dass die Kommission einer größeren Zahl von Unternehmen als der, die zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms erforderlich ist, den Vorteil eines Erlasses oder einer Herabsetzung der Geldbuße zuteilwerden lässt, indem sie diesen Vorteil auch anderen Unternehmen als denen gewährt, die als Erste Beweise beigebracht haben, welche der Kommission die Anordnung von Nachprüfungen oder die Feststellung einer Zuwiderhandlung ermöglichen. 185 Somit ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 3. Zum dritten Klagegrund: Ermittlung des für die Bemessung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zugrunde gelegten Umsatzes 186 Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission bei der Bestimmung des als Bemessungsgrundlage für die Geldbuße zugrunde zu legenden Umsatzes gegen Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, da sie die wesentlichen Grundsätze der Bestimmung der Höhe der Geldbuße nicht beachtet habe, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit. Im Wesentlichen rügen sie, dass die Kommission den in den Jahren 1999 bis 2001 auf den vom Kartell erfassten Märkten durchschnittlich erzielten Umsatz zugrunde gelegt habe, den sie anhand der Angaben von Shell und nicht anhand der von ihnen vorgelegten Angaben berechnet habe. Auch habe die Kommission ihre Begründungspflicht in dieser Hinsicht verletzt. Zum ersten Teil: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Berechnung des Umsatzes der Klägerinnen 187 Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission bei der Berechnung des Umsatzes die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt habe. Zum einen ergebe sich aus der angefochtenen Entscheidung nicht, warum die Kommission als Referenzzeitraum die drei letzten Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung gewählt habe. Zum anderen begründe sie nicht ausreichend, warum sie die Angaben von Shell zum Umsatz der Klägerinnen zugrunde gelegt habe. 188 Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C-17/99, Slg. 2001, I-2481, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 146). 189 Somit hat die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C-199/99 P, Slg. 2003, I-11177, Rn. 145, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 462). 190 Die Begründung ist dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile Michel/Parlament, oben in Rn. 128 angeführt, Rn. 22, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 102 angeführt, Rn. 463, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 149). 191 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Rn. 63, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C-413/06 P, Slg. 2008, I-4951, Rn. 166 und 178). 192 Ist wie im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union an mehrere Adressaten gerichtet und betrifft sie die Zurechnung der Zuwiderhandlung, muss sie in Bezug auf jeden Adressaten hinreichend begründet sein, insbesondere aber in Bezug auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung nach dieser Entscheidung zur Last gelegt wird. Daher muss eine solche Entscheidung in Bezug auf die Muttergesellschaft, die für eine Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, eine ausführliche Darlegung der Gründe enthalten, die es rechtfertigen, die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur ersten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Wahl des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung 193 Erstens machen die Klägerinnen geltend, dass nach den Leitlinien von 2006 der maßgebliche Zeitraum für die Bestimmung des relevanten Umsatzes das letzte Jahr der Beteiligung an der Zuwiderhandlung sei. Nach den Erwägungsgründen 629 und 631 der angefochtenen Entscheidung sei dies für den RWE-Konzern das Jahr 2001 gewesen. Der angefochtenen Entscheidung lasse sich nicht entnehmen, warum sich die Kommission als Methode allgemein dafür entschieden habe, den durchschnittlichen in drei Jahren erzielten Umsatz und nicht den in einem einzigen Jahr erzielten Umsatz zugrunde zu legen. 194 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Einklang mit Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 im 629. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass sie zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße in der Regel den Umsatz des Unternehmens auf dem betreffenden Markt im letzten vollständigen Geschäftsjahr seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung zugrunde lege. 195 In den Erwägungsgründen 632 und 633 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Argumente von ExxonMobil und von MOL angeführt, mit denen geltend gemacht worden war, dass die Erweiterungen der Union, insbesondere die von 2004, starke Auswirkungen auf den Umsatz mehrerer Beteiligter gehabt hätten. Selbst die Klägerinnen haben hierzu in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt, dass nach ihrer Ansicht nur der Umsatz, den Dea Mineraloel in den 15 Mitgliedstaaten erzielt habe, aus denen die Union bis zum 1. Mai 2004 bestanden habe, berücksichtigt werden dürfe. Die Kommission hat zu diesen Argumenten im 634. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wie folgt Stellung genommen: „Die Kommission erkennt an, dass das Jahr 2004 wegen der Erweiterung der Europäischen Union im Mai ein Ausnahmejahr war. Sie hält es daher für angemessen, die Umsätze des Jahres 2004 nicht als einzige Grundlage für die Berechnung der Geldbuße anzunehmen, sondern sich stattdessen auf die Umsätze der letzten drei Geschäftsjahre, in denen die Einheit an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zu stützen.“ 196 Mithin geht der Grund dafür, dass die Kommission auf den während der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung erzielten durchschnittlichen Umsatz und nicht auf den im letzten vollständigen Geschäftsjahr der Beteiligung erzielten Umsatz abgestellt hat, klar aus der angefochtenen Entscheidung hervor. 197 Zweitens machen die Klägerinnen jedoch geltend, dass die Kommission nicht begründet habe, warum sie sich dafür entschieden habe, den von den Klägerinnen im Zeitraum 1999 bis 2001 erzielten Umsatz und nicht den allein im Jahr 2001 erzielten Umsatz zugrunde zu legen. Zudem habe die Kommission das Argument der Klägerinnen zurückgewiesen, wonach das Geschäftsjahr 2001/2002 ein Ausnahmejahr gewesen sei und vielmehr auf den durchschnittlichen Umsatz abzustellen sei, den Dea Mineraloel während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung, d. h. in den Jahren 1992/1993 bis 2000/2001, erzielt habe (639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission habe jedoch in keiner Weise erklärt, warum sie sich, statt diesen Referenzzeitraum zu wählen, auf den durchschnittlichen Umsatz der Jahre 1999 bis 2001 gestützt habe. 198 Hierzu ist auf die oben in Rn. 191 angeführte Rechtsprechung hinzuweisen, wonach das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. 199 Außerdem ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Kommission verpflichtet ist, den zu berücksichtigenden Zeitraum so abzugrenzen, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T-319/94, Slg. 1998, II-1331, Rn. 42). Zweitens ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für jedes der beschuldigten Unternehmen nach der Methode, die sie im 634. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgelegt hat, durchgehend den in den letzten drei Jahren der Beteiligung am Kartell erzielten Umsatz verwendet hat. 200 Folglich lassen sich der angefochtenen Entscheidung, wie sie in ihrer Gesamtheit und anhand ihres Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet auszulegen ist, die Gründe entnehmen, aus denen die Kommission hinsichtlich der Klägerinnen als Referenzzeitraum auf den Zeitraum 1999 bis 2001 statt nur auf das Jahr 2001 abgestellt hat. Somit ist die Rüge der unzureichenden Begründung in dieser Hinsicht zurückzuweisen. Zur zweiten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Bestimmung des Umsatzes 201 Die Klägerinnen tragen vor, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung ihnen nicht erlaube, zu überprüfen, ob die Kommission ihren Umsatz für den Zeitraum 1999 bis 2001 zutreffend bestimmt habe. 202 Sie hätten anhand der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht nachprüfen können, ob die Kommission die Durchschnittsumsätze für den Zeitraum 1999 bis 2001 richtig ermittelt habe. Offenbar habe sich die Kommission auf die Angaben von Shell gestützt, weil sie der Ansicht gewesen sei, RWE habe keine nach Paraffinwachs und Gatsch aufgeschlüsselten Umsätze für das Jahr 2001 angeben können. Nach dem 628. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hätten die von der Shell-Gruppe gelieferten Zahlen mit den von den Klägerinnen angegebenen Gesamtumsätzen übereingestimmt. Dies hätten die Klägerinnen jedoch nicht nachvollziehen können, da ihnen die von Shell eingereichten Umsatzzahlen während des Verwaltungsverfahrens nicht zugänglich gemacht worden seien. Aus ihren Zahlen ergebe sich jedenfalls, dass das Paraffinwachsgeschäft der früheren Dea Mineraloel in den Geschäftsjahren 1998/1999 bis 2000/2001 durchschnittlich Umsatzerlöse in Höhe von ca. 18,2 Mio. Euro erwirtschaftet habe. Das seien 280000 Euro weniger als von der Kommission veranschlagt. 203 Im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es: „… Der durchschnittliche jährliche Wert der Verkäufe von Paraffinwachs [der RWE-Gruppe] im EWR betrug in den Jahren 1999-2001 laut Shell 13785353 EUR. Der durchschnittliche jährliche Umsatz im Paraffingatsch belief sich in den Jahren 1999-2001 laut Shell im EWR auf 4670083 EUR.“ 204 Im 628. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es: „Die Kommission ist bei ihren Berechnungen von den Zahlen ausgegangen, die ihr von den Unternehmen vorgelegt wurden. Da RWE keine nach Produkten aufgeschlüsselten Umsätze für das Jahr 2001 anzugeben in der Lage war, hat die Kommission Angaben von Shell verwendet, die mit den von RWE angegebenen Gesamtumsätzen übereinstimmen. …“ 205 Hierzu ist bereits entschieden worden, dass die Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts ihrer Begründungspflicht genügt, wenn sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angibt, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen; sie ist nicht verpflichtet, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C-279/98 P, Slg. 2000, I-9693, Rn. 38 bis 47, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Slg. 2003, II-3275, Rn. 1532). Zahlenangaben zur Berechnungsweise von Geldbußen sind, so nützlich sie auch sein mögen, für die Beachtung der Begründungspflicht nicht unabdingbar (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Salzgitter/Kommission, C-182/99 P, Slg. 2003, I-10761, Rn. 75, und Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T-68/04, Slg. 2008, II-2511, Rn. 31). 206 Außerdem ist darauf hinzuweisen dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 31. Januar 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission behauptet haben, keine Zahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 vorlegen zu können. In Ermangelung dieser Zahlen konnte jedoch der Umsatz für das Kalenderjahr 2001, den die Kommission in der angefochtenen Entscheidung durchgehend zugrunde gelegt hat, nicht ermittelt werden. Ebenso haben die Klägerinnen in dieser Antwort behauptet, keine nach Paraffinwachs und Gatsch aufgeschlüsselten Zahlen für die früheren Geschäftsjahre vorlegen zu können. Solche aufgeschlüsselten Zahlen waren jedoch für die Berechnung der Geldbuße angesichts der Tatsache notwendig, dass der für die Schwere der Zuwiderhandlung ermittelte Koeffizient für diese beiden Produktgruppen unterschiedlich war, nämlich 18 % für Paraffinwachs und 15 % für Gatsch. 207 Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 5. März 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission angaben, dass sie Shell kontaktiert hätten, um sich über die verfügbaren Umsatzzahlen zu informieren, und dass sie darüber auf dem Laufenden gewesen seien, dass Shell der Kommission die Umsatzzahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 bereits übermittelt habe. Sie verwiesen auf die von Shell für dieses Geschäftsjahr vorgelegten Zahlen und räumten ein, dass solche zuverlässigen und verfügbaren Zahlen für die RWE-Gruppe fehlten. 208 Es ist somit zu konstatieren, dass die Klägerinnen in dem Schriftwechsel nach der Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte der Verwendung der von Shell gelieferten Umsatzzahlen durch die Kommission nicht widersprochen, sondern die Kommission vielmehr darin bestärkt haben, sie für das Geschäftsjahr 2001/2002 zu benutzen. 209 Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass sich der angefochtenen Entscheidung, wie sie in ihrer Gesamtheit und in ihrem Kontext, insbesondere im Licht des Schriftwechsels zwischen den Klägerinnen und der Kommission, sowie anhand sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet auszulegen ist, die Gründe entnehmen lassen, aus denen die Kommission die von Shell gelieferten Zahlen verwendet hat. 210 Zu dem Argument der Klägerinnen, dass die angefochtene Entscheidung nicht die Methode erkennen lasse, die Shell bei der Aufschlüsselung der Umsätze zwischen Paraffinwachs und Gatsch angewandt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht erfüllt hat, als sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angegeben hat, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen, und dass sie nicht verpflichtet ist, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen (vgl. die oben in Rn. 205 angeführte Rechtsprechung). 211 Im Übrigen durfte die Kommission aufgrund der Angaben der Klägerinnen im Verwaltungsverfahren annehmen, dass die Klägerinnen die von Shell gelieferten Zahlen angesichts der zwischen den beiden Gruppen bestehenden Kontakte und der Tatsache, dass die Klägerinnen selbst auf diese Zahlen verwiesen hatten, nicht in Abrede stellen würden. Da indes keine allgemeine Verpflichtung besteht, sämtliche relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte im Einzelnen anzugeben, und der Umfang der Begründungspflicht u. a. vom Kontext des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts abhängt, brauchte die Kommission, insbesondere in Anbetracht der Angaben der Klägerinnen zur Kontaktaufnahme zu Shell in dieser Angelegenheit und ihrer Bezugnahme auf einen Teil der im Besitz von Shell befindlichen Daten, in die angefochtene Entscheidung keine detaillierte Analyse der von Shell vorgelegten Zahlen aufzunehmen. 212 Außerdem haben die Klägerinnen in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt, dass Shell ihnen am 25. Januar 2008 tatsächlich Umsatzzahlen zur Verfügung gestellt habe, die aus derselben Datenbank gestammt hätten wie die Angaben, die Shell der Kommission übermittelt habe. Der bloße Umstand, dass sich die von Shell übermittelten Angaben nicht auf Kalenderjahre bezogen, sondern auf die jeweils von Anfang Juli bis Ende Juni laufenden Geschäftsjahre, konnte die Klägerinnen nicht daran hindern, die Berechnungsmethode der Kommission zu erkennen, da in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen wird, dass der Umsatz anhand von Angaben je Kalenderjahr berechnet worden sei. Somit konnten die Klägerinnen aufgrund der angefochtenen Entscheidung und des Kontexts, in dem sie erlassen wurde, erkennen, dass die Kommission die auf Geschäftsjahre bezogenen Angaben an ihre Methode angepasst hatte, nach der Kalenderjahre berücksichtigt wurden. 213 Daher ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße Zur Wahl des Referenzzeitraums (Kalenderjahre 1999 bis 2001) 214 Die Klägerinnen machen geltend, der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße stehe außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung, da ihr Umsatz während des von der Kommission gewählten Referenzzeitraums (1999 bis 2001) erheblich höher gewesen sei als während des vorherigen (1992 bis 1998) und des folgenden Zeitraums (2002 bis 2004). Der Betrag der Geldbuße, der anhand des so festgestellten Umsatzes berechnet worden sei, spiegle nicht die Schwere der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung wider, da der während des Referenzzeitraums erzielte Umsatz nicht für den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung repräsentativ sei. Daher habe die Kommission gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. 215 Um der Schwere der Zuwiderhandlung besser Rechnung zu tragen, hätte die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen den während der gesamten Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung auf den vom Kartell erfassten Märkten durchschnittlich erzielten Umsatz zugrunde legen müssen. Hätte sich die Kommission auf den in den Geschäftsjahren 1992/1993 bis 2000/2001 durchschnittlich erzielten Umsatz gestützt, wäre sie, ceteris paribus, zu einer Geldbuße von etwa 30,95 Mio. Euro anstelle der gegen die Klägerinnen festgesetzten 37440000 Euro gelangt. 216 Nach der Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C-331/88, Slg. 1990, I-4023, Rn. 13, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C-180/96, Slg. 1998, I-2265, Rn. 96, Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 223). 217 Im Rahmen der von der Kommission zur Ahndung von Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren bedeutet die Anwendung dieses Grundsatzes, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. zur Beachtung dieser Regeln – stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere und Dauer in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Rn. 216 angeführt, Rn. 223 und 224 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere bedeutet dies, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Gesichtspunkte dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Rn. 226 bis 228, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T-446/05, Slg. 2010, II-1255, Rn. 171). 218 Was zudem die Wahl des Referenzzeitraums betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission eine Berechnungsmethode zu wählen hat, die es ihr ermöglicht, Größe und Wirtschaftskraft eines jeden betroffenen Unternehmens sowie das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Zudem muss nach der Rechtsprechung der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen – und die Marktanteile – so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. Das Referenzjahr muss daher nicht unbedingt das letzte volle Jahr sein, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat (Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T-11/06, Slg. 2011, II-6681, Rn. 177, vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission, T‑26/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 81 und 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). 219 Folglich kann ein bestimmtes Unternehmen nur dann verlangen, dass die Kommission bei ihm auf einen anderen als den im Allgemeinen herangezogenen Zeitraum abstellt, wenn es nachweist, dass der von ihm im letztgenannten Zeitraum erzielte Umsatz aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine wirkliche Größe und seine Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet (Urteile des Gerichts Fiskeby Board/Kommission, oben in Rn. 199 angeführt, Rn. 42, und vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑175/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 142). 220 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission dadurch, dass sie auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre der Beteiligung jedes an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens abgestellt hat, einen Referenzzeitraum gewählt hat, der insgesamt der in der oben in Rn. 216 angeführten Rechtsprechung aufgestellten Anforderung genügt, den zu berücksichtigenden Zeitraum so abzugrenzen, dass die ermittelten Zahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. 221 Zweitens haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass der von ihnen im letztgenannten Zeitraum erzielte Umsatz aus für sie spezifischen Gründen weder für ihre wirkliche Größe und ihre Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. 222 Zwar war der maßgebliche Umsatz der Jahre 1999 bis 2001 im Durchschnitt höher als die Jahresumsätze der früheren Jahre der Beteiligung, jedoch ergibt sich aus Rn. 130 der Klageschrift, dass dies im Wesentlichen auf den Umstand zurückzuführen ist, dass der auf den vom Kartell erfassten Märkten erzielte Umsatz der Klägerinnen während des Zeitraums der Beteiligung an der Zuwiderhandlung kontinuierlich gestiegen ist. Ein solcher Anstieg kann indes die typische Folge eines Kartells sein, zu dessen Hauptzielen es gehört, die Preise der betreffenden Erzeugnisse zu erhöhen. Zudem kann eine solche Erhöhung zumindest teilweise auch auf allgemeinen Faktoren beruhen, wie der Inflation oder einer ebenfalls steigenden Tendenz des Preises für die Rohstoffe der fraglichen Erzeugnisse auf dem Weltmarkt, die hier gegeben war, da nach den Angaben der Kommission der Rohölpreis zwischen 1992 und 2001 erheblich gestiegen ist. 223 Dagegen nennen die Klägerinnen keinen außergewöhnlichen Umstand, der den Anstieg ihres Umsatzes im Zeitraum 1992 bis 2001 verursacht hätte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass diese Erhöhung tendenziell ist und in einer engen Korrelation mit dem Rohölpreis steht. 224 Auch können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der von ihnen im Referenzzeitraum erzielte durchschnittliche Jahresumsatz höher war als der des Zeitraums 2002 bis einschließlich 2004. Abgesehen von der ersten Hälfte des Jahres 2002 besaßen die Klägerinnen nämlich in diesem Zeitraum nicht mehr die unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligte Gesellschaft. Somit stand der Rückgang des Umsatzes von Shell Deutschland Oil gegenüber dem von Dea Mineraloel in keinem Zusammenhang mit der Geschäftspolitik der Klägerinnen, so dass er nicht zu ihren Gunsten geltend gemacht werden kann. 225 Folglich haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass der Umsatz, den sie im Referenzzeitraum erzielt haben, aus für sie spezifischen Gründen weder für ihre wirkliche Größe und ihre Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihnen begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. 226 Da die von der Kommission getroffene Wahl des Referenzzeitraums den in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen entspricht, gehen die Argumente der Klägerinnen bezüglich der Möglichkeit, die Daten für das Geschäftsjahr 1993/1994 zu rekonstruieren, ins Leere und sind daher zurückzuweisen. 227 Nach dem Vorstehenden ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie als Berechnungsgrundlage den durchschnittlichen Jahresumsatz der Klägerinnen im Zeitraum 1999 bis 2001 herangezogen hat, weder gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. 228 Jedenfalls gelangt das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu der Auffassung, dass die hinsichtlich der Klägerinnen getroffene Wahl des Referenzzeitraums nach sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Falles gerechtfertigt ist. Zur Berücksichtigung der von Shell vorgelegten Zahlen 229 Mit ihrer zweiten Rüge machen die Klägerinnen geltend, dass sich die Kommission auf die von Shell gelieferten und nicht auf die von ihnen vorgelegten Umsatzzahlen gestützt habe. 230 Zunächst ist daran zu erinnern, dass nach den Ziff. 15 und 16 der Leitlinien von 2006 die Kommission den Umsatz eines Unternehmens mittels der zuverlässigsten Daten bestimmt, die von diesem Unternehmen verfügbar sind. Sind die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig, kann die Kommission den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen. 231 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren wiederholt angegeben haben, sie seien nicht in der Lage, Daten für das Geschäftsjahr 2001/2002 vorzulegen. Die erste Hälfte dieses Geschäftsjahrs fiel indes in das Kalenderjahr 2001, das zu dem von der Kommission zugrunde gelegten Referenzzeitraum (Kalenderjahre 1999 bis 2001) gehörte. 232 Ferner haben die Klägerinnen in Beantwortung der Auskunftsersuchen der Kommission wiederholt ausgeführt, dass sie keine nach Produktgruppen aufgeschlüsselten Zahlen hätten vorlegen können. Angesichts der Tatsache, dass die von der Kommission für die Schwere der Zuwiderhandlung verwendeten Koeffizienten für Paraffinwachs und Gatsch unterschiedlich waren, waren jedoch aufgeschlüsselte Zahlen für die Berechnung der Höhe des Bußgelds unerlässlich (vgl. oben, Rn. 206). 233 Somit waren die von den Klägerinnen gelieferten Daten unvollständig, so dass die Kommission andere Daten verwenden musste, um den Betrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße berechnen zu können. 234 Zweitens ergibt sich aus der Antwort von Shell vom 31. Januar 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission, dass die von Shell vorgelegten Daten kohärent und vollständig waren und für sich allein genommen für die Berechnung der Kommission ausreichten. 235 Drittens ist daran zu erinnern (vgl. oben, Rn. 207 und 208), dass die Klägerinnen in ihrer Antwort vom 5. März 2008 auf das Auskunftsersuchen der Kommission angegeben haben, dass sie Shell kontaktiert hätten, um sich über die für sie verfügbaren Umsatzzahlen zu informieren, und dass sie darüber auf dem Laufenden gewesen seien, dass Shell der Kommission die Umsatzzahlen für das Geschäftsjahr 2001/2002 bereits übermittelt habe. Sie haben auf die von Shell für dieses Geschäftsjahr vorgelegten Zahlen verwiesen und eingeräumt, dass solche zuverlässigen und verfügbaren Zahlen für die RWE-Gruppe fehlten. 236 Viertens machen die Klägerinnen nicht ausdrücklich geltend, dass der von der Kommission für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 für Paraffinwachs und Gatsch angenommene Umsatz unzutreffend sei. Sie weisen lediglich darauf hin, dass das Paraffinwachsgeschäft der ehemaligen Dea Mineraloel in den Geschäftsjahren 1998/1999 bis 2000/2001 durchschnittlich Umsätze von etwa 18,2 Mio. Euro eingebracht habe und dass diese Zahl um etwa 280000 Euro niedriger sei als die von der Kommission veranschlagte. Dieses Argument ist jedoch nicht geeignet, nachzuweisen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, da die von den Klägerinnen übermittelten Daten die Geschäftsjahre 1998/1999 bis 2000/2001 betrafen und nicht die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung systematisch berücksichtigten Kalenderjahre. Außerdem ergibt sich aus den von den Klägerinnen in Rn. 130 der Klageschrift mitgeteilten Zahlen, dass sich der Umsatz für Paraffinwachs im Geschäftsjahr 1998/1999 auf 16304000 Euro und im Geschäftsjahr 1999/2000 auf 19543000 Euro belief. Im Geschäftsjahr 2000/2001 betrug der Umsatz für Paraffinwachs 18677000 Euro. Es ist daher plausibel, dass die Differenz von 280000 Euro darauf zurückzuführen ist, dass der von den Klägerinnen gewählte Zeitraum die zweite Hälfte des Jahres 1998 umfasst, in der der Umsatz niedriger war als der in der zweiten Hälfte des Jahres 2001 erzielte Umsatz, der in die Berechnung der Klägerinnen hingegen nicht einbezogen worden war. 237 Fünftens können die Klägerinnen der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen, die von Shell gelieferten Daten nicht mit ihren Teildaten und Schätzungen vervollständigt zu haben. Wenn die Kommission nämlich über vollständige kohärente und zuverlässige Daten aus einer Quelle verfügt, auf die die Klägerinnen in Bezug auf einen Teil der Daten selbst verweisen, kann sie nicht verpflichtet sein, diese Daten mit den Daten aus einer anderen Quelle, die auf der Grundlage einer unterschiedlichen Methode berechnet wurden und deren Kompatibilität daher nicht sicher ist, zu kombinieren. 238 Folglich ist die Rüge der Klägerinnen, mit der die Berücksichtigung der von Shell gelieferten Umsatzzahlen beanstandet wird, zurückzuweisen. 239 Somit ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Leitlinien von 2006 240 Die Klägerinnen tragen vor, dass sich die Kommission bei der Ermittlung des Grundbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße auf den Durchschnittsumsatz der Jahre 1999 bis 2001 gestützt habe, während für Shell der Durchschnittsumsatz der Jahre 2002 bis 2004 (für Paraffinwachs) und 2001 bis 2003 (für Gatsch) berücksichtigt worden sei. Dieser Unterschied in der Berechnung habe in zweifacher Hinsicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geführt. 241 Zum einen seien die Klägerinnen für die von Dea Mineraloel und von Shell & Dea Oil vom 3. September 1992 bis 30. Juni 2002 begangene Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen worden. Shell sei für dieselbe Zuwiderhandlung im selben Zeitraum und darüber hinaus für die von den Nachfolgegesellschaften von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung für einen Gesamtzeitraum vom 3. September 1992 bis 17. März 2005 zur Verantwortung gezogen worden. Wegen des unterschiedlichen Referenzzeitraums sei jedoch der Grundbetrag der für Shell berechneten Geldbuße niedriger gewesen als der für RWE ermittelte, auch wenn sich Shell über einen um nahezu drei Jahre längeren Zeitraum an dem Kartell beteiligt habe. Eine derartige Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße sei diskriminierend. 242 Zum anderen sei die Ungleichbehandlung der Klägerinnen und von Shell während der Zeit ihres beiderseitigen Engagements bei Shell & Dea Oil, d. h. also vom 2. Januar bis zum 30. Juni 2002, ebenfalls eklatant. Zeitanteilig entfalle auf die Klägerinnen auf diesen Zeitraum ein Grundbetrag von 1,6 Mio. Euro. Bei Shell seien es weniger als 1,2 Mio. Euro, obwohl gegen Shell, wie sich aus Rn. 530 der angefochtenen Entscheidung ergebe, wegen genau derselben Zuwiderhandlung von Shell & Dea Oil gesamtschuldnerisch eine Geldbuße verhängt worden sei. 243 Hätte die Kommission, so die Klägerinnen, den Grundbetrag für die Klägerinnen – wie für Shell – auf Basis des durchschnittlichen Umsatzes der Jahre 2002 bis 2004 für Paraffinwachs und 2001 bis 2003 für Gatsch ermittelt, wäre sie zu einem Betrag von etwa 24,93 Mio. Euro und, ceteris paribus, zu einer Geldbuße in Höhe von 29,92 Mio. Euro gelangt. Das entspreche in etwa der Geldbuße, die sich aus der Berechnung anhand des Durchschnittsumsatzes der Geschäftsjahre 1992/1993 bis 2000/2001 ergebe. Nur die Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes anhand des durchschnittlichen Umsatzes der Geschäftsjahre 1992/1993 bis 2000/2001 stehe daher mit den Leitlinien von 2006 und dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Einklang. 244 Was erstens die allgemeine Rüge der Klägerinnen betrifft, dass ein Referenzzeitraum angewandt worden sei, statt den Grundbetrag anhand der auf jedes Jahr der Zuwiderhandlung entfallenden Umsätze zu berechnen, ist auf die oben in den Rn. 216 bis 225 dargelegten Erwägungen zu verweisen. Aus ihnen ergibt sich, dass die Kommission berechtigt war, den Umsatz anhand eines Referenzzeitraums zu ermitteln, aus dem sich für alle betroffenen Unternehmen Zahlen ergeben, die so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind, es sei denn, ein Unternehmen weist nach, dass der Umsatz, den es im Referenzzeitraum erzielt hat, aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine wirkliche Größe und seine Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet. Die Klägerinnen haben jedoch nicht nachgewiesen, dass dies hier der Fall ist. 245 Zweitens braucht der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zeitraums, in dem das Gemeinschaftsunternehmen Shell & Dea Oil bestand, nicht geprüft zu werden, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht genügend Gesichtspunkte zusammengetragen hat, um den Klägerinnen die Verantwortung für dessen Handlungen zuzurechnen (vgl. oben, Rn. 130). 246 Drittens ist die Rüge der Klägerinnen zu prüfen, wonach trotz der Tatsache, dass der für Shell berechnete Grundbetrag der Geldbuße auf dieselbe, von derselben Gesellschaft begangene Zuwiderhandlung gestützt sei wie in ihrem Fall und Shell sich länger an der Zuwiderhandlung beteiligt habe als sie, der für Shell berechnete Grundbetrag der Geldbuße niedriger sei (30 Mio. Euro) als der für sie berechnete (31,2 Mio. Euro). 247 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass der für die Klägerinnen ermittelte Grundbetrag der Geldbuße höher war als der für Shell ermittelte, einzig und allein darauf zurückzuführen ist, dass der Referenzzeitraum unterschiedlich war. Der durchschnittliche Umsatz von Shell Deutschland Oil während des Zeitraums 2002 bis 2004 für Paraffinwachs und während des Zeitraums 2001 bis 2003 für Gatsch war niedriger als der von Dea Mineraloel während des Zeitraums 1999 bis 2001. 248 Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten, der es verbietet, vergleichbare Situationen unterschiedlich und unterschiedliche Situationen gleich zu behandeln, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Rn. 219). 249 Der Gerichtshof hat zwar zum einen entschieden, dass die Heranziehung eines einheitlichen Referenzjahrs für alle an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen jedem Unternehmen die Gewissheit gibt, ebenso behandelt zu werden wie die anderen Unternehmen, da die Sanktionen in einheitlicher Weise ermittelt werden, und zum anderen, dass die Wahl eines zum Zeitraum der Zuwiderhandlung gehörenden Referenzjahrs eine Beurteilung des Ausmaßes der begangenen Zuwiderhandlung anhand der wirtschaftlichen Gegebenheiten in diesem Zeitraum ermöglicht (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Aristrain/Kommission, C-196/99 P, Slg. 2003, I-11005, Rn. 129). 250 Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Wahl eines einheitlichen Referenzzeitraums der einzige Weg ist, um die Sanktionen im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung festzulegen. Insbesondere ist die Kommission berechtigt, zu berücksichtigen, dass für ein bestimmtes Unternehmen das einheitliche Referenzjahr außerhalb des Zeitraums der Zuwiderhandlung liegt, der für dieses Unternehmen festgestellt worden ist, und somit keinen geeigneten Anhaltspunkt für sein individuelles Gewicht bei der Begehung der Zuwiderhandlung darstellt. Die Kommission darf deshalb den Umsatz des Unternehmens für ein vom einheitlichen Referenzjahr abweichendes Jahr berücksichtigen, sofern die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße für die verschiedenen Mitglieder eines Kartells kohärent und objektiv gerechtfertigt bleibt. 251 Im vorliegenden Fall hat die Kommission, indem sie den durchschnittlichen jährlichen Umsatz der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, auf alle Mitglieder des Kartells ein einheitliches Kriterium objektiv angewandt, gerade um die Gleichbehandlung der Beteiligten zu wahren. 252 Außerdem ist festzustellen, dass der Umsatzrückgang, der zur Folge hatte, dass der Grundbetrag der für Shell ermittelten Geldbuße niedriger war als der für RWE ermittelte, während des Zeitraums 2002 bis 2004 eingetreten ist. Für die ersten sechs Monate dieses Zeitraums wurde die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf Shell & Dea Oil durch RWE nicht nachgewiesen. Für die verbleibenden zwei Jahre und neun Monate ist unstreitig, dass Shell Deutschland Oil und Shell Deutschland Schmierstoff völlig unabhängig von RWE tätig waren. Somit hat die Kommission zu Recht angenommen, es dürfe den Klägerinnen nicht zugutekommen, dass der Beitrag von Shell zum Kartell seine wirtschaftliche Bedeutung gegen Ende, als die Klägerinnen nicht mehr am Kartell beteiligt waren, verloren hatte, und zwar vor allem angesichts der Tatsache, dass der Umsatz der Klägerinnen auf den vom Kartell betroffenen Märkten während ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung eine kontinuierlich steigende Tendenz hatte. 253 Damit lässt sich die Tatsache, dass der für die Klägerinnen berechnete Grundbetrag der Geldbuße höher war als der für die Shell-Gruppe berechnete, einzig und allein darauf zurückführen, dass der Umsatz auf den vom Kartell betroffenen Märkten nach der Übernahme von Dea Mineraloel durch Shell erheblich gesunken ist. Da sich die Klägerinnen daher hinsichtlich eines für die Festsetzung des Bußgeldbetrags erheblichen Aspekts in einer anderen Situation befanden als Shell, ist diese Rüge der Ungleichbehandlung zurückzuweisen. 254 Jedenfalls gelangt das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu der Auffassung, dass der von der Kommission festgesetzte Grundbetrag die Schwere und Dauer der von Dea Mineraloel begangenen Zuwiderhandlung in Anbetracht sämtlicher tatsächlicher und rechtlicher Umstände des Falles zutreffend widerspiegelt. 255 Nach all diesen Erwägungen ist auch der dritte Teil des dritten Klagegrundes und damit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 4. Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und zur Festsetzung des endgültigen Betrags der Geldbuße 256 Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der Kommission erlassenen Entscheidungen wird durch die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt, die den Unionsgerichten in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 229 EG eingeräumt ist. Diese Befugnis ermächtigt die Gerichte über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch ihre eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle bedeutet somit – im Einklang mit den Anforderungen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte –, dass die Unionsgerichte sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornehmen und befugt sind, die Beweise zu würdigen, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C-3/06 P, Slg. 2007, I-1331, Rn. 60 bis 62, und Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T-368/00, Slg. 2003, II-4491, Rn. 181). 257 Das Gericht hat daher im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu dem Zeitpunkt, zu dem es seine Entscheidung erlässt, zu bewerten, ob gegen die klägerische Partei eine Geldbuße verhängt wurde, deren Höhe die Schwere und die Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung so zutreffend widerspiegelt, dass diese Geldbuße gemessen an den in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Kriterien verhältnismäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T-156/94, Slg. 1999, II-645, Rn. 584 bis 586, und vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T-220/00, Slg. 2003, II-2473, Rn. 93). 258 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 162 angeführt, Rn. 64). 259 Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße für die Schwere der Zuwiderhandlung 18 % des Jahresumsatzes von Paraffinwachs und 15 % des Jahresumsatzes von Gatsch berücksichtigt. Die auf diese Weise ermittelten Beträge wurden wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um den Koeffizienten 10 für Paraffinwachs und 5 für Gatsch multipliziert. Insgesamt, unter Einbeziehung des wegen der Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzten Zusatzbetrags, der ebenfalls 18 % des Umsatzes für Paraffinwachs und 15 % des Umsatzes für Gatsch betrug, hat die Kommission einen Multiplikator von 11 für Paraffinwachs und von 6 für Gatsch angewandt. 260 Es ist daran zu erinnern, dass die Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 2. Januar bis 30. Juni 2002 nicht nachgewiesen wurde und dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich dieses Zeitraums für nichtig zu erklären ist, soweit sie die Klägerinnen betrifft (vgl. oben, Rn. 130). Daher sind nach Abzug dieses Zeitraums der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung die von der Kommission angewandten Multiplikatoren für Paraffinwachs von 11 auf 10,5 und für Gatsch von 6 auf 5,5 herabzusetzen. 261 Der so festgesetzte Koeffizient gilt unbeschadet des Ergebnisses einer erneuten Prüfung, die die Kommission nach dem vorliegenden Urteil möglicherweise hinsichtlich der Frage vornehmen wird, ob die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung den Klägerinnen zurechenbar ist. 262 Was im übrigen die Geldbuße betrifft, die für den Zeitraum vom 3. September 1992 bis 2. Januar 2002 verhängt wurde, ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße in Anbetracht der Schwere und der Dauer der begangenen Zuwiderhandlung angemessen ist. 263 Nach alledem wird der Betrag der Geldbuße auf 35888562 Euro festgesetzt. Kosten 264 Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 265 Im vorliegenden Fall hat das Gericht nur dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes der Klägerinnen stattgegeben. Infolgedessen ist der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße um 4,1 % herabgesetzt worden. Bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles ist somit zu entscheiden, dass die Klägerinnen vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten der Kommission tragen. Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der den Klägerinnen entstandenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 1 der Entscheidung K (2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse) wird für nichtig erklärt, soweit die Europäische Kommission festgestellt hat, dass sich die RWE AG und die RWE Dea AG nach dem 2. Januar 2002 an der Zuwiderhandlung beteiligt haben. 2. Der Betrag der gegen RWE und RWE Dea verhängten Geldbuße wird auf 35888562 Euro festgesetzt. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der Kosten, die RWE und RWE Dea entstanden sind. RWE und RWE Dea tragen vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten der Kommission. Czúcz Labucka Gratsias Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2014. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung 1. Verwaltungsverfahren und Erlass der angefochtenen Entscheidung 2. Die Strukturen der RWE-Gruppe und des Gemeinschaftsunternehmens Shell & Dea Oil Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Feststellung, dass die Klägerinnen mit Dea Mineraloel bzw. Shell & Dea Oil eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten Einleitende Bemerkungen Zum ersten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Dea Mineraloel begangene Zuwiderhandlung zulasten der Klägerinnen (Zeitraum bis 2. Januar 2002) Zur angefochtenen Entscheidung Zu der Vermutung, dass die Tochtergesellschaft und ihre einzige Muttergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten Zu den Argumenten der Klägerinnen bezüglich der Widerlegung der Vermutung – Zur operativen Eigenständigkeit von Dea Mineraloel – Zu dem fehlenden Einfluss auf das Paraffinwachsgeschäft und dem geringen prozentualen Anteil der Verkäufe von Paraffinwachs am Umsatz von Dea Mineraloel Zur behaupteten verschuldensunabhängigen Haftung der Klägerinnen Zum zweiten Teil: Zurechnung der Verantwortung für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung (2. Januar bis 30. Juni 2002) zulasten der Klägerinnen Zur gemeinsamen Kontrolle und zur gemeinsamen Ausübung von bestimmendem Einfluss auf das Geschäftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens Zur Rechtmäßigkeit der Feststellung der Kommission, dass die Verantwortlichkeit für die von Shell & Dea Oil begangene Zuwiderhandlung RWE und Shell zuzurechnen ist 2. Zum zweiten Klagegrund: Nichtanwendung der Kronzeugenregelung von 2002 auf die Klägerinnen Zum ersten Teil: Nichterstreckung des von Shell gestellten Kronzeugenantrags auf die Klägerinnen Zur angefochtenen Entscheidung Zur ersten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Dea Mineraloel Zur zweiten Rüge: keine Erstreckung des Shell gewährten Erlasses der Geldbuße auf die Zuwiderhandlung von Shell & Dea Oil Zum zweiten Teil: Anspruch der Klägerinnen auf vollständigen Erlass oder eine erhebliche Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002 Zum dritten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen 3. Zum dritten Klagegrund: Ermittlung des für die Bemessung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zugrunde gelegten Umsatzes Zum ersten Teil: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Berechnung des Umsatzes der Klägerinnen Zur ersten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Wahl des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre der Beteiligung an der Zuwiderhandlung Zur zweiten Rüge: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Bestimmung des Umsatzes Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße Zur Wahl des Referenzzeitraums (Kalenderjahre 1999 bis 2001) Zur Berücksichtigung der von Shell vorgelegten Zahlen Zum dritten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Leitlinien von 2006 4. Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und zur Festsetzung des endgültigen Betrags der Geldbuße Kosten (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 12. Juni 2014.#Deltafina SpA gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Kartelle – Italienischer Markt für den Ankauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Erlass von Geldbußen – Verpflichtung zur Zusammenarbeit – Verteidigungsrechte – Grenzen der gerichtlichen Nachprüfung – Recht auf ein faires Verfahren – Vernehmung von Zeugen oder Beteiligten – Angemessene Verfahrensdauer – Grundsatz der Gleichbehandlung.#Rechtssache C‑578/11 P.
62011CJ0578
ECLI:EU:C:2014:1742
2014-06-12T00:00:00
Gerichtshof, Sharpston
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62011CJ0578 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) 12. Juni 2014 (*1) „Rechtsmittel — Kartelle — Italienischer Markt für den Ankauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Erlass von Geldbußen — Verpflichtung zur Zusammenarbeit — Verteidigungsrechte — Grenzen der gerichtlichen Nachprüfung — Recht auf ein faires Verfahren — Vernehmung von Zeugen oder Beteiligten — Angemessene Verfahrensdauer — Grundsatz der Gleichbehandlung“ In der Rechtssache C‑578/11 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. November 2011, Deltafina SpA mit Sitz in Orvieto (Italien), Prozessbevollmächtigte: J.‑F. Bellis, F. Di Gianni und G. Coppo, avvocati, Rechtsmittelführerin, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und L. Malferrari als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter), Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2012, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. März 2014 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Deltafina Spa (im Folgenden: Deltafina) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union Deltafina/Kommission (T‑12/06, EU:T:2011:441, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Klage auf Nichtigerklärung, hilfsweise auf Herabsetzung der gegen Deltafina mit der Entscheidung C(2005) 4012 def. der Kommission vom 20. Oktober 2005 in einem Verfahren nach Artikel [81 Abs. 1 EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 – Rohtabak – Italien) (im Folgenden: streitige Entscheidung) festgesetzten Geldbuße abgewiesen hat, und die Nichtigerklärung dieser Entscheidung, soweit sie Deltafina betrifft, sowie die Nichtigerklärung oder Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße, hilfsweise die Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht. Vorgeschichte des Rechtsstreits 2 Deltafina ist eine italienische Gesellschaft, deren Tätigkeit hauptsächlich in der Erstverarbeitung von Rohtabak in Italien und dem Inverkehrbringen von verarbeitetem Tabak besteht. Sie gehört zu 100 % der Universal Corp. (im Folgenden: Universal), einer Gesellschaft mit Sitz in Richmond (USA). 3 Die Europäische Kommission nahm vom 3. bis 5. Oktober 2001 u. a. am Sitz der Fédération européenne des transformateurs de tabac (Europäische Vereinigung der Tabakverarbeiter) in Brüssel (Belgien) und am Sitz der drei wichtigsten spanischen Rohtabakverarbeiter Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Art. [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) vor. Diese Vereinigung informierte unverzüglich ihre Mitglieder, darunter auch die Associazione professionale trasformatori tabacchi italiani (APTI) (Berufsverband der italienischen Rohtabakverarbeiter), über diese Nachprüfungen. 4 Am 19. Februar 2002 beantragte Deltafina bei der Kommission den Erlass einer Geldbuße nach Abschnitt A der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002). Dieser Antrag auf Erlass der Geldbuße betraf ein mutmaßliches Kartell der Rohtabakverarbeiter auf dem italienischen Markt. 5 Am 6. März 2002 teilte die Kommission Deltafina mit, dass ihr Antrag die Voraussetzungen der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 erfülle und sie ihr am Ende des Verwaltungsverfahrens die Geldbußen für alle Zuwiderhandlungen erlassen werde, sofern Deltafina alle Bedingungen gemäß Rn. 11 dieser Mitteilung erfülle. 6 Am 14. März 2002 fand zwischen den Kommissionsdienststellen und den Vertretern von Deltafina und Universal ein Treffen (im Folgenden: Treffen vom 14. März 2002) statt, in dem die Einzelheiten der Zusammenarbeit von Deltafina mit der Kommission erörtert wurden. 7 Bei diesem Treffen wiesen die Dienststellen der Kommission darauf hin, dass hinsichtlich des von Deltafina aufgedeckten Kartells unangekündigte Nachprüfungen geplant seien, dass diese Nachprüfungen nicht vor dem 18. April 2002 stattfinden könnten und dass diese folglich bis dahin geheim gehalten werden müssten, um die Wirksamkeit der Nachprüfungen nicht zu gefährden (412. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). 8 Deltafina erklärte, sie könne ihren Antrag auf Erlass der Geldbuße unmöglich bis zum für diese Nachprüfungen vorgesehenen Zeitpunkt geheim halten, da Sitzungen des APTI, bei denen sich die Geheimhaltung schwierig gestalten würde, unmittelbar bevorstünden und da sie ihre mittlere Führungsebene darüber informieren und den Antrag auf Erlass der Geldbuße im Rahmen von Finanzierungsgeschäften mit Universal in den USA offenlegen müsse (413. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). 9 Die Kommission nahm diese Schwierigkeiten zur Kenntnis und forderte Deltafina auf, ihr binnen einer noch kürzeren Frist Beweismittel und eine Reihe von Informationen vorzulegen, um ihr die Durchführung der geplanten Nachprüfungen zu ermöglichen, da zu befürchten stehe, dass die Weitergabe dieser Informationen an die anderen Mitglieder des Kartells diese Nachprüfungen gefährde (Erwägungsgründe 413 bis 417 der streitigen Entscheidung). 10 Am 22. März 2002 fand zwischen den Vertretern von Deltafina und dem mit der Sache befassten Kommissionsbediensteten ein Telefongespräch statt (im Folgenden: Telefongespräch vom 22. März 2002), in dem verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit von Deltafina mit der Kommission erörtert wurden (Erwägungsgründe 418 bis 420 der streitigen Entscheidung sowie Rn. 10, 157 und 158 des angefochtenen Urteils). 11 Am 4. April 2002 teilte der Vorsitzende von Deltafina den Anwesenden während einer Präsidiumssitzung des APTI mit, dass Deltafina mit der Kommission kooperiere (im Folgenden: Offenlegung vom 4. April 2002). Am selben Tag stellten die Dimon Italia Srl (im Folgenden: Dimon Italia) und die Transcatab SpA (im Folgenden: Transcatab), deren Vertreter bei dieser Sitzung anwesend waren, einen Antrag gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002, ohne dabei die Erklärungen des Vorsitzenden von Deltafina auf der APTI-Sitzung zu erwähnen (Erwägungsgründe 421 bis 426, 454 und 455 der streitigen Entscheidung). 12 Am 18. und 19. April 2002 nahm die Kommission Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 in den Geschäftsräumen von Dimon Italia und Transcatab sowie in den Geschäftsräumen der Trestina Azienda Tabacchi SpA und der Romana Tabacchi SpA vor (428. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). 13 Am 29. Mai und 11. Juli 2002 fanden zwischen den Vertretern von Deltafina und den Kommissionsdienststellen zwei weitere Zusammenkünfte statt. Dabei wurde die Frage der Vertraulichkeit des Antrags von Deltafina auf Erlass der Geldbuße weder von Deltafina noch von der Kommission angesprochen. Deltafina erwähnte auch nicht, dass sie Dimon Italia und Transcatab auf der Präsidiumssitzung des APTI am 4. April 2002 über diesen Antrag auf Erlass der Geldbuße informiert hatte (Erwägungsgründe 420 und 429 der streitigen Entscheidung). 14 Am 25. Februar 2004 richtete die Kommission an mehrere Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, darunter Deltafina, Universal, Dimon Italia und Transcatab, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 15 Am 22. Juni 2004 fand eine mündliche Anhörung statt, an der Deltafina teilnahm. Bei dieser Anhörung wies ein Vertreter von Dimon Italia die Kommission auf zwei Dokumente hin, die im Zuge der in den Räumlichkeiten von Dimon Italia durchgeführten Nachprüfungen zu den Akten genommen worden waren und aus handschriftlichen Notizen bestanden, die die Erklärungen des Vorsitzenden von Deltafina auf der Präsidiumssitzung des APTI vom 4. April 2002 zusammenfassten. 16 Am 21. Dezember 2004 ergänzte die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 25. Februar 2004. In der Ergänzung teilte sie Deltafina und den anderen betroffenen Unternehmen mit, dass sie Deltafina den beantragten Erlass der Geldbuße verweigern werde, da diese gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit gemäß Rn. 11 Buchst. a der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 verstoßen habe. 17 Am 20. Oktober 2005 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, in der sie in Art. 1 u. a. feststellte, dass Deltafina und Universal vom 29. September 1995 bis 19. Februar 2002 durch die Teilnahme an Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im italienischen Rohtabaksektor gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen haben. Nach Art. 2 der streitigen Entscheidung wurde wegen der in Art. 1 der Entscheidung genannten Verstöße gegen Deltafina und Universal als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße von 30 Mio. Euro festgesetzt. 18 Die Kommission berücksichtigte die tatsächliche Zusammenarbeit von Deltafina als mildernden Umstand und setzte die gegen das Unternehmen zu verhängende Geldbuße um 50 % herab. Insbesondere erkannte sie an, dass Deltafina von Anfang an erheblich zur Untersuchung der Kommission beigetragen und den Sachverhalt nie bestritten habe. 19 Zum Antrag von Deltafina auf Erlass der Geldbuße vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Zusammenarbeit nach Rn. 11 Buchst. a der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 auch die Verpflichtung umfasse, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, durch die die Kommission an der Ermittlung und/oder der Feststellung der Zuwiderhandlung gehindert werden könnte. Außerdem stehe diese Verpflichtung jeder Offenlegung eines Antrags auf Erlass einer Geldbuße zu einem Zeitpunkt entgegen, zu dem die Kommission noch keine Nachprüfungen durchgeführt habe und der Sektor noch nichts von unmittelbar bevorstehenden Nachprüfungen wisse. Eine solche Offenlegung bringe die Gefahr mit sich, dass die Durchführung wirksamer Nachprüfungen und somit der Nachweis des Verstoßes der Kommission unmöglich gemacht würden (Erwägungsgründe 432 und 433 der streitigen Entscheidung). 20 Der „innere Widerspruch“ zwischen dieser Verpflichtung und der Verpflichtung gemäß Rn. 11 Buchst. b der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002, wonach der Antragsteller seine Teilnahme an der mutmaßlichen rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Antragstellung einzustellen habe, berechtige einen Antragsteller nicht dazu, die anderen Kartellmitglieder aus freien Stücken über seinen Antrag auf Geldbußenerlass zu informieren (434. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). 21 Die Kommission kam zu dem Schluss, dass Deltafina der genannten Verpflichtung nicht nachgekommen sei, weil sie gewusst habe, dass die Kommission zwischen dem 18. und dem 20. April 2002 Nachprüfungen habe durchführen wollen, ihr Vorsitzender aber trotzdem ihre wichtigsten Wettbewerber vor der Durchführung dieser Nachprüfungen aus freien Stücken über ihren Antrag auf Erlass der Geldbußen informiert habe (Erwägungsgründe 441 bis 444 und 460 der streitigen Entscheidung). 22 Weiter führte die Kommission aus, dass sie weder bei den Gesprächen beim Treffen am 14. März 2002 noch aufgrund ihres anschließenden Verhaltens Zweifel daran habe aufkommen lassen, dass sie niemals die Ansicht geteilt habe, dass Deltafina zwangsläufig ihren Antrag auf Geldbußenerlass gegenüber den Wettbewerbern offenlegen müsse und die Nachprüfungen daher nicht mehr stattfinden könnten. Vielmehr habe sie klargestellt, dass zur Vorbereitung dieser Nachprüfungen die Geheimhaltung für einen weiteren Monat erforderlich sei (Erwägungsgründe 445 bis 448 der streitigen Entscheidung). 23 Die Kommission erklärte, sie habe die praktischen Schwierigkeiten von Deltafina bei der Geheimhaltung ihres Antrags auf Erlass der Geldbuße gesehen, aber auch, dass die geplanten Nachprüfungen äußerst unwahrscheinlich geworden wären, wenn Deltafina verpflichtet gewesen wäre, ihren Antrag gegenüber den Wettbewerbern offenzulegen. Da der Vorsitzende von Deltafina aber nicht aus einer unmittelbaren Situation der Bedrohung gehandelt habe, sei die Offenlegung vom 4. April 2002 aus freien Stücken erfolgt (Erwägungsgründe 450 bis 453 und 459 der streitigen Entscheidung). 24 Dieses Verhalten sei keinesfalls zu rechtfertigen (Erwägungsgründe 454 bis 459 der streitigen Entscheidung). 25 Die Kommission führt weiter aus, die Tatsache, dass Deltafina sie insbesondere über die Offenlegung vom 4. April 2002 nicht informiert habe, lasse darauf schließen, dass das Unternehmen nicht mit einer Zustimmung der Kommission zu seinem Verhalten gerechnet habe (449. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). 26 Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass „[n]ach alledem … Deltafina dadurch, dass sie aus freien Stücken in der APTI-Sitzung vom 4. April 2002 ihren Antrag auf Erlass der Geldbuße offengelegt hat, gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit nach Rn. 8 Buchst. a der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 verstoßen [hat]“ (460. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung). Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 27 Mit am 19. Januar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob Deltafina Klage auf Nichtigerklärung der mit der streitigen Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße, hilfsweise auf Herabsetzung dieser Geldbuße. 28 Deltafina stützte ihre Klage auf sieben Klagegründe. Vier davon dienten der Begründung des Hauptantrags auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, soweit damit eine Geldbuße gegen Deltafina verhängt wird, und drei Klagegründe betrafen den Hilfsantrag auf Herabsetzung dieser Geldbuße. 29 Das Gericht hat sämtliche von Deltafina vorgebrachten Klagegründe – mit Ausnahme des sechsten Klagegrundes, den Deltafina zurückgenommen hatte – zurückgewiesen. Anträge der Parteien 30 Deltafina beantragt, — das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufzuheben und die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie Deltafina betrifft, sowie die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen; — hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 31 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen und — Deltafina die Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 32 Deltafina stützt ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Zunächst sind die ersten beiden Rechtsmittelgründe zusammen zu prüfen, dann der vierte und schließlich der dritte. Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 33 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt Deltafina zunächst, das Gericht habe nicht zu dem Klagegrund Stellung genommen, dass sie nach dem Treffen vom 14. März 2002 habe annehmen dürfen, die Kommission habe sie von der Verpflichtung zur Geheimhaltung befreit, und somit durch die Offenlegung am 4. April 2002 nicht gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit verstoßen habe. 34 Sodann macht Deltafina geltend, dass der einzige Verstoß gegen die Verpflichtung zur Zusammenarbeit, der ihr in der streitigen Entscheidung vorgeworfen werde, die Offenlegung vom 4. April 2002 sei. Folglich habe das Gericht mit der Feststellung, dass Deltafina gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit verstoßen habe, weil sie die Kommission nicht von dieser Offenlegung unterrichtet habe, ihre Verteidigungsrechte verletzt und seine Befugnisse überschritten, die auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung beschränkt gewesen seien. 35 Ferner ist Deltafina der Meinung, das Gericht habe in Rn. 149 des angefochtenen Urteils seine eigene Beurteilung ihrer Verpflichtung zur Zusammenarbeit an die Stelle dessen gesetzt, was zwischen ihr und der Kommission beim Treffen vom 14. März 2002 vereinbart worden sei. Das Gericht hätte aber für die Bestimmung des genauen Inhalts dieser Verpflichtung zur Zusammenarbeit die hierfür vereinbarten Modalitäten berücksichtigen müssen. 36 Das Gericht sei von der unzutreffenden Annahme ausgegangen, das Versäumnis von Deltafina, die Kommission über die Offenlegung des Antrags auf Erlass der Geldbuße zu unterrichten, stelle jedenfalls einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Zusammenarbeit dar, denn die Beurteilung dieses Sachverhalts hänge von den vereinbarten Modalitäten ab. Die Kommission hätte, wie aus Rn. 12 Buchst. a der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17) hervorgehe, die Offenlegung dieses Antrags auf Erlass der Geldbuße erlauben können. 37 Im vorliegenden Fall habe nach dem Treffen vom 14. März 2002 von einer solchen Erlaubnis ausgegangen werden können. Auf der Grundlage der während dieses Treffens verfassten Protokolle und des anschließenden Verhaltens der betroffenen Parteien hätte das Gericht feststellen müssen, dass Deltafina und die Kommission Einvernehmen darüber erzielt hätten, dass diese Offenlegung unvermeidlich sei und Deltafina daher der schwerer wiegenden Voraussetzung nachkommen müsse, schnell weitere Beweise zu liefern. 38 Aus den Protokollen des Treffens vom 14. März 2002 gehe hervor, dass dabei nicht auf die Frage eingegangen worden sei, ob diese Offenlegung „aus freien Stücken und unaufgefordert“ oder „nicht freiwillig und gezwungenermaßen“ erfolgt sei. Daher beruhe die Beurteilung durch das Gericht, bei der die Art der Offenlegung berücksichtigt werde, auf einer unzulässigen nachträglichen Rekonstruktion des Sachverhalts. Jedenfalls müssten etwaige Zweifel betreffend den Inhalt der angeblichen Vereinbarung über die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit zu ihren Gunsten gehen. 39 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht Deltafina geltend, das Gericht habe die Art. 65 und 68 seiner Verfahrensordnung verletzt, da es in der mündlichen Verhandlung ihren Anwalt, Herrn R., und den mit der Sache befassten Kommissionsbediensteten, Herrn V. E., als Teilnehmer am Treffen vom 14. März 2002 und somit als Zeugen vernommen habe, ohne dass ein Beschluss über die festzustellenden Tatsachen ergangen sei, eine Vereidigung dieser Zeugen stattgefunden habe und ein Protokoll über die Aussagen erstellt worden sei. 40 Das Gericht hat nach Auffassung von Deltafina in Rn. 159 des angefochtenen Urteils die Zeugenaussage von Herrn V. E. als Beweis herangezogen, dass dieser die Absicht von Deltafina, am 4. April 2002 ihren Antrag offenzulegen, nicht verstanden habe, und dass er eine solche Offenlegung jedenfalls niemals erlaubt hätte. Indem das Gericht diese Aussage nicht mit derjenigen des nicht als Zeugen vernommenen Rechtsanwalts J. verglichen habe, habe es das Recht von Deltafina auf ein faires Verfahren verletzt. 41 Die Kommission tritt dem Vorbringen von Deltafina entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 42 Zur Zulässigkeit des in Rn. 33 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringens, dem die Kommission entgegentritt, ist festzustellen, dass Deltafina vom Gerichtshof keine neue Beurteilung des Sachverhalts, sondern die Feststellung eines Begründungsmangels des angefochtenen Urteils verlangt. Dieses Vorbringen ist somit zulässig. 43 Mit dem in den Rn. 35 und 36 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen wirft Deltafina dem Gericht vor, es habe bei der Bestimmung der ihr obliegenden Verpflichtungen zur Zusammenarbeit einen Rechtsfehler begangen. Daher ist auch dieses Vorbringen zulässig. 44 Dagegen macht die Kommission zutreffend geltend, dass Deltafina mit dem in den Rn. 37 und 38 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen eine vom Gericht vorgenommene Tatsachenwürdigung in Frage stellt, ohne sich auf eine Verfälschung von Beweismitteln zu berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs unterliegt eine solche Prüfung nicht seiner Zuständigkeit, so dass dieses Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen ist. 45 In der Sache ist festzustellen, dass Deltafina dem Gericht mit dem in den Rn. 33 und 34 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen vorwirft, es habe sich zum einen nicht zu dem Klagegrund geäußert, dass die Kommission sie von der Verpflichtung zur Geheimhaltung befreit habe, sowie zum anderen rechtswidrig die Begründung ersetzt und somit seine Befugnisse überschritten. 46 Was den ersten Teil des Vorbringens von Deltafina betrifft, so hat das Gericht in Rn. 160 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission Deltafina nicht vorab habe erlauben können, ihren Antrag am 4. April 2002 von sich aus offenzulegen, da Deltafina nicht mit Erfolg nachgewiesen habe, dass sie die Kommission ordnungsgemäß vorher über ihre Absicht informiert habe. 47 Insbesondere aufgrund dessen hat das Gericht in Rn. 173 des angefochtenen Urteils die Beurteilung der Kommission bestätigt, dass Deltafina gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit verstoßen habe. 48 Insoweit geht aus den Erwägungsgründen 441, 450 und 460 der streitigen Entscheidung hervor, dass es für die Kommission einen Unterschied macht, ob ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen aus freien Stücken seine Zusammenarbeit mit der Kommission gegenüber anderen am selben Kartell beteiligten Unternehmen zu einem Zeitpunkt offenlegt, zu dem bei diesen Nachprüfungen vor Ort geplant sind, oder ob die Zusammenarbeit von diesen Unternehmen aufgrund praktischer Schwierigkeiten des erstgenannten Unternehmens bei der Geheimhaltung seiner Zusammenarbeit entdeckt wird. 49 Nach Ansicht der Kommission reicht diese aus freien Stücken und unaufgefordert erfolgte Offenlegung als solche für den Nachweis eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Zusammenarbeit aus, sofern nicht zweifelsfrei feststehe, dass eine solche Offenlegung zuvor von der Kommission ausdrücklich erlaubt worden sei. 50 Das Gericht hat entschieden, dass Letzteres vorliegend nicht der Fall sei, und daher in den Rn. 160 und 173 des angefochtenen Urteils den von der Kommission im 460. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung festgestellten Verstoß von Deltafina gegen die Verpflichtung zur Zusammenarbeit bestätigt. 51 Diese Beurteilung ist entgegen der Auffassung von Deltafina fehlerfrei. 52 Insbesondere wurde die Tatsachenfeststellung des Gerichts, dass die Kommission die aus freien Stücken erfolgte Offenlegung vom 4. April 2002 nicht vorher ausdrücklich erlaubt hatte, von Deltafina nicht bestritten. Unter diesen Umständen brauchte das Gericht das Vorbringen von Deltafina zum Nachweis, dass über die Unvermeidlichkeit der Offenlegung ihrer Zusammenarbeit Einvernehmen bestanden habe, nicht ausdrücklich zurückzuweisen. 53 Da die Offenlegung vom 4. April 2002 aus freien Stücken erfolgte, war sie nicht unvermeidlich. Selbst unterstellt, dass die Kommission eine etwaige nicht freiwillige Offenlegung der Zusammenarbeit von Deltafina akzeptiert hätte, könnte dies nicht die von Letzterer aus freien Stücken vorgenommene Offenlegung rechtfertigen und damit die Feststellung entkräften, dass Deltafina gegen ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit verstoßen hat. Folglich kann dieses Vorbringen nicht durchgreifen. 54 Was den zweiten Teil des Vorbringens zur Stützung des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, nämlich die Rüge einer rechtswidrigen Ersetzung der Begründung, so ergibt sich aus den Rn. 143 bis 145 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht dort eine umfassende Beurteilung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit vorgenommen hat, die dem Unternehmen obliegt, das einen Antrag auf endgültigen Erlass der Geldbuße am Ende des Verwaltungsverfahrens stellt. Zu dieser Verpflichtung zur umfassenden, kontinuierlichen und zügigen Zusammenarbeit nach Rn. 11 Buchst. a der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gehört u. a. die Verpflichtung zur vollständigen Information über alle für die Untersuchung der Kommission relevanten Umstände. 55 Weiter geht aus den Erwägungsgründen 429, 449 und 459 der streitigen Entscheidung hervor, dass die Kommission das Fehlen bestimmter Informationen berücksichtigt hat, die das Unternehmen insbesondere in Bezug auf die Umstände des Treffens vom 4. April 2002 hätte mitteilen müssen. 56 Somit hat sich das Gericht, wie sich aus Rn. 151 des angefochtenen Urteils ergibt, in dessen Rn. 152 bis 162 darauf beschränkt, auf die Argumente einzugehen, die Deltafina vorgetragen hat. Folglich hat das Gericht keine Ersetzung der Begründung vorgenommen, und der zweite Teil des Vorbringens von Deltafina ist daher zurückzuweisen. 57 Soweit Deltafina darüber hinaus mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund geltend macht, das Gericht habe ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt, da es zum einen in der mündlichen Verhandlung unter Verstoß gegen die Art. 65 und 68 seiner Verfahrensordnung den Rechtsanwalt von Deltafina und den mit der Sache befassten Kommissionsbediensteten vernommen und sich zum anderen in Rn. 159 des angefochtenen Urteils auf eine dieser Zeugenaussagen gestützt habe, ohne diese mit der Aussage von Rechtsanwalt J. zu vergleichen, der nicht als Zeuge vernommen worden sei, ist Folgendes festzustellen. 58 Zunächst ist unstreitig, dass das Gericht in der mündlichen Verhandlung Rechtsanwalt R. und Herrn V. E. als Teilnehmer am Treffen vom 14. März 2002 und Herrn V. E. darüber hinaus als Teilnehmer des Telefongesprächs vom 22. März 2002 vernommen hat. Ebenso ist unstreitig, dass das Gericht diese Personen zu ihren Wahrnehmungen betreffend den Inhalt dieses Treffens und dieses Gesprächs befragt, diese Befragung außerhalb des in Art. 68 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen prozessualen Rahmens stattgefunden und Deltafina hiergegen in der mündlichen Verhandlung keine Einwände erhoben hat. 59 Zum einen führt entgegen der Ansicht der Kommission die Tatsache, dass Deltafina in dieser mündlichen Verhandlung keine Einwände erhoben hat, nicht zur Unzulässigkeit des zweiten Rechtsmittelgrundes (vgl. in diesem Sinne Urteil Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, EU:C:2003:531, Rn. 32 und 35). 60 Zum anderen besteht zwar, wie die Kommission zutreffend vorgetragen hat, eine gängige und legitime Praxis des Gerichts, zu technischen Fragen oder komplexen Sachverhalten Vertreter der Parteien zu befragen, denen die maßgeblichen Einzelheiten bekannt sind. 61 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 116 und 117 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, betrafen aber im vorliegenden Fall die Fragen, die das Gericht an Rechtsanwalt R. und an Herrn V. E. richtete, u. a. von den Parteien bestrittene und zwischen ihnen streitige Tatsachen. Zudem handelte es sich weder um technische noch um komplexe Themen, und Rechtsanwalt R. sowie Herr V. E. wurden offensichtlich auch nicht wegen etwaiger besonderer technischer Kenntnisse befragt. 62 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass Deltafina zu Recht geltend macht, das Gericht sei dadurch, dass es in der mündlichen Verhandlung ihren Rechtsanwalt und den mit der Sache befassten Kommissionsbediensteten zu ihren Wahrnehmungen über die beim Treffen vom 14. März 2002 sowie im Telefongespräch vom 22. März 2002 getroffenen Vereinbarungen befragt habe, über das hinausgegangen, was im Rahmen dieser Praxis zulässig sei, da die Vernehmung durch das Gericht sich auf Tatsachen bezogen hat, die gegebenenfalls durch Zeugenaussagen gemäß dem in Art. 68 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Verfahren hätten bewiesen werden müssen. 63 Entgegen der Ansicht von Deltafina verletzt dieser Verfahrensfehler jedoch nicht ihr Recht auf ein faires Verfahren. 64 Wie die Kommission zutreffend vorträgt – und entgegen dem Vorbringen von Deltafina –, hat das Gericht in Rn. 159 des angefochtenen Urteils die Aussage des mit der Sache befassten Kommissionsbediensteten nur im Rahmen einer ergänzenden Argumentation berücksichtigt, da es sich im Wesentlichen auf die in den Rn. 153 bis 158 des angefochtenen Urteils geprüften schriftlichen Beweise – insbesondere die Protokolle des Treffens vom 14. März 2002 und des Telefongesprächs vom 22. März 2002 – gestützt hat. 65 Wie auch die Generalanwältin in Nr. 120 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, konnte das Gericht seine Entscheidung allein auf diese Urkundsbeweise stützen. 66 Insbesondere folgt zum einen aus der Tatsache, dass diese schriftlichen Beweise nichts über eine ausdrückliche Mitteilung von Deltafina, dass sie ihre Zusammenarbeit mit der Kommission aus freien Stücken offenlegen wolle, oder über eine von der Kommission erteilte Erlaubnis zu einer solchen Offenlegung enthielten, und zum anderen aus der Bedeutung einer solchen ausdrücklichen Erlaubnis sowohl für Deltafina als auch für den Nutzen der geplanten Nachprüfungen, dass das Gericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass dieses Fehlen einer ausdrücklichen Mitteilung und einer ausdrücklichen Erlaubnis durch die Urkundenbeweise rechtlich hinreichend belegt ist. 67 Nach ständiger Rechtsprechung ist es allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen. Ob Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind, unterliegt seiner freien Würdigung des Sachverhalts, die der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren entzogen ist, sofern nicht dem Gericht vorgelegte Beweismittel verfälscht worden sind oder die Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Gerichts sich aus den Akten ergibt (Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Unter den Umständen des vorliegenden Falles durfte das Gericht, da Deltafina keinen Antrag auf die Vernehmung von Zeugen gestellt und sich nicht auf eine Verfälschung der vom Gericht berücksichtigten Beweismittel berufen hatte, davon ausgehen, dass eine Zeugenvernehmung der Rechtsanwälte R. und J. oder von Herrn V. E. nicht zwingend erforderlich sei. 69 Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund nicht begründet, und die Argumentation des Gerichts in den Rn. 153 bis 160 des angefochtenen Urteils verletzt nicht die Verteidigungsrechte von Deltafina. 70 Unter diesen Umständen sind der erste und der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 71 Deltafina beantragt, die gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen, um den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu heilen, den die Kommission begangen habe, indem sie Deltafina die gleiche Ermäßigung der Geldbuße wie Dimon Italia gewährt habe. 72 Nach Ansicht von Deltafina hat das Gericht diesen Antrag, der in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug gestellt wurde, rechtsfehlerhaft als neues Angriffsmittel bezeichnet, das nicht auf neue rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werde, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien, und das daher unzulässig sei. Das Vorbringen von Deltafina beruhe auf einer Rechtsprechung, die aus dem Urteil des Gerichts Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission (T‑13/03, EU:T:2009:131) folge, das erst nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens ergangen sei. 73 Die Kommission tritt diesem Vorbringen von Deltafina entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 74 Wie aus Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts und aus Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hervorgeht, können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind (Beschluss Arbos/Kommission, C‑615/12 P, EU:C:2013:742, Rn. 35). 75 Vor dem Gericht hat Deltafina jedoch nichts vorgetragen, was belegen könnte, dass das fragliche Angriffsmittel auf einem rechtlichen Grund beruht, der erst während des Verfahrens zutage getreten ist. Wie die Generalanwältin in Nr. 127 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, handelt es sich beim Gleichbehandlungsgrundsatz, auf den sich Deltafina beruft, um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, dessen Beachtung der Gerichtshof und das Gericht nach ständiger Rechtsprechung u. a. im Bereich der Geldbußen für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht sicherstellen. 76 Daher kann ein Urteil, das die Verpflichtungen präzisiert, die der Kommission nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz obliegen, wie dies bei dem von Deltafina angeführten Urteil der Fall ist, nicht als neuer rechtlicher Grund angesehen werden, durch den das verspätete Vorbringen eines neuen Angriffsmittels gerechtfertigt werden könnte. 77 Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 78 Deltafina trägt vor, das Verfahren vor dem Gericht habe fünf Jahre und acht Monate gedauert. Zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der Entscheidung über die Eröffnung des mündlichen Verfahrens seien 43 Monate verstrichen. Damit habe dieses Verfahren übermäßig lang gedauert, und sie beantrage daher, dass der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die gegen sie verhängte Geldbuße aufhebe oder erheblich herabsetze, um so den Verstoß gegen ihr durch Art. 41 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) gewährleistetes Grundrecht auf eine Entscheidung binnen angemessener Frist zu heilen. 79 Die Kommission tritt dem Vorbringen von Deltafina entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 80 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Überschreitung einer angemessenen Entscheidungsfrist als ein Verfahrensfehler, der die Verletzung eines Grundrechts darstellt, der betreffenden Partei einen Rechtsbehelf eröffnen muss, der ihr eine angemessene Wiedergutmachung bietet (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, C‑40/12 P, EU:C:2013:768, Rn. 80). 81 Soweit Deltafina die Aufhebung des angefochtenen Urteils und hilfsweise eine Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße beantragt, ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, EU:C:2013:768, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung). 82 Diese Rechtsprechung beruht insbesondere auf der Erwägung, dass die Aufhebung des angefochtenen Urteils dem vom Gericht begangenen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abhelfen kann, wenn die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist keine Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, EU:C:2013:768, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Im vorliegenden Fall hat Deltafina vor dem Gerichtshof nichts vorgetragen, was dafür sprechen könnte, dass sich die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist möglicherweise auf den Ausgang des beim Gericht anhängigen Rechtsstreits ausgewirkt hat. 84 Außerdem kann der Gerichtshof angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, der Rechtsmittelführerin nicht aus dem bloßen Grund der Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist erlauben, eine Geldbuße dem Grund oder der Höhe nach in Frage zu stellen, obwohl sämtliche Rechtsmittelgründe, die sie gegen die Feststellungen des Gerichts zur Höhe dieser Geldbuße und zu den mit ihr geahndeten Verhaltensweisen vorgebracht hat, zurückgewiesen worden sind (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, EU:C:2013:768, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). 85 Daraus folgt, dass der dritte Rechtsmittelgrund entgegen den Ausführungen von Deltafina als solcher nicht zur Aufhebung, auch nicht zur teilweisen Aufhebung, des angefochtenen Urteils führen kann. 86 Soweit Deltafina die Aufhebung oder eine Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße beantragt, um den finanziellen Folgen Rechnung zu tragen, die sich für sie aus der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Gericht ergeben haben, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Verstoß des Gerichts gegen seine Verpflichtung aus Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, zu einer Schadensersatzforderung führen kann. Daher ist ein solcher Verstoß mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden, da eine solche Klage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, EU:C:2013:768, Rn. 87 und 89). 87 Folglich ist es Sache des nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständigen Gerichts, über solche Schadensersatzforderungen in einer anderen Besetzung als derjenigen, die mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war, zu entscheiden, so dass diese Forderungen nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof geltend gemacht werden können (Urteil Gascogne Sack Deutschland/Kommission, EU:C:2013:768, Rn. 90 und 96). 88 Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Gericht im Rahmen einer Schadensersatzklage mit der Begründung, es habe Art. 47 Abs. 2 der Charta verletzt, da es die Anforderungen zur Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist verkannt habe, und damit hinreichend qualifiziert gegen eine Rechtsnorm verstoßen, durch die dem Einzelnen Rechte verliehen werden (vgl. u. a. Urteil Kommission/CEVA und Pfizer, C‑198/03 P, EU:C:2005:445, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung), bei seiner Beurteilung dieses Verstoßes die Umstände des Einzelfalls, etwa die Komplexität der Rechtssache und das Verhalten der Beteiligten, das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel der Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs berücksichtigen muss, wie sich aus den Rn. 91 bis 95 des Urteils Gascogne Sack Deutschland/Kommission (EU:C:2013:768) ergibt. 89 Ebenfalls Sache des Gerichts ist es, sowohl die Verwirklichung des geltend gemachten Schadens als auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der überlangen Dauer des streitigen Gerichtsverfahrens zu beurteilen sowie die allgemeinen Grundsätze zu berücksichtigen, die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten für auf ähnliche Verstöße gestützte Klagen gelten. 90 Da im vorliegenden Fall – ohne dass es insoweit einer Vorlage entsprechender Beweismittel durch die Parteien bedarf – offensichtlich ist, dass das Gericht hinreichend qualifiziert gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, binnen angemessener Frist über die Sache zu entscheiden, kann der Gerichtshof dies feststellen. 91 Die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht, nämlich fünf Jahre und acht Monate, die insbesondere auch durch den Zeitraum von drei Jahren und sieben Monaten zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung bedingt ist, kann weder durch den gewissen Schwierigkeitsgrad des Rechtsstreits noch durch die Tatsache, dass sechs Adressaten der streitigen Entscheidung Klagen auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung erhoben haben, noch durch den von Deltafina im schriftlichen Verfahren vor dem Gericht gestellten Antrag auf Vorlage eines Dokuments aus dem Besitz der Kommission gerechtfertigt werden. 92 Jedoch ist aufgrund der Ausführungen in den Rn. 81 bis 87 des vorliegenden Urteils der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. 93 Nach alledem ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. Kosten 94 Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 95 Da Deltafina mit ihren Rechtsmittelgründen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Deltafina SpA trägt die Kosten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 13. Dezember 2013.#Holding Slovenske elektrarne d.o.o. (HSE) gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und des Vereinigten Königreichs – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Unschuldsvermutung – Geldbußen – Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Mildernde Umstände – Fahrlässig begangene Zuwiderhandlung – Zuwiderhandlung, die die Behörden genehmigen oder zu der sie ermutigen.#Rechtssache T‑399/09.
62009TJ0399
ECLI:EU:T:2013:647
2013-12-13T00:00:00
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Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst (Zweite Kammer) vom 16. September 2013. # Barbara Wurster gegen Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE). # Verbundene Rechtssachen F-20/12 und F-43/12.
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 13. September 2013. # Issam Anbouba gegen Rat der Europäischen Union. # Rechtssache T-563/11.
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Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 18. Juli 2013.#The Dow Chemical Company u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Kartelle – Markt für Butadienkautschuk und Emulsionsstyrol-Butadienkautschuk – Festlegung von Preiszielen, Aufteilung der Kunden durch Nichtangriffsvereinbarungen und Austausch von Geschäftsinformationen – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Ermessen der Kommission – Multiplikator zu Abschreckungszwecken – Gleichbehandlung.#Rechtssache C‑499/11 P.
62011CJ0499
ECLI:EU:C:2013:482
2013-07-18T00:00:00
Bot, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62011CJ0499 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) 18. Juli 2013 (*1) „Rechtsmittel — Kartelle — Markt für Butadienkautschuk und Emulsionsstyrol-Butadienkautschuk — Festlegung von Preiszielen, Aufteilung der Kunden durch Nichtangriffsvereinbarungen und Austausch von Geschäftsinformationen — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Ermessen der Kommission — Multiplikator zu Abschreckungszwecken — Gleichbehandlung“ In der Rechtssache C-499/11 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 26. September 2011, The Dow Chemical Company mit Sitz in Midland (Vereinigte Staaten von Amerika), Dow Deutschland Inc. mit Sitz in Schwalbach (Deutschland), Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH mit Sitz in Schwalbach, Dow Europe GmbH mit Sitz in Horgen (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Schroeder und T. Kuhn sowie T. Graf, advokat, Klägerinnen, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und V. Bottka als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Borg-Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel, Generalanwalt: Y. Bot, Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2013, aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden, folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen The Dow Chemical Company (im Folgenden: Dow Chemical), die Dow Deutschland Inc. (im Folgenden: Dow Deutschland), die Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH (im Folgenden: Dow Deutschland Anlagengesellschaft) und die Dow Europe GmbH (im Folgenden: Dow Europe, und für alle diese Gesellschaften gemeinsam: Dow) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 13. Juli 2011, Dow Chemical u. a./Kommission (T-42/07, Slg. 2011, II-4531, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 5700 endg. der Kommission vom 29. November 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.638 – Butadienkautschuk und Emulsionsstyrol-Butadienkautschuk) (im Folgenden: streitige Entscheidung), soweit sie Dow Chemical betrifft, und auf Herabsetzung der gegen Dow verhängten Geldbuße teilweise abgewiesen hat. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung 2 Am 20. Dezember 2002 wandte sich die Bayer AG (im Folgenden: Bayer) mit dem Wunsch an die Europäische Kommission, mit ihr gemäß ihrer Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung) in Bezug auf Butadienkautschuk (im Folgenden: BR) und Emulsionsstyrol-Butadienkautschuk (im Folgenden: ESBR) – synthetische Kautschuke, die vor allem in der Reifenproduktion verwendet werden – zusammenzuarbeiten. 3 Am 16. Oktober 2003 besuchten Dow Deutschland und Dow Deutschland Anlagengesellschaft die Kommission und schlugen eine Zusammenarbeit gemäß der Kronzeugenregelung vor. Am 4. März 2005 teilte die Kommission Dow Deutschland mit, dass sie die Absicht habe, ihr eine Ermäßigung der Geldbuße von 30 % bis 50 % zu gewähren. 4 Am 7. Juni 2005 eröffnete die Kommission ein Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) betreffend den Markt für BR und ESBR. Sie richtete eine erste Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: erste Mitteilung) u. a. an Dow. 5 Am 6. April 2006 nahm die Kommission eine zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: zweite Mitteilung) an. 6 Das Verwaltungsverfahren führte am 29. November 2006 zum Erlass der streitigen Entscheidung. Nach deren Art. 1 haben Dow und die anderen Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, nämlich Bayer, die Versalis SpA, vormals Polimeri Europa SpA, und die Eni SpA (im Folgenden zusammen: Eni), die Shell Petroleum NV, die Shell Nederland BV und die Shell Nederland Chemie BV (im Folgenden zusammen: Shell), die Unipetrol a.s., die Kaučuk a.s. (im Folgenden: Kaučuk) und die Trade-Stomil sp. z o.o. (im Folgenden: Stomil), gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie an einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt waren, in deren Rahmen sie Preisziele für ihre Produkte festlegten, Kunden durch Nichtangriffsvereinbarungen aufteilten und sensible Geschäftsinformationen über Preise, Wettbewerber und Kunden im BR- und im ESBR-Sektor austauschten. 7 Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung wurden folgende Zeiträume berücksichtigt: 1. Juli 1996 bis 28. November 2002 für Dow Chemical, 1. Juli 1996 bis 27. November 2001 für Dow Deutschland, 22. Februar 2001 bis 28. Februar 2002 für Dow Deutschland Anlagengesellschaft und 26. November 2001 bis 28. November 2002 für Dow Europe. 8 Nach den Erwägungsgründen 16 bis 21 der streitigen Entscheidung standen in der Zeit, in der Dow an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt war, Dow Deutschland, Dow Deutschland Anlagengesellschaft und Dow Europe unmittelbar oder mittelbar vollständig unter der Kontrolle von Dow Chemical. 9 Die mit der streitigen Entscheidung verhängte Geldbuße wurde anhand der Mitteilung der Kommission mit „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden“ (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), berechnet. 10 So betrachtete die Kommission zunächst die begangene Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ und setzte den Grundbetrag für die Berechnung der Geldbuße fest, indem sie nach den Verkaufszahlen für BR und ESBR jedes der betroffenen Unternehmen im Jahr 2001 differenzierte. Bei Dow beliefen sich die Verkaufszahlen für BR und ESBR nach dem 469. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung auf 126,936 Mio. Euro im Jahr 2001. In Anbetracht dieses Betrags wurde Dow, gemessen an den Verkaufszahlen für BR und ESBR, der zweiten Kategorie der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zugeordnet. Auf dieser Grundlage setzte die Kommission den Grundbetrag der gegen Dow verhängten Geldbuße auf 41 Mio. Euro fest. 11 Sodann wendete die Kommission, gestaffelt nach den Weltumsätzen der betreffenden Unternehmen im Jahr 2005, Multiplikatoren zu Abschreckungszwecken an. Sie war der Ansicht, dass weder bei Stomil, deren Umsatz 38 Mio. Euro betrug, noch bei Kaučuk, deren Umsatz sich auf 2,718 Mrd. Euro belief, ein Multiplikator anzuwenden sei, und wandte Multiplikatoren von 1,5 bei Bayer, 1,75 bei Dow, 2 bei Eni und 3 bei Shell an, deren Umsätze sich auf 27,383 Mrd. Euro, 37,221 Mrd. Euro, 73,738 Mrd. Euro und 246,549 Mrd. Euro beliefen. 12 Darüber hinaus wurde bei Dow Chemical der Grundbetrag für die Berechnung der Geldbuße insbesondere wegen ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung während eines Zeitraums von sechs Jahren und vier Monaten um 50 % erhöht. Bei Dow Deutschland belief sich diese Erhöhung auf 40 %. Bei Dow Deutschland Anlagengesellschaft und Dow Europe wurde entsprechend der Dauer ihrer Beteiligung am Kartell eine Erhöhung um 10 % festgesetzt. 13 Schließlich gewährte die Kommission Dow als dem zweiten Unternehmen, das sich nach der Kronzeugenregelung an sie gewandt hatte, und als dem ersten Unternehmen, das die in Nr. 21 dieser Regelung genannten Bedingungen erfüllte, eine Ermäßigung der Geldbuße, die gegen Dow verhängt worden wäre, wenn sie bei der Untersuchung nicht mitgewirkt hätte, um 40 %. 14 Daher verhängte die Kommission in Art. 2 Buchst. b der streitigen Entscheidung eine Geldbuße von 64,575 Mio. Euro gegen Dow Chemical, wobei Dow Deutschland für 60,27 Mio. Euro sowie Dow Deutschland Anlagengesellschaft und Dow Europe jeweils für 47,355 Mio. Euro gesamtschuldnerisch haften sollten. Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 15 Mit am 16. Februar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob Dow eine Klage gegen die streitige Entscheidung und beantragte für Dow Chemical, die Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese an sie gerichtet ist, für Dow Deutschland, Art. 1 dieser Entscheidung insofern für nichtig zu erklären, als darin eine Verletzung von Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens durch Dow Deutschland ab dem 1. Juli 1996 festgestellt wird, und für alle Klägerinnen – für Dow Chemical hilfsweise –, den gegen sie verhängten Betrag der Geldbuße deutlich herabzusetzen. 16 Ferner beantragten alle Klägerinnen, der Kommission ihre sämtlichen mit dem vorliegenden Verfahren verbundenen Kosten sowie die Kosten aufzuerlegen, die ihnen für die Bereitstellung einer Bankbürgschaft zur Deckung der durch die streitige Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Sache entstanden sind, und jede vom Gericht für sachdienlich gehaltene andere Maßnahme zu ergreifen. 17 Mit dem ersten Klagegrund machte Dow die Rechtswidrigkeit der Zurechnung der Zuwiderhandlung an Dow Chemical geltend. Mit dem zweiten Klagegrund wurde gerügt, die Kommission habe die Dauer der Beteiligung von Dow Deutschland an der Zuwiderhandlung falsch bestimmt. Mit dem in neun Teile gegliederten dritten Klagegrund machte Dow geltend, die Kommission habe die gegen sie verhängte Geldbuße falsch bestimmt. 18 Das Gericht hat den ersten Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückgewiesen. Insoweit hat es in den Randnrn. 74 und 75 des angefochtenen Urteils insbesondere entschieden, dass Dow Chemical „an der Spitze des Konzerns“ stehe und dass „nicht bestritten wird, dass sie, auch mittelbar, alle Anteile der an der Zuwiderhandlung direkt beteiligten Gesellschaften hält“. Es hat weiter ausgeführt, dass „die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft im Ermessen der Kommission“ steht und dass „einzig die Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis angenommen hat, dass die Umstände eines Falles die Zurechnung eines Verhaltens einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft nicht rechtfertigen, nicht bedeutet, dass sie dieselbe Bewertung auch in einer späteren Entscheidung anwenden muss“. 19 In Randnr. 76 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass der „Umstand, dass Dow Chemical als Adressatin der [streitigen] Entscheidung zu Unrecht verletzt sein soll, … deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage stellen“ könne. Schließlich hat das Gericht zum Vorwurf des Begründungsmangels in Randnr. 77 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass das „Begründungserfordernis … anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen“ sei und dass in „der Begründung … nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden [brauchen], weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. [296 AEUV] genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde“. Die Kommission habe jedoch „in den Erwägungsgründen 333 bis 338 und 340 bis 364 der [streitigen] Entscheidung eindeutig die Beurteilungsgesichtspunkte herausgestellt …, die es ihr hier ermöglicht haben, die Verantwortlichkeit von Dow Chemical anzunehmen“ (vgl. Randnr. 79 des angefochtenen Urteils). 20 Zum zweiten Klagegrund hat das Gericht ausgeführt, dass die Kommission das Vorliegen von Umständen, die eine Zuwiderhandlung von Dow Deutschland zwischen dem 1. Juli und dem 2. September 1996 belegen, nicht hinreichend bewiesen habe. 21 Zum dritten Klagegrund hat das Gericht in den Randnrn. 123 und 124 des angefochtenen Urteils zunächst festgestellt, dass „der individuelle Beitrag jedes Unternehmens zum Erfolg des Kartells, gemessen an der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, … von den tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung nach Nr. 1 A Abs. 1 der Leitlinien zu unterscheiden“ sei und dass „die Kommission selbst bei Fehlen einer konkreten, messbaren Auswirkung der Zuwiderhandlung gemäß Nr. 1 A Abs. 3, 4 und 6 der Leitlinien und nach Einstufung der Zuwiderhandlung als minder schwer, schwer und besonders schwer beschließen [kann], zwischen den betroffenen Unternehmen zu differenzieren“. 22 Sodann hat das Gericht in den Randnrn. 126 und 127 ausgeführt, dass „Dow … nicht den rechtswidrigen Gegenstand des Kartells, wie er in der [streitigen] Entscheidung … beschrieben wird“, bestreite und dass die „Kommission … keinen Fehler begangen [hat], indem sie die streitigen Praktiken aufgrund ihrer Natur als besonders schwere Verstöße einstufte, ohne die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen“. Zudem habe die Kommission „im 462. Erwägungsgrund der [streitigen] Entscheidung eindeutig angegeben …, dass sie bei der Bemessung der Geldbußen die Auswirkungen auf den Markt nicht berücksichtigen werde“. 23 Bezüglich des Vorwurfs der Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs von Dow hat das Gericht in Randnr. 128 des angefochtenen Urteils entschieden, dass „die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen [erfüllt], wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte … anführt“. Vorliegend habe die Kommission „die Auswirkungen des Kartells auf dem Markt zur Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt … (462. Erwägungsgrund der [streitigen] Entscheidung)“. Aufgrund dessen ist nach Auffassung des Gerichts „der Anspruch von Dow auf rechtliches Gehör nicht verletzt“. 24 Zu der von Dow mit dem siebten Teil des dritten Klagegrundes gerügten rechtswidrigen Anwendung eines Multiplikators zu Abschreckungszwecken hat das Gericht in Randnr. 146 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass sich dieser Teil „auf die im Rahmen des ersten Klagegrundes entwickelte Argumentation [stützt]“ und dass, „da der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist, … auch [dieser] Teil … als unbegründet zurückzuweisen“ ist. 25 In den Randnrn. 147 und 149 des angefochtenen Urteils hat das Gericht weiter festgestellt, dass „die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, Wettbewerber und Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, und dass die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen ist, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Nr. l A Abs. 4 der Leitlinien)“, und dass „[d]ies verlangt, dass die Geldbuße angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen“. In Randnr. 150 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, dass insoweit die „Berücksichtigung des Gesamtumsatzes jedes an einem Kartell beteiligten Unternehmens für die Festlegung der Geldbuße“ relevant sei. 26 Nach Ansicht des Gerichts kann auch keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung angenommen werden. Hierzu hat das Gericht in Randnr. 153 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „Dow … die von der Kommission in der [streitigen] Entscheidung angeführten Umsätze“ und insbesondere nicht bestreitet, „dass sie im Jahr 2005 größer als Bayer und kleiner als EniChem [d. h. als, gemäß der Definition im 36. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung, alle im Besitz der Eni SpA stehenden Unternehmen] war“. Daher sei „es kohärent und objektiv gerechtfertigt, dass der Multiplikator zu Abschreckungszwecken zur Berechnung der gegen Dow verhängten Geldbuße höher ist als der, der zur Berechnung der gegen Bayer verhängten Geldbuße und niedriger als der zur Berechnung der gegen EniChem verhängten Geldbuße angewendete Multiplikator ist“. 27 Das Gericht hat in Randnr. 154 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass, da „die Weltumsätze im Jahr 2005 bei 27,383 Mrd. Euro für Bayer und 37,221 Mrd. Euro für Dow (also 35,93 % höher als Bayer) lagen[,] … die Erhöhung des Multiplikators zur Berechnung der gegen Dow verhängten Geldbuße um 16,66 % im Vergleich zu demjenigen, der zur Berechnung der gegen Bayer verhängten Geldbuße angewandt wurde (1,75 gegen 1,5), keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung [darstellt]“. Denn „aus der [streitigen] Entscheidung [ergibt sich], dass der auf Dow angewendete Multiplikator auf der Grundlage des Multiplikators von Bayer errechnet wurde und nicht auf der Grundlage des Multiplikators von EniChem oder Shell“. Das Gericht hat auch darauf hingewiesen, dass „die Kommission bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße über ein Ermessen [verfügt] und … nicht verpflichtet [ist], eine genaue mathematische Formel anzuwenden“. 28 Schließlich hat das Gericht in Randnr. 155 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass Dow „keinen konkreten Anhaltspunkt dafür [vorträgt], dass der auf sie angewandte Multiplikator im Hinblick auf die Schwere der Zuwiderhandlung und das Ziel, eine abschreckende Höhe der Geldbuße zu gewährleisten, unverhältnismäßig wäre“. 29 Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der von Dow Deutschland vorgebrachte zweite Klagegrund durchgreife und Art. 1 der streitigen Entscheidung für nichtig zu erklären sei, soweit darin die Beteiligung von Dow Deutschland an der streitigen Zuwiderhandlung ab dem 1. Juli 1996 statt dem 2. September 1996 angenommen werde. Die Geldbuße sei jedoch nicht zu ermäßigen. Alle anderen Klagegründe von Dow hat das Gericht zurückgewiesen. Da diese Klagegründe die Anträge auf Änderung des Betrags der Geldbuße betrafen, hat das Gericht sie als unbegründet zurückgewiesen. Dasselbe gilt für den Antrag von Dow auf Verurteilung der Kommission zur Tragung der Kosten. Anträge der Parteien 30 Dow Chemical beantragt, — das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als damit ihr Antrag auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, soweit diese Dow Chemical betrifft, zurückgewiesen wird, und — die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese Dow Chemical betrifft. 31 Alle Rechtsmittelführerinnen beantragen, — das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als damit ihr Antrag, die gegen sie verhängte Geldbuße deutlich herabzusetzen, zurückgewiesen wird; — die gegen sie verhängte Geldbuße deutlich herabzusetzen und — die Kosten der Kommission aufzuerlegen und alle vom Gerichtshof für sachdienlich gehaltenen Maßnahmen zu ergreifen. 32 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen und — Dow die Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 33 Dow stützt ihre Anträge auf vier Rechtsmittelgründe. Erstens rügt sie einen Rechtsfehler, den das Gericht dadurch begangen habe, dass es zum einen angenommen habe, dass die Kommission nicht verpflichtet sei, ihr Ermessen auf angemessene Weise auszuüben, und dass es zum anderen seine Kontrollbefugnis bezüglich der Art und Weise, in der die Kommission ihr Ermessen ausgeübt habe, um die Verantwortlichkeit von Dow Chemical festzustellen, nicht uneingeschränkt ausgeübt habe. Zweitens sei bei den Grundbeträgen für die Geldbuße rechtsfehlerhaft differenziert worden. Drittens habe das Gericht rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Kommission den Umsatz von Dow Chemical habe berücksichtigen dürfen. Viertens habe das Gericht rechtsfehlerhaft bestätigt, dass die Anwendung des Multiplikators zu Abschreckungszwecken durch die Kommission nicht diskriminierend gewesen sei. Zum ersten Rechtsmittelgrund, mit dem im Wesentlichen gerügt wird, das Gericht habe die Art und Weise, in der die Kommission ihr Ermessen ausgeübt habe, um die Verantwortlichkeit von Dow Chemical festzustellen, rechtsfehlerhaft überprüft Vorbringen der Parteien des Verfahrens 34 Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht Dow geltend, das Gericht habe bei der Zurückweisung des ersten Klagegrundes einen Rechtsfehler begangen, indem es zum einen angenommen habe, dass die Kommission nicht verpflichtet sei, ihr Ermessen auf angemessene Weise auszuüben, und dass es zum anderen seine Kontrollbefugnis bezüglich der Art und Weise, in der die Kommission ihr Ermessen ausgeübt habe, um die Verantwortlichkeit von Dow Chemical für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften festzustellen, nicht uneingeschränkt ausgeübt habe. Das Gericht habe lediglich entschieden, dass die Kommission die Verantwortlichkeit von Dow Chemical habe annehmen dürfen, ohne die Frage zu prüfen, ob und wie die Kommission ihr Ermessen ausgeübt habe. 35 Dow führt aus, sie habe in ihrer Klageschrift geltend gemacht, dass die Kommission die Argumente zur Verantwortlichkeit von Dow Chemical nicht abgewogen habe und dass die streitige Entscheidung insoweit nicht begründet gewesen sei. Die Kommission müsse, wenn sie eine Ermessensentscheidung treffe, alle erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte berücksichtigen und unterliege insbesondere einer Begründungspflicht. Im 362. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung habe sich die Kommission jedoch darauf beschränkt, eine vorgebliche allgemeine Politik anzuführen, die darin bestehe, die betreffende Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft des Unternehmens, das sich daran beteiligt habe, zuzurechnen, und habe die Argumente von Dow als „eindeutig politisch“ zurückgewiesen. 36 Die Kommission, die sich nicht für verpflichtet halte, die Auswahl der Adressaten ihrer Entscheidung zu erläutern, habe nicht berücksichtigt, dass sie damit, dass sie die Entscheidung an Dow Chemical gerichtet habe, diese der Gefahr eines ungerechtfertigten zivilrechtlichen Haftungsprozesses in den Vereinigten Staaten ausgesetzt habe, was in Anbetracht dessen, dass Dow Chemical Kronzeugin gewesen sei, nicht der die Kronzeugenregelung betreffenden Politik der Kommission entspreche, da eine solche Praxis bewirke, Unternehmen von der Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung abzuhalten. Die Kommission habe in der streitigen Entscheidung jedenfalls nicht erläutert, warum sie diese Gesichtspunkte nicht berücksichtigt habe. 37 Dow weist darauf hin, dass die Kommission nicht durch eine allgemeine Politik wie die im 362. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung angeführte beschränkt sei und dass es zahlreiche Entscheidungen gebe, in denen die Kommission keine Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft angenommen habe, obwohl diese 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft gehalten habe, die die Zuwiderhandlung begangen habe. 38 Daher habe das Gericht in Randnr. 76 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass der „Umstand, dass Dow Chemical als Adressatin der [streitigen] Entscheidung zu Unrecht verletzt sein soll, … deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage stellen [kann], da die Kommission … Dow Chemical die Verantwortlichkeit für die fragliche Zuwiderhandlung zurechnen durfte“. Zwar habe das Gericht in Randnr. 75 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Kommission die streitige Entscheidung an Dow Chemical habe richten dürfen, weil „die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft im Ermessen der Kommission“ stehe, doch habe es nicht geprüft, ob sie das Ermessen tatsächlich ausgeübt habe und, wenn ja, ob sie dies getan habe, ohne einen Rechtsfehler oder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen. 39 Dow trägt vor, dass es tatsächlich keine allgemeine Politik dahin gebe, die Muttergesellschaft zur Verantwortung zu ziehen, und dass ihre Befürchtung, in den Vereinigten Staaten der Gefahr eines ungerechtfertigten zivilrechtlichen Haftungsprozesses ausgesetzt zu sein, nicht „eindeutig politisch“ sei. In den Erwägungsgründen der streitigen Entscheidung, auf die das Gericht in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils verwiesen habe, werde nicht auf die Gründe eingegangen, die die Kommission dazu veranlasst hätten, Dow Chemical für das rechtswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaften zur Verantwortung zu ziehen. Das Gericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, den Begründungsmangel der streitigen Entscheidung zu prüfen und zu bewerten. 40 In der mündlichen Verhandlung hat Dow ein Dokument mit Rechtsausführungen zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung durch nationale Behörden im deutschen, spanischen, italienischen und österreichischen Recht vorgelegt. 41 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund nicht für begründet. Das Gericht habe seine Kontrollbefugnis uneingeschränkt ausgeübt. Nach ständiger Rechtsprechung sei das Gericht nicht verpflichtet, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Ein Unternehmen, das gegen die Wettbewerbsregeln des AEU-Vertrags verstoße, habe keinen Anspruch darauf, dass die Kommission das Für und Wider abwäge, wenn sie es für seine Zuwiderhandlung zur Verantwortung ziehe. Dass sich ein Zuwiderhandelnder der Gefahr einer Zivilklage ausgesetzt sehe, sei eine generell wünschenswerte Folge, wenn er sich rechtswidrig verhalten habe. 42 Außerdem beantragt die Kommission, das von Dow vorgelegte Dokument zu anderen die Ermessensausübung betreffenden nationalen Rechtsvorschriften wegen Verspätung unberücksichtigt zu lassen. Würdigung durch den Gerichtshof 43 Zunächst ist festzustellen, dass nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) die Kommission gegen Unternehmen durch Entscheidung Geldbußen verhängen „kann“, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 101 AEUV verstoßen. 44 Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich zum einen, dass die Kommission bei der Entscheidung, ob sie gegen ein Unternehmen, das eine solche Zuwiderhandlung begangen hat, eine Geldbuße verhängt, über ein Ermessen verfügt, und zum anderen, dass sich etwaige Grenzen des der Kommission insoweit zustehenden Ermessens allein nach dem Unionsrecht bestimmen, da Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 keinen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten enthält. 45 Folglich ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Übersicht über die Rechtsprechung verschiedener nationaler Gerichte in dem Dokument, das Dow dem Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, offenkundig jeder Relevanz entbehrt. Es ist daher nicht erforderlich, über die Frage zu befinden, ob Dow das Dokument verspätet vorgelegt hat oder nicht. 46 Was die unionsrechtlichen Grenzen des Ermessens der Kommission auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts angeht, so ist dieses Organ nach Art. 105 Abs. 1 AEUV verpflichtet, die u. a. in Art. 101 AEUV festgelegten Grundsätze zu wahren, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat. 47 Zu diesen Grundsätzen gehört aber unstreitig, dass gegen Unternehmen, die eine wettbewerbswidrige Vereinbarung geschlossen haben, auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Geldbußen verhängt werden, so dass die Kommission, wenn sie ausnahmsweise beschließt, keine Geldbuße gegen ein Unternehmen zu verhängen, obwohl dieses einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union begangen hat, diese Entscheidung auf sachliche Gründe stützen muss, die eine solche Abweichung von den Grundsätzen des Art. 101 AEUV rechtfertigen können. Ein solcher sachlicher Grund kann u. a. der Umstand sein, dass die Kommission in einem konkreten Fall nicht in der Lage ist, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft ausgeübt hat, wobei der Nachweis gemäß einer ständigen Rechtsprechung im Übrigen erheblich erleichtert ist, wenn die Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 48 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung zum einen die Möglichkeit, eine Geldbuße gegen die Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft, die unmittelbar an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligt war, zu verhängen, voraussetzt, dass diese Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbundenheit dieser beiden Rechtssubjekte, und dass dies zum anderen darin begründet liegt, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne der Rechtsprechung bilden (vgl. insbesondere Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, Randnrn. 58 und 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 49 Da Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft in dem in der vorstehenden Randnummer angeführten Fall ein einziges Unternehmen bilden, gilt die der Kommission nach Art. 105 Abs. 1 AEUV obliegende Verpflichtung, bei der Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße die u. a. in Art. 101 AEUV festgelegten Grundsätze zu wahren, daher in gleicher Weise, ob es sich um die betroffene Muttergesellschaft oder ihre Tochtergesellschaft handelt. Denn wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, besteht bei der Verhängung einer Geldbuße durch die Kommission gegen die eine oder andere dieser Gesellschaften kein „Vorrang“ (vgl. entsprechend Urteil vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Randnrn. 81 und 82). 50 Ferner besteht einer der in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils angeführten Grundsätze auch darin, dass die Kommission, wenn sie bei einem Kartell eine spezifische Methode wählt, um die Verantwortung der betroffenen Muttergesellschaften für die Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaften zu ermitteln, bei allen diesen Muttergesellschaften dieselben Kriterien anwenden muss, sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C-628/10 P und C-14/11 P, Randnrn. 57 und 59). 51 Folglich hätte die Kommission im vorliegenden Fall von der Verhängung einer Geldbuße auch gegen Dow Chemical nur dann absehen dürfen, wenn es sachliche Gründe, die eine Abweichung von den Grundsätzen des Art. 101 AEUV rechtfertigen konnten, gegeben und eine solche Entscheidung nicht zu einer Vorzugsbehandlung von Dow Chemical gegenüber den anderen an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligten Muttergesellschaften geführt hätte. Diese Voraussetzungen waren für die Kommission hier jedoch nicht erfüllt. 52 Denn erstens kann der Umstand, dass Dow Chemical der Gefahr eines zivilrechtlichen Haftungsprozesses in den Vereinigten Staaten ausgesetzt ist, für sich genommen offensichtlich nicht rechtfertigen, dass die Kommission davon absieht, gegen dieses Unternehmen eine Geldbuße zu verhängen. Zum einen besteht die Gefahr, auf Schadensersatz verklagt zu werden, ebenso bei den Tochtergesellschaften von Dow Chemical, wie im Übrigen bei allen Unternehmen, an die die streitige Entscheidung gerichtet ist. Diese Gefahr liegt sachlich nur darin begründet, dass Dow Chemical an einem wettbewerbswidrigen Verhalten beteiligt war, und nicht darin, dass die Kommission dieses Verhalten förmlich festgestellt hat. 53 Zum anderen ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen, ein solcher Haftungsprozess könne in Bezug auf Dow Chemical in den Vereinigten Staaten stattfinden, da Dow Chemical dort ihren Sitz habe, offensichtlich unbeachtlich. 54 Zweitens ergibt sich aus der streitigen Entscheidung, dass die Kommission alle an der Spitze der an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligten Konzerne stehenden Muttergesellschaften zur Verantwortung gezogen hat, soweit sie 100 % oder fast 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaften hielten, ohne geprüft zu haben, ob der Umstand, dass sie die streitige Entscheidung an diese Gesellschaften richtet, zu wirtschaftlichen Schäden führt, die über den der Zahlung der Geldbuße als solche immanenten Schaden hinausgehen. Daher war es der Kommission nicht möglich, solche behaupteten Schäden nur bei Dow Chemical zu berücksichtigen, ohne damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verstoßen. 55 Daraus folgt, dass das Gericht in Randnr. 76 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat, dass die Kommission Dow Chemical die Verantwortlichkeit für die fragliche Zuwiderhandlung zurechnen durfte. 56 Schließlich ist, was den angeblichen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils in dieser Hinsicht betrifft, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung das Gericht nicht dazu verpflichtet, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln, und dass die Begründung des Gerichts daher implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrolle ausüben kann (vgl. insbesondere Beschluss vom 13. Dezember 2012, Alliance One International/Kommission, C-593/11 P, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). 57 Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Randnrn. 74 bis 80 des angefochtenen Urteils die mit einem angeblichen Fehler bei der Ausübung des Ermessens der Kommission und einem entsprechenden Begründungsmangel verbundenen Fragen geprüft. Das Gericht hat im Rahmen der inhaltlichen Prüfung dieses Rechtsmittelgrundes in Randnr. 76 dieses Urteils ausdrücklich entschieden, dass der „Umstand, dass Dow Chemical als Adressatin der [streitigen] Entscheidung zu Unrecht verletzt sein soll, … deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage stellen [kann]“. Hinsichtlich des für die Kommission bestehenden Begründungserfordernisses hat das Gericht in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils auf die Erwägungsgründe 333 bis 338 und 340 bis 364 der streitigen Entscheidung Bezug genommen und festgestellt, dass die Kommission dort eindeutig die Beurteilungsgesichtspunkte herausgestellt habe, die es ihr hier ermöglicht hätten, die Verantwortlichkeit von Dow Chemical zu bejahen. 58 Zwar ist diese Begründung des angefochtenen Urteils bezüglich der Frage, ob die Kommission in Anbetracht der Dow Chemical unter Umständen drohenden Gefahr eines Haftungsprozesses in den Vereinigten Staaten deren Verantwortlichkeit in der streitigen Entscheidung nicht hätte feststellen dürfen, knapp, doch ändert dies nichts daran, dass sie es dieser Gesellschaft ermöglicht, nachzuvollziehen, dass das Gericht den insbesondere im 362. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung dargelegten Standpunkt der Kommission teilte, wonach dieses „eindeutig politische“ Argument nicht geeignet sei, die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung insoweit in Frage zu stellen. 59 In Anbetracht dessen weist das angefochtene Urteil in diesem Zusammenhang weder einen Rechtsfehler noch einen Begründungsmangel oder einen – von Dow in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten – Verstoß gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf. 60 Da folglich keines der von Dow zur Stützung des ersten Rechtsmittelgrundes angeführten Argumente durchgreift, ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund einer rechtsfehlerhaften Differenzierung bei den Grundbeträgen für die Geldbuße Vorbringen der Parteien des Verfahrens 61 Zur Stützung ihres zweiten Rechtsmittelgrundes macht Dow geltend, dass die Kommission bei den Grundbeträgen für die Geldbuße differenziert habe, indem sie im 466. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung ausgeführt habe, dass „das Gewicht jedes einzelnen Unternehmens und damit die tatsächliche Auswirkung seines rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen“ sei, im 462. Erwägungsgrund dieser Entscheidung jedoch gleichzeitig erklärt habe, dass diese konkreten Auswirkungen auf den Markt des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) nicht messbar seien und die Kommission „bei der Bemessung der Geldbußen die Auswirkungen auf den Markt nicht berücksichtigen werde“, was widersprüchlich sei. 62 Außerdem habe die Kommission die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt nicht bewertet, obwohl diese messbar seien. Sie habe weder die Wahrscheinlichkeit solcher Auswirkungen abgeschätzt noch die Durchführung der fraglichen Zuwiderhandlung nachgewiesen. Überdies habe die Kommission den Anspruch von Dow auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie ihr nicht Gelegenheit gegeben habe, sich zu der Art und Weise zu äußern, in der die Kommission die tatsächlichen Auswirkungen des rechtswidrigen Verhaltens der einzelnen Unternehmen auf den Wettbewerb habe berücksichtigen wollen. 63 Das Gericht habe diese Argumente in Randnr. 124 des angefochtenen Urteils damit zurückgewiesen, dass „die Kommission selbst bei Fehlen einer konkreten, messbaren Auswirkung der Zuwiderhandlung gemäß Nr. 1 A Abs. 3, 4 und 6 der Leitlinien … beschließen [kann], zwischen den betroffenen Unternehmen zu differenzieren“. Bei Fehlen konkreter Auswirkungen auf den Markt könne es jedoch keine tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb geben, und damit könne die Kommission diese auch nicht berücksichtigen, um bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen Differenzierungen vorzunehmen. Die Kommission habe dadurch, dass sie die erste Mitteilung zurückgezogen und dann die zweite Mitteilung versandt habe, die weder konkrete Auswirkungen auf den Markt noch tatsächliche Auswirkungen auf den Wettbewerb angesprochen habe, auch den Anspruch von Dow auf rechtliches Gehör verletzt. 64 Folglich dürfe der für die Rechtsmittelführerinnen festgesetzte Grundbetrag der Geldbuße nicht denjenigen übersteigen, der für die anderen betroffenen Unternehmen festgesetzt worden sei, und müsse somit auf 5,5 Mio. Euro herabgesetzt werden, so dass die Geldbuße für Dow Chemical auf 8662500 Euro, für Dow Deutschland auf 8085000 Euro sowie für Dow Deutschland Anlagengesellschaft und Dow Europe auf 6352000 Euro zu ermäßigen sei. 65 Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht in den Randnrn. 127 und 128 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass es nicht erforderlich gewesen sei, Dow zu den konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung anzuhören, und dass das Recht von Dow, sich zu dieser Frage zu äußern, nicht verletzt worden sei. Die Kommission habe im 462. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung überzeugend die Durchführung des Kartells dargetan, obwohl diese bei der Bemessung der Geldbuße nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem habe sie ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der betroffenen Unternehmen damit erfüllt, dass sie in der zweiten Mitteilung ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie prüfen werde, ob gegen diese Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte genannt habe, die eine Geldbuße nach sich ziehen könnten. 66 Was schließlich die konkreten Auswirkungen des Kartells anbelange, ergebe sich aus dem 465. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung, dass die vorgenommene Differenzierung auf der „wirtschaftlichen Fähigkeit“ zur Schädigung des Wettbewerbs beruhe und es folglich nicht erforderlich sei, die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu messen. Dies entspreche den Leitlinien und der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts. Würdigung durch den Gerichtshof 67 Was zunächst das Vorbringen von Dow betrifft, wonach die Kommission weder die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den fraglichen Markt bewertet noch die Durchführung dieser Zuwiderhandlung nachgewiesen habe, so ist dieses Vorbringen unzutreffend. Im 462. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung hat die Kommission nämlich ausdrücklich festgestellt, dass, „was den EWR betrifft, die Kartellvereinbarungen von europäischen Herstellern umgesetzt wurden und diese Umsetzung Auswirkungen auf den Markt hatte, selbst wenn die konkreten Auswirkungen schwer messbar sind“. Dow trägt kein Argument in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht vor, das diese Feststellung entkräften könnte. 68 Da folglich das Vorliegen tatsächlicher– wenn auch schwer messbarer – Auswirkungen der fraglichen Zuwiderhandlung auf den Markt feststeht, geht das Vorbringen von Dow fehl, wonach es bei „Fehlen einer konkreten Auswirkung auf den Markt … keine tatsächliche Auswirkung auf den Wettbewerb geben und damit … die Kommission diese auch nicht berücksichtigen [könne], um bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen Differenzierungen vorzunehmen“. 69 Aus dem Vorstehenden ergibt sich weiter, dass der von Dow behauptete Widerspruch zwischen dem 462. Erwägungsgrund und dem 466. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung nicht besteht. Denn zum einen findet sich dieser 462. Erwägungsgrund, in dem die Kommission ausgeführt hat, dass sie „bei der Bemessung der Geldbußen die Auswirkungen auf den Markt nicht berücksichtigen werde“ in Nr. 9.1. („Schwere [der fraglichen Zuwiderhandlung]“) der streitigen Entscheidung und bezieht sich nur auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“. Zum anderen betrifft der 466. Erwägungsgrund in Nr. 9.2. („Differenzierte Anwendung“) dieser Entscheidung nur die Differenzierung des Grundbetrags der Geldbuße nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der einzelnen Unternehmen, den Wettbewerb zu beschränken; diese Differenzierung darf, wie im vorliegenden Fall, auf die Verkaufszahlen der einzelnen betroffenen Unternehmen für die Produkte, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind, gestützt werden, und zwar auch bei Fehlen einer messbaren Auswirkung auf den Markt. 70 Schließlich kann auch das Vorbringen von Dow, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, nicht durchgreifen. Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, nach der die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei. Damit macht die Kommission gegenüber den Unternehmen nämlich die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung der Zuwiderhandlung, sondern auch gegen deren Ahndung durch Verhängung einer Geldbuße benötigen (vgl. insbesondere Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 428 und die dort angeführte Rechtsprechung). 71 Darüber hinaus ist ergänzend festzustellen, dass die Kommission in der zweiten Mitteilung in Nr. 425 der Begründung klargestellt hat, dass sie „die konkreten Auswirkungen [der Zuwiderhandlung] auf den Markt [zu berücksichtigen beabsichtige], wenn sie messbar sind“. Außerdem hat die Kommission in Nr. 430 dritter Gedankenstrich der Begründung dieser Mitteilung erwähnt, dass sie in der streitigen Entscheidung die „tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb … berücksichtigen“ werde. Eine Verletzung des Anspruchs von Dow auf rechtliches Gehör liegt daher nicht vor. 72 Unter diesen Umständen hat das Gericht in Randnr. 124 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Kommission selbst bei Fehlen einer konkreten, messbaren Auswirkung der Zuwiderhandlung beschließen konnte, zwischen den betroffenen Unternehmen zu differenzieren. 73 Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund, mit dem gerügt wird, das Gericht habe rechtsfehlerhaft bestätigt, dass die Kommission die Umsätze von Dow Chemical habe berücksichtigen dürfen Vorbringen der Parteien des Verfahrens 74 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht Dow geltend, dass die streitige Entscheidung aus den im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes dargelegten Gründen nicht an Dow Chemical hätte gerichtet werden dürfen und die Kommission daher zu Unrecht die Umsätze dieses Unternehmens berücksichtigt habe, um einen Multiplikator zu Abschreckungszwecken festzulegen. In Randnr. 146 des angefochtenen Urteils habe das Gericht den siebten Teil ihres dritten Klagegrundes, der auf denselben Argumenten beruht habe, die im Rahmen des ersten Klagegrundes entwickelt worden seien, aus dem Grund als unbegründet zurückgewiesen, weil es auch den ersten Klagegrund einer rechtswidrigen Zurechnung der Zuwiderhandlung an Dow Chemical als unbegründet zurückgewiesen habe. 75 Da das Gericht den ersten Klagegrund rechtsfehlerhaft zurückgewiesen habe, habe es auch das Vorbringen zur Berücksichtigung der Umsätze von Dow Chemical rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Dow schließt daraus, dass die gegen Dow Chemical verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären sei. 76 Nach Auffassung der Kommission kann diesem Rechtsmittelgrund, da der erste Rechtsmittelgrund von Dow unbegründet sei, ebenfalls nicht stattgegeben werden. Würdigung durch den Gerichtshof 77 Der dritte Rechtsmittelgrund von Dow beruht auf der Prämisse, dass die streitige Entscheidung nicht an Dow Chemical als die an der Spitze des Dow-Konzerns stehende Gesellschaft hätte gerichtet werden dürfen; dieses Vorbringen ist Gegenstand des ersten Rechtsmittelgrundes. 78 Wie sich aus den Erwägungen in den Randnrn. 43 ff. des vorliegenden Urteils ergibt, ist diese Prämisse unzutreffend, so dass der erste Rechtsmittelgrund in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Demnach ist auch der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund, mit dem gerügt wird, das Gericht habe rechtsfehlerhaft bestätigt, dass die Anwendung des Multiplikators zu Abschreckungszwecken durch die Kommission nicht diskriminierend gewesen sei Vorbringen der Parteien des Verfahrens 79 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht Dow, wie sie es vor dem Gericht getan hat, geltend, dass der auf sie angewandte Multiplikator zu Abschreckungszwecken von 1,75 überhöht und diskriminierend sei. Das Gericht habe den entsprechenden Klagegrund mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Multiplikator zur Berechnung der gegen Dow verhängten Geldbußen in Anbetracht des Verhältnisses zwischen den Umsätzen von Dow und Bayer keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung darstelle. 80 In Bezug auf den Vergleich des Multiplikators zu Abschreckungszwecken, der auf Dow angewandt worden sei, mit demjenigen, der auf EniChem und auf Shell angewandt worden sei, habe das Gericht in Randnr. 154 des angefochtenen Urteils entschieden, dass „der auf Dow angewendete Multiplikator [1,75] auf der Grundlage des Multiplikators von Bayer [1,5] errechnet wurde und nicht auf der Grundlage des Multiplikators von EniChem [2] oder Shell [3]“. Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es Dow nur mit Bayer und nicht auch mit EniChem und Shell verglichen habe. 81 Es sei offensichtlich diskriminierend, dieselbe Erhöhung auf zwei Unternehmen, deren Umsätze um 36 % voneinander abgewichen seien, nämlich Bayer, deren Umsätze sich auf 27,383 Mrd. Euro belaufen hätten, und Dow mit Umsätzen von damals 37,221 Mrd. Euro, sowie auf zwei Unternehmen anzuwenden, deren Umsätze um 100 % voneinander abgewichen seien, nämlich auf Dow und auf EniChem, die Umsätze von 73,738 Mrd. Euro verzeichnet habe. 82 In der mündlichen Verhandlung hat Dow dem Gerichtshof ein Dokument übergeben, das eine mathematische Formel enthielt, anhand deren sich im vorliegenden Fall ein Multiplikator zu Abschreckungszwecken berechnen lasse, der zum einen jede Diskriminierung zwischen den Adressaten der streitigen Entscheidung und zum anderen die Anwendung eines höheren Multiplikators als 3 verhindere. Nach dieser Formel betrage der Multiplikator, der auf Dow anzuwenden sei, ungefähr 1,3. 83 Die Kommission hält dem entgegen, dass der Multiplikator, der zur Festsetzung des Grundbetrags einer Geldbuße gewählt werde, nur annäherungsweise arithmetische Proportionen widerspiegeln müsse. Im vorliegenden Fall hätten beträchtliche Größenunterschiede zwischen den an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen bestanden. Daher wäre es unrealistisch und mathematisch unmöglich gewesen, einen Multiplikator anzuwenden, der dem Verhältnis der Umsätze sämtlicher betroffenen Unternehmen genau entsprochen hätte. 84 Sie habe daher entschieden, bei der Anwendung der Multiplikatoren von den kleinsten Unternehmen auszugehen und darauf zu achten, dass der auf das einzelne Unternehmen angewandte Multiplikator mehr oder weniger proportional zu den Umsätzen des unmittelbar hinter ihm liegenden Unternehmens sei. Außerdem hätte sie, wie das Gericht zutreffend ausgeführt habe, auf dieser Grundlage für Dow sogar einen noch höheren Multiplikator festlegen können. 85 Das Dokument, das Dow in der mündlichen Verhandlung vorgelegt habe, sei unzulässig, weil es nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens vorgelegt worden sei. Würdigung durch den Gerichtshof 86 Nach ständiger Rechtsprechung findet zum einen das Ziel des Multiplikators zu Abschreckungszwecken und der in diesem Zusammenhang erfolgenden Berücksichtigung der Größe und der Gesamtressourcen des betreffenden Unternehmens seinen Grund in der angestrebten Wirkung auf dieses Unternehmen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C-413/08 P, Slg. 2010, I-5361, Randnrn. 104 und 105, sowie Beschluss vom 7. Februar 2012, Total und Elf Aquitaine/Kommission, C-421/11 P, Randnr. 82). Zum anderen hat der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass dem Umsatz keine übermäßige Bedeutung beigemessen werden darf (vgl. Beschluss Total und Elf Aquitaine/Kommission, Randnr. 80). 87 Die differenzierte Behandlung von an einem Kartell beteiligten Unternehmen bei der Berechnung der ihnen auferlegten Geldbußen gehört daher untrennbar zur Ausübung der der Kommission insoweit zustehenden Befugnisse. Die Kommission hat nämlich in Ausübung ihres Ermessens die Sanktion entsprechend den für die betroffenen Unternehmen kennzeichnenden Verhaltensweisen und Eigenschaften individuell festzulegen, um in jedem Einzelfall die volle Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln der Union sicherzustellen (vgl. Urteil vom 12. November 2009, SGL Carbon/Kommission, C-564/08 P, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 Aufgrund der in Randnr. 86 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hat die Kommission vor allem darauf zu achten, dass die Sanktion insbesondere im Hinblick auf die Wirtschaftskraft der betroffenen Unternehmen nicht „unerheblich“ ist, was jedoch nicht verlangt, dass einem Unternehmen, das einen gegenüber dem Umsatz der anderen Teilnehmer an einem Kartell besonders hohen Umsatz aufweist, eine Geldbuße aufzuerlegen wäre, die strikt nach Maßgabe des Verhältnisses erhöht wird, das zwischen dessen Umsatz und dem aller anderen an dem betreffenden Kartell beteiligten Unternehmen besteht. Wäre dem so, könnten nämlich die gegen die größten Unternehmen eines Kartells festgesetzten und nach einer solchen Rechenmethode erhöhten Geldbußen zwar eine hinreichende Abschreckungswirkung entfalten, drohten aber insbesondere dann außer Verhältnis zur Schwere der konkret begangenen Zuwiderhandlung zu stehen, wenn sich – wie hier – die Umsätze der betroffenen Unternehmen erheblich unterscheiden (vgl. Urteil vom 13. Juni 2013, Versalis/Kommission, C-511/11 P, Randnr. 105). 89 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung darf sich das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung nicht durch den ausschließlichen und mechanischen Rückgriff auf eine allein auf den Umsatz des betroffenen Unternehmens gestützte mathematische Berechnungsmethode seines Ermessens hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Geldbußen begeben (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 121, vom 16. November 2000, Mo och Domsjö/Kommission, C-283/98 P, Slg. 2000, I-9855, Randnr. 47, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 243). 90 Nach alledem kann dem Gericht nicht zum Vorwurf gemacht werden, im Wesentlichen das Vorgehen der Kommission bestätigt zu haben, die für Dow einen Multiplikator zu Abschreckungszwecken von 1,75, für EniChem einen solchen von 2 und für Shell einen solchen von 3 festgesetzt hatte. Dieses Vorgehen dient dazu, zum einen sicherzustellen, dass die gegen das einzelne Unternehmen verhängte Geldbuße im Hinblick auf seine Wirtschaftskraft nicht unerheblich ist, und zum anderen dazu, keine unverhältnismäßigen Multiplikatoren zu Abschreckungszwecken auf die größten Unternehmen anzuwenden, auf die allein auf der Grundlage des zwischen ihrem Umsatz und dem der kleineren Unternehmen bestehenden mathematischen Verhältnisses theoretisch deutlich höhere Multiplikatoren zu Abschreckungszwecken hätten angewandt werden können. 91 Unerheblich ist ferner, dass, wie aus dem von Dow in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokument – ohne dass über dessen Zulässigkeit entschieden zu werden brauchte – hervorgehen soll, eine Berechnung der Multiplikatoren zu Abschreckungszwecken allein anhand des Umsatzes der einzelnen betroffenen Unternehmen unter Beibehaltung eines Multiplikators von höchstens 3 mathematisch möglich sei. Eine rein arithmetische Berechnung würde die Kommission nämlich daran hindern, ihrer sich insbesondere aus der in den Randnrn. 86 bis 89 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung ergebenden Verpflichtung nachzukommen, Geldbußen zu verhängen, die für die einzelnen Unternehmen weder unerheblich noch unverhältnismäßig sind. 92 Unter diesen Umständen ist der vierte Rechtsmittelgrund von Dow ebenfalls zurückzuweisen. 93 Da folglich keiner der von Dow geltend gemachten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. Kosten 94 Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensverordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Dow mit ihrem Rechtsmittel unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. The Dow Chemical Company, die Dow Deutschland Inc., die Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH und die Dow Europe GmbH tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 11. Juli 2013. # Belgische Vereniging van handelaars in- en uitvoerders geslepen diamant (BVGD) gegen Europäische Kommission. # Verbundene Rechtssachen T-104/07 und T-339/08.
62007TJ0104
ECLI:EU:T:2013:366
2013-07-11T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Dritte Kammer) 19. Juni 2013.#CF gegen Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA).#Öffentlicher Dienst – Ehemaliger Zeitbediensteter – Befristeter Vertrag – Entlassung während eines Krankheitsurlaubs – Art. 16 der BSB – Art. 48 Buchst. b der BSB – Mobbing.#Rechtssache F‑40/12.
62012FJ0040
ECLI:EU:F:2013:85
2013-06-19T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 12. Juni 2013. # HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH gegen Rat der Europäischen Union. # Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation - Einfrieren von Geldern - Offenkundiger Ermessensfehler. # Rechtssachen T-128/12 und T-182/12.
62012TJ0128
ECLI:EU:T:2013:312
2013-06-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 28. Mai 2013.#Mohamed Slim Ben Mohamed Hassen Ben Salah Chiboub gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren von Geldern – Fehlende Rechtsgrundlage.#Rechtssache T‑188/11.
62011TJ0188
ECLI:EU:T:2013:274
2013-05-28T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013.#Tono gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung.#Rechtssache T‑434/08.
62008TJ0434
ECLI:EU:T:2013:187
2013-04-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013.#Slovenský ochranný Zväz Autorský pre práva k hudobným dielam (SOZA) gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung.#Rechtssache T‑413/08.
62008TJ0413
ECLI:EU:T:2013:173
2013-04-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013.#Samband tónskálda og eigenda flutningsréttar (STEF) gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung.#Rechtssache T‑428/08.
62008TJ0428
ECLI:EU:T:2013:184
2013-04-12T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 20. März 2013. # Bank Saderat plc gegen Rat der Europäischen Union. # Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation - Einfrieren von Geldern - Einrichtung, deren Anteile zu 100 % von einer Einrichtung gehalten werden, die bekanntermaßen an der nuklearen Proliferation beteiligt ist - Einrede der Rechtswidrigkeit - Begründungspflicht - Verteidigungsrechte - Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. # Rechtssache T-495/10.
62010TJ0495
ECLI:EU:T:2013:142
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URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer) 13. Dezember 2012.#AX gegen Europäische Zentralbank (EZB).#Öffentlicher Dienst – Personal der EZB – Disziplinarverfahren – Vorläufige Dienstenthebung eines Bediensteten ohne Kürzung seines Grundgehalts – Rücknahme einer Entscheidung – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Begründung – Gründe einer Entscheidung – Behauptete Verletzung der Dienstpflichten – Schweres Dienstvergehen.#Verbundene Rechtssachen F‑7/11 und F‑60/11.
62011FJ0007
ECLI:EU:F:2012:195
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012.#Heijmans NV gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung.#Rechtssache T‑360/06.
62006TJ0360
ECLI:EU:T:2012:490
2012-09-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012 – Heijmans/Kommission (Rechtssache T-360/06) „Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird –Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung“ 1.                     Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe – Entsprechende Erfordernisse für die zur Stützung eines Klagegrundes geltend gemachten Rügen – In der Klageschrift nicht dargestellte Rügen – Pauschale Verweisung auf andere, der Klageschrift als Anlage beigefügte Schriftstücke – Unzulässigkeit – Verweisung auf die von einem anderen Kläger eingereichte Klageschrift – Unzulässigkeit (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c und 48 § 2) (vgl. Randnrn. 21-26) 2.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften – Beweisrechtliche Obliegenheiten der Gesellschaft, die diese Vermutung widerlegen will (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnrn. 38-42, 73) 3.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften – Von einer Zwischenholding gehaltene Tochtergesellschaft in einem Konzern, der sehr unterschiedliche Tätigkeiten ausübt – Zur Widerlegung der Vermutung unzureichender Umstand (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 45) 4.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen – Fehlen (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 46) 5.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften – Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung – Fehlen – Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung – Beurteilung (Art. 81 Abs. 1 EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnrn. 47-49, 51-53) 6.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften – Persönliche Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Einheit, die die Zuwiderhandlung begangen hat – Gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschaften, die derselben wirtschaftlichen Einheit zugehören – Zulässigkeit (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 50) 7.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Kontrolle, die die Muttergesellschaft über ihre Tochtergesellschaft ausübt – Erfordernis eines Zusammenhangs mit der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft – Fehlen (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 67) 8.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften – Von der Kommission berücksichtigte zusätzliche Gesichtspunkte – Sich zwingend aus dem nationalen Recht ergebende Gesichtspunkte – Keine Auswirkung (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 70) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]), soweit sie die Klägerin betrifft, und, hilfsweise, auf Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie festgesetzten Geldbuße Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Heijmans NV trägt die Kosten.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 28. Februar 2012.#Grazer Wechselseitige Versicherung AG gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Beihilfe, die der Versicherungsgruppe Grazer Wechselseitige (GRAWE) von den österreichischen Behörden im Rahmen der Privatisierung der Bank Burgenland gewährt wurde – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers – Geltung bei Auftreten des Staates als Verkäufer – Ermittlung des Marktpreises.#Rechtssache T‑282/08.
62008TJ0282
ECLI:EU:T:2012:91
2012-02-28T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 28. Februar 2012 – Grazer Wechselseitige Versicherung/Kommission (Rechtssache T‑282/08) „Staatliche Beihilfen – Beihilfe, die der Versicherungsgruppe Grazer Wechselseitige (GRAWE) von den österreichischen Behörden im Rahmen der Privatisierung der Bank Burgenland gewährt wurde – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers – Geltung bei Auftreten des Staates als Verkäufer – Ermittlung des Marktpreises“ 1.                     Staatliche Beihilfen – Begriff – Verkauf eines Gegenstands durch die öffentliche Hand zu Vorzugsbedingungen an eine Privatperson – Einbeziehung – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 45‑46) 2.                     Staatliche Beihilfen – Begriff – Rechtlicher Charakter – Auslegung anhand objektiver Kriterien – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 47‑48, 56) 3.                     Nichtigkeitsklage – Gründe – Fehlende oder unzureichende Begründung – Unterscheidung von einem offensichtlichen Beurteilungsfehler (Art. 230 EG und 253 EG) (vgl. Randnr.  68) 4.                     Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Verkauf eines Unternehmens – Ermittlung des Preises – Vorrangige Berücksichtigung des Ergebnisses eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens gegenüber einem Gutachten (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 76‑80, 86) 5.                     Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Verkauf eines Unternehmens – Ungewisser Ausgang und Dauer eines Genehmigungsverfahrens, das nicht von vornherein den Ausschluss eines Käufers durch einen privaten Kapitalgeber impliziert (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn  88, 90, 100‑101) 6.                     Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Berücksichtigung des durch das Bestehen einer gesetzlichen Garantieregelung zugunsten eines zu veräußernden Unternehmens vorliegenden Risikos bei der Festlegung des Preises für den Verkauf dieses Unternehmens – Ausschluss (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 122, 128, 130‑131) 7.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 88 Abs. 3 EG gewährte Beihilfe – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Rechtssicherheit – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen (Art. 88 Abs. 3 EG) (vgl. Randnrn. 152‑153) 8.                     Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter Gebiete oder Wirtschaftszweige – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen – Enge Auslegung von Ausnahmen (Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG) (vgl. Randnrn. 158, 161) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2008/719/EG der Kommission vom 30. April 2008 über die Staatliche Beihilfe C 56/06 (ex NN 77/06) Österreichs für die Privatisierung der Bank Burgenland (ABl. L 239, S. 32) Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Grazer Wechselseitige Versicherung AG trägt die Kosten.
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 8. Dezember 2011.#KME Germany AG, KME France SAS und KME Italy SpA gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel - Wettbewerb - Kartelle - Markt für Kupfer-Industrierohre - Geldbußen - Größe des Marktes, Zuwiderhandlungsdauer und Zusammenarbeit, die berücksichtigt werden können - Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz.#Rechtssache C-272/09 P.
62009CJ0272
ECLI:EU:C:2011:810
2011-12-08T00:00:00
Sharpston, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung 2011 -00000
Rechtssache C‑272/09 P KME Germany AG u. a. gegen Europäische Kommission „Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Markt für Kupfer-Industrierohre – Geldbußen – Größe des Marktes, Zuwiderhandlungsdauer und Zusammenarbeit, die berücksichtigt werden können – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz“ Leitsätze des Urteils 1.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Verpflichtung zur Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen auf den Markt – Messbarkeit – Umfang (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 Teil A Abs. 1) 2.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Gesamtumsatz des betroffenen Unternehmens – Mit den Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, erzielter Umsatz – Jeweilige Berücksichtigung – Grenzen (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 3.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer der Zuwiderhandlung – Keine Notwendigkeit, einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dieser Dauer und einem schwereren Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln darzutun (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 Teil B) 4.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten – Wertungsspielraum der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Rechtmäßigkeitskontrolle – Umfang (Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 5.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 6.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Begründung der Entscheidung – Umfang (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 7.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Befugnis des Unionsrichters zu unbeschränkter Nachprüfung – Umfang (Art. 261 AEUV; Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 17, und Nr. 1/2003, Art. 31) 8.        Unionsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Gerichtliche Kontrolle wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen der Kommission – Rechtmäßigkeitskontrolle und unbeschränkte Nachprüfung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht – Kein Verstoß (Art. 263 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31) 1.        Nach Nr. 1 Teil A der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, sind bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes dessen konkrete Auswirkungen auf den Markt nur insofern zu berücksichtigen, als sie messbar sind. Um die konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt zu bestimmen, muss nämlich die sich aus dem Kartell ergebende Marktsituation mit der Marktsituation verglichen werden, die bei freiem Wettbewerb bestanden hätte. Ein solcher Vergleich erfordert angesichts der Vielzahl von Variablen, die sich auf den Markt auswirken können, zwangsläufig die Aufstellung von Hypothesen. (vgl. Randnrn. 30-31) 2.        Zwar darf bei der Festsetzung der Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann, doch kann der Gesamtumsatz eines Unternehmens dessen Größe nur annähernd und unvollständig widerspiegeln. Im Übrigen darf weder dem einen noch dem anderen dieser Umsätze eine im Verhältnis zu den anderen Faktoren der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung übermäßige Bedeutung zugemessen werden. (vgl. Randnrn. 50-51) 3.        Wenn nach Nr. 1 Teil B der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, der für die Schwere des Verstoßes ermittelte Betrag erhöht wird, um der Dauer des Verstoßes Rechnung zu tragen, muss nicht materiell dargetan werden, dass zwischen dieser Dauer und einer erhöhten Schädigung der mit den Wettbewerbsregeln verfolgten Ziele der Gemeinschaft ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Bei der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG brauchen nämlich die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt. Dies ist u. a. bei Vereinbarungen der Fall, die offenkundige Beschränkungen des Wettbewerbs wie die Festsetzung von Preisen und die Aufteilung des Marktes umfassen. (vgl. Randnrn. 64-65) 4.        Auch wenn der Kommission in Bereichen wie der Festsetzung der Höhe der wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbußen, in denen komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderlich sind, in Wirtschaftsfragen ein Wertungsspielraum zusteht, bedeutet dies nicht, dass der Unionsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen muss. Der Unionsrichter muss nämlich im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Es ist Sache des Unionsrichters, die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vorzunehmen. Bei dieser Kontrolle kann der Richter weder hinsichtlich der Wahl der Gesichtspunkte, die bei der Anwendung der in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, genannten Kriterien berücksichtigt wurden, noch hinsichtlich ihrer Bewertung auf den Wertungsspielraum der Kommission verweisen, um auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle zu verzichten. (vgl. Randnrn. 94, 102) 5.        Bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln sind die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Gemeinschaft bedeuten. Objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Marktes und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung sind einzubeziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen. (vgl. Randnrn. 96-97) 6.        Um für Transparenz zu sorgen, hat die Kommission Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, erlassen, in denen sie darlegt, inwieweit sie die einzelnen Umstände der Zuwiderhandlung berücksichtigt und welche Konsequenzen sich daraus für die Höhe der Geldbuße ergeben. Diese Leitlinien – eine Verhaltensnorm, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind, abweichen kann – beschreiben lediglich die Vorgehensweise der Kommission bei der Prüfung der Zuwiderhandlung und die Kriterien, zu deren Berücksichtigung sie sich verpflichtet, wenn sie die Höhe der Geldbuße festsetzt. Daher muss die Kommission in der Begründung ihrer Entscheidung u. a. darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat. (vgl. Randnrn. 99-101) 7.        Was die Festsetzung der Höhe der wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbußen angeht, hat der Unionsrichter die ihm früher durch Art. 17 der Verordnung Nr. 17, jetzt durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Allerdings entspricht die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen, und das Verfahren vor den Gerichten der Union ist ein streitiges Verfahren. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wie etwa das Fehlen einer Begründung der angefochtenen Entscheidung, ist es Sache des Klägers, gegen die Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen. Dieses verfahrensrechtliche Erfordernis verstößt nicht gegen den Grundsatz, wonach bei Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen. Vom Kläger wird nämlich im Rahmen einer Klage verlangt, dass er die beanstandeten Punkte der angefochtenen Entscheidung bezeichnet, insoweit Rügen formuliert und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für deren Begründetheit beibringt. (vgl. Randnrn. 103-105) 8.        Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen der Kommission bedeutet, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, ergänzt um die in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße, gegen den in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstößt. (vgl. Randnr. 106) URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) 8. Dezember 2011(*) „Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Markt für Kupfer-Industrierohre – Geldbußen – Größe des Marktes, Zuwiderhandlungsdauer und Zusammenarbeit, die berücksichtigt werden können – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz“ In der Rechtssache C‑272/09 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 15. Juli 2009, KME Germany AG, vormals KM Europa Metal AG, mit Sitz in Osnabrück (Deutschland), KME France SAS, vormals Tréfimétaux SA, mit Sitz in Courbevoie (Frankreich), KME Italy SpA, vormals Europa Metalli SpA, mit Sitz in Florenz (Italien), Prozessbevollmächtigte: M. Siragusa, avvocato, A. Winckler, avocat, G. C. Rizza, avvocato, T. Graf, advokat, und M. Piergiovanni, avvocato, Rechtsmittelführerinnen, andere Verfahrensbeteiligte: Europäische Kommission, vertreten durch E. Gippini Fournier und J. Bourke als Bevollmächtigte im Beistand von C. Thomas, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev, Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2010, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Februar 2011 folgendes Urteil 1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die KME Germany AG, vormals KM Europa Metal AG, die KME France SAS, vormals Tréfimétaux SA, und die KME Italy SpA, vormals Europa Metalli SpA (im Folgenden zusammen: KME-Gruppe), das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission (T‑127/04, Slg. 2009, II‑1167, im Folgenden: angefochtenes Urteil), aufzuheben, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbußen abgewiesen hat, die gegen sie gemäß Art. 2 Buchst. c bis e der Entscheidung C(2003) 4820 endg. der Kommission vom 16. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.240 – Industrierohre) (im Folgenden: streitige Entscheidung) verhängt worden waren. Rechtlicher Rahmen 2        Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrags (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) bestimmte: „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig: a)      gegen Artikel [81] Absatz (1) [EG] oder Artikel [82 EG] verstoßen, b)      einer nach Artikel 8 Absatz (1) erteilten Auflage zuwiderhandeln. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.“ 3        Art. 17 der Verordnung Nr. 17 bestimmte: „Bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt ist, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung im Sinne von Artikel [229 EG]; er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.“ 4        Die Verordnung Nr. 17 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die seit dem 1. Mai 2004 gilt, aufgehoben und ersetzt. Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 entspricht Art. 17 der Verordnung Nr. 17. 5        In der Präambel der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden“ (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), die zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung galt, heißt es: „Die in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze sollen dazu beitragen, die Transparenz und Objektivität der Entscheidungen der Kommission sowohl gegenüber den Unternehmen als auch gegenüber dem Gerichtshof zu erhöhen, sowie den Ermessensspielraum bekräftigen, der vom Gesetzgeber der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen innerhalb der Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes der Unternehmen eingeräumt wurde. Dieser Ermessensspielraum muss jedoch nach zusammenhängenden, nicht diskriminierenden Leitlinien ausgefüllt werden, die im Einklang mit den bei der Ahndung der Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln verfolgten Zielen stehen. Das neue Verfahren für die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beruht auf folgendem Schema, dem die Errechnung eines Grundbetrags zugrunde liegt, wobei Aufschläge zur Berücksichtigung erschwerender und Abzüge zur Berücksichtigung mildernder Umstände berechnet werden können.“ 6        Gemäß Nr. 1 der Leitlinien wird „[d]er Grundbetrag … nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 errechnet“. 7        Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind gemäß Nr. 1 A der Leitlinien seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. Die Verstöße werden in folgende drei Gruppen unterteilt: minder schwere, schwere und besonders schwere Verstöße. 8        Nach den Leitlinien sind besonders schwere Verstöße u. a. horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“ und Marktaufteilungsquoten. Der voraussichtliche Grundbetrag liegt „oberhalb von 20 Millionen [Euro]“. Bei der Festlegung des Grundbetrags ist den Leitlinien zufolge eine Differenzierung notwendig, um Folgendes zu berücksichtigen: die Art des begangenen Verstoßes, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, die abschreckende Wirkung der Geldbuße sowie der wirtschaftliche Sachverstand und Ressourcen der Unternehmen, anhand deren sie erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt. Weiter ist bei Verstößen, an denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren. 9        Hinsichtlich der Dauer des Verstoßes wird in den Leitlinien unterschieden zwischen Verstößen von kurzer Dauer – in der Regel weniger als ein Jahr –, Verstößen von mittlerer Dauer – in der Regel zwischen einem und fünf Jahren – und solchen von langer Dauer – in der Regel mehr als fünf Jahre. Bei den Letztgenannten kann ein Aufschlag auf die Geldbuße erfolgen, der für jedes Jahr des Verstoßes bis zu 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrags ausmachen kann. Die Leitlinien sehen außerdem eine Erhöhung der Aufschläge bei Verstößen von langer Dauer vor, um die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt haben, wirksam zu ahnden und den Anreiz zu erhöhen, den Verstoß anzuzeigen oder mit der Kommission zusammenzuarbeiten. 10      Gemäß Nr. 2 der Leitlinien kann der Grundbetrag der Geldbuße bei erschwerenden Umständen wie z. B. einem erneuten, gleichartigen Verstoß des/derselben Unternehmen(s) erhöht werden. Gemäß Nr. 3 der Leitlinien kann dieser Grundbetrag bei mildernden Umständen wie z. B. ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum, tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen oder aktive Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) verringert werden. 11      Die Leitlinien wurden mit Wirkung vom 1. September 2006 ersetzt durch die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2). 12      In der Mitteilung über Zusammenarbeit sind die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit der Kommission zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können. Nach Abschnitt B dieser Mitteilung wird u. a. gegenüber einem Unternehmen, das die Absprache der Kommission anzeigt, bevor diese eine Nachprüfung vorgenommen hat und bereits über ausreichende Informationen verfügt, um das Bestehen des angezeigten Kartells zu beweisen, oder das als Erstes Angaben macht, die für den Beweis des Bestehens des Kartells von entscheidender Bedeutung sind, die Höhe der Geldbuße um mindestens 75 % niedriger festgesetzt, und es kann auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden. Nach Abschnitt D dieser Mitteilung kann eine Geldbuße um 10 % bis 50 % niedriger festgesetzt werden, insbesondere wenn ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung eines Verstoßes beitragen. 13      Die Mitteilung über Zusammenarbeit wurde mit Wirkung vom 14. Februar 2002 durch die Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) ersetzt. Die Kommission wandte jedoch in der vorliegenden Rechtssache die Mitteilung über Zusammenarbeit an, da die Unternehmen diese zugrunde legten, als sie mit ihr zusammenarbeiteten. Vorgeschichte des Rechtsstreits 14      Die Rechtsmittelführerinnen waren zusammen mit anderen Herstellern von Halbfertigerzeugnissen aus Kupfer und Kupferlegierungen, nämlich der Wieland-Werke AG sowie der Outokumpu Oyj und der Outokumpu Copper Products Oy (im Folgenden zusammen: Outokumpu-Gruppe), an einem Kartell zur Preisfestsetzung und Marktaufteilung im Sektor Industrierohre, insbesondere Kupferrohre in gespulten Coils (LWC), beteiligt. 15      Am 16. Dezember 2003 erließ die Kommission, nachdem sie Nachprüfungen und Untersuchungen durchgeführt hatte, die streitige Entscheidung, von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. April 2004 (ABl. L 125, S. 50) veröffentlicht ist. 16      Für das vorliegende Rechtsmittel sind insoweit folgende Randnummern des angefochtenen Urteils relevant, in denen das Gericht den Teil der streitigen Entscheidung über die Berechnung der Geldbuße zusammengefasst hat: „11      In einem ersten Schritt stufte die Kommission zur Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße die Zuwiderhandlung, die hauptsächlich in der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung von Märkten bestanden habe, als eine ihrem Wesen nach besonders schwere Zuwiderhandlung ein (Randnr. 294 der [streitigen] Entscheidung). 12      Bei der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigte die Kommission auch, dass das Kartell das gesamte Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) betreffe (Randnr. 316 der [streitigen] Entscheidung). Sie untersuchte ferner die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung und stellte fest, die Vereinbarung habe ‚unter dem Strich Marktwirkungen gezeitigt‘ (Randnr. 314 der [streitigen] Entscheidung). … 14      Schließlich berücksichtigte die Kommission im Rahmen der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung noch, dass die Branche der Kupfer-Industrierohre einen wichtigen Industriezweig darstelle, dessen Marktwert bezogen auf den EWR mit 288 Millionen Euro veranschlagt werde (Randnr. 318 der [streitigen] Entscheidung). 15      Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände stellte die Kommission fest, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung besonders schwer sei (Randnr. 320 der [streitigen] Entscheidung). … 19      In einem vierten Schritt bewertete die Kommission die Zuwiderhandlung, die sich über einen Zeitraum vom 3. Mai 1988 bis 22. März 2001 erstreckte, im Hinblick auf ihre Dauer als ‚lang‘. Unter Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung hielt sie es für angemessen, den Ausgangsbetrag der gegen die betreffenden Unternehmen verhängten Geldbußen für jedes Jahr der Teilnahme am Kartell um 10 % zu erhöhen. … … 21      In einem sechsten Schritt berücksichtigte die Kommission als mildernden Umstand, dass sie ohne die Zusammenarbeit von Outokumpu das rechtswidrige Verhalten nur für einen Zeitraum von vier Jahren hätte beweisen können, und reduzierte daher den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 22,22 Millionen Euro, so dass der Grundbetrag der Geldbuße entspricht, die für einen solchen Zeitraum gegen sie verhängt worden wäre (Randnr. 386 der [streitigen] Entscheidung). 22      In einem siebten Schritt schließlich ermäßigte die Kommission gemäß Abschnitt D der Mitteilung … über Zusammenarbeit den Betrag der Geldbußen für Outokumpu um 50 %, für Wieland [Werke AG] um 20 % und für die KME-Gruppe um 30 % (Randnrn. 402, 408 und 423 der [streitigen] Entscheidung).“ Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 17      Die Rechtsmittelführerinnen stützten ihre Klage auf fünf Klagegründe, die sich alle auf die Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße bezogen. Mit ihnen beanstandeten sie eine nicht angemessene Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbuße, eine unzutreffende Beurteilung der Größe des von der Zuwiderhandlung betroffenen Sektors, eine fehlerhafte Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße aufgrund der Dauer der Zuwiderhandlung, die Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände und eine unzureichende Herabsetzung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit. 18      Das Gericht hat diese Klagegründe zurückgewiesen und die Klage insgesamt abgewiesen. Anträge der Verfahrensbeteiligten 19      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die KME-Gruppe, –        das angefochtene Urteil aufzuheben; –        soweit dies auf der Grundlage des dem Gerichtshof vorliegenden Sachverhalts möglich ist, die streitige Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären und die gegen die KME-Gruppe verhängte Geldbuße herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen; –        hilfsweise, das angefochtene Urteil einschließlich der vom Gericht erster Instanz ausgesprochenen Verurteilung der KME-Gruppe zur Tragung der Kosten aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen. 20      Die Kommission beantragt, –        das Rechtsmittel zurückzuweisen und –        der KME-Gruppe die Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 21      Die KME-Gruppe macht fünf Rechtsmittelgründe geltend, mit denen sie Rechtsfehler in Bezug auf die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt, die Berücksichtigung des Umsatzes, die Dauer der Zuwiderhandlung und die Mitwirkung der Rechtsmittelführerinnen sowie eine Verletzung des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz rügt. Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 22      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, ihr erster Rechtsmittelgrund richte sich gegen die Randnrn. 60 bis 74 des angefochtenen Urteils. Diesen Randnummern geht eine Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien sowie eine Stellungnahme des Gerichts zur Zulässigkeit von zwei wirtschaftswissenschaftlichen Berichten voraus, die die Rechtsmittelführerinnen als Beweis dafür vorgelegt hatten, dass sich die Zuwiderhandlung nicht tatsächlich auf den Markt ausgewirkt habe; das Gericht gelangt in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis, dass die Vorlage dieser Berichte zulässig sei. 23      Die Randnrn. 60 bis 74 des angefochtenen Urteils lauten wie folgt: „60      Zur Begründetheit dieses Klagegrundes ist festzustellen, dass die Klägerinnen damit sowohl die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung … durch die Kommission als auch die von ihr vorgenommene differenzierte Behandlung auf der Grundlage der Marktanteile der betroffenen Unternehmen … rügen. 61      Was zunächst die differenzierte Behandlung der in Rede stehenden Unternehmen angeht, bringt die hierzu von der Kommission in der [streitigen] Entscheidung ausgeführte Begründung u. a. das Bestreben zum Ausdruck, ‚das Gewicht jedes einzelnen Unternehmens und damit die tatsächliche Auswirkung des individuellen rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb‘ zu berücksichtigen (Randnr. 322 der [streitigen] Entscheidung). Allerdings ist zu betonen, dass die Kommission selbst dann, wenn es an einem Nachweis für konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt fehlt, zu einer differenzierten Behandlung nach Maßgabe der Anteile am betreffenden Markt berechtigt ist, wie sie in den Randnrn. 326 bis 329 der [streitigen] Entscheidung vorgenommen wird. 62      Nach der Rechtsprechung stellt nämlich der Anteil jedes der betreffenden Unternehmen an dem Markt, der Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise war, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend die Verantwortung jedes der Unternehmen an der Schädlichkeit dieser Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb angibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 197). 63      In gleicher Weise ist auch in Bezug auf die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung festzustellen, dass es keinen Einfluss auf die Qualifizierung der Zuwiderhandlung als ‚besonders schwer‘ und damit auf den Betrag der Geldbuße gehabt hätte, wenn die Kommission nicht nachgewiesen hätte, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte. 64      Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sanktionssystem für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln, wie es mit der Verordnung Nr. 17 geschaffen wurde und von der Rechtsprechung ausgelegt wird, ergibt sich, dass Kartelle aufgrund ihres Wesens die schwersten Geldbußen verdienen. Die Frage nach ihren möglichen konkreten Auswirkungen auf den Markt, insbesondere die Frage, inwieweit die Wettbewerbsbeschränkung zu einem höheren Marktpreis geführt hat als dem, der ohne Kartell zu erzielen gewesen wäre, ist für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 129, vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, C‑219/95 P, Slg. 1997, I‑4411, Randnr. 33, vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnrn. 68 bis 77, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnrn. 129 und 130; Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, … Randnr. 225; vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache C‑283/98 P, Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Mo och Domsjö/Kommission, Slg. 2000, I‑9855, I‑9858, Nrn. 95 bis 101). 65      Zudem ergibt sich aus den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die – wie im vorliegenden Fall – insbesondere auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Kunden abzielen, bereits aufgrund ihres Wesens als ‚besonders schwer‘ eingestuft werden können, ohne dass es erforderlich wäre, dass solche Verhaltensweisen durch eine Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sind. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der ‚schweren‘ Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, die Beschreibung der ‚besonders schweren‘ Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150). 66      Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass nach seiner Auffassung die Kommission eine konkrete Auswirkung des Kartells auf den betreffenden Markt rechtlich hinreichend nachgewiesen hat. 67      In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Prämisse der Klägerinnen, wonach die Kommission, sofern sie sich bei der Festsetzung der Geldbuße auf eine konkrete Auswirkung des Kartells berufe, verpflichtet sei, das Vorliegen einer greifbaren wirtschaftlichen Auswirkung auf den Markt und einen Kausalzusammenhang zwischen der Auswirkung und der Zuwiderhandlung wissenschaftlich nachzuweisen, von der Rechtsprechung zurückgewiesen worden ist. 68      Das Gericht hat nämlich mehrfach entschieden, dass die konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt als hinreichend nachgewiesen anzusehen sind, wenn die Kommission in der Lage ist, konkrete und glaubhafte Indizien dafür vorzulegen, dass das Kartell mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf den Markt hatte (vgl. u. a. Urteile des Gerichts [vom 18. Juli 2005,] Scandinavian Airlines System/Kommission, [T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917,] Randnr. 122, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnrn. 159 bis 161, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 153 bis 155, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnrn. 176 bis 178, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnrn. 73 bis 75). 69      In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass die Klägerinnen die oben in Randnr. 13 dargelegten Tatsachen nicht bestritten haben, auf die sich die Kommission für ihre Annahme des Vorliegens konkreter Auswirkungen des Kartells auf den Markt gestützt hat, dass nämlich die Preise in Zeiträumen einer schwächeren Umsetzung der Vereinbarungen gefallen und in anderen Zeiträumen stark gestiegen sind, dass ein System für den Austausch von Daten über Verkaufsvolumen und Preisniveaus geschaffen wurde, dass die Kartellmitglieder insgesamt über einen großen Marktanteil verfügten und dass die jeweiligen Marktanteile der Kartellteilnehmer während der Dauer der Zuwiderhandlung relativ stabil geblieben sind. Die Klägerinnen haben nur geltend gemacht, diese Tatsachen seien nicht als Nachweis dafür geeignet, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. 70      Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Kommission auf der Grundlage der in der vorstehenden Randnummer genannten Indizien annehmen darf, dass die Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteile Jungbunzlauer/Kommission, … Randnr. 159, Roquette Frères/Kommission, … Randnr. 78, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, … Randnr. 165, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, … Randnr. 181; Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 285 bis 287). 71      Soweit die Klägerinnen geltend machen, dass die Akte Beispiele für die Nichteinhaltung der Kartellvereinbarungen enthalte, ist dem entgegenzuhalten, dass die Tatsache, dass sich die Kartellmitglieder nicht immer an die Vereinbarungen hielten, nicht ausreicht, um eine Auswirkung auf den Markt auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Groupe Danone/Kommission, … Randnr. 148). 72      Auch dem auf ihr eigenes Verhalten gestützten Vorbringen der Klägerinnen kann nicht gefolgt werden. Das von einem Unternehmen behauptete tatsächliche Verhalten ist nämlich bei der Bewertung der Auswirkungen eines Kartells auf den Markt nicht von Bedeutung; zu berücksichtigen sind lediglich die Wirkungen der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 167). Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass die Kommission in Randnr. 303 der [streitigen] Entscheidung festgestellt hat, dass der ursprüngliche Bericht es nicht erlaube, ihre Feststellungen in Bezug auf die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu widerlegen. Die in ihm enthaltene ökonometrische Untersuchung verarbeitet nämlich nur Zahlen, die sich auf die Klägerinnen beziehen. 73      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der vorliegende Klagegrund somit als unbegründet zurückzuweisen. 74      Das Gericht ist ferner im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und im Licht der vorstehenden Erwägungen der Auffassung, dass die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des nach Maßgabe der Schwere festgesetzten Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht in Frage zu stellen ist.“ 24      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, die Begründung des angefochtenen Urteils sei unlogisch und unzureichend und das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es davon ausgegangen sei, dass die Kommission bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße anhand der Schwere der Zuwiderhandlung die Auswirkungen des Kartells auf den relevanten Markt habe berücksichtigen dürfen, ohne nachweisen zu müssen, dass die Vereinbarungen tatsächlich solche Auswirkungen gehabt hätten, und indem es jedenfalls diese Auswirkungen aus bloßen Anhaltspunkten hergeleitet habe. Zudem habe das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Kommission das Bestehen von Auswirkungen der Vereinbarungen auf den Markt rechtlich hinreichend dargetan habe, die ihm von der KME-Gruppe vorgelegten Tatsachen und Beweise wirtschaftlicher Art offensichtlich verfälscht. 25      Die Kommission macht zunächst geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund ins Leere gehe. Die Rechtsmittelführerinnen hätten nämlich nichts gegen die Randnrn. 60 bis 65 des angefochtenen Urteils vorgebracht, in denen das Gericht festgestellt habe, dass ein Nachweis konkreter Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nicht erforderlich sei, weder in Bezug auf die differenzierte Behandlung der betroffenen Unternehmen noch in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung. Sie rügten lediglich eine Erwägung, die das Gericht in den Randnrn. 67 ff. des angefochtenen Urteils vorsorglich angestellt habe und wonach die Kommission eine konkrete Auswirkung des Kartells auf den betreffenden Markt rechtlich hinreichend nachgewiesen habe. 26      Jedenfalls sei der erste Rechtsmittelgrund unzulässig, da er die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel betreffe. 27      Sodann macht die Kommission geltend, dass das Gericht die Beweismittel ordnungsgemäß geprüft habe. 28      Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass das angefochtene Urteil ordnungsgemäß begründet sei, insbesondere dessen Randnr. 72, in der das Gericht das Vorbringen und die Beweismittel der Rechtsmittelführerinnen zurückgewiesen habe. Würdigung durch den Gerichtshof 29      Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden nicht die Feststellungen des Gerichts betreffend die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ im Sinne der Leitlinien oder betreffend die Differenzierung zwischen den Unternehmen nach den Anteilen auf dem relevanten Markt, um das Gewicht jedes einzelnen Unternehmens und damit die tatsächliche Auswirkung des individuellen rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen. Sie rügen lediglich die Feststellungen des Gerichts betreffend die Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells als Faktor für die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße. 30      Nach Nr. 1 A der Leitlinien sind bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes dessen konkrete Auswirkungen auf den Markt nur insofern zu berücksichtigen, als sie messbar sind. 31      Um die konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt zu bestimmen, muss nämlich die sich aus dem Kartell ergebende Marktsituation mit der Marktsituation verglichen werden, die bei freiem Wettbewerb bestanden hätte. Ein solcher Vergleich erfordert angesichts der Vielzahl von Variablen, die sich auf den Markt auswirken können, zwangsläufig die Aufstellung von Hypothesen. 32      Im 300. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass es unmöglich sei, festzustellen, wie sich die Preise während der über zwölfjährigen Dauer der Zuwiderhandlung ohne das Kartell entwickelt hätten. Nach Zurückweisung des Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen führt sie Indizien an, aus denen sie im 314. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung den Schluss zieht, dass der wettbewerbswidrige Plan unter dem Strich Marktwirkungen gezeitigt habe, auch wenn diese nicht genau quantifiziert werden könnten. 33      Somit geht aus der streitigen Entscheidung hervor, dass die Kommission es im vorliegenden Fall nicht für möglich hielt, bei der Bemessung der Geldbuße den fakultativen Gesichtspunkt der konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen, weil diese Auswirkungen nicht messbar gewesen seien. Dieses Ergebnis wurde im angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt. 34      Das Gericht hat in den Randnrn. 68 und 70 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung über die Anforderungen für den Nachweis der konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt verwiesen. Im Übrigen hat es in den Randnrn. 69 und 71 bis 73 des angefochtenen Urteils nachgeprüft, ob die Kommission konkrete Auswirkungen des Kartells auf den Markt rechtlich hinreichend nachgewiesen hat. Es hat diese Nachprüfung jedoch, wie es in Randnr. 66 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, vorsorglich vorgenommen, nachdem es in dessen Randnr. 64 zutreffend darauf hingewiesen hatte, dass die Frage nach den konkreten Auswirkungen von Kartellen auf den Markt für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium ist. Folglich geht der gegen diesen Teil der Begründung des Gerichts gerichtete Rechtsmittelgrund ins Leere. 35      Jedenfalls ist das Gericht in seinen die Begründung der streitigen Entscheidung betreffenden Erwägungen auf das in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eingegangen, dass Begründung und Ergebnis der streitigen Entscheidung in Bezug auf die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt fehlerhaft, unbelegt und widersprüchlich seien. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegebenen Umstände es erlaubten, solche Auswirkungen festzustellen, hat aber nicht in Zweifel gezogen, dass sich diese nicht genau messen ließen. 36      Es ist daher nicht widersprüchlich, dass das Gericht zum einen darauf hingewiesen hat, dass die Frage nach den konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium ist, und zum anderen die Begründung der streitigen Entscheidung in Bezug auf das Bestehen solcher Auswirkungen geprüft hat. 37      Somit leiten die Rechtsmittelführerinnen in ihrem ersten Rechtsmittelgrund zu Unrecht aus der vom Gericht vorgenommenen Nachprüfung her, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße hätten berücksichtigt werden müssen. Diesem Vorbringen liegt eine falsche Prämisse zugrunde. 38      Was den Vorwurf angeht, das Gericht habe die von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten wirtschaftlichen Beweise verfälscht, wird nicht behauptet, dass das Gericht die wirtschaftswissenschaftlichen Berichte offensichtlich gegen ihren Wortlaut ausgelegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Februar 2011, Activision Blizzard Germany/Kommission, C‑260/09 P, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 57), sondern, dass das Gericht den Inhalt dieser Berichte falsch beurteilt habe. Jedenfalls geben die Rechtsmittelführerinnen nicht genau an, hinsichtlich welcher Teile dieser Berichte das Gericht den klaren und eindeutigen Sinn verkannt haben soll. Dieses Vorbringen ist daher unzulässig. 39      Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Berücksichtigung des Umsatzes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 40      Der zweite Rechtsmittelgrund betrifft die Randnrn. 85 bis 94 des angefochtenen Urteils. Er ist im Wesentlichen gegen dessen Randnrn. 90 bis 94 gerichtet, die wie folgt lauten: „90      Die Klägerinnen führen hierzu aus, dass sich der Kupferpreis der Kontrolle der Industrierohrhersteller entziehe, da er an der [London Metal Exchange] festgelegt werde, und dass die Käufer von Industrierohren selbst entschieden, zu welchem Preis das Metall erworben werde. Die Schwankungen des Metallpreises hätten auch keine Auswirkung auf ihren Gewinn. 91      Es gibt jedoch keinen stichhaltigen Grund dafür, dass bei der Berechnung des Umsatzes eines Marktes bestimmte Produktionskosten außer Betracht gelassen werden müssten. Wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, gibt es in allen Industriezweigen Kosten des Endprodukts, die der Hersteller nicht beherrschen kann, die aber gleichwohl einen wesentlichen Bestandteil seiner gesamten Tätigkeit bilden und daher im Rahmen der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht von seinem Umsatz ausgenommen werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 5030 und 5031). Der Umstand, dass der Kupferpreis einen bedeutenden Teil des Endpreises der Industrierohre darstellt oder dass die Preisschwankungen beim Kupfer sehr viel höher sind als bei anderen Rohstoffen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. 92      Die verschiedenen Rügen der Klägerinnen schließlich, die darauf abzielen, dass es, statt auf das Kriterium des Umsatzes des relevanten Marktes abzustellen, im Hinblick auf den Abschreckungszweck der Geldbußen und den Grundsatz der Gleichbehandlung zweckmäßiger sei, den Betrag der Geldbußen nach Maßgabe der Rentabilität der betreffenden Branche oder der entsprechenden Wertschöpfung festzusetzen, sind unerheblich. In dieser Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass die Schwere der Zuwiderhandlung unter Heranziehung zahlreicher Faktoren zu ermitteln ist, in Bezug auf die die Kommission über ein Ermessen verfügt (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnr. 65), ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteil Dalmine/Kommission, … Randnr. 129); es ist daher nicht Sache des Gemeinschaftsrichters, sondern der Kommission, im Rahmen ihres Ermessensspielraums und innerhalb der sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und der Verordnung Nr. 17 ergebenden Grenzen die Kriterien und die Zahlen auszuwählen, die sie berücksichtigen will, um eine Politik umzusetzen, die die Einhaltung der in Art. 81 EG genannten Verbote sicherstellt. 93      Sodann ist es unbestreitbar, dass der Umsatz eines Unternehmens oder eines Marktes als Beurteilungskriterium für die Schwere der Zuwiderhandlung zwangsläufig vage und unvollkommen ist. Damit wird nicht zwischen Branchen mit hoher und solchen mit geringer Wertschöpfung oder zwischen profitablen und weniger profitablen Unternehmen unterschieden. Gleichwohl wird der Umsatz trotz seines Näherungscharakters gegenwärtig sowohl vom Gemeinschaftsgesetzgeber als auch vom Gerichtshof als angemessenes Kriterium angesehen, um im Rahmen des Wettbewerbsrechts die Größe und Wirtschaftskraft der betreffenden Unternehmen zu beurteilen (vgl. insbesondere Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, … Randnr. 121, Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, zehnter Erwägungsgrund und Art. 14 und 15 der Verordnung [EG] Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen [ABl. L 24, S. 1]). 94      Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht den Kupferpreis bei der Bestimmung der Größe des betreffenden Marktes berücksichtigt hat.“ 41      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, das Gericht habe gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und das angefochtene Urteil unzureichend begründet, indem es gebilligt habe, dass die Kommission, um bei der Ermittlung der Schwere als Faktor der Geldbuße die Größe des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes zu bestimmen, ein Marktvolumen zugrunde gelegt habe, das fälschlicherweise die Verkaufsumsätze auf einem getrennten, dem „Kartellmarkt“ vorgelagerten Markt umfasst habe, obwohl die Mitglieder des Kartells in den vorgelagerten Markt nicht vertikal integriert gewesen seien. 42      Die kupferverarbeitende Industrie weise spezifische Merkmale auf. Insbesondere habe es der Kunde in der Hand, den Zeitpunkt des Einkaufs auf der London Metal Exchange und damit auch den Preis zu bestimmen. Dieser Preis werde zwar vom Rohrhersteller mit der Verarbeitungsspanne dem Kunden in Rechnung gestellt, doch hieße seine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Umsatzes des Unternehmens, die wirtschaftliche Realität des Marktes zu verkennen, die insbesondere dadurch gekennzeichnet sei, dass die Rohstoffe einen erheblichen Anteil der Produktkosten ausmachten und ihre Preise stark schwankten. Diesen Sachverhalt habe das Gericht festgestellt. 43      Dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es außer Acht gelassen habe, dass die Kommission die Rechtsprechung des Gerichts und ihre eigene Entscheidungspraxis hätte berücksichtigen müssen, wonach die Kommission bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße und/oder Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes die Merkmale des betroffenen Marktes zu beachten habe. 44      Im Übrigen habe das Gericht dadurch, dass es zwischen den Rechtsmittelführerinnen und den anderen Unternehmen, deren Umsatz nicht ebenso vom Rohstoffpreis abhänge, keinen Unterschied gemacht habe, gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen, wonach unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln seien. 45      Schließlich beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, dass die Rechtsprechung, auf die sich das Gericht gestützt habe, auf den Ermessensspielraum der Kommission abstelle. Das Gericht habe die von der Kommission für die Ermittlung der Schwere des Kartells herangezogenen Kriterien nicht auf ihre Relevanz und Angemessenheit überprüft. 46      Die Kommission hält den Rechtsmittelgrund für unzulässig, da die Rechtsmittelführerinnen den Gerichtshof aufforderten, die Frage, ob die Industrierohrbranche ein Sonderfall sei, anders zu beurteilen als das Gericht. Im Übrigen bestreitet sie den von der KME-Gruppe geschilderten Sachverhalt, dass die Rohrhersteller beim Einkauf von Kupfer häufig als Vertreter der Kunden aufträten, und sie bestreitet, dass sich das Gericht dazu geäußert habe. 47      Jedenfalls habe das Gericht in Randnr. 91 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen, dass es in allen Industriezweigen Kosten des Endprodukts gebe, die der Hersteller nicht beherrschen könne, die aber gleichwohl einen wesentlichen Bestandteil seiner gesamten Tätigkeit bildeten und daher im Rahmen der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht von seinem Umsatz ausgenommen werden dürften. 48      Ebenso habe das Gericht in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt, dass der Umsatz trotz seines Näherungscharakters gegenwärtig sowohl vom Gemeinschaftsgesetzgeber als auch von der Kommission und vom Gerichtshof als angemessenes Kriterium angesehen werde, um im Rahmen des Wettbewerbsrechts die Größe und Wirtschaftskraft der betreffenden Unternehmen zu beurteilen. Würdigung durch den Gerichtshof 49      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, die je nach der Art und den besonderen Umständen der betreffenden Zuwiderhandlung von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind. Zu diesen Faktoren können je nach Fall die Menge und der Wert der Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, sowie die Größe und Wirtschaftskraft des Unternehmens und damit der Einfluss gehören, den es auf den Markt ausüben konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 120). 50      Der Gerichtshof hat daraus zwar geschlossen, dass bei der Festsetzung der Geldbuße sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden darf, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann, er hat jedoch anerkannt, dass der Gesamtumsatz eines Unternehmens dessen Größe nur annähernd und unvollständig widerspiegeln kann (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 121, vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 139, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 243, vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 100, sowie vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 74). 51      Im Übrigen hat der Gerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass weder dem einen noch dem anderen dieser Umsätze eine im Verhältnis zu den anderen Faktoren der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung übermäßige Bedeutung zugemessen werden darf (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 121, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 243, vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, Randnr. 100, sowie vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, Randnr. 74). 52      Somit hat das Gericht in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei darauf hingewiesen, dass der Umsatz ein zwar vages und unvollkommenes, aber doch angemessenes Kriterium für die Beurteilung der Größe und Wirtschaftskraft der betreffenden Unternehmen ist. 53      Im Übrigen ist auch die Feststellung des Gerichts in Randnr. 91 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei, dass es keinen zwingenden Grund dafür gibt, bei der Berechnung des Umsatzes eines Marktes bestimmte Produktionskosten außer Betracht zu lassen. Wie die Generalanwältin in Nr. 141 ihrer Schlussanträge vorgetragen hat, müsste, sofern in einigen Fällen nicht auf den Bruttoumsatz abgestellt würde, in anderen hingegen schon, ein Schwellenwert, vermutlich in Form einer Verhältniszahl zwischen Netto- und Bruttoumsatz, festgelegt werden, der schwer anwendbar wäre und Anlass zu endlosem und unlösbarem Streit, einschließlich des Vorwurfs der Ungleichbehandlung, gäbe. 54      Schließlich ist das angefochtene Urteil angemessen begründet, und das Gericht hat die ihm obliegende Kontrolle ausgeübt. So hat das Gericht in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission, dass der Ausgangsbetrag der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße nicht notwendigerweise geringer als 35 Mio. Euro gewesen wäre, wenn der Kupferpreis von dem Marktumsatz abgezogen worden wäre, auf den Einwand der Rechtsmittelführerinnen gegen die Heranziehung des Umsatzes für die Bestimmung der Größe des betreffenden Marktes zurückgewiesen. Weiter hat es in den Randnrn. 90 und 91 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die Kommission bei der Bestimmung der Größe des Marktes zu Unrecht den Kupferpreis berücksichtigt hat. 55      Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Gericht die ihm obliegende Kontrolle ausgeübt hat, auf das Angriffsmittel der Rechtsmittelführerinnen eingegangen ist und in Randnr. 94 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Kommission zu Recht den Kupferpreis bei der Bestimmung der Größe des betreffenden Marktes berücksichtigt hat. 56      Was die Rüge angeht, das Gericht habe die von der Kommission für die Ermittlung der Schwere des Kartells herangezogenen Kriterien nicht auf ihre Relevanz und Angemessenheit überprüft, ist darauf hinzuweisen, dass es bei einer Klage gegen eine wettbewerbsrechtliche Entscheidung Sache des Klägers ist, hiergegen Angriffsmittel vorzubringen, und es dem Gericht nicht obliegt, die Abwägung der von der Kommission zur Ermittlung der Höhe der Geldbuße berücksichtigten Faktoren von Amts wegen zu prüfen. 57      Der zweite Rechtsmittelgrund greift daher nicht durch. Zum dritten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 58      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, ihr dritter Rechtsmittelgrund richte sich gegen die Randnrn. 100 bis 105 des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe dadurch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und diesem Urteil eine unklare, unlogische und unzureichende Begründung gegeben, dass es den Abschnitt der streitigen Entscheidung, in dem die Leitlinien von der Kommission fehlerhaft angewandt würden, bestätigt habe, und es habe gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, als es den Ausgangsbetrag der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um den maximalen Prozentsatz erhöht habe. 59      Aus Nr. 1 B der Leitlinien ergebe sich, dass der Zweck der Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung darin bestehe, „die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt haben, wirksam zu ahnden“. Dass zwischen der Dauer der Zuwiderhandlung und deren schädlicher Auswirkung auf die Verbraucher ein Zusammenhang bestehen müsse, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung. Das Gericht habe aber nicht untersucht, ob die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung dem Umstand, dass sich die Intensität und Wirksamkeit des Kartells im Laufe der Zeit verändert hätten, gebührendes Gewicht beigemessen habe. Somit habe das Gericht in Randnr. 104 des angefochtenen Urteils die Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße um 125 % zu Unrecht als nicht offensichtlich unverhältnismäßig angesehen. 60      Die Kommission trägt vor, der Gerichtshof sei nicht befugt, seine eigene Würdigung der Höhe der Geldbuße an die Stelle der vom Gericht vorgenommenen Würdigung zu setzen. Der Rechtsmittelgrund sei daher unzulässig. 61      Jedenfalls habe das Gericht eine klare und logische Begründung für seine Würdigung gegeben, in der auf sämtliche von der KME-Gruppe geltend gemachten Rechtsgründe eingegangen werde. Würdigung durch den Gerichtshof 62      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstanden die Rechtsmittelführerinnen sowohl den Grundsatz einer Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung als auch das Ergebnis der Anwendung dieses Grundsatzes in ihrem Fall, nämlich die Erhöhung des auf 35 Mio. Euro festgesetzten Ausgangsbetrags der Geldbuße um 125 % für eine Zuwiderhandlungsdauer von zwölf Jahren und zehn Monaten, d. h. um 10 % für jedes Jahr der Beteiligung. Der Grundbetrag sei auf diese Weise auf 56,88 Mio. Euro festgesetzt worden. 63      Wie die Generalanwältin in Nr. 162 ihrer Schlussanträge ausführt, beruht die Beanstandung des Ergebnisses auf der falschen Prämisse, dass der Erhöhungssatz 125 % betragen habe, während er nur 62,51 % (56,88/35 = 1,6251) betrug. 64      Was den Grundsatz der Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung angeht, muss nicht materiell dargetan werden, dass zwischen dieser Dauer und einer erhöhten Schädigung der mit den Wettbewerbsregeln verfolgten Ziele der Gemeinschaft ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. 65      Bei der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG brauchen nämlich die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322). Dies ist u. a. bei Vereinbarungen wie den vorliegenden der Fall, die offenkundige Beschränkungen des Wettbewerbs wie die Festsetzung von Preisen und die Aufteilung des Marktes umfassen. Wird durch ein Kartell der Zustand des Marktes zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kartellvereinbarung fixiert, kann seine lange Dauer zu einer Erstarrung der Strukturen führen, wodurch die Kartellbeteiligten weniger Anreiz zu Innovation und Entwicklung erhalten. Die Rückkehr zu einem Zustand des freien Wettbewerbs wird umso schwieriger sein und umso länger dauern, je länger das Kartell selbst gedauert hat. 66      Auch wenn sich die Intensität und Wirksamkeit des Kartells im Laufe der Zeit verändern, besteht das Kartell doch fort und die Erstarrung der Marktstrukturen wird somit weiter zunehmen. 67      Für den Fall, dass eine Kartellvereinbarung überhaupt nicht durchgeführt wurde, ist in Nr. 3 der Leitlinien vorgesehen, dass die tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße einen mildernden Umstand darstellen kann, der zu einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße führt. Dies war hier jedoch offensichtlich nicht der Fall, da die Rechtsmittelführerinnen nicht die Durchführung des Kartells ihrerseits abstreiten, sondern lediglich rügen, dass die wechselnde Intensität dieser Durchführung und der konkreten und objektiven Auswirkungen des Kartells auf die Verbraucher nicht berücksichtigt worden sei. 68      Im Übrigen kann die Bezifferung einer tatsächlichen Schädigung des Verbrauchers angesichts der Vielzahl von Variablen, die u. a. bei der Preisbildung eines Fertigungserzeugnisses einfließen, schwierig sein. 69      Jedenfalls hat der Gesetzgeber die Zuwiderhandlungsdauer als Faktor angeführt, der als solcher bei der Festsetzung von Geldbußen zu berücksichtigen ist. 70      Angesichts dieser Gesichtspunkte hat das Gericht in Randnr. 105 des angefochtenen Urteils den gegen die Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer gerichteten Klagegrund zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. 71      Nach alledem greift der dritte Rechtsmittelgrund nicht durch. Zum vierten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Berücksichtigung der Mitwirkung der Rechtsmittelführerinnen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 72      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, ihr vierter Rechtsmittelgrund richte sich gegen die Randnrn. 123 bis 134 des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe dadurch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, dass es den Abschnitt der streitigen Entscheidung bestätigt habe, in dem die Kommission es unter Verstoß gegen Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien sowie gegen die Grundsätze der Billigkeit und der Gleichbehandlung abgelehnt habe, ihnen wegen ihrer Mitwirkung außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit eine Herabsetzung der Geldbuße zu gewähren. 73      Nur den Rechtsmittelführerinnen hätte die Herabsetzung der Geldbuße gewährt werden dürfen, denn sie hätten einen Nachweis für die Dauer der Zuwiderhandlung beigebracht, während die Outokumpu-Gruppe nur eine Information über die gesamte Dauer des Kartells geliefert habe. 74      Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, weil die KME-Gruppe den Gerichtshof auffordere, seine eigene Würdigung an die Stelle der vom Gericht vorgenommenen Würdigung zu setzen. 75      Zudem sei dieser Rechtsmittelgrund unbegründet. Das Gericht habe seine Würdigung der Voraussetzungen für einen Teilerlass klar und logisch dargelegt und sei dabei auf alle Rechtsausführungen der KME-Gruppe eingegangen. 76      Zur Herabsetzung der Geldbuße der Outokumpu-Gruppe weist die Kommission darauf hin, dass sie anhand der von dieser erhaltenen Information Ermittlungen habe durchführen und nach Beweisen habe suchen können. Die Rechtsmittelführerinnen hätten mehr als 16 Monate nach der Outokumpu-Gruppe durch Lieferung von Beweisen lediglich die Aufgabe erleichtert. Anders als von den Rechtsmittelführerinnen in ihrer Rechtsmittelschrift dargestellt, hätte ihnen auch nicht ein Teilerlass nach der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen gewährt werden können, da ein solcher Erlass sich auf Beweismittel für einen Sachverhalt beziehe, „von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte“, was bei der Gesamtdauer des Kartells nicht der Fall gewesen sei. 77      Schließlich stehe einem Teilerlass in dem von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Fall Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit entgegen, in dem bereits eine Herabsetzung der Geldbuße vorgesehen sei, wenn ein Unternehmen der Kommission Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefere, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitrügen. Würdigung durch den Gerichtshof 78      Nach der Mitteilung über Zusammenarbeit wird nur gegenüber einem Unternehmen, das als Erstes Angaben macht, die für den Beweis des Bestehens des Kartells von entscheidender Bedeutung sind, auf die Festsetzung der Geldbuße verzichtet oder die Geldbuße wesentlich niedriger festgesetzt. 79      Das Gericht hat in den Randnrn. 144 und 145 des angefochtenen Urteils die Umstände der Mitwirkung der Rechtsmittelführerinnen und der Outokumpu-Gruppe geprüft. Es handelt sich jedoch um tatsächliche Feststellungen und Würdigungen, deren Nachprüfung dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nicht zusteht. 80      Im Übrigen hat das Gericht aus der Feststellung, dass die Rechtsmittelführerinnen später als die Outokumpu-Gruppe mitgewirkt hätten, in Randnr. 147 des angefochtenen Urteils zu Recht den Schluss gezogen, dass sich die Rechtsmittelführerinnen nicht in einer Situation befanden, die mit der der Outokumpu-Gruppe vergleichbar war, und dass sie folglich nicht benachteiligt worden waren. 81      Schließlich geben die Rechtsmittelführerinnen nicht an, inwiefern dem Gericht in der in den Randnrn. 130 und 131 des angefochtenen Urteils enthaltenen Begründung ein Rechtsfehler unterlaufen sein soll, und legen insbesondere nicht dar, inwiefern die Vorlage von Beweismitteln für der Kommission bereits bekannte Tatsachen die Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände eher rechtfertigen soll als die früher erfolgte Vorlage einer für die Kommission neuen Information. Dieses Vorbringen ist zu unbestimmt und folglich unzulässig. 82      Nach alledem ist der vierte Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet. Zum fünften Rechtsmittelgrund: Verletzung des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 83      Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, das Gericht habe dadurch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und ihr Grundrecht auf vollständige und effektive gerichtliche Überprüfung verletzt, dass es ihr Vorbringen nicht gründlich und genau geprüft und sich im Übermaß und in vernunftwidriger Weise auf die Wertungen der Kommission verlassen habe. 84      Die Lehre vom „Ermessensspielraum“ und von der „richterlichen Zurückhaltung“ sei nunmehr überholt, da das Gemeinschaftsrecht heute durch die enorme Höhe der von der Kommission verhängten Geldbußen geprägt sei, eine Entwicklung, die häufig als faktische „Pönalisierung“ des europäischen Wettbewerbsrechts bezeichnet werde. 85      Im Übrigen schließe die – durch die Verordnung Nr. 1/2003 anstelle des vorherigen Genehmigungssystems eingeführte – unmittelbare Anwendbarkeit der in Art. 81 Abs. 3 EG vorgesehenen Ausnahme definitionsgemäß einen Ermessensspielraum der Kommission bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln aus und verlange somit von den Gerichten, die deren Anwendung durch die Kommission im Einzelfall kontrollierten, nur ein sehr geringes Maß an richterlicher Zurückhaltung. 86      Zudem sei das Ermessen der Kommission nicht durch ihre angeblich höhere Fachkompetenz bei der Bewertung komplizierter Sachverhalte oder wirtschaftlicher Fragen zu rechtfertigen. Sowohl der Gerichtshof als auch das Gericht hätten in befriedigender Weise eine besonders intensive richterliche Kontrolle in komplizierten Fällen vorgenommen. 87      Ebenso wenig dürfe das Gericht angesichts der ihm durch Art. 229 EG und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Kommission ein Ermessen zugestehen, nicht nur, was die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Höhe der Geldbuße betrifft, sondern auch hinsichtlich der Vorgehensweise der Kommission bei ihren Berechnungen. Das Gericht müsse prüfen, wie die Kommission im Einzelfall die Schwere und die Dauer eines rechtswidrigen Verhaltens beurteilt habe, und könne somit seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen der Kommission setzen und die Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen. 88      Ferner weisen die Rechtsmittelführerinnen darauf hin, dass für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Durchsetzung des Verwaltungsrechts mittels Entscheidungen der Verwaltung und Geldbußen als solche nicht gegen Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verstoße. Für diese Durchsetzung müssten jedoch hinreichend wirksame Verfahrensgarantien gelten, und sie müsse durch ein effektives gerichtliches Kontrollsystem flankiert sein, in dem es eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Verwaltungsentscheidungen gebe. Das Recht, „bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen“, sei auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Grundrechtecharta) verankert. 89      Die Kommission trägt zunächst vor, der fünfte Rechtsmittelgrund sei zu allgemein und ungenau, als dass der Gerichtshof ihn prüfen könne. Die KME-Gruppe wende sich nicht gegen die Grundstruktur der richterlichen Nachprüfung von Kommissionsentscheidungen und erläutere nicht, inwiefern die Verweise des Gerichts auf den Ermessensspielraum der Kommission ein Nachweis dafür seien, dass das Gericht die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung nicht im Licht der von der KME-Gruppe vor dem Gericht vorgetragenen Klagegründe 2 bis 4 angemessen geprüft habe. 90      Schließlich belasse es die KME-Gruppe beim Hinweis auf „strafrechtliche Anklagen“ und Art. 6 Abs. 1 EMRK, untersuche aber nicht die daraus zu ziehenden Folgerungen. Würdigung durch den Gerichtshof 91      Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund beanstanden die Rechtsmittelführerinnen sowohl die Art und Weise, wie das Gericht gemeint habe, das weite Ermessen der Kommission berücksichtigen zu müssen, als auch, wie es die streitige Entscheidung tatsächlich nachgeprüft habe. Sie führen Art. 6 EMRK und die Grundrechtecharta an, ohne jedoch genau anzugeben, ob sie insoweit die Grundsätze einer gerichtlichen Kontrolle oder die Art und Weise, wie das Gericht diese Kontrolle im vorliegenden Fall ausgeübt hat, beanstanden. 92      Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 47 der Grundrechtecharta zum Ausdruck kommt (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, DEB, C‑279/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnrn. 30 und 31, Beschluss vom 1. März 2011, Chartry, C‑457/09, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 25, sowie Urteil vom 28. Juli 2011, Samba Diouf, C‑69/10, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 49). 93      Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Organe ist in den Gründungsverträgen geregelt. Über die nunmehr in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus unterliegen in Verordnungen vorgesehene Zwangsmaßnahmen einer unbeschränkten Nachprüfung. 94      Zur Rechtmäßigkeitskontrolle hat der Gerichtshof entschieden, dass, auch wenn der Kommission in Bereichen, in denen komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderlich sind, in Wirtschaftsfragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, dies nicht bedeutet, dass der Unionsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen muss. Der Unionsrichter muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. Urteile vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval, C‑12/03 P, Slg. 2005, I‑987, Randnr. 39, sowie vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, Slg. 2007, I‑9947, Randnrn. 56 und 57). 95      Hinsichtlich der Sanktionen für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht bestimmt Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 17, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist. 96      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Gemeinschaft bedeuten (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 129, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 242, sowie vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 96). 97      Ferner sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Marktes und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung einzubeziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 91). 98      Diese Vielzahl an Faktoren zwingt die Kommission zu einer gründlichen Prüfung der Umstände der Zuwiderhandlung. 99      Um für Transparenz zu sorgen, hat die Kommission die Leitlinien erlassen, in denen sie darlegt, inwieweit sie die einzelnen Umstände der Zuwiderhandlung berücksichtigt und welche Konsequenzen sich daraus für die Höhe der Geldbuße ergeben. 100    Die Leitlinien – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Verhaltensnorm, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind, abweichen kann (Urteil vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, Randnr. 91) – beschreiben lediglich die Vorgehensweise der Kommission bei der Prüfung der Zuwiderhandlung und die Kriterien, zu deren Berücksichtigung sie sich verpflichtet, wenn sie die Höhe der Geldbuße festsetzt. 101    Es ist darauf hinzuweisen, dass Gemeinschaftsrechtsakte mit einer Begründung versehen sein müssen. Dieser Pflicht kommt im vorliegenden Fall eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Kommission muss ihre Entscheidung begründen und u. a. darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, Randnr. 87). Das Vorliegen einer Begründung ist vom Richter von Amts wegen zu prüfen. 102    Im Übrigen ist es Sache des Unionsrichters, die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vorzunehmen. Bei dieser Kontrolle kann der Richter weder hinsichtlich der Wahl der Gesichtspunkte, die bei der Anwendung der in den Leitlinien genannten Kriterien berücksichtigt wurden, noch hinsichtlich ihrer Bewertung auf den Ermessensspielraum der Kommission verweisen, um auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle zu verzichten. 103    Die Rechtmäßigkeitskontrolle wird ergänzt durch die dem Unionsrichter früher durch Art. 17 der Verordnung Nr. 17, jetzt durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 692). 104    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wie etwa das Fehlen einer Begründung der angefochtenen Entscheidung, ist es Sache des Klägers, gegen die Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen. 105    Dieses verfahrensrechtliche Erfordernis verstößt nicht gegen den Grundsatz, wonach bei Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen. Vom Kläger wird nämlich im Rahmen einer Klage verlangt, dass er die beanstandeten Punkte der angefochtenen Entscheidung bezeichnet, insoweit Rügen formuliert und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für deren Begründetheit beibringt. 106    Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle bedeutet somit, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, ergänzt um die in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße, gegen den in Art. 47 der Grundrechtecharta verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstößt. 107    Folglich greift der fünfte Rechtsmittelgrund nicht durch, soweit damit unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes die Grundsätze der gerichtlichen Kontrolle beanstandet werden. 108    Soweit mit dem fünften Rechtsmittelgrund die Art und Weise beanstandet wird, wie das Gericht die streitige Entscheidung nachgeprüft hat, deckt sich dieser Rechtsmittelgrund mit den Rechtsmittelgründen 2 bis 4 und ist somit vom Gerichtshof bereits geprüft worden. 109    Insoweit ist festzustellen, dass das Gericht zwar wiederholt, insbesondere in den Randnrn. 35 bis 37, 92, 103, 115, 118, 129 und 141 des angefochtenen Urteils, auf das „Ermessen“, den „erheblichen Wertungsspielraum“ bzw. das „weite Ermessen“ der Kommission verwiesen hat, doch haben solche Bezugnahmen das Gericht nicht an der Ausübung der umfassenden rechtlichen und tatsächlichen Kontrolle gehindert, zu der es verpflichtet ist. 110    Nach alledem greift der fünfte Rechtsmittelgrund nicht durch. 111    Da folglich keiner der Rechtsmittelgründe durchgreift, auf die die KME-Gruppe ihr Rechtsmittel stützt, ist dieses zurückzuweisen. Kosten 112    Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der KME-Gruppe beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der KME-Gruppe die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2.      Die KME Germany AG, die KME France SAS und die KME Italy SpA tragen die Kosten. Unterschriften * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 15. September 2011.#CMB Maschinenbau & Handels GmbH und J. Christof GmbH gegen Europäische Kommission.#Öffentliche Lieferaufträge - Vergabeverfahren der EAR - Lieferung von Anlagen für die Behandlung medizinischer Abfälle - Ablehnung des Angebots - Nichtigkeitsklage - Zuständigkeit des Gerichts - Klagefrist - Vorherige Verwaltungsbeschwerde - Entschuldbarer Irrtum - Zuschlagskriterien - Verfahrensvorschriften - Begründungspflicht - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Außervertragliche Haftung.#Rechtssache T-407/07.
62007TJ0407
ECLI:EU:T:2011:477
2011-09-15T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-00286*
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 15. September 2011 – CMB und Christof/Kommission (Rechtssache T-407/07) „Öffentliche Lieferaufträge – Vergabeverfahren der EAR – Lieferung von Anlagen für die Behandlung medizinischer Abfälle – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Klagefrist – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Entschuldbarer Irrtum – Zuschlagskriterien – Verfahrensvorschriften – Begründungspflicht – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Außervertragliche Haftung“ 1.                     Unionsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Anwendbarkeit auf Maßnahmen der Agenturen, die auf der Grundlage des abgeleiteten Rechts erlassen wurden und Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten (Art. 230 EG) (vgl. Randnrn. 57-58) 2.                     Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Entscheidungen der Europäischen Agentur für Wiederaufbau im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren – Einbeziehung (Art. 230 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 59-61) 3.                     Nichtigkeitsklage – Klage gegen eine Entscheidung, durch die eine nicht fristgerecht angefochtene frühere Entscheidung bestätigt wird – Unzulässigkeit – Begriff der bestätigenden Entscheidung – Entscheidung aufgrund eines Antrags, mit dem neue wesentliche Tatsachen geltend gemacht werden – Ausschluss (Art. 263 AEUV) (vgl. Randnrn. 89-93) 4.                     Verfahren – Klagefristen – Ausschlusswirkung – Entschuldbarer Irrtum – Begriff – In der Ausschreibung vorgesehene Verfahren der gütlichen Einigung – Rückgriff auf einziges Verfahren durch einen Bieter – Einbeziehung (vgl. Randnrn. 99, 103) 5.                     Öffentliche Aufträge der Europäischen Union – Vergabe eines Auftrags aufgrund einer Ausschreibung – Ermessen der Organe – Gerichtliche Überprüfung – Grenzen (vgl. Randnr. 115) 6.                     Haushalt der Europäischen Union – Haushaltsordnung – Auf die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge anwendbare Bestimmungen – Geltungsbereich – Öffentliche Aufträge, die durch mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete von den Gemeinschaften geschaffene Einrichtungen vergeben und zulasten dieses Haushalts gefördert werden – Einbeziehung (Verordnungen Nr. 2988/95 des Rates, Art. 167 Abs. 1, und Nr. 2666/2000, Art. 7 Abs. 1; Verordnung Nr. 2343/2002 der Kommission, Art. 74) (vgl. Randnrn. 153-157) 7.                     Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, ein Angebot nicht zu berücksichtigen (Art. 253 EG) (vgl. Randnrn. 170-172, 177) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EAR, mit der das Angebot der Klägerinnen im Rahmen der Ausschreibung EuropeAid/124192/D/SUP/YU (ABl. 2006, S 233-248823) über Beschaffung, Lieferung und Installation von Bedarf für die Behandlung und den Transport von medizinischen Abfällen abgelehnt und der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt wurde, und auf Schadensersatz Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die CMB Maschinenbau & Handels GmbH und die J. Christof GmbH tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 28. Juli 2011.#Territorio Histórico de Vizcaya - Diputación Foral de Vizcaya (C-471/09 P), Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava (C-472/09 P) und Territorio Histórico de Guipúzcoa - Diputación Foral de Guipúzcoa (C-473/09 P) gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen - Nichtigkeitsklage - Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilferegelungen, die Spanien zugunsten von Unternehmen der Provinzen Vizcaya, Álava und Guipúzcoa angewandt hat - Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags - Berechtigtes Vertrauen - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung - Einhaltung einer angemessenen Frist - Unterbliebene Anmeldung.#Verbundene Rechtssachen C-471/09 P bis C-473/09 P.
62009CJ0471
ECLI:EU:C:2011:521
2011-07-28T00:00:00
Mengozzi, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-00111*
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 28. Juli 2011 – Territorio Histórico de Vizcaya – Disputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission (Verbundene Rechtssachen C‑471/09 P bis C‑473/09 P) „Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Nichtigkeitsklage – Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilferegelungen, die Spanien zugunsten von Unternehmen der Provinzen Vizcaya, Álava und Guipúzcoa angewandt hat – Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags – Berechtigtes Vertrauen – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung – Einhaltung einer angemessenen Frist – Unterbliebene Anmeldung“ 1.                     Rechtsmittel – Gründe – Beanstandung der vom Gericht vorgenommenen Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts unter Wiederholung der vor dem Gericht geltend gemachten Gründe und Argumente – Zulässigkeit (Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1) (vgl. Randnrn. 55-56, 58) 2.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Art. 88 EG gewährte Beihilfe – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen – Untätigkeit der Kommission über einen längeren Zeitraum – Kein berechtigtes Vertrauen (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 64-65, 68, 75-77) 3.                     Verfahren – Prozessleitende Maßnahmen – Antrag auf Vorlage von Schriftstücken – Pflichten des Antragstellers (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 64 § 3 Buchst. d und 4) (vgl. Randnrn. 85, 88) 4.                     Rechtsmittel – Gründe – Überprüfung der Weigerung des Gerichts, eine Beweisaufnahme anzuordnen, durch den Gerichtshof – Umfang (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 66 § 1) (vgl. Randnr. 89) 5.                     Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Prüfung einer Beihilferegelung in ihrer Gesamtheit – Zulässigkeit (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 98-99) 6.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Wiederherstellung der früheren Lage – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 100 und 104) 7.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Bestehen einer Beihilferegelung – Möglichkeit der nationalen Behörden, die Kommission zu ersuchen, eine einzelne Beihilfe von der Verpflichtung zur Rückzahlung auszunehmen (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 101-102) 8.                     Verfahren – Streithilfe – Antrag, der auf die Unterstützung der Anträge einer Partei gerichtet ist – Klage, die spezifische Rügen enthält, die jedoch den Rahmen des Rechtsstreits nicht ändern – Zulässigkeit (Satzung des Gerichtshofs, Art. 40 Abs. 4) (vgl. Randnrn. 117-119) 9.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Artikels 88 EG gewährte Beihilfe – Untätigkeit der Kommission, da sie über einen längeren Zeitraum über hinreichende Informationen verfügte – Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung – Fehlen (Art. 87 EG und 88 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1) 10.                     (vgl. Randnrn. 126-127, 129-130, 134-135) Gegenstand Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 9. September 2009, Diputación Foral de Álava und Gobierno Vasco u. a./Kommission (T‑227/01 bis T‑229/01, T‑265/01, T‑266/01 und T‑270/01), mit dem das Gericht in den Rechtssachen T‑227/01 und T‑265/01 Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/820/EG der Kommission vom 11. Juli 2001 über eine spanische Beihilferegelung zugunsten der Unternehmen von Álava in Form einer Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags (ABl. 2002, L 296, S. 1), in den Rechtssachen T‑228/01 und T‑266/01 Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/27/EG der Kommission vom 11. Juli 2001 über eine spanische Beihilferegelung in Form einer Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags zugunsten der Unternehmen in Vizcaya (ABl. 2003, L 17, S. 1) und in den Rechtssachen T‑229/01 und T‑270/01 Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/894/EG der Kommission vom 11. Juli 2001 über eine spanische Beihilferegelung in Form einer Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags zugunsten der Unternehmen in Guipúzcoa (ABl. 2002, L 314, S. 26) abgewiesen hat Tenor 1. Die Rechtsmittel und die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen. 2. Das Territorio Histórico de Vizcaya – Diputación Foral de Vizcaya, das Territorio Histórico de Álava – Diputación Foral de Álava, das Territorio Histórico de Guipúzcoa – Diputación Foral de Guipúzcoa, die Cámara Oficial de Comercio, Industria y Navegación de Vizcaya, die Cámara Oficial de Comercio e Industria de Álava und die Cámara Oficial de Comercio, Industria y Navegación de Guipúzcoa tragen die durch die vorliegenden Rechtsmittel entstandenen Kosten zu gleichen Teilen. 3. Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 12. Juli 2011.#Mitsubishi Electric Corp. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird - Aufteilung des Marktes - Verteidigungsrechte - Nachweis der Zuwiderhandlung - Dauer der Zuwiderhandlung - Geldbußen - Ausgangsbetrag - Referenzjahr - Gleichbehandlung.#Rechtssache T-133/07.
62007TJ0133
ECLI:EU:T:2011:345
2011-07-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-04219
Rechtssache T‑133/07 Mitsubishi Electric Corp. gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Aufteilung des Marktes – Verteidigungsrechte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Ausgangsbetrag – Referenzjahr – Gleichbehandlung“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Umfang – Nichtübermittlung eines Schriftstücks – Folgen (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 2.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Übermittlung der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte – Voraussetzungen – Grenzen (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 3.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Schriftliche Aussagen der Mitarbeiter einer an dieser Zuwiderhandlung beteiligten Gesellschaft – Beweiswert – Beurteilung (Art. 81 Abs. 1 EG) 4.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Vorläufiger Charakter – Notwendiger Inhalt – Grenzen (Art. 81 EG) 5.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Grundrechte – Unschuldsvermutung – Verfahren in Wettbewerbssachen (Art. 6 Abs. 2 EU; Art. 81 Abs. 1 EG, EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 6.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Heranziehung eines Indizienbündels (Art. 81 Abs. 1 EG) 7.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Beurteilung des Beweiswerts der verschiedenen Beweisstücke – Kriterien (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 8.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer (Art. 81 Abs. 1 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 9.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Wettbewerbswidriger Zweck – Hinreichende Feststellung (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 10.    Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Umfang der Beweislast (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Ermessen der Kommission (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 1.      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet in einem Verwaltungsverfahren zur Anwendung von Wettbewerbsregeln das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen. Die Nichtübermittlung eines Schriftstücks, auf das sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs gegen ein Unternehmen gestützt hat, stellt nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betroffene Unternehmen nachweist, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gelangt ist, anders ausgefallen wäre, wenn das nicht übermittelte Schriftstück als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste. Wurde ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass seine Nichtoffenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass es, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf die Schwere und die Dauer des ihm zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können. (vgl. Randnrn. 40, 45-46) 2.      In einem wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren wird das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und verfügt zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten. Folglich gehört die Antwort anderer Beteiligter auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können. Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine dieser Antwort beigefügte Anlage stützen will, um in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, muss den anderen Beteiligten dieses Verfahrens Gelegenheit gegeben werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Anlage zu dieser Antwort Material dar, das die verschiedenen an der Zuwiderhandlung angeblich Beteiligten belastet. Entsprechend stellt eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort, wenn sie für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen, ein entlastendes Beweismittel dar. In diesem Fall muss dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben werden, die fragliche Passage oder das fragliche Dokument zu prüfen und sich zu ihm zu äußern. (vgl. Randnrn. 41-43) 3.      Die schriftlichen Aussagen der Mitarbeiter einer Gesellschaft, die unter deren Kontrolle verfasst wurden und zu deren Verteidigung im Rahmen des von der Kommission geführten Verwaltungsverfahrens wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorgelegt werden, können grundsätzlich nicht als von den eigenen Erklärungen dieser Gesellschaft verschiedene und unabhängige Beweisstücke angesehen werden. Im Allgemeinen beruht nämlich der Standpunkt einer Gesellschaft in Bezug auf das Vorliegen des ihr von der Kommission vorgeworfenen Sachverhalts in erster Linie auf den Kenntnissen und Ansichten ihrer Mitarbeiter und Geschäftsleiter. (vgl. Randnr. 59) 4.      In einem Verwaltungsverfahren in Wettbewerbssachen müssen der Mitteilung der Beschwerdepunkte alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, klar angeführt werden. Diese Darstellung kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein, da es sich bei dieser um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind. So darf die Kommission den Betroffenen zwar keine Zuwiderhandlungen zur Last legen, die sich von den Zuwiderhandlungen unterscheiden, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführt sind, und sie darf nur die Tatsachen zugrunde legen, zu denen sich die Betroffenen äußern konnten, doch muss sie die Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens berücksichtigen, sei es, um bestimmte Beschwerdepunkte fallen zu lassen, die sich als nicht ausreichend begründet erwiesen haben, sei es, um ihre Argumente, auf die sie die aufrechterhaltenen Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht neu zu ordnen oder zu ergänzen. (vgl. Randnr. 66) 5.      Hat das Gericht Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen, insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt. Unter den genannten Umständen ist nämlich die Unschuldsvermutung insbesondere nach Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, die allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können. (vgl. Randnrn. 73-74) 6.      Im Wettbewerbsbereich ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht. Außerdem kann in Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweise, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können. Stützt sich die Kommission für ihre Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, genügt es für diese, das Vorliegen von Umständen nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln geschlossen hat. Dies gilt nicht für alle Fälle, in denen eine Zuwiderhandlung nur aufgrund nichtschriftlicher Nachweise festgestellt wird. Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Gemeinschaftsrecht nämlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Selbst wenn sich somit das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, kann das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann. (vgl. Randnrn. 75-76, 79-82) 7.      In einem Verfahren wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung des Beweiswerts der verschiedenen Beweisstücke ihre Glaubhaftigkeit. Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab. Zudem kann Erklärungen von Unternehmen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden. Hingegen kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer ist. (vgl. Randnrn. 84-87) 8.      Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da die Möglichkeit besteht, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, möglichst viel Belastungsmaterial zur Tätigkeit ihrer Wettbewerber zu liefern, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Mitglieder des Kartells vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Kronzeugenregelung gelangt. Was den besonderen Fall der Zeugenaussagen betrifft, ist zwar möglich, dass auch die Mitarbeiter eines Unternehmens, das einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hat und in dessen Interesse zu handeln sie gehalten sind, so viele belastende Umstände wie möglich anführen wollen, da sich ihre Mitarbeit im Rahmen des Verfahrens auch positiv auf ihre berufliche Zukunft auswirken kann. Ist dies der Fall, werden den fraglichen Mitarbeitern jedoch auch die möglichen negativen Folgen unrichtiger Angaben bewusst sein, die durch die Notwendigkeit ihrer Erhärtung durch andere Beweise deutlicher spürbar sind. (vgl. Randnrn. 88,107) 9.      Eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt. Das Bestehen einer gegenseitigen Verpflichtung bedeutet zwangsläufig das Vorliegen eines gemeinsamen Willens, selbst wenn für die genaue Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem dieser Wille zum Ausdruck gebracht wurde, oder für eine Formalisierung dieses Ausdrucks keine Anhaltspunkte vorliegen. (vgl. Randnrn. 230-231) 10.    Bei einem Streit über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln bedeutet das Erfordernis der Rechtssicherheit, auf die die Wirtschaftsteilnehmer Anspruch haben, dass die Kommission, der die Beweislast für die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen obliegt, Beweismaterial beibringen muss, mit dem sie rechtlich hinreichend das Vorliegen eines Sachverhalts belegen kann, der eine Zuwiderhandlung darstellt. Für die behauptete Dauer der Zuwiderhandlung verlangt dieser Grundsatz der Rechtssicherheit, dass die Kommission, soweit es an Beweismaterial fehlt, mit dem die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest Beweismaterial beibringt, das sich auf Fakten bezieht, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist. Auch wenn der Beweis für die Existenz einer fortgesetzten Zuwiderhandlung für bestimmte Zeiträume nicht erbracht wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuwiderhandlung während eines längeren Gesamtzeitraums fortbestand, sofern eine solche Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Im Rahmen einer Zuwiderhandlung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt die Tatsache, dass sich das Kartell während verschiedener Zeitabschnitte manifestiert, die durch mehr oder weniger lange Zwischenräume voneinander getrennt sein können, ohne Einfluss auf den Bestand dieses Kartells, sofern mit den verschiedenen Maßnahmen, die Teil dieser Zuwiderhandlung sind, im Rahmen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung das gleiche Ziel verfolgt wird. (vgl. Randnrn. 241-242) 11.    In einem Verfahren wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG verfügt die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten. Die Kommission setzt den Geldbußenbetrag anhand der Schwere und gegebenenfalls der Dauer der Zuwiderhandlung fest. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist anhand von Kriterien wie den besonderen Umständen der Sache, ihrem Kontext und der Abschreckungswirkung der Geldbußen zu ermitteln. Objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Markts und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung sind einzubeziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen. (vgl. Randnrn. 264-265) 12.    Die Kommission muss in jedem Einzelfall, wenn sie die Festsetzung von Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht beschließt, die allgemeinen Rechtsgrundsätze einhalten, zu denen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in ihrer Auslegung durch die Gemeinschaftsgerichte gehören. Der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. Der relevante Zeitraum muss daher so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind, wenn es erforderlich ist, auf den Umsatz der an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zurückzugreifen, um das Verhältnis zwischen den festzusetzenden Geldbußen zu bestimmen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; dabei ist von mehreren geeigneten Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Wenn sich die Kommission in diesem Zusammenhang bei der Ermittlung der weltweiten Umsätze bestimmter Unternehmen auf verschiedene Jahre stützt und die Berechnung des Grundbetrags der gegen diese für den Zeitraum ihrer Kartellbeteiligung in der Eigenschaft als Einzelunternehmen zu verhängenden Geldbußen auf ihren in verschiedenen Jahren erzielten Umsätzen basiert, behandelt sie diese Unternehmen folglich nicht gleich. Das von der Kommission angeführte Ziel, den Vergleich zu ermöglichen, inwieweit die Anteilsinhaber eines Gemeinschaftsunternehmens während des Zeitraums vor Gründung des Gemeinschaftsunternehmens in der Lage waren, den Wettbewerb zu beeinträchtigen, ist zwar zulässig, eine solche ungleiche Behandlung kann jedoch nicht gerechtfertigt sein, wenn die Kommission offensichtlich andere Methoden hätte verwenden können, um das von ihr verfolgte Ziel zu erreichen, ohne die Unternehmen bei der Wahl des Referenzjahrs unterschiedlich zu behandeln. (vgl. Randnrn. 266-269, 271-272, 275-276) URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 12. Juli 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Aufteilung des Markts – Verteidigungsrechte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Ausgangsbetrag – Referenzjahr – Gleichbehandlung“ In der Rechtssache T‑133/07 Mitsubishi Electric Corp. mit Sitz in Tokio (Japan), Prozessbevollmächtigte: R. Denton, Solicitor, und Rechtsanwalt K. Haegeman, Klägerin, gegen Europäische Kommission, Prozessbevollmächtigte: zunächst F. Arbault und J. Samnadda, dann X. Lewis, dann P. Van Nuffel und J. Bourke und schließlich P. Van Nuffel und N. Khan, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen), soweit sie die Klägerin und TM T & D betrifft, hilfsweise wegen Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g und h dieser Entscheidung, soweit er die Klägerin betrifft, und höchst hilfsweise wegen Abänderung von Art. 2 der Entscheidung in Form der Aufhebung oder Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso, Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2009 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.     Klägerin 1        Die Klägerin, die Mitsubishi Electric Corp., ist ein japanisches Unternehmen, das in mehreren Industriezweigen, u. a. im Bereich der gasisolierten Schaltanlagen (im Folgenden: GIS), tätig ist. Von Oktober 2002 bis April 2005 wurde ihre Tätigkeit im GIS-Bereich von dem Gemeinschaftsunternehmen TM T & D Corp. ausgeübt, das sich zu jeweils 50 % im Besitz der Klägerin und der Toshiba Corp. befand und 2005 aufgelöst wurde. 2.     Erzeugnisse 2        GIS dienen zur Kontrolle des Energieflusses in Stromnetzen. Es handelt sich um schweres elektrisches Gerät, das als Hauptbestandteil von Umspannwerken eingesetzt wird. GIS werden weltweit als integraler Bestandteil eines schlüsselfertigen elektrischen Umspannwerks oder als gesondertes, dort erst einzubauendes Zubehör verkauft. 3.     Verwaltungsverfahren 3        Am 3. März 2004 informierte die ABB Ltd die Kommission der Europäischen Gemeinschaften über das Bestehen wettbewerbswidriger Praktiken im GIS-Sektor und beantragte mündlich einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung). 4        Der Antrag von ABB auf Geldbußenerlass wurde durch mündliche Erklärungen und schriftliche Beweisstücke ergänzt. Die Kommission gewährte daraufhin ABB mit Entscheidung vom 24. April 2004 einen bedingten Geldbußenerlass. 5        Auf der Grundlage der Erklärungen von ABB leitete die Kommission eine Untersuchung ein und führte am 11. und 12. Mai 2004 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen mehrerer im GIS-Sektor tätiger Gesellschaften durch. 6        Am 20. April 2006 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die 20 Unternehmen zugestellt wurde, darunter u. a. der Klägerin. Am 18. und 19. Juli 2006 führte die Kommission eine Anhörung der Unternehmen durch, an die die Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet war. 4.     Angefochtene Entscheidung 7        Am 24. Januar 2007 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 6762 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). 8        In den Randnrn. 113 bis 123 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, die am Kartell beteiligten Unternehmen hätten die Zuteilung von GIS‑Projekten weltweit mit Ausnahme einiger Märkte nach vereinbarten Regeln koordiniert, um insbesondere Kontingente beizubehalten, die weitgehend ihren geschätzten historischen Marktanteilen entsprochen hätten. Die Zuteilung der GIS‑Projekte sei auf der Grundlage eines gemeinsamen „japanischen“ Gesamtkontingents und eines gemeinsamen „europäischen“ Gesamtkontingents vorgenommen worden, die sodann von den japanischen und den europäischen Herstellern jeweils untereinander aufgeteilt worden seien. Eine in Wien am 15. April 1988 unterzeichnete Vereinbarung (im Folgenden: GQ‑Abkommen) habe die Regeln festgelegt, nach denen die GIS‑Projekte den japanischen oder den europäischen Herstellern zuzuteilen gewesen seien und ihr Wert auf das jeweilige Kontingent anzurechnen gewesen sei. In den Randnrn. 124 bis 132 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission näher aus, die einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen hätten eine nicht schriftlich festgehaltene Vereinbarung (im Folgenden: Übereinkunft) getroffen, nach der die GIS-Projekte in Japan einerseits und in den Ländern der europäischen Kartellmitglieder andererseits, die zusammen als die „Stammländer“ der GIS-Projekte bezeichnet worden seien, den japanischen bzw. den europäischen Kartellmitgliedern vorbehalten gewesen seien. Über die GIS‑Projekte in den „Stammländern“ seien keine Informationen zwischen den beiden Gruppen ausgetauscht worden, und sie seien nicht auf die jeweiligen Kontingente angerechnet worden. 9        Das GQ-Abkommen habe weiter Regeln über den Austausch der für das Funktionieren des Kartells notwendigen Informationen zwischen den beiden Herstellergruppen enthalten, der insbesondere über die Sekretariate der genannten Gruppen stattgefunden habe, über die Manipulation der betreffenden Ausschreibungen und über die Festsetzung von Preisen für die GIS-Projekte, die nicht hätten zugeteilt werden können. Nach dem Wortlaut seines Anhangs 2 habe das GQ-Abkommen für die ganze Welt gegolten, ausgenommen die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und 17 westeuropäische Länder. Zudem seien nach der Übereinkunft GIS-Projekte in anderen europäischen Ländern als den „Stammländern“ ebenfalls der europäischen Gruppe vorbehalten gewesen, da sich die japanischen Hersteller verpflichtet hätten, für GIS-Projekte in Europa keine Angebote einzureichen. 10      Nach den Ausführungen der Kommission war die Aufteilung der GIS-Projekte auf die europäischen Hersteller in einer ebenfalls in Wien am 15. April 1988 unterzeichneten Vereinbarung mit der Bezeichnung „E‑Group Operation Agreement for GQ-Agreement“ (Vereinbarung der E‑Gruppe über die Durchführung des GQ-Abkommens, im Folgenden: EQ-Abkommen) geregelt. Die Zuteilung der GIS-Projekte in Europa sei nach den gleichen Regeln und Verfahren erfolgt wie die Zuteilung der GIS-Projekte in anderen Ländern. Insbesondere hätten auch GIS-Projekte in Europa gemeldet, in eine Liste eingetragen, zugeteilt und abgesprochen werden sollen, oder es sei ein Mindestpreis vorgesehen worden. 11      Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Würdigung in der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die beteiligten Unternehmen gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hätten, und verhängte gegen sie Geldbußen, die nach der Methode berechnet wurden, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und in der Kronzeugenregelung vorgesehen ist. 12      In Art. 1 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin im Zeitraum vom 15. April 1988 bis zum 11. Mai 2004 an der Zuwiderhandlung teilgenommen habe. 13      Für die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung bezeichnete Zuwiderhandlung wurde gegen die Klägerin in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße in Höhe von 118 575 000 Euro verhängt. Davon waren 4 650 000 Euro gesamtschuldnerisch mit Toshiba zu zahlen, da dieser Betrag der von TM T & D begangenen Zuwiderhandlung entsprach. Verfahren und Anträge der Parteien 14      Mit Klageschrift, die am 18. April 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Am 6. Juni 2007 hat die Klägerin den Erlass prozessleitender Maßnahmen beantragt, die die Übermittlung der Umsätze der verschiedenen Adressaten der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission betrafen. 15      Die Klagebeantwortung ist am 21. August 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. 16      Mit Schriftsatz, der am 1. November 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin nach Art. 122 der Verfahrensordnung des Gerichts ein Versäumnisurteil beantragt. Sie hat ihre Erwiderung am 5. November 2007 eingereicht. 17      Mit Beschluss der Zweiten Kammer des Gerichts vom 29. Januar 2008 ist der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen worden. 18      Das schriftliche Verfahren ist mit dem Eingang der Gegenerwiderung am 18. März 2008 geschlossen worden. 19      Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht (Zweite Kammer) am 22. September 2009 beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen, und die Parteien ersucht, sich zur Erheblichkeit dieser Unterlagen im Hinblick auf das Vorbringen zur Verletzung des Rechts auf Aktenzugang zu äußern. Ferner hat das Gericht den Parteien schriftliche Fragen gestellt und sie aufgefordert, diese in der mündlichen Verhandlung zu beantworten. 20      Die Kommission hat auf die Aufforderung des Gerichts die betreffenden Unterlagen am 26. Oktober 2009 vorgelegt. Die Klägerin hat sich hierzu am 19. November 2009 geäußert. Am 2. Dezember 2009 hat die Kommission ein zusätzliches Dokument vorgelegt, und am 3. Dezember 2009 hat sie auf die Stellungnahme der Klägerin geantwortet. 21      In der Sitzung vom 11. Dezember 2009 haben die Parteien mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet. 22      Die Klägerin beantragt, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie auf die Klägerin und auf TM T & D anwendbar ist; –        hilfsweise, Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft; –        höchst hilfsweise, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerin betrifft, in Form der Aufhebung oder, hilfsweise, Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße abzuändern; –        in jedem Fall der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 23      Die Kommission beantragt, –        die Klage als unbegründet abzuweisen; –        der Klägerin die Kosten dieses Rechtszugs aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 24      Vorab bestreitet die Klägerin die Zulässigkeit der Klagebeantwortung, da sie widersprüchlich sei und nicht auf die Klagegründe eingehe. 25      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klagebeantwortung nach Art. 46 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung die tatsächliche und rechtliche Begründung des Beklagten enthalten muss. 26      In der vorliegenden Rechtssache wird die Klagebeantwortung diesem Erfordernis jedoch gerecht, unabhängig von der hiervon zu unterscheidenden Frage, ob das Vorbringen der Kommission erheblich oder begründet ist. Das Argument der Klägerin, die Klagebeantwortung sei unzulässig, ist unter diesen Umständen zurückzuweisen. 27      In der Sache stützt die Klägerin ihre Klage auf 15 Klagegründe. Erstens habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass sie gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen habe, indem sie an einem Kartell beteiligt gewesen sei, das die Beschränkung des Wettbewerbs im Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR) bezweckt oder bewirkt habe. Zweitens habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass sie an einer Vereinbarung beteiligt gewesen sei, die gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen habe. Drittens habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie die Umstände außer Acht gelassen habe, die erklärten, warum die Klägerin auf dem europäischen Markt nicht präsent gewesen sei und nicht die Möglichkeit gehabt habe, dort Fuß zu fassen. Viertens habe die Kommission durch die Umkehrung der Beweislast die Beweisregeln verletzt und somit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Fünftens habe die Kommission gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie den Ausgangsbetrag der Geldbuße auf der Grundlage des Umsatzes des Jahres 2001 berechnet habe. Sechstens habe die Kommission bei der Entscheidung, die Geldbuße auf der Grundlage des Umsatzes des Jahres 2001 zu berechnen, gegen die Begründungspflicht verstoßen. Siebtens habe die Kommission bei der Bestimmung des weltweiten GIS-Markts und des Anteils der Klägerin an diesem Markt einen Fehler begangen und damit gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Achtens habe die Kommission bei der Feststellung, dass die Klägerin 15 % bis 20 % des Weltmarkts kontrolliere, gegen die Begründungspflicht verstoßen. Neuntens habe die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, als sie den Wert des Weltmarkts geschätzt habe. Zehntens habe die Kommission gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie den auf die Klägerin anwendbaren Abschreckungsfaktor berechnet habe. Elftens habe die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie den Betrag der Geldbuße der Klägerin und den Betrag der Geldbuße der europäischen Hersteller auf die gleiche Weise berechnet habe. Zwölftens habe die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße die maßgeblichen wirtschaftlichen und technischen Umstände außer Acht gelassen. Dreizehntens habe die Kommission bei der Berechnung der Dauer des Kartells einen Fehler begangen. Vierzehntens habe die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin und ihren Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt, als sie ihr keinen Zugang zu Be- und Entlastungsmaterial gewährt habe. Fünfzehntens habe die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt, als sie diese nicht über ihre Feststellungen zu der in der Übereinkunft enthaltenen Ausgleichstheorie informiert habe. 28      Die Kommission hält diese Klagegründe für unbegründet. 29      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht angegeben hat, auf welche ihrer Klagegründe sie ihre einzelnen Anträge jeweils stützt. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Hauptantrag auf den ersten bis vierten und den 13. bis 15. Klagegrund stützt. Greift nämlich einer dieser Klagegründe durch, werden sowohl Art. 1 als auch Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerin betrifft, zumindest teilweise für nichtig zu erklären sein. Sodann ist anzunehmen, dass der fünfte bis zwölfte Klagegrund die Festsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße betreffen und folglich von der Klägerin zur Stützung ihres Hilfsantrags auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung, soweit er auf die Klägerin anwendbar ist, geltend gemacht werden. Ihren weiteren Hilfsantrag hat die Klägerin schließlich auf keinen eigenständigen Klagegrund gestützt. 1.     Zum Hauptantrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie auf die Klägerin und auf TM T & D anwendbar ist 30      Da bei einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin die Prüfung der Begründetheit der angefochtenen Entscheidung überflüssig wäre, sind zunächst der 14. und 15. Klagegrund zu prüfen. Sodann sind der erste, der dritte und der vierte Klagegrund gemeinsam zu untersuchen, da sie sich alle auf den Nachweis der Übereinkunft beziehen. Anschließend ist der zweite Klagegrund zu prüfen, der die Qualifizierung der Übereinkunft als Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens betrifft. Schließlich ist der 13., die Dauer des angenommenen Kartells betreffende Klagegrund zu prüfen. Zum 14. Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren durch die Weigerung der Kommission, der Klägerin Zugang zu be- und entlastendem Material zu gewähren Vorbringen der Parteien 31      Die Klägerin macht geltend, sie habe zu bestimmtem be- und entlastendem Material, das sich in den Akten der Kommission befunden habe, unter Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte und ihren Anspruch auf ein faires Verfahren keinen Zugang erhalten. 32      Was das belastende Material betreffe, habe die angefochtene Entscheidung Beweise an den Tag gebracht, die ihr nicht bekannt gewesen seien und zu denen sie sich folglich nicht habe äußern können. Erstens habe sie nicht die Informationen einsehen können, die Fuji am 21. November 2006 übermittelt habe und aus denen hervorgehe, dass das GQ-Abkommen nicht ohne die Übereinkunft habe funktionieren können. 33      Zweitens seien auch die Informationen, die im November 2006 übermittelt worden seien und aus denen hervorgehe, dass Alstom und Areva das Vorliegen einer Übereinkunft nicht bestritten hätten, nicht mitgeteilt worden. 34      Zum entlastenden Material macht die Klägerin erstens geltend, sie habe der Kommission am 8. November 2006 entlastende Aussagen mehrerer anderer Unternehmen zur Verfügung gestellt, die jedoch nicht an die übrigen Verfahrensbeteiligten weitergeleitet worden seien. 35      Zweitens sei die zusätzliche Antwort von Hitachi auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sich Hitachi gegen die von der Kommission im Hinblick auf die in der ursprünglichen Antwort enthaltenen Erklärungen zum Melde- und Anrechnungsmechanismus vorgenommene Auslegung gewandt habe, nicht übermittelt worden. 36      Drittens habe die Klägerin zu den Angaben, mit denen das Vorliegen der Übereinkunft unter Hinweis darauf in Frage gestellt werde, dass es Hindernisse für ein Eindringen in den Markt für GIS-Projekte im EWR gegeben habe, und die von Siemens, dem zur gleichen Gruppe wie die VA TECH Transmission & Distribution GmbH & Co. KEG (im Folgenden: VA TECH) gehörenden Unternehmen, Hitachi und Toshiba stammten, und insbesondere zu den Erklärungen sowie den wirtschaftlichen bzw. technischen Berichten von Hitachi und Toshiba, zu den Aussagen der Mitarbeiter von Siemens und Hitachi und zur Antwort von VA TECH auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte keinen Zugang erhalten. Die Kommission habe durch ihre Feststellung in Randnr. 130 der angefochtenen Entscheidung, dass VA TECH dem Vorliegen der Übereinkunft nicht offen entgegengetreten sei, den Standpunkt von VA TECH verfälscht. 37      Viertens habe die Klägerin keinen Zugang zu den Erklärungen von Herrn S. erhalten, die dieser im Namen von Alstom hinsichtlich der Beendigung des Kartells im Jahr 1999 abgegeben habe. 38      Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 39      Die Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert es, dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den Schriftstücken, auf die sie den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen den Vertrag stützt, sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 66). 40      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu diesen Schriftstücken gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 68). 41      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert wird, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten verfügt. Folglich gehört die Antwort anderer Beteiligter auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Randnr. 163). 42      Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine dieser Antwort beigefügte Anlage stützen will, um in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, muss den anderen Beteiligten dieses Verfahrens Gelegenheit gegeben werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Anlage zu dieser Antwort Material dar, das die verschiedenen Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sein sollen, belastet (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die vorgenannte Rechtsprechung gilt entsprechend für Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens. 43      In gleicher Weise stellt eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort ein entlastendes Beweismittel dar, wenn sie für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen. In diesem Fall muss dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben werden, die fragliche Passage oder das fragliche Dokument zu prüfen und sich zu ihm zu äußern. 44      Jedoch wird aufgrund der bloßen Tatsache, dass sich andere Unternehmen auf dasselbe Vorbringen wie das betroffene Unternehmen gestützt haben und gegebenenfalls ihre Verteidigung aufwendiger gestalteten, dieses Vorbringen noch nicht zu Entlastungsmaterial (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 353 und 355). 45      Was die Folgen anbelangt, wenn bei der Gewährung des Aktenzugangs gegen diese Regeln verstoßen wird, so stellt die Nichtübermittlung eines Schriftstücks, auf das sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs gegen ein Unternehmen gestützt hat, nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betroffene Unternehmen nachweist, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gelangt ist, anders ausgefallen wäre, sofern das nicht übermittelte Schriftstück als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 71 und 73). 46      Wurde ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass seine Nichtoffenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass es, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf die Schwere und die Dauer des ihm zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 74 f.). 47      Dass ein nicht übermitteltes Schriftstück Einfluss auf den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission hätte haben können, kann nur nach einer vorläufigen Prüfung bestimmter Beweismittel nachgewiesen werden, die zeigt, dass die nicht übermittelten Schriftstücke eine Bedeutung – für diese Beweismittel – hätten haben können, die nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 76). 48      In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission im Hinblick auf das Belastungsmaterial zum einen anerkannt, dass sie sich zur Begründung der gegenüber der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Beschwerdepunkte nicht auf die ‑ der Klägerin nicht übermittelte ‑ Stellungnahme von Fuji stützen durfte. Die Kommission bestreitet jedoch, die Stellungnahme tatsächlich als Belastungsmaterial herangezogen zu haben. Allerdings hat die Kommission in den Randnrn. 125 und 255 der angefochtenen Entscheidung auf die zusätzlichen Stellungnahmen von Fuji, insbesondere auf die Stellungnahme vom 21. November 2006, Bezug genommen, um das Vorliegen der Übereinkunft zu untermauern. 49      Zum anderen macht die Kommission geltend, sie habe nicht vom angeblich neutralen Standpunkt von Alstom und Areva auf das Bestehen der Übereinkunft geschlossen, sondern sich darauf beschränkt, diesen Standpunkt festzustellen. Diese Auffassung wird zwar durch den Wortlaut von Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung bestätigt, in der dem Standpunkt von Alstom, Areva und VA TECH im Gegensatz zu den Erklärungen von Fuji, die das Vorliegen der Übereinkunft bestätigen, keinerlei untermauernde Wirkung beigemessen wird; sie wird jedoch durch Randnr. 255 dieser Entscheidung in Frage gestellt, in der die Kommission auf die implizite Anerkennung des Bestehens der Übereinkunft durch bestimmte europäische Hersteller Bezug nimmt. 50      Jedenfalls kann der neutrale Standpunkt von Alstom und Areva nicht als Beweis für das Bestehen der Übereinkunft angesehen werden. Da der Kommission im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens die Beweislast obliegt, ist das Nichtbestreiten einer Tatsache durch ein Unternehmen nämlich kein Beweis für ihr Vorliegen. Folglich durfte die Kommission unabhängig von der Frage, ob die Verteidigungsrechte gewahrt wurden, den Standpunkt von Alstom und Areva nicht als Belastungsmaterial heranziehen. 51      Unter diesen Umständen hängt die Stichhaltigkeit der Argumente, die die Klägerin zum Belastungsmaterial vorträgt, vom Ergebnis der Prüfung des ersten, den Nachweis des Vorliegens der Übereinkunft betreffenden Klagegrundes ab. Wenn nämlich festgestellt wird, dass das Vorliegen der Übereinkunft rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, obwohl die betreffende Stellungnahme von Fuji und der als neutral bezeichnete Standpunkt von Alstom und Areva nicht als Belastungsmaterial berücksichtigt wurden, ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. Wird dagegen festgestellt, dass das genannte Material die notwendige Grundlage für die in der angefochtenen Entscheidung zum Vorliegen der Übereinkunft getroffenen Feststellungen bildet, ist dem Vorbringen der Klägerin zu folgen und folglich die angefochtene Entscheidung, soweit sie die Klägerin betrifft, für nichtig zu erklären. 52      Was das Entlastungsmaterial betrifft, ist zunächst das Vorbringen der Klägerin, wonach bestimmte Informationen, die sie übermittelt habe, den anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht mitgeteilt worden seien, zurückzuweisen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass diese Informationen den anderen Adressaten nicht zugestellt worden sind, könnte sich dies höchstens auf die Verteidigung der anderen Adressaten, nicht jedoch auf die Verteidigung der Klägerin auswirken. 53      Im Übrigen hat das Gericht die Kommission ersucht, die Dokumente beizubringen, die von der Klägerin mit einem Mindestmaß an Genauigkeit bestimmt worden sind. 54      Erstens ist jedoch festzustellen, dass die zusätzliche Antwort von Hitachi auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte entgegen dem Vorbringen der Klägerin den tatsächlichen Inhalt der Erklärungen, die Hitachi zum Melde- und Anrechnungsmechanismus abgegeben hat, nicht in Frage stellt. In ihrer zusätzlichen Antwort hat sich Hitachi darauf beschränkt, der von der Kommission vorgenommenen Auslegung der genannten Erklärungen entgegenzutreten, insbesondere im Hinblick auf ihre Erheblichkeit als Nachweis für die Übereinkunft und das Vorliegen einer einheitlichen, die Übereinkunft und das GQ-Abkommen umfassenden Zuwiderhandlung. Dieses Vorbringen war jedoch bereits in dem der Klägerin durch die Kommission übermittelten Auszug der ersten Antwort von Hitachi auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten. Folglich kann die zusätzliche Antwort von Hitachi auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht als entlastendes Beweismittel angesehen werden, dessen Übermittlung den Verfahrensablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hätte beeinflussen können. 55      Zweitens hat VA TECH, wie die Klägerin geltend macht, in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte das Bestehen der Übereinkunft ausdrücklich bestritten. Allerdings lässt dieser Umstand, auch wenn er bei der Prüfung des ersten Klagegrundes im Hinblick auf den Nachweis des Vorliegens der Übereinkunft berücksichtigt werden muss, für sich genommen keine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin erkennen, da die Klägerin nicht darlegt, inwieweit die unzutreffende Auslegung des Standpunkts von VA TECH ihre Verteidigung erschwert haben soll. 56      Im Übrigen haben sowohl VA TECH als auch Hitachi, Toshiba und Siemens in ihren Erklärungen das Vorliegen der Übereinkunft bestritten und Hindernisse für den Eintritt in den europäischen Markt beschrieben. Darüber hinaus haben Hitachi und Toshiba Expertengutachten vorgelegt, um ihren Standpunkt hierzu zu belegen. 57      Die Klägerin hat jedoch während des Verwaltungsverfahrens selbst das Vorliegen der Übereinkunft und damit verbundene Gespräche bestritten, sich auf „besonders schwere“ Hindernisse für den Eintritt in den europäischen Markt berufen und Expertengutachten zu dieser Frage vorgelegt, die den Gutachten von Hitachi und Toshiba entsprachen. Unter diesen Umständen können die Erklärungen und Berichte der anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht als Entlastungsmaterial angesehen werden. 58      Was die Aussagen der Mitarbeiter von Hitachi und Siemens betrifft, so haben diese erklärt, dass das GQ-Abkommen nicht für GIS-Projekte in Europa gegolten habe; ferner haben sie das Vorliegen der Übereinkunft und damit verbundene Gespräche bestritten und „besonders schwere“ Hindernisse für den Eintritt in den EWR-Markt angeführt. Im Übrigen haben die Zeugen von Hitachi über Einzelheiten eines im Juli 2002 unterbreiteten Vorschlags von Alstom zu einer Vereinbarung zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern und über die Ablehnung dieses Vorschlags durch Hitachi berichtet. 59      Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die schriftlichen Aussagen der Mitarbeiter einer Gesellschaft, die unter deren Kontrolle verfasst wurden und zu deren Verteidigung im Rahmen des von der Kommission geführten Verwaltungsverfahrens vorgelegt werden, grundsätzlich nicht als von den eigenen Erklärungen dieser Gesellschaft verschiedene und unabhängige Beweisstücke angesehen werden können. Im Allgemeinen beruht nämlich der Standpunkt einer Gesellschaft in Bezug auf das Vorliegen des ihr von der Kommission vorgeworfenen Sachverhalts in erster Linie auf den Kenntnissen und Ansichten ihrer Mitarbeiter und Geschäftsleiter. 60      Zum anderen hat die Klägerin, wie oben in Randnr. 57 ausgeführt, während des Verwaltungsverfahrens selbst das Vorliegen der Übereinkunft und damit verbundene Gespräche bestritten und sich auf „besonders schwere“ Hindernisse für den Eintritt in den europäischen Markt berufen. Sie hat sich auch darauf berufen, dass das GQ-Abkommen nicht für das Gebiet des EWR gegolten habe. Daher kann der Umstand, dass andere Unternehmen diese Argumente angeführt haben, nicht als Entlastungsmaterial angesehen werden. 61      Ferner wurden die Einzelheiten des im Juli 2002 unterbreiteten Vorschlags von Alstom in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt. Folglich kann dieser Umstand kein Entlastungsmaterial sein. 62      Drittens hat die Klägerin, nachdem sie Zugang zu den Erklärungen von Herrn S. erhalten hatte, keinen in diesen Erklärungen angeführten Umstand bezeichnet, der zu ihrer Verteidigung hätte dienen können. Folglich ist die allgemeine Behauptung, dass diese Erklärungen Entlastungsmaterial seien, als nicht bewiesen zurückzuweisen. 63      Aus alledem ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerin zum Zugang zu Entlastungsmaterial zurückzuweisen ist. Wie jedoch aus Randnr. 51 des vorliegenden Urteils hervorgeht, hängt die Stichhaltigkeit des vorliegenden Klagegrundes vom Ergebnis der Prüfung des ersten Klagegrundes ab. Zum 15. Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin mangels Übermittlung der Feststellungen der Kommission zu der in der Übereinkunft enthaltenen Ausgleichstheorie an die Klägerin Vorbringen der Parteien 64      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darauf hingewiesen, dass der Ausgleich, den die europäischen Hersteller den japanischen Herstellern im Rahmen der Übereinkunft durch den Melde- und Anrechnungsmechanismus gewährt hätten, ein Beweis für das Vorliegen der Übereinkunft sei. Diese Theorie werde erstmals in der angefochtenen Entscheidung erwähnt. Daher habe die Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Beteiligten die Möglichkeit einzuräumen, sich zu den von der Kommission zugrunde gelegten Umständen zu äußern. 65      Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 66      Nach der Rechtsprechung müssen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, klar angeführt werden. Diese Darstellung kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein, bei der es sich um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 67). So darf die Kommission den Betroffenen zwar keine Zuwiderhandlungen zur Last legen, die sich von den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten Zuwiderhandlungen unterscheiden, und sie darf nur die Tatsachen zugrunde legen, zu denen sich die Betroffenen äußern konnten, doch muss sie die Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens berücksichtigen, sei es, um bestimmte Beschwerdepunkte fallen zu lassen, die sich als nicht ausreichend begründet erwiesen haben, sei es, um ihre Argumente, auf die sie die aufrechterhaltenen Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht neu zu ordnen oder zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Randnrn. 92 bis 94). 67      In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus einen Ausgleich dargestellt habe, den die europäischen Hersteller den japanischen Herstellern, die als potenziell ernsthafte Wettbewerber wahrgenommen worden seien, als Gegenleistung für die Einhaltung der Übereinkunft angeboten hätten. 68      Jedoch werden zum einen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die tatsächlichen Umstände beschrieben, auf die sich diese Theorie stützt. Die Übereinkunft und der Anrechnungsmechanismus werden nämlich in den Randnrn. 100, 106 und 110 der Mitteilung der Beschwerdepunkte zusammengefasst und anschließend detailliert beschrieben. Ebenso geht aus Randnr. 120 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hervor, dass die japanischen Hersteller nach der Auffassung der Kommission im Hinblick auf die GIS-Projekte im EWR potenzielle ernsthafte Wettbewerber waren. 69      Zum anderen hat die Klägerin in Randnr. 59 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass die Kommission den Melde- und Anrechnungsmechanismus als Beweis für das Vorliegen der Übereinkunft anführe. Somit war der Klägerin aufgrund der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Bedeutung bewusst, die die Kommission dem Melde- und Anrechnungsmechanismus im Zusammenhang mit dem Nachweis der angenommenen Zuwiderhandlung beimaß. Ebenso hat die Klägerin in den Randnrn. 59 bis 64 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ihren Standpunkt zum Beweis des Melde- und Anrechnungsmechanismus und seiner Erheblichkeit im Hinblick auf die angenommene Übereinkunft detailliert dargelegt. 70      Somit war es der Klägerin aufgrund des Inhalts der Mitteilung der Beschwerdepunkte möglich, sich zu den tatsächlichen Umständen zu äußern, auf die sich der Vorwurf stützte, den die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung erhoben hatte. 71      Folglich ist der 15. Klagegrund zurückzuweisen. Zum ersten, zum dritten und zum vierten Klagegrund: fehlender Nachweis der Beteiligung der Klägerin am angenommenen Kartell, Fehler der Kommission durch Außerachtlassen der Umstände, die die fehlende Präsenz der Klägerin auf dem europäischen Markt und die Unmöglichkeit ihres Markteintritts erklärten, und Verletzung der Beweisregeln durch Umkehr der Beweislast und somit Verstoß gegen die Unschuldsvermutung durch die Kommission 72      Nach der Rechtsprechung obliegt es der Kommission, die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen nachzuweisen und Beweise beizubringen, die geeignet sind, das Vorliegen der Tatsachen, die eine Zuwiderhandlung darstellen, rechtlich hinreichend zu belegen (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). 73      Hat das Gericht insoweit Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Der Richter kann also, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt (Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 60). 74      Unter den genannten Umständen ist nämlich die insbesondere aus Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten hervorgehende Unschuldsvermutung zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, bei denen es sich um allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts handelt. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie von Art und Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 75      Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnrn. 62 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 76      Außerdem kann in Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweise, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnrn. 64 und 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 77      Die Klägerin macht hierzu geltend, dass flexiblere Beweisregeln in Verbindung mit den Schwierigkeiten, die sich der Kommission beim Nachweis einer Zuwiderhandlung stellten, nicht mehr anzuwenden seien. Erstens seien die Geldbußen, die in Kartellsachen verhängt würden, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, was sich auf das Ausmaß der Nachprüfung von Entscheidungen der Kommission auswirken müsse. Zweitens sei ein Spielraum der Kommission im Hinblick auf die Beweiswürdigung angesichts des Bestehens der Kronzeugenregelung und der darauf basierenden Mitarbeit der Parteien nicht mehr anzuerkennen. Drittens versuche die Kommission in der vorliegenden Rechtssache, die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens auf ein Dokument − das GQ-Abkommen − zu stützen, welches das Bestehen eines Kartells außerhalb der Europäischen Union bescheinige. 78      Dem Vorbringen der Klägerin kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn erstens kann die Erhöhung der Geldbußenbeträge zwar für die Beteiligten, gegen die solche Geldbußen verhängt werden, gewichtigere Folgen haben. Sobald jedoch ein solches Vorhaben der Kommission allgemein bekannt wird, führt dies dazu, dass Unternehmen, wenn sie eine Zuwiderhandlung zu verantworten haben, umso stärker darauf achten, so wenig verwendungsfähiges Beweismaterial wie möglich zu erzeugen, was die Aufgabe der Kommission erschwert. Zweitens müssen die Dokumente, die von den beteiligten Unternehmen im Rahmen der Kronzeugenregelung übermittelt werden, in jedem Fall die geltenden Kriterien der Rechtsprechung erfüllen, damit die Kommission sie als Nachweis für eine Zuwiderhandlung wirksam geltend machen kann. Daher erleichtert das Bestehen der Kronzeugenregelung nicht notwendigerweise die Aufgabe der Kommission. Drittens ist der Umstand, dass das GQ-Abkommen das Gebiet der Europäischen Union nicht betraf, im Rahmen der Würdigung des Beweiswerts dieses Dokuments maßgeblich. Dagegen kann er sich nicht auf die Würdigung der sonstigen von der Kommission vorgetragenen Umstände auswirken. 79      Stützt sich die Kommission für ihre Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, genügt es für diese, das Vorliegen von Umständen nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln geschlossen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 186 und die dort angeführte Rechtsprechung). 80      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gilt dies jedoch nicht für alle Fälle, in denen eine Zuwiderhandlung nur aufgrund nichtschriftlicher Nachweise festgestellt wird. 81      Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Gemeinschaftsrecht nämlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 72). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 des EWR-Abkommens übertragbar. 82      Selbst wenn sich somit das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, kann das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Coats Holdings und Coats/Kommission, T‑36/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74). 83      Zudem verbietet keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts der Kommission, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer Unternehmen zu verwenden, denen vorgeworfen wird, sie seien am Kartell beteiligt gewesen. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die Art. 81 EG zuwiderlaufen, untragbar und mit der ihr anvertrauten Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmung zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 192). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 des EWR-Abkommens übertragbar. 84      Eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, kann jedoch nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer ist (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnrn. 219 f.). 85      Was den Beweiswert der verschiedenen Beweisstücke anbelangt, ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung der beigebrachten Beweise ihre Glaubhaftigkeit (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 81 angeführt, Randnr. 72). 86      Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 1053 und 1838). 87      Zudem kann Erklärungen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnrn. 205 bis 210). 88      Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da – wie die Klägerin geltend macht – die Möglichkeit besteht, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, möglichst viel Belastungsmaterial zur Tätigkeit ihrer Wettbewerber zu liefern, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Mitglieder des beanstandeten Kartells vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Kronzeugenregelung gelangt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 70). 89      Die Übermittlung unrichtiger Angaben ist möglicherweise insofern folgenreicher, als eine bestrittene Erklärung eines Unternehmens, wie oben in Randnr. 84 ausgeführt, erhärtet werden muss. Dadurch erhöht sich nämlich das Risiko, dass unrichtige Erklärungen sowohl von der Kommission als auch von den anderen beteiligten Unternehmen erkannt werden. 90      Was die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung die Übereinkunft eine nichtschriftliche Vereinbarung war, die zunächst die Verpflichtung der japanischen Unternehmen umfasste, nicht in den Markt für GIS-Projekte im EWR einzudringen, ferner die Verpflichtung der europäischen Unternehmen, nicht in den japanischen Markt für GIS-Projekte einzudringen, und schließlich die Verpflichtung der europäischen Unternehmen, den japanischen Unternehmen GIS-Projekte in anderen europäischen Ländern als den Stammländern zu melden und sie auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen anzurechnen. Nach Ansicht der Kommission war das Ziel des Melde- und Anrechnungsmechanismus, den japanischen Unternehmen, die von den europäischen Unternehmen als potenzielle Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen worden seien, einen Ausgleich anzubieten. 91      Von den verschiedenen oben in Randnr. 90 genannten Bestandteilen der Übereinkunft stellt die Verpflichtung zum Nichteindringen in den EWR-Markt, die die japanischen Unternehmen eingegangen sein sollen, die Grundlage für den Vorwurf dar, den die Kommission der Klägerin macht. Daher muss das Bestehen dieser Verpflichtung rechtlich hinreichend nachgewiesen werden. Die anderen Bestandteile der Übereinkunft können sich jedoch im Fall ihres Nachweises als indirekter Beweis für das Bestehen der entsprechenden Verpflichtung der japanischen Unternehmen als relevant erweisen. 92      Die Klägerin bestreitet im Rahmen des ersten Klagegrundes das Bestehen der Übereinkunft und ihre Beteiligung daran. Sie beanstandet den Beweiswert der verschiedenen von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Umstände und weist auf andere hin, die dafür sprächen, dass die Übereinkunft nicht bestanden habe. Mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission ihre Zuständigkeit überschritten. Im Rahmen des dritten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, dass die Kommission unter diesen Umständen die andere Erklärung für das Fehlen der japanischen Hersteller auf dem EWR-Markt für GIS-Projekte hätte akzeptieren müssen, die mit dem Vorliegen rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Hindernisse für den Eintritt in diesen Markt zusammenhänge. Im Rahmen des vierten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die Beweislast umgekehrt und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen, da sie das Bestehen der Übereinkunft nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe. 93      Nach Ansicht der Kommission ist das Bestehen der Übereinkunft und insbesondere die Verpflichtung der japanischen Unternehmen, nicht in den EWR-Markt einzudringen, durch ein Bündel von Beweisen, das schriftliche Beweisstücke, Erklärungen von Unternehmen, Zeugenaussagen und Umstände umfasse, die das tatsächliche Funktionieren des Kartells beträfen, rechtlich hinreichend nachgewiesen. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass erstens die von der Klägerin vorgetragene andere Erklärung nicht maßgeblich sei und dass sie zweitens den ihr obliegenden Beweis erbracht habe und folglich der Grundsatz der Unschuldsvermutung gewahrt sei. 94      Somit sind die Verlässlichkeit und der Gehalt der einzelnen betreffenden Beweisstücke zu beurteilen, um zu überprüfen, ob die von der Kommission geltend gemachten Umstände eine feste Überzeugung vom Bestehen der Übereinkunft stützen, die durch die von der Klägerin vorgebrachten Umstände nicht in Frage gestellt werden kann. 95      Die Rüge der Klägerin, dass die Kommission ihre Zuständigkeit überschritten habe, sowie der dritte und der vierte Klagegrund beruhen auf der Annahme, dass die Kommission das Bestehen einer Übereinkunft und die Beteiligung der Klägerin daran nicht bewiesen habe. Folglich würde, wenn das Vorbringen der Klägerin zum Nachweis des Bestehens einer Zuwiderhandlung und ihrer Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung zurückzuweisen ist, dies zwangsläufig implizieren, dass erstens die Kommission für die Ahndung der festgestellten Zuwiderhandlung zuständig ist, zweitens die von der Klägerin geltend gemachte andere Erklärung unter Berücksichtigung der Erwägungen oben in den Randnrn. 79 bis 82 nicht relevant ist und drittens die Kommission den ihr obliegenden Beweis erbracht und folglich den Grundsatz der Unschuldsvermutung gewahrt hat. Wird dagegen festgestellt, dass die Beteiligung der Klägerin an der angenommenen Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung nicht nachgewiesen wurde, rechtfertigt bereits diese Feststellung die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerin betrifft. Zu den Angaben von ABB –       Vorbringen der Parteien 96      Die Klägerin macht geltend, dass die Aussage, die Herr M. im Namen von ABB gemacht habe, nicht glaubhaft sei und die Feststellung des Bestehens einer Übereinkunft nicht zulasse. 97      Erstens habe ABB, da ihr ein bedingter Geldbußenerlass gewährt worden sei, einen Anreiz gehabt, Belastungsmaterial zu liefern. Darüber hinaus sei Herrn M. das Interesse von ABB daran, dass er die Annahme der Übereinkunft nicht in Frage stelle, bewusst gewesen. Es sei ihm zudem nicht unbekannt gewesen, dass ihm keine zivilrechtlichen Verfahren aufgrund seiner Erklärungen gedroht hätten, und er habe die Gewissheit gehabt, dass seine Aussage nicht Gegenstand eines Kreuzverhörs würde. Ebenso sei offensichtlich gewesen, dass die Erklärungen von Herrn M. keine zusätzlichen nachteiligen Folgen für ABB haben würden, da die Verantwortlichkeit dieses Unternehmens durch andere Umstände nachgewiesen worden sei. 98      Während der Befragung von Herrn M. sei durch die Einwürfe des Vertreters von ABB, der sich eingeschaltet habe, um die Erklärungen von Herrn Mayr zu korrigieren und zu präzisieren, und in einer bestimmten Situation sogar selbst auf die Fragen der Kommission geantwortet habe, offenkundig geworden, dass ABB bestrebt gewesen sei, Belastungsmaterial vorzutragen, 99      Zweitens sei die Aussage von Herrn M. mehr als 18 Monate nach dem Antrag von ABB auf Geldbußenerlass beigebracht worden. 100    Drittens sei die Aussage von Herrn M. lediglich eine Zeugenaussage eines ehemaligen Mitarbeiters von ABB und keine Erklärung, die im Namen von ABB abgegeben worden sei. Zum Zeitpunkt der betreffenden Unterredung habe sich dieser Zeuge bereits im Ruhestand befunden und sei nicht verpflichtet gewesen, im Interesse von ABB zu handeln. 101    Viertens sei die mündliche Aussage von Herrn M. nicht das Ergebnis einer gründlichen Überlegung. Soweit Herr M. im Verwaltungsverfahren mehrere Erklärungen abgegeben habe, seien die Angaben als eine Reihe laufend dementierter Erklärungen anzusehen und nicht als eine einzige, nach einiger Überlegung revidierte Aussage. Im Übrigen werde durch den Umstand, dass die früheren Erklärungen dieses Zeugen ihr nicht übermittelt worden seien, impliziert, dass die Erklärungen keine Beweise für die Übereinkunft enthielten, was die Glaubhaftigkeit der späteren Erklärungen dieses Zeugen schmälere. 102    Fünftens habe Herr M., selbst wenn er unmittelbarer Zeuge bestimmter Gesichtspunkte des angenommenen Kartells gewesen sei, an keinem Gespräch über die Übereinkunft teilgenommen und insbesondere nicht am Abschluss der Übereinkunft mitgewirkt, was bedeute, dass er in dieser Hinsicht kein unmittelbarer Zeuge sei. 103    Sechstens sei die Aussage von Herrn M. im Hinblick auf Abschluss, Inhalt und Durchführung der Übereinkunft vage und enthalte keine Angaben zu etwaigen Treffen oder Gesprächen. Die Erklärungen, die Herr M. zu dieser Übereinkunft abgegeben habe, bezögen sich auf ein persönliches Gefühl und enthielten keine vollständige und schlüssige Darstellung der mit einer Vereinbarung verbundenen Umstände. 104    Siebtens werde die Aussage von Herrn M. nicht durch schriftliche Beweise aus dem betreffenden Zeitraum erhärtet, sondern sowohl durch das GQ- und das EQ-Abkommen als auch durch andere Zeugenaussagen widerlegt. Im Übrigen stimmten die Erklärungen dieses Zeugen nicht mit den anderen Erklärungen von ABB überein und stünden im Widerspruch zu den Beweisen, die andere Teilnehmer des Kartells geliefert hätten. 105    Insbesondere enthalte der Antrag von ABB auf Geldbußenerlass vom 11. März 2004 keine Beschreibung der Übereinkunft, die der Darstellung in der angefochtenen Entscheidung entspreche, da sich den Erklärungen von ABB nicht entnehmen lasse, dass sie sich verpflichtet habe, nicht in den europäischen Markt einzudringen. Ebenso habe Herr V.-A., ein weiterer ABB-Mitarbeiter, erklärt, Herr M. habe ihn darüber informiert, dass Europa und Nordamerika vom Anwendungsbereich des Kartells ausgenommen seien. 106    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 107    Erstens geht aus den obigen Randnrn. 88 und 89 hervor, dass Umstände, die von einem Unternehmen vorgetragen werden, das einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hat, nicht automatisch mit Vorsicht zu genießen sind. Was den besonderen Fall der Zeugenaussagen betrifft, ist zwar möglich, dass auch die Mitarbeiter eines solchen Unternehmens, die gehalten sind, in dessen Interesse zu handeln, so viele belastende Umstände wie möglich anführen wollen, da sich ihre Mitarbeit im Rahmen des Verfahrens auch positiv auf ihre berufliche Zukunft auswirken kann. Ist dies der Fall, werden den fraglichen Mitarbeitern jedoch auch die möglichen negativen Folgen unrichtiger Angaben bewusst sein, die durch die Notwendigkeit, die Angaben zu erhärten, noch spürbarer werden. 108    Außerdem lässt sich nicht sagen, dass die Angaben von ABB keine nachteiligen Folgen für diese hätten haben können. Soweit nämlich diese Angaben vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gemacht wurden, konnten weder ABB noch ihre Mitarbeiter bzw. ihr ehemaliger Mitarbeiter sicher sein, welchen Umfang und welchen genauen Inhalt die Vorwürfe gegen ABB haben würden. 109    Was Herrn M. betrifft, macht die Klägerin zu Recht geltend, dass ein ehemaliger Mitarbeiter grundsätzlich nicht mehr gehalten ist, in Bezug auf die freiwillige Mitarbeit im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Interesse seines ehemaligen Arbeitgebers zu handeln. Dieser Umstand impliziert jedoch auch, dass ein ehemaliger Mitarbeiter grundsätzlich kein Interesse daran hat, in diesem Zusammenhang unrichtige Angaben zu machen, unabhängig von der Frage, ob er sich zivilrechtlichen Verfahren aussetzen würde und ob er wusste, dass seine Erklärungen nicht Gegenstand eines Kreuzverhörs würden. 110    Es trifft auch zu, dass der externe Berater von ABB zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Befragung von Herrn M. eingriff und ihm suggerierte, dass es für die japanischen Hersteller hätte rentabel sein können, in den europäischen Markt einzudringen, wovon Herr M. nicht überzeugt zu sein schien. Daher ist davon auszugehen, dass Herr M. Zweifel am wirtschaftlichen Interesse an einem solchen Schritt äußerte, was bei der Beurteilung des Inhalts seiner Aussage zu berücksichtigen ist. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, in welchem Umfang dieses Eingreifen des externen Beraters die Glaubhaftigkeit der Aussage von Herrn M. in sonstiger Hinsicht berührt. 111    Zweitens stellt der Umstand, dass zwischen der Stellung des Antrags von ABB auf Geldbußenerlass und der Befragung von Herrn M. ein gewisser Zeitraum verstrich, für sich genommen den Beweiswert der Aussage von Herrn M. nicht in Frage. Es ist nämlich gerechtfertigt, dass sich die Kommission im Laufe ihrer Untersuchung zusätzliche Beweise verschafft, um über alle für die Beurteilung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung relevanten Angaben zu verfügen, insbesondere im Licht der Äußerungen der betroffenen Unternehmen. Hingegen kann die Zeit, die zwischen einer Zeugenaussage und dem Sachverhalt, auf den sie sich bezieht, vergangen ist, bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage eine Rolle spielen, da Zeugen im Allgemeinen zu jüngeren Ereignissen detailliertere und verlässlichere Aussagen machen können. In der vorliegenden Rechtssache ist jedoch der zwischen dem Ende der Einbindung von Herrn M. in das Kartell und seiner Zeugenaussage verstrichene Zeitraum von drei Jahren und drei Monaten nicht lang genug, um die Glaubhaftigkeit seiner Zeugenaussage zu beeinflussen. 112    Drittens ist nicht ersichtlich, dass sich Herr M. als offizieller Vertreter von ABB geäußert hat. Diese Funktion scheint nämlich im Wesentlichen von den externen Beratern von ABB wahrgenommen worden zu sein. Sodann war Herr M., worauf oben in Randnr. 109 hingewiesen wurde, zum Zeitpunkt seiner Aussage grundsätzlich nicht mehr gehalten, im Interesse seines ehemaligen Arbeitgebers zu handeln, und es liegt auch kein Hinweis dafür vor, dass er sich durch Gespräche mit anderen Mitarbeitern von ABB und durch Einsichtnahme in deren Unterlagen systematisch auf die Befragung vorbereitet hätte. Schließlich betrafen die dabei von der Kommission gestellten Fragen nicht den offiziellen Standpunkt von ABB zu den angesprochenen Themen, sondern vielmehr die persönlichen Kenntnisse von Herrn M. 113    Viertens macht die Klägerin zu Recht geltend, dass die Aussage von Herrn M. nicht das Ergebnis einer besonders gründlichen Überlegung zu sein scheint und dass sie auch nicht nach einiger Überlegung und zusätzlichen Nachprüfungen revidiert wurde. Die Aussage erfolgte nämlich mündlich, und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kommission Herrn M. zuvor schriftliche Fragen gestellt hätte oder dass er seine Erklärungen zur Übereinkunft und zu den Zutrittsschranken zum EWR-Markt nochmals überprüft und revidiert hätte. 114    Dagegen stellt der Umstand, dass Herr M. mehrere aufeinanderfolgende Erklärungen abgegeben hat, die nicht alle von der Kommission angeführt worden sind, die Glaubhaftigkeit seiner Aussage nicht in Frage. Es ist nämlich normal, dass zum einen ein Zeuge sich nacheinander zu unterschiedlichen Gesichtspunkten und Einzelheiten eines Themenkomplexes äußert und zum anderen einige seiner Erklärungen für den Untersuchungsgegenstand der Kommission nicht relevant sind oder sich auf Tatsachen beziehen, die durch andere Beweise überzeugender nachgewiesen wurden. 115    Fünftens ist das Vorbringen der Klägerin, Herr M. sei kein unmittelbarer Zeuge, zurückzuweisen. Herr M. war nämlich im Kartell zwischen 1988 und 2002, also fast während der gesamten Dauer seines Bestehens, einer der Vertreter von ABB, während ABB selbst eine der Hauptakteurinnen war. Herr M. war somit ein unmittelbarer und besonders geeigneter Zeuge der von ihm dargelegten Umstände. 116    In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass Herr M. in seiner Aussage bestätigt hat, dass er dem Abschluss der Übereinkunft nicht beigewohnt habe. Dazu befragt, ob bei den Gesprächen, an denen er teilgenommen habe, das Thema der Übereinkunft angesprochen worden sei, hat Herr M. geantwortet, dass dies nicht erforderlich gewesen sei, da sich die Übereinkunft von selbst verstanden habe. Diese Umstände stellen jedoch den Beweiswert der Aussage von Herrn M. nicht in Frage. Zum einen kann ein andauernder Vorgang durchaus selbst dann durch einen Zeugen bewiesen werden, wenn dieser dem Beginn dieses Vorgangs nicht beigewohnt hat. Zum anderen hat Herr M. zwar erklärt, dass die Frage der Übereinkunft bei den Treffen, an denen er teilgenommen habe, nicht ausdrücklich erörtert worden sei, doch sei dies deshalb so gewesen, weil den Kartellmitgliedern diese Übereinkunft klar gewesen sei und sie sie akzeptiert und durchgeführt hätten, ohne dass eine ausdrückliche Erörterung erforderlich gewesen wäre. 117    Was sechstens den Inhalt der Aussage von Herrn M. betrifft, hat er erklärt, dass zwischen den japanischen und den europäischen Herstellern vor dem GQ-Abkommen eine Vereinbarung über den gegenseitigen Schutz der angestammten Märkte bestanden habe, diese Vereinbarung eine notwendige Voraussetzung für den Abschluss der Vereinbarungen über andere Regionen gewesen sei und nach ihren Regeln die japanischen Hersteller nicht in den angestammten Markt der europäischen Hersteller eindringen würden, obwohl sie dazu technisch in der Lage gewesen seien. Herr M. erläuterte in diesem Zusammenhang auch den Melde- und Anrechnungsmechanismus sowie die Tatsache, dass die GIS-Projekte in den Stammländern nicht Gegenstand der Gespräche zwischen den beiden Herstellergruppen gewesen und nicht auf die Kontingente nach dem GQ-Abkommen angerechnet worden seien. 118    Die Erklärungen von Herrn M. bestätigen somit das Bestehen der von der Kommission angeführten Übereinkunft und sind nicht als vage Angaben zur Schilderung persönlicher Gefühle zu qualifizieren, da sie zur Dauer der Übereinkunft, zu ihrem Inhalt und zu ihren Teilnehmern klare Aussagen enthalten. Dass Angaben zur Durchführung dieser Vereinbarung fehlen, überrascht kaum, da die wesentliche Verpflichtung der Parteien darin bestand, auf bestimmten Märkten nicht tätig zu werden. Im Übrigen hat Herr M. den Teil der Übereinkunft, der Durchführungsmaßnahmen erforderte, nämlich den Melde- und Anrechnungsmechanismus, beschrieben. 119    Siebtens wird die Frage, ob die Aussage von Herrn M. im Einklang mit der oben in Randnr. 84 dargelegten Rechtsprechung erhärtet wurde und ob sie durch Angaben von anderen Unternehmen oder durch das GQ-Abkommen und das EQ-Abkommen in Frage gestellt wird, in den nachstehenden Randnrn. 129 bis 195 behandelt. 120    Was die behaupteten Unstimmigkeiten zwischen der Aussage von Herrn M. und den anderen Angaben von ABB betrifft, hat ABB in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2004 ausdrücklich auf das Bestehen einer Übereinkunft hingewiesen, der zufolge sich die beiden japanischen Unternehmen verpflichtet hätten, keine Angebote für europäische Projekte zu unterbreiten, und sich die europäischen Unternehmen verpflichtet hätten, keine Angebote für japanische Projekte einzureichen. 121    Es ist ganz normal, dass ABB in diesem Zusammenhang auf zwei Gesellschaften, nämlich Japan AE Power Systems Corp. und TM T & D, Bezug genommen hat, da in diesen Gemeinschaftsunternehmen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen von ABB die Tätigkeiten von Fuji, Hitachi, der Klägerin und Toshiba im GIS-Bereich zusammengefasst waren. Gleichwohl war die Kommission berechtigt,, diese Erklärung als Hinweis darauf auszulegen, dass die genannten Unternehmen selbst an der Übereinkunft beteiligt waren. Im ursprünglichen Antrag auf Geldbußenerlass vom 3. März 2004 hatte ABB nämlich bereits ausgeführt, dass nach ihrem Wissen das Kartell seit mehr als zehn Jahren bestehe, was bedeutet, dass es lange vor der Gründung von Japan AE Power Systems und TM T & D gebildet wurde. 122    Was die Aussagen der Mitarbeiter von ABB betrifft, hat Herr Wi. erklärt, das Fernbleiben der japanischen Unternehmen vom europäischen Markt sei das Ergebnis eines Systems zum Schutz des japanischen und des europäischen Markts gewesen, weil keine der beiden Herstellergruppen ein Tätigwerden der jeweils anderen auf ihrem angestammten Markt gewollt habe. Ebenso hat Herr P. auf eine Übereinkunft mit den japanischen Unternehmen Bezug genommen, nach der diese nicht auf dem europäischen Markt und die europäischen Unternehmen nicht auf dem japanischen Markt auftreten würden. Somit bestätigen die Aussagen von Herrn Wi. und Herrn P. das Bestehen der Übereinkunft. 123    Dieses Ergebnis gilt auch für die Aussage von Herrn V.‑A. Befragt zum Bestehen einer etwaigen Vereinbarung zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern hat Herr V.‑A. auf eine Vereinbarung zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern hingewiesen, nach der sich die europäischen Unternehmen und die japanischen Unternehmen nicht gegenseitig „angreifen“ würden. Darüber hinaus hat Herr V.-A. erklärt, er habe an einem Gespräch zwischen den europäischen Unternehmen und dem Vertreter eines japanischen Unternehmens teilgenommen, das ausdrücklich die Einhaltung dieser Vereinbarung zum Gegenstand gehabt habe, weil es Versuche der japanischen Unternehmen gegeben habe, in den europäischen Markt einzudringen. 124    Was die behauptete Ausklammerung bestimmter Gebiete aus dem Anwendungsbereich des weltweiten Kartells betrifft, hat Herr V.-A. zum einen erklärt, dass Nordamerika aus einem speziellen Grund ausgenommen worden sei, nämlich wegen der Sanktionen, die bei einer Aufdeckung des Kartells gedroht hätten. Zum anderen habe die Ausklammerung der westeuropäischen Länder zur Folge gehabt, dass die betreffenden GIS-Projekte von den europäischen Herstellern nicht bei den Treffen, bei denen er dabei gewesen sei, nämlich denen des zuvor durch das GQ- und das EQ-Abkommen geregelten weltweiten Kartells, sondern bei anderer Gelegenheit besprochen worden seien. Diese Erklärungen stimmen indessen mit der Aussage von Herrn M. vollständig überein. 125    Wie jedoch oben in Randnr. 110 ausgeführt, ist Herr M. nicht davon überzeugt gewesen, dass die japanischen Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an einem Eindringen in den europäischen Markt für GIS-Projekte hatten. Ungeachtet des Standpunkts von Herrn M., der von Herrn P. geteilt wird, steht allerdings fest, dass sich die japanischen Unternehmen sowohl nach der Aussage der vier Zeugen von ABB als auch nach der Aussage von ABB verpflichtet hatten, nicht in den EWR-Markt einzudringen, obwohl sie dazu technisch in der Lage waren. 126    Folglich ist festzustellen, dass die Angaben von ABB Umstände darstellen, die sich für den Nachweis der Übereinkunft eignen. Darüber hinaus sind sie im Hinblick auf das Bestehen und den grundlegenden Inhalt der Übereinkunft schlüssig. 127    Die Erklärungen von ABB wurden zudem im Namen eines Unternehmens abgegeben und beruhen, wie ihr Inhalt zeigt, auf internen Untersuchungen und Gesprächen mit Mitarbeitern dieses Unternehmens. Ihnen ist daher ein gewisser Beweiswert zuzuerkennen. 128    Die Erklärungen der vier genannten Zeugen sind ihrerseits glaubhaft, da sie von Zeugen stammen, die an den von ihnen beschriebenen Vorgängen unmittelbar beteiligt waren und die nach den Umständen des vorliegenden Falls keinen Grund hatten, unrichtige Angaben zu machen. Somit ist ihnen ein erhöhter Beweiswert zuzuerkennen. Zur Erhärtung der Angaben von ABB –       Vorbringen der Parteien 129    Die Klägerin bestreitet, dass die Angaben von ABB in der vorliegenden Rechtssache angemessen erhärtet worden seien. 130    Erstens liefen die Erklärungen, die Fuji in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegeben habe, ihren Interessen nicht unmittelbar zuwider, so dass sie für die Erhärtung des Bestehens der Übereinkunft nicht geeignet seien. Im Übrigen habe Fuji erklärt, dass ihre Abwesenheit vom europäischen Markt für GIS-Produkte auf wirtschaftliche und technische Hindernisse zurückzuführen gewesen sei. Zudem könne Fuji, da sie nicht an allen Treffen zum GQ-Abkommen teilgenommen habe, eine andere Wahrnehmung als die übrigen Beteiligten haben, die der Auffassung seien, dass es keine Übereinkunft gegeben habe. 131    Zweitens sei der Umstand, dass Hitachi den im Juli 2002 unterbreiteten Vorschlag von Alstom, eine Vereinbarung über GIS-Projekte in Europa zu treffen, die Zentral- und Osteuropa erfasse, kein Beweis für das Bestehen der Übereinkunft. Die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass Hitachi auf wirtschaftliche Hindernisse hingewiesen habe, die die Präsenz japanischer Hersteller auf dem europäischen Markt beeinträchtigt hätten. Außerdem hätte, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Übereinkunft für das Funktionieren des GQ-Abkommens wesentlich gewesen sei, die Weigerung, den europäischen Markt aufzuteilen, zum Zerfall des gesamten Abkommens führen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. 132    Drittens sei es in der vorliegenden Rechtssache nicht maßgeblich, dass Areva und Alstom die Übereinkunft nicht bestritten hätten. 133    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 134    Zunächst hat Fuji in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, sie habe von der Übereinkunft gewusst, nach der die japanischen Hersteller nicht versuchen würden, in den europäischen Markt einzudringen, wobei für Fuji der Hauptgrund für das Fernbleiben vom EWR-Markt gewesen sei, dass sie in Europa kein bedeutender und ernsthafter GIS-Anbieter gewesen sei. 135    Soweit Fuji zumindest indirekt zugegeben hat, dass ihr Fernbleiben vom europäischen Markt teilweise auf die Übereinkunft zurückzuführen war, hat sie einen Umstand anerkannt, den die Kommission zu ihrem Nachteil berücksichtigen konnte. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin läuft die Erklärung von Fuji somit deren Interessen zuwider, da sie indirekt anerkennt, dass sie an einer Zuwiderhandlung beteiligt war. 136    Zwar ist die Erklärung von Fuji ziemlich vage, da Fuji nur die Verpflichtung der japanischen Hersteller anführt, nicht in den europäischen Markt einzudringen. Fuji hat damit jedoch den wichtigsten Punkt der Angaben von ABB und des Vorwurfs der Kommission gegenüber den japanischen Herstellern erhärtet. Die betreffende Erklärung ist somit im vorliegenden Fall nicht unerheblich. 137    Außerdem nahm Fuji innerhalb des Kartells eine untergeordnete Rolle ein, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht. Insbesondere war Fuji, wie aus Randnr. 150 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, das einzige japanische Unternehmen, das dem Ausschuss der Gruppe japanischer Hersteller, der u. a. für die Abstimmung der beiden Herstellergruppen im Rahmen des GQ-Abkommens verantwortlich war, nicht angehörte. Es ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Unternehmen, das innerhalb eines Kartells eine untergeordnete Rolle einnimmt, über den wesentlichen Inhalt der von diesem Kartell getroffenen Vereinbarungen informiert ist, selbst wenn dem Unternehmen die Details der Funktionsweise des Kartells und der im Rahmen des Kartells ausgetauschten Informationen nicht bekannt sind. 138    Fuji hat zwar in ihrer Erklärung auf das Bestehen von technischen und wirtschaftlichen Hindernissen für ein Eindringen in den EWR-Markt hingewiesen. Diese Hindernisse wurden jedoch nicht als einziger Grund für ihr Fernbleiben von diesem Markt genannt, sondern nur als wichtigster Grund. Im Übrigen hat Fuji neben diesen verschiedenen Hindernissen auch auf ihren geringen Anteil am Weltmarkt hingewiesen, der sie gegenüber ihren größeren europäischen und japanischen Wettbewerbern benachteiligt habe. Daher kann ihre Argumentation zu dieser Frage nicht auf das Vorbringen der anderen japanischen Hersteller übertragen werden. 139    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Erklärung, die Fuji in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgab, die Angaben von ABB tendenziell erhärtet, auch wenn ihr Beweiswert eingeschränkt ist. 140    Nach Randnr. 127 der angefochtenen Entscheidung machte Alstom während des Treffens vom 10. Juli 2002, bei dem die Anpassung der Arbeitsmethoden des Kartells nach der erneuten Beteiligung von Siemens und Hitachi an ihm besprochen wurde, den Vorschlag, die europäischen Hersteller sollten in Europa bleiben, und die japanischen Hersteller sollten in Japan bleiben und nicht versuchen, in den europäischen Markt einzudringen. In der genannten Randnummer wird auch festgestellt, dass der Vertreter von Hitachi beim anschließenden Treffen am 15. Juli 2002 darauf hingewiesen habe, dass sein Unternehmen diesen Vorschlag ablehne, und dass daraufhin die europäischen Hersteller Europa einschließlich Mittel- und Osteuropa zu ihrem Markt erklärt hätten. Des Weiteren hätten sie ihre Absicht bekundet, ihre in Westeuropa verlangten Preise zu halten, und erklärt, dass diese Frage noch einmal behandelt werden solle, was aber nicht geschehen sei. 141    Auf den ersten Blick deutet diese Zusammenfassung der Treffen vom 10. und 15. Juli 2002, die auf Angaben von Hitachi beruht, darauf hin, dass Alstom den Abschluss einer neuen Vereinbarung vorschlug, die von Hitachi abgelehnt und nicht weiter erörtert wurde, was bedeuten würde, dass es zumindest ab Juli 2002 keine Vereinbarung über das Verhalten der japanischen Hersteller auf dem EWR-Markt gab. 142    Jedoch zeigt die Zusammenfassung des Treffens vom 15. Juli 2002 zum einen, dass Hitachi nicht die Idee einer Marktaufteilung an sich ablehnte, sondern nur den konkreten Vorschlag von Alstom. Zum anderen wies Hitachi in dieser Zusammenfassung darauf hin, dass die Forderungen der europäischen Hersteller Mittel- und Osteuropa einschlossen, woraus abgeleitet werden kann, dass sich der Widerstand von Hitachi auf diesen speziellen Aspekt, nicht aber auf die Situation in Westeuropa bezog. 143    Außerdem stellt der Vorschlag, der von Alstom eingebracht wurde, die Argumentation in Frage, die die Klägerin und Hitachi im Hinblick auf die Wettbewerbslage auf dem EWR-Markt angeführt haben. Wenn die japanischen Hersteller, wie von der Klägerin und Hitachi behauptet, wegen unüberwindlicher Zutrittsschranken nicht als ernsthafte Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen worden wären, wäre nämlich eine Vereinbarung über diesen Markt in der Tat überflüssig gewesen. In diesem Fall hätten die europäischen Hersteller, denen dieser Umstand dank ihrer privilegierten Stellung in Europa bewusst gewesen wäre, keinen Grund gehabt, eine solche Vereinbarung vorzuschlagen. Aus der von Hitachi vorgelegten Zusammenfassung ergibt sich aber, dass der Vorschlag von Alstom den EWR-Markt sowie den mittel- und osteuropäischen Markt betraf. 144    Unter diesen Umständen ist die Auslegung zugrunde zu legen, nach der Alstom bei dem Treffen vom 10. Juli 2002 die Ausdehnung der von der Kommission behaupteten Übereinkunft auf die Länder Mittel- und Osteuropas vorschlug. 145    Zum einen bedeutet diese Auslegung, dass der Vorschlag von Alstom das Bestehen der Übereinkunft zum Zeitpunkt des Vorschlags beweist. Zum anderen ist die Ablehnung dieses Vorschlags durch Hitachi nicht mit der Ablehnung der Übereinkunft als solcher gleichzusetzen. Vielmehr ist sie nur als Ablehnung der Ausdehnung der Übereinkunft anzusehen. Folglich basiert das Vorbringen der Klägerin, wonach das GQ-Abkommen nach dem Treffen vom 15. Juli 2002 hätte zerfallen müssen, auf einer falschen Annahme. 146    Aus alledem ergibt sich, dass der Vorschlag, den Alstom auf dem Treffen vom 10. Juli 2002 unterbreitete, die Angaben von ABB erhärtet. 147    Drittens kann, wie oben in Randnr. 50 festgestellt, der behauptete neutrale Standpunkt von Alstom und Areva nicht als Beweis für das Bestehen der Übereinkunft angesehen werden. Folglich ist dieser Umstand nicht geeignet, die Angaben von ABB zu erhärten. Zum Melde- und Anrechnungsmechanismus –       Vorbringen der Parteien 148    Die Klägerin macht geltend, das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus sei unwahrscheinlich und nicht bewiesen. 149    Erstens seien die japanischen Hersteller auf dem europäischen Markt nicht als bedrohliche Wettbewerber wahrgenommen worden, so dass es nicht erforderlich gewesen sei, ihnen über diesen Mechanismus einen Ausgleich anzubieten. Zwar sei mit der Meldung das Ziel verfolgt worden, eine Anrechnung zu ermöglichen, doch seien die europäischen Hersteller nicht motiviert gewesen, diese vorzunehmen. 150    Zweitens sei es angesichts der genauen Natur des GQ-Abkommens unwahrscheinlich, dass das Abkommen selbst oder spätere Dokumente den Melde- und Anrechnungsmechanismus nicht erwähnten. 151    Drittens setze die These der Kommission eine obligatorische und systematische Meldung voraus, da nur ein Mechanismus, der zumindest einen erheblichen Teil der betreffenden GIS-Projekte erfasse, den japanischen Herstellern habe ermöglichen können, das Anrechnungsverfahren nachzuverfolgen und zu kontrollieren. In der vorliegenden Rechtssache habe die Kommission jedoch weder das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus noch dessen systematischen Charakter rechtlich hinreichend bewiesen. 152    Hierzu haben Herr M. und Herr P. in ihren Zeugenaussagen angegeben, dass die Listen der GIS-Projekte in Europa und ihre Zuteilung nicht mit den japanischen Unternehmen erörtert worden seien. Darüber hinaus lasse sich mit den fraglichen Listen das Bestehen eines systematischen Meldeverfahrens nicht nachweisen. 153    Die Erklärungen, die Hitachi in ihrem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung und ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegeben habe, seien ihrerseits eine Sachverhaltsauslegung durch Hitachi. Jedenfalls beträfen diese Erklärungen nicht den Zeitraum, der auf Hitachis Unterbrechung ihrer Kartellbeteiligung im Jahr 1999 gefolgt sei. Außerdem habe Hitachi eine zusätzliche Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingereicht, die den Wert der von ihr in der ursprünglichen Antwort abgegebenen Erklärungen tendenziell schmälere. Zudem seien die fraglichen Erklärungen, die Hitachi nach ihrem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung eingereicht habe, angesichts der Genauigkeit, mit der Hitachi diesen Antrag formuliert habe, keineswegs glaubhaft. 154    Im Übrigen habe die Kommission selbst in den Erwägungsgründen 148 und 162 der angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass die Meldung nicht regelmäßig habe vorgenommen werden können. Fuji habe diesen Umstand in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestätigt, und Hitachi habe ihn in ihren Erklärungen zur Meldung und Anrechnung nicht bestritten. Zum Inhalt des EQ-Abkommens macht die Klägerin erstens geltend, dass sie von der Existenz dieses Dokuments nichts gewusst habe und es daher in Bezug auf sie nicht maßgeblich sei. Zweitens sehe Anhang 2 des Abkommens eine freiwillige und keine obligatorische Meldung von GIS-Projekten in Europa gegenüber japanischen Herstellern vor. 155    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 156    Erstens stützt sich das Vorbringen der Kommission zum Melde- und Anrechnungsmechanismus nicht ausschließlich auf die These, dass die japanischen Hersteller als ernsthafte Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen worden seien. Die Kommission ist nämlich der Ansicht, dass sie positive Beweise für das Bestehen dieses Mechanismus erhalten habe. Vor diesem Hintergrund ist der Beweiswert der von der Kommission vorgebrachten Umstände zu untersuchen, damit überprüft werden kann, ob sie das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus rechtlich hinreichend beweisen. 157    Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin, zwar sei mit der Meldung das Ziel verfolgt worden, eine Anrechnung zu ermöglichen, doch seien die europäischen Hersteller nicht motiviert gewesen, diese vorzunehmen, in keiner Weise belegt. Das Vorbringen stützt sich ausschließlich auf eine isolierte Beurteilung des Melde- und Anrechnungsmechanismus. Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht der Auffassung der Kommission, wie sie oben in Randnr. 90 zusammengefasst wurde und wonach der Mechanismus in den allgemeineren Rahmen der Übereinkunft eingebettet war. 158    Zweitens erforderte der Melde- und Anrechnungsmechanismus zwar bestimmte Durchführungsmaßnahmen, doch waren diese nicht besonders kompliziert, da sie im Wesentlichen aus der Übermittlung bestimmter Angaben durch die europäische Gruppe an die japanische Gruppe bestanden, die außerdem parallel zur Übermittlung von Angaben nach dem GQ-Abkommen zu den GIS-Projekten außerhalb des EWR erfolgte. Folglich ist nicht ersichtlich, dass diese Durchführungsmaßnahmen oder der Melde- und Anrechnungsmechanismus selbst zwingend in einem schriftlichen Dokument hätten festgehalten werden müssen, insbesondere da die Beteiligten des Kartells die Gefahr der Aufdeckung des Kartells verringern wollten, wie die organisatorischen und technischen Vorkehrungen belegen, die in den Randnrn. 170 bis 176 der angefochtenen Entscheidung angeführt werden. 159    Drittens hat Herr M. das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus in seiner Aussage ausdrücklich bestätigt. Er hat auch erklärt, dass sich dieser Mechanismus nicht auf die GIS-Projekte in den Stammländern, d. h. in Japan und bestimmten europäischen Ländern, bezogen habe. 160    Auch in den Erklärungen von ABB wurde das Bestehen eines Mechanismus zur Anrechnung des Werts von GIS-Projekten im EWR auf das im GQ-Abkommen festgeschriebene weltweite Kontingent bestätigt. 161    Wie die Klägerin dagegen zu Recht geltend macht, geht aus den von ABB übermittelten Projektlisten nicht hervor, dass GIS-Projekte in Europa den japanischen Herstellern regelmäßig gemeldet wurden. Daher sind die fraglichen Listen kein Beweis für den Melde- und Anrechnungsmechanismus. 162    Zu den Angaben von Hitachi ist anzumerken, dass sich die Erklärung, Siemens habe regelmäßig Tabellen in Umlauf gebracht, in denen ein Teil der den einzelnen Kartellmitgliedern zugeteilten GIS-Projekte schematisch dargestellt worden sei, in Verbindung mit den der Erklärung unmittelbar vorangehenden Sätzen auf GIS-Projekte außerhalb des EWR bezieht. Diese Erklärung ist daher für den Nachweis des von der Kommission angeführten Melde- und Anrechnungsmechanismus für GIS-Projekte im EWR ebenfalls nicht relevant. 163    In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat Hitachi hingegen erklärt, dass die europäischen Hersteller, bevor Hitachi ihre Beteiligung am Kartell 1999 aussetzte, den japanischen Herstellern die Einzelheiten über GIS-Projekte mitgeteilt hätten, die sie in Europa durchführen wollten, damit diese Projekte bei der Ermittlung des nach dem GQ-Abkommen den beiden Herstellergruppen jeweils zugeteilten Kontingents an GIS-Projekten außerhalb des EWR hätten berücksichtigt werden können. 164    Diese Erklärung bestätigt ausdrücklich das Bestehen des von der Kommission angeführten Melde- und Anrechnungsmechanismus bis 1999. Darüber hinaus ist sie aus zwei Gründen sehr beweiskräftig. Zum einen widerspricht diese Erklärung den Interessen von Hitachi, da sie eine Verbindung zwischen den Kartellaktivitäten innerhalb des EWR und den japanischen Herstellern impliziert; sie stellt daher ein belastendes Beweismittel dar. Zum anderen zeigt die betreffende Passage in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass Hitachi die Schlüsse, die aus dieser Erklärung gezogen werden konnten, nicht bewusst waren. 165    Wie im Übrigen oben in Randnr. 54 festgestellt, hat Hitachi den sachlichen Inhalt der Erklärungen, die sie zum Melde- und Anrechnungsmechanismus abgegeben hat, in ihrer zusätzlichen Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht widerrufen. 166    Außerdem führt der Umstand, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus in dem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung, den Hitachi vor ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte stellte, nicht erwähnt wurde, nicht zu einer Schmälerung des Beweiswerts der Erklärungen, die Hitachi zu diesem Mechanismus abgab. Es ist nämlich normal, dass ein Unternehmen im Laufe des Verfahrens seinen Standpunkt im Hinblick auf bestimmte Umstände des Einzelfalls präzisiert, insbesondere nach der Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die von der Kommission vorgebrachten Vorwürfe und Beweise festschreibt. 167    Fuji wiederum hat in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, dass die Angaben über die Aufteilung der GIS-Projekte in den vom Anwendungsbereich des GQ-Abkommens ausgenommenen europäischen Ländern den japanischen Herstellern nicht systematisch übermittelt worden seien und Fuji daher nicht über das Funktionieren des EQ-Abkommens Bescheid gewusst habe. 168    Es ist jedoch festzustellen, dass zum einen die Stellungnahme von Fuji ihren Interessen nicht zuwiderläuft, da sie darauf gerichtet ist, das Vorliegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens zu bestreiten. Folglich hat sie einen geringeren Beweiswert als die relevanten Angaben von ABB und Hitachi. Zum anderen kann die oben in Randnr. 137 angeführte untergeordnete Rolle, die Fuji innerhalb des Kartells zukam, die Tatsache erklären, dass Fuji nicht an jedem von der europäischen Herstellergruppe ausgehenden Informationsaustausch beteiligt war. Durch diesen Umstand wird auch die Verlässlichkeit der Erklärungen von Fuji hierzu im Vergleich zu den Angaben von ABB und Hitachi, die Mitglieder der Ausschüsse ihrer jeweiligen Gruppe waren und aus diesem Grund stärker in die einzelnen Aktivitäten des behaupteten Kartells eingebunden wurden, in Frage gestellt. 169    Was das EQ-Abkommen betrifft, bestimmt Punkt 4 des Abschnitts „E (E‑Members)“ seines Anhangs 2, dass die europäischen Hersteller „über die Meldung der europäischen Projekte an [die Gruppe der japanischen Hersteller] entscheiden“. Aus dem Kontext von Anhang 2 geht hervor, dass die Übermittlung der Informationen vor der Zuteilung der betreffenden GIS-Projekte stattfinden musste. 170    Dagegen betrifft die oben angeführte Bestimmung nicht die Nachverfolgung bereits zugeteilter Projekte. Der Inhalt dieser Bestimmung ist daher zwar ein Indiz dafür, dass die japanischen Hersteller hinsichtlich der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden (siehe unten, Randnrn. 184 bis 191), doch sind die von ihr vorgesehenen Maßnahmen nicht Teil des von der Kommission angeführten Melde- und Anrechnungsmechanismus. Für den Nachweis des Mechanismus sind daher weder Anhang 2 des EQ-Abkommens noch die in den Randnrn. 148 und 162 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Verweise auf den Inhalt dieses Anhangs relevant. 171    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus durch die von ABB gemachten und durch die Erklärungen von Hitachi in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erhärteten Angaben rechtlich hinreichend nachgewiesen ist. 172    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin folgt aus den in der vorstehenden Randnummer angeführten Umständen nicht, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus gelegentlich und nach freiem Ermessen durchgeführt wurde. In den Erklärungen von ABB und Hitachi und der Aussage von Herrn M. wird dieses Thema zwar nicht ausdrücklich angesprochen, doch geht aus den in diesen Schriftstücken verwendeten Formulierungen eindeutig hervor, dass die Meldung ein regelmäßiger Vorgang war, der für alle Beteiligten und alle betreffenden Projekte galt. Wie oben in Randnr. 168 ausgeführt, sind die Erklärungen von Fuji hierzu weniger verlässlich als die Angaben von ABB und Hitachi. Zudem wurde oben in Randnr. 170 bereits festgestellt, dass Anhang 2 des EQ-Abkommens in dieser Hinsicht nicht relevant ist. 173    Was den Zeitraum der Durchführung des Melde- und Anrechnungsmechanismus anbelangt, beziehen sich die Erklärungen von ABB nicht auf einen besonderen Zeitraum und können daher ohne Weiteres dahin verstanden werden, dass sie sich auf die gesamte Zuwiderhandlung beziehen. Die Erklärungen von Herrn M. beziehen sich auf den Zeitraum, in dem er an den Kartellaktivitäten beteiligt war, d. h. zwischen 1988 und Juni 2002. Soweit jedoch oben in Randnr. 84 festgestellt wurde, dass die Angaben von ABB durch andere Beweise erhärtet werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Erklärungen von Hitachi den Zeitraum betreffen, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem sie ihre Beteiligung am Kartell im Jahr 1999 unterbrach. Daher ist das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus für den letztgenannten Zeitraum als nachgewiesen anzusehen. 174    Was die Erheblichkeit dieses Mechanismus betrifft, so ist er ein ernst zu nehmendes Indiz dafür, dass die japanischen Hersteller von den europäischen Herstellern auf dem EWR-Markt als potenzielle ernsthafte Wettbewerber wahrgenommen wurden. Wäre nämlich für die japanischen Hersteller ein Eindringen in den europäischen Markt aufgrund von Zutrittsschranken tatsächlich unmöglich gewesen, hätten die europäischen Hersteller keinen Grund gehabt, die Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR zu melden und, a fortiori, diese auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen anzurechnen, da diese Anrechnung darauf hinauslief, ihnen einen Teil der GIS-Projekte in den vom GQ-Abkommen erfassten Gebieten zu nehmen. Das Bestehen eines solchen Melde- und Anrechnungsmechanismus bedeutet daher, dass die japanischen Hersteller in den europäischen Markt hätten eindringen können. Wenn sie dies nicht taten, so deshalb, weil sie sich dazu verpflichtet hatten, um im Gegenzug einen größeren Anteil an den GIS-Projekten außerhalb des EWR zu erhalten. Der fragliche Mechanismus stellt daher das Bindeglied zwischen den Kartellaktivitäten innerhalb des EWR und den japanischen Unternehmen und somit einen mittelbaren Nachweis für das Bestehen der Übereinkunft dar. 175    Nach alledem ist durch die Erklärungen von ABB und Hitachi und die Aussage von Herrn M. nachgewiesen, dass von 1988 bis zur Unterbrechung der Kartellbeteiligung von Hitachi im Jahr 1999 der Gruppe der japanischen Hersteller regelmäßig bestimmte GIS-Projekte im EWR nach ihrer Zuteilung gemeldet und auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen angerechnet wurden. Darüber hinaus stellt der fragliche Mechanismus einen mittelbaren Beweis für die von der Kommission angeführte Übereinkunft dar. Zu den Angaben, die das Bestehen der Übereinkunft widerlegen sollen –       Vorbringen der Parteien 176    Die Klägerin macht erstens geltend, dass die aus dem entscheidungserheblichen Zeitraum stammenden Dokumente nicht auf die Übereinkunft verwiesen. Obwohl das GQ- und das EQ-Abkommen detaillierte Regelungen zur Funktionsweise des Kartells enthielten, sei Europa aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen. Es sei jedoch nicht plausibel, dass einer der wesentlichen Bestandteile des Kartells in den betreffenden Abkommen völlig fehle. Nach Auffassung der Klägerin hätten die GIS-Hersteller, wenn sie beabsichtigt hätten, ein weltweites Kartell zu bilden, um sich die Märkte der Stammländer vorzubehalten, im Rahmen ihres schriftlichen Abkommens Schutzklauseln vorgesehen, statt die fraglichen Gebiete aus dem Anwendungsbereich des Abkommens auszuschließen und sich auf eine nichtschriftliche Vereinbarung zu stützen. 177    Daher könnten das GQ- und das EQ-Abkommen nicht als schriftliche Nachweise für das Bestehen der Übereinkunft angesehen werden. Dies gelte umso mehr, als die japanischen Hersteller nicht am EQ-Abkommen beteiligt gewesen seien und von ihm keine Kenntnis gehabt hätten. 178    Im Übrigen erhärte das EQ-Abkommen den Umstand, dass die japanischen Hersteller auf dem europäischen Markt keine ernsthafte Bedrohung darstellten, da das EQ-Abkommen im Hinblick auf europäische Projekte vorsehe, dass nur die europäischen Hersteller Unterstützungsangebote einreichten. Dies bedeute, dass die europäischen Kunden ein Angebot eines japanischen Herstellers nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätten. 179    Zweitens sei die Übereinkunft den Mitarbeitern der Klägerin nicht bekannt gewesen, und keiner von ihnen sei an den damit verbundenen Aktivitäten beteiligt gewesen. 180    Darüber hinaus habe die Kommission Beweise − einschließlich Zeugenaussagen − außer Acht gelassen, die die Klägerin, Hitachi, Siemens, Toshiba und VA TECH übermittelt hätten und denen zufolge zu keinem Zeitpunkt eine Übereinkunft existiert habe. 181    In diesem Zusammenhang sei der Beweiswert der Angaben von Siemens und VA TECH umso höher, als diese beiden Unternehmen kein Interesse daran hätten, das Bestehen der Übereinkunft zu bestreiten, da ihre Beteiligung an einer Zuwiderhandlung durch andere Beweise feststehe. 182    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 183    Erstens ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das GQ-Abkommen den Aufbau eines weltweiten Kartells für GIS-Projekte vorsieht. In diesem Abkommen wird jedoch zum einen, wie die Klägerin geltend macht, die Übereinkunft nicht erwähnt, und zum anderen sind nach Anhang 2 dieses Abkommens Japan, die damaligen zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sowie fünf weitere Länder Westeuropas von seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen. 184    Das EQ-Abkommen ist eine Durchführungsvereinbarung zum GQ-Abkommen, das sich insbesondere auf die Aufteilung des gemeinsamen „europäischen“ Kontingents nach dem GQ-Abkommen bezieht. Es wurde ausschließlich von den europäischen Unternehmen geschlossen. Die Klägerin gehörte ihm somit nicht an. Außerdem wird im EQ-Abkommen die Übereinkunft nicht ausdrücklich erwähnt. 185    Vor diesem Hintergrund sind das GQ-Abkommen und das EQ-Abkommen nicht als schriftliche Nachweise für das Bestehen der Übereinkunft anzusehen. 186    Das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf diese Übereinkunft im Wortlaut des GQ- und EQ-Abkommens bedeutet jedoch nicht, dass eine solche Übereinkunft nicht bestanden hat. Die den japanischen Herstellern von der Kommission zur Last gelegte Verpflichtung einer Gruppe von Herstellern, nicht in den der anderen Gruppe vorbehaltenen Markt einzudringen, beruht nämlich auf einem einfachen und leicht durchführbaren Konzept. Seine Durchführung erfordert grundsätzlich auch keine Interaktion zwischen den betreffenden Unternehmen. Eine solche Verpflichtung kann daher durchaus in Form einer nichtschriftlichen Vereinbarung bestehen, was im Übrigen die Gefahr ihrer Aufdeckung verringert. 187    Darüber hinaus konnte sich die in Art. 6 Abs. 4 des EQ-Abkommens enthaltene Verpflichtung, Unterstützungsangebote einzureichen, nicht auf die japanischen Hersteller beziehen, da sie am EQ-Abkommen nicht beteiligt waren. Folglich impliziert diese Bestimmung nicht, dass die japanischen Unternehmen auf dem EWR-Markt nicht als potenzielle Wettbewerber wahrgenommen wurden. 188    Wie zudem oben in Randnr. 169 festgestellt wurde, konnten die europäischen Hersteller gemäß Punkt 4 des Abschnitts „E (E‑Members)“ des Anhangs 2 des EQ-Abkommens über die Meldung bestimmter europäischer GIS-Projekte an die Gruppe der japanischen Hersteller entscheiden, bevor die betreffenden GIS-Projekte zugeteilt wurden. 189    Dieser Umstand widerlegt in gewissem Maß das Vorbringen der Klägerin, da er darauf hindeutet, dass nach Ansicht der europäischen Hersteller die japanischen Hersteller am Prozess der Zuteilung zumindest bestimmter GIS-Projekte im EWR interessiert sein konnten und daher potenzielle Wettbewerber in Bezug auf solche Projekte waren. 190    Jedoch beweist nichts im EQ-Abkommen und auch kein anderer von der Kommission angeführter Umstand, dass der betreffende Mechanismus von den europäischen Herstellern durchgeführt wurde oder dass die japanischen Hersteller von seinem Bestehen wussten. 191    Das EQ-Abkommen ist daher nur ein Indiz dafür, dass, wie die Kommission vorbringt, die japanischen Hersteller bei der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden. 192    Zweitens hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie feststellte, dass den Erklärungen und Aussagen von ABB, den Erklärungen von Fuji zum Bestehen der Übereinkunft und den Erklärungen von Hitachi zur Meldung und Anrechnung höherer Beweiswert beizumessen sei als dem Bestreiten des Bestehens der Übereinkunft durch die Klägerin, Hitachi, Siemens, Toshiba und VA TECH und den von ihnen vorgelegten Beweisen. 193    Dieses Bestreiten läuft nämlich im Unterschied zur erstgenannten Gruppe von Beweisen nicht den Interessen der betreffenden Unternehmen zuwider, da es darauf abzielt, das Vorliegen jeder Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens in Frage zu stellen. Diese Feststellung gilt auch für die Aussagen von Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern, da es sich zum einen grundsätzlich nicht um unabhängige Beweisstücke handelt, wie oben in Randnr. 59 dargelegt wurde. Zum anderen enthalten die vorgelegten Aussagen, was die Übereinkunft betrifft, im Vergleich zu den Angaben der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nichts Neues. 194    Außerdem ist nicht anzunehmen, dass die europäischen Unternehmen einschließlich Siemens und VA TECH kein Interesse daran gehabt hätten, das Bestehen der Übereinkunft zu bestreiten, da diese von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als Kartellabsprache zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern über den EWR-Markt angesehen wurde und daher eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens darstellte. Eine solche Feststellung war jedoch für die europäischen Hersteller nachteilig – zumindest potenziell, wenn nämlich die übrigen gegen sie von der Kommission erhobenen Vorwürfe nicht hätten rechtlich hinreichend nachgewiesen werden können. 195    Nach alledem ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgebrachten Beweise den Wert der Beweise, auf die sich die Kommission für die Feststellung des Bestehens der Übereinkunft beruft, nicht in Frage stellen. Zur Zuteilung der GIS-Projekte im EWR –       Vorbringen der Parteien 196    Die Klägerin trägt vor, die geltend gemachten Umstände seien kein Beweis für ihre Beteiligung an der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR. 197    Sie räumt ein, dass sie an Treffen mit europäischen Herstellern teilgenommen habe, doch hätten sich diese Treffen nur auf das GQ-Abkommen bezogen, weshalb sie keinen Verstoß gegen Art. 81 EG oder Art. 53 des EWR-Abkommens darstellten. 198    Es treffe auch nicht zu, dass die japanischen Hersteller bisweilen in Erwägung gezogen hätten, Angebote für Ausschreibungen von GIS-Projekten im EWR abzugeben. Sie fügt hinzu, bis auf eine Ausnahme habe sie während der Dauer des Kartells niemals Ausschreibungen europäischer Unternehmen erhalten. 199    Von den verschiedenen die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweisen seien der Klägerin die von ABB und Fuji bereitgestellten Projektlisten zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen. Sie bestreite ausdrücklich, vom spanischen Projekt „MSP via GC“ aus dem Jahr 1997 Kenntnis erlangt zu haben, für das sie laut einer der von ABB bereitgestellten Projektlisten Interesse bekundet haben solle. 200    Ebenso lasse sich anhand der von VA TECH gelieferten Beweise, auf die in Randnr. 204 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werde, keine Verbindung zwischen den GIS-Projekten im EWR und der Klägerin oder einem anderen japanischen Hersteller nachweisen. 201    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 202    Die Akte enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass GIS-Projekte im EWR bei den Treffen gemäß dem GQ-Abkommen, an denen die japanischen Mitglieder des Kartells beteiligt waren, erörtert wurden. 203    Auch aus den von ABB und Fuji vorgelegten Projektlisten geht nicht hervor, dass GIS-Projekte im EWR mit den japanischen Herstellern besprochen wurden, abgesehen davon, dass die Klägerin Interesse für das Projekt „MSP via GC“ in Spanien gezeigt haben soll. Angesichts der Länge der betreffenden Projektliste sowie der Tatsache, dass die Kommission keine anderen Fälle angeführt hat, in denen ein japanischer Hersteller sein Interesse für ein GIS-Projekt im EWR bekundet haben soll, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Hinweis auf das Interesse der Klägerin an diesem Projekt, das sich auf der von ABB vorgelegten Projektliste befand, auf einem Fehler beruht. Jedenfalls wird der Inhalt der Projektliste von ABB in Bezug auf das Projekt „MSP via GC“ nicht durch andere Umstände und insbesondere nicht durch die Projektliste von Fuji erhärtet und kann daher insoweit nicht berücksichtigt werden. 204    Ferner stützt die Kommission ihren Hinweis in Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung, dass die japanischen Hersteller die Abgabe von Angeboten für Aufträge aus Europa bisweilen in Erwägung gezogen, im Allgemeinen jedoch darauf verzichtet und die betreffenden Projekte den europäischen Herstellern gemeldet hätten, allein auf die Erklärungen von ABB und die Aussagen ihrer Mitarbeiter. Dieses Vorbringen kann daher nicht berücksichtigt werden, da es nicht durch andere Umstände erhärtet wird. 205    Schließlich enthalten die handschriftlichen Aufzeichnungen eines Vertreters von VA TECH, auf die in Randnr. 204 der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird, erstens einen Verweis auf ein GIS-Projekt im EWR und zweitens den Hinweis darauf, dass ein aus GIS-Projekten bestehendes „Package“ mit den japanischen Herstellern zu besprechen sei. Zwischen den beiden betreffenden Stellen befinden sich jedoch mehrere Seiten mit Aufzeichnungen zu anderen Themen. Darüber hinaus sind dem Hinweis auf die japanischen Unternehmen Aufzeichnungen zu einem GIS-Projekt außerhalb des EWR unmittelbar vorangestellt. Unter diesen Umständen lassen die erwähnten Aufzeichnungen keine Rückschlüsse auf das Interesse der japanischen Unternehmen an GIS-Projekten in Europa zu. 206    Nach alledem ist festzustellen, dass eine Beteiligung der japanischen Hersteller an der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR nicht nachgewiesen worden ist. Gesamtwürdigung –       Vorbringen der Parteien 207    Die Klägerin macht vorab geltend, entgegen dem Vorbringen der Kommission sei es nicht notwendig, die angestammten Märkte der beiden Herstellergruppen zu schützen. Es habe kein Risiko bzw. keine Gefahr bestanden, dass sich japanische Hersteller zu Wettbewerbern auf dem europäischen Markt bzw. europäische Hersteller zu Wettbewerbern auf dem japanischen Markt entwickelten. Während des Zeitraums, in dem das Kartell bestanden haben solle, sei sie nur ausnahmsweise aufgefordert worden, ein Angebot für ein GIS-Projekt im EWR einzureichen. 208    Gegenstand und Inhalt der Übereinkunft seien nicht nachgewiesen worden. Anhand der von der Kommission vorgebrachten Umstände ließen sich weder die Beteiligten der Übereinkunft noch das Datum ihres Abschlusses oder die Auswirkungen des vorübergehenden Ausstiegs von Siemens und Hitachi aus dem Kartell im Jahr 1999 auf die Übereinkunft feststellen. Die von ABB gelieferten Beweise hätten somit nicht zur Aufdeckung einer Kartellabsprache geführt, sondern seien ein „unbewusster Ausdruck“ des Umstands, dass die japanischen und europäischen Unternehmen nicht in der Lage gewesen seien, in den Markt der jeweils anderen Gruppe einzudringen. 209    Im Übrigen habe die Kommission die Auswirkungen der Unterbrechung der Kartellbeteiligung von Siemens und Hitachi aus dem Kartell außer Acht gelassen. Ginge man davon aus, dass die Beteiligten auf den jeweiligen Märkten der Stammländer eine wechselseitige ernsthafte Bedrohung als Wettbewerber dargestellt hätten, wäre die Übereinkunft durch das Ausscheiden von zwei wichtigen Teilnehmern des GQ-Abkommens in Frage gestellt worden. Außerdem hätten Hitachi und Siemens in den zwei Jahren, in denen sie nicht am Abkommen teilgenommen hätten, Umsätze in Europa bzw. Japan verzeichnet. 210    Schließlich sei das Vorbringen der Kommission zu den „Stammländern“ und zur Relevanz des Melde- und Anrechnungsmechanismus nicht zu berücksichtigen. Dieses Vorbringen, insbesondere die Behauptung, dass den japanischen Unternehmen die „Stammländer“ bekannt gewesen seien, werde durch keine anderen Beweise als die Aussage von Herrn M. gestützt. Die Erklärungen von Herrn M., wonach Identität und Zugehörigkeit der Stammländer festgestanden und keiner Diskussion bedürft hätten und aus der Zeit vor dem GQ-Abkommen stammten, seien durch andere von der Kommission vorgebrachte Beweise widerlegt, wonach sich diese Umstände im Laufe der Zeit entwickelt hätten. Folglich sei die Aussage von Herrn M. in diesem Punkt nicht glaubhaft. 211    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 212    Aus der oben in den Randnrn. 107 bis 175 durchgeführten Prüfung geht erstens hervor, dass in den Erklärungen von ABB und den Aussagen ihrer Mitarbeiter sowie ihres ehemaligen Mitarbeiters eine Übereinkunft beschrieben wird, nach der die europäischen und die japanischen Hersteller sich gegenseitig verpflichteten, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen. Diese Angaben ermöglichen auch die Ermittlung der Parteien dieser Übereinkunft − darunter die Klägerin − sowie den Schluss, dass die Übereinkunft zwar wahrscheinlich vor, aber spätestens gleichzeitig mit dem GQ-Abkommen geschlossen wurde. 213    Zweitens wird das Bestehen dieser gegenseitigen Übereinkunft durch den Vorschlag von Alstom beim Treffen vom 10. Juli 2002 erhärtet. Auch die Erklärungen von Fuji untermauern das Bestehen der Verpflichtung der japanischen Unternehmen, nicht in den europäischen Markt einzudringen. 214    Drittens haben nach den Erklärungen und der Aussage von ABB, erhärtet durch die Erklärungen von Hitachi, die japanischen Hersteller zumindest für den Zeitraum 1988 bis 1999 die regelmäßige Meldung der Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR und ihre Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen akzeptiert. Ferner sahen die europäischen Hersteller in Punkt 4 des Teils „E (E‑Members)“ des Anhangs 2 des EQ-Abkommens die Möglichkeit vor, den japanischen Herstellern die Einzelheiten zu bestimmten GIS-Projekten im EWR vor ihrer Zuteilung mitzuteilen. Diese beiden Umstände deuten darauf hin, dass die japanischen Hersteller entgegen dem Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden, sich jedoch verpflichteten, nicht in den europäischen Markt einzudringen, um im Gegenzug einen größeren Anteil an den GIS-Projekten in anderen Regionen zu erhalten. Sie stellen daher mittelbare Beweise für das Bestehen des gegenseitigen Übereinkommens zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern dar. 215    Die von der Kommission geltend gemachten Umstände stützen daher ihr oben in Randnr. 90 zusammengefasstes Vorbringen zum Bestehen der Übereinkunft. Dagegen können die Umstände, die von der Klägerin geltend gemacht werden und oben in den Randnrn. 183 bis 195 gewürdigt wurden, dieses Vorbringen nicht in Frage stellen. 216    Insoweit ist eine Beteiligung der japanischen Hersteller an der Zuteilung von GIS-Projekten im EWR gemeinsam mit den europäischen Herstellern nicht nachgewiesen worden. Angesichts der Natur der Verpflichtung, die sie nach der Übereinkunft eingegangen sein sollen, wäre ihre Beteiligung daran jedoch nicht sinnvoll gewesen. Die japanischen Hersteller hätten nämlich kein Interesse daran gehabt, bei der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR, zu deren Ablehnung sie sich verpflichtet hatten, tätig zu werden. Ihr einziges Interesse hätte darin bestanden, den Wert der betreffenden Projekte zu kennen und zu wissen, wem sie zugeteilt wurden, um die Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen nachverfolgen zu können. Zumindest im Zeitraum zwischen 1988 und 1999 wurden diese Informationen den japanischen Herstellern aber über den Meldemechanismus mitgeteilt. 217    Zu den Auswirkungen der Unterbrechung der Kartellbeteiligung von Siemens und Hitachi ist zum einen festzustellen, dass aus Randnr. 187 der angefochtenen Entscheidung sowie der Aussage von Herrn M. hervorgeht, dass dieses Ereignis die Wirksamkeit des Kartells beeinträchtigte, ohne jedoch zum „Zerfall“ des Kartells zu führen. Zum anderen war der Zeitraum, in dem die zwei Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell unterbrachen, nicht lang genug, um ein signifikantes Eindringen in den EWR-Markt zu ermöglichen, da erstens bestimmte technische und wirtschaftliche Hindernisse vorlagen, die von der Kommission nicht bestritten werden, zweitens die privilegierte Stellung, die die verschiedenen Hersteller auf ihren angestammten Märkten einnahmen, zwischen 1988 und 1999 durch das Kartell künstlich ausgebaut worden war und drittens die anderen Hersteller Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Siemens und Hitachi erwogen hatten, wie aus der Aussage von Herrn M. hervorgeht. 218    Der Nachweis, dass zum einen der Melde- und Anrechnungsmechanismus nicht die GIS-Projekte in den europäischen Stammländern betraf und zum anderen Japan ein Stammland darstellte, ist nicht erforderlich, um diesen Mechanismus aufgrund der oben in den Randnrn. 174 und 214 angeführten Erwägungen als ein relevantes Indiz für das Bestehen der Übereinkunft anzusehen. Es bleibt daher ohne Folgen, dass die entsprechende Aussage von Herrn M. möglicherweise nicht erhärtet wurde. 219    Darüber hinaus kann zwischen der Aussage von Herrn M. und den anderen von der Kommission vorgebrachten Beweisen im Hinblick auf das Konzept der Stammländer keine Unstimmigkeit festgestellt werden. Herr M. hat nämlich ausgesagt, dass das Konzept der Übereinkunft als wechselseitige Verpflichtung, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen, tatsächlich festgestanden habe, keiner Diskussion bedürft habe und aus der Zeit vor dem GQ-Abkommen stamme. Dies vorausgeschickt, hat Herr M. selbst weiter ausgesagt, dass sich die Zugehörigkeit eines Stammlands in bestimmten Fällen aufgrund von Fusionen der verschiedenen betroffenen Wirtschaftsteilnehmer entwickelt habe. 220    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Bestehen der Übereinkunft rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde und die Kommission ihre Zuständigkeit nicht überschritt, als sie die Klägerin für ihre Beteiligung an der Übereinkunft mit einer Sanktion belegte. 221    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen. 222    Wie oben in Randnr. 95 dargelegt, reicht es, da die Kommission nicht allein aus dem Marktverhalten der fraglichen Unternehmen auf das Vorliegen der vorgeworfenen Zuwiderhandlung geschlossen hat, im Übrigen nicht aus, wenn die Klägerin für den Sachverhalt eine andere plausible Erklärung als die Kommission vorträgt. Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. 223    Dass das Bestehen der Übereinkunft rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, impliziert zugleich, dass die Kommission den ihr obliegenden Beweis erbracht und folglich den Grundsatz der Unschuldsvermutung gewahrt hat. Daher ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen. 224    Aus den vorstehenden Erwägungen geht schließlich hervor, dass die Kommission das Bestehen der Übereinkunft feststellen konnte, ohne die Stellungnahme von Fuji, die der Klägerin nicht übermittelt worden ist, und den als neutral eingestuften Standpunkt von Alstom und Areva als Belastungsmaterial zu berücksichtigen. Daher ist der 14. Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Rechts auf Aktenzugang geltend gemacht wird, im Einklang mit den Ausführungen oben in Randnr. 51 zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: fehlender Nachweis des Bestehens einer gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßenden Vereinbarung –       Vorbringen der Parteien 225    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe keine Vereinbarung ermittelt, die die Anwendung von Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens rechtfertige. Die Kommission habe keinen Zeitpunkt benannt, zu dem die Beteiligten ihren gemeinsamen Willen geäußert hätten, auf dem Markt ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen, und sie habe für die Kontakte, Gespräche und Vereinbarungen der Beteiligten keine Beweise vorgelegt. Ohne einen solchen Beweis erlaubten es die vorgenannten Bestimmungen jedoch nicht, mehreren Personen zu verbieten, bei bestimmten Fragen zum gleichen Ergebnis zu kommen. 226    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 227    Nach der Rechtsprechung muss die Kommission hinreichend aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellt (Urteil des Gerichts vom 21. Januar 1999, Riviera Auto Service u. a./Kommission, T‑185/96, T‑189/96 und T‑190/96, Slg. 1999, II‑93, Randnr. 47). Die vorgenannte Rechtsprechung gilt entsprechend für Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens. 228    Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu der Frage, ob das den japanischen Unternehmen vorgeworfene Verhalten eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise darstellt, nicht ausdrücklich geäußert. In Randnr. 248 der angefochtenen Entscheidung hat sie sich auf den Hinweis beschränkt, dass die Zuwiderhandlung mehrere Handlungen umfasst habe, die als Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen eingestuft werden könnten. 229    Daher ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Übereinkunft eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens ist. 230    Insoweit liegt eine Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmungen schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (vgl. entsprechend Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 86 angeführt, Randnr. 958 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt (vgl. Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 86 angeführt, Randnr. 837 und die dort angeführte Rechtsprechung). 231    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den verschiedenen von der Kommission vorgetragenen Umständen sowie insbesondere aus den Erklärungen von ABB und Fuji und den Aussagen von Herrn M. und Herrn V.-A., dass sich die europäischen und die japanischen Hersteller spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses des GQ-Abkommens gegenseitig verpflichteten, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen. Das Bestehen einer gegenseitigen Verpflichtung bedeutet zwangsläufig das Vorliegen eines gemeinsamen Willens, selbst wenn für die genaue Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem dieser Wille zum Ausdruck gebracht wurde, oder für eine Formalisierung dieses Ausdrucks keine Anhaltspunkte vorliegen. Außerdem war Herr M., wie oben in Randnr. 116 ausgeführt, der Meinung, dass es bei den Treffen, an denen er teilnahm, nicht erforderlich gewesen sei, auf die Übereinkunft hinzuweisen, da diese Übereinkunft allen Kartellmitgliedern klar gewesen sei und sie diese akzeptiert und durchgeführt hätten, ohne dass eine explizite Erörterung erforderlich gewesen wäre. Darüber hinaus hat Herr V.-A., wie oben in Randnr. 123 dargelegt, erklärt, er habe an Besprechungen zwischen den europäischen Unternehmen und dem Vertreter eines japanischen Unternehmens teilgenommen, deren ausdrückliches Thema die Einhaltung der Übereinkunft gewesen sei. 232    Auch die durch die Erklärungen und die Aussage von ABB sowie durch die Erklärungen von Hitachi belegte Tatsache, dass die japanischen Hersteller viele Jahre lang die Meldung der Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR akzeptierten und ihre Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent gemäß dem GQ-Abkommen nachverfolgten, ist mit einem bloßen Parallelverhalten von Wettbewerbern ohne jegliche Willensübereinstimmung nicht vereinbar. 233    Darüber hinaus bezweckte die Übereinkunft, das Verhalten der japanischen Unternehmen in Bezug auf den EWR-Markt festzulegen, da sich diese verpflichteten, nicht in ihn einzudringen. Nach der Übereinkunft war der EWR-Markt somit tatsächlich den europäischen Herstellern vorbehalten. 234    Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass die Übereinkunft eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens war. 235    Vor diesem Hintergrund muss nicht mehr geprüft werden, ob die Übereinkunft eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne dieser Bestimmungen darstellte. 236    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. Zum 13. Klagegrund: Fehler der Kommission bei der Berechnung der Dauer des Kartells –       Vorbringen der Parteien 237    Die Klägerin macht erstens geltend, dass nach dem vorübergehenden Ausstieg von Siemens aus dem Kartell im September 1999 die aus den anderen Unternehmen bestehende Restgruppe in ein flexibleres Diskussionsforum umgewandelt worden sei, das in Bezug auf die Europäische Union keine wettbewerbswidrigen Ziele oder Auswirkungen gehabt habe. 238    Zweitens habe die erneute Beteiligung von Siemens am Kartell im Jahr 2002 nicht zu Vereinbarungen geführt, die eine Beschränkung des Wettbewerbs in Europa zum Ziel oder zur Folge gehabt hätten, da der Vorschlag von Alstom, die europäischen und die japanischen Märkte den europäischen bzw. japanischen Herstellern vorzubehalten, von Hitachi abgelehnt worden sei. 239    Folglich sei die Klägerin für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 11. Mai 2004 oder zumindest vom 10. Juli 2002 bis zum 11. Mai 2004 zu Unrecht mit einer Geldbuße belegt worden. 240    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 241    Nach der Rechtsprechung bedeutet das Erfordernis der Rechtssicherheit, auf die die Wirtschaftsteilnehmer Anspruch haben, bei einem Streit über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung, dass die Kommission, der die Beweislast für die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen obliegt, Beweise beibringen muss, mit denen sie rechtlich hinreichend das Vorliegen eines eine Zuwiderhandlung darstellenden Sachverhalts belegen kann. Für die behauptete Dauer der Zuwiderhandlung verlangt dieser Grundsatz der Rechtssicherheit, dass die Kommission, soweit es an Beweisen fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest Beweise beibringt, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79, vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, Slg. 2000, II‑2707, Randnr. 188, und vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnrn. 114 und 153). 242    Auch wenn der Beweis für die Existenz einer fortgesetzten Zuwiderhandlung für bestimmte Zeiträume nicht erbracht wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuwiderhandlung während eines längeren Gesamtzeitraums fortbestand, sofern eine solche Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Im Rahmen einer Zuwiderhandlung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt die Tatsache, dass sich das Kartell während verschiedener Zeitabschnitte manifestiert, die durch mehr oder weniger lange Zwischenräume voneinander getrennt sein können, ohne Einfluss auf den Bestand dieses Kartells, sofern mit den verschiedenen Maßnahmen, die Teil dieser Zuwiderhandlung sind, im Rahmen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung das gleiche Ziel verfolgt wird (Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, Slg. 2006, I‑8831, Randnr. 169). 243    In der vorliegenden Rechtssache ist vorab festzustellen, dass es naturgemäß schwierig ist, einen Nachweis für die fortgesetzte Einhaltung der Übereinkunft zu erbringen, da sich die japanischen Unternehmen im Rahmen der Übereinkunft nicht zu einer positiven Handlung, sondern zu einem Unterlassen verpflichtet hatten. 244    Erstens geht jedoch aus der Aussage von Herrn M. hervor, dass sowohl das GQ-Abkommen als auch die Übereinkunft bis zur Beendigung seiner Einbindung in das Kartell im Juni 2002 unter Beteiligung der japanischen Unternehmen mit Ausnahme von Hitachi weiter durchgeführt wurden, auch wenn die Durchführung mangels Teilnahme von Hitachi und Siemens weniger Wirkung entfaltete. Die anderen Aussagen der Mitarbeiter von ABB bestätigen, dass die Übereinkunft zwischen Juli 2002 und Mai 2004 fortgeführt wurde. Der Inhalt der betreffenden Zeugenaussagen findet sich auch in den Erklärungen von ABB wieder. 245    Zweitens hat Fuji in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestätigt, dass die japanischen Unternehmen bis September 2000, dem Zeitpunkt, zu dem Fuji das Kartell verlassen haben will, an der Zuwiderhandlung, einschließlich der Übereinkunft, beteiligt waren. 246    Drittens ist oben in Randnr. 144 festgestellt worden, dass Alstom bei dem Treffen vom 10. Juli 2002 die Ausdehnung der Übereinkunft auf die Länder Mittel- und Osteuropas vorschlug. Dieser Umstand impliziert entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass die Übereinkunft sowohl zum Zeitpunkt des Treffens als auch während eines gewissen Zeitraums vor und nach dem Treffen existierte. 247    Viertens ist das dauerhafte Fernbleiben japanischer Hersteller vom europäischen Markt für GIS-Projekte während des betreffenden Zeitraums ebenfalls ein Indiz, das darauf hindeutet, dass die Übereinkunft weiter durchgeführt wurde. 248    Fünftens ist der Beweis der fortgesetzten Durchführung des GQ-Abkommens ein relevantes Indiz dafür, dass auch die Übereinkunft während des genannten Zeitraums durchgeführt wurde, da erstens die Klägerin nicht ausdrücklich beanstandet hat, dass die Kommission das Bestehen einer einheitlichen Zuwiderhandlung, die u. a. die Übereinkunft und das GQ-Abkommen beinhaltet, festgestellt hat, und zweitens die Prüfung der Klagegründe eins bis vier dem Gericht keinen Anlass gegeben hat, in diesem Zusammenhang einen Fehler der Kommission festzustellen. Da es sich um eine einheitliche Zuwiderhandlung handelte, ist es nämlich plausibel, dass die Nicht-Fortsetzung der Übereinkunft die Funktionsweise des GQ-Abkommens beeinträchtigt hätte. 249    Die Klägerin hat jedoch die Feststellungen in den Randnrn. 191 bis 198 der angefochtenen Entscheidung nicht beanstandet, die auf die Übermittlung einer Reihe von Faxmitteilungen betreffend die Zuteilung von Projekten nach dem GQ-Abkommen im Dezember 2000 und im Januar 2001 und auf die in den Jahren 2000 und 2001 abzuhaltenden Treffen gemäß dem GQ-Abkommen sowie auf Vereinbarungen zu bestimmten GIS-Projekten, die 1998 und 1999 getroffen wurden und bis Oktober 2001 in Kraft waren, Bezug nehmen. 250    Ebenso wenig hat die Klägerin Argumente vorgetragen, die speziell die Feststellungen der Kommission in den Randnrn. 199 bis 216 der angefochtenen Entscheidung in Frage stellen, die sich auf die erneute Beteiligung von Hitachi, Siemens und VA TECH am Kartell und die Fortsetzung des Kartells zwischen Juli 2002 und 2004 beziehen. 251    Im Licht dieser Umstände kann dem Vorbringen der Klägerin, während des betreffenden Zeitraums seien die Treffen gemäß dem GQ-Abkommen zu einem Diskussionsforum geworden, das keine wettbewerbswidrigen Ziele oder Auswirkungen gehabt habe, nicht gefolgt werden. Dies gilt umso mehr, als das Vorbringen durch keine anderen Beweise als die nicht erhärteten Erklärungen von Toshiba untermauert wird. 252    Folglich beziehen sich die Beweise, die die Kommission für die Durchführung der Übereinkunft und des GQ-Abkommens zwischen September 1999 und Mai 2004 anführt, auf Fakten, die zeitlich ausreichend nahe beieinander liegen. Dies bedeutet, dass der Nachweis für eine fortgesetzte Zuwiderhandlung in Bezug auf den betreffenden Zeitraum erbracht wurde. 253    Folglich ist der 13. Klagegrund zurückzuweisen. 254    Da keiner der Klagegründe, auf die der Hauptantrag gestützt ist, durchgreift, ist dieser zurückzuweisen. 2.     Zum Hilfsantrag: Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung sowie ihres Art. 2 Buchst. h, soweit er die Klägerin betrifft 255    Zunächst ist der fünfte Klagegrund zu prüfen, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie den Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf der Grundlage des Umsatzes des Jahres 2001 berechnet habe. Vorbringen der Parteien 256    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, als sie die Ausgangsbeträge der gegen die japanischen Hersteller verhängten Geldbuße auf der Grundlage ihrer weltweiten GIS-Umsätze im Jahr 2001 berechnet habe, während sie sich im Hinblick auf die europäischen Hersteller auf das Jahr 2003 gestützt habe. 257    Erstens habe die Kommission keine objektive Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung der japanischen Hersteller vorgebracht. Der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen einer zulässigen Geschäftsstrategie entschieden habe, ihre Tätigkeiten im GIS-Bereich über TM T & D auszuüben, sei in diesem Zusammenhang nicht relevant, da sich die ab 2003 zu verzeichnenden Marktschwankungen selbst dann auf ihre Situation ausgewirkt hätten, wenn sie eine andere Entscheidung getroffen hätte. In der vorliegenden Rechtssache sei die Kommission verpflichtet gewesen, den Teil des Umsatzes von TM T & D, der dem von der Klägerin gehaltenen Kapital an TM T & D entsprochen habe, als Ausgangsbetrag zugrunde zu legen. Im Übrigen sei diese Methode auf Schneider im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen mit VA TECH angewandt worden. 258    Zweitens führe das Vorgehen der Kommission dazu, dass der für die Klägerin zugrunde gelegte Ausgangsbetrag anhand eines Jahres berechnet worden sei, in dem eine wesentlich andere Marktlage bestanden habe als in dem Jahr, das für die europäischen Unternehmen zugrunde gelegt worden sei, so dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung überbewertet worden sei. Zwischen 2001 und 2003 hätten sowohl die europäischen und japanischen GIS-Märkte im Allgemeinen als auch die von der Klägerin in diesem Bereich erzielten Umsätze erhebliche Einbußen verzeichnet. 259    Die Kommission verweist darauf, dass ihr bei der Auswahl der Tatsachen, die sie bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtige, ein Ermessen zustehe und dass sich dieser Umstand auf das Ausmaß der gerichtlichen Kontrolle in diesem Bereich auswirke. Folglich könnten Argumente, die sich auf allgemeine Rechtsgrundsätze stützten, dieses Ermessen nur dann einschränken, wenn es unter eklatanter Missachtung der Umstände des Einzelfalls ausgeübt worden sei. 260    Sei die Zuwiderhandlung − wie in der vorliegenden Rechtssache − als äußerst gravierend einzustufen, berechtige dies die Kommission, eine differenzierte Behandlung vorzunehmen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Unternehmen tatsächlich in der Lage seien, den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen, und um eine hinreichend abschreckende Wirkung zu gewährleisten. 261    In der vorliegenden Rechtssache sei der auf die Klägerin angewandte Ausgangsbetrag anhand der vorgenannten Faktoren ermittelt worden. Das Jahr 2001 sei gewählt worden, weil es das letzte Jahr gewesen sei, bevor die Klägerin ihre Tätigkeit im GIS-Bereich auf TM T & D übertragen habe. Diese unterschiedliche Behandlung sei dadurch gerechtfertigt, dass die Klägerin während des größten Teils der Dauer des Kartells als Einzelunternehmen an ihm beteiligt gewesen sei und folglich die Umsätze im Jahr 2003 nicht getreu wiedergäben, inwieweit die Klägerin tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. 262    Im Übrigen sei der bloße Umstand, dass 2001 für die Klägerin ein besseres Jahr als 2003 gewesen sei, nicht ausreichend, um den Ausgangsbetrag als unverhältnismäßig anzusehen. 263    Schließlich macht die Kommission geltend, sie habe für TM T & D keinen gesonderten Ausgangsbetrag festgesetzt, um die Klägerin nicht über Gebühr zu belasten. Würdigung durch das Gericht 264    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 216 und die dort angeführte Rechtsprechung). 265    Die Kommission setzt den Betrag der Geldbuße anhand der Schwere und gegebenenfalls der Dauer der Zuwiderhandlung fest. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist anhand von Kriterien wie den besonderen Umständen der Sache, ihrem Kontext und der Abschreckungswirkung der Geldbußen zu ermitteln. Objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Markts und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung sind einzubeziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 89 bis 91). 266    Jedoch muss die Kommission in jedem Einzelfall, wenn sie die Festsetzung von Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht beschließt, die allgemeinen Rechtsgrundsätze einhalten, zu denen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in ihrer Auslegung durch die Gemeinschaftsgerichte gehören (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnr. 315). 267    Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 309 und die dort angeführte Rechtsprechung). 268    Der relevante Zeitraum muss so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind, wenn es erforderlich ist, auf den Umsatz der an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zurückzugreifen, um das Verhältnis zwischen den festzusetzenden Geldbußen zu bestimmen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 122). 269    Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; dabei ist von mehreren geeigneten Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnr. 96). 270    In der vorliegenden Rechtssache geht aus den Randnrn. 480 bis 490 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission bei der Ermittlung der Ausgangsbeträge entschieden hatte, im Einklang mit Nr. 1 A der Leitlinien bei der Behandlung der Teilnehmer des Kartells zu differenzieren, je nachdem, inwieweit der jeweilige Teilnehmer in der Lage war, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Zu diesem Zweck teilte die Kommission die verschiedenen Unternehmen in fünf Gruppen ein, die sich nach der relativen Bedeutung ihrer durch GIS-Verkäufe erzielten weltweiten Umsätze bestimmten. In diesem Zusammenhang war die Kommission der Auffassung, dass die nur auf den EWR-Markt bezogenen Umsätze kein zuverlässiges Bewertungskriterium darstellten, da sich die Übereinkunft darauf gerichtet habe, das Fernbleiben der japanischen Hersteller von diesem Markt sicherzustellen. 271    Zur Wahl des Bezugsjahrs geht aus den Randnrn. 481, 482 und 484 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Kommission bei der Ermittlung der weltweiten Umsätze in Bezug auf die Klägerin, Fuji, Hitachi und Toshiba auf das Jahr 2001 stützte, während sie in Bezug auf die europäischen Hersteller das Jahr 2003, d. h. das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung, zugrunde legte. Ebenso basiert die Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbußen, die gegen die Klägerin, Fuji, Hitachi und Toshiba für den Zeitraum ihrer Kartellbeteiligung in der Eigenschaft als Einzelunternehmen verhängt wurden, auf ihren im Jahr 2001 erzielten Umsätzen, während die Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen die europäischen Hersteller verhängten Geldbußen auf deren Umsätzen im Jahr 2003 beruht. 272    Folglich hat die Kommission die japanischen Hersteller, zu denen die Klägerin zählt, und die europäischen Hersteller bei der Wahl des Bezugsjahrs nicht gleichbehandelt. Daher ist nach der oben in Randnr. 267 angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob es für diese unterschiedliche Behandlung eine objektive Rechtfertigung gibt. 273    Hierzu stellte die Kommission in Randnr. 482 der angefochtenen Entscheidung fest, die Zugrundelegung des Jahres 2001 in Bezug auf die Klägerin sei dadurch gerechtfertigt, dass diese während des größten Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung als Einzelunternehmen und nicht über das Gemeinschaftsunternehmen TM T & D, das die GIS-Aktivitäten der Klägerin und von Toshiba im Jahr 2002 übernommen habe, am Kartell beteiligt gewesen sei. 274    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie bezweckt habe, die ungleiche Wettbewerbsstellung der beiden Anteilsinhaber von TM T & D im Zeitpunkt der Gründung von TM T & D zu berücksichtigen, die darauf zurückzuführen gewesen sei, dass die Klägerin einen erheblich größeren Anteil am weltweiten GIS-Markt gehalten habe als Toshiba. Indem die Kommission das letzte vollständige Jahr, in dem die Klägerin und Toshiba als Einzelunternehmen am Kartell beteiligt gewesen seien, nämlich das Jahr 2001, zugrunde gelegt habe, habe sie diese Ungleichheit bei der Ermittlung der Geldbeträge berücksichtigen können, was nach der Methode, den von TM T & D im Jahr 2003 erzielten Umsatz zwischen den beiden Anteilsinhabern entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligungen am Gemeinschaftsunternehmen aufzuteilen, nicht möglich sei. 275    Das von der Kommission angeführte Ziel ist zulässig, da somit verglichen werden kann, inwieweit die Anteilsinhaber eines Gemeinschaftsunternehmens während des Zeitraums vor Gründung des Gemeinschaftsunternehmens in der Lage waren, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Darüber hinaus geht aus Randnr. 489 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass im Fall von Schneider das gleiche Ziel verfolgt wurde, als die Kommission, obwohl Schneider im Jahr 2001 bzw. 2003 keine relevanten Umsätze erzielt hatte, ihre Kapitalbeteiligung am Gemeinschaftsunternehmen als Ausgangsbetrag zugrunde legte. Dagegen weist die Klägerin sowohl für 2001 als auch für 2003 relevante Umsätze auf. 276    In der vorliegenden Rechtssache hätte die Kommission jedoch offensichtlich andere Methoden verwenden können, um das von ihr verfolgte Ziel zu erreichen, ohne die japanischen und die europäischen Hersteller bei der Wahl des Bezugsjahrs unterschiedlich zu behandeln. Beispielsweise hätte sich die Kommission bei der Ermittlung der Geldbußen, die gegen die Klägerin und Toshiba für den Zeitraum vor der Gründung von TM T & D verhängt wurden, auf den Ausgangsbetrag der gegen TM T & D verhängten Geldbuße stützen können, berechnet auf der Grundlage der im Jahr 2003 erzielten Umsätze und zwischen der Klägerin und Toshiba aufgeteilt entsprechend dem Verhältnis der von ihnen im letzten Jahr vor der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens − d. h. im Jahr 2001 − erzielten GIS-Umsätze. 277    In der vorliegenden Rechtssache ist die Ungleichbehandlung der Klägerin somit nicht durch die Absicht der Kommission gerechtfertigt, im Rahmen der Ermittlung der Geldbußen die relative Position der Klägerin und von Toshiba getreu abzubilden. 278    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstieß, als sie das Jahr 2001 als Bezugsjahr für die Ermittlung der weltweiten Umsätze der japanischen Hersteller und für die Berechnung der Geldbuße, die gegen die Klägerin wegen ihrer individuellen Beteiligung am Kartell verhängt wurde, zugrunde legte. 279    Unmittelbare Folge dieses Verstoßes ist die Fehlerhaftigkeit der Berechnung der gegen die Klägerin in Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung wegen ihrer Kartellbeteiligung als Einzelunternehmen verhängten Geldbuße. Mittelbar wirkt sich der Verstoß über die Ermittlung der weltweiten Umsätze und Marktanteile auf die Berechnung der Geldbuße aus, die gegen die Klägerin in Art. 2 Buchst. h der angefochtenen Entscheidung für den Zeitraum des Bestehens von TM T & D verhängt wurde. 280    Daher ist dem fünften Klagegrund stattzugeben, und folglich ist Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären. 281    Darüber hinaus sind die Klagegründe sechs bis zwölf nicht zu prüfen. Denn selbst wenn sie durchgriffen, könnte dies nicht zu einer über die Feststellung in der vorstehenden Randnummer hinausgehenden Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. 282    Da dem Hilfsantrag der Klägerin stattgegeben worden ist, ist schließlich über ihren weiteren Hilfsantrag und über ihren Antrag auf Erlass prozessleitender Maßnahmen nicht mehr zu entscheiden. Kosten 283    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. 284    Da der Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen wurde, ist die Klägerin mit ihren Anträgen zu einem erheblichen Teil unterlegen, auch wenn sie mit einem anderen Teil erfolgreich war. 285    Unter diesen Umständen sind der Klägerin drei Viertel der den Parteien im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten und der Kommission ein Viertel dieser Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Art. 2 Buchst. g und h der Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) wird für nichtig erklärt, soweit er die Mitsubishi Electric Corp. betrifft. 2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.      Mitsubishi Electric trägt drei Viertel der den Parteien im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten. 4.      Die Europäische Kommission trägt ein Viertel der den Parteien im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten. Pelikánová Jürimäe Soldevila Fragoso Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juli 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.  Klägerin 2.  Erzeugnisse 3.  Verwaltungsverfahren 4.  Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zum Hauptantrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie auf die Klägerin und auf TM T & D anwendbar ist Zum 14. Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren durch die Weigerung der Kommission, der Klägerin Zugang zu be- und entlastendem Material zu gewähren Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum 15. Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin mangels Übermittlung der Feststellungen der Kommission zu der in der Übereinkunft enthaltenen Ausgleichstheorie an die Klägerin Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum ersten, zum dritten und zum vierten Klagegrund: fehlender Nachweis der Beteiligung der Klägerin am angenommenen Kartell, Fehler der Kommission durch Außerachtlassen der Umstände, die die fehlende Präsenz der Klägerin auf dem europäischen Markt und die Unmöglichkeit ihres Markteintritts erklärten, und Verletzung der Beweisregeln durch Umkehr der Beweislast und somit Verstoß gegen die Unschuldsvermutung durch die Kommission Zu den Angaben von ABB –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zur Erhärtung der Angaben von ABB –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Melde- und Anrechnungsmechanismus –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zu den Angaben, die das Bestehen der Übereinkunft widerlegen sollen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zur Zuteilung der GIS-Projekte im EWR –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Gesamtwürdigung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: fehlender Nachweis des Bestehens einer gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßenden Vereinbarung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum 13. Klagegrund: Fehler der Kommission bei der Berechnung der Dauer des Kartells –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht 2.  Zum Hilfsantrag: Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung sowie ihres Art. 2 Buchst. h, soweit er die Klägerin betrifft Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 12. Juli 2011.#Hitachi Ltd, Hitachi Europe Ltd und Japan AE Power Systems Corp. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird - Aufteilung des Marktes - Verteidigungsrechte - Nachweis der Zuwiderhandlung - einheitliche, dauernde Zuwiderhandlung - Geldbußen - Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung - Abschreckungswirkung - Zusammenarbeit.#Rechtssache T-112/07.
62007TJ0112
ECLI:EU:T:2011:342
2011-07-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-03871
Rechtssache T‑112/07 Hitachi Ltd u. a. gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Aufteilung des Marktes – Verteidigungsrechte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Abschreckungswirkung – Zusammenarbeit“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Umfang – Nichtübermittlung eines Schriftstücks – Folgen (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 2.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Übermittlung der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte – Voraussetzungen – Grenzen (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 3.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Schriftliche Aussagen der Mitarbeiter einer an der Zuwiderhandlung beteiligten Gesellschaft – Beweiswert – Beurteilung (Art. 81 Abs. 1 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 4.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Grundrechte – Unschuldsvermutung – Verfahren in Wettbewerbssachen (Art. 6 Abs. 2 EU; Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 5.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Heranziehung eines Indizienbündels (Art. 81 Abs. 1 EG) 6.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Beurteilung des Beweiswerts der verschiedenen Beweisstücke – Kriterien (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53) 7.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer (Art. 81 Abs. 1 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 8.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens (Art. 81 Abs. 1 EG; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission, Nr. 21) 9.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Wettbewerbswidriger Zweck – Hinreichende Feststellung (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 10.    Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Begriff – Persönliche Verantwortung der Unternehmen, die Mittäter der Zuwiderhandlung sind, für die gesamte Zuwiderhandlung – Voraussetzungen (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung (Art. 81 Abs. 1 EG; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckender Charakter (Art. 81 Abs. 1 EG; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 1.      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet in einem Verwaltungsverfahren zur Anwendung von Wettbewerbsregeln das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen. Die Nichtübermittlung eines Schriftstücks, auf das sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs gegen ein Unternehmen gestützt hat, stellt nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betroffene Unternehmen nachweist, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gelangt ist, anders ausgefallen wäre, wenn das nicht übermittelte Schriftstück als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste. Wurde ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass seine Nichtoffenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass es, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf die Schwere und die Dauer des ihm zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können. (vgl. Randnrn. 31, 36-37) 2.      In einem wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren wird das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und verfügt zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten. Folglich gehört die Antwort anderer Beteiligter auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können. Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine dieser Antwort beigefügte Anlage stützen will, um in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, muss den anderen Beteiligten dieses Verfahrens Gelegenheit gegeben werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Anlage zu dieser Antwort Material dar, das die verschiedenen an der Zuwiderhandlung angeblich Beteiligten belastet. Entsprechend stellt eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort, wenn sie für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen, ein entlastendes Beweismittel dar. In diesem Fall muss dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben werden, die fragliche Passage oder das fragliche Dokument zu prüfen und sich zu ihm zu äußern. (vgl. Randnrn. 32-34) 3.      Die schriftlichen Aussagen der Mitarbeiter einer Gesellschaft, die unter deren Kontrolle verfasst wurden und zu deren Verteidigung im Rahmen des von der Kommission geführten Verwaltungsverfahrens wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorgelegt werden, können grundsätzlich nicht als von den eigenen Erklärungen dieser Gesellschaft verschiedene und unabhängige Beweisstücke angesehen werden. Im Allgemeinen beruht nämlich der Standpunkt einer Gesellschaft in Bezug auf das Vorliegen des ihr von der Kommission vorgeworfenen Sachverhalts in erster Linie auf den Kenntnissen und Ansichten ihrer Mitarbeiter und Geschäftsleiter. Somit sind die Aussagen der Mitarbeiter einer an einem Kartell beteiligten Gesellschaft keine von deren eigenen Erklärungen getrennte und unabhängige Beweismittel, da sich die Zeugen auf Betreiben dieser Gesellschaft und im Rahmen der Verpflichtung der Letzteren zur Zusammenarbeit nach der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen gegenüber der Kommission geäußert haben, wobei ein externer Berater der betreffenden Gesellschaft anwesend sein durfte. Diese Aussagen sind daher nicht geeignet, die Erklärungen der Gesellschaft, die sie beschäftigt, zu erhärten. Sie ergänzen diese Erklärungen vielmehr und können ihren Inhalt näher ausführen und konkretisieren. Auch sie müssen daher durch andere Beweise erhärtet werden. (vgl. Randnrn. 48, 129) 4.      Hat das Gericht Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen, insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt. Unter den genannten Umständen ist nämlich die Unschuldsvermutung insbesondere nach Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, die allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können. (vgl. Randnrn. 58-59) 5.      Im Wettbewerbsbereich ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können. Stützt sich die Kommission jedoch für ihre Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, genügt es für diese, das Vorliegen von Umständen nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln geschlossen hat. Dies gilt jedoch nicht für alle Fälle, in denen eine Zuwiderhandlung nur aufgrund nichtschriftlicher Nachweise festgestellt wird. Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Gemeinschaftsrecht nämlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Selbst wenn sich somit das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, kann das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grund ist die Kommission selbst bei Fehlen schriftlicher Nachweise nicht gehalten, unabhängige Untersuchungen zur Überprüfung der Tatsachen durchzuführen. (vgl. Randnrn. 60-66) 6.      In einem Verfahren wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung des Beweiswerts der verschiedenen Beweisstücke ihre Glaubhaftigkeit. Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab. Zudem kann Erklärungen von Unternehmen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden. Hingegen kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer ist. (vgl. Randnrn. 68-71) 7.      Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da die Möglichkeit besteht, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Kartellmitglieder vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Kronzeugenregelung gelangt. Was die individuellen Beweggründe der Zeugen betrifft, ist zwar möglich, dass auch die Mitarbeiter eines Unternehmens, das einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hat, die gehalten sind, in dessen Interesse zu handeln, so viele belastende Umstände wie möglich anführen wollen, da sich ihre Mitarbeit im Rahmen des Verfahrens auch positiv auf ihre berufliche Zukunft auswirken kann. Ist dies der Fall, werden den fraglichen Mitarbeitern jedoch auch die möglichen negativen Folgen unrichtiger Angaben bewusst sein, die durch die Notwendigkeit ihrer Erhärtung durch andere Beweise deutlicher spürbar sind. (vgl. Randnrn. 72, 130) 8.      Eine Ermäßigung der Geldbuße kann nach Randnr. 21 der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen nur dann gewährt werden, wenn den betreffenden Beweismitteln im Vergleich zu denen, über die die Kommission bereits verfügt, erheblicher Beweiswert zukommt. Daher ist es legitim, dass sich ein Unternehmen, das eine Geldbußenermäßigung erlangen möchte, in einem nach der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gestellten Antrag auf Geldbußenerlass auf die Umstände konzentriert, die seines Erachtens bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen wurden, um einen erheblichen Mehrwert beizutragen. Dies kann eine Erklärung dafür sein, warum das betreffende Unternehmen die Umstände nicht erwähnt, die seines Erachtens durch bereits zuvor übermittelte Beweisstücke zweifelsfrei nachgewiesen sind. Außerdem ist nach dem Wortlaut von Randnr. 21 der Kronzeugenregelung nicht auszuschließen, dass die Vorlage von Beweismitteln, denen zwar ein gewisser Beweiswert zukommt, die jedoch Tatsachen betreffen, die bereits durch andere Beweismittel nachgewiesen wurden, zu keiner Ermäßigung führt. (vgl. Randnrn. 178-180) 9.      Eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt. Das Bestehen einer gegenseitigen Verpflichtung bedeutet zwangsläufig das Vorliegen eines gemeinsamen Willens, selbst wenn für die genaue Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem dieser Wille zum Ausdruck gebracht wurde, oder für eine Formalisierung dieses Ausdrucks keine Anhaltspunkte vorliegen. (vgl. Randnrn. 268-269) 10.    Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ergeben sich notwendigerweise aus einem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen, die zwar alle Mittäter der Zuwiderhandlung sind, deren Beteiligung aber insbesondere in Abhängigkeit von den Merkmalen des betroffenen Marktes und der Stellung des einzelnen Unternehmens auf diesem Markt, den verfolgten Zielen und der gewählten oder vorgesehenen Art und Weise der Durchführung verschiedene Formen aufweisen kann. Jedoch kann die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die gesamte Zuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das zwar von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt wurde, aber dieselbe wettbewerbswidrige Zielsetzung oder Wirkung hat, nicht allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt. So ist ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die unter den Begriff der auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG oder Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen fallen und die einen Beitrag zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit leisten sollten, an einer solchen Zuwiderhandlung beteiligt hatte, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten, wenn das betreffende Unternehmen nachweislich von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Beteiligten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und wenn es bereit war, das daraus erwachsende Risiko einzugehen. Das ist der Fall, wenn ein Unternehmen eines Drittstaats, das nur eine passive Rolle im Rahmen einer „Übereinkunft“, durch die die Zuteilung konkreter Projekte im EWR europäischen Herstellern vorbehalten wurde, spielt, da es darüber Bescheid wusste und seine passive Rolle nicht auf seine Entscheidung, sondern auf die Form seiner Beteiligung am Abkommen über den Markt im EWR zurückzuführen war, und diese Beteiligung eine Vorbedingung dafür war, dass die Projekte im EWR unter den europäischen Herstellern aufgeteilt werden konnten. (vgl. Randnrn. 287-290) 11.    Wenn eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG durch mehrere Unternehmen begangen wurde, ist nach der Rechtsprechung die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen. Dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine weniger bedeutende Rolle gespielt hat, ist somit bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen. Was insbesondere eine Vereinbarung betrifft, in der sich Unternehmen eines Drittstaats verpflichteten, nicht in den Markt des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einzudringen, und die europäischen Unternehmen sich die verschiedenen Projekte auf diesem Markt durch aktives kollusives Handeln untereinander aufteilten, ist die Schwere des Verhaltens der Unternehmen der Drittstaaten mit der des Verhaltens der europäischen Unternehmen vergleichbar, da ihre mangelnde Teilnahme an der Zuteilung der Projekte im EWR nicht das Ergebnis ihrer Entscheidung, sondern bloß die Folge der Art ihrer Beteiligung an der betreffenden Vereinbarung war. (vgl. Randnrn. 312, 314-316) 12.    Was die Wiederholungstäterschaft anbelangt, ist die Abschreckung ein Ziel der Geldbuße. Außerdem ist die Notwendigkeit, eine solche Abschreckung zu gewährleisten, ein allgemeines Erfordernis, von dem sich die Kommission bei der gesamten Berechnung der Geldbuße leiten lassen muss; sie bedeutet nicht zwingend, dass die Berechnung einen speziellen Abschnitt umfasst, in dem alle für die Verwirklichung dieses Zwecks relevanten Umstände einer Gesamtbeurteilung unterzogen werden. Die Kommission kann diesen Umstand daher, ohne einen Fehler zu begehen, im Rahmen der Beurteilung der erschwerenden Umstände und nicht bei der Festlegung der Abschreckungsfaktoren berücksichtigen. (vgl. Randnr. 353) URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 12. Juli 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Aufteilung des Marktes – Verteidigungsrechte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Abschreckungswirkung – Zusammenarbeit“ In der Rechtssache T‑112/07 Hitachi Ltd mit Sitz in Tokio (Japan), Hitachi Europe Ltd mit Sitz in Maidenhead (Vereinigtes Königreich), Japan AE Power Systems Corp. mit Sitz in Tokio, Prozessbevollmächtigte: M. Reynolds, P. Mansfield und B. Roy, Solicitors, D. Arts, avocat, N. Green, QC, und S. Singla, Barrister, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch F. Arbault, dann durch X. Lewis, dann durch P. Van Nuffel und J. Bourke sowie schließlich durch P. Van Nuffel, N. Khan und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, Barrister, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR‑Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und wegen Aufhebung der gegen sie verhängten Geldbußen, hilfsweise, Nichtigerklärung von Art. 2 dieser Entscheidung, soweit sie die Klägerinnen betrifft, und äußerst hilfsweise Aufhebung oder Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso, Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2009 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits A –  Klägerinnen 1        Die Hitachi Ltd und ihre Tochtergesellschaft, die Hitachi Europe Ltd (im Folgenden gemeinsam: Hitachi), sind in mehreren Industriezweigen tätige Unternehmen, u. a. im Bereich der gasisolierten Schaltanlagen (im Folgenden: GIS). Die Japan AE Power Systems Corp. (im Folgenden: JAEPS) ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Hitachi, der Fuji Electric Systems Co. Ltd und der Meidensha Corp., das am 1. Oktober 2002 von den Konzernen, denen seine Anteilsinhaber angehörten, u. a. die Tätigkeiten im GIS‑Bereich übernahm. B –  Betroffene Erzeugnisse 2        GIS dienen zur Kontrolle des Energieflusses in Stromnetzen. Es handelt sich um schweres elektrisches Gerät, das als Hauptbestandteil von Umspannwerken eingesetzt wird. GIS werden weltweit als integraler Bestandteil eines schlüsselfertigen elektrischen Umspannwerks oder als gesondertes, dort erst einzubauendes Zubehör verkauft. C –  Verwaltungsverfahren 3        Am 3. März 2004 informierte die ABB Ltd die Kommission der Europäischen Gemeinschaften über das Bestehen wettbewerbswidriger Praktiken im GIS‑Sektor und beantragte mündlich einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung). 4        Der Antrag von ABB auf Geldbußenerlass wurde durch mündliche Erklärungen und schriftliche Beweisstücke ergänzt. Die Kommission gewährte daraufhin ABB mit Entscheidung vom 24. April 2004 einen bedingten Geldbußenerlass. 5        Auf der Grundlage der Erklärungen von ABB leitete die Kommission eine Untersuchung ein und führte am 11. und 12. Mai 2004 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen mehrerer im GIS‑Sektor tätiger Gesellschaften durch. 6        Am 20. April 2006 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die 20 Unternehmen zugestellt wurde, darunter u. a. den Klägerinnen. Am 18. und 19. Juli 2006 führte die Kommission eine Anhörung der Unternehmen durch, an die die Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet war. D –  Angefochtene Entscheidung 7        Am 24. Januar 2007 erließ die Kommission die Entscheidung K (2006) 6762 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR‑Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). 8        In den Randnrn. 113 bis 123 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, die am Kartell beteiligten Unternehmen hätten die Zuteilung von GIS‑Projekten weltweit mit Ausnahme einiger Märkte nach vereinbarten Regeln koordiniert, um insbesondere Kontingente beizubehalten, die weitgehend ihren geschätzten historischen Marktanteilen entsprochen hätten. Die Zuteilung der GIS‑Projekte sei auf der Grundlage eines gemeinsamen „japanischen“ Gesamtkontingents und eines gemeinsamen „europäischen“ Gesamtkontingents vorgenommen worden, die sodann von den japanischen und den europäischen Herstellern jeweils untereinander aufgeteilt worden seien. Eine in Wien am 15. April 1988 unterzeichnete Vereinbarung (im Folgenden: GQ‑Abkommen) habe die Regeln festgelegt, nach denen die GIS‑Projekte den japanischen oder den europäischen Herstellern zuzuteilen gewesen seien und ihr Wert auf das jeweilige Kontingent anzurechnen gewesen sei. In den Randnrn. 124 bis 132 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission näher aus, die einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen hätten eine nicht schriftlich festgehaltene Vereinbarung (im Folgenden: Übereinkunft) getroffen, nach der die GIS-Projekte in Japan einerseits und in den Ländern der europäischen Kartellmitglieder andererseits, die zusammen als die „Stammländer“ der GIS-Projekte bezeichnet worden seien, den japanischen bzw. den europäischen Kartellmitgliedern vorbehalten gewesen seien. Über die GIS‑Projekte in den „Stammländern“ seien keine Informationen zwischen den beiden Gruppen ausgetauscht worden, und sie seien nicht auf die jeweiligen Kontingente angerechnet worden. 9        Das GQ‑Abkommen habe weiter Regeln über den Austausch der für das Funktionieren des Kartells notwendigen Informationen zwischen den beiden Herstellergruppen enthalten, der insbesondere über die Sekretariate der genannten Gruppen stattgefunden habe, über die Manipulation der betreffenden Ausschreibungen und über die Festsetzung von Preisen für die GIS‑Projekte, die nicht hätten zugeteilt werden können. Nach dem Wortlaut seines Anhangs 2 habe das GQ-Abkommen für die ganze Welt gegolten, ausgenommen die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und siebzehn westeuropäische Länder. Zudem seien nach der Übereinkunft GIS-Projekte in anderen europäischen Ländern als den „Stammländern“ ebenfalls der europäischen Gruppe vorbehalten gewesen, da sich die japanischen Hersteller verpflichtet hätten, für GIS-Projekte in Europa keine Angebote einzureichen. 10      Nach den Ausführungen der Kommission war die Aufteilung der GIS-Projekte auf die europäischen Hersteller in einer ebenfalls in Wien am 15. April 1988 unterzeichneten Vereinbarung mit der Bezeichnung „E‑Group Operation Agreement for GQ‑Agreement“ (Vereinbarung der E‑Gruppe über die Durchführung des GQ-Abkommens, im Folgenden: EQ-Abkommen) geregelt. Die Zuteilung der GIS-Projekte in Europa sei nach den gleichen Regeln und Verfahren erfolgt wie die Zuteilung der GIS-Projekte in anderen Ländern. Insbesondere hätten auch GIS‑Projekte in Europa gemeldet, in eine Liste eingetragen, zugeteilt und abgesprochen werden sollen, oder es sei ein Mindestpreis vorgesehen worden. 11      Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Würdigung in der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die beteiligten Unternehmen gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR‑Abkommen) verstoßen hatten, und verhängte gegen sie Geldbußen, die nach der Methode berechnet wurden, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und in der Kronzeugenregelung vorgesehen ist. 12      In Art. 1 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass Hitachi vom 15. April 1988 bis zum 31. Dezember 1999 und vom 2. Juli 2002 bis zum 11. Mai 2004, Hitachi Europe vom 15. April 1988 bis 31. Dezember 1999 und vom 2. Juli bis zum 30. September 2002 und JAEPS vom 1. Oktober 2002 bis 11. Mai 2004 an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien. 13      Für die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung wurde gegen die Hitachi in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße in Höhe von 50 400 000 Euro verhängt, wovon 48 375 000 Euro gesamtschuldnerisch mit der Hitachi Europe Ltd zu zahlen waren. Gegen JAEPS wurde, ebenfalls in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, eine gesamtschuldnerisch mit Hitachi sowie mit der Fuji Electric Holdings Co. Ltd und der Fuji Electric Systems (im Folgenden gemeinsam: Fuji) zu zahlende Geldbuße von 1 350 000 Euro verhängt. Verfahren und Anträge der Parteien 14      Mit Klageschrift, die am 17. April 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben. Die Klagebeantwortung ist am 13. August 2007 und die Erwiderung am 21. November 2007 eingegangen. Das schriftliche Verfahren ist mit dem Eingang der Gegenerwiderung am 10. Januar 2008 geschlossen worden. 15      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite Kammer) am 22. September 2009 beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen, und die Parteien ersucht, sich im Hinblick auf den geltend gemachten Klagegrund einer Verletzung des Rechts auf Aktenzugang zur Erheblichkeit dieser Unterlagen zu äußern. Ferner hat das Gericht der Kommission eine schriftliche Frage gestellt und sie aufgefordert, sie in der mündlichen Verhandlung zu beantworten. 16      Die Kommission hat auf die Aufforderung des Gerichts die betreffenden Unterlagen am 26. Oktober 2009 vorgelegt. Die Klägerinnen haben sich am 18. November 2009 zu diesen Unterlagen schriftlich geäußert. Die Kommission hat auf diese Äußerung am 3. Dezember 2009 geantwortet. 17      In der Sitzung vom 8. Dezember 2009 haben die Verfahrensbeteiligten mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet. 18      Mit Beschluss vom 26. März 2010 hat das Gericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Am 29. März 2010 hat es im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Kommission aufgefordert, mehrere Dokumente vorzulegen. 19      Da die Kommission geltend gemacht hat, dass bestimmte Dokumente wegen des im Rahmen der Kronzeugenregelung gewährten Schutzes nicht vorgelegt werden könnten, hat das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme nach Art. 65 der Verfahrensordnung der Kommission mit Beschluss vom 11. Juni 2010 die Vorlage dieser Unterlagen aufgegeben und die Modalitäten der Einsichtnahme in diese Dokumente durch die Klägerinnen festgelegt. Die Kommission ist dieser Anordnung im Rahmen der Beweisaufnahme innerhalb der eingeräumten Frist nachgekommen. 20      Die mündliche Verhandlung ist am 27. Juli 2010 geschlossen worden. 21      Die Klägerinnen beantragen, –        die angefochtene Entscheidung, soweit sie sie betrifft, für nichtig zu erklären und daher die gegen sie verhängten Geldbußen aufzuheben; –        hilfsweise, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit er sie betrifft, für nichtig zu erklären; –        äußerst hilfsweise, die gegen sie verhängten Geldbußen aufzuheben oder herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 22      Die Kommission beantragt, –        die Klage als unbegründet abzuweisen; –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 23      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf fünf Klagegründe. Der erste ist auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte durch die Kommission gestützt. Mit dem zweiten machen sie geltend, die Kommission habe das Bestehen der Übereinkunft sowie die daraus resultierende Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen. Mit dem dritten machen sie geltend, die Kommission habe das Vorliegen einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen. Der vierte ist auf einen Fehler der Kommission bei der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbußen gestützt. Fünftens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe die Geldbußen der Klägerinnen nach einer Methode berechnet, die gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoße. 24      Die Kommission hält diese Klagegründe für unbegründet. 25      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht angegeben haben, auf welche ihrer Klagegründe sie ihre einzelnen Anträge jeweils stützen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen ihren Hauptantrag auf den ersten, den zweiten und den dritten Klagegrund stützen. Greift nämlich einer dieser Klagegründe durch, werden sowohl Art. 1 als auch Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerinnen betreffen, für nichtig zu erklären sein. Sodann ist anzunehmen, dass die Klägerinnen den vierten und den fünften Klagegrund zur Stützung ihres Hilfsantrags geltend gemacht haben, da diese Klagegründe auf die Festsetzung der Höhe der gegen sie verhängten Geldbußen abzielen. Ihren weiteren Hilfsantrag haben die Klägerinnen schließlich auf keinen eigenständigen Klagegrund gestützt. A –  Zum Hauptantrag: Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerinnen betrifft 1.     Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen durch die Kommission a)     Vorbringen der Parteien 26      Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt, da sie ihnen nicht den gesamten relevanten Akteninhalt übermittelt habe. 27      Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes machen sie zu den belastenden Beweismitteln geltend, die Kommission habe ihnen die am 21. November 2006 eingereichte Äußerung von Fuji nicht übermittelt, die angeblich den Grund für den Abschluss der Übereinkunft und die besonderen wirtschaftlichen Gründe von Fuji für ihr Fernbleiben vom europäischen Markt für GIS-Projekte bestätigten. Es sei jedoch höchst wahrscheinlich, dass in Anbetracht des Beweiswerts, den die Kommission den Angaben von Fuji in Bezug auf das Bestehen der Übereinkunft beimesse, das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, wenn die fragliche Äußerung den Klägerinnen übermittelt worden wäre. 28      Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, ihre Verteidigungsrechte seien dadurch verletzt worden, dass ihnen folgende entlastenden Beweisstücke nicht übermittelt worden seien: –        die Vereinbarung „General Rules for GE Agreement“ (im Folgenden: GE‑Abkommen) sowie die Äußerungen der anderen an dieser Vereinbarung beteiligten Unternehmen; diese Unterlagen seien im Zusammenhang mit dem Nachweis des Bestehens eines europäischen Kartells im Bereich der GIS-Projekte vor dem GQ-Abkommen relevant; –        die Äußerungen der anderen am Kartell beteiligten Unternehmen, die die Glaubwürdigkeit der der Kommission von Fuji vorgelegten Aussage von Herrn H. zum Bestehen der Übereinkunft widerlegten und die anderen von Fuji zum Bestehen der Übereinkunft vorgelegten Beweismittel entkräften könnten; –        die Aussagen der anderen am Kartell beteiligten Unternehmen zum Nichtbestehen der Übereinkunft und insbesondere die von der Siemens AG am 7. August 2006 vorgelegten Aussagen, die die Plausibilität des Vorbringens der Kommission zum Bestehen dieser Übereinkunft in Frage stellen könnten; –        die in Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung angeführten Stellungnahmen der anderen japanischen Unternehmen zu deren behaupteter Beteiligung an den europäischen Projekten, die belegten, dass die japanischen Unternehmen nie an den Gesprächen über diese Projekte teilgenommen hätten; –        die von Areva vorgelegte Erklärung von Herrn S. vom 15. September 2006 zum Zerfall des Kartells im Jahr 1999, aus der sich ergebe, dass sich der Aufbau des Kartells ab 2002 von dem des vorherigen Kartells unterschieden habe. 29      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. b)     Würdigung durch das Gericht 30      Die Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert es, dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den Schriftstücken, auf die sie den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen den Vertrag stützt, sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2007, I‑123, Randnr. 66). 31      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 68). 32      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert wird, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten verfügt. Folglich gehört die Antwort anderer Beteiligter auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II-0000, Randnr. 163). 33      Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine dieser Antwort beigefügte Anlage stützen will, um in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, muss den anderen Beteiligten dieses Verfahrens Gelegenheit gegeben werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Anlage zu dieser Antwort Material dar, das die verschiedenen an der Zuwiderhandlung angeblich Beteiligten belastet (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnr. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen übertragbar. 34      Entsprechend stellt eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort, wenn sie für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen, ein entlastendes Beweismittel dar. In diesem Fall muss dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben werden, die fragliche Passage oder das fragliche Dokument zu prüfen und sich zu ihm zu äußern. 35      Jedoch wird bloß aufgrund der Tatsache, dass sich andere Unternehmen auf dasselbe Vorbringen wie das betroffene Unternehmen gestützt haben und gegebenenfalls ihre Verteidigung aufwendiger gestalteten, dieses Vorbringen noch nicht zu Entlastungsmaterial (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 353 und 355). 36      Was die Folgen anbelangt, wenn bei der Gewährung des Aktenzugangs gegen diese Regeln verstoßen wird, so stellt die Nichtübermittlung eines Schriftstücks, auf das sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs gegen ein Unternehmen gestützt hat, nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betroffene Unternehmen nachweist, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gelangt ist, anders ausgefallen wäre, wenn das nicht übermittelte Schriftstück als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnrn. 71 und 73). 37      Wurde ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass seine Nichtoffenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass es, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf die Schwere und die Dauer des ihm zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnrn. 74 f.). 38      Dass ein nicht übermitteltes Schriftstück Einfluss auf den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission hätte haben können, kann nur nach einer vorläufigen Prüfung bestimmter Beweismittel nachgewiesen werden, die zeigt, dass die nicht übermittelten Schriftstücke eine Bedeutung – für diese Beweismittel – hätten haben können, die nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 76). –       Zum ersten Teil: Nichtübermittlung belastender Beweismittel 39      Die Kommission räumt ein, dass sie ihre in der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerinnen erhobenen Vorwürfe nicht auf die Stellungnahme von Fuji vom 21. November 2006 habe stützen können, bestreitet jedoch, sie tatsächlich als belastendes Beweismittel herangezogen zu haben. 40      Dennoch hat die Kommission, wie die Klägerinnen geltend machen, in den Randnrn. 125 und 255 der angefochtenen Entscheidung zur Untermauerung des Bestehens der Übereinkunft auf die Stellungnahme von Fuji vom 21. November 2006 Bezug genommen. 41      Ob der vorliegende Teil des ersten Klagegrundes durchgreift, hängt somit von der Würdigung des Vorbringens der Klägerinnen zum Nachweis des Bestehens der Übereinkunft im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes ab. Wird nämlich festgestellt, dass das Bestehen dieser Übereinkunft selbst bei Nichtberücksichtigung der Stellungnahme von Fuji vom 21. November 2006 als belastendes Beweismittel rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, wird der vorliegende Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen sein. Wird hingegen festgestellt, dass diese Stellungnahme zur Stützung der Feststellungen, die in der angefochtenen Entscheidung zum Bestehen der Übereinkunft getroffen wurden, erforderlich ist, wird dieser Klagegrund insoweit durchgreifen. –       Zum zweiten Teil: Nichtübermittlung entlastender Beweismittel 42      Zunächst ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das GE-Abkommen den Klägerinnen übermittelt wurde. Die Klägerinnen bringen nämlich nur vor, dass ihnen nur eine sehr kurze Frist zu seiner Prüfung zur Verfügung gestanden habe, führen jedoch nicht näher aus, inwieweit ihre Verteidigung dadurch erschwert wurde. Zudem räumen die Klägerinnen in ihrer Äußerung vom 18. November 2009 ein, dass sie Gelegenheit gehabt hätten, sich zu diesem Abkommen zu äußern, und diese Gelegenheit auch tatsächlich wahrgenommen hätten. Ihr Vorbringen in Bezug auf dieses Abkommen kann daher nicht durchgreifen. 43      Was sodann die Stellungnahmen der anderen am Kartell beteiligten Unternehmen zum GE-Abkommen betrifft, legen die Klägerinnen in ihrer Äußerung vom 18. November 2009 dar, dass auch die Toshiba Corp. und die Mitsubishi Electric System Corp. (im Folgenden: Melco) aus denselben Gründen wie die, die die Klägerinnen der Kommission genannt hätten, den Wert dieses Abkommens als entlastendes Beweisstück anerkannt hätten. Die Klägerinnen beschränken sich somit auf das Vorbringen, dass sich Toshiba und Melco auf dieselben Argumente wie sie gestützt hätten, so dass die Stellungnahmen von Toshiba und Melco nicht als entlastende Beweismittel angesehen werden können. 44      Dasselbe gilt weiter für die Äußerungen der anderen am Kartell beteiligten Unternehmen, die die Glaubhaftigkeit der Aussage von Herrn H. zum Bestehen der Übereinkunft widerlegen sollen. In ihrer Äußerung vom 18. November 2009 weisen die Klägerinnen nämlich darauf hin, dass auch Toshiba und Melco den Beweiswert dieser Aussage aus denselben Gründen, wie sie gegenüber der Kommission angeführt worden seien, kritisch beurteilt hätten. 45      Ferner wird in den Stellungnahmen und Aussagen von Melco und Siemens sowie in den von Fuji vorgelegten Aussagen erwähnt, dass „erhebliche“ Zutrittsschranken zum europäischen Markt bestanden hätten und es sich bei diesem Markt um einen „reifen“ Markt gehandelt habe, was ein Eindringen der japanischen Hersteller schwierig oder sogar unmöglich gemacht habe. Außerdem haben Siemens und Melco sowie ihre Mitarbeiter das Bestehen der Übereinkunft und Gespräche darüber ausdrücklich bestritten; in der von Siemens vorgelegten Aussage von Herrn T. heißt es, dass das auf dem GQ-Abkommen beruhende Kartell auf den Mittleren Osten konzentriert gewesen sei und sich nicht auf Europa erstreckt habe. 46      Zum einen haben jedoch die Klägerinnen das Vorbringen der Kommission, die Aussagen der Mitarbeiter von Fuji seien ihnen übermittelt worden, nicht bestritten. Daher kann hinsichtlich dieser Beweismittel keine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht festgestellt werden. 47      Zum anderen ist das Vorbringen der Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dasselbe wie das oben in Randnr. 45 angeführte, so dass die Stellungnahmen von Melco und Siemens nicht als entlastende Beweismittel angesehen werden können, deren Übermittlung den Verfahrensablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hätten beeinflussen können. 48      Gleiches gilt für die Aussagen der Mitarbeiter von Melco und von Siemens, da die schriftlichen Aussagen der Mitarbeiter einer Gesellschaft, die unter deren Kontrolle verfasst wurden und zu deren Verteidigung im Rahmen des von der Kommission geführten Verwaltungsverfahrens vorgelegt werden, grundsätzlich nicht als von den eigenen Erklärungen dieser Gesellschaft verschiedene und unabhängige Beweisstücke angesehen werden können. Im Allgemeinen beruht nämlich der Standpunkt einer Gesellschaft in Bezug auf das Vorliegen des ihr von der Kommission vorgeworfenen Sachverhalts in erster Linie auf den Kenntnissen und Ansichten ihrer Mitarbeiter und Geschäftsleiter. 49      Soweit die Klägerinnen die Ansicht vertreten, dass die Aussagen der Mitarbeiter von Siemens die Behauptung der Kommission, die europäischen Hersteller hätten das Bestehen der Übereinkunft nicht bestritten, in Frage stellten, ist darauf hinzuweisen, dass nicht nachgewiesen wurde, dass sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte oder in einem späteren Verfahrensstadium auf eine solche allgemeine Behauptung stützte. Die Kommission stellte in Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung bloß fest, dass das Bestehen dieser Übereinkunft von Alstom und Areva nicht bestritten und von dem zur Gruppe um die VA TECH Transmission & Distribution GmbH & Co. KEG (im Folgenden: VA TECH) gehörenden Unternehmen nicht offen bestritten worden sei. Hingegen machte die Kommission zum Standpunkt von Siemens oder der europäischen Hersteller im Allgemeinen keine näheren Angaben. Das Vorbringen der Klägerinnen wird daher nicht durch Tatsachen gestützt. Im Übrigen wird auf den Standpunkt der europäischen Hersteller zum Bestehen der Übereinkunft und auf seine Erheblichkeit unten in den Randnrn. 197 bis 203 eingegangen. 50      Außerdem hat die Kommission auf Aufforderung des Gerichts im Hinblick auf die in Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung genannten Äußerungen der übrigen japanischen Unternehmen zu deren behaupteter Beteiligung an den GIS-Projekten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einen Auszug aus der Antwort von Melco auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt, nach der Melco bestreitet, an der Aufteilung solcher Projekte beteiligt gewesen zu sein. 51      Melco beschränkte sich jedoch in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf, dieselbe Haltung wie die Klägerinnen einzunehmen, was diese in ihrer Äußerung vom 18. November 2009 einräumen. Folglich ist die Antwort von Melco auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte kein entlastendes Beweismittel, dessen Übermittlung den Verfahrensablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hätte beeinflussen können. 52      Schließlich geht aus den Erklärungen von Herrn S. vom 15. September 2006 hervor, dass dieser annahm, dass das Kartell zerfallen sei, nachdem Siemens seine Beteiligung an ihm im Jahr 1999 ausgesetzt habe, und dass das ab 2002 bestehende Kartell sich grundlegend von dem bis 1999 bestehenden unterschieden habe. 53      Die Antwort der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthält jedoch dasselbe Vorbringen, mit dem das Bestehen einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung bestritten wird. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Erwägungen in Randnr. 48 oben zur Einstufung der Aussagen von Mitarbeitern einer Gesellschaft ist davon auszugehen, dass auch die Erklärungen von Herrn S. keine entlastenden Beweismittel darstellen, deren Übermittlung den Verfahrensablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hätten beeinflussen können. 54      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 2.     Zum zweiten Klagegrund: Fehlender Nachweis des Bestehens der Übereinkunft oder der daraus resultierenden Zuwiderhandlung 55      Die Klägerinnen machen im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes geltend, die Kommission habe das Bestehen der Übereinkunft nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen; sie habe keine Anstrengungen unternommen, die bestehenden Zweifel im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung zu beseitigen. Die Kommission hätte im vorliegenden Fall die von den Klägerinnen vorgebrachte andere Erklärung des Sachverhalts akzeptieren müssen. Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes machen sie geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Übereinkunft eine beschränkende Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise dargestellt habe. 56      Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. a)     Zum ersten Teil: Kein Nachweis der Übereinkunft durch die Kommission 57      Nach der Rechtsprechung obliegt es der Kommission, die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen nachzuweisen und Beweise beizubringen, die geeignet sind, das Vorliegen der Tatsachen, die eine Zuwiderhandlung darstellen, rechtlich hinreichend zu belegen (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58      Hat das Gericht insoweit Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen, insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt (Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 60). 59      Unter den genannten Umständen ist nämlich die Unschuldsvermutung insbesondere nach Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, die allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 60      Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 62 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). 61      Außerdem kann in Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweise, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 64 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). 62      Stützt sich die Kommission jedoch für ihre Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, genügt es für diese, das Vorliegen von Umständen nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln geschlossen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 186 und die dort angeführte Rechtsprechung). 63      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen gilt dies jedoch nicht für alle Fälle, in denen eine Zuwiderhandlung nur aufgrund nichtschriftlicher Nachweise festgestellt wird. 64      Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Gemeinschaftsrecht nämlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 72). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 EWR‑Abkommen übertragbar. 65      Selbst wenn sich somit das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, kann das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Coats Holdings und Coats/Kommission, T‑36/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74). 66      Aus diesem Grund ist die Kommission selbst bei Fehlen schriftlicher Nachweise nicht gehalten, unabhängige Untersuchungen zur Überprüfung der Tatsachen durchzuführen. 67      Zudem verbietet keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts der Kommission, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer Unternehmen zu verwenden, denen vorgeworfen wird, sie seien am Kartell beteiligt gewesen. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die Art. 81 EG zuwiderlaufen, untragbar und mit der ihr anvertrauten Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmung zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 192). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 EWR‑Abkommen übertragbar. 68      Eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, kann jedoch nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer ist (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnrn. 219 f.). 69      Was den Beweiswert der verschiedenen Beweisstücke anbelangt, ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung der beigebrachten Beweise ihre Glaubhaftigkeit (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 72). 70      Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 1053 und 1838). 71      Zudem kann Erklärungen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnrn. 205 bis 210). 72      Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da die Möglichkeit besteht, wie die Klägerinnen geltend machen, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Kartellmitglieder vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Kronzeugenregelung gelangt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 70). 73      Die Übermittlung unrichtiger Angaben ist möglicherweise insofern folgenreicher, als eine bestrittene Erklärung eines Unternehmens, wie in Randnr. 68 oben ausgeführt, erhärtet werden muss. Dadurch erhöht sich nämlich das Risiko, dass unrichtige Erklärungen sowohl von der Kommission als auch von den anderen beteiligten Unternehmen erkannt werden. 74      Was die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung die Übereinkunft eine nichtschriftliche Vereinbarung war, die zunächst die Verpflichtung der japanischen Unternehmen umfasste, nicht in den Markt für GIS‑Projekte im EWR einzudringen, ferner die Verpflichtung der europäischen Unternehmen, nicht in den japanischen Markt für GIS‑Projekte einzudringen, und schließlich die Verpflichtung der europäischen Unternehmen, den japanischen Unternehmen GIS‑Projekte in anderen europäischen Ländern als den Stammländern zu melden und sie auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen anzurechnen. Nach Ansicht der Kommission war das Ziel des Melde- und Anrechnungsmechanismus, den japanischen Unternehmen, die von den europäischen Unternehmen als potenzielle Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen worden seien, einen Ausgleich anzubieten. 75      In diesem Zusammenhang ist zunächst das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, dass der Inhalt des Begriffs Übereinkunft in der angefochtenen Entscheidung nicht immer gleich sei. Zwischen den einzelnen Formulierungen, die in der angefochtenen Entscheidung gebraucht werden, sind zwar kleinere Unterschiede feststellbar, diese berühren jedoch nicht die grundlegenden Merkmale dieses Begriffs, wie sie im vorherigen Absatz dargelegt wurden. 76      Von den verschiedenen oben in Randnr. 74 genannten Bestandteilen der Übereinkunft stellt die Verpflichtung zum Nichteindringen in den EWR-Markt, die die japanischen Unternehmen eingegangen sein sollen, die Grundlage für den Vorwurf dar, den die Kommission den Klägerinnen macht. Daher muss das Bestehen dieser Verpflichtung rechtlich hinreichend nachgewiesen werden. Die anderen Bestandteile der Übereinkunft können sich jedoch im Fall ihres Nachweises als indirekter Beweis für das Bestehen der entsprechenden Verpflichtung der japanischen Unternehmen als relevant erweisen. 77      Die Klägerinnen bestreiten das Bestehen der Übereinkunft und machen geltend, ihr Fernbleiben vom europäischen Markt für GIS-Projekte sei dadurch erklärbar, dass die japanischen Unternehmen aus verschiedenen Gründen, insbesondere wirtschaftlichen und technischen, nicht als ernsthafte Wettbewerber auf dem europäischen Markt angesehen worden seien. Sie bestreiten den Beweiswert der verschiedenen von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Umstände und weisen auf andere hin, die dafür sprächen, dass die Übereinkunft nicht bestanden habe. Sie legen außerdem einen von Beratern erstellten Bericht (im Folgenden: externer Bericht) vor, der ihre andere Erklärung des Sachverhalts stützen soll. 78      Nach Ansicht der Kommission ist das Bestehen der Übereinkunft und insbesondere die Verpflichtung der japanischen Unternehmen, nicht in den EWR-Markt einzudringen, durch ein Bündel von Beweisen, das schriftliche Beweisstücke, Erklärungen von Unternehmen, Zeugenaussagen und Umstände umfasse, die das tatsächliche Funktionieren des Kartells beträfen, rechtlich hinreichend nachgewiesen. 79      Somit ist die Verlässlichkeit und der Gehalt der einzelnen betreffenden Beweisstücke zu beurteilen, um zu überprüfen, ob die von der Kommission geltend gemachten Umstände eine feste Überzeugung vom Bestehen der Übereinkunft stützen, die durch die von den Klägerinnen vorgebrachten Umstände nicht in Frage gestellt werden kann. Zum GQ-Abkommen und zum EQ-Abkommen –       Vorbringen der Parteien 80      Die Klägerinnen machen zum einen geltend, dass das GQ- und das EQ-Abkommen keine Bezugnahmen auf die Übereinkunft enthielten, obwohl in diesen Abkommen das Kartell detailliert geregelt sei. Insoweit spiegle Anhang 2 des GQ-Abkommens nicht das Bestehen der Übereinkunft, sondern den Ausschluss der westeuropäischen Länder vom Anwendungsbereich dieser Vereinbarung wider. 81      Zum anderen bestreiten die Klägerinnen das Bestehen eines engen Zusammenhangs zwischen dem GQ-Abkommen und dem EQ-Abkommen. Trotz seiner Detailliertheit nehme das GQ- nicht auf das EQ-Abkommen Bezug. Außerdem seien die japanischen Hersteller nicht Partei des EQ-Abkommens gewesen und hätten über seinen Inhalt nicht Bescheid gewusst. 82      Das GQ- und das EQ-Abkommen stellten daher keine schriftlichen Nachweise für das Bestehen der Übereinkunft dar. Da in diesen Abkommen die Übereinkunft trotz ihrer behaupteten grundlegenden Bedeutung für das weltweite Kartell nicht erwähnt werde, sei ihr Inhalt sogar Beweis dafür, dass die Übereinkunft nicht bestanden habe. 83      Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 84      Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das GQ-Abkommen den Aufbau eines weltweiten Kartells für GIS-Projekte vorsieht. In diesem Abkommen wird zum einen, wie die Klägerinnen geltend machen, die Übereinkunft nicht erwähnt, und zum anderen sind nach Anhang 2 dieses Abkommens Japan, die damaligen zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sowie fünf weitere Länder Westeuropas von seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen. 85      Vor diesem Hintergrund ist das GQ-Abkommen nicht als schriftlicher Nachweis für das Bestehen der Übereinkunft anzusehen. Die Auslegung der Kommission, wonach der Ausschluss der europäischen Länder und Japans auf das Bestehen der Übereinkunft zurückzuführen sei, ist nämlich auf den ersten Blick nicht plausibler als die von den Klägerinnen vertretene gegenteilige Auslegung. 86      Das EQ-Abkommen ist eine Durchführungsvereinbarung zum GQ-Abkommen, das sich insbesondere auf die Aufteilung des gemeinsamen „europäischen“ Kontingents nach letzterem Abkommen bezieht. Daher besteht zwischen diesen Abkommen eine gewisse Verbindung. Das EQ-Abkommen wurde jedoch ausschließlich von den europäischen Unternehmen geschlossen. Die Klägerinnen gehörten ihm somit nicht an. Außerdem wird in diesem Abkommen die Übereinkunft nicht ausdrücklich erwähnt. 87      Dazu ist ferner darauf hinzuweisen, dass die europäischen Hersteller nach Punkt 4 des Abschnitts „E (E‑Members)“ des Anhangs 2 des EQ-Abkommens „über die Meldung der europäischen Projekte an [die Gruppe der japanischen Hersteller] entscheiden“. Aus dem Kontext von Anhang 2 geht hervor, dass die Übermittlung der Informationen vor der Zuteilung der betreffenden GIS-Projekte stattfinden musste. 88      Dieser Umstand widerlegt in gewisser Hinsicht das Vorbringen der Klägerinnen, da er darauf hindeutet, dass nach Ansicht der europäischen Hersteller die japanischen Hersteller am Prozess der Zuteilung zumindest bestimmter GIS-Projekte im EWR interessiert sein konnten und daher potenzielle Wettbewerber in Bezug auf solche Projekte waren. 89      Jedoch beweist nichts im EQ-Abkommen und auch kein anderer von der Kommission angeführter Umstand, dass der betreffende Mechanismus von den europäischen Herstellern durchgeführt wurde oder die japanischen Hersteller von seinem Bestehen wussten. 90      Das EQ-Abkommen ist daher nur ein Indiz dafür, dass, wie die Kommission vorbringt, die japanischen Hersteller bei der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden. 91      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung einer Gruppe von Herstellern, nicht in den der anderen Gruppe vorbehaltenen Markt einzudringen, die die Kommission den japanischen Herstellern vorwirft, auf einem einfachen und leicht durchführbaren Konzept beruht. Diese Durchführung erfordert grundsätzlich auch keine Interaktion zwischen den betreffenden Unternehmen. Eine solche Verpflichtung kann daher durchaus in Form einer nichtschriftlichen Vereinbarung bestehen, was auch die Gefahr ihrer Aufdeckung verringert. Die Kommission hat dazu in den Randnrn. 170 bis 176 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die am Kartell Beteiligten eine Reihe organisatorischer und technischer Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hätten, um seine Aufdeckung zu verhindern. 92      Der nach der Aufteilung der betreffenden GIS-Projekte durchgeführte Melde- und Anrechnungsmechanismus erforderte zwar, wie die Kommission vorbringt, bestimmte Durchführungsmaßnahmen, diese waren jedoch nicht besonders kompliziert, da sie im Wesentlichen aus der Übermittlung bestimmter Angaben durch die europäische Gruppe an die japanische Gruppe bestanden, die außerdem parallel zur Übermittlung von Angaben nach dem EQ-Abkommen zu den GIS-Projekten außerhalb des EWR erfolgte. Es ist somit nicht ersichtlich, dass für solche Maßnahmen zwangsläufig schriftliche Regeln erforderlich gewesen wären. Zu den Erklärungen von ABB –       Vorbringen der Parteien 93      Die Klägerinnen wiederholen zunächst, dass die von ABB im Rahmen ihres Antrags auf Geldbußenerlass gemachten Angaben und insbesondere ihre Erklärungen nach der Gewährung eines bedingten Erlasses durch die Kommission im Licht des Drucks zu sehen seien, unter dem ABB, die sich den Erlass der Geldbuße habe erhalten wollen, gestanden habe; sie habe daher ihren eigenen Tatbeitrag so klein wie möglich und den der anderen beteiligten Unternehmen so groß wie möglich dargestellt. Im vorliegenden Fall habe sich dieser Druck in bruchstückhaften Erklärungen von ABB bei ihrer Anhörung durch die Kommission und im Rahmen eines parallelen Verfahrens, das die tschechische Wettbewerbsbehörde geführt habe, manifestiert. 94      Die Erklärungen von ABB stammten nicht aus dem maßgeblichen Zeitraum, enthielten keine hinreichend genauen Angaben zur Übereinkunft und seien später abgeändert worden, was ihren Beweiswert verringere. 95      In ihrem ursprünglichen Antrag auf Geldbußenerlass vom 3. März 2004 habe ABB nicht auf das Bestehen der Übereinkunft Bezug genommen, sondern ausschließlich in ihrer Äußerung vom 11. März 2004. 96      Zur Äußerung von ABB vom 11. März 2004 bringen die Klägerinnen zunächst vor, dass sich ABB mit ihrem Hinweis auf die Beteiligung der japanischen Unternehmen an der Übereinkunft auf JAEPS und die TM T & D Corp., ein Gemeinschaftsunternehmen von Toshiba und Melco, das die Tätigkeiten der Letzteren im GIS-Bereich zwischen Oktober 2002 und April 2005 betrieben habe, zu beziehen scheine. In der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission die Erklärungen von ABB jedoch nicht nur dahin ausgelegt, dass sie den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung seit 1988 erfassten, obwohl damals weder TM T & D noch JAEPS existiert hätten, sondern auch dahin, dass sie über diese zwei Gesellschaften hinaus ebenfalls Hitachi und Hitachi Europe beträfen. 97      Ferner habe sich ABB in ihrer Äußerung vom 11. März 2004 auf vage Angaben zur Dauer des Kartells beschränkt und sich auf den Zeitraum zwischen 1999 und 2002 konzentriert. 98      Sodann deute die Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit der Angaben von ABB in ihrer Äußerung vom 11. März 2004 darauf hin, dass es sich bei ihnen eher um eine Annahme ihrer Mitarbeiter zu den Marktbedingungen handele, die das Bestehen eines gemeinsamen Willens fraglich erscheinen lasse, als um einen Nachweis für eine ausdrückliche Vereinbarung. 99      Außerdem habe ABB in ihrer Äußerung vom 11. März 2004 zunächst bestätigt, dass die betroffenen Unternehmen der Ansicht gewesen seien, ein Eindringen in den europäischen Markt sei aufgrund rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Hindernisse schwierig oder sogar unmöglich. Unter diesen Umständen wäre jede ausdrückliche Vereinbarung, die eine Verpflichtung umfasst hätte, nicht in den fraglichen Markt einzudringen, gegenstandslos gewesen. 100    Schließlich habe ABB in ihrer Äußerung vom 4. Oktober 2005, die nach den Äußerungen der Klägerinnen und der übrigen japanischen Hersteller eingereicht worden sei, in denen das Bestehen der oben erwähnten Hindernisse dargelegt werde, ihre vorherigen Erklärungen zur Übereinkunft abgeändert, da sie insbesondere vorgetragen habe, dass die Zutrittsschranken zum europäischen Markt hätten überwunden werden können und daher ein Eindringen der japanischen Unternehmen wirtschaftlich möglich gewesen sei. Der Beweiswert einer solchen späteren Erklärung, die die früheren Erklärungen radikal abändere, sei jedoch zweifelhaft. 101    Die Kommission hält das Vorbringen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 102    Was die Glaubhaftigkeit der Erklärungen von ABB im Rahmen ihres Antrags auf Geldbußenerlass betrifft, wurde oben in den Randnrn. 72 f. ausgeführt, dass die Tatsache allein, dass ein Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt wird, um einen Geldbußenerlass zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise zur Beteiligung der übrigen Kartellmitglieder vorzulegen. 103    Die besonderen Umstände, die von dem Druck zeugen, unter dem ABB gestanden haben soll, können an dieser Feststellung nichts ändern. Bei ihrer Anhörung durch die Kommission hat sich ABB nämlich darauf beschränkt, den tatsächlichen Rahmen des Kartells darzulegen, und nur vorgetragen, dass die Beweismittel, die sie der Kommission verschafft habe, es rechtfertigten, ihr einen Geldbußenerlass zu gewähren. Im von der tschechischen Wettbewerbsbehörde geführten Verfahren umfasste das Vorbringen von ABB neben diesen zwei Teilen noch einen der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts gewidmeten Teil sowie Ausführungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass ABB in diesen beiden Fällen über das hinausgegangen wäre, was von einem Unternehmen erwartet werden kann, das einen Geldbußenerlass beantragt hat und sich den bedingten Erlass, der ihr gewährt wurde, durch volle Zusammenarbeit mit der betreffenden Behörde sichern möchte. Daher ist nicht anzunehmen, dass die Glaubhaftigkeit der Erklärungen von ABB dadurch in Frage gestellt wird, dass sie einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hat. 104    Auch dem Argument der Klägerinnen, dass die Erklärungen von ABB nicht aus dem maßgeblichen Zeitraum stammten, kann nicht gefolgt werden. Zum einen können Erklärungen, die ein Unternehmen der Kommission im Rahmen eines Antrags auf Geldbußenerlass vorlegt, definitionsgemäß nicht zur gleichen Zeit wie das gesamte Verhalten entstanden sein, das die Zuwiderhandlung bilden soll, ohne dass sie dadurch ihren Beweiswert verlieren. Zum anderen behauptete ABB im vorliegenden Fall ab 11. März 2004, dass die Übereinkunft bestehe, also vor dem Ende der von der angefochtenen Entscheidung erfassten Zuwiderhandlung. 105    Was den Inhalt der verschiedenen Erklärungen von ABB betrifft, ist zunächst der Tatsache, dass die Übereinkunft im ursprünglichen Antrag, d. h. dem Antrag auf Geldbußenerlass vom 3. März 2004, nicht erwähnt wurde, keine besondere Bedeutung beizumessen. Bei einer ersten Kontaktaufnahme mit der Kommission im Rahmen eines Antrags auf Geldbußenerlass ist es nämlich normal, dass das fragliche Unternehmen nicht sämtliche Aspekte der Zuwiderhandlung, deren Bestehen es aufdecken möchte, im Einzelnen darlegt. 106    Außerdem erwähnt ABB im ursprünglichen Antrag die Übereinkunft zwar nicht ausdrücklich, weist jedoch darauf hin, dass JAEPS und TM T & D zu den Beteiligten am Kartell gehört hätten und dieses alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgedeckt habe. Diese Behauptung impliziert, dass die beiden betreffenden Gesellschaften nach Ansicht von ABB an der Übereinkunft beteiligt waren. 107    Ferner nahm ABB in ihrer Äußerung vom 11. März 2004, also noch bevor ihr der bedingte Geldbußenerlass gewährt wurde, ausdrücklich auf das Bestehen einer Vereinbarung Bezug, nach der die beiden japanischen Gesellschaften keine Angebote für die europäischen Projekte und die europäischen Gesellschaften keine Angebote für die japanischen Projekte einreichen würden. 108    Es ist ganz normal, dass ABB in diesem Zusammenhang auf zwei Gesellschaften, nämlich JAEPS und TM T & D, Bezug genommen hat, da zum Zeitpunkt der Abgabe ihrer Erklärungen in diesen Gemeinschaftsunternehmen die Tätigkeiten von Hitachi, Fuji, Toshiba und Melco im GIS-Bereich zusammengefasst waren. Nichtsdestoweniger durfte die Kommission diese Erklärung zu Recht als Hinweis darauf auslegen, dass die genannten Unternehmen selbst an der Übereinkunft beteiligt waren. Im ursprünglichen Antrag hatte ABB nämlich bereits ausgeführt, dass nach ihrem Wissen das Kartell seit mehr als zehn Jahren bestehe, was bedeutet, dass es lange vor der Gründung von JAEPS und TM T & D gebildet wurde. 109    Zudem ist das Vorbringen der Klägerinnen, ABB habe zur Dauer des Kartells keine Angaben gemacht, aufgrund der Äußerung von ABB vom 11. März 2004 in Verbindung mit ihrem ursprünglichen Antrag zurückzuweisen. In ihrem ursprünglichen Antrag gab ABB nämlich an, dass das Kartell zumindest seit 1994 bestanden habe, und ihre Äußerung vom 11. März 2004 widerspricht dieser Feststellung nicht. 110    Außerdem erklärte ABB zwar, Grundlage für die Übereinkunft sei der Umstand gewesen, dass die japanischen Hersteller von den europäischen Kunden nicht richtig akzeptiert worden seien und sich auf dem europäischen Markt bestimmten Hindernissen gegenübergesehen hätten. Aus ihrer Äußerung vom 11. März 2004 geht jedoch eindeutig hervor, dass ihrer Ansicht nach die beteiligten japanischen Unternehmen das Bestehen dieser Hindernisse nicht bloß feststellten, sondern sich gegenüber ihren europäischen Partnern dazu verpflichteten, nicht in den EWR-Markt einzudringen. Somit machten die hinsichtlich dieses Markts bestehenden Zutrittsschranken die Übereinkunft nicht gegenstandslos, sondern stellten einen Umstand dar, der zum Abschluss dieser Übereinkunft führte. Eine solche Feststellung ist auch nicht widersprüchlich, da es für einen Hersteller naheliegt, seinen Wettbewerbern im Rahmen einer Aufteilung von Märkten, wie sie die Kommission hier annimmt, die Märkte zu überlassen, auf denen seine Position schwach ist. 111    Sodann ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, die Äußerung von ABB vom 4. Oktober 2005 widerspreche ihren vorherigen Erklärungen. In dieser Äußerung hat ABB nämlich das Bestehen der Übereinkunft bestätigt. Sie hat bei dieser Gelegenheit zwar betont, dass die Hindernisse, denen sich die japanischen Hersteller gegenübergesehen hätten, wenn sie in den EWR-Markt hätten eindringen wollen, überwindbar gewesen wären, diese Feststellung steht jedoch nicht im Widerspruch mit den Erklärungen vom 11. März 2004, wonach ein Eindringen in diesen Markt nicht unmöglich, sondern nur schwierig gewesen sei. 112    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen stellt daher die Äußerung von ABB vom 4. Oktober 2005 eine Klarstellung dar, die mit deren vorherigen Erklärungen im Einklang steht. 113    Nach alledem ist festzustellen, dass die Erklärungen von ABB zum Nachweis der Übereinkunft geeignet sind, da das Bestehen dieser Übereinkunft angeführt und ihr wesentlicher Inhalt beschrieben wird und Angaben zu ihrer Dauer sowie zu ihren Beteiligten gemacht werden. 114    Die Erklärungen von ABB sind zudem kohärent, wurden im Namen eines Unternehmens abgegeben und beruhen, wie ihr Inhalt zeigt, auf internen Untersuchungen und Gesprächen mit Mitarbeitern dieses Unternehmens. Ihnen ist daher ein gewisser Beweiswert zuzuerkennen. Nach der oben in Randnr. 68 dargelegten Rechtsprechung muss ihr Inhalt jedoch auf jeden Fall durch andere Umstände erhärtet werden. Zu den Aussagen der Mitarbeiter sowie eines ehemaligen Mitarbeiters von ABB –       Vorbringen der Parteien 115    Die Klägerinnen wiederholen zunächst ihr Vorbringen, dass der Beweiswert der Angaben von ABB deshalb gering sei, weil sie einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt habe. 116    Die Aussagen der Mitarbeiter sowie eines ehemaligen Mitarbeiters von ABB seien bei Befragungen im September 2005, somit 18 Monate nach dem ersten Antrag auf Geldbußenerlass, auf Wunsch der Kommission und im Beisein ihrer Bediensteten sowie des Rechtsberaters von ABB, der sich sogar aktiv am Gespräch mit Herrn M. beteiligt habe, gemacht worden. 117    Einige der Äußerungen während dieser Befragungen zeigten, dass zuvor vorbereitende Sitzungen stattgefunden hätten und zumindest ein schriftlicher Bericht erstellt worden sei. Insbesondere die Erklärungen von Herrn M. schienen auf ein vorbereitendes Gespräch mit dem externen Berater von ABB zurückzugehen, das am Tag der Anhörung stattgefunden habe. Ungeachtet dessen bestünden zwischen den verschiedenen Aussagen Widersprüche. 118    Zudem seien die Zeugen auf die Bedeutung der Befragungen für das Schicksal des Antrags von ABB auf Geldbußenerlass hingewiesen worden. Folglich hätten diese Zeugen ein persönliches Interesse daran gehabt, der Kommission Umstände mitzuteilen, die das Bestehen der Übereinkunft erhärtet hätten. Insbesondere habe sich Herr M. am Verfahren nur beteiligt, um sich die Leistungen zu erhalten, die ihm ABB während seines Ruhestands gewährt habe. 119    Hingegen habe keine Gefahr bestanden, ABB durch die Aussagen zu schaden, da diese im Rahmen der Beurteilung ihres Antrags auf Geldbußenerlass zu ihren Gunsten zu berücksichtigen gewesen seien. 120    Außerdem seien die Erklärungen der Zeugen weder schriftlich abgefasst noch von diesen nochmals auf ihre Richtigkeit überprüft worden. Sie seien daher nicht nach gründlicher Überlegung abgegeben worden. Die Zeugen hätten sich in ihrer Eigenschaft als Mitarbeiter bzw. ehemaliger Mitarbeiter und nicht als offizielle Vertreter von ABB geäußert. 121    In vielen Fällen seien die befragten Personen keine unmittelbaren Zeugen der von ihnen wiedergegebenen Ereignisse gewesen. Insbesondere Herr M. habe hinsichtlich des Ursprungs der Übereinkunft keine Aussage als unmittelbarer Zeuge machen können, nicht einmal hinsichtlich ihres angeblichen Abschlusses am 15. April 1988, da er angegeben habe, dass die Vereinbarung möglicherweise bereits bestanden habe, als er noch nicht einmal geboren gewesen sei. 122    Zudem widerspreche die Aussage von Herrn M. vom September 2005 mehrfach der älteren Äußerung von ABB, die ihrerseits auf ihren vorherigen Erklärungen beruht habe, und seine Worte seien ungenau und von der Kommission oder dem externen Berater von ABB suggeriert worden. Außerdem mache die Tatsache, dass er sich an das Bestehen des GE-Abkommens vor November 2006 nicht erinnert habe, die Verlässlichkeit seiner Aussage noch zweifelhafter. 123    Die Kommission habe den geringen Beweiswert der Aussage von Herrn M. selbst erkannt, da sie nur ausgewählte Teile von ihr verwendet habe. 124    Was den Inhalt der Aussagen betrifft, sei keiner der Zeugen in der Lage gewesen, die Dauer der Übereinkunft zu bestätigen, zumal nach Ansicht von Herrn M. der Mechanismus des GQ-Abkommens und damit implizit die Übereinkunft selbst 2002 zu existieren aufgehört hätten, während die übrigen Zeugen behauptet hätten, die Übereinkunft sei in verschiedenen Zeiträumen zwischen 2002 und 2004 in Kraft gewesen. Ferner habe kein Zeuge den Begriff Übereinkunft verwendet, und die Hinweise auf das Bestehen eines Kartells seien nicht aus freien Stücken, sondern auf Betreiben der Kommission erfolgt. 125    Die Klägerinnen weisen insoweit darauf hin, dass sich Herr Wi., obwohl die Kommission bei seiner Befragung das Konzept der Übereinkunft dargelegt habe, sich nur zum Zeitraum Juli 2002 bis Januar 2004 habe äußern können. Auch die Angaben von Herrn P. zur Übereinkunft seien vage gewesen, weshalb die Kommission versucht habe, ihn dazu zu bewegen, anstelle seiner ungenauen Worte explizitere Formulierungen zu gebrauchen, die ihren Standpunkt bestätigten. Herr V.-A. habe bei seiner Befragung durch die Kommission zunächst angegeben, dass Europa und Nordamerika vom Kartell ausgenommen gewesen seien. Wie im Fall von Herrn P. habe die Kommission erst zu einem späteren Zeitpunkt der Befragung das Konzept der Übereinkunft zur Sprache gebracht. Die drei fraglichen Aussagen seien daher ungenau, inkohärent und somit nicht das Ergebnis gründlicher Überlegung. 126    Was die Aussage von Herrn M. betreffe, beziehe sich seine ursprüngliche Erklärung zum gegenseitigen Schutz der angestammten Märkte auf das Konzept der „Stammländer“ und nicht auf die Übereinkunft, wie sie die Kommission definiere. Auch seine Erklärungen zum Thema der Übereinkunft seien vage. 127    Auch habe Herr M. nicht bestätigt, dass die japanischen Hersteller in der Lage gewesen seien, GIS-Produkte auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Selbst nach Eingreifen des externen Beraters von ABB, der versucht habe, den Zeugen in eine andere Richtung zu lenken, habe Herr M. daran festgehalten, dass ein Auftreten der japanischen Hersteller auf dem europäischen Markt sehr selten gewesen sei. 128    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 129    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Aussagen der Mitarbeiter und des ehemaligen Mitarbeiters von ABB keine von deren eigenen Erklärungen getrennte und unabhängige Beweismittel sind, da sich die Zeugen auf Betreiben von ABB und im Rahmen der Verpflichtung der Letzteren zur Zusammenarbeit nach der Kronzeugenregelung gegenüber der Kommission geäußert haben, wobei ein externer Berater von ABB anwesend sein durfte. Die betreffenden Aussagen sind daher im Sinne der oben in Randnr. 68 angeführten Rechtsprechung nicht geeignet, die Erklärungen von ABB zu erhärten. Sie ergänzen diese Erklärungen vielmehr und können ihren Inhalt näher ausführen und konkretisieren. Auch sie müssen daher durch andere Beweise erhärtet werden. 130    Soweit die Klägerinnen die Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Mitarbeiter und des ehemaligen Mitarbeiters eines Unternehmens aufwerfen, das einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hat, sind solche Angaben, wie oben in den Randnrn. 72 f. ausgeführt, nicht automatisch mit Vorsicht zu behandeln. Was die individuellen Beweggründe der Zeugen betrifft, ist zwar möglich, dass auch die Mitarbeiter eines solchen Unternehmens, die gehalten sind, in dessen Interesse zu handeln, so viele belastende Umstände wie möglich anführen wollen, da sich ihre Mitarbeit im Rahmen des Verfahrens auch positiv auf ihre berufliche Zukunft auswirken kann. Ist dies der Fall, werden den fraglichen Mitarbeitern jedoch auch die möglichen negativen Folgen unrichtiger Angaben bewusst sein, die durch die Notwendigkeit ihrer Erhärtung deutlicher spürbar sind. 131    Was die freiwillige Mitarbeit von Herrn M., einem ehemaligen Mitarbeiter von ABB, im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens betrifft, so ist er grundsätzlich nicht mehr gehalten, im Interesse seines ehemaligen Arbeitgebers zu handeln. Das bedeutet jedoch auch, dass er grundsätzlich kein Interesse daran hat, in diesem Zusammenhang unrichtige Angaben zu machen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich Herr M. zum Zeitpunkt seiner Aussage bereits im Ruhestand befand. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass es für ihn ungünstige Folgen gehabt hätte, insbesondere im Hinblick auf die Leistungen, die ihm ABB gewährt haben soll, wenn er im Verwaltungsverfahren nicht kooperiert hätte. 132    Auch die Tatsache, dass zwischen der Einreichung des Antrags auf Geldbußenerlass und der Befragung der Zeugen eine bestimmte Zeit vergangen ist, stellt an sich den Beweiswert der Aussagen nicht in Frage. Es ist nämlich gerechtfertigt, dass sich die Kommission im Laufe ihrer Untersuchung zusätzliche Beweise verschafft, um über alle für die Beurteilung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung relevanten Angaben zu verfügen, insbesondere im Licht der Äußerungen der betroffenen Unternehmen. 133    Hingegen kann die Zeit, die zwischen einer Zeugenaussage und dem Sachverhalt, auf den sie sich bezieht, vergangen ist, bei der Beurteilung ihrer Glaubhaftigkeit eine Rolle spielen, da Zeugen im Allgemeinen zu jüngeren Ereignissen detailliertere und verlässlichere Aussagen machen können. Im vorliegenden Fall ist jedoch die Zeit, die zwischen dem Ende der Beteiligung der einzelnen Zeugen am Kartell, d. h. zwischen Mai 2004 im Fall von Herrn V.‑A., Herrn W. und Herrn P. sowie Juni 2002 im Fall von Herrn M., und den Aussagen im September 2005 vergangen ist, nicht lange genug, um Einfluss auf ihre Glaubwürdigkeit zu haben. 134    Die allgemeine Glaubhaftigkeit der Aussagen wird auch nicht durch die Anwesenheit des externen Beraters von ABB bei den Gesprächen beeinträchtigt, da die Aussagen im Rahmen der Zusammenarbeit von ABB nach der Kronzeugenregelung erfolgten und die Zeugen zu Beginn ihrer jeweiligen Befragung ausdrücklich erklärten, sich von diesem Berater unterstützen lassen zu wollen. 135    Der externe Berater von ABB griff zwar zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Befragung von Herrn M. ein und suggerierte ihm, dass es für die japanischen Hersteller hätte rentabel sein können, in den europäischen Markt einzudringen, wovon Herr M. nicht überzeugt zu sein schien. Daher ist davon auszugehen, dass Herr M. Zweifel am wirtschaftlichen Interesse an einem solchen Schritt äußerte, was bei der Beurteilung des Inhalts seiner Aussage zu berücksichtigen ist. Die Klägerinnen legen jedoch nicht dar, in welchem Umfang dieses Eingreifen des externen Beraters die Glaubhaftigkeit der Aussage von Herrn M. in sonstiger Hinsicht berührt. 136    Was die vorherige Abfassung eines Berichts und die vorbereitenden Gespräche betrifft, ist es nicht überraschend, dass ein Unternehmen, das einen Antrag auf Geldbußenerlass stellt, zuvor die für seinen Antrag relevanten Tatsachen und die Zeugen, die sich zu ihnen äußern können, ermittelt und mit ihnen analysiert hat, wie weit ihre Kenntnisse reichen. 137    Außerdem lässt sich nicht sagen, dass die betreffenden Aussagen keine nachteiligen Folgen für ABB hätten haben können. Soweit nämlich die Befragungen vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte durchgeführt wurden, konnten weder ABB noch ihre Mitarbeiter bzw. ihr ehemaliger Mitarbeiter sicher sein, welchen Umfang und welchen genauen Inhalt die Vorwürfe gegen ABB haben würden. 138    Das Vorbringen der Klägerinnen, dass die betreffenden Aussagen nicht das Ergebnis gründlicher Überlegung zu sein scheinen und auch nicht nach nochmaliger Überlegung und zusätzlichen Überprüfungen revidiert wurden, trifft hingegen zu. Die Aussagen erfolgten nämlich mündlich, und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kommission den Zeugen zuvor schriftliche Fragen gestellt hätte oder die Zeugen ihre Erklärungen zur Übereinkunft und zu den Zutrittsschranken zum EWR-Markt nochmals überprüft und revidiert hätten. 139    Ebenso ist nicht ersichtlich, dass sich die Zeugen als offizielle Vertreter von ABB geäußert hätten. Zunächst scheinen diese Rolle im Wesentlichen die externen Berater von ABB übernommen zu haben, von denen die oben in den Randnrn. 102 bis 114 behandelten Erklärungen stammen. Sodann war Herr M., worauf oben in Randnr. 131 hingewiesen wurde, zum Zeitpunkt seiner Aussage grundsätzlich nicht mehr gehalten, im Interesse seines ehemaligen Arbeitgebers zu handeln, und es liegt auch kein Hinweis dafür vor, dass er selbst oder ein anderer Zeuge sich durch Gespräche mit anderen Mitarbeitern von ABB und durch Einsichtnahme in deren Unterlagen systematisch auf die Befragung vorbereitet hätte. Schließlich betrafen die dabei von der Kommission gestellten Fragen nicht den Standpunkt von ABB zu den angesprochenen Themen, sondern vielmehr die persönlichen Kenntnisse der einzelnen Zeugen. 140    Das Vorbringen der Klägerinnen, dass die befragten Personen oft keine unmittelbaren Zeugen der betreffenden Ereignisse gewesen seien, ist zurückzuweisen. Ihren Aussagen zufolge waren die vier Zeugen persönlich an den Vorgängen im Rahmen des Kartells beteiligt. Insbesondere Herr M. war im Kartell zwischen 1988 und 2002 einer der Vertreter von ABB, also fast während der gesamten Dauer seines Bestehens, während ABB selbst eine der Hauptakteurinnen war. Herr M. ist somit ein unmittelbarer und besonders geeigneter Zeuge der von ihm dargelegten Umstände gewesen. 141    Herr M. hat in seiner Aussage in der Tat bestätigt, dass er beim Abschluss der Übereinkunft, die vor der Unterzeichnung des GQ- und des EQ-Abkommens erfolgt sei, nicht dabei gewesen sei. Dazu befragt, ob bei den Gesprächen, an denen er teilgenommen habe, das Thema der Übereinkunft angesprochen worden sei, hat Herr M. geantwortet, dass dies nicht erforderlich gewesen sei, da die Übereinkunft sich von selbst verstanden habe. Diese Umstände stellen jedoch den Beweiswert der Aussage von Herrn M. nicht in Frage. Zum einen kann ein andauernder Vorgang durchaus selbst dann durch einen Zeugen bewiesen werden, wenn dieser dem Beginn dieses Vorgangs nicht beigewohnt hat. Zum anderen hat Herr M. zwar erklärt, dass die Frage der Übereinkunft bei den Treffen, an denen er teilgenommen habe, nicht ausdrücklich erörtert worden sei, doch sei dies deshalb so gewesen, weil den Kartellmitgliedern diese Übereinkunft klar gewesen sei und sie sie akzeptiert und durchgeführt hätten, ohne dass eine ausdrückliche Erörterung erforderlich gewesen wäre. Da die von der Kommission angeführte Verpflichtung der japanischen Unternehmen bloß in einer Unterlassung und nicht in einem positiven Tun bestand, ist dies durchaus möglich. 142    Die Klägerinnen legen die Unstimmigkeiten, mit denen die verschiedenen Aussagen behaftet sein sollen, nicht im Einzelnen dar. Außerdem zeigen sich bei einem Vergleich der Aussagen, sowohl untereinander als auch mit den anderen Angaben von ABB, keine Unstimmigkeiten, die die Glaubhaftigkeit der Erklärungen zum Bestehen der Übereinkunft berührten. Die einzige nennenswerte Abweichung betrifft das Bestehen eines wirtschaftlichen Interesses der japanischen Unternehmen an einem Eindringen in den europäischen Markt. Wie jedoch unten in den Randnrn. 156 bis 158 dargelegt, berührt der Standpunkt bestimmter Zeugen zu dieser Frage nicht ihre Erklärungen zum Bestehen der Übereinkunft. 143    Zur angeblichen Unvollständigkeit der Aussage von Herrn M. ist zu bemerken, dass es nicht überrascht, dass sich ein Zeuge bei einer Befragung nicht an alle ein Kartell betreffende Schriftstücke erinnern kann. Außerdem hat Herr M. zwar bei seiner Befragung nicht ausdrücklich auf das GE-Abkommen Bezug genommen, er hat sich jedoch zur Zuteilung von GIS-Projekten im EWR geäußert, die gemäß den Vereinbarungen erfolgt sei, die vor dem GQ-Abkommen geschlossen worden seien und zu denen insbesondere das GE-Abkommen gehört habe. 144    Auch die Tatsache, dass die Kommission nicht alle Teile einer Aussage verwertet hat, bedeutet nicht, dass diese geringen Beweiswert hat. Es ist normal, dass manche dieser Teile irrelevant sind oder bestimmte Umstände überzeugender durch andere Beweismittel untermauert werden können. 145    Was den Inhalt der Aussagen betrifft, stehen die Erklärungen zur Dauer des Kartells entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen sowohl untereinander als auch mit dem Vorbringen der Kommission in Einklang. 146    Herr M. hat nämlich klar angegeben, dass die Regel, nach der die angestammten Märkte von den europäischen und den japanischen Herstellern jeweils zu respektieren gewesen seien, schon lange bestanden habe und sogar älter als das GQ-Abkommen gewesen sei. 147    Die Erklärung von Herrn M., dass der Mechanismus des GQ-Abkommens im Jahr 2002 nicht mehr bestanden habe, bedeutet an sich nicht, dass dies auch für die Übereinkunft galt. Zum einen veränderten sich in diesem Zeitraum die Arbeitsmethoden des Kartells ein wenig, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Siemens und Hitachi sich wieder an diesem Kartell beteiligten und Herr M. daher annehmen konnte, dass das 1988 unterzeichnete und in der Folge geänderte GQ-Abkommen nicht mehr durchgeführt werde. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass auch die ab Juli 2002 angewandten Arbeitsmethoden auf der Übereinkunft oder einer entsprechenden Vereinbarung beruhen konnten. Die Zeugen von ABB, ausgenommen Herr M., haben ausdrücklich bestätigt, dass dies im vorliegenden Fall so war, da nach ihren Erklärungen die Übereinkunft zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern über das Respektieren der jeweils angestammten Märkte in der Zeit, in der sie an den Kartellaktivitäten beteiligt gewesen seien, d. h. von Juli 2002 bis 2004, bestanden habe. 148    Zum anderen wurde Herr M. im Juni 2002 vorzeitig in den Ruhestand versetzt, nachdem sein neuer Vorgesetzter wettbewerbswidrige Aktivitäten aufgedeckt hatte. Dieser Umstand erklärt, dass Herr M. über die ab Juli 2002 angewandten Arbeitsmethoden des Kartells nicht genau Bescheid gewusst hat. 149    Es kann auch nicht behauptet werden, dass die Zeugen vage und nicht von sich aus auf die Übereinkunft Bezug genommen hätten. Jeder der Zeugen beschrieb mit eigenen Worten eine besondere Situation auf dem europäischen und dem japanischen Markt, die der von der Kommission angeführten Übereinkunft entspricht. 150    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen hat Herr Wi. erklärt, das Fernbleiben der japanischen Unternehmen vom europäischen Markt sei das Ergebnis eines Systems zum Schutz des japanischen und des europäischen Marktes gewesen, weil keine der beiden Herstellergruppen ein Tätigwerden der jeweils anderen auf ihrem angestammten Markt gewollt habe. Nach der Befragung kam der Vertreter der Kommission zwar auf dieses Thema zurück und verwendete tatsächlich den Begriff Übereinkunft, beschränkte sich jedoch darauf, den von Herrn Wi. spontan eingeführten Begriff klarzustellen. 151    Herr P. hat von sich aus auf eine Übereinkunft mit den japanischen Unternehmen Bezug genommen, nach der diese nicht auf dem europäischen Markt und die europäischen Unternehmen nicht auf dem japanischen Markt auftreten würden. Auch in diesem Fall kam der Vertreter der Kommission in der Folge auf diese Frage zurück, jedoch nur um zu kontrollieren, ob er die vorangegangenen spontanen Erklärungen richtig verstanden hatte. 152    Im Fall von Herrn V.-A. hat die Kommission den Begriff Übereinkunft nicht verwendet, sondern den Zeugen nur gefragt, ob er von irgendeiner Vereinbarung zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern wisse. In Beantwortung dieser Frage hat Herr V.-A. das Bestehen eines Abkommens zwischen den japanischen und den europäischen Herstellern angeführt, nach dem die europäischen Hersteller die japanischen Unternehmen auf dem japanischen Markt nicht „angreifen“ würden und umgekehrt. Darüber hinaus hat Herr V.-A. erklärt, er habe an einem Gespräch zwischen den europäischen Unternehmen und dem Vertreter eines japanischen Unternehmens teilgenommen, das ausdrücklich die Einhaltung dieser Vereinbarung zum Gegenstand gehabt habe, weil es Versuche der japanischen Unternehmen gegeben habe, in den europäischen Markt einzudringen. 153    Was außerdem die behauptete Ausklammerung bestimmter Gebiete aus dem Geltungsbereich des weltweiten Kartells betrifft, hat Herr V.‑A. zum einen erklärt, dass Nordamerika aus einem speziellen Grund ausgenommen worden sei, nämlich wegen der Sanktionen, die bei einer Aufdeckung des Kartells gedroht hätten. Zum anderen habe die Ausklammerung der westeuropäischen Länder zur Folge gehabt, dass die betreffenden GIS-Projekte von den europäischen Herstellern nicht bei den Treffen, bei denen er dabei gewesen sei, nämlich denen des zuvor durch das GQ- und das EQ-Abkommen geregelten weltweiten Kartells, sondern bei anderer Gelegenheit besprochen worden seien. Diese Erklärungen stehen jedoch voll mit diesen Vereinbarungen und mit den Behauptungen der Kommission in Einklang. 154    Herr M. schließlich hat im Rahmen seiner Aussage erklärt, dass zwischen den japanischen und den europäischen Herstellern vor dem GQ-Abkommen eine Vereinbarung über den gegenseitigen Schutz der angestammten Märkte bestanden habe, diese Vereinbarung eine notwendige Voraussetzung für den Abschluss der Vereinbarungen über andere Regionen gewesen sei und nach ihren Regeln die japanischen Hersteller nicht in den angestammten Markt der europäischen Hersteller eindringen würden, obwohl sie dazu technisch in der Lage gewesen seien. Herr M. erläuterte in diesem Zusammenhang auch den Melde- und Anrechnungsmechanismus sowie die Tatsache, dass die GIS-Projekte in den Stammländern nicht Gegenstand der Gespräche zwischen den beiden Herstellergruppen gewesen und nicht auf die Kontingente nach dem GQ-Abkommen angerechnet worden seien. 155    Die Erklärungen von Herrn M. bestätigen somit das Bestehen der von der Kommission angeführten Übereinkunft und sind nicht als vage zu qualifizieren, da sie zur Dauer der Übereinkunft, zu ihrem Inhalt und zu ihren Teilnehmern klare Aussagen enthalten. Dass Angaben zur Durchführung dieser Vereinbarung fehlen, überrascht kaum, da die wesentliche Verpflichtung der Parteien darin bestand, auf bestimmten Märkten nicht tätig zu werden. Im Übrigen hat Herr M. den Teil der Übereinkunft, der Durchführungsmaßnahmen erforderte, nämlich den Melde- und Anrechnungsmechanismus, beschrieben. 156    Wie jedoch oben in Randnr. 135 ausgeführt, ist Herr M. nicht davon überzeugt gewesen, dass die japanischen Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an einem Eindringen in den europäischen Markt hatten. Herr P., nach dessen Einschätzung die japanischen Hersteller wahrscheinlich annahmen, dass sich dies in wirtschaftlicher Hinsicht nicht lohne, hat diese Auffassung geteilt. Nach den beiden anderen Zeugen, Herrn Wi. und Herrn V.-A., war ein wirtschaftliches Interesse an einem solchen Schritt gegeben. 157    Die Ansichten von Herrn M. und Herrn P. ändern nichts daran, dass die vier Zeugen erklärt haben, die japanischen Unternehmen hätten sich verpflichtet, nicht in den EWR-Markt einzudringen, obwohl sie dazu technisch in der Lage gewesen wären, unbeschadet der Tatsache, dass es für eine solche Verpflichtung möglicherweise keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Grund gab. 158    Zudem macht entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen das mögliche Fehlen eines wirtschaftlichen Interesses der japanischen Hersteller an einem Eindringen in den EWR-Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vereinbarung wie die Übereinkunft nicht überflüssig. Eine solche Vereinbarung kann nämlich das verbleibende Risiko eines zukünftigen Eindringens in die betreffenden Märkte bei einer Veränderung der Wettbewerbssituation ausschalten und so den beiden Herstellergruppen durch die Festigung ihrer jeweils privilegierten Stellung langfristige Sicherheit garantieren. Ferner kann sie die Grundlage gegenseitigen Vertrauens zwischen den beiden Gruppen bilden. Nach den Erklärungen von Herrn M. war dieses Vertrauen notwendig, um das Kartell weltweit durchführen zu können. 159    Somit sind die Erklärungen der vier genannten Zeugen und insbesondere von Herrn M. glaubhaft, da sie von Zeugen stammen, die an den von ihnen beschriebenen Vorgängen unmittelbar beteiligt waren und die nach den Umständen des vorliegenden Falles keinen Grund hatten, unrichtige Angaben zu machen. 160    Sodann stehen die vier Aussagen untereinander und mit den anderen Angaben von ABB zum Bestehen und zum grundlegenden Inhalt der Übereinkunft in Einklang. So haben die Zeugen das Bestehen einer Vereinbarung bestätigt, nach der sich die japanischen Unternehmen verpflichtet haben, nicht in den europäischen Markt für GIS-Projekte einzudringen, und die europäischen Unternehmen, nicht in den japanischen Markt für solche Projekte einzudringen. Die vier Zeugen haben ferner angegeben, dass ungeachtet bestimmter Zutrittsschranken ein Eindringen in den europäischen Markt technisch gesehen möglich gewesen sei. Ihre Ansichten in Bezug auf das wirtschaftliche Interesse der japanischen Hersteller an einem Eindringen in den europäischen Markt weichen zwar voneinander ab, dieser Umstand ist jedoch im vorliegenden Fall, wie oben in den Randnrn. 156 bis 158 ausgeführt, im Hinblick auf die Erklärungen zum Bestehen der Übereinkunft ohne Bedeutung. 161    Schließlich vermitteln die vier Zeugen unter Berücksichtigung ihres jeweils unterschiedlichen Kenntnisstands ein genaues und vollständiges Bild der Übereinkunft. Insbesondere Herr M. hat in seiner Aussage den Inhalt dieser Vereinbarung, den Grund für ihren Abschluss und ihre Funktionsweise im Einzelnen dargelegt. 162    Nach alledem sind die Aussagen der Mitarbeiter und des ehemaligen Mitarbeiters von ABB sehr beweiskräftige Indizien für das Bestehen der Übereinkunft. Zu den Angaben von Fuji –       Vorbringen der Parteien 163    Die Klägerinnen bringen vor, dass die Antwort von Fuji auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte kein hinreichend genaues und detailliertes Beweismittel sei, um die Angaben von ABB und damit die Annahme der Kommission hinsichtlich des Bestehens der Übereinkunft erhärten zu können. 164    Zunächst habe Fuji nicht näher ausgeführt, wie sie vom Bestehen der Übereinkunft erfahren habe, wann und in welcher Form diese geschlossen worden sei, wer an ihr beteiligt gewesen sei und ob sie durchgeführt worden sei. 165    Ferner habe Fuji die Gegenseitigkeit der Übereinkunft nicht bestätigt und die Zutrittsschranken zum europäischen Markt für GIS-Projekte erwähnt, denen sie sich gegenübergesehen habe. Damit habe sie den Nutzen dieser Vereinbarung in Frage gestellt. Insoweit könne auch nicht daraus, dass die japanischen Hersteller kein Interesse daran gehabt hätten, eine einseitige Abmachung zu akzeptieren, auf die Gegenseitigkeit der Übereinkunft geschlossen werden. Da der japanische Markt für die europäischen Unternehmen unzugänglich gewesen sei, hätten die japanischen Hersteller kein Interesse am Abschluss einer Vereinbarung gehabt. 166    Zudem stellten die Widersprüche zwischen der Aussage von Herrn H. und den anderen Aussagen der Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter von Fuji zum Bestehen der Übereinkunft sowie zu den technischen und wirtschaftlichen Hindernissen für ein Eindringen in den EWR-Markt den Beweiswert der Angaben von Fuji allgemein in Frage. 167    Sodann seien die in der Antwort von Fuji auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltenen Behauptungen mit ihrem späteren Antrag auf Geldbußenerlass unvereinbar. 168    Schließlich habe die Kommission die gegen Fuji verhängte Geldbuße nicht nach der Kronzeugenregelung herabgesetzt, was bedeute, dass die Angaben von Fuji das Bestehen der Übereinkunft nicht erhärtet hätten. 169    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 170    In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat Fuji erklärt, sie habe von der Übereinkunft gewusst, nach der die japanischen Hersteller nicht versuchen würden, in den europäischen Markt einzudringen, wobei für Fuji der Hauptgrund für das Fernbleiben vom EWR-Markt gewesen sei, dass sie in Europa kein bedeutender und ernsthafter GIS-Anbieter gewesen sei. 171    Zunächst ist einzuräumen, dass diese Erklärung ziemlich vage ist, da Fuji nur die Verpflichtung der japanischen Hersteller anführt, nicht in den europäischen Markt einzudringen. Sie hat damit jedoch den wichtigsten Punkt der Angaben von ABB und des Vorwurfs der Kommission gegenüber den japanischen Herstellern erhärtet. Die betreffende Erklärung ist somit im vorliegenden Fall nicht unerheblich. Dies gilt umso mehr, als die begrenzten Kenntnisse von Fuji durch ihre untergeordnete Rolle innerhalb des Kartells und insbesondere durch die Tatsache erklärt werden können, dass Fuji nach Randnr. 150 der angefochtenen Entscheidung das einzige japanische Unternehmen war, das nicht Mitglied des insbesondere für die Koordinierung zwischen den beiden Herstellergruppen im Rahmen des GQ-Abkommens verantwortlichen Ausschusses der Gruppe der japanischen Hersteller war. 172    Ferner ist im vorliegenden Fall irrelevant, dass Fuji die Gegenseitigkeit der Übereinkunft nicht bestätigt hat. Wie nämlich oben in Randnr. 76 festgestellt, kann zwar das Bestehen der Verpflichtung der europäischen Hersteller, nicht in den japanischen Markt für GIS-Projekte einzudringen, ein mittelbarer Beweis für die Beteiligung der japanischen Unternehmen an einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen sein, doch stellt diese Verpflichtung insoweit kein notwendiges Element dar. 173    Fuji hat zwar in ihrer Erklärung auf das Bestehen von technischen und wirtschaftlichen Hindernissen für ein Eindringen in den EWR-Markt hingewiesen. Diese Hindernisse wurden jedoch nicht als einziger Grund für ihr Fernbleiben von diesem Markt genannt, sondern nur als wichtigster Grund. Im Übrigen hat Fuji neben diesen verschiedenen Hindernissen auch auf ihren geringen Anteil am Weltmarkt hingewiesen, der sie gegenüber ihren größeren europäischen und japanischen Wettbewerbern benachteiligt habe. Daher kann ihre Argumentation zu dieser Frage nicht auf das Vorbringen der anderen japanischen Hersteller übertragen werden. 174    Wie oben in den Randnrn. 110 und 158 festgestellt, machen die Zutrittsschranken zum EWR-Markt und die mögliche Folge dieses Umstands, nämlich das behauptete Fehlen eines wirtschaftlichen Interesses der japanischen Hersteller am Eindringen in den EWR-Markt, eine Vereinbarung wie die Übereinkunft nicht gegenstandslos. 175    Weiter ist unstreitig, dass die Kommission nach der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte die schriftliche Aussage von Herrn H. nicht als neuen Umstand anführte, auf den sie sich zu stützen beabsichtige. Sie darf daher nicht als belastendes Element berücksichtigt werden. 176    Zur Aussage von Herrn H. als entlastenden Umstand ist festzustellen, dass zwischen dieser und den anderen Aussagen der Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter von Fuji keine Widersprüche in der Sache festzustellen sind. Insbesondere haben die übrigen und die ehemaligen Mitarbeiter von Fuji das Bestehen der Übereinkunft nicht bestritten und zu dieser Frage nur geschwiegen. Ebenso hat Herr H. das Bestehen technischer und wirtschaftlicher Hindernisse für ein Eindringen der japanischen Unternehmen in den EWR-Markt nicht bestritten. 177    Sodann führen die Klägerinnen die Widersprüche, die zwischen der Erklärung von Fuji in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in ihrem Antrag auf Geldbußenerlass bestehen sollen, nicht im Einzelnen an. Ihr Vorbringen ist daher zurückzuweisen. 178    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Ermäßigung der Geldbuße nach Randnr. 21 der Kronzeugenregelung nur dann gewährt werden kann, wenn den betreffenden Beweismitteln im Vergleich zu denen, über die die Kommission bereits verfügt, erheblicher Beweiswert zukommt. 179    Daher ist es legitim, dass sich ein Unternehmen, das eine Geldbußenermäßigung erlangen möchte, in einem nach der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gestellten Antrag auf Geldbußenerlass auf die Umstände konzentriert, die seines Erachtens bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen wurden, um einen erheblichen Mehrwert beizutragen. Dies kann eine Erklärung dafür sein, warum das betreffende Unternehmen die Umstände nicht erwähnt, die seines Erachtens durch bereits zuvor übermittelte Beweisstücke zweifelsfrei nachgewiesen sind. 180    Ferner ist nach dem Wortlaut von Randnr. 21 der Kronzeugenregelung nicht auszuschließen, dass die Vorlage von Beweismitteln, denen zwar ein gewisser Beweiswert zukommt, die jedoch Tatsachen betreffen, die bereits durch andere Beweismittel nachgewiesen wurden, zu keiner Ermäßigung führt. 181    Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die von Fuji in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegebene Erklärung die Erklärungen von ABB sowie die Aussagen der Mitarbeiter und eines ehemaligen Mitarbeiters von ABB zum Bestehen der Übereinkunft tendenziell erhärtet. Aufgrund ihres vagen und allgemeinen Charakters ist ihr Beweiswert jedoch begrenzt. Zum Vorschlag von Alstom vom 10. Juli 2002 –       Vorbringen der Parteien 182    Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Kommission den Vorschlag von Alstom während des Treffens der Kartellmitglieder am 10. Juli 2002, der vom Vertreter von Hitachi beim anschließenden Treffen am 15. Juli 2002 abgelehnt wurde, nicht zutreffend ausgelegt habe. Der Vorschlag habe nicht, wie von der Kommission in den Randnrn. 127 f. der angefochtenen Entscheidung behauptet, darauf abgezielt, die Übereinkunft durch ihre Ausdehnung auf die Länder Mittel- und Osteuropas im Hinblick auf ihren möglichen Beitritt zur Union zu aktualisieren. Es habe sich vielmehr um einen Versuch von Alstom gehandelt, im Rahmen einer Anpassung der Arbeitsmethoden des Kartells ein bis dahin nicht bestehendes Abkommen zu schaffen, nach dem jede der beiden Herstellergruppen verpflichtet gewesen wäre, den angestammten Markt der jeweils anderen Gruppe zu respektieren. Die japanischen Unternehmen hätten dieses Abkommen jedoch abgelehnt, und die europäischen Hersteller hätten die Frage nicht mehr aufgeworfen. 183    Ferner sei die Behauptung der Kommission weder mit ihrem Vorbringen, die Übereinkunft könne aus Anhang 2 des GQ-Abkommens abgeleitet werden, noch mit der Aussage von Herrn M. vereinbar, der erklärt habe, dass das „System des GQ-Abkommens“ im Juni 2002 eingestellt worden sei. 184    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 185    Nach Randnr. 127 der angefochtenen Entscheidung machte Alstom während des Treffens vom 10. Juli 2002, bei dem die Anpassung der Arbeitsmethoden des Kartells besprochen wurde, da sich Siemens und Hitachi wieder an ihm beteiligten, den Vorschlag, dass die europäischen Hersteller in Europa und die japanischen Hersteller in Japan bleiben und nicht versuchen sollten, in den europäischen Markt einzudringen. In dieser Randnummer wird auch festgestellt, dass der Vertreter von Hitachi beim anschließenden Treffen am 15. Juli 2002 darauf hingewiesen habe, dass sein Unternehmen diesen Vorschlag ablehne, und dass daraufhin die europäischen Hersteller Europa einschließlich Mittel- und Osteuropa zu ihrem Markt erklärt hätten. Des Weiteren hätten sie ihre Absicht bekundet, ihre in Westeuropa verlangten Preise zu halten, und erklärt, dass diese Frage noch einmal behandelt werden solle, was aber nicht geschehen sei. 186    Es ist einzuräumen, dass diese Zusammenfassung der Treffen vom 10. und 15. Juli 2002, die auf Angaben der Klägerinnen beruht, darauf hindeutet, dass tatsächlich Alstom den Abschluss einer neuen Vereinbarung vorschlug, die von Hitachi abgelehnt und nicht weiter erörtert wurde, was bedeuten würde, dass es zumindest ab Juli 2002 keine Vereinbarung über das Verhalten der japanischen Hersteller auf dem EWR-Markt gab. 187    Zum einen zeigt jedoch die Zusammenfassung des Treffens vom 15. Juli 2002, dass Hitachi nicht die Idee einer Marktaufteilung an sich ablehnte, sondern nur den konkreten Vorschlag von Alstom. Zum anderen wies Hitachi nach dieser Zusammenfassung darauf hin, dass die Forderungen der europäischen Hersteller Mittel- und Osteuropa einschlossen, woraus abgeleitet werden kann, dass sich der Widerstand von Hitachi auf diesen speziellen Aspekt, nicht aber auf die Situation in Westeuropa bezog. 188    Ferner ist die Auslegung der Klägerinnen mit ihrem eigenen Vorbringen zur Wettbewerbssituation auf dem EWR-Markt unvereinbar. Wenn die japanischen Hersteller, wie von den Klägerinnen behauptet, wegen unüberwindlicher Zutrittsschranken nicht als ernsthafte Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen worden wären, wäre nämlich eine Vereinbarung über diesen Markt in der Tat überflüssig gewesen. In diesem Fall hätten die europäischen Hersteller, denen dieser Umstand dank ihrer privilegierten Stellung in Europa bewusst gewesen wäre, keinen Grund gehabt, eine solche Übereinkunft vorzuschlagen. Aus der von den Klägerinnen vorgelegten Zusammenfassung ergibt sich aber, dass der Vorschlag von Alstom den EWR-Markt und den mittel- und osteuropäischen Markt betraf. 189    Unter diesen Umständen ist der Auslegung in den Erwägungsgründen 127 f. der angefochtenen Entscheidung zu folgen, wonach Alstom die Ausdehnung der Übereinkunft auf die Länder Mittel- und Osteuropas vorschlug, und nicht der von den Klägerinnen vertretenen Auslegung. 190    Das übrige Vorbringen der Klägerinnen kann an dieser Feststellung nichts ändern. Zum einen machte Alstom den Vorschlag zu dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsmethoden des Kartells angepasst wurden, da sich Siemens und Hitachi wieder an ihm beteiligten. An der Auslegung der Kommission, dass diese Anpassung auch die Ausdehnung der Übereinkunft über die zuvor nach dem GQ-Abkommen vorgesehenen Grenzen hinaus umfassen sollte, ist daher nichts Widersprüchliches. 191    Zum anderen bedeutet, wie oben in Randnr. 147 ausgeführt, die Erklärung von Herrn M., dass das „System des GQ-Abkommens“ ab Juni 2002 nicht mehr durchgeführt worden sei, nicht, dass auch die Übereinkunft keinen Bestand mehr gehabt hätte oder diese Vereinbarung in der Folge nicht auf Mittel- und Osteuropa hätte ausgedehnt werden können. Zudem beteiligte sich Herr M. ab Juni 2002 nicht mehr an den Aktivitäten des Kartells und hat daher keine Kenntnis von seinem weiteren Funktionieren. 192    Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass Alstom bei dem Treffen vom 10. Juli 2002 die Ausdehnung der von der Kommission angeführten Übereinkunft auf die Länder Mittel- und Osteuropas vorschlug. Dieser Umstand ist ein Nachweis dafür, dass diese Übereinkunft zum Zeitpunkt des Treffens bestand. 193    Außerdem stellt nach dieser Auslegung des Vorschlags von Alstom dessen Ablehnung durch Hitachi keine Ablehnung der Übereinkunft an sich, sondern nur eine Ablehnung ihrer Ausdehnung dar. Dieser Umstand ist daher kein Beweis, dass die Übereinkunft im Juli 2002 aufgegeben wurde. Zum Standpunkt der übrigen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte –       Vorbringen der Parteien 194    Die Klägerinnen weisen zum einen darauf hin, dass das Bestehen der Übereinkunft von fünf japanischen Gesellschaften, nämlich Hitachi, JAEPS, Toshiba, Melco und TM T & D, bestritten worden sei. 195    Zum anderen habe die Kommission den Standpunkt von VA TECH unrichtig dahin ausgelegt, dass diese das Bestehen der Übereinkunft nicht bestritten habe. Die Übereinkunft sei außerdem von Siemens in Frage gestellt worden, die auch eine Aussage eines ihrer Mitarbeiter, Herrn T., vorgelegt habe, der eng in die Kartellaktivitäten eingebunden gewesen sei. Die Kommission habe diese Umstände jedoch nicht berücksichtigt, obwohl sie sich weitgehend auf Aussagen von Mitarbeitern und einem ehemaligen Mitarbeiter von ABB gestützt habe. Der Beweiswert der von Siemens beigebrachten Beweisstücke sei zudem besonders hoch, da ihr Antrag auf Geldbußenerlass zurückgewiesen worden sei, weil sie die von der Kommission angeführten Tatsachen bestritten habe. 196    Im Übrigen hätten die europäischen Unternehmen allgemein kein Interesse gehabt, die Erklärungen zur Übereinkunft zu bestreiten, da diese für die von der Kommission gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht relevant sei. Vielmehr hätten diese Unternehmen wahrscheinlich davon profitiert, dass die Kommission das Bestehen der Übereinkunft festgestellt habe, da das Gewicht ihrer eigenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen dadurch in gewissem Umfang kleiner geworden sei. Außerdem sei es, wie der Fall von Siemens gezeigt habe, bei der Behandlung der Anträge der europäischen Unternehmen auf Geldbußenerlass von Bedeutung gewesen, dass die von der Kommission angeführten Tatsachen nicht bestritten worden seien. –       Würdigung durch das Gericht 197    Zunächst geht aus dem Akteninhalt hervor, dass VA TECH, wie die Klägerinnen geltend machen, das Bestehen der Übereinkunft ausdrücklich bestritten hat. 198    Die Kommission hat jedoch keinen Fehler begangen, als sie feststellte, dass den Erklärungen und Aussagen von ABB, den Erklärungen von Fuji zum Bestehen der Übereinkunft und den Erklärungen der Klägerinnen zur Meldung und Anrechnung höherer Beweiswert beizumessen sei als dem Vorbringen von Hitachi, JAEPS, Toshiba, Melco, TM T & D, Siemens und VA TECH, die das Bestehen der Übereinkunft bestritten haben. 199    Im Unterschied zur ersten Gruppe von Beweisstücken widerspricht nämlich das Vorbringen der Letztgenannten nicht deren Interessen, da es darauf abzielt, das Vorliegen jeder Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen in Frage zu stellen. Gleiches gilt für die Aussage von Herrn T., bei der dieser sich darauf beschränkt hat, die Entstehung des GQ-Abkommens darzulegen, das Bestehen der Übereinkunft zu bestreiten und auf die Zutrittsschranken sowohl zum EWR-Markt als auch zum japanischen Markt hinzuweisen. Insbesondere zur Übereinkunft enthält die Aussage von Herrn T. im Vergleich zu den Angaben der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nichts Neues. 200    Außerdem ist nicht anzunehmen, dass die europäischen Unternehmen einschließlich Siemens kein Interesse daran gehabt hätten, das Bestehen der Übereinkunft zu bestreiten, da diese von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als Kartellabsprache zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern über den EWR-Markt angesehen wurde und daher eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen darstellte. Eine solche Feststellung war jedoch für die europäischen Hersteller nachteilig – zumindest potenziell, wenn nämlich die übrigen gegen sie von der Kommission erhobenen Vorwürfe nicht hätten rechtlich hinreichend nachgewiesen werden können. 201    Ferner ist die Kommission der Ansicht, sie habe nicht vom Standpunkt der europäischen Unternehmen auf das Bestehen der Übereinkunft geschlossen, sondern sich darauf beschränkt, diesen Standpunkt festzustellen. Diese Auffassung wird zwar durch den Wortlaut von Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung bestätigt, in der den Erklärungen von Fuji keine solche Wirkung beigemessen wird; sie wird jedoch durch Randnr. 255 dieser Entscheidung in Frage gestellt, in der die Kommission auf die implizite Anerkennung des Bestehens der Übereinkunft durch bestimmte europäische Hersteller Bezug nimmt. 202    Jedenfalls kann der neutrale Standpunkt von Alstom und Areva nicht als Beweis für das Bestehen der Übereinkunft angesehen werden. Da der Kommission im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen die Beweislast obliegt, ist das Nichtbestreiten einer Tatsache durch ein Unternehmen nämlich kein Beweis für ihr Vorliegen. 203    Nach alledem lassen die von den Klägerinnen angeführten Umstände keine Rückschlüsse auf das Bestehen der Übereinkunft zu. Zum Melde- und Anrechnungsmechanismus –       Vorbringen der Parteien 204    Die Klägerinnen vertreten zunächst die Auffassung, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus bezweckt habe, das Kontingent der europäischen Hersteller für GIS-Projekte außerhalb des EWR aufgrund der vergleichsweise starken Wettbewerbsposition der japanischen Hersteller auf Märkten wie Asien und dem Mittleren Osten, auf die das weltweite Kartell in erster Linie abzielte, künstlich zu verringern. Die Anrechnung sei nämlich eine von den europäischen Herstellern als Alternative zu einer pauschalen Kürzung ihres gemeinsamen Kontingents vorgeschlagene Lösung gewesen. 205    Ferner bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Meldungen obligatorisch gewesen, systematisch oder regelmäßig und vor der Zuteilung der betreffenden Projekte erfolgt und nach 1999 fortgesetzt worden seien. 206    Ein Anrechnungsmechanismus auf der Grundlage von Meldungen, die im Ermessen der Unternehmen gestanden hätten, nicht systematisch erfolgt und nicht obligatorisch gewesen seien, habe jedoch den japanischen Herstellern keine Sicherheit und keinen Ausgleich verschaffen können. Die von der Kommission vertretene Theorie einer Übereinkunft sei im vorliegenden Fall daher nicht mit den Tatsachen vereinbar. 207    Was die einzelnen von der Kommission angeführten Umstände betreffe, sei die Tatsache, dass im EQ-Abkommen die Übermittlung von Informationen über GIS-Projekte im EWR an die japanischen Hersteller erwähnt werde, ohne Bedeutung, da den japanischen Herstellern der Inhalt dieses Abkommens nicht bekannt gewesen sei. Außerdem seien nach dem EQ-Abkommen die Informationen über GIS-Projekte im EWR nach ihrer Zuteilung und nach freiem Ermessen übermittelt worden. 208    Sodann beziehe sich die im Antrag auf Geldbußenerlass der Klägerinnen enthaltene Erklärung, dass Siemens regelmäßig Tabellen in Umlauf gebracht habe, in denen ein Teil der den einzelnen Kartellmitgliedern zugeteilten GIS-Projekte schematisch dargestellt worden sei, eindeutig und ausschließlich auf GIS-Projekte außerhalb des EWR. 209    Außerdem hätten sich die Klägerinnen in der auf der Aussage von Herrn Wa. beruhenden Erklärung, dass die europäischen Anbieter den japanischen Anbietern die Einzelheiten zu den GIS-Projekten im EWR zu Anrechnungszwecken gemeldet hätten, die in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen sei, auf gelegentliche und nicht obligatorische oder systematische Meldungen während der gesamten Dauer des Kartells bezogen. Sie hätten von der genauen Aufteilung keine Kenntnis gehabt, sondern nur von den Ergebnissen der Zuteilung. Die übermittelten Angaben seien zusammengefasst und daher nicht vertraulich gewesen, was bedeute, dass die Meldungen den möglichen Wettbewerb zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern nicht hätten beeinträchtigen können. Zudem hätten die Mitteilungen jedenfalls 1999 ein Ende genommen. 210    Die Kommission habe auch die Erklärungen von Fuji zur Übermittlung von Informationen über GIS-Projekte im EWR fehlerhaft ausgelegt. Fuji habe nämlich den systematischen Charakter der Meldungen ausdrücklich bestritten und angegeben, dass ihr der Mechanismus zur Aufteilung dieser Projekte nicht bekannt gewesen sei. 211    Schließlich habe ABB in ihrer Erklärung vom 3. Februar 2005 über die Meldungen nicht angegeben, ob der fragliche Mechanismus obligatorisch gewesen und regelmäßig angewendet worden sei, und keine Angaben zu seiner Dauer und seinen allfälligen Auswirkungen auf den gemeinsamen Markt gemacht. Hingegen habe ABB bestätigt, dass den japanischen Herstellern nur das Ergebnis der Zuteilung europäischer Projekte bekannt gegeben worden sei. 212    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 213    Zunächst ist die von den Klägerinnen vorgebrachte alternative Erklärung des Melde- und Anrechnungsmechanismus zurückzuweisen. Sie haben nämlich nichts zur Untermauerung ihrer Behauptungen vorgebracht, wonach die japanischen Hersteller eine Änderung der nach dem GQ-Abkommen vorgesehenen Kontingente gefordert hätten, eine solche Änderung von den europäischen Herstellern abgelehnt worden sei und das Melde- und Anrechnungsverfahren für bestimmte GIS-Projekte im EWR als gangbare Alternative vorgeschlagen und angenommen worden sei. Jedenfalls wäre ein von Zufälligkeiten abhängiger Melde- und Anrechnungsmechanismus, wie ihn die Klägerinnen behaupten, erheblich komplexer als eine einfache Anpassung des Kontingents und böte gegenüber der letztgenannten Lösung keine Vorteile. 214    Was die Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Melde- und Anrechnungsmechanismus betrifft, so geht aus Punkt 4 des Abschnitts „E (E‑Members)“ des Anhangs 2 des EQ-Abkommens hervor, dass „die [europäischen Mitglieder] über die Meldung der europäischen Projekte an die [Gruppe der japanischen Hersteller] entscheiden“. 215    Wie oben in Randnr. 87 ausgeführt, betraf diese Klausel die allfällige Übermittlung von Informationen vor der Aufteilung der betreffenden GIS-Projekte. Hingegen betraf sie nicht die Weiterverfolgung bereits zugeteilter Projekte. Der Inhalt dieser Klausel ist daher zwar ein Indiz dafür, dass die japanischen Hersteller hinsichtlich der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden, die von ihr vorgesehenen Maßnahmen sind jedoch nicht Teil des Melde- und Anrechnungsmechanismus, wie er von der Kommission behauptet wird. Anhang 2 des EQ-Abkommens ist daher für den Nachweis dieses Mechanismus nicht einschlägig. 216    Was die Angaben von ABB betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Herr M. in seiner Aussage das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus ausdrücklich bestätigt hat. Er hat auch erklärt, dass sich dieser Mechanismus nicht auf die GIS-Projekte in den Stammländern, d. h. in Japan und bestimmten europäischen Ländern, bezogen habe. 217    Das Bestehen eines Mechanismus, der in der Anrechnung des Werts von GIS-Projekten im EWR auf das weltweite Kontingent nach dem GQ-Abkommen bestand, wurde auch in der am 3. Februar 2005 eingereichten Antwort von ABB auf Fragen der Kommission bestätigt. ABB hat nämlich angegeben, dass bei der Zuteilung von Projekten außerhalb der Union die Ergebnisse der Aufteilung der Projekte innerhalb der Union berücksichtigt worden seien. 218    Zu den Angaben der Klägerinnen ist anzumerken, dass sich die Erklärung in Punkt 2.10 ihres Antrags auf Geldbußenerlass, dass Siemens regelmäßig Tabellen in Umlauf gebracht habe, in denen ein Teil der den einzelnen Kartellmitgliedern zugeteilten GIS-Projekte schematisch dargestellt worden sei, in Verbindung mit den dieser Erklärung unmittelbar vorangehenden Sätzen auf GIS-Projekte außerhalb des EWR bezieht. Diese Erklärung ist daher für den Nachweis des von der Kommission angeführten Melde- und Anrechnungsmechanismus für GIS-Projekte im EWR nicht relevant. 219    In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte haben die Klägerinnen hingegen erklärt, dass die europäischen Hersteller, bevor Hitachi ihre Beteiligung am Kartell 1999 aussetzte, den japanischen Herstellern die Einzelheiten über GIS-Projekte mitgeteilt hätten, die sie in Europa durchführen wollten, damit diese Projekte bei der Ermittlung des nach dem GQ-Abkommen den beiden Herstellergruppen jeweils zugeteilten Kontingents an GIS-Projekten außerhalb des EWR hätten berücksichtigt werden können. 220    Diese Erklärung bestätigt ausdrücklich das Bestehen des von der Kommission angeführten Melde- und Anrechnungsmechanismus bis 1999. Darüber hinaus ist sie aus zwei Gründen sehr beweiskräftig. Zum einen widerspricht diese Erklärung den Interessen der Klägerinnen, da sie eine Verbindung zwischen den Kartellaktivitäten innerhalb des EWR und den japanischen Herstellern impliziert; sie stellt daher ein belastendes Beweismittel dar. Zum anderen zeigt die betreffende Passage in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass den Klägerinnen die Schlüsse, die aus dieser Erklärung gezogen werden konnten, nicht bewusst waren. 221    Die Klägerinnen haben bei der Kommission eine ergänzende Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingereicht. In dieser machen sie jedoch nur geltend, dass diese die in ihrer ersten Antwort enthaltenen Erklärungen zum Melde- und Anrechnungsmechanismus, insbesondere hinsichtlich der Frage der Relevanz dieser Erklärungen als Beweis für die Übereinkunft und eine einheitliche, diese Übereinkunft und das GQ-Abkommen umfassende Zuwiderhandlung, unzutreffend ausgelegt habe. Hingegen haben sich die Klägerinnen zum Inhalt der fraglichen Erklärungen nicht geäußert. 222    Fuji wiederum hat in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt, dass die Angaben über die Aufteilung der GIS-Projekte in den vom Anwendungsbereich des GQ-Abkommens ausgenommenen europäischen Ländern den japanischen Herstellern nicht systematisch übermittelt worden seien und Fuji daher nicht über das Funktionieren des EQ-Abkommens Bescheid gewusst habe. 223    Die oben in Randnr. 171 angeführte untergeordnete Rolle, die Fuji innerhalb des Kartells zukam, kann die Tatsache erklären, dass Fuji nicht an jedem von der europäischen Herstellergruppe ausgehenden Informationsaustausch beteiligt war. Dieser Umstand stellt auch die Verlässlichkeit der Erklärungen von Fuji hierzu im Vergleich zu den Angaben von ABB und Hitachi in Frage, die Mitglieder der Ausschüsse ihrer jeweiligen Gruppe und aus diesem Grund stärker in die einzelnen Aktivitäten des behaupteten Kartells eingebunden waren. 224    Insgesamt betrachtet folgt aus den oben untersuchten Umständen entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus gelegentlich und nach freiem Ermessen durchgeführt wurde. In den Erklärungen von ABB, denen der Klägerinnen und der Aussage von Herrn M. wird dieses Thema zwar nicht ausdrücklich angesprochen, doch geht aus den in diesen Schriftstücken verwendeten Formulierungen eindeutig hervor, dass die Meldung ein regelmäßiger Vorgang war, der für alle Beteiligten und alle betreffenden Projekte galt. Wie im vorangehenden Absatz ausgeführt, sind die Erklärungen von Fuji hierzu weniger verlässlich als die Angaben von ABB und den Klägerinnen. Außerdem wurde bereits oben in Randnr. 215 festgestellt, dass Anhang 2 des EQ-Abkommens nicht die Meldung und Anrechnung betrifft, wie sie die Kommission behauptet, und daher insoweit nicht relevant ist. 225    Was den Zeitraum der Durchführung des Melde- und Anrechnungsmechanismus anbelangt, beziehen sich die Erklärungen von ABB vom 3. Februar 2005 nicht auf einen besonderen Zeitraum und können daher ohne Weiteres dahin verstanden werden, dass sie sich auf die gesamte Zuwiderhandlung beziehen. Die Erklärungen von Herrn M. beziehen sich auf den Zeitraum, in dem er an den Kartellaktivitäten beteiligt war, d. h. zwischen 1988 und Juni 2002. Da jedoch, wie oben in den Randnrn. 68 und 129 ausgeführt, die Angaben von ABB durch andere Umstände erhärtet werden müssen, die Aussage von Herrn M. sie aber nicht zu erhärten vermag, ist davon auszugehen, dass die Erklärungen der Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte den Zeitraum betreffen, der vor der Unterbrechung der Kartellbeteiligung von Hitachi im Jahr 1999 liegt. Daher ist das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus für den letztgenannten Zeitraum als nachgewiesen anzusehen. 226    Was die Erheblichkeit des Melde- und Anrechnungsmechanismus für den Nachweis der Übereinkunft betrifft, ist dieser als gewichtiges Indiz anzusehen, dass die japanischen Hersteller von den europäischen Herstellern als ernsthafte Wettbewerber auf dem EWR-Markt wahrgenommen wurden. Wäre nämlich für die japanischen Hersteller ein Eindringen in den europäischen Markt aufgrund von Zutrittsschranken tatsächlich unmöglich gewesen, hätten die europäischen Hersteller keinen Grund gehabt, die Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR zu melden und, a fortiori, diese auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen anzurechnen, da diese Anrechnung darauf hinauslief, ihnen einen Teil der GIS-Projekte in den vom GQ-Abkommen erfassten Gebieten zu nehmen. Das Bestehen eines solchen Melde- und Anrechnungsmechanismus bedeutet daher, dass die japanischen Hersteller in den europäischen Markt hätten eindringen können. Wenn sie dies nicht taten, so deshalb, weil sie sich dazu verpflichtet hatten, um im Gegenzug einen größeren Anteil an den GIS-Projekten außerhalb des EWR zu erhalten. Der fragliche Mechanismus stellt daher das Bindeglied zwischen den Kartellaktivitäten innerhalb des EWR und den japanischen Unternehmen und somit einen mittelbaren Nachweis für das Bestehen der Übereinkunft dar. 227    Die Frage, ob der Melde- und Anrechnungsmechanismus Auswirkungen auf den EWR-Markt hatte, ist im vorliegenden Fall nicht von Interesse. Wie oben in Randnr. 76 ausgeführt, beruht der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerinnen erhobene Vorwurf auf der mittelbar durch das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus nachgewiesenen Verpflichtung der japanischen Unternehmen, nicht in den EWR-Markt einzudringen. Hingegen ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen, dass dieser Mechanismus nach Ansicht der Kommission eine selbständige Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen darstellt. 228    Ebenso ist nicht erforderlich, nachzuweisen, dass zum einen der Melde- und Anrechnungsmechanismus nicht die GIS-Projekte in den europäischen Stammländern betraf und zum anderen Japan ein Stammland darstellte, um diesen Mechanismus aufgrund der oben in Randnr. 226 angeführten Erwägungen als ein relevantes Indiz für das Bestehen der Übereinkunft anzusehen. Es bleibt daher ohne Folgen, dass die entsprechende Aussage von Herrn M. möglicherweise nicht erhärtet worden ist. 229    Da das Vorbringen der Kommission zum Melde- und Anrechnungsmechanismus weder auf der Vertraulichkeit der übermittelten Angaben noch auf der Tatsache beruht, dass die Übermittlung vor der Zuteilung der betreffenden GIS-Projekte erfolgte, sind auch diese Umstände im vorliegenden Fall nicht relevant. 230    Nach alledem ist durch die Erklärungen von ABB, die der Klägerinnen und die Aussage von Herrn M. nachgewiesen, dass von 1988 bis zur Unterbrechung der Kartellbeteiligung von Hitachi im Jahr 1999 der Gruppe der japanischen Hersteller regelmäßig bestimmte GIS-Projekte im EWR nach ihrer Zuteilung gemeldet und auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen angerechnet wurden. Darüber hinaus stellt der fragliche Mechanismus einen mittelbaren Beweis für die von der Kommission angeführte Übereinkunft dar. Zur Zuteilung von GIS-Projekten im EWR –       Vorbringen der Parteien 231    Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass die GIS-Projekte im EWR von den europäischen Kartellmitgliedern bei anderen Treffen als den Treffen nach dem GQ-Abkommen und ohne Beteiligung der japanischen Unternehmen aufgeteilt worden seien. 232    In diesem Zusammenhang seien die von ABB vorgelegten Listen von Projekten kein plausibler Nachweis dafür, dass den japanischen Herstellern die Informationen über die betreffenden GIS-Projekte vor der Zuteilung dieser Projekte übermittelt und mit ihnen geprüft worden seien. 233    Gleiches gelte hinsichtlich der Behauptung, dass die japanischen Unternehmen beabsichtigt hätten, Angebote für GIS-Projekte im EWR einzureichen, was zu Spannungen innerhalb des Kartells geführt habe. Die Erklärungen der Zeugen von ABB zu dieser Frage seien nämlich ungenau oder ohne Relevanz für den vorliegenden Fall. 234    Zudem hätten nur die europäischen Hersteller, vom angeblichen Interesse von Melco an einem GIS-Projekt in Spanien abgesehen, die in der angefochtenen Entscheidung angeführten elf GIS-Projekte im EWR erörtert. Es sei jedoch möglich, dass Melco die Informationen über das betreffende Projekt über andere Quellen als die Projektlisten oder die europäischen Anbieter erhalten habe. 235    Außerdem sei nicht nachgewiesen worden, dass sich die japanischen Unternehmen an der Festsetzung der Preise für GIS-Projekte im EWR, die keinem bestimmten Anbieter hätten zugeteilt werden können, an der Durchführung der im GQ-Abkommen enthaltenen Klausel über die Beendigung von Lizenzvereinbarungen mit Dritten in Bezug auf das Gebiet des EWR oder am Austausch sensibler Informationen über den europäischen Markt für GIS-Projekte beteiligt hätten. 236    Ferner seien die älteren Vereinbarungen zwischen den europäischen Anbietern über die Zuteilung von GIS-Projekten im EWR und insbesondere das GE-Abkommen Beweismittel, die das Bestehen der Übereinkunft in Frage stellten. Das GE-Abkommen beschreibe ein komplexes Kartell zwischen den europäischen Herstellern, das vor Abschluss des GQ-Abkommens bestanden habe und von diesem unabhängig gewesen sei. Das fragliche Kartell sei somit ohne den Schutz, den die behauptete Übereinkunft angeblich geboten habe, durchgeführt worden. Dieser Umstand stelle aber das Vorbringen der Kommission zur Bedeutung der Übereinkunft für die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR in Frage. –       Würdigung durch das Gericht 237    Die Akte enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass GIS-Projekte im EWR bei den Treffen gemäß dem GQ-Abkommen, an denen die japanischen Mitglieder des Kartells beteiligt waren, erörtert wurden. 238    Auch aus den von ABB vorgelegten Listen geht nicht hervor, dass GIS-Projekte im EWR mit den japanischen Herstellern besprochen wurden, abgesehen davon, dass Melco Interesse für das Projekt „MSP via GC“ in Spanien gezeigt haben soll. Angesichts der Länge der betreffenden Projektliste sowie der Tatsache, dass die Kommission keine anderen Fälle angeführt hat, in denen ein japanischer Hersteller sein Interesse für ein GIS-Projekt im EWR bekundet hat, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Hinweis auf das Interesse von Melco an diesem Projekt auf einem Fehler beruht. Jedenfalls wird der Inhalt der betreffenden Projektliste in Bezug auf das Projekt „MSP via GC“ nicht durch andere Umstände erhärtet und kann daher insoweit nicht berücksichtigt werden. 239    Ferner stützt die Kommission ihren Hinweis in Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung, dass die japanischen Hersteller manchmal in Erwägung gezogen hätten, Angebote für Aufträge aus Europa abzugeben, im Allgemeinen jedoch darauf verzichtet und die betreffenden Projekte den europäischen Herstellern gemeldet hätten, allein auf die Erklärungen von ABB und die Aussagen ihrer Mitarbeiter. Dieses Vorbringen kann daher nicht berücksichtigt werden, da es nicht durch andere Umstände erhärtet wird. 240    Die Kommission wirft den Klägerinnen außerdem nicht vor, sich an der Festsetzung der Mindestpreise für GIS-Projekte im EWR oder an der Beendigung der mit Drittunternehmen geschlossenen Lizenzverträge für den EWR beteiligt zu haben. Das Vorbringen der Klägerinnen hierzu ist daher im vorliegenden Fall nicht relevant. 241    Was den Austausch sensibler Daten zu den GIS-Projekten im EWR anbelangt, überschreiten die im vorliegenden Fall festgestellten Meldungen die Grenzen normalen Wettbewerbsverhaltens sowohl hinsichtlich ihrer Dauer und Intensität als auch hinsichtlich der Art der übermittelten Angaben. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass Gegenstand der Meldungen die Zuteilung von GIS-Projekten im EWR an die japanischen Hersteller war oder die tatsächlich übermittelten Angaben für diesen Zweck verwendet wurden. 242    Nach alledem ist festzustellen, dass eine Beteiligung der japanischen Hersteller an der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR nicht nachgewiesen worden ist. 243    Das Vorbringen der Klägerinnen zu den älteren europäischen Vereinbarungen vor dem GQ-Abkommen ist weder hinreichend genau noch belegt. Es ist daher zurückzuweisen. 244    Das GE-Abkommen ist unstreitig vor dem GQ- und dem EQ-Abkommen geschlossen worden. Dies bedeutet entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen jedoch nicht, dass es vom GQ-Abkommen oder von der Übereinkunft unabhängig gewesen wäre. 245    Das GE-Abkommen sollte nämlich ursprünglich nach seinem Art. 15 eine Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des GQ-Abkommens sein und, sollte dieses nicht in Kraft treten, nach dem 31. Dezember 1988 neu verhandelt werden. Somit sahen die Parteien des GE-Abkommens bei seinem Abschluss bereits die Errichtung des weltweiten Kartells und seiner einzelnen Bestandteile, zu denen nach dem Vorbringen der Kommission auch die Übereinkunft gehörte, voraus. Dies wird durch die Aussage von Herrn M. erhärtet, wonach das weltweite Kartell mehrere Jahre vor dem Abschluss des GQ-Abkommens Gegenstand komplexer Verhandlungen gewesen sei. 246    Laut Herrn M. bestand außerdem die gegenseitige Verpflichtung der beiden Herstellergruppen, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen, die den wesentlichen Inhalt der von der Kommission angeführten Übereinkunft ausmacht, schon vor dem Abschluss des GQ-Abkommens. Diese Verpflichtung konnte daher von den europäischen Herstellern beim Abschluss des GE-Abkommens berücksichtigt werden. 247    Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass das GE-Abkommen das Bestehen der von der Kommission angeführten Übereinkunft in Frage stellt. Gesamtbeurteilung –       Vorbringen der Parteien 248    Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die von der Kommission im Zusammenhang mit der behaupteten Übereinkunft angeführten Umstände auf einer Auswahl beruhten, ohne Beweiswert und nicht untermauert seien und nicht den Tatsachen entsprächen, da sich die Kommission ihre Meinung vor der Prüfung des Sachverhalts gebildet habe. 249    Die Klägerinnen machen insoweit geltend, dass die von ABB vorgelegten Beweismittel das Bestehen der Übereinkunft sowie insbesondere die Tatsache, dass die japanischen Hersteller die Aufteilung der GIS-Projekte im EWR unter den europäischen Herstellern akzeptiert hätten, die Bedeutung der Übereinkunft für das behauptete weltweite Kartell, das Bestehen eines obligatorischen und systematischen Meldemechanismus und die Tatsache, dass die japanischen Unternehmen an den Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR beteiligt gewesen seien, nicht rechtlich hinreichend belegten. Ferner habe die Kommission eine Auswahl getroffen, da sie in der angefochtenen Entscheidung bestimmte von ABB vorgelegte Beweismittel nicht angeführt habe, die mit ihrer Theorie nicht vereinbar seien, so insbesondere das GE-Abkommen. 250    Da die von ABB angeführten Umstände geringen Beweiswert hätten und zudem von den Klägerinnen, Toshiba, Melco, TM T & D und in manchen Punkten von Fuji, bestritten worden seien, hätten sie nach Ansicht der Klägerinnen durch andere Beweismittel belegt werden müssen, die diese Umstände „in sehr hohem Maße“ hätten „erhärten“ müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Die Kommission habe insbesondere Behauptungen zum GQ- und zum EQ-Abkommen aufgestellt, die mit anderen Teilen des Akteninhalts in Widerspruch stünden, und die Erklärungen der Klägerinnen sowie von Fuji zum Melde- und Anrechnungsmechanismus fehlerhaft ausgelegt. 251    Die japanischen Hersteller seien wegen unüberwindlicher Zutrittsschranken nicht in der Lage gewesen, in den europäischen Markt für GIS-Projekte einzudringen, was ihre Einbeziehung auf europäischer Ebene und damit die Übereinkunft überflüssig gemacht habe. Die Plausibilität dieser alternativen Erklärung sei von allen betroffenen Unternehmen bestätigt worden und gehe auch aus vielen Teilen der Akte hervor, wie insbesondere dem GE-Abkommen, das von den europäischen Herstellern geschlossen worden sei, ohne das es erforderlich gewesen wäre, mit den japanischen Herstellern zu einer Übereinkunft zu gelangen oder sie zu informieren. 252    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. –       Würdigung durch das Gericht 253    Aus der oben in den Randnrn. 84 bis 230 des vorliegenden Urteils durchgeführten Prüfung geht zunächst hervor, dass in den Erklärungen von ABB und den Aussagen ihrer Mitarbeiter sowie ihres ehemaligen Mitarbeiters eine Übereinkunft beschrieben wird, nach der die europäischen und die japanischen Hersteller sich gegenseitig verpflichteten, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen. Diese Äußerungen ermöglichen auch die Ermittlung der Parteien dieser Übereinkunft sowie den Schluss, dass sie zwar wahrscheinlich vor, aber spätestens gleichzeitig mit dem GQ-Abkommen geschlossen wurde. 254    Sodann wird das Bestehen dieser gegenseitigen Übereinkunft durch den Vorschlag erhärtet, den Alstom beim Treffen vom 10. Juli 2002 gemacht hatte. Auch die Erklärungen von Fuji untermauern das Bestehen der Verpflichtung der japanischen Unternehmen, nicht in den europäischen Markt einzudringen. 255    Nach den Erklärungen und der Aussage von ABB, erhärtet durch die Erklärungen der Klägerinnen, haben schließlich die japanischen Hersteller zumindest für den Zeitraum 1988 bis 1999 die regelmäßige Meldung der Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR und ihre Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen akzeptiert. Ferner sahen die europäischen Hersteller in Punkt 4 des Teils „E (E-Members)“ des Anhangs 2 des EQ-Abkommens die Möglichkeit vor, den japanischen Herstellern die Einzelheiten zu bestimmten GIS-Projekten im EWR vor ihrer Zuteilung mitzuteilen. Diese beiden Umstände deuten darauf hin, dass die japanischen Hersteller hinsichtlich der Durchführung bestimmter GIS-Projekte im EWR als ernsthafte Wettbewerber angesehen wurden, sich jedoch verpflichteten, nicht in den europäischen Markt einzudringen, um im Gegenzug einen größeren Anteil an den GIS-Projekten in anderen Regionen zu erhalten. Sie stellen daher mittelbare Beweise für das Bestehen des gegenseitigen Übereinkommens zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern dar. 256    Die von der Kommission geltend gemachten Umstände stützen daher ihr oben in Randnr. 74 zusammengefasstes Vorbringen zum Bestehen der Übereinkunft. Hingegen können die Umstände, auf die sich die Klägerinnen berufen, dieses Vorbringen nicht in Frage stellen. 257    Zum einen ist das GE-Abkommen, wie oben in den Randnrn. 244 bis 247 dargelegt, kein Beweis für ein europäisches Kartell, das durchgeführt wurde, ohne Nutzen aus der Übereinkunft zu ziehen. 258    Zum anderen ist zwar nicht nachgewiesen worden, dass die japanischen Unternehmen neben den europäischen Herstellern an der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR beteiligt waren, doch wäre angesichts der Art ihrer behaupteten Verpflichtung gemäß der Übereinkunft ihre Beteiligung an diesem Verhalten nicht von Nutzen gewesen. Die japanischen Hersteller hätten nämlich kein Interesse daran gehabt, bei der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR, zu deren Ablehnung sie sich verpflichtet hatten, tätig zu werden. Ihr einziges Interesse hätte darin bestanden, den Wert der betreffenden Projekte zu kennen und zu wissen, wem sie zugeteilt wurden, um die Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent nach dem GQ-Abkommen nachverfolgen zu können. Zumindest im Zeitraum zwischen 1988 und 1999 wurden diese Informationen den japanischen Herstellern aber über den Meldemechanismus mitgeteilt. 259    Nach alledem ist das Bestehen der Übereinkunft, wie sie oben in Randnr. 74 beschrieben wurde, als rechtlich hinreichend nachgewiesen anzusehen. 260    Unter diesen Umständen war die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht gehalten, das wirtschaftliche Interesse der betroffenen Unternehmen am Abschluss der Übereinkunft nachzuweisen. Im Übrigen konnte der Abschluss der Übereinkunft, wie oben in den Randnrn. 110 und 158 dargelegt, diesen Unternehmen bestimmte Vorteile verschaffen und war daher ungeachtet des Bestehens von Zutrittsschranken zum EWR-Markt und des möglichen Fehlens eines unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses an einem Eindringen in diesen Markt nicht überflüssig. 261    Da die Kommission nicht allein aus dem Marktverhalten der fraglichen Unternehmen auf das Vorliegen der vorgeworfenen Zuwiderhandlung geschlossen hat, reicht es nicht aus, wenn die Klägerinnen für den Sachverhalt eine andere plausible Erklärung als die Kommission geben. Daher ist die alternative Erklärung der Klägerinnen für das Vorliegen dieser Zuwiderhandlung nicht relevant. Jedenfalls werden die Umstände, auf denen diese Erklärung beruht, von den Klägerinnen auch im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes angeführt und daher unten in den Randnrn. 317 bis 332 geprüft. 262    Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. 263    Da zudem, wie oben in Randnr. 41 dargelegt, das Bestehen der Übereinkunft nachgewiesen werden konnte, ohne die Äußerung von Fuji vom 21. November 2006 als belastenden Umstand zu berücksichtigen, ist der erste Teil des ersten Klagegrundes, mit dem gerügt wird, dass die Klägerinnen keinen Zugang zu bestimmten belastenden Beweismitteln gehabt hätten, endgültig zurückzuweisen. Daher ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. b)     Zum zweiten Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Übereinkunft eine beschränkende Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise gewesen sei Vorbringen der Parteien 264    Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Kommission, selbst wenn sie das Bestehen der Übereinkunft nachgewiesen hätte, nicht aufgrund aussagekräftiger und plausibler Beweise dargetan habe, dass diese Übereinkunft dem Ausdruck eines gemeinsamen Willens in der Form einer beschränkenden Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise gleichgesetzt werden könne. Die Akte der Kommission lasse höchstens ein Parallelverhalten der Unternehmen erkennen, das im Einklang mit den normalen Marktbedingungen stehe. Dies werde durch die Aussage von Herrn M. bestätigt, der darauf hingewiesen habe, dass es bei den Treffen, an denen er teilgenommen habe, nicht erforderlich gewesen sei, die Frage der Übereinkunft anzusprechen, da sie sich von selbst verstanden habe. Würdigung durch das Gericht 265    Nach der Rechtsprechung muss die Kommission hinreichend aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellt (Urteil des Gerichts vom 21. Januar 1999, Riviera Auto Service u. a./Kommission, T‑185/96, T‑189/96 und T‑190/96, Slg. 1999, II‑93, Randnr. 47). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen übertragbar. 266    Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu der Frage, ob das den japanischen Unternehmen vorgeworfene Verhalten eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise darstellt, nicht ausdrücklich geäußert. In Randnr. 248 der angefochtenen Entscheidung hat sie sich auf den Hinweis beschränkt, dass die Zuwiderhandlung mehrere Handlungen umfasst habe, die als Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen eingestuft werden könnten. 267    Es ist daher in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Übereinkunft eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen ist. 268    Insoweit liegt eine Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmungen schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (vgl. entsprechend Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 70 angeführt, Randnr. 958 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt (vgl. Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 70 angeführt, Randnr. 837 und die dort angeführte Rechtsprechung). 269    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den verschiedenen von der Kommission vorgetragenen Umständen sowie insbesondere aus den Erklärungen von ABB und Fuji und den Aussagen von Herrn M. und Herrn V.-A., dass sich die europäischen und die japanischen Hersteller gegenseitig verpflichteten, nicht in die angestammten Märkte der jeweils anderen Gruppe einzudringen. Das Bestehen einer gegenseitigen Verpflichtung bedeutet zwangsläufig das Vorliegen eines gemeinsamen Willens, selbst wenn für die genaue Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem dieser Wille zum Ausdruck gebracht wurde, oder für eine Formalisierung dieses Ausdrucks keine Anhaltspunkte vorliegen. Außerdem war Herr M., wie in Randnr. 141 ausgeführt, der Meinung, dass es bei den Treffen, an denen er teilnahm, nicht erforderlich gewesen sei, auf die Übereinkunft hinzuweisen, da diese Übereinkunft allen Kartellmitgliedern klar gewesen sei und sie sie akzeptiert und durchgeführt hätten, ohne dass eine explizite Erörterung erforderlich gewesen wäre. Darüber hinaus hat Herr V.-A., wie oben in Randnr. 152 dargelegt, erklärt, er habe an Besprechungen zwischen den europäischen Unternehmen und dem Vertreter eines japanischen Unternehmens teilgenommen, deren Thema ausdrücklich die Einhaltung der Übereinkunft gewesen sei. 270    Auch die durch die Erklärungen und die Aussage von ABB sowie durch die Erklärungen der Klägerinnen belegte Tatsache, dass die japanischen Hersteller viele Jahre lang die Meldung der Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR akzeptierten und ihre Anrechnung auf das gemeinsame „europäische“ Kontingent gemäß dem GQ-Abkommen nachverfolgten, ist mit einem bloßen Parallelverhalten von Wettbewerbern ohne jegliche Willensübereinstimmung nicht vereinbar. 271    Darüber hinaus bezweckte die Übereinkunft, das Verhalten der japanischen Unternehmen in Bezug auf den EWR-Markt festzulegen, da sich diese verpflichteten, nicht in diesen Markt einzudringen. Tatsächlich war somit nach dieser Übereinkunft der EWR-Markt den europäischen Herstellern vorbehalten. 272    Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass die Übereinkunft eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen war. 273    Vor diesem Hintergrund muss nicht mehr geprüft werden, ob die Übereinkunft eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne dieser Bestimmungen darstellte. 274    Nach alledem ist daher der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 3.     Zum dritten Klagegrund: Die Kommission habe das Vorliegen einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen 275    Im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass, was sie betreffe, die Kommission weder die wesentlichen Aspekte der von den Kartellmitgliedern durchgeführten Maßnahmen noch den Umstand nachgewiesen habe, dass diese Maßnahmen ein einheitliches Ziel verfolgt hätten. Im Rahmen des zweiten Teils bestreiten sie den Dauercharakter des gerügten Kartells sowie insbesondere das Fortdauern des mit ihm verfolgten Ziels. 276    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. a)     Zum ersten Teil: Die Kommission habe das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung, die die Übereinkunft, das weltweite Kartell nach dem GQ-Abkommen und die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR umfasst habe, nicht nachgewiesen Vorbringen der Parteien 277    Die Klägerinnen machen geltend, dass sich im vorliegenden Fall die Produkte, geografischen Märkte und Unternehmen, die einerseits vom Kartell nach dem GQ-Abkommen und andererseits von den Vereinbarungen über die GIS-Projekte im EWR erfasst worden seien, voneinander unterschieden, was bedeute, dass sich das GQ-Abkommen von den europäischen Abkommen unterscheide und daher die Kartellaktivitäten außerhalb des EWR und die Aktivitäten der europäischen Unternehmen innerhalb des EWR nicht als eine einheitliche Zuwiderhandlung anzusehen seien. 278    Ferner bewiesen die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Tatsachen nicht ohne jeden vernünftigen Zweifel das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung. 279    Die Übereinkunft sei nicht nachgewiesen worden, da die von ABB angeführten Umstände keinen Beweiswert hätten und durch keine anderen Beweismittel untermauert worden seien. 280    Ferner habe die Kommission die Bedeutung der Übereinkunft im Hinblick auf das behauptete weltweite Kartell nicht nachgewiesen, da nach dem Akteninhalt nicht ersichtlich sei, dass eine solche Übereinkunft zur Schaffung gegenseitigen Vertrauens oder zur Förderung der Tätigkeiten der europäischen Kartellmitglieder in Bezug auf das Gebiet des EWR erforderlich gewesen wäre. Die Kommission habe außerdem keine Nachweise dafür beigebracht, dass die japanischen Hersteller das Konzept, dass beiden Seiten ihre jeweiligen Stammländer vorbehalten blieben, gekannt und akzeptiert hätten. Der Begriff „Stammland“ habe nämlich einem Konzept entsprochen, das nur im Rahmen der Abkommen zwischen den europäischen Herstellern angewandt worden und daher den japanischen Unternehmen unbekannt gewesen sei. 281    Dass die Beteiligung der japanischen Unternehmen am GQ-Abkommen vom Kartellverhalten der europäischen Unternehmen innerhalb des EWR unabhängig gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass die japanischen Hersteller wegen unüberwindlicher Zutrittsschranken nicht in der Lage gewesen seien, in den europäischen Markt für GIS-Projekte einzudringen. 282    Das Bestehen zweier voneinander unabhängiger Absprachen werde außerdem durch zahlreiche Aktenstücke bestätigt. Die Klägerinnen erwähnen in diesem Zusammenhang das GE-Abkommen und die anderen älteren Vereinbarungen, die die europäischen Anbieter untereinander geschlossen hätten, die Tatsache, dass die Übereinkunft in den schriftlichen Vereinbarungen nicht erwähnt werde, das Fehlen eines jeden Hinweises auf das Verhalten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR im GQ-Abkommen sowie das zwischen ABB, Areva, Siemens und VA TECH geschlossene Geheimhaltungsabkommen, das den Austausch sensibler Informationen zwischen seinen Parteien ohne Wissen der übrigen am Kartell beteiligten Unternehmen habe erleichtern sollen. 283    Hingegen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die japanischen Unternehmen an der Aufteilung der GIS-Projekte im EWR und den damit zusammenhängenden Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR beteiligt gewesen seien oder von ihnen gewusst hätten. 284    Zum Melde- und Anrechnungsmechanismus verweisen die Klägerinnen zunächst auf die oben in Randnr. 204 angeführte andere Erklärung der Tatsachen. Darüber hinaus weisen sie nochmals darauf hin, dass die Meldungen nicht systematisch und nach Zuteilung der betreffenden Projekte und ab 1999 gar nicht mehr erfolgt seien und keine vertraulichen Daten betroffen hätten. 285    Sie bestreiten insbesondere, dass die bloße Kenntnis vom vormaligen Bestehen von Übereinkünften zwischen anderen Unternehmen und der Austausch zusammenfassender historischer Informationen Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen darstellten. 286    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 287    Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG ergeben sich notwendigerweise aus einem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen, die zwar alle Mittäter der Zuwiderhandlung sind, deren Beteiligung aber insbesondere in Abhängigkeit von den Merkmalen des betroffenen Marktes und der Stellung des einzelnen Unternehmens auf diesem Markt, den verfolgten Zielen und der gewählten oder vorgesehenen Art und Weise der Durchführung verschiedene Formen aufweisen kann. Jedoch kann die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die gesamte Zuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das zwar von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt wurde, aber dieselbe wettbewerbswidrige Zielsetzung oder Wirkung hat, nicht allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnrn. 79 f.). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen übertragbar. 288    So ist ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die unter den Begriff der auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG fallen und die einen Beitrag zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit leisten sollten, an einer solchen Zuwiderhandlung beteiligt hatte, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten, wenn das betreffende Unternehmen nachweislich von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Beteiligten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und wenn es bereit war, das daraus erwachsende Risiko einzugehen (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 287 angeführt, Randnr. 83). Diese Rechtsprechung ist auf Art. 53 Abs. 1 EWR‑Abkommen übertragbar. 289    Im vorliegenden Fall waren die japanischen Unternehmen, wie die Prüfung des zweiten Klagegrundes ergeben hat, neben den europäischen Unternehmen an der Übereinkunft beteiligt, die eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen über den EWR-Markt für GIS-Projekte war. Die Beteiligung an der Übereinkunft impliziert, dass die japanischen Unternehmen darüber Bescheid wussten, dass die GIS-Projekte im EWR den europäischen Herstellern vorbehalten waren. 290    Insoweit ist der Umstand, dass die Klägerinnen nicht an konkreten Kartellmaßnahmen im EWR beteiligt waren, nicht relevant. Wie nämlich oben in Randnr. 258 ausgeführt, war eine Beteiligung der japanischen Unternehmen an der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR-Markt in Anbetracht der Art ihrer Verpflichtung gemäß der Übereinkunft nicht von Nutzen. Die passive Rolle der japanischen Hersteller war somit nicht auf ihre freie Entscheidung, sondern auf die Form ihrer Beteiligung am Abkommen über den Markt im EWR zurückzuführen. Diese Beteiligung war jedoch eine Vorbedingung dafür, dass die GIS-Projekte im EWR entweder nach dem Grundsatz des Schutzes der Stammländer oder nach dem GE-Abkommen unter den europäischen Herstellern aufgeteilt werden konnten. 291    Ferner deuten die Erklärungen von ABB und die Aussage von Herrn M. darauf hin, dass zwar die Übereinkunft im GQ-Abkommen nicht ausdrücklich erwähnt war, jedoch seiner Durchführung zugrunde lag, da durch sie das für das Funktionieren des weltweiten Kartells erforderliche Vertrauen geschaffen werden konnte. Die Verbindung zwischen der Übereinkunft und dem GQ-Abkommen wird durch die Aussage von Herrn V.-A. bestätigt, nach dem bei einem Treffen gemäß dem GQ-Abkommen zwischen den europäischen Unternehmen und einem Vertreter der japanischen Unternehmen die Notwendigkeit der Einhaltung der Übereinkunft erörtert worden sei. 292    Sodann stellt der Melde- und Anrechnungsmechanismus ein Bindeglied zwischen den Kartellaktivitäten der europäischen Unternehmen innerhalb des EWR und dem weltweiten Kartell nach dem GQ-Abkommen dar. Über diesen Mechanismus wurden nämlich die Ergebnisse der Zuteilung bestimmter GIS-Projekte im EWR im Rahmen der Zuteilung der GIS-Projekte in anderen Regionen nach dem GQ-Abkommen berücksichtigt. Das Bestehen des betreffenden Mechanismus ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Erwähnung im GQ-Abkommen durch die Erklärungen und Aussagen von ABB und durch die Erklärungen der Klägerinnen nachgewiesen. 293    Die andere Erklärung des Melde- und Anrechnungsmechanismus durch die Klägerinnen wurde oben in Randnr. 213 zurückgewiesen. Wie zudem oben in den Randnrn. 243 bis 247 ausgeführt wurde, kann zum einen das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen zu den anderen europäischen Abkommen als dem GE-Abkommen nicht berücksichtigen und zum anderen stellt letzteres Abkommen keinen Nachweis dafür dar, dass die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR vom weltweiten Kartell nach dem GQ-Abkommen unabhängig waren. Darüber hinaus folgt aus den von den Klägerinnen angeführten Umständen nicht, dass das Geheimhaltungsabkommen zwischen den europäischen Herstellern tatsächlich geschlossen wurde, und erst recht nicht, dass der Informationsaustausch zwischen den beiden Herstellergruppen dadurch beeinträchtigt wurde. 294    Ferner ist aufgrund der regelmäßigen Meldungen der Ergebnisse der Ausschreibungen zu bestimmten GIS-Projekten im EWR, die zumindest von 1988 bis 1999 erfolgten, davon auszugehen, dass die japanischen Unternehmen vernünftigerweise annehmen konnten, dass die Zuteilung der GIS-Projekte innerhalb des EWR unter den europäischen Herstellern das Ergebnis eines wettbewerbswidrigen Verhaltens war. Dass einer Herstellergruppe mehrere Jahre lang ohne ersichtlichen Grund regelmäßig die Ergebnisse der Ausschreibungen mitgeteilt werden, an denen die Mitglieder einer anderen Herstellergruppe desselben Industriezweigs teilgenommen haben, geht nämlich über ein normales Wettbewerbsverhalten hinaus. Die Meldungen hätten somit Zweifel hinsichtlich der Bedingungen wecken müssen, unter denen die betreffenden GIS-Projekte vergeben wurden. Dies gilt umso mehr, als es sich bei den Ergebnissen einer Ausschreibung nicht zwingend um öffentliche Daten handelt, insbesondere, wenn es um Ausschreibungen privater Unternehmen und Einzelheiten des angenommenen Angebots geht. 295    Die Kommission hat hierzu in Randnr. 277 der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass eine eventuelle spätere Unterbrechung der Meldungen an der Kenntnis der japanischen Unternehmen von der Wettbewerbswidrigkeit der Zuteilung der GIS-Projekte im EWR, die sie aufgrund des Meldemechanismus zwischen 1988 und 1999 gehabt hätten, nichts hätte ändern können. Gleiches gilt für JAEPS, obwohl sie erst 2001 gegründet wurde. JAEPS übernahm nämlich die Tätigkeiten ihrer Anteilsinhaber, darunter Hitachi und Fuji, im GIS-Bereich. Vor diesem Hintergrund kann angenommen werden, dass sie in Bezug auf die Zuteilung von GIS-Projekten im EWR über dasselbe Wissen verfügte wie diese Anteilsinhaber. 296    Außerdem wurden die Übereinkunft, das weltweite Kartell nach dem GQ-Abkommen und die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR nebeneinander durchgeführt, sie betrafen dieselben Produkte, und es waren an ihnen dieselben europäischen Hersteller sowie, was die Übereinkunft und das GQ-Abkommen betrifft, dieselben japanischen Hersteller beteiligt. Die verschiedenen Maßnahmen hatten zudem ein und denselben Zweck, nämlich die Einführung eines Systems zur Aufteilung des Weltmarkts für GIS-Projekte und die Aufteilung dieser Projekte unter den verschiedenen Beteiligten. 297    Nach alledem ist somit festzustellen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie feststellte, dass die Übereinkunft, das weltweite Kartell nach dem GQ-Abkommen und die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellten, mit der ein gemeinsamer Zweck verfolgt wurde. Folglich ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. b)     Zum zweiten Teil: Fehlender Nachweis des Dauercharakters des Kartells durch die Kommission Vorbringen der Parteien 298    Nach Ansicht der Klägerinnen verfolgte dass Kartell nach dem Treffen vom 10. Juli 2002 nicht mehr dasselbe wirtschaftliche Ziel, da es danach auf den Mittleren Osten und Südostasien ausgerichtet gewesen sei und der Preiserosion in diesen Regionen habe entgegenwirken sollen. 299    Außerdem hätte die Kommission Änderungen der Struktur und der Funktionsweise des Kartells, die zur gleichen Zeit vorgenommen worden seien, berücksichtigen müssen, die eine Vereinfachung der Arbeitsmethoden, die Einführung eines Systems unmittelbarer Zuteilung von Projektlosen und die Änderung der Codes für die Bezeichnung der Kartellmitglieder umfasst hätten. 300    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 301    Aus dem Akteninhalt ist nicht ersichtlich, dass das Treffen vom 10. Juli 2002 das wirtschaftliche Ziel des weltweiten Kartells geändert hätte. Sowohl vor als auch nach diesem Zeitpunkt war das wesentliche Ziel dieses Kartells, die Märkte für GIS-Projekte aufzuteilen und die Zuteilung dieser Projekte unter den am weltweiten Kartell beteiligten Unternehmen zu koordinieren. Somit war der Wille der betreffenden Unternehmen, der Erosion der Preise im Mittleren Osten und in Südostasien entgegenzuwirken, nicht das Ergebnis einer Änderung ihrer wesentlichen Ziele, sondern vielmehr der Entwicklung der Wettbewerbssituation auf diesen Märkten. 302    Außerdem besteht die Weiterentwicklung der Strukturen und Arbeitsabläufe, auf die sich die Klägerinnen berufen, in punktuellen Änderungen, die sich auf einige Aspekte des Funktionierens des Kartells beschränken, die jedoch an seinem wesentlichen Ziel nichts ändern. Diese Änderungen dürften nämlich, wie von der Kommission vorgebracht, mit der Veränderung der Zahl der Kartellmitglieder und den technischen Entwicklungen im Zusammenhang gestanden haben. Zudem haben die Klägerinnen ihre Behauptung, dass die Ausführungen der Kommission in Randnr. 280 der angefochtenen Entscheidung, wonach es in zunehmendem Umfang zu Änderungen gekommen sei, unzutreffend seien, nicht untermauert. 303    Das Vorbringen der Klägerinnen zum Fortdauern des Kartells und seines Ziels wird daher nicht durch Tatsachen gestützt. Die Kommission hat somit keinen Fehler begangen, als sie feststellte, dass zwischen 15. April 1988 und 11. Mai 2004 eine dauernde Zuwiderhandlung vorlag, die ein einheitliches wirtschaftliches Ziel verfolgte. 304    Daher ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes und folglich der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 305    Da keiner der Klagegründe, auf die der Hauptantrag gestützt ist, durchgreift, ist dieser somit zurückzuweisen. B –  Zum ersten Hilfsantrag: Aufhebung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerinnen betrifft 1.     Zum vierten Klagegrund: Fehler der Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße 306    Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission bei der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbußen Fehler begangen. Im Rahmen des ersten Teils werfen sie der Kommission vor, sie habe gegen ihre Pflicht zur Bestimmung der relativen Bedeutung der vom einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung verstoßen. Im Rahmen des zweiten Teils machen sie geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Fehler bei der Anwendung der Kronzeugenregelung begangen. Im Rahmen des dritten Teils bringen sie vor, dass die Kommission bei der Beurteilung der mit der Dauer des Kartells zusammenhängenden Umstände einen offensichtlichen Fehler begangen habe. 307    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. a)     Zum ersten Teil: Fehler bei der Bewertung der relativen Bedeutung der vom einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien 308    Nach Auffassung der Klägerinnen hätte die Kommission die untergeordnete Rolle, die die Klägerinnen innerhalb des Kartells gespielt hätten, sowohl hinsichtlich der relativen Schwere ihres Verhaltens als auch hinsichtlich dessen Auswirkungen auf den EWR-Markt berücksichtigen müssen. 309    Zum einen seien sie nicht am Kartell innerhalb des EWR beteiligt gewesen und hätten nicht an den im Rahmen des EQ-Abkommens veranstalteten Treffen teilgenommen, sondern hätten nur das GQ-Abkommen durchgeführt. Daher könne ihre allfällige Beteiligung am europäischen Kartell nur passiv sein, und ihr Verhalten habe daher in Anbetracht des Bestehens des älteren europäischen Kartells nach dem GE-Abkommen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt. 310    Zum anderen habe ihre angebliche Beteiligung an der Übereinkunft keine Auswirkungen auf den EWR-Markt gehabt und habe daher den Wettbewerb auf diesem Markt nicht beeinträchtigen können. Sie nehmen insoweit auf die Beweismittel, die sie der Kommission vorgelegt haben, sowie insbesondere auf den externen Bericht, die Erklärungen der anderen Kartellmitglieder und auf die Tatsache Bezug, dass sie weder von 2000 bis 2002, also in dem Zeitraum, in dem sie nicht am Kartell beteiligt gewesen seien, noch nach seiner Beendigung in Europa GIS verkauft hätten. Die Tatsache, dass sie nicht in der Lage gewesen seien, den Wettbewerb im EWR zu beeinträchtigen, hätte als mildernder Umstand berücksichtigt werden müssen. 311    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 312    Wenn eine Zuwiderhandlung durch mehrere Unternehmen begangen wurde, ist nach der Rechtsprechung die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen (vgl. Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 287 angeführt, Randnr. 150 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine weniger bedeutende Rolle gespielt hat, ist somit bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 287 angeführt, Randnr. 90). 313    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung nicht die Beteiligung ihrer Adressaten am GQ-Abkommen sanktioniert, das nicht das Gebiet des EWR betraf. Art. 1 der angefochtenen Entscheidung stellt nämlich klar fest, dass der Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen den GIS-Sektor im EWR betrifft. 314    Wie sich aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes ergeben hat, waren die japanischen Hersteller in anderer Weise als die europäischen Hersteller an den auf den EWR abzielenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt. Die japanischen Hersteller verpflichteten sich nämlich im Rahmen der Übereinkunft, nicht in den EWR-Markt einzudringen, und ihre Beteiligung bestand daher in einer Unterlassung. Die europäischen Unternehmen hingegen teilten die verschiedenen GIS-Projekte auf diesem Markt durch aktives kollusives Handeln untereinander auf. 315    In Bezug auf die Schwere dieser beiden Arten von Verhalten besteht jedoch kein wesentlicher Unterschied. Wie nämlich oben in den Randnrn. 258 und 290 festgestellt, ist die Tatsache, dass die Klägerinnen an der Zuteilung von GIS-Projekten im EWR nicht beteiligt waren, angesichts der Art ihrer Verpflichtung nach der Übereinkunft nicht relevant, da ihre Einbeziehung nicht von Nutzen gewesen wäre. Der Umstand, auf den sich die Klägerinnen berufen, war daher nicht das Ergebnis ihrer Entscheidung, sondern bloß die Folge der Art ihrer Beteiligung am Abkommen über den EWR-Markt. Diese Beteiligung war jedoch eine Vorbedingung dafür, dass die Aufteilung der GIS-Projekte im EWR unter den europäischen Herstellern nach den dafür vereinbarten Regeln erfolgen konnte. 316    Daher ist festzustellen, dass die Schwere des Verhaltens der japanischen Unternehmen mit der des Verhaltens der europäischen Unternehmen vergleichbar ist. 317    Was die Behauptung der Klägerinnen anbelangt, sie hätten den Wettbewerb im EWR nicht beeinträchtigen können, ist nach Nr. 1 Buchst. a der Leitlinien bei der Festsetzung der Geldbuße zu berücksichtigen, ob die Urheber der Zuwiderhandlung tatsächlich wirtschaftlich dazu in der Lage waren, anderen Wirtschaftsteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, einen erheblichen Schaden zuzufügen. 318    Die Klägerinnen machen hierzu geltend, dass zum einen ein japanischer Hersteller, der in den Markt für GIS-Projekte im EWR habe eindringen wollen, sich „hohen“ technischen, kommerziellen, kulturellen und wirtschaftlichen Zutrittsschranken gegenübergesehen habe. Zum anderen sei dieser Markt ein „reifer“ Markt gewesen, was bedeute, dass er im Zeitraum der Zuwiderhandlung nur eine geringe Wachstumsrate aufgewiesen habe und von den europäischen Herstellern ausreichend versorgt worden sei. 319    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Bestehen der Übereinkunft und insbesondere des Melde- und Anrechnungsmechanismus impliziert, dass die japanischen Hersteller von den europäischen Herstellern ungeachtet bestimmter objektiver Zutrittsschranken, deren Bestehen die Kommission im Übrigen nicht bestreitet, als potenziell ernsthafte Wettbewerber wahrgenommen wurden. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätten die europäischen Hersteller die Übereinkunft, die für sie zum Verlust eines Teils der GIS-Projekte außerhalb des EWR führte, nicht geschlossen. Da sich die europäischen Hersteller aufgrund ihrer privilegierten Stellung in Europa in einer besonders guten Lage befanden, um die Situation im EWR zu beurteilen, stellt ihre Annahme der Übereinkunft einen Umstand dar, der die Plausibilität der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung ernsthaft in Frage stellt. 320    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der von den Klägerinnen vorgelegte externe Bericht im Nachhinein für die konkreten Bedürfnisse der Verteidigung der Parteien im Rahmen des Verfahrens erstellt wurde, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt hat. Der Bericht ist, wie von der Kommission geltend gemacht, allgemein gehalten, und ihm ist nicht zu entnehmen, dass die Klägerinnen die Möglichkeit oder wirtschaftliche Zweckmäßigkeit eines Eindringens in den EWR-Markt erörtert hätten. Insbesondere zu den technischen Schranken nimmt der externe Bericht großenteils auf die Erklärung von JAEPS und anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung Bezug, was zugleich bedeutet, dass er keine unabhängige Quelle ist. 321    Was außerdem die technischen Schranken betrifft, ist ein japanischer Hersteller, der in den EWR-Markt eindringen möchte, tatsächlich gehalten, das betreffende Produkt den geltenden Normen anzupassen, die sich aus den von der Internationalen Elektrotechnischen Kommission definierten Standards ergeben, einige Konformitätstests durchzuführen und die entsprechenden Bescheinigungen einzuholen. Die Klägerinnen bestreiten jedoch nicht, dass die japanischen Hersteller sporadische Verkäufe von GIS-Produkten im EWR sowie zahlreichere Verkäufe in anderen Gebieten getätigt haben, in denen die von der Internationalen Elektrotechnischen Kommission definierten Standards ebenfalls gelten. 322    Die Klägerinnen nehmen darüber hinaus auf die zusätzlichen technischen Anforderungen und Anwendungen in bestimmten westeuropäischen Ländern Bezug. Solche Anforderungen galten jedoch, zumindest in anderen als den Stammländern, für alle potenziellen Anbieter, europäische wie japanische. 323    Gleiches gilt hinsichtlich der behaupteten Präferenz für inländische Anbieter, da es nach der angefochtenen Entscheidung gerade in den anderen Ländern des EWR als den Stammländern gerade keine ernsthaften inländischen Anbieter gab. Dies gilt erst recht für die behauptete Präferenz für den Lieferer der bereits eingebauten Ausstattung. Zufriedenstellende ältere Beziehungen zu einem Anbieter benachteiligen tendenziell alle anderen Anbieter, unabhängig davon, ob sie aus Europa oder aus Japan stammen. 324    Die Klägerinnen machen ferner geltend, dass die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84) bei der Vergabe öffentlicher Aufträge eine Bevorzugung der europäischen Anbieter vorschreibe. Wie die Klägerinnen jedoch selbst anerkennen, galt zum einen diese Regel ab 1. Januar 1996 nicht mehr für die japanischen Hersteller. Zum anderen galt die Präferenzregel nicht absolut, sondern nach Art. 36 Abs. 3 dieser Richtlinie nur dann, wenn die fraglichen Angebote nach den Zuschlagskriterien gleichwertig waren, was insbesondere bedeutete, dass der Preisunterschied 3 % nicht überschritt. 325    Das Vorbringen der Klägerinnen zur Notwendigkeit, für den Verkauf, die Leistungen und die Bereitstellung einer Infrastruktur für die Wartung eine Niederlassung in Europa zu errichten, sowie zu den Auswirkungen der Entfernung zwischen Japan und Europa auf die Transport- und Versicherungskosten und auf die Lieferfristen kann angesichts der Verkäufe der japanischen Hersteller im EWR, im übrigen Europa und im Mittelmeerraum, also in geografisch von Japan weit entfernten Gebieten, nicht durchgreifen. 326    Was die behaupteten Zollschranken anbelangt, haben die Klägerinnen die Zollsätze, die für die Einfuhr von GIS aus Japan in den EWR gelten, nicht im Einzelnen angeführt. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen. 327    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das lange Bestehen der Übereinkunft und damit das Fernbleiben der japanischen Hersteller vom EWR-Markt geeignet waren, bestimmte von den Klägerinnen angeführte Zutrittsschranken, insbesondere hinsichtlich der Akzeptanz, die die japanischen Anbieter von den europäischen Kunden erfuhren, künstlich zu verstärken. Die Klägerinnen können sich jedoch nicht auf die Auswirkungen einer Zuwiderhandlung berufen, an der sie selbst beteiligt waren, um eine Herabsetzung der gegen sie wegen dieser Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße zu fordern. Außerdem können die genannten Auswirkungen der langen Dauer der Übereinkunft die Tatsache erklären, dass die Klägerinnen zwischen 1999 und 2002 sowie zwischen 2004 und 2006, also während relativ kurzer Zeiträume im Vergleich zum Zeitraum der Zuwiderhandlung, im EWR keine GIS verkaufen. 328    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass in den von anderen Beteiligten vorgelegten Erklärungen keine anderen als die von den Klägerinnen vorgebrachten Zutrittsschranken angeführt werden. Somit gelten die oben in den Randnrn. 321 bis 327 angestellten Erwägungen auch für sie. 329    Zudem sind die Angaben zum EWR-Markt im externen Bericht nicht hinreichend detailliert, da sie nur bestimmte Teile des Zeitraums der Zuwiderhandlung abdecken. Darüber hinaus betrifft ein Teil der Angaben die Wachstumsrate des EWR-Markts, enthält aber keine näheren Ausführungen zur Größe dieses Marktes. Ein – absolut gesehen – großer Markt kann aber selbst dann Zutrittsmöglichkeiten bieten, wenn er keine hohe Wachstumsrate aufweist. 330    Auch die Gegenwart anderer Wettbewerber ist ein Umstand, der zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einer Marktwirtschaft zwangsläufig gehört, und ist daher nichts Besonderes, was hätte berücksichtigt werden müssen. Soweit sich die Klägerinnen auf eine Bevorzugung der europäischen Hersteller durch die europäischen Kunden berufen, ist auf die Randnrn. 323 und 327 zu verweisen. 331    Außerdem geht es bei der Analyse, ob die japanischen Hersteller in der Lage gewesen wären, in den EWR-Markt einzudringen, nicht darum, ob ein solches Eindringen in diesen Markt die attraktivste Möglichkeit für die japanischen Hersteller war, sondern darum, ob es sich dabei um eine realistische Option handelte, durch die ohne die Übereinkunft Druck auf das Verhalten der Hersteller auf dem EWR-Markt hätte ausgeübt werden können. Daher ist die Tatsache, dass sich den japanischen Herstellern möglicherweise auf anderen Märkten Gelegenheiten boten, an sich nicht relevant. 332    Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerinnen ihr Vorbringen, dass die Besonderheiten des EWR-Markts zur Folge gehabt hätten, dass im vorliegenden Fall das Verhalten der an der Übereinkunft beteiligten japanischen Hersteller den Wettbewerb auf diesem Markt nicht habe beeinträchtigen können, nicht in rechtlich hinreichender Weise untermauert haben. Unter diesen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dieses Vorbringen weder bei der Beurteilung der Schwere der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung noch bei der Beurteilung der mildernden Umstände berücksichtigt zu haben. 333    Der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist daher zurückzuweisen. b)     Zum zweiten Teil: Fehler bei der Anwendung der Kronzeugenregelung Vorbringen der Parteien 334    Die Klägerinnen bringen vor, die Kommission habe ihre Feststellung, dass sie an der Übereinkunft und, allgemeiner, an einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, auf zwei von ihnen stammende Beweismittel gestützt, nämlich zum einen auf die Erklärungen über das Bestehen des Melde- und Anrechnungsmechanismus und zum anderen auf die Darstellung der Ablehnung des Vorschlags von Alstom vom 10. Juli 2002 betreffend die Übereinkunft über den europäischen Markt. Diese Umstände seien der Kommission damals nicht bekannt gewesen und hätten sich unmittelbar auf den Nachweis einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung ausgewirkt. 335    Die Kommission habe daher feherhaft festgestellt, dass diese Beweismittel keinen Mehrwert darstellten, der eine Ermäßigung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung rechtfertige. Nach Auffassung der Klägerinnen hätte gemäß Randnr. 23 der Kronzeugenregelung keine Geldbuße gegen sie verhängt werden dürfen. 336    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 337    Die Randnrn. 4, 20, 21 und 23 der Kronzeugenregelung sehen Folgendes vor: „4.      Die Kommission ist der Auffassung, dass die Gemeinschaft ein Interesse daran hat, Unternehmen, die mit ihr zusammenarbeiten, Rechtsvorteile zu gewähren. Das Interesse der Verbraucher und Bürger an der Aufdeckung und Ahndung von Kartellen ist größer als das Interesse an der Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen, die es der Kommission ermöglichen, solche Verhaltensweisen aufzudecken und zu untersagen. … 20.      Unternehmen, die die Voraussetzungen in Abschnitt A [für den Erlass der Geldbuße] nicht erfüllen, kann eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden, die andernfalls verhängt worden wäre. 21.      Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen. … 23.      … Falls ein Unternehmen Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“ 338    Das Vorbringen der Klägerinnen kann, beurteilt man es nach diesen Kriterien, nicht durchgreifen. 339    Wie oben in den Randnrn. 192 und 230 ausgeführt, sind die Erklärungen zum Melde- und Anrechnungsmechanismus und zum Vorschlag von Alstom vom Juli 2002 in der Tat Beweismittel, die für den Nachweis des Bestehens der Übereinkunft relevant sind. Im Verwaltungsverfahren brachten die Klägerinnen jedoch vor, dass der Melde- und Anrechnungsmechanismus keinen Nachweis für das Bestehen dieser Übereinkunft darstelle und der Vorschlag von Alstom und ihre Reaktion auf diesen Vorschlag das Bestehen dieser Übereinkunft in Frage stellten. Unter diesen Umständen können die Klägerinnen nicht behaupten, sie hätten in diesem Punkt nach Randnr. 4 der Kronzeugenregelung mit der Kommission zusammengearbeitet. Die Kommission hat daher keinen Fehler begangen, als sie hinsichtlich der Klägerinnen die Anwendung der Randnrn. 20 f. der Kronzeugenregelung ablehnte. 340    Was die Anwendung von Randnr. 23 der Kronzeugenregelung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission am 9. September 2004, d. h. zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags der Klägerinnen auf Geldbußenerlass, dem die Darstellung des Vorschlags von Alstom vom 10. Juli 2002 beigefügt war, bereits über das Bestehen und die Natur der Übereinkunft sowie darüber Bescheid wusste, dass diese speziell den Zeitraum von Juli 2002 bis 2004 abdeckte. Diese Tatsachen wurden nämlich in den Erklärungen von ABB vom 11. März 2004 offenbart. Ebenso wusste die Kommission zum Zeitpunkt der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, d. h., bevor die Klägerinnen ihre Erklärungen zum Melde- und Anrechnungsmechanismus vorlegten, dass dieser Mechanismus zwischen den Kartellmitgliedern zwischen 1988 und 2002 eingeführt worden war, da dieser Sachverhalt sowohl in den Erklärungen von ABB als auch in der Aussage von Herrn M. beschrieben wurde. Daher kann nicht angenommen werden, dass die Erklärungen der Klägerinnen Tatsachen betrafen, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis gehabt hatte, und erst recht nicht, dass sie die Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung beeinflussen konnten. Die Kommission hat daher fehlerfrei die Anwendung von Randnr. 23 der Kronzeugenregelung in Bezug auf die Klägerinnen abgelehnt. 341    Der zweite Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. c)     Zum dritten Teil: Fehler bei der Beurteilung von Umständen, die die Dauer der Zuwiderhandlung betreffen Vorbringen der Parteien 342    Die Klägerinnen bekräftigen zum einen ihren Standpunkt, dass die Kommission das Fortdauern des Ziels der Zuwiderhandlung im Zeitraum zwischen 15. April 1988 und 11. Mai 2004 nicht nachgewiesen habe. Zum anderen bringen sie vor, ihre Beteiligung an einer Zuwiderhandlung nach Juli 2002 sei durch Änderungen der Struktur und der Art der Vereinbarungen in dieser Zeit sowie insbesondere durch ihre Ablehnung des Vorschlags von Alstom vom 10. Juli 2002, eine Übereinkunft über den europäischen Markt zu schließen, widerlegt. 343    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. Würdigung durch das Gericht 344    Die Argumente der Klägerinnen im Rahmen dieses Teils sind dieselben wie die bereits im Rahmen des zweiten und des dritten Klagegrundes behandelten. Das Vorbringen zum Fortdauern des Ziels des Kartells und zu den Änderungen, die das Kartell erfahren habe, wurde nämlich oben in den Randnrn. 301 bis 303 geprüft. Ferner wurde oben in den Randnrn. 185 bis 193 geprüft, ob die Ablehnung des Vorschlags von Alstom vom 10. Juli 2002 durch Hitachi von Bedeutung ist. 345    Nach den dortigen Erwägungen lassen die Umstände, auf die sich die Klägerinnen berufen, nicht den Schluss zu, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie feststellte, dass zwischen 15. April 1988 und 11. Mai 2004 eine dauernde Zuwiderhandlung vorlag, mit der ein einheitliches wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, und dass sich die Übereinkunft und somit die Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung über Juli 2002 hinaus erstreckte. 346    Unter diesen Umständen sind der dritte Teil des vierten Klagegrundes und damit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 2.     Zum fünften Klagegrund: Berechnung der Geldbußen der Klägerinnen nach einer Methode, die gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstößt a)     Vorbringen der Parteien 347    Nach dem Vorbringen der Klägerinnen hat die Kommission gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem sie bei Hitachi einen Abschreckungsfaktor von 2,5 angewandt habe, bei ABB hingegen den niedrigsten Multiplikator, nämlich 1,25. Hitachi sei ein in der Branche der GIS-Projekte unbedeutendes Unternehmen, und sein Verhalten habe den Wettbewerb im gemeinsamen Markt nicht spürbar beeinträchtigen können; ABB sei der weltweit größte Anbieter in dieser Branche und in Europa niedergelassen. Außerdem sei Hitachi, anders als ABB, kein Wiederholungstäter gewesen. Da dieser Umstand im Zusammenhang mit der Verhinderung zukünftiger wettbewerbswidriger Verhaltensweisen relevant sei, hätte er bei der Bestimmung der anzuwendenden Abschreckungsfaktoren berücksichtigt werden müssen. Außerdem habe die Anwendung der Abschreckungsfaktoren erheblich stärkere Auswirkungen gehabt als eine Berücksichtigung des geringen Marktanteils der Klägerinnen. 348    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerinnen für unbegründet. b)     Würdigung durch das Gericht 349    Nach Randnr. 491 der angefochtenen Entscheidung hat es die Kommission als erforderlich angesehen, bei den Unternehmen einen Abschreckungsfaktor anzuwenden, die einen besonders hohen Gesamtumsatz aufweisen. Gestützt auf den weltweiten Gesamtumsatz der betreffenden Unternehmen, hat die Kommission u. a. Abschreckungsfaktoren von 1,25 bei ABB und von 2,5 bei Hitachi angewandt. 350    Die Klägerinnen rügen, dass diese Berechnung weder die Wirtschaftskraft von ABB auf dem weltweiten und dem europäischen Markt für GIS-Projekte noch die Tatsache widerspiegle, dass ABB in der Vergangenheit wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG mit einer Sanktion belegt worden sei. Nach Randnr. 491 der angefochtenen Entscheidung sollten jedoch durch die Anwendung eines Abschreckungsfaktors nicht diese beiden Umstände berücksichtigt werden, sondern die Größenunterschiede der einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen. Die Berücksichtigung des letztgenannten Umstands entspricht sowohl Nr. 1 Buchst. a der Leitlinien als auch der Rechtsprechung, wonach die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße u. a. die Größe und die Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens berücksichtigen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 119 bis 121). 351    Die Verhältnismäßigkeit der bei ABB und Hitachi angewandten Abschreckungsfaktoren in Bezug auf ihre jeweilige Größe lässt sich leicht anhand einer Grafik überprüfen, die sämtliche angewandten Abschreckungsfaktoren in Beziehung zu den jeweiligen Gesamtumsätzen der betreffenden Unternehmen setzt. Auf dieser Grafik befinden sich die Multiplikatoren sämtlicher Unternehmen, ausgenommen Siemens, auf einer Geraden. Das bedeutet, dass der bei Hitachi angewandte Abschreckungsfaktor zu dem bei ABB angewandten proportional ist und daher Hitachi im Verhältnis zu ABB nicht ungleich behandelt wurde. 352    Was im Übrigen die sonstigen Umstände anbelangt, auf die sich die Klägerinnen berufen, ist darauf hinzuweisen, dass die Wirtschaftskraft von ABB auf dem Markt für GIS-Projekte zwar einen relevanten Umstand darstellt, da sie ein unmittelbarer Indikator dafür ist, in welchem Umfang dieses Unternehmen den Wettbewerb beeinträchtigen kann. Im vorliegenden Fall wurde dieser Umstand jedoch bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags berücksichtigt, da ABB gemeinsam mit Siemens aufgrund ihres Anteils an den gesamten weltweiten Verkäufen zur ersten Gruppe gezählt wurde. Der Ausgangsbetrag bei ABB war daher fünfmal höher als der bei Hitachi und bei JAEPS. 353    Was die Wiederholungstäterschaft anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Abschreckung ein Ziel der Geldbuße und die Notwendigkeit, sie zu gewährleisten, ein allgemeines Erfordernis ist, von dem sich die Kommission bei der gesamten Berechnung der Geldbuße leiten lassen muss; sie bedeutet nicht zwingend, dass die Berechnung einen speziellen Abschnitt umfasst, in dem alle für die Verwirklichung dieses Zwecks relevanten Umstände einer Gesamtbeurteilung unterzogen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 226). Die Kommission konnte diesen Umstand daher, ohne einen Fehler zu begehen, im Rahmen der Beurteilung der erschwerenden Umstände und nicht bei der Festlegung der Abschreckungsfaktoren berücksichtigen. In Randnr. 510 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission daher die Geldbuße von ABB nach Nr. 2 der Leitlinien um 50 % erhöht, während für die Klägerinnen eine Erhöhung aus diesem Grund nicht vorgesehen wurde. 354    Nach alledem ist der fünfte Klagegrund ebenso wie der erste Hilfsantrag der Klägerinnen auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerinnen betrifft, zurückzuweisen. 355    Da die Klägerinnen ihren zweiten Hilfsantrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen auf keinen selbständigen Klagegrund gestützt haben, ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 356    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die Klägerinnen tragen die Kosten. Pelikánová Jürimäe Soldevila Fragoso Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juli 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits A –  Klägerinnen B –  Betroffene Erzeugnisse C –  Verwaltungsverfahren D –  Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung A –  Zum Hauptantrag: Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerinnen betrifft 1.  Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen durch die Kommission a)  Vorbringen der Parteien b)  Würdigung durch das Gericht –  Zum ersten Teil: Nichtübermittlung belastender Beweismittel –  Zum zweiten Teil: Nichtübermittlung entlastender Beweismittel 2.  Zum zweiten Klagegrund: Fehlender Nachweis des Bestehens der Übereinkunft oder der daraus resultierenden Zuwiderhandlung a)  Zum ersten Teil: Kein Nachweis der Übereinkunft durch die Kommission Zum GQ-Abkommen und zum EQ-Abkommen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zu den Erklärungen von ABB –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zu den Aussagen der Mitarbeiter sowie eines ehemaligen Mitarbeiters von ABB –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zu den Angaben von Fuji –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Vorschlag von Alstom vom 10. Juli 2002 –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Standpunkt der übrigen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Melde- und Anrechnungsmechanismus –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zur Zuteilung von GIS-Projekten im EWR –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Gesamtbeurteilung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht b)  Zum zweiten Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Übereinkunft eine beschränkende Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise gewesen sei Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3.  Zum dritten Klagegrund: Die Kommission habe das Vorliegen einer einheitlichen, dauernden Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen a)  Zum ersten Teil: Die Kommission habe das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung, die die Übereinkunft, das weltweite Kartell nach dem GQ-Abkommen und die Kartellaktivitäten der europäischen Hersteller innerhalb des EWR umfasst habe, nicht nachgewiesen Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht b)  Zum zweiten Teil: Fehlender Nachweis des Dauercharakters des Kartells durch die Kommission Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht B –  Zum ersten Hilfsantrag: Aufhebung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerinnen betrifft 1.  Zum vierten Klagegrund: Fehler der Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße a)  Zum ersten Teil: Fehler bei der Bewertung der relativen Bedeutung der vom einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht b)  Zum zweiten Teil: Fehler bei der Anwendung der Kronzeugenregelung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht c)  Zum dritten Teil: Fehler bei der Beurteilung von Umständen, die die Dauer der Zuwiderhandlung betreffen Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zum fünften Klagegrund: Berechnung der Geldbußen der Klägerinnen nach einer Methode, die gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstößt a)  Vorbringen der Parteien b)  Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Sechste erweiterte Kammer) vom 14. Juli 2011.#Total SA und Elf Aquitaine SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Wasserstoffperoxid und Natriumperborat - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Verteidigungsrechte - Unschuldsvermutung - Begründungspflicht - Gleichbehandlung - Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen - Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Rechtssicherheit - Ermessensmissbrauch - Geldbußen.#Rechtssache T-190/06.
62006TJ0190
ECLI:EU:T:2011:378
2011-07-14T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-05513
Rechtssache T‑190/06 Total SA und Elf Aquitaine SA gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Wasserstoffperoxid und Natriumperborat – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Unschuldsvermutung – Begründungspflicht – Gleichbehandlung – Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen – Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Rechtssicherheit – Ermessensmissbrauch – Geldbußen“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien (Art. 81 EG und 82 EG) 2.      Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien (Art. 81 EG und 82 EG) 3.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte – Umfang (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 27) 4.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – An mehrere Adressaten gerichtete Entscheidung (Art. 81 EG, 82 EG und 253 EG) 5.      Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Mildernde Umstände – Zurechnung der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an das aus dieser und ihrer Muttergesellschaft bestehende einheitliche Unternehmen – Unkenntnis der Muttergesellschaft von der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft – Ausschluss (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23) 7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Mildernde Umstände – Verpflichtung, die bereits wegen anderer wettbewerbswidriger Tätigkeiten verhängten Geldbußen anzurechnen – Fehlen (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 1.      Einer Muttergesellschaft kann das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden. Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden; demnach kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre. In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt der Nachweis durch die Kommission, dass die Muttergesellschaft das gesamte Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt. Die Besitzverhältnisse am Kapital einer Tochtergesellschaft sind ein hinreichendes Kriterium für die genannte Vermutung, ohne dass die Kommission zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft beibringen müsste. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass solche zusätzlichen Indizien in anderen Rechtssachen festgestellt wurden. Die Anwendung der in Rede stehenden Vermutung hängt nämlich nicht davon ab, dass solche Indizien vorliegen. Auch ist nicht erforderlich, dass die Kommission insoweit beweist, dass die Muttergesellschaft zur maßgebenden Zeit Kenntnis von der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft hatte. War die Kommission im Hinblick auf alle Adressaten einer Entscheidung, mit der sie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt hat, der Ansicht, dass einer Muttergesellschaft, die das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft kontrolliert, mangels Darlegung, die die insoweit bestehende Vermutung widerlegt, die Verantwortlichkeit zugerechnet werden kann und wurden zusätzliche Indizien für einen Einfluss, den eine Reihe betroffener Gesellschaften auf ihre Tochtergesellschaften ausübten, soweit es solche gab, angeführt, um die Schlussfolgerung, die sich bereits aus der vollständigen Kontrolle über das Kapital der Tochtergesellschaft ergab, zu bekräftigen oder um auf das Vorbringen der betroffenen Unternehmen einzugehen, kann der Umstand, dass, sich die Kommission in Bezug auf bestimmte Adressaten der Entscheidung über die Vermutung hinaus auf bestimmte zusätzliche Indizien für den von Muttergesellschaften ausgeübten bestimmenden Einfluss berief, nicht bedeuten, dass die angewandten Grundsätze nicht für alle Adressaten dieselben waren und dass der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wäre. (vgl. Randnrn. 35-38, 49-50, 190, 196) 2.      Stützt sich die Kommission auf die Vermutung eines bestimmenden Einflusses, um eine Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zuzurechnen, hat diese Muttergesellschaft Beweise vorzulegen, die für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. Insoweit sind sämtliche im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen der Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte, die von Fall zu Fall variieren können, zu berücksichtigen. Diese Bewertung ist jedoch nicht nur auf die Faktoren zu beschränken, die sich auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne, wie die Vertriebs- oder Preisstrategie, beziehen. Insbesondere kann die fragliche Vermutung nicht allein dadurch widerlegt werden, dass dargetan wird, dass das Tochterunternehmen diese spezifischen Aspekte seiner Geschäftspolitik selbst in der Hand hat, ohne insoweit Weisungen zu erhalten. Ferner stellt zwar die Überschneidung bei Führungskräften zwischen der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft ein Indiz für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses dar, doch kann das Fehlen einer solchen Überschneidung nicht ein hinreichendes Indiz für die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft sein. Allein der Umstand, dass eine Gesellschaft eine Holding ist, die nicht operativ tätig ist, reicht nicht aus, um auszuschließen, dass sie vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Unternehmensgruppe einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft genommen hätte. Im Kontext einer Unternehmensgruppe ist eine Holding nämlich eine Gesellschaft, die vor allem die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll. Außerdem reicht die Aufgabenverteilung, die in einer Unternehmensgruppe ein normales Phänomen darstellt, nicht aus, um die Vermutung zu widerlegen, dass die Muttergesellschaften und ihre Tochtergesellschaften ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass eine Tochtergesellschaft auf dem Markt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, nicht aber für ihre Muttergesellschaft tätig wird. Keine Schlussfolgerung kann auch daraus gezogen werden, dass eine Muttergesellschaft zu keiner Zeit gemeinsame Kunden mit ihrer Tochtergesellschaft hatte, dass sie auf den Märkten der Tochtergesellschaft und den verbundenen Märkten nicht tätig war, dass die Tätigkeit, die sich auf die betreffenden Produkte bezog, nur einen sehr geringen Teil des Gesamtumsatzes der Muttergesellschaft darstellt und dass diese Produkte nur einige der zahlreichen Produkte aus dem Geschäftsbereich der Tochtergesellschaft sind. Da sich im Übrigen die Eigenständigkeit einer Tochtergesellschaft nicht nur nach den Aspekten der operativen Führung des Unternehmens beurteilt, kann der Umstand, dass diese Tochtergesellschaft zugunsten ihrer Muttergesellschaft nie eine spezifische Informationspolitik auf einem betreffenden Markt verfolgte, nicht als Beweis ihrer Eigenständigkeit ausreichen. Auch dass ein Unternehmen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren nicht als eine einzige Partei auftritt, lässt nicht den Schluss zu, dass die betroffene Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft oder ihren Muttergesellschaften eigenständig ist. Zudem ist die Kommission nicht aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft berechtigt, der Ersteren eine Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft gegen die Wettbewerbsregeln zuzurechnen, sondern weil die Gesellschaften ein Unternehmen bilden. Eine solche Zurechnung kann somit nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil eine Muttergesellschaft von ihrer Tochtergesellschaft nicht informiert wurde und von dem Bestehen eines Kartells erst im Anschluss an die von der Kommission durchgeführten Nachprüfungen der Geschäftsräume der Tochtergesellschaft erfuhr. Schließlich kann das Bild eines Unternehmens in der Wahrnehmung Dritter für sich genommen nicht als Nachweis genügen, dass eine Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft oder ihren Muttergesellschaften eigenständig ist. (vgl. Randnrn. 55-57, 65, 68, 71-73, 75-76, 78) 3.      Die Beachtung der Verteidigungsrechte verlangt insbesondere, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann. Insbesondere muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte eindeutig angeben, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, sie muss an diese Person gerichtet sein und angeben, in welcher Eigenschaft ihr die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden. Da somit die Gesellschaft, der gegenüber die fragliche Vermutung geltend gemacht wird, in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und bei der Anhörung durch den Anhörungsbeauftragten alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vorbringen kann, um diese Vermutung zu widerlegen, und die Kommission diese Gesichtspunkte berücksichtigen muss, um gegebenenfalls Beschwerdepunkte, die sich als unbegründet erweisen, fallen zu lassen, ist der Grundsatz der Waffengleichheit gewahrt. Außerdem ist die Kommission nicht verpflichtet, vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Untersuchungsmaßnahmen gegen ein Unternehmen zu ergreifen, wenn sie der Meinung ist, im Übrigen über Informationen zu verfügen, die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte rechtfertigen. Auch aus dem Verhaltenskodex der Kommission ergibt sich nicht, dass diese verpflichtet ist, vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Untersuchungsmaßnahmen an alle das betroffene Unternehmen bildende Rechtssubjekte zu richten. Beruft sich schließlich die Kommission auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf eine Tochtergesellschaft ausübt, wenn sie deren gesamtes oder nahezu gesamtes Kapital hält, um der Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin die Haftung für die Zahlung der gegen deren Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße zuzuweisen, kann nicht angenommen werden, dass die Kommission von vornherein davon ausgeht, dass diese Muttergesellschaft eine Zuwiderhandlung begangen hat, denn es steht dieser Muttergesellschaft frei, die oben genannte Vermutung, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgestellt worden war, durch den Nachweis der Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaft zu widerlegen. Die Erstellung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission kann keinesfalls als ein Beweis für die Vermutung der Verantwortlichkeit des betreffenden Unternehmens betrachtet werden. Andernfalls wäre die Einleitung jedes entsprechenden Verfahrens potenziell geeignet, den Grundsatz der Unschuldsvermutung zu verletzen. (vgl. Randnrn. 105-107, 118, 120, 125-127) 4.      Die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Betrifft eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG eine Mehrzahl von Adressaten und stellt sich die Frage, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, so muss die Entscheidung im Hinblick auf jeden der Adressaten, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen hinreichend begründet sein, denen in der Entscheidung die Zuwiderhandlung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung hinsichtlich einer Muttergesellschaft, die gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich gehalten wird, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dieser Gesellschaft die Zuwiderhandlung zuzurechnen. Jedenfalls muss die Kommission, wenn sie in ihrer Entscheidungspraxis eine Entscheidung erlässt, die erheblich weiter als die früheren Entscheidungen geht, ihren Gedankengang ausdrücklich darlegen. In einem solchen Fall reicht daher eine summarische Begründung, insbesondere eine solche unter Bezugnahme auf eine ständige Entscheidungspraxis, nicht aus. Stützt sich die Kommission ferner auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, und haben die betreffenden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte vorgebracht, mit denen diese Vermutung widerlegt werden sollte, so muss die Entscheidung eine hinreichende Darstellung der Gründe enthalten, die den Standpunkt der Kommission gerechtfertigt erscheinen lassen, dass diese Anhaltspunkte nicht ausreichend waren, um die genannte Vermutung zu widerlegen. Da die Kommission jedoch nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, kann ihr nicht vorgeworfen werden, wenn sie nicht jedes einzelne von einem Unternehmen vorgetragene Argument präzise beantwortet. Eine knappe Begründung kann im Übrigen dadurch gerechtfertigt sein, dass das Vorbringen der betreffenden Muttergesellschaft aus bloßen Behauptungen besteht und nicht durch konkrete Beweise bezüglich der Bindungen untermauert ist, die zwischen den betreffenden Mutter- und Tochtergesellschaften während des Zeitraums der Zuwiderhandlung bestanden. (vgl. Randnrn. 130-131, 137, 148-149, 153-154) 5.      Der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Ferner ist in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. Verstößt eine solche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen. Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union muss jedoch eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können. Ist daher eine solche Zuwiderhandlung bewiesen, ist die natürliche oder juristische Person zu ermitteln, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden kann. Im Übrigen steht die Praxis der Kommission, eine Gesellschaft gesamtschuldnerisch für die Zahlung eines Teils der gegen eine andere Gesellschaft verhängten Geldbuße haftbar zu machen, wenn das wettbewerbswidrige Verhalten der Letzteren der Ersteren zugerechnet werden kann, mit Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang. In diesem Fall wird der betreffenden Gesellschaft eine Geldbuße wegen einer Zuwiderhandlung auferlegt, die ihr aufgrund dieser Zurechnung selbst zur Last gelegt wird. Dass eine Entscheidung der Kommission verschiedene juristische Personen bezeichnet, die für die Zahlung der Geldbuße gesamtschuldnerisch haftbar sind, ist infolgedessen mit dem Unternehmensbegriff nicht unvereinbar. Es handelt sich vielmehr um eine zutreffende Anwendung dieses Begriffs, da erwiesen ist, dass das betreffende Unternehmen rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. Auch kann ein Verstoß gegen den Unternehmensbegriff nicht allein darin gesehen werden, dass die verschiedenen juristischen Personen für die Zahlung unterschiedlich hoher Geldbußen haftbar sind. Die Feststellung nämlich, dass mehrere juristische Personen ein Unternehmen bilden, das für die Begehung der Zuwiderhandlung verantwortlich ist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihnen alle für die Berechnung der Geldbuße relevanten Faktoren in gleicher Weise zugerechnet werden können, vor allem wenn sich in rechtlicher Hinsicht die Zusammensetzung des betreffenden Unternehmens im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. (vgl. Randnrn. 162-166) 6.      Wird einer Muttergesellschaft eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zugerechnet, weil sie zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft ein Unternehmen bildet, nicht aber, weil sie unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt war, ist der Umstand, dass ihr das Kartell nicht bekannt war, ohne Einfluss auf diese Zurechnung. Da insoweit eine solche Muttergesellschaft nicht vorträgt, dass ihre Tochtergesellschaft, die an der Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligt war, keine Kenntnis von dem Gesamtplan wettbewerbswidriger Absprachen hatte, ist die Unkenntnis der Muttergesellschaft von dem Kartell kein Indiz dafür, dass die Schwere der Zuwiderhandlung des Unternehmens, das sie zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft bildet, geringer ist, und kann somit eine Herabsetzung der Geldbuße nicht rechtfertigen. (vgl. Randnrn. 217-218) 7.      Stellt die Kommission fest, dass ein Unternehmen mehrere verschiedene Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 Abs. 1 EG begangen hat, weil es an mehreren unterschiedlichen Kartellen im selben Zeitraum beteiligt war, steht es ihr frei, verschiedene Geldbußen gegen dieses Unternehmen in den von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgegebenen Grenzen zu verhängen. Jede dieser Geldbußen muss notwendigerweise auf einer Beurteilung der Dauer und der besonderen Schwere der geahndeten Zuwiderhandlung beruhen. Die Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen wegen verschiedener wettbewerbswidriger Tätigkeiten, die sich auf andere Produkte bezogen, ändert jedoch nichts daran, dass die Kommission eine besondere Zuwiderhandlung festgestellt hat; in Anbetracht des Abschreckungszwecks der Geldbußen kann allein der Umstand, dass ein Unternehmen unlängst wegen Zuwiderhandlungen, die zum Teil gleichzeitig begangen wurden, zu weiteren Geldbußen verurteilt wurde, eine Ermäßigung der von der Kommission wegen der betreffenden Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße nicht rechtfertigen. (vgl. Randnrn. 246-247) URTEIL DES GERICHTS (Sechste erweiterte Kammer) 14. Juli 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Wasserstoffperoxid und Natriumperborat − Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird − Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung − Verteidigungsrechte – Unschuldsvermutung – Begründungspflicht – Gleichbehandlung – Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen – Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Rechtssicherheit – Ermessensmissbrauch – Geldbußen“ In der Rechtssache T‑190/06 Total SA mit Sitz in Courbevoie (Frankreich), Elf Aquitaine SA mit Sitz in Courbevoie, Prozessbevollmächtigte: É. Morgan de Rivery, A. Noël-Baron und E. Lagathu, avocats, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch F. Arbault und O. Beynet, dann durch V. Bottka, P. J. Van Nuffel und B. Gencarelli als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 1766 endg. der Kommission vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR‑Abkommen (Sache COMP/F/38.620 – Wasserstoffperoxid und Perborat), hilfsweise, Abänderung des Art. 2 Buchst. i der genannten Entscheidung, erlässt DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer) unter Mitwirkung der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, M. Prek, A. Dittrich, L. Truchot und K. O’Higgins, Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2010 folgendes Urteil Sachverhalt 1        Die Klägerinnen, die Total SA und die Elf Aquitaine SA, sind Gesellschaften französischen Rechts und Muttergesellschaften der Unternehmensgruppe, zu der die Arkema France SA (vormals Atofina SA, im Folgenden: Arkema) gehörte, die zur Zeit des Sachverhalts u. a. Wasserstoffperoxid (im Folgenden: HP) und Natriumperborat (im Folgenden: PBS) vertrieb. 2        In der Zeit zwischen dem Beginn der Zuwiderhandlung und April 2000 war Elf Aquitaine mit einem Anteil von 97,5 % Hauptaktionärin von Arkema. Seit April 2000 wurde Arkema zu 96,48 % von Elf Aquitaine gehalten, die selbst zu 99,43 % von Total gehalten wurde. 3        Im November 2002 teilte die Degussa AG der Kommission der Europäischen Gemeinschaften das Bestehen eines Kartells auf dem HP- und dem PBS-Markt mit und beantragte die Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit). 4        Degussa legte der Kommission konkrete Beweise vor, aufgrund deren diese am 25. und 26. März 2003 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen von drei Unternehmen, darunter denen von Arkema, durchführen konnte. 5        Im Anschluss an diese Nachprüfungen beantragten mehrere Unternehmen, u. a. die EKA Chemicals AB, Arkema und die Solvay SA, die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und übermittelten der Kommission Beweise für das fragliche Kartell. 6        Am 26. Januar 2005 übersandte die Kommission den Klägerinnen und den anderen betroffenen Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 7        Nach Anhörung der betroffenen Unternehmen am 28. und 29. Juni 2005 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 1766 endg. vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen Akzo Nobel NV, Akzo Nobel Chemicals Holding AB, EKA Chemicals, Degussa, Edison SpA, FMC Corp., FMC Foret SA, Kemira Oyj, L’Air liquide SA, Chemoxal SA, SNIA SpA, Caffaro Srl, Solvay SA, Solvay Solexis SpA, die Klägerinnen und Arkema (Sache COMP/F/38.620 – Wasserstoffperoxid und Perborat) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 13. Dezember 2006 (ABl. L 353, S. 54) veröffentlicht wurde. Die Entscheidung wurde den Klägerinnen mit Schreiben vom 8. Mai 2006 bekannt gegeben. Angefochtene Entscheidung 8        Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung aus, dass deren Adressaten in Bezug auf HP und das nachgelagerte PBS an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) teilgenommen hätten (zweiter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9        Die festgestellte Zuwiderhandlung umfasste vor allem den Austausch geschäftlich wichtiger und vertraulicher Markt- und/oder Unternehmensinformationen durch die Wettbewerber, die Einschränkung und Kontrolle der Produktion und der potenziellen und vorhandenen Produktionskapazitäten, die Aufteilung der Marktanteile und der Kunden sowie die Festsetzung und Überwachung der Einhaltung von Zielpreisen. 10      Die Klägerinnen und Arkema wurden für die Zuwiderhandlung „gesamtschuldnerisch“ verantwortlich gemacht (441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 11      Zur Berechnung der Höhe der Geldbußen wandte die Kommission das Verfahren an, das in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), festgelegt ist. 12      Die Kommission setzte die Grundbeträge der Geldbußen nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes fest (452. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), wobei dieser als sehr schwer eingestuft wurde (457. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 13      Aufgrund einer differenzierten Behandlung wurden die Klägerinnen und Arkema der dritten Gruppe zugeordnet, was einem Ausgangsbetrag von 20 Mio. Euro entspricht (Erwägungsgründe 460 bis 462 der angefochtenen Entscheidung). 14      Um eine hinreichend abschreckende Wirkung sicherzustellen, wurde in Anbetracht des bedeutenden Umsatzes der Klägerinnen auf diesen Ausgangsbetrag ein Multiplikator von 3 angewandt (463. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 15      Da Arkema und Elf Aquitaine nach Auffassung der Kommission vom 12. Mai 1995 bis 31. Dezember 2000, d. h. während eines Zeitraums von fünf Jahren und sieben Monaten, an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, wurde der Betrag der auf sie entfallenden Geldbuße um 55 % nach Maßgabe der Dauer erhöht (467. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese Erhöhung erfolgte nicht bei der Geldbuße, die auf Total entfiel, deren Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 30. April bis zum 31. Dezember 2000 festgestellt wurde (468. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 16      Da in Bezug auf die Zuwiderhandlungen, die in ihrer Entscheidung 85/74/EWG vom 23. November 1984 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/30.907 – Peroxyd-Produkte) (ABl. 1985, L 35, S. 1) und ihrer Entscheidung 94/599/EG vom 27. Juli 1994 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EG-Vertrags (IV/31.865 – PVC) (ABl. L 239, S. 14) festgestellt worden waren, ein Wiederholungsfall vorlag, berücksichtigte die Kommission bei Arkema einen erschwerenden Umstand. Sie erhöhte daher den Grundbetrag der auf Arkema entfallenden Geldbuße um 50 % des Grundbetrags, der auf sie angewandt worden wäre, wenn die Klägerinnen, die Muttergesellschaften der Unternehmensgruppe, nicht Adressaten der angefochtenen Entscheidung gewesen wären (Erwägungsgründe 469 bis 471 und Fn. 409 der angefochtenen Entscheidung). 17      Die Kommission war der Ansicht, dass Arkema das zweite Unternehmen gewesen sei, das die Voraussetzungen unter Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt habe, und gewährte ihr daher eine Ermäßigung der Geldbuße von 30 %, wobei diese Ermäßigung auf den Gesamtbetrag der gegen Arkema und die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße angewandt wurde (Erwägungsgründe 509 bis 514 und 529 der angefochtenen Entscheidung). 18      Art. 1 Buchst. o bis q der angefochtenen Entscheidung bestimmt, dass die drei Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG sowie gegen Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben, indem sie sich an der betreffenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, und zwar Total vom 30. April bis zum 31. Dezember 2000 sowie Arkema und Elf Aquitaine vom 12. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 2000. 19      Art. 2 Buchst. i der angefochtenen Entscheidung verhängt gegen Arkema eine Geldbuße von 78,663 Mio. Euro, für die Total und Elf Aquitaine in Höhe von 42 Mio. Euro bzw. 65,1 Mio. Euro gesamtschuldnerisch haften. Verfahren und Anträge der Parteien 20      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 19. Juli 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 21      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, und nach Anhörung der Parteien ist die vorliegende Rechtssache der Sechsten erweiterten Kammer zugewiesen worden. 22      Da zwei Mitglieder der erweiterten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert waren, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts zwei andere Richter bestimmt, durch die die Kammer ergänzt wird. 23      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen des Gerichts vom 28. April 2010 hat die Kommission mit Schreiben vom 4. Mai 2010 bestimmte Teile der Verwaltungsakte vorgelegt, auf die sich die Klägerinnen in ihrer Klageschrift berufen haben. 24      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. September 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 25      Die Klägerinnen beantragen, –        Art. 1 Buchst. o und p, Art. 2 Buchst. i sowie die Art. 3 und 4 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären; –        hilfsweise, Art. 2 Buchst. i der angefochtenen Entscheidung abzuändern, soweit die Kommission dort gegen die Klägerinnen gesamtschuldnerisch mit Arkema eine Geldbuße verhängt, und den Betrag dieser Geldbuße herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 26      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 27      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung auf zehn Klagegründe: erstens auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte, zweitens auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, drittens auf einen Verstoß gegen die Einheitlichkeit des Unternehmensbegriffs, viertens auf einen Verstoß gegen die Regeln für die Zurechenbarkeit von Zuwiderhandlungen der Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften, fünftens auf Beurteilungsfehler in Bezug auf Total, sechstens auf einen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze, die von allen Mitgliedstaaten anerkannt werden und Bestandteil der Unionsrechtsordnung sind, siebtens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, achtens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, neuntens auf einen Verstoß gegen bestimmte tragende Grundsätze für die Festsetzung der Geldbußen und zehntens auf einen Ermessensmissbrauch. 28      Hilfsweise begehren die Klägerinnen mit dem elften Klagegrund die Herabsetzung der gemäß Art. 2 Buchst. i der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbuße. 29      Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst die Argumentation im Rahmen des vierten Klagegrundes zu prüfen. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Regeln für die Zurechenbarkeit von Zuwiderhandlungen der Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften 30      Der vierte Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Zunächst ist der zweite Teil dieses Klagegrundes zu prüfen. Zum zweiten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die Auslegung der Rechtsprechung zur Zurechenbarkeit und in Bezug auf die Beachtung der Entscheidungspraxis seitens der Kommission –       Vorbemerkungen 31      Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 32      Wie der Gerichtshof klargestellt hat, ist in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 33      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34       Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an diese gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 35      Nach ständiger Rechtsprechung kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36      Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im oben genannten Sinne bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 59). 37      Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung besteht, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 38      Der Gerichtshof hat daher klargestellt, dass unter diesen Umständen der Nachweis durch die Kommission genügt, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dessen Sache es ist, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 39      Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts ihre Grundsätze für die Feststellung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst. 40      Sie wies darauf hin, dass eine Muttergesellschaft für verantwortlich für das rechtswidrige Verhalten eines Tochterunternehmens gehalten werden müsse, sofern dieses sein Marktverhalten nicht autonom bestimme, sondern im Wesentlichen die Weisungen ausgeführt habe, die ihm von der Muttergesellschaft auferlegt worden seien. Sie habe vor allem vermuten können, dass ein 100%iges Tochterunternehmen im Wesentlichen die ihm von der Muttergesellschaft gegebenen Weisungen ausführe; diese könne die Vermutung durch den Gegenbeweis entkräften (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 41      In Bezug auf die Verantwortlichkeit von Elf Aquitaine stellte die Kommission fest, dass diese 98 % des Kapitals von Arkema gehalten habe und stets die Mitglieder deren Verwaltungsrats ernannt habe. Sie vermutete daher, dass Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt habe (427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 42      In Bezug auf Total wies die Kommission darauf hin, dass Total im April 2000 die Kontrolle über 99,43 % des Kapitals von Elf Aquitaine erworben habe, dass Total unmittelbar oder mittelbar das Kapital der Konzerngesellschaften, die bei den Zuwiderhandlungen eine unmittelbare Rolle gespielt hätten, kontrolliert habe und dass die Kommission daher die Ausübung eines bestimmenden Einflusses von Total auf das Verhalten von Elf Aquitaine und Arkema, ihren Tochtergesellschaften, vermutet habe (Erwägungsgründe 428 und 429 der angefochtenen Entscheidung). 43      In den Erwägungsgründen 430 bis 432 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission dar, mit welchen Argumenten sich die Klägerinnen gegen die Zurechnung der fraglichen Zuwiderhandlung gewandt hatten; sie prüfte die Argumente in den Erwägungsgründen 433 bis 440 der angefochtenen Entscheidung. 44      Im 441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bekräftigte die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass Arkema und die Klägerinnen ein einheitliches Unternehmen gebildet hätten, und bejahte deren Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung, wobei klargestellt wurde, dass Total für die Zuwiderhandlung erst ab dem Zeitpunkt hafte, zu dem sie die Kontrolle über das Kapital von Elf Aquitaine erworben habe, also für den Zeitraum vom 30. April bis 31. Dezember 2000. 45      Die Klägerinnen widersprechen dieser Beurteilung und erheben im Wesentlichen zwei Rügen, die zum einen die Geltung der in Rede stehenden Vermutung und zum anderen die Zurückweisung der Beweismittel betreffen, die zum Nachweis der Eigenständigkeit von Arkema beigebracht wurden. –       Zur Geltung der in Rede stehenden Vermutung 46      Die Klägerinnen machen erstens geltend, die Kommission verkenne die Rechtsprechung und ihre eigene Entscheidungspraxis in diesem Bereich, wenn sie den Klägerinnen das Verhalten von Arkema allein aufgrund der Vermutung zurechne, die an ihre nahezu vollständige Kontrolle über das Kapital von Arkema gebunden sei. 47      Es ist festzustellen, dass die Methode, die die Kommission anwandte, um den Klägerinnen die streitige Zuwiderhandlung zuzurechnen, mit der oben in den Randnrn. 31 bis 38 angeführten Rechtsprechung im Einklang steht, soweit sie auf die fragliche Vermutung gestützt wird. 48      Zum einen wurde diese Zurechnung, anders als es die Klägerinnen nahezulegen scheinen, nicht allein auf die Struktur des Kapitalbesitzes gestützt, sondern auch auf die Feststellung, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses auf ihre Tochtergesellschaften nicht widerlegt worden war (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 437 und 441 der angefochtenen Entscheidung). 49      Zum anderen ergibt sich aus der genannten Rechtsprechung (siehe insbesondere oben, Randnrn. 37 und 38), dass die Besitzverhältnisse am Kapital einer Tochtergesellschaft ein hinreichendes Kriterium für die genannte Vermutung sind, ohne dass die Kommission zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft beibringen müsste, wie die Klägerinnen es verlangen. 50      Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass solche zusätzlichen Indizien in der Rechtssache festgestellt wurden, in der das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Randnrn. 13 und 54), ergangen ist. Sowohl aus dem Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (Randnrn. 61 und 62), als auch aus dem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt (Randnrn. 61 und 62), ergibt sich nämlich eindeutig, dass die Anwendung der in Rede stehenden Vermutung nicht davon abhängt, dass solche Indizien vorliegen. Auch ist nicht erforderlich, dass die Kommission insoweit beweist, dass die Muttergesellschaft zur maßgebenden Zeit Kenntnis von der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft hatte. 51      Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die oben genannte Rechtsprechung speziell den besonderen Fall betrifft, in dem eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft besitzt (Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 60). Im vorliegenden Fall jedoch besaßen die Klägerinnen nicht das gesamte Kapital der betroffenen Tochtergesellschaft (siehe oben, Randnr. 2). 52      Die Klägerinnen haben jedoch nichts vorgetragen, das sich darauf stützen würde, dass ihre Beteiligungen nicht 100 % erreichten. Ihre Ausführungen zu der Frage, ob die Kommission auf die fragliche Vermutung zurückgreifen kann, beziehen sich unterschiedslos darauf, dass „100 % oder nahezu“ 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft gehalten werden, und bestätigen damit, dass sie keine Einwände gegen die Anwendung derselben Beweislastregelung in beiden Fällen erheben. 53      Selbst wenn schließlich, wie die Klägerinnen behaupten, die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bei der Zurechnung der kartellrechtlichen Verantwortlichkeit zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft angeführt hätte, hätte dieser Umstand allein nicht die Gültigkeit der vorliegend angewandten Zurechnungsmethode in Frage stellen können. 54      Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen. –       Zum Indizienbündel, das die Klägerinnen zum Nachweis dafür vorgelegt haben, dass Arkema auf dem Markt eigenständig aufgetreten sei 55      Nach der oben in Randnr. 38 angeführten Rechtsprechung hat die Muttergesellschaft, um die fragliche Vermutung zu widerlegen, Beweise vorzulegen, die für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. 56      Insoweit sind sämtliche im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen der Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte, die von Fall zu Fall variieren können, zu berücksichtigen (Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 61 und 74). 57      Diese Bewertung ist jedoch nicht nur auf die Faktoren zu beschränken, die sich auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne, wie die Vertriebs- oder Preisstrategie, beziehen. Insbesondere kann die fragliche Vermutung nicht allein dadurch widerlegt werden, dass dargetan wird, dass das Tochterunternehmen diese spezifischen Aspekte seiner Geschäftspolitik selbst in der Hand hat, ohne insoweit Weisungen zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 65 und 75). 58      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass sich die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren auf die Eigenständigkeit von Arkema beriefen, indem sie u. a. darlegten, dass ihre Unternehmensgruppe durch eine dezentrale Verwaltung der Tochtergesellschaften gekennzeichnet gewesen sei, dass Arkema die strategische Ausrichtung ihrer Tätigkeiten autonom bestimmt habe, dass die Leitung der Markttätigkeit nicht von Weisungen der Muttergesellschaften abhängig gewesen sei, dass sie den Muttergesellschaften gegenüber nur allgemein rechenschaftspflichtig gewesen sei, dass sie finanziell unabhängig und befugt gewesen sei, ohne vorherige Zustimmung der Klägerinnen Verträge zu schließen, und dass sie ihre rechtliche Strategie autonom bestimmt habe. Die Eigenständigkeit von Arkema finde im Übrigen in der Wahrnehmung Dritter ihre Bestätigung. 59      Zur Begründung ihrer Ausführungen beschränkten sich die Klägerinnen auf die Vorlage von drei Broschüren mit dem Titel „Marchés et métiers“ (Märkte und Tätigkeitsfelder) jeweils für die Jahre 1995, 2000 und 2003, die von Arkema und einer der Klägerinnen, Elf Aquitaine, stammten. Unabhängig von der Frage jedoch, welcher Beweiswert diesen Dokumenten zukommt, ist festzustellen, dass sie nur einige lückenhafte Informationen über die Beziehungen zwischen den Klägerinnen und ihrer Tochtergesellschaft enthalten. So könnten die Dokumente allenfalls bestätigen, dass Arkema eine dezentralisierte Einheit – den „Geschäftszweig Chemie“ – innerhalb der Unternehmensgruppe darstellte, dass sie 2006 zu einer unabhängigen Einheit werden sollte und dass sie eine große Zahl von Erzeugnissen in unterschiedlichen Bereichen herstellte. Mit Ausnahme der Broschüre „Marchés et métiers“ für das Jahr 2000 betreffen die Dokumente Jahre, die nicht in den Zeitraum der Zuwiderhandlung fallen. 60      In einer Fußnote ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nahmen die Klägerinnen ferner Bezug auf eine Reihe von Beweisen, die sich aus der Antwort von Arkema auf das Auskunftsverlangen der Kommission ergeben. 61      Die fraglichen Beweise, die im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen vom 4. Mai 2010 vorgelegt worden sind, enthalten ein Dokument „Pouvoirs internes et engagements de dépenses“ (Interne Befugnisse und Zahlungsverpflichtungen) und eine Liste der Führungskräfte der Konzerngesellschaften für die Jahre 1991 bis 2003. 62      Was das erste Dokument betrifft, ergibt sich aus der Antwort von Arkema auf das Auskunftsverlangen der Kommission, dass das Dokument die „seit 2001“ geltenden Regeln für die Berechtigung enthält, die Unternehmensgruppe zu verpflichten. Ausweislich dieses Dokuments griff der Exekutivausschuss von Total nur bei Entscheidungen der Tochtergesellschaften ein, die Investitionen von mehr als 10 Mio. Euro betrafen, und bewertete deren Risiko und deren Rentabilität. 63      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass das in Rede stehende Dokument insoweit, als es Regeln über die Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Unternehmensgruppe seit 2001 enthält, kein relevantes Indiz für die Beziehungen zwischen den betroffenen Gesellschaften während des Zeitraums der Zuwiderhandlung sein kann, der am 31. Dezember 2000 endete. 64      Zum anderen ergibt sich aus der Antwort der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass das genannte Dokument zur Begründung ihrer Auffassung herangezogen wird, dass die Klägerinnen zu keiner Zeit in die Geschäftsführung von Arkema bezüglich HP und PBS eingegriffen hätten, da ihr Eingriff auf die wichtigsten Investitionen der Tochtergesellschaft beschränkt gewesen sei. Die Autonomie der Tochtergesellschaft im Sinne der vorstehend in Randnr. 57 genannten Rechtsprechung kann aber keinesfalls durch den einfachen Nachweis dargetan werden, dass sie in Bezug auf spezifische Aspekte ihrer Absatzpolitik bezüglich der Erzeugnisse, die von der Zuwiderhandlung betroffen sind, eigenständig handelt. 65      Was das zweite Dokument betrifft, das eine Liste der Führungskräfte der betroffenen Konzerngesellschaften enthält, ist darauf hinzuweisen, dass zwar die Überschneidung bei Führungskräften zwischen der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft ein Indiz für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses darstellt, das Fehlen einer solchen Überschneidung aber kein hinreichendes Indiz für die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft sein kann. 66      Nach alledem war das Vorbringen der Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht durch konkrete Beweise für die Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaft untermauert und bestand daher im Wesentlichen aus bloßen Behauptungen, die offensichtlich kein hinreichendes Indizienbündel darstellen konnten, um die in Rede stehende Vermutung zu widerlegen. 67      Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das in Rede stehende Vorbringen nicht geeignet war, die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft der Klägerinnen darzutun. 68      Was erstens das Vorbringen der Klägerinnen angeht, bei Elf Aquitaine habe es sich nur um eine Holding gehandelt, die, vergleichbar mit einer bloßen „Finanzdirektion“, nicht operativ tätig gewesen sei, und dass sich an dieser Situation auch nach der Übernahme der Aktienmehrheit durch Total nichts geändert habe, ist festzustellen, dass, selbst wenn die Klägerinnen nur Holdings gewesen sein sollten, die nicht operativ tätig waren, dieser Umstand nicht ausreichen kann, um auszuschließen, dass die genannten Unternehmen vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Unternehmensgruppe einen bestimmenden Einfluss auf Arkema ausübten. Im Kontext einer Unternehmensgruppe nämlich ist eine Holding eine Gesellschaft, die vor allem die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 63). 69      Die Klägerinnen räumen jedoch selbst ein, dass Elf Aquitaine in die wichtigsten Entscheidungen, die sich auf der Ebene der gesamten Unternehmensgruppe auswirken konnten, eingriff und dass sie im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Tätigkeiten der verschiedenen Unternehmenszweige untereinander, die Tätigkeitsänderungen und den geografischen Standort der weltweiten Tätigkeiten eine sehr allgemeine Politik festlegte. Diese Darlegungen entkräften keineswegs die These von der Existenz einer aus den Klägerinnen und ihren Tochtergesellschaften gebildeten wirtschaftlichen Einheit, sondern bestätigen vielmehr, dass Elf Aquitaine als Leitungsinstanz fungierte und für die Koordinierung sorgte, wodurch das Marktverhalten von Arkema beeinflusst wurde. 70      Zweitens, soweit die Klägerinnen geltend machen, dass sie zur maßgebenden Zeit nie in die Bestimmung der Produktstrategie bezüglich eines bestimmten Erzeugnisses des „Geschäftszweigs Chemie“ eingegriffen hätten, ist darauf hinzuweisen, dass diese Darlegung nicht mit ausreichenden Beweisen untermauert ist. Bezüglich der Dimension der Unternehmensgruppe, der angeblichen Besonderheit des Geschäftsbereichs Chemie in einer Ölgesellschaft, der Größe von Arkema und der beträchtlichen Zahl von Erzeugnissen, die sie auf unterschiedlichen Märkten veräußerte, ist festzustellen, dass diese Gesichtspunkte als solche nicht beweisen können, dass die Klägerinnen zu keiner Zeit in die Definition der Unternehmensstrategie bezüglich eines der Erzeugnisse des „Geschäftszweigs Chemie“ eingegriffen hätten. 71      Drittens, soweit die Klägerinnen geltend machen, sie hätten niemals die Geschäftspolitik von Arkema bestimmt und hätten zu keiner Zeit in die Geschäftsführung ihrer Tochtergesellschaft bezüglich HP und PBS eingegriffen, ist festzustellen, dass in einer Unternehmensgruppe die Aufgabenverteilung ein normales Phänomen darstellt, das nicht ausreicht, um die Vermutung zu widerlegen, dass die Klägerinnen und Arkema ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. Das Gleiche gilt für das Vorbringen, Arkema sei auf dem Markt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, nicht aber für ihre Muttergesellschaften Total und Elf Aquitaine tätig geworden. 72      Keine Schlussfolgerung kann auch daraus gezogen werden, dass die Klägerinnen zu keiner Zeit gemeinsame Kunden mit ihrer Tochtergesellschaft hatten, dass sie auf den Märkten der Tochtergesellschaft und den verbundenen Märkten nicht tätig waren, dass die Tätigkeit, die sich auf die betreffenden Produkte bezog, nur einen sehr geringen Teil des Gesamtumsatzes der einzelnen Klägerin darstellte und dass diese Produkte nur einige der zahlreichen Produkte aus dem „Geschäftsbereich Chemie“ von Arkema waren. 73      Was viertens das Vorbringen der Klägerinnen angeht, es habe zwischen ihnen und Arkema, abgesehen von den gesetzlichen Informationspflichten auf dem Gebiet des Rechnungswesens und der Finanzaufsicht, kein Informations- und Berichtssystem gegeben, ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Tochtergesellschaft zugunsten ihrer Muttergesellschaft nie eine spezifische Informationspolitik auf dem betreffenden Markt verfolgte, nicht als Beweis ihrer Eigenständigkeit ausreichen kann, da sich die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft nicht nur nach den Aspekten der operativen Führung des Unternehmens beurteilt. 74      Fünftens machen die Klägerinnen zwar geltend, dass Arkema finanziell weitgehend unabhängig und befugt gewesen sei, ohne vorherige Zustimmung der Klägerinnen Verträge zu schließen, doch räumen sie auch ein, die größeren industriellen Investitions- und Anschaffungsvorhaben sowie die wichtigsten Verpflichtungen ihrer Tochtergesellschaft kontrolliert zu haben, was die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Tochtergesellschaft nicht eigenständig gewesen sei, nur bestätigen kann. 75      Sechstens gilt das Gleiche in Bezug auf den angeblichen Umstand, dass Arkema ihre rechtliche Strategie in dem vorliegenden Verfahren bereits im Stadium der Untersuchung autonom bestimmt habe, bei der mitzuhelfen sie sich entschlossen habe, ohne sich zuvor mit den Muttergesellschaften abzustimmen. Dass nämlich ein Unternehmen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren nicht als eine einzige Partei auftritt, lässt nicht den Schluss zu, dass die betroffene Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft oder ihren Muttergesellschaften eigenständig ist. 76      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft berechtigt ist, der Ersteren die in Rede stehende Zuwiderhandlung zuzurechnen, sondern weil die Gesellschaften ein Unternehmen bilden. Die Schlussfolgerung der Kommission kann somit nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil die Klägerinnen von Arkema nicht informiert wurden und von dem Bestehen des fraglichen Kartells erst im Anschluss an die von der Kommission durchgeführten Nachprüfungen der Geschäftsräume der Tochtergesellschaft erfuhren. 77      Siebtens wird das Vorbringen, die Eigenständigkeit von Arkema werde durch die Wahrnehmung bestätigt, die Dritte von ihr haben könnten, da es insbesondere keine gemeinsame Marke der betroffenen Gesellschaften gegeben habe und diese Gesellschaften sich in der Vorstellung der Lieferanten, der Kunden und der Verbraucher nicht miteinander vermischt hätten, nicht durch Beweismittel untermauert. 78      Die der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte als Anlage beigefügten Broschüren „Marchés et métiers“, die offensichtlich für Dritte bestimmt waren, bezeichnen Arkema zudem als ein Unternehmen, das im Chemiebereich tätig ist oder das den „Geschäftszweig Chemie“ der Unternehmensgruppen Total und Elf Aquitaine abdeckt. Dies widerspricht dem Vorbringen der Klägerinnen, wonach Arkema von Dritten als ein von seinen Muttergesellschaften vollständig getrennter Wirtschaftsteilnehmer wahrgenommen worden sei. Jedenfalls kann das Bild eines Unternehmens in der Wahrnehmung Dritter für sich genommen nicht genügen, um darzutun, dass eine Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft oder ihren Muttergesellschaften eigenständig ist. 79      Was achtens das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, wonach die Eigenständigkeit von Arkema durch die Entscheidung K(2003) 4570 der Kommission vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 − Organische Peroxide) bestätigt worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung insoweit keine Feststellung trifft, da sich die Kommission gegen eine Prüfung entschieden hatte, ob die Zuwiderhandlung einer Dachgesellschaft des Konzerns hätte zugerechnet werden müssen (siehe unten, Randnr. 212). 80      Neuntens ist zu dem erstmals vor dem Gericht von den Klägerinnen geltend gemachten Argument, Arkema habe sich am 18. Mai 2006 kapitalmäßig von den Klägerinnen getrennt, festzustellen, dass diese Trennung, die nach der Zuwiderhandlung und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung stattfand, kein relevantes Indiz für die Beurteilung der Bindungen zwischen den betreffenden Unternehmen während des Zeitraums der Zuwiderhandlung sein kann. 81      Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte auch als Ganzes gesehen nicht ausreichten, um die in Frage stehende Vermutung zu widerlegen. 82      In der mündlichen Verhandlung schließlich haben die Klägerinnen ausgeführt, die Kommission habe dadurch, dass sie die ihr vorgelegten Indizien zurückgewiesen habe, aus der in Rede stehenden Vermutung eine unwiderlegliche Vermutung gemacht. 83      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass im 374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Kommission auf die ständige Rechtsprechung verwies, wonach das Mutterunternehmen die betreffende Vermutung widerlegen kann, indem es Beweise vorlegt, die für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen eigenständig auftritt. Wie sich aus der vorstehenden Analyse ergibt, gelangte die Kommission vorliegend zu Recht zu dem Ergebnis, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte auch als Ganzes gesehen nicht ausreichten, um die in Frage stehende Vermutung zu widerlegen. Die Klägerinnen machen daher zu Unrecht eine vermeintliche Umwandlung der in Frage stehenden einfachen Vermutung in eine unwiderlegliche Vermutung geltend. 84      Folglich ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zum ersten Teil: Rechtsfehler bezüglich des objektiven Charakters des Zurechenbarkeitskriteriums 85      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe den objektiven Charakter der Kriterien für die Zurechnung der Verantwortlichkeit verkannt, als sie bei der Zurückweisung des Arguments der Klägerinnen, dass die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft von Arkema in der Entscheidung K(2003) 4570 nicht berücksichtigt worden sei (434. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), insoweit auf ihrem Ermessen bestanden habe. 86      Die Kommission erwiderte im 434. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die Ausführungen der Klägerinnen wie folgt: „Dass … die Kommission ihre Entscheidung [K(2003) 4570] ausschließlich an [Arkema] adressierte, hindert sie nicht daran, im vorliegenden Fall ihre Entscheidung sowohl an [Arkema] als auch an [die Klägerinnen] zu richten. Um einer Muttergesellschaft unter solchen Umständen die Verantwortung aufzuerlegen, steht der Kommission ein Ermessen zu, und der Umstand, dass sie von dieser Befugnis in einer früheren Entscheidung keinen Gebrauch gemacht hat, hindert sie nicht daran, dies im vorliegenden Fall zu tun.“ 87      Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen hat die Kommission vorliegend nicht behauptet, „für die Bestimmung des Zurechenbarkeitskriteriums [über ein] Ermessen“ und damit über die Befugnis zu verfügen, einer Gesellschaft unter Verstoß gegen die Rechtsprechung die Verantwortung für Zuwiderhandlungen einer anderen Gesellschaft aufzuerlegen. Durch die Berufung auf das Ermessen der Kommission sollte nur das Argument der Klägerinnen zurückgewiesen werden, wonach in der an Arkema gerichteten Entscheidung K(2003) 4570 das Verhalten dieser Gesellschaft nicht ihrer Muttergesellschaft zugerechnet worden sei. Aus alledem ergibt sich zudem, dass die Kommission, um den Klägerinnen die streitige Zuwiderhandlung zuzurechnen, die richtige Methode anwandte, die mit der Rechtsprechung und vor allem mit dem Unternehmensbegriff des Wettbewerbsrechts im Einklang steht. 88      Das Vorbringen der Klägerinnen geht daher ins Leere. Selbst wenn nämlich die Kommission entgegen ihren Ausführungen stets verpflichtet wäre, die von einer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen, wenn beide Gesellschaften ein Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts bilden, so hätte der Umstand, dass die Kommission dies in früheren Entscheidungen unterlassen haben sollte, keine Folgen für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine solche Zurechnung im vorliegenden Fall vornahm. 89      Jedenfalls ist die Kommission nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet, systematisch zu prüfen, ob das wettbewerbswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 330 und 331). Folglich hindert die bloße Tatsache, dass die Kommission nicht die Möglichkeit in Betracht zog, die Entscheidung K(2003) 4570 an die Muttergesellschaft von Arkema zu richten, die Kommission nicht daran, dies im Einklang mit den von der Rechtsprechung zur Frage der Zurechenbarkeit entwickelten Grundsätzen im vorliegenden Fall zu tun. 90      Daher ist der vorliegende Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verstoß gegen einen „Grundsatz der wirtschaftlichen Unabhängigkeit einer juristischen Person“ 91      Die Klägerinnen machen geltend, gemäß einem „Grundsatz der wirtschaftlichen Unabhängigkeit einer juristischen Person“ sei der Fall, dass eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen bildeten, selbst wenn die Letztere zu 100 % beherrscht werde, eine Ausnahme. Die Kommission habe gegen diesen „Grundsatz“ verstoßen, indem sie der Mutter- und der Tochtergesellschaft „automatisch“ die Verantwortung für die fragliche Zuwiderhandlung auferlegt habe. 92      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst. Unter diesem Begriff ist somit eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (siehe oben, Randnrn. 31 und 32). 93      Es genügt daher nicht, dass eine Tochtergesellschaft über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, um auszuschließen, dass sie mit ihrer Muttergesellschaft ein Unternehmen bilden kann. 94      Die streitige Zuwiderhandlung wurde den Klägerinnen zugerechnet, weil die Vermutung eines bestimmenden Einflusses, den diese auf ihre Tochtergesellschaft hatten, mangels hinreichender Beweise für die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft nicht widerlegt worden war. Folglich sehen die Klägerinnen die vorliegend angewandte Methode zu Unrecht als „automatisch“ an, denn aufgrund dieser Methode konnten die besondere Situation der Klägerinnen, vor allem aber die Bindungen, die zwischen ihnen und Arkema zur maßgeblichen Zeit bestanden, insgesamt berücksichtigt werden. 95      Diese Methode steht daher mit dem Unternehmensbegriff des Wettbewerbsrechts insofern im Einklang, als mit ihr bestimmt werden konnte, ob die Klägerinnen und Arkema ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit bildeten. Dass die Methode auf einer Vermutung beruht und dass, wer diese Vermutung widerlegen will, den Gegenbeweis erbringen muss, entspricht im Übrigen, wie vorstehend ausgeführt, der Rechtsprechung. 96      Die Klägerinnen legen ferner nicht dar, dass es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gäbe, der der Anwendung einer derartigen Vermutung im vorliegenden Fall entgegenstünde. Was das Vorbringen zu den Regeln des französischen und des amerikanischen Zivil- und Handelsrechts sowie zur Entscheidungspraxis der französischen Wettbewerbsbehörde betrifft, ist festzustellen, dass es sich nicht um Gesichtspunkte handelt, anhand deren die Rechtmäßigkeit der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen der Kommission zu prüfen ist. 97      Schließlich ist die fragliche Vermutung nur eine Art des Beweises, die der Kommission bei ihren wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen zur Verfügung steht, und lässt die Beziehungen zwischen den Muttergesellschaften und ihren Tochtergesellschaften sowie das Maß an rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit, über das eine Tochtergesellschaft nach den geltenden Rechtsvorschriften und den Festlegungen der betreffenden Gesellschaften verfügt, unberührt. 98      Nach alledem ist der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes und somit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte 99      Der erste Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Zum ersten Teil: fehlende Möglichkeit der Klägerinnen, sich sachgerecht zu verteidigen 100    Erstens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission hätte ihre Ausführungen in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im Einzelnen widerlegen müssen, indem sie zum Nachweis der Verantwortlichkeit der Klägerinnen umfassende eigene Beweismittel vorgelegt hätte. Da die Kommission dem nicht nachgekommen sei, habe sie den Grundsatz der Waffengleichheit verletzt. 101    Es ist darauf hinzuweisen, dass es nach der vorstehend in Randnr. 38 angeführten Rechtsprechung der Muttergesellschaft obliegt, die Vermutung durch Vorlage von Beweisen zu widerlegen, die für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. Stellt daher die Kommission fest, dass die Vermutung nicht widerlegt worden ist, darf sie die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zurechnen, ohne dass sie „umfassende eigene Beweismittel“ zum Nachweis ihrer Verantwortlichkeit vorlegen müsste, wie die Klägerinnen vortragen. 102    In Anbetracht dieser Erwägungen ist die Rechtsprechung nicht einschlägig, auf die sich die Klägerinnen im Wege der Analogie beziehen und der zufolge in einer Fallkonstellation, in der sich die Kommission für ihre Feststellung, dass eine Zuwiderhandlung vorlag, ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen stützte, die Unternehmen die Zuwiderhandlung unter Berufung auf die Umstände bestreiten können, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen als die von der Kommission gegebene ermöglichen (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnrn. 186 und 187). Die Fallkonstellation, auf die diese Rechtsprechung abstellt, entspricht nicht der des vorliegenden Falles. 103    Im Übrigen ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert, dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit des Sachverhalts und der Umstände, die die Kommission anführt, sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung nehmen konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 10, und vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Randnr. 21). 104    Insoweit sieht die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) vor, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, klar angeführt sein müssen. Eine solche Mitteilung der Beschwerdegründe stellt eine Verfahrensgarantie dar, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnr. 35). 105    Dieser Grundsatz verlangt insbesondere, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (vgl. Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 106    Insbesondere muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte eindeutig angeben, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, sie muss an diese Person gerichtet sein und angeben, in welcher Eigenschaft ihr die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnrn. 37 und 38). 107    Da somit die Gesellschaft, der gegenüber die fragliche Vermutung geltend gemacht wird, in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und bei der Anhörung durch den Anhörungsbeauftragten alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vorbringen kann, um diese Vermutung zu widerlegen, und die Kommission diese Gesichtspunkte berücksichtigen muss, um gegebenenfalls Beschwerdepunkte, die sich als unbegründet erweisen, fallen zu lassen, ist der Grundsatz der Waffengleichheit gewahrt. 108    Im vorliegenden Fall bestreiten die Klägerinnen nicht, dass sie aufgrund der Mitteilung der Beschwerdepunkte erfahren konnten, dass ihre Beteiligung an dem vorliegenden Verfahren auf der Vermutung beruhte, die an die nahezu vollständige Beherrschung von Arkema geknüpft war. Da diese Vermutung widerleglich war, konnten sie sich im Verwaltungsverfahren in diesem Punkt dadurch verteidigen, dass sie versuchten, die Vermutung zu widerlegen. Genau dies haben sie im Übrigen auch getan, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung und aus der Klageschrift ergibt, ohne dabei allerdings die Kommission zu überzeugen. 109    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 110    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe es unterlassen, gemäß ihrer Verpflichtung den Gegenbeweis, der zur Widerlegung der fraglichen Vermutung beigebracht worden sei, sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen, wodurch die Klägerinnen daran gehindert worden seien, ihre Verteidigung auf konkrete Beweise zu stützen. 111    Die Klägerinnen führen nicht näher aus, welche relevanten spezifischen Beweise die Kommission nicht untersucht haben soll. 112    Sollte aber mit der vorliegenden Rüge die von der Kommission vorgenommene Prüfung aller Beweise in Frage gestellt werden, die die Klägerinnen beibrachten, um die fragliche Vermutung zu widerlegen, so ist darauf hinzuweisen, dass die Würdigung dieser Beweise durch die Kommission im Rahmen der vorstehend dargelegten Prüfung des vierten Klagegrundes bestätigt worden ist. 113    Wie sich im Übrigen aus der nachfolgenden Prüfung des dritten Teils des zweiten Klagegrundes ergibt, kann nicht allein deshalb ein Verstoß gegen die Verpflichtung, die sich aus dem Verwaltungsverfahren ergebenden relevanten Beweise sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen, festgestellt werden, weil die Begründung der angefochtenen Entscheidung knapp gefasst ist. 114    Anhand der Erwägungsgründe 434 bis 441 der angefochtenen Entscheidung kann nämlich festgestellt werden, dass die Kommission die im 431. Erwägungsgrund zusammengefassten Ausführungen der Klägerinnen zur Stützung ihrer Auffassung, dass nur Arkema Adressatin der angefochtenen Entscheidung hätte sein dürfen, untersucht hat. Die Untersuchung der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte lässt keine sonstigen relevanten Anhaltspunkte erkennen, die von der Kommission außer Acht gelassen worden wären. 115    Die vorliegende Rüge ist somit unbegründet. 116    Drittens haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Kommission habe dadurch, dass sie sie vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht über die in Rede stehende Untersuchung informiert habe, die Anforderungen des Rechts auf ein faires Verfahren verkannt, so wie es in Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt sei; die genannten Anforderungen seien im Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501), sowie im Verhaltenskodex der Kommission bezüglich der Art. 101 AEUV und 102 AEUV erneut bestätigt worden. 117    Das Gericht hat im Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 116 angeführt (Randnr. 56), festgestellt, dass in Anbetracht des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte die Kommission verpflichtet ist, das betroffene Unternehmen im Stadium der ersten ihm gegenüber ergriffenen Maßnahme – auch in den Auskunftsverlangen, die sie nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an das Unternehmen richtet – insbesondere über Gegenstand und Zweck der Ermittlungen zu informieren. In Randnr. 58 des Urteils hat das Gericht auch darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung die von der Kommission begangene Unregelmäßigkeit zur Nichtigerklärung der endgültigen Entscheidung der Kommission nur führen kann, wenn sie konkret die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens im Verwaltungsverfahren beeinträchtigt hat. 118    Abgesehen davon, dass sich aus dem genannten Urteil nicht ableiten lässt, dass die Kommission, wie die Klägerinnen meinen, verpflichtet ist, vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Untersuchungsmaßnahmen gegen ein Unternehmen zu ergreifen, wenn sie der Meinung ist, im Übrigen über Informationen zu verfügen, die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte rechtfertigen, ist im vorliegenden Fall darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen keinen konkreten Beweis dafür vorlegen, dass sie aus diesem Grund gehindert waren, zu beweisen, dass sie keinen bestimmenden Einfluss auf Arkema ausübten. 119    Zu dem Vorbringen, die Kommission habe dadurch gegen ihren Verhaltenskodex verstoßen, dass sie vor Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Untersuchungsmaßnahme an die Klägerinnen gerichtet habe, ist zum einen festzustellen, dass der genannte Verhaltenskodex, der gemäß Randnr. 5 nur auf laufende und zukünftige Verfahren nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union Anwendung findet, nach der angefochtenen Entscheidung aufgestellt wurde und somit auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist. 120    Zum anderen bestimmt Randnr. 14 des Verhaltenskodex unter Bezugnahme auf das Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 116 angeführt (Randnr. 56), dass „mit der ersten Untersuchungsmaßnahme (normalerweise ein Auskunftsverlangen oder eine Besichtigung) … die Unternehmen über die gegen sie eingeleitete Voruntersuchung sowie über Gegenstand und Zweck dieser Untersuchung informiert [werden]“. Ohne dass somit die rechtliche Tragweite des Verhaltenskodex geklärt werden muss, ist jedenfalls festzustellen, dass sich aus ihm nicht ergibt, dass die Kommission verpflichtet ist, vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Untersuchungsmaßnahmen an alle das betroffene Unternehmen bildende Rechtssubjekte zu richten. 121    Somit ist die vorliegende Rüge und folglich auch der erste Teil des Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung 122    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen, dass sie erstens aufgrund einer bloßen Vermutung, die durch keine konkreten Beweise bestätigt worden sei, von vornherein erklärt habe, die Klägerinnen hätten eine Zuwiderhandlung begangen, und dass sie zweitens die Verantwortlichkeit der Klägerinnen bejaht habe, obwohl diese die Verteidigungsrechte nicht in vollem Umfang hätten in Anspruch nehmen können. 123    Es ist festzustellen, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln Anwendung findet, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 149 und 150). 124    Die Ausführungen der Klägerinnen erlauben nicht die Feststellung, dass gegen diesen Grundsatz verstoßen wurde. 125    Erstens kann sich die Kommission auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf eine Tochtergesellschaft ausübt, wenn sie deren gesamtes oder nahezu gesamtes Kapital hält, berufen, um der Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin die Haftung für die Zahlung der gegen deren Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße zuzuweisen. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die Muttergesellschaft mit ihrer Tochtergesellschaft ein Unternehmen bildet, das nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen hat. Im vorliegenden Fall räumte Arkema die Zuwiderhandlung aber in ihrem Antrag ein, den sie aufgrund der Mitteilung über Zusammenarbeit stellte (vgl. 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zudem bestritten die Klägerinnen nicht ihre Beteiligung an dem betreffenden Kartell. 126    Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen kann nicht angenommen werden, dass die Kommission von vornherein davon ausging, dass sie eine Zuwiderhandlung begangen hatten, denn es stand ihnen frei, die oben genannte Vermutung, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgestellt worden war, durch den Nachweis der Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaft zu widerlegen. 127    Die Erstellung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission kann keinesfalls als ein Beweis für die Vermutung der Verantwortlichkeit des betreffenden Unternehmens betrachtet werden. Andernfalls wäre die Einleitung jedes entsprechenden Verfahrens potenziell geeignet, den Grundsatz der Unschuldsvermutung zu verletzen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnr. 99). 128    Soweit ferner die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen geltend gemacht haben, die Unschuldsvermutung sei vorliegend dadurch verletzt worden, dass eine „Konzentration von polizeilichen Befugnissen, Ermittlungs- und Strafverfolgungsbefugnissen sowie richterlichen Befugnissen in den Händen der Kommission“ bestehe, ist festzustellen, dass diese Rüge verspätet erhoben worden ist, da sie erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist und nicht als Erweiterung des vorliegenden Klagegrundes angesehen werden kann, wie er in der Klageschrift vorgebracht worden ist, wonach die Kommission gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen habe, indem sie sich gegenüber den Klägerinnen auf die Vermutung berufen habe, die sich aus der nahezu vollständigen Kontrolle über das Kapital ihrer Tochtergesellschaft ergebe. Die genannte Rüge ist daher gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen. 129    Nach alledem ist der zweite Teil und damit der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht 130    Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 131    Betrifft, wie hier, eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG eine Mehrzahl von Adressaten und stellt sich die Frage, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, so muss die Entscheidung im Hinblick auf jeden der Adressaten, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen hinreichend begründet sein, denen in der Entscheidung die Zuwiderhandlung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung hinsichtlich einer Muttergesellschaft, die gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich gehalten wird, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dieser Gesellschaft die Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373, Randnrn. 78 bis 80). 132    Die Klägerinnen gliedern den vorliegenden Klagegrund in drei Teile. Zum ersten Teil: Verstoß gegen die aufgrund des neuen Standpunkts der Kommission verstärkte Begründungspflicht 133    Die Klägerinnen machen geltend, es bestehe im vorliegenden Fall angesichts des neuen Standpunkts, den die Kommission im Vergleich zu ihrer Entscheidungspraxis eingenommen habe, eine verstärkte Begründungspflicht. Die Kommission habe diese Pflicht verletzt, indem sie ihre Auslegung der Rechtsprechung über die Zuweisung der Zuwiderhandlung an eine Muttergesellschaft lediglich bestätigt habe. 134    Die Kommission erwiderte im 434. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die Ausführungen der Klägerinnen wie folgt: „Dass … die Kommission ihre Entscheidung [K(2003) 4570] ausschließlich an [Arkema] adressierte, hindert sie nicht daran, im vorliegenden Fall ihre Entscheidung sowohl an [Arkema] als auch an [die Klägerinnen] zu richten. Um einer Muttergesellschaft unter solchen Umständen die Verantwortung aufzuerlegen, steht der Kommission ein Ermessen zu, und der Umstand, dass sie von dieser Befugnis in einer früheren Entscheidung keinen Gebrauch gemacht hat, hindert sie nicht daran, dies im vorliegenden Fall zu tun.“ 135    Diese Ausführungen sind keineswegs ein Beleg dafür, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen radikal neuen und sich von ihrer bisherigen Praxis wesentlich unterscheidenden Standpunkt bezogen hat, wie die Klägerinnen es behaupten. 136    Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses einer Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft, die allein auf die Kapitalbeteiligung gestützt wird, von der Kommission bereits früher angewandt wurde, nämlich in ihrer Entscheidung K(2004) 4876 vom 19. Januar 2005 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens gegen Akzo Nobel NV, Akzo Nobel Nederland BV, Akzo Nobel Chemicals BV, Akzo Nobel Functional Chemicals BV, Akzo Nobel Base Chemicals AB, Eka Chemicals AB und Akzo Nobel AB gesamtschuldnerisch, Clariant AG und Clariant GmbH gesamtschuldnerisch, Elf Aquitaine SA und Arkema SA gesamtschuldnerisch und die Hoechst AG (Rechtssache C.37.773 – MCE), in der sie die von Arkema begangene Zuwiderhandlung Elf Aquitaine zugerechnet hatte. Die Klägerinnen können daher nicht geltend machen, die Kommission habe im vorliegenden Fall ihnen gegenüber einen radikal neuen Standpunkt eingenommen. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich ferner, dass die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren geltend machten, dass gerade die Entscheidung K(2004) 4876 eine „waghalsige Kehre“ in der Entscheidungspraxis der Kommission darstelle, und dass sie die Kommission aufforderten, den Ausgang des Gerichtsverfahrens, das sie gegen diese Entscheidung eingeleitet hatten, abzuwarten (vgl. Erwägungsgründe 430 und 433 der angefochtenen Entscheidung). 137    Jedenfalls verlangt die von den Klägerinnen herangezogene Rechtsprechung von der Kommission die ausdrückliche Darlegung ihres Gedankengangs lediglich, wenn sie im Rahmen ihrer Entscheidungspraxis eine Entscheidung erlässt, die erheblich weiter als die früheren Entscheidungen geht. In einem solchen Fall reicht daher eine summarische Begründung, insbesondere eine solche unter Bezugnahme auf eine ständige Entscheidungspraxis, nicht aus (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. November 1975, Groupement des fabricants de papiers peints de Belgique u. a./Kommission, 73/74, Slg. 1975, 1491, Randnr. 31). 138    Die Kommission hat aber in der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts ausdrücklich sowohl ihre Grundsätze für die Feststellung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung) als auch die Anwendung dieser Grundsätze im Hinblick auf die Klägerinnen (Erwägungsgründe 427 bis 441 der angefochtenen Entscheidung) dargestellt. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Gründe betrifft, weshalb die Kommission den Klägerinnen die Zuwiderhandlung zurechnete, erfüllt daher die von der vorstehend in Randnr. 137 angeführten Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen. 139    Der erste Teil des Klagegrundes greift daher nicht durch. Zum zweiten Teil: Vorliegen einer widersprüchlichen Begründung 140    Die Klägerinnen machen geltend, die Begründung in den Erwägungsgründen 370 bis 372, 435 bis 442 und 458 bis 529 der angefochtenen Entscheidung enthalte einen Widerspruch, da die Kommission zwei Begriffe verwechselt habe, nämlich zum einen den Begriff des Unternehmens im Sinne von Art. 81 EG, eine wirtschaftliche Einheit, die für die Zuwiderhandlung verantwortlich sei und daher mit einer Sanktion belegt werden müsse, und zum anderen die rechtliche Einheit, die Adressatin der Entscheidung sei. 141    Was zunächst die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gebrauchte Terminologie betrifft, so geht, ohne dass jeder einzelne Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, auf den sich die Klägerinnen berufen haben, untersucht werden müsste, aus dem 441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung eindeutig hervor, dass Grundlage für die Entscheidung der Kommission, die Zuwiderhandlung den Klägerinnen zuzurechnen und Geldbußen gegen sie zu verhängen, die Feststellung war, dass die Klägerinnen und Arkema ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. An dieser Entscheidung ändert sich nichts dadurch, dass der Wortlaut der angefochtenen Entscheidung gelegentlich von der kohärenten Terminologie abweicht und den Begriff „Unternehmen“ verwendet, um die eine oder die andere Gesellschaft der betroffenen Unternehmensgruppe zu bezeichnen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 62). 142    Was sodann den Umstand betrifft, dass die Kommission zum einen in der angefochtenen Entscheidung erklärt, die einzelnen Gesellschaften der Total-Gruppe bildeten ein einheitliches Unternehmen, das die streitige Zuwiderhandlung begangen habe, und zum anderen jede dieser Gesellschaften zur Adressatin der angefochtenen Entscheidung macht, gegen die die Geldbuße verhängt wird, so ist dies lediglich die Folge davon, dass die Adressaten der Wettbewerbsregeln und die Adressaten der Entscheidungen von Wettbewerbsbehörden nicht zwangsläufig identisch sind. 143    Während sich nämlich die Wettbewerbsregeln an Unternehmen richten und unabhängig u. a. von deren Rechtsform unmittelbar auf sie Anwendung finden, muss der Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 54 bis 57, und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zum Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C‑280/06, Slg. 2007, I‑10893, I‑10896, Nrn. 68 und 69). 144    Was die Feststellung der einzelnen Gesellschaften der Total-Gruppe in der Begründung der angefochtenen Entscheidung, die sich mit der Berechnung der Geldbuße befasst, angeht, so genügt der Hinweis, dass die genannte Entscheidung die Überlegungen der Kommission zur Festsetzung der Höhe der Geldbuße und der Beträge, für die die Klägerinnen haften sollen, klar und eindeutig zum Ausdruck bringt. 145    Soweit schließlich die Klägerinnen einen materiellrechtlichen Fehler geltend machen, sich also darauf berufen, dass es mit dem Begriff des einheitlichen Unternehmens unvereinbar sei, für jede betroffene Gesellschaft die Geldbuße gesondert zu berechnen, ist auf die nachfolgende Untersuchung des dritten Klagegrundes zu verweisen. 146    Somit ist der zweite Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: fehlende Antwort der Kommission auf die Widerlegung der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme 147    Die Klägerinnen machen geltend, die seitens der Kommission erfolgte Zurückweisung der Beweise, die im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden seien, um die Vermutung zu widerlegen, die an die nahezu vollständige Kontrolle der Klägerinnen über das Kapital von Arkema geknüpft sei, sei unzureichend begründet. 148    Was die der Kommission obliegende Begründungspflicht angeht, ist auf die vorstehend in den Randnrn. 130 und 131 angeführte Rechtsprechung zu verweisen. Insbesondere ist zu beachten, dass die angefochtene Entscheidung, um gegenüber den Klägerinnen hinreichend begründet zu sein, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten muss, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dieser Gesellschaft die Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil SCA Holding/Kommission, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 80). 149    Stützt sich daher die Kommission, wie hier, auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, und haben die betreffenden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte vorgebracht, mit denen diese Vermutung widerlegt werden sollte, so muss die Entscheidung eine hinreichende Darstellung der Gründe enthalten, die den Standpunkt der Kommission gerechtfertigt erscheinen lassen, dass diese Anhaltspunkte nicht ausreichend waren, um die genannte Vermutung zu widerlegen. 150    Hierzu ergibt sich aus den Erwägungsgründen 430 bis 441 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission zu den von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Anhaltspunkten begründet Stellung nahm. 151    Die Kommission stellte nämlich in den Erwägungsgründen 430 bis 432 der angefochtenen Entscheidung zunächst die Ausführungen der Klägerinnen in deren Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dar und ging sodann auf deren Vorbringen ein, wonach die Zurechnung des Verhaltens aufgrund der Vermutung vor allem im Hinblick auf die Grundsätze der Selbständigkeit einer rechtlichen Einheit, der individuellen Bestrafung, der persönlichen Verantwortlichkeit, der Unschuldsvermutung und der Waffengleichheit rechtswidrig sei. 152    In den Erwägungsgründen 433 bis 441 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission ferner fest, dass die Vermutung, die daran geknüpft sei, dass die Klägerinnen nahezu das gesamte Kapital von Arkema hielten, nicht widerlegt worden sei und dass die Schlussfolgerung betreffend die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für die Zuwiderhandlung aufgrund dieser Vermutung aufrechterhalten werden müsse. 153    Es ist davon auszugehen, dass die Kommission mit dieser Begründung auch die wesentlichen Punkte des Vorbringens der Klägerinnen beantwortet hat. Da die Kommission überdies nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnr. 64; vgl. auch in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 130 angeführt, Randnr. 64), kann ihr nicht vorgeworfen werden, nicht jedes einzelne von den Klägerinnen vorgetragene Argument präzise beantwortet zu haben. 154    Die knappe Begründung der angefochtenen Entscheidung zu diesem Punkt ist im Übrigen dadurch gerechtfertigt, dass das Vorbringen der Klägerinnen im Wesentlichen aus bloßen Behauptungen bestand und nicht durch konkrete Beweise bezüglich der Bindungen untermauert war, die zwischen den betreffenden Unternehmen während des Zeitraums der Zuwiderhandlung bestanden. 155    Da die Klägerinnen im Übrigen die Begründetheit der Beurteilung in Frage stellen, die zur Zurückweisung der in Rede stehenden Beweise durch die Kommission führte, gehört ihr Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, die nachfolgend im Rahmen des vierten Klagegrundes untersucht werden wird. 156    Nach alledem ist der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes ebenso wie der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Einheitlichkeit des Unternehmensbegriffs 157    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe gegen die Einheitlichkeit des Unternehmensbegriffs verstoßen, indem sie in den verschiedenen Stufen der Geldbußenfestsetzung den Begriff „Unternehmen“ uneinheitlich verwendet habe. Die Festsetzung hätte im Hinblick auf die betroffene wirtschaftliche Einheit homogen sein müssen, da die Frage, wie die Haftung für die Zahlung der Geldbuße unter den einzelnen, das Unternehmen bildenden Rechtssubjekten zu verteilen sei, einem gesonderten Stadium der Überlegungen angehören müsse. 158    Diese Ausführungen, die ausschließlich die Methode betreffen, die die Kommission für die Festsetzung der Geldbußen und für die Verteilung der Haftung für die Zahlung der Geldbußen unter den einzelnen Gesellschaften der Unternehmensgruppe anwandte, sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Beurteilung, die zur Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Klägerinnen führte, in Frage zu stellen. 159    Soweit die Ausführungen der Klägerinnen dahin verstanden werden könnten, dass sie die Höhe der Geldbuße oder die Verteilung der jeweiligen Haftung der einzelnen Gesellschaften der Unternehmensgruppe für die Zahlung dieser Geldbuße in Frage stellen, ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht die konkreten Berechnungsergebnisse der Kommission beanstanden. Insbesondere behaupten sie nicht, dass eine andere Methode sie für einen geringeren Betrag der Geldbuße haftbar gemacht hätte. 160    Jedenfalls steht die Vorgehensweise der Kommission nicht im Widerspruch zum Unternehmensbegriff. 161    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen zu Recht geltend machen, dass nach den Art. 81 EG und 82 EG Unternehmen und Unternehmensvereinigungen als Personen anerkannt werden können, die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben. Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission ferner gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie insbesondere gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG verstoßen. 162    Es ist ferner festzustellen, dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst. Ferner ist in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 54 und 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 163    Verstößt eine solche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil ETI u. a., oben in Randnr. 143 angeführt, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union muss jedoch eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können (Urteile Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnr. 38, und vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 57). Ist daher eine solche Zuwiderhandlung bewiesen, ist die natürliche oder juristische Person zu ermitteln, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden kann (Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Enichem Anic/Kommission, T‑6/89, Slg. 1991, II‑1623, Randnr. 236; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693, Randnr. 78). 164    Der Gerichtshof hat zudem bereits festgestellt, dass die Praxis der Kommission, eine Gesellschaft gesamtschuldnerisch für die Zahlung eines Teils der gegen eine andere Gesellschaft verhängten Geldbuße haftbar zu machen, wenn das wettbewerbswidrige Verhalten der Letzteren der Ersteren zugerechnet werden kann, mit Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 (an dessen Stelle Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 getreten ist) im Einklang steht. In diesem Fall wird der betreffenden Gesellschaft eine Geldbuße wegen einer Zuwiderhandlung auferlegt, die ihr aufgrund dieser Zurechnung selbst zur Last gelegt wird (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065, Randnrn. 26 bis 28). 165    Dass die angefochtene Entscheidung verschiedene juristische Personen bezeichnet, die für die Zahlung der Geldbuße gesamtschuldnerisch haftbar sind, ist infolgedessen mit dem Unternehmensbegriff nicht unvereinbar. Es handelt sich vielmehr um eine zutreffende Anwendung dieses Begriffs, da erwiesen ist, dass das betreffende Unternehmen rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. 166    Auch kann ein Verstoß gegen den Unternehmensbegriff nicht allein darin gesehen werden, dass die verschiedenen juristischen Personen für die Zahlung unterschiedlich hoher Geldbußen haftbar sind. Die Feststellung nämlich, dass mehrere juristische Personen ein Unternehmen bilden, das für die Begehung der Zuwiderhandlung verantwortlich ist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihnen alle für die Berechnung der Geldbuße relevanten Faktoren in gleicher Weise zugerechnet werden können, vor allem wenn sich in rechtlicher Hinsicht die Zusammensetzung des betreffenden Unternehmens im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. So wurde im vorliegenden Fall Total nur für einen Teil des Zeitraums der Zuwiderhandlung haftbar gemacht (441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und von den Klägerinnen wurde keine als Wiederholungstäterin angesehen (469. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 167    Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Urteil Cascades/Kommission, oben in Randnr. 163 angeführt, die Vorgehensweise, die darin bestand, dass der Muttergesellschaft die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaften zugerechnet wird, wenn die Zuwiderhandlung vor der Übernahme der Tochtergesellschaften begangen wurde, verworfen hat. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass die natürliche oder juristische Person, die das betreffende Unternehmen zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung leitete, für diese Handlung grundsätzlich einstehen muss, selbst wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die Feststellung der Zuwiderhandlung eine andere Person für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die fraglichen Gesellschaften nicht einfach in den Erwerber eingegliedert wurden, sondern dass sie ihre Tätigkeit als dessen Tochtergesellschaften fortsetzten, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sie somit selbst für ihre Zuwiderhandlungen vor ihrem Erwerb durch die Muttergesellschaft einstehen müssen, ohne dass diese dafür verantwortlich gemacht werden kann (Randnrn. 77 bis 80). 168    Da Total die Kontrolle über Elf Aquitaine im April 2000 erworben hatte, sah die Kommission sie somit zu Recht erst ab 30. April 2000 als verantwortlich für die streitige Zuwiderhandlung an (441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und erhöhte den Ausgangsbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße nicht nach Maßgabe der Dauer (Erwägungsgründe 467 und 468 der angefochtenen Entscheidung). 169    Nach alledem können die Klägerinnen nicht mit Erfolg beanstanden, dass die Kommission in der Begründung für die Berechnung der Geldbuße mehrere Gesellschaften der Total-Gruppe heranzog. 170    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass – mit Ausnahme der Erhöhungen wegen der Dauer und der Wiederholungstäterschaft, für deren Feststellung die Kommission die zeitabhängigen Änderungen der Zusammensetzung des betroffenen Unternehmens berücksichtigte – die Geldbuße für alle betroffenen Gesellschaften der Total-Gruppe homogen berechnet wurde. Insbesondere wandte die Kommission auf sie denselben Grundbetrag der Geldbuße und dieselbe Ermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit an. Die Beanstandungen der Klägerinnen, die diese beiden Stadien der Geldbußenberechnung betreffen, sind somit unbegründet. 171    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Beurteilungsfehler in Bezug auf Total 172    Die Klägerinnen machen zwei Rügen geltend, mit denen nur die Verantwortlichkeit von Total in Frage gestellt wird. Erstens bestreiten sie, dass Total, die die Kontrolle über die Unternehmensgruppe im April 2000 übernommen habe, Arkema „kartellbezogene Weisungen“ habe erteilen können, die das Kartell betroffen hätten, das seit Jahren bestanden habe und dessen letztes multinationales Treffen am 18. Mai 2000 stattgefunden habe. Die Dauer der Zuwiderhandlung, die Total zugerechnet werden könne, habe höchstens acht Monate betragen, auch wenn sie tatsächlich nur einen Monat betragen habe, da das letzte multilaterale Treffen des Kartells am 18. Mai 2000 stattgefunden habe. 173    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Klägerinnen, der Total zurechenbare Zeitraum der Zuwiderhandlung habe sich nur auf einen Monat erstreckt, auf der Prämisse beruht, dass das Kartell zum Zeitpunkt des letzten multilateralen Treffens am 18. Mai 2000 endete. 174    Die Klägerinnen tragen jedoch nichts zur Stützung dieser These vor und bestreiten insbesondere auch nicht substantiiert die Feststellung der Kommission, dass das Treffen vom 18. Mai 2000 zu einem allgemeinen Konsens über die Beibehaltung des Preisniveaus geführt habe und damit die Wirkungen des Kartells bis zum 31. Dezember 2000 fortbestanden hätten (Erwägungsgründe 357 bis 360 der angefochtenen Entscheidung). 175    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Verantwortlichkeit von Total auf der Erwägung beruht, dass Total ab 30. April 2000, dem Zeitpunkt der Übernahme der betroffenen Unternehmensgruppe, zusammen mit Arkema und Elf Aquitaine ein Unternehmen bildete, das für die in Frage stehende Zuwiderhandlung verantwortlich war (441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 176    Die Tatsache allein, dass Total in der letzten Phase der Zuwiderhandlung die Kontrolle über die Unternehmensgruppe übernahm, reicht nicht aus, um auszuschließen, dass sie in dem betreffenden Zeitraum einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft ausübte. 177    Abgesehen jedoch vom Zeitpunkt, zu dem Total die Kontrolle über die Unternehmensgruppe übernahm, machen die Klägerinnen keinen spezifischen Umstand geltend, der belegen würde, dass Arkema von Mai bis Dezember 2000 ihr Marktverhalten im Verhältnis zu Total eigenständig bestimmte. 178    Unter diesen Umständen durfte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass Total, nachdem sie die Kontrolle über das nahezu gesamte Kapital der Unternehmensgruppe ab 30. April 2000 übernommen hatte, einen bestimmenden Einfluss auf Arkemas Marktverhalten ausgeübt hatte, und sie durfte ihr in der Folge aufgrund der nicht widerlegten Vermutung für den betreffenden Zeitraum zu Recht die Verantwortung für die Zuwiderhandlung auferlegen. 179    Ferner geht das Vorbringen der Klägerinnen ins Leere, Total sei angesichts des Zeitpunkts, zu dem sie die Kontrolle über die Unternehmensgruppe übernommen habe, nicht in der Lage gewesen, sich über die eine Zuwiderhandlung darstellenden Praktiken ihrer Tochtergesellschaft zu informieren und die Entscheidungen zu treffen, um ihnen ein Ende zu setzen. 180    Wie sich nämlich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, folgt die Zuweisung der Verantwortung an Total daraus, dass diese eines der Rechtssubjekte war, die das Unternehmen bildeten, das gegen das Wettbewerbsrecht verstieß, ohne Rücksicht auf die Frage, ob ihr das Vorliegen der Zuwiderhandlung bekannt war oder nicht. 181    Die erste Rüge ist somit zurückzuweisen. 182    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe im 471. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt, dass die Adressaten ihrer Entscheidung 85/74/EWG vom 23. November 1984 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/30.907 – Peroxyd-Produkte) (ABl. 1985, L 35, S. 1) und ihrer Entscheidung 94/599, die beide wegen Tatwiederholung berücksichtigt worden seien, zum Zeitpunkt des Erlasses dieser früheren Entscheidungen zur Total-Gruppe gehört hätten. 183    Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich, wie die Kommission selbst in der Klagebeantwortung eingeräumt hat, bei der Angabe im 471. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass „die juristischen Personen, die Adressaten [der] Entscheidungen [85/74 und 94/599] sind, zur Total-Gruppe gehörten und noch immer gehören“, um einen Irrtum handelt. 184    Diese Feststellung hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Zum einen nämlich ergibt sich aus dem 441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass Total erst ab dem Zeitpunkt für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wurde, zu dem sie die Kontrolle über die Unternehmensgruppe übernahm, nämlich am 30. April 2000. 185    Wie sich zum anderen aus dem 469. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, berücksichtigte die Kommission den Umstand, dass Arkema zur Zeit der früheren Verurteilungen nicht zur Total-Gruppe gehörte, dadurch, dass sie nur den Betrag der Geldbuße wegen Tatwiederholung erhöhte, der Arkema zurechenbar war. 186    Nach alledem ist die zweite Rüge und damit der fünfte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Grundsätze, die von allen Mitgliedstaaten anerkannt werden und Bestandteil der Unionsrechtsordnung sind 187    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie ihnen die Verantwortlichkeit für die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet und die Geldbuße gegen sie verhängt habe, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Bestrafung sowie gegen den Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen verstoßen. Zum Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 188    Die Klägerinnen führen aus, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie die Verantwortlichkeit der Klägerinnen allein aufgrund der in Rede stehenden Vermutung bejaht habe, während sie die Verantwortlichkeit der anderen Gesellschaften, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet gewesen sei, auf die durch zusätzliche Gesichtspunkte gefestigte Vermutung gestützt habe (Erwägungsgründe 385, 391 und 394, 405, 411 und 423 bis 427 der angefochtenen Entscheidung). 189    Insoweit ergibt sich aus den Erwägungsgründen 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission für alle Adressaten dieselbe Regel berücksichtigte, wonach die Kontrolle über das gesamte oder nahezu gesamte Kapital der Tochtergesellschaft genügt, um eine widerlegliche Vermutung zu begründen, aufgrund deren die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann. Die fragliche Vermutung wurde tatsächlich sowohl auf den Total-Konzern als auch auf die sonstigen von der angefochtenen Entscheidung erfassten Unternehmensgruppen angewandt. 190    Der Umstand, dass sich die Kommission in Bezug auf bestimmte Adressaten der angefochtenen Entscheidung, nämlich Akzo Nobel, FMC, L’Air liquide, SNIA und Edison, über die Vermutung hinaus auf bestimmte zusätzliche Indizien für den von Muttergesellschaften ausgeübten bestimmenden Einfluss berief, kann nicht bedeuten, dass die angewandten Grundsätze nicht für alle Adressaten dieselben waren. 191    Bezüglich Akzo Nobel heißt es nämlich im 384. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass, „[d]a [diese] EKA [Chemicals] zu 100 % kontrolliert, … die Kommission der Ansicht [ist], dass [sie] einen bestimmenden Einfluss auf EKA [Chemicals] ausübte, denn es wurde kein Anhaltspunkt vorgebracht, durch den diese Vermutung widerlegt werden konnte“. Dieser Erwägung steht nicht entgegen, dass sich die Kommission im 385. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu ihrer Bestätigung auf bestimmte zusätzliche Indizien bezog. 192    Bezüglich FMC führte die Kommission aus, dass sie die Schlussfolgerung hinsichtlich der Verantwortlichkeit von FMC daraus gezogen habe, „dass FMC Forest eine Tochtergesellschaft ist, die (mittelbar) zu 100 % von FMC beherrscht wird“ (390. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese Erwägung lässt den Umstand unberührt, dass die Kommission im 391. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ein zusätzliches Indiz für den bestimmenden Einfluss heranzog, den FMC auf ihre Tochtergesellschaft ausübte. 193    Bezüglich L’Air liquide stellte die Kommission im 403. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass, „[d]a [jene] zur Zeit der Zuwiderhandlung 100 % des Kapitals von Chemoxal hielt und befugt war, die Mitglieder des Verwaltungsrats von Chemoxal zu ernennen, [die Kommission] vermutete …, dass [L’Air liquide] einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft … ausübte“. Die Kommission erläuterte diese Feststellung, indem sie im 405. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführte, dass „[d]ie 100 %ige Kapitalbeteiligung … eine Vermutung [begründet], die durch den Nachweis widerlegt werden kann, dass … die Tochtergesellschaft … unabhängig ist“. 194    Bezüglich SNIA ergibt sich aus dem 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Verantwortlichkeit von SNIA bejaht wurde, weil sie mit der Gesellschaft fusionierte, die die 100%ige Muttergesellschaft des Unternehmens war, das unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt war; dieser Fall ist daher nicht mit dem der Klägerin vergleichbar. 195    Bezüglich Edison schließlich führte die Kommission im 418. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus, dass, „[wenn] die Vermutung nicht widerlegt worden [ist], … die 100 %ige Kapitalbeteiligung [von der Rechtsprechung] als hinreichender Nachweis angesehen [worden ist]“. Ferner zog die Kommission in den Erwägungsgründen 419 bis 421 der angefochtenen Entscheidung bestimmte zusätzliche Gesichtspunkte heran und führte aus, diese widersprächen dem Vorbringen von Edison über die Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaft. 196    Aus den von den Klägerinnen vorgebrachten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich somit, dass die Kommission im Hinblick auf alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung der Ansicht war, dass einer Muttergesellschaft, die das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft kontrolliert, mangels Darlegung, die die insoweit bestehende Vermutung widerlegt, die Verantwortlichkeit zugerechnet werden kann; zusätzliche Indizien für einen Einfluss, den eine Reihe betroffener Gesellschaften auf ihre Tochtergesellschaften ausübten, wurden, soweit es solche gab, angeführt, um die Schlussfolgerung, die sich bereits aus der vollständigen Kontrolle über das Kapital der Tochtergesellschaft ergab, zu bekräftigen oder um auf das Vorbringen der betroffenen Unternehmen einzugehen. 197    Was im Übrigen die Klägerinnen betrifft, wies die Kommission außer auf die kapitalmäßige Verbindung auch darauf hin, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema von Elf Aquitaine ernannt worden seien (427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), ohne insoweit jedoch die Zurechnung der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft, die zu 100 % – oder nahezu 100 % – im Eigentum ihrer Muttergesellschaft steht, vom Vorliegen zusätzlicher Gesichtspunkte abhängig zu machen. 198    Die vorliegende Rüge ist somit unbegründet. Zum Vorwurf eines Verstoßes gegen die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Bestrafung sowie gegen den Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen 199    Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Kommission habe dadurch gegen die geltend gemachten Rechtsgrundsätze verstoßen, dass sie es unterlassen habe, anzuerkennen, dass Arkema eine gegenüber den Klägerinnen eigenständige wirtschaftliche Einheit dargestellt habe und dass sie folglich zu Unrecht deren Verantwortlichkeit bejaht und die Geldbußen gegen sie verhängt habe. 200    Es ist festzustellen, dass die Verantwortlichkeit für die Begehung der fraglichen Zuwiderhandlungen angesichts von deren Art sowie der Art und der Schwere der derentwegen verhängten Sanktionen von persönlicher Natur ist (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 78). Nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen darf ferner eine natürliche oder juristische Person nur für die Handlungen bestraft werden, die ihr individuell zur Last gelegt worden sind (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 63). Dieser Grundsatz gilt in allen Verwaltungsverfahren, die aufgrund des Wettbewerbsrechts der Union zu Sanktionen führen können (Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Randnr. 118). 201    Die Argumentation der Klägerinnen beruht auf der falschen Prämisse, dass ihnen gegenüber kein Verstoß festgestellt und keine individuelle Geldbuße verhängt worden sei. Aus dem Vorstehenden ergibt sich im Gegenteil, dass gegen die Klägerinnen selbst wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG vorgegangen wurde, die ihnen aufgrund ihrer wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zu ihren Tochtergesellschaften und aufgrund deren fehlenden Eigenständigkeit auf dem Markt persönlich zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 164 angeführt, Randnrn. 27 und 34). 202    Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen ergibt sich überdies aus der obigen Prüfung des vierten Klagegrundes, dass ihnen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG nachgewiesen wurde. Die Sanktionen für eine solche Zuwiderhandlung sind in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eindeutig geregelt. Der Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege ist somit beachtet worden. 203    Daher ist die vorliegende Rüge sowie der sechste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung 204    Erstens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe es versäumt, die zum Nachweis der Selbständigkeit von Arkema vorgebrachten Beweismittel sorgfältig und unparteiisch zu prüfen. 205    Da die Klägerinnen sich darauf beschränken, ihr Vorbringen zur fehlenden Prüfung der fraglichen Beweismittel zu wiederholen und dieses Vorbringen vorstehend in den Randnrn. 111 bis 115 geprüft und zurückgewiesen worden ist, ist es aus denselben Gründen zurückzuweisen. 206    Zweitens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission hätte im Interesse der Prozessökonomie ihren Antrag, den Erlass der angefochtenen Entscheidung bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klagen gegen die Entscheidung K(2004) 4876 aufzuschieben, stattgeben müssen. 207    Da der Vortrag lediglich die Prozessökonomie betrifft und somit offensichtlich nicht geeignet ist, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen, ist er ohne Weiteres zu verwerfen. 208    Somit ist der siebte Klagegrund zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit 209    Die Klägerinnen tragen vor, im vorliegenden Fall sei ein im Vergleich zur früheren Entscheidungspraxis der Kommission, insbesondere im Vergleich zur Entscheidung K(2003) 4570, neues Zurechnungskriterium angewandt worden, wodurch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen worden sei. 210    Es genügt der Hinweis, dass die angefochtene Entscheidung nicht die erste Entscheidung ist, mit der die Kommission die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung, die Arkema beging, aufgrund der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme der Muttergesellschaft zugerechnet hat. In der Entscheidung K(2004) 4876 nämlich hatte die Kommission bereits eine solche Zurechnung an Elf Aquitaine vorgenommen. Daher stellt die angefochtene Entscheidung entgegen den Ausführungen der Klägerinnen keine Änderung in der Praxis der Kommission auf dem Gebiet der Zurechenbarkeit dar, auch nicht bezüglich der in Rede stehenden Unternehmensgruppe. Überdies bezogen sich die Klägerinnen schon in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte auf das Kriterium der Zurechenbarkeit, das die Kommission in der Entscheidung K(2004) 4876 angewandt hatte, wie dies im Übrigen aus den Darlegungen der Klägerinnen im Rahmen des sechsten Klagegrundes hervorgeht. Somit ist die Prämisse des vorliegenden Klagegrundes, wonach die Kommission gegenüber den Klägerinnen ein neues Zurechenbarkeitskriterium angewandt habe, im vorliegenden Fall unzutreffend. 211    Jedenfalls ist die Kommission nicht verpflichtet, systematisch zu prüfen, ob das wettbewerbswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (siehe oben, Randnr. 89). Der Umstand, dass sie beschließt, die Verantwortlichkeit für eine festgestellte Zuwiderhandlung dem aus der Muttergesellschaft und ihrer Tochter bestehenden Unternehmen zuzurechnen, obwohl sie dies nach ihrer früheren Praxis nicht in Betracht gezogen hatte, stellt daher keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit dar. 212    Im Übrigen ergibt sich aus der Entscheidung K(2003) 4570 (Erwägungsgründe 373 bis 391), auf die sich die Klägerinnen berufen, dass die Kommission die Problematik der Verantwortlichkeit von Arkemas Muttergesellschaft gar nicht untersucht hat und dass sie sich insbesondere zu der Frage ihrer Autonomie im Verhältnis zur Muttergesellschaft nicht geäußert hat. Selbst wenn man daher annehmen wollte, dass der Sachverhalt jenes Verfahrens mit dem des vorliegenden Falls vergleichbar ist, kann nicht gesagt werden, dass mit dieser Entscheidung die Art, wie die Kommission die Beziehungen zwischen Arkema und ihren Muttergesellschaften wahrnahm, oder das Kriterium der Zurechenbarkeit, das für diese Unternehmensgruppe Anwendung fand, in irgendeiner Weise garantiert wurde. 213    Der vorliegende Klagegrund kann folglich nicht durchgreifen. Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen tragende Grundsätze für die Festsetzung der Geldbußen 214    Die Klägerinnen wenden sich aus mehreren Gründen gegen die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße. 215    Zunächst tragen sie vor, die gegen sie verhängten Geldbußen hätten ermäßigt werden müssen, da sie von der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft nichts gewusst hätten. Unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz machen sie geltend, die Kommission habe einem anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung, nämlich Caffaro, aus dem genannten Grund eine Ermäßigung gewährt. 216    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission dem aus den Gesellschaften SNIA und Caffaro bestehenden Unternehmen eine Herabsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße gewährte, weil nicht nachgewiesen war, dass Caffaro, die an sehr wenigen, sich nur mit einem der betreffenden Produkte befassenden Kartelltreffen teilgenommen hatte, Kenntnis von dem Gesamtplan wettbewerbswidriger Absprachen hatte oder hätte haben müssen (Erwägungsgründe 332 und 461 der angefochtenen Entscheidung). 217    Den Klägerinnen wurde die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet, weil sie zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft ein Unternehmen bildeten, nicht aber, weil sie unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, wobei der Umstand, dass ihnen das Kartell nicht bekannt war, ohne Einfluss auf diese Zurechnung war. 218    Da aber die Klägerinnen nicht vortragen, dass ihre Tochtergesellschaft, die an der Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligt war, keine Kenntnis von dem Gesamtplan wettbewerbswidriger Absprachen hatte, ist die Unkenntnis der Klägerinnen von dem Kartell kein Indiz dafür, dass die Schwere der Zuwiderhandlung des Unternehmens, das sie zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft bildeten, geringer war, und kann somit eine Herabsetzung der Geldbuße nicht rechtfertigen. 219    Bezüglich des Vorwurfs eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerinnen, die die für den Betrieb des Unternehmens, das die beiden in Frage stehenden Produkte in den Verkehr brachte und unmittelbar an allen Aspekten des Kartells beteiligt war, verantwortlichen Rechtssubjekte waren, nicht in einer ähnlichen Lage wie Caffaro befanden, das das Unternehmen betrieb, dessen Beteiligung am Kartell sich nicht auf den allgemeinen wettbewerbswidrigen Gesamtplan erstreckte. 220    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 221    Sodann machen die Klägerinnen bezüglich der Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken einen Verstoß gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der Rechtssicherheit geltend. 222    Erstens beruht das Vorbringen, mit dem die Klägerinnen einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung geltend machen, auf einer Prämisse, wonach „nichts … die Annahme [ihrer] Verantwortlichkeit im Kartell [zuließ]“. Da jedoch die vorstehende Prüfung des vierten Klagegrundes ergeben hat, dass die Verantwortlichkeit der Klägerinnen zu Recht bejaht wurde, ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. 223    Zweitens tragen die Klägerinnen unter Bezugnahme auf den 465. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vor, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen, indem sie erklärt habe, dass eine Muttergesellschaft durch Gründung einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft das Ziel verfolgen könne, diese Tochtergesellschaft an einer Zuwiderhandlung teilnehmen zu lassen, dabei selbst jedoch einer Sanktion zu entgehen. 224    Im 465. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erklärte die Kommission in Erwiderung auf die Ausführungen, mit denen die Klägerinnen die Erhöhung der fraglichen Geldbuße beanstandet hatten, dass, „[w]enn die Kommission aufgrund dieses Arguments entscheiden müsste, dass die gegen Atofina verhängte Geldbuße niedriger zu sein hat als die, die angesichts der Größe des Unternehmens, dem sie angehört, gerechtfertigt ist, … ein sehr großes Unternehmen, das an einem oder mehreren Kartellen beteiligt ist, hohen Geldbußen entgehen [könnte], indem es kleine Tochtergesellschaften mit geringen Umsätzen gründet, um sie an einem rechtswidrigen Verhalten teilnehmen zu lassen“. 225    Wie sich aus diesem Erwägungsgrund ergibt, ging die Kommission bei der fraglichen Erhöhung der Geldbuße im Wesentlichen davon aus, dass durch diese Erhöhung die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit aller Rechtssubjekte, die zu dem betroffenen einheitlichen Unternehmen gehörten, berücksichtigt werden kann, um die Geldbuße auf einen hinreichend abschreckenden Betrag festzusetzen. 226    Diese allgemeine Erwägung kann nicht als Verstoß gegen die zugunsten der Klägerinnen bestehende Unschuldsvermutung angesehen werden. 227    Drittens berufen sich die Klägerinnen auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, indem sie ihr im Rahmen des achten Klagegrundes dargestelltes Argument einer angeblichen Änderung der Praxis der Kommission wiederholen. Diese Rüge ist somit aus den in den Randnrn. 210 bis 212 aufgeführten Gründen zurückzuweisen. 228    Viertens machen die Klägerinnen geltend, die Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken sei rechtswidrig; sie begründen dies damit, dass diese Erhöhung weder in Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 noch in den Leitlinien vorgesehen sei. 229    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße sicherstellen muss, dass diese eine abschreckende Wirkung entfaltet, und hierbei vor allem die Größe und Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens berücksichtigen muss (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnrn. 106 und 120, und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 243). 230    Somit durfte die Kommission im vorliegenden Fall angesichts der Größe des von den Klägerinnen geführten Unternehmens, die durch den besonders hohen Weltumsatz bestätigt wurde (463. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), den Ausgangsbetrag der fraglichen Geldbuße erhöhen. 231    Die Rügen, die gegen die Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken gerichtet sind, sind somit unbegründet. 232    Schließlich haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes sei angesichts des Gebots rechtmäßigen Handelns und des Grundsatzes der Rechtssicherheit rechtswidrig, da sie sich auf den im letzten Geschäftsjahr vor dem Erlass der Entscheidung erzielten Umsatz, nicht aber auf den Umsatz beziehe, der im Zeitraum der Begehung der Zuwiderhandlung erzielt worden sei. 233    Diese Rüge ist verspätet erhoben worden, da sie erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist und nicht als Erweiterung des vorliegenden Klagegrundes, wie er in der Klageschrift vorgebracht wurde, angesehen werden kann, mit dem zum einen eine Herabsetzung der Geldbuße wegen fehlender Kenntnis von der Zuwiderhandlung geltend gemacht und zum anderen die Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken gerügt worden ist. 234    Die Rüge ist somit nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen. 235    Die Rüge geht ohnehin ins Leere, da die Klägerinnen nicht darlegen, dass die Berücksichtigung eines Geschäftsjahrs, das in den Zeitraum der Zuwiderhandlung fällt, im vorliegenden Fall irgendwelche Auswirkungen auf die Anwendung der Regelung des Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, deren Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, hätte haben können. 236    Im Licht dieser Erwägungen ist der vorliegende Klagegrund unbegründet. Zum zehnten Klagegrund: Ermessensmissbrauch 237    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe einen Ermessensmissbrauch begangen, weil es ihr mit der Zurechnung der Verantwortung für die Zuwiderhandlung an die Klägerinnen nicht darum gegangen sei, das verantwortliche Unternehmen zu bestrafen, sondern darum, den Betrag der verhängten Geldbuße unter Berücksichtigung der bedeutenden Größe der Klägerinnen zu erhöhen. 238    Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Entscheidung nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 1998, IECC/Kommission, T‑133/95 und T‑204/95, Slg. 1998, II‑3645, Randnr. 188 und die dort angeführte Rechtsprechung). 239    Gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission durch Entscheidung Geldbußen gegen Unternehmen verhängen, die eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG begehen. Mit den in Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen sollen rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet sowie diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer von künftigen Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts abgeschreckt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnr. 16). 240    Da jedoch die Klägerinnen und Arkema ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten und das genannte Unternehmen an der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt war, war die gegen sie verhängte Sanktion keineswegs ihrem Zweck entfremdet, auch nicht insoweit, als die Kommission mit deren Erlass einen Abschreckungszweck verfolgte. 241    Somit ist der zehnte Klagegrund zurückzuweisen. Zum hilfsweise geltend gemachten elften Klagegrund: Herabsetzung der Geldbuße auf eine angemessene Höhe 242    Im Rahmen des elften Klagegrundes verlangen die Klägerinnen eine Herabsetzung der Geldbuße auf eine angemessene Höhe, und zwar aus zwei Gründen. 243    Zum einen machen sie geltend, der Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße müsse angesichts ihrer Unkenntnis von der Zuwiderhandlung um 25 % herabgesetzt werden, entsprechend der im 461. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gewährten Herabsetzung. 244    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Situation, auf die sich der 461. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bezieht, nicht mit derjenigen der Klägerinnen vergleichbar ist (siehe oben, Randnr. 219). Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Klägerinnen insoweit keine Ermäßigung erhalten können. 245    Zum anderen beanspruchen die Klägerinnen die Zubilligung eines mildernden Umstands unter Berufung darauf, dass sie aufgrund der Entscheidung K(2004) 4876 und der Entscheidung K(2006) 2098 vom 31. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und nach Artikel 53 [EWR-Abkommen] (Sache COMP/F/38.645 – Methacrylat) zur Zahlung erheblicher Geldbußen wegen Beteiligung an anderen Kartellen im selben Zeitraum wie dem von der angefochtenen Entscheidung erfassten verurteilt worden seien. 246    Da die Kommission feststellte, dass die Klägerinnen drei verschiedene Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 Abs. 1 EG begangen hatten, stand es ihr frei, drei verschiedene Geldbußen gegen sie in den von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgegebenen Grenzen zu verhängen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone‑Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Randnr. 56). Jede dieser Geldbußen musste notwendigerweise auf einer Beurteilung der Dauer und der besonderen Schwere der geahndeten Zuwiderhandlung beruhen. Die Verhängung einer Geldbuße gegen die Klägerinnen wegen verschiedener wettbewerbswidriger Tätigkeiten, die sich auf andere Produkte bezogen, ändert jedoch nichts daran, dass die streitige Zuwiderhandlung begangen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnr. 52). 247    In Anbetracht des Abschreckungszwecks der Geldbußen kann daher allein der Umstand, dass die Klägerinnen unlängst wegen Zuwiderhandlungen, die zum Teil gleichzeitig begangen wurden, zu zwei weiteren Geldbußen verurteilt wurden, eine Ermäßigung der vorliegend verhängten Geldbuße nicht rechtfertigen. 248    Die Klägerinnen bringen keinen Beleg dafür vor, dass im vorliegenden Fall die Verhängung der Geldbuße zusammen mit anderen kürzlich festgesetzten Geldbußen sie in eine besondere schwierige Lage gebracht hätte, die ausnahmsweise bei der Bemessung ihrer Geldbuße hätte berücksichtigt werden können. 249    Was schließlich die Berufung der Klägerinnen auf die Entscheidung 94/599 angeht, aus der sich ergibt, dass die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen im Rahmen des von dieser Entscheidung erfassten Kartells den Umstand berücksichtigte, dass die Mehrheit der Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an einem weiteren Kartell auf dem benachbarten Markt während praktisch desselben Zeitraums bereits zu erheblichen Geldbußen verurteilt worden war (52. Erwägungsgrund der Entscheidung 94/599), ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung 94/599 vor den Leitlinien erlassen wurde, die vorliegend Anwendung finden, und zum anderen, dass die in der genannten Entscheidung beurteilte Situation im Vergleich zu der vorliegenden Situation Unterschiede aufweist. Im vorliegenden Fall nämlich waren zum einen die Zuwiderhandlungen auf dem HP- und PBS-Markt Gegenstand nur einer einzigen Verurteilung, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aussprach, und zum anderen berufen sich die Klägerinnen nicht darauf, dass zwischen diesen Märkten und denen, auf die sich die kürzlich gegen sie ausgesprochenen Verurteilungen beziehen, eine Verbindung bestehe. 250    Da folglich keiner der hier geltend gemachten Gesichtspunkte eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen kann, ist dem hilfsweise gestellten Antrag auf Abänderung der gegen die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße nicht stattzugeben. 251    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 252    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß den Anträgen der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die Total SA und die Elf Aquitaine SA tragen die Kosten. Vadapalas Prek Dittrich Truchot O’Higgins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Regeln für die Zurechenbarkeit von Zuwiderhandlungen der Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften Zum zweiten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die Auslegung der Rechtsprechung zur Zurechenbarkeit und in Bezug auf die Beachtung der Entscheidungspraxis seitens der Kommission – Vorbemerkungen – Zur Geltung der in Rede stehenden Vermutung – Zum Indizienbündel, das die Klägerinnen zum Nachweis dafür vorgelegt haben, dass Arkema auf dem Markt eigenständig aufgetreten sei Zum ersten Teil: Rechtsfehler bezüglich des objektiven Charakters des Zurechenbarkeitskriteriums Zum dritten Teil: Verstoß gegen einen „Grundsatz der wirtschaftlichen Unabhängigkeit einer juristischen Person“ Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte Zum ersten Teil: fehlende Möglichkeit der Klägerinnen, sich sachgerecht zu verteidigen Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht Zum ersten Teil: Verstoß gegen die aufgrund des neuen Standpunkts der Kommission verstärkte Begründungspflicht Zum zweiten Teil: Vorliegen einer widersprüchlichen Begründung Zum dritten Teil: fehlende Antwort der Kommission auf die Widerlegung der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Einheitlichkeit des Unternehmensbegriffs Zum fünften Klagegrund: Beurteilungsfehler in Bezug auf Total Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Grundsätze, die von allen Mitgliedstaaten anerkannt werden und Bestandteil der Unionsrechtsordnung sind Zum Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Zum Vorwurf eines Verstoßes gegen die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Bestrafung sowie gegen den Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen tragende Grundsätze für die Festsetzung der Geldbußen Zum zehnten Klagegrund: Ermessensmissbrauch Zum hilfsweise geltend gemachten elften Klagegrund: Herabsetzung der Geldbuße auf eine angemessene Höhe Kosten * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 9. Juni 2011. # Territorio Histórico de Vizcaya - Diputación Foral de Vizcaya (C-465/09 P und C-468/09 P), Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava (C-466/09 P und C-469/09 P) und Territorio Histórico de Guipúzcoa - Diputación Foral de Guipúzcoa (C-467/09 P und C-470/09 P) gegen Europäische Kommission. # Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen - Nichtigkeitsklage - Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG - Nachfolgende endgültige Entscheidungen, mit denen die Unvereinbarkeit staatlicher Beihilferegelungen, die Spanien 1993 zugunsten bestimmter neu gegründeter Unternehmen in den Provinzen Álava, Vizcaya und Guipúzcoa durchgeführt hat, mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird - Befreiung von der Körperschaftsteuer - Rechtshängigkeit - Begriff "Genehmigte Beihilfe" - Berechtigtes Vertrauen - Wahrung einer angemessenen Frist - Unterbliebene Anmeldung. # Verbundene Rechtssachen C-465/09 P bis C-470/09 P.
62009CJ0465
ECLI:EU:C:2011:372
2011-06-09T00:00:00
Mengozzi, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-00083*
Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 9. Juni 2011 – Territorio Histórico de Vizcaya – Diputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission (Verbundene Rechtssachen C‑465/09 P bis C‑470/09 P) „Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Nichtigkeitsklage – Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG – Nachfolgende endgültige Entscheidungen, mit denen die Unvereinbarkeit staatlicher Beihilferegelungen, die Spanien 1993 zugunsten bestimmter neu gegründeter Unternehmen in den Provinzen Álava, Vizcaya und Guipúzcoa durchgeführt hat, mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Befreiung von der Körperschaftsteuer – Rechtshängigkeit – Begriff ‚Genehmigte Beihilfe‘ ‑ Berechtigtes Vertrauen – Wahrung einer angemessenen Frist – Unterbliebene Anmeldung“ 1.                     Rechtsmittel – Gründe – Beanstandung der vom Gericht vorgenommenen Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts unter Wiederholung des Vorbringens im Verfahren vor dem diesem – Zulässigkeit (Art. 256 Abs. 1 Abs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 112 Abs. 1 Buchst. c) (vgl. Randnrn. 78-79, 82) 2.                     Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Neues Vorbringen – Begriff (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 Abs. 2) (vgl. Randnr. 84) 3.                     Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Qualifizierung als bestehende Beihilfe – Kriterien – Nicht angemeldete Beihilfemaßnahmen – Genehmigungen allein durch Schweigen der Kommission – Ausschluss (Art. 88 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. b Ziff. ii) (vgl. Randnrn. 90-91, 94-97) 4.                     Rechtsmittel – Gründe – Überprüfung der Weigerung des Gerichts, eine Beweisaufnahme anzuordnen, durch den Gerichtshof – Umfang (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 66 Abs. 1) (vgl. Randnrn. 108-110) 5.                     Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Beurteilung der Vereinbarkeit nicht angemeldeter Beihilfen anhand nach ihrer Auszahlung erlassener Leitlinien – Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit – Kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 87 EG und 88 EG; Mitteilung 98/C 74/06 der Kommission) (vgl. Randnrn. 120-128) 6.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Artikels 88 EG gewährte Beihilfe – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen – Untätigkeit der Kommission während eines verhältnismäßig langen Zeitraums – Nationale Behörden, die ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission verletzen – Kein berechtigtes Vertrauen (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 150-156, 162-163) 7.                     Rechtsmittel – Gründe – Urteilsgründe, die gegen das Unionsrecht verstoßen – Urteilsformel, die aus anderen Rechtsgründen richtig ist – Zurückweisung (vgl. Randnr. 171) Gegenstand Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 9. September 2009, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission (T‑30/01 bis T‑32/01 und T‑86/02 bis T‑88/02), mit dem das Gericht in den Rechtssachen T‑30/01 bis T‑32/01 entschieden hat, dass der Rechtsstreit über eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 28. November 2000, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG im Hinblick auf die Steuervorteile einzuleiten, die die Diputación Foral de Álava, die Diputación Foral de Guipúzcoa und die Diputación Foral de Vizcaya bestimmten neu gegründeten Unternehmen in Form einer Befreiung von der Körperschaftsteuer gewähren, in der Hauptsache erledigt ist, und in den Rechtssachen T‑86/02 bis T‑88/02 Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidungen 2003/28/EG, 2003/86/EG und 2003/192/EG der Kommission vom 20. Dezember 2001 über eine 1993 in Spanien durchgeführte Beihilferegelung zugunsten bestimmter neu gegründeter Unternehmen in den Provinzen Álava (T‑86/02, ABl. 2003, L 17, S. 20), Vizcaya (T‑87/02, ABl. 2003, L 40, S. 11) und Guipúzcoa (T‑88/02, ABl. 2003, L 77, S. 1), die eine Befreiung von der Körperschaftsteuer vorsieht, abgewiesen hat Tenor 1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen. 2. Das Territorio Histórico de Vizcaya – Diputación Foral de Vizcaya, das Territorio Histórico de Álava – Diputación Foral de Álava, das Territorio Histórico de Guipúzcoa – Diputación Foral de Guipúzcoa und die Comunidad Autónoma del País Vasco - Gobierno Vasco tragen zu gleichen Teilen die Kosten der vorliegenden Rechtsmittel. 3. Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 8. Juli 2010.#Evropaïki Dynamiki - Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE gegen Europäische Umweltagentur (AEE).#Öffentliche Dienstleistungsaufträge - Ausschreibungsverfahren der EUA - Erbringung von IT-Beratungsdiensten - Ablehnung des Angebots - Nichtigkeitsklage -Zuständigkeit des Gerichts - In den Verdingungsunterlagen festgelegte Zuschlagskriterien - Unterkriterien - Offensichtlicher Beurteilungsfehler - Begründungspflicht.#Rechtssache T-331/06.
62006TJ0331
ECLI:EU:T:2010:292
2010-07-08T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-00136*
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 8. Juli 2010 – Evropaïki Dynamiki/EUA (Rechtssache T‑331/06) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren der EUA – Erbringung von IT‑Beratungsdiensten – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – In den Verdingungsunterlagen festgelegte Zuschlagskriterien – Unterkriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht“ 1.                     Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Handlungen der Europäischen Umweltagentur (Art. 230 EG) (vgl. Randnrn. 31‑32, 34‑35, 38‑39) 2.                     Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Geltung für Handlungen der auf der Grundlage des Sekundärrechts errichteten Agenturen, die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten (vgl. Randnrn. 33, 37) 3.                     Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Auswahl- und Zuschlagskriterien – Pflicht zur vorherigen Festlegung – Verpflichtung zur Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz –Umfang (Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 89 und 97 Abs. 1; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 138 Abs. 3) (vgl. Randnrn. 59-61) 4.                     Handlungen der Organe – Begründung – Verpflichtung – Umfang – Entscheidung in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, ein Angebot nicht zu berücksichtigen – Beurteilung in Ansehung der Informationen, die der Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung zur Verfügung standen (Art. 253 EG; Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 100 Abs. 2; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 149) (vgl. Randnrn. 120-123) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EUA vom 14. September 2006, das von der Klägerin im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens EEA/IDS/06/002 für die Erbringung von IT‑Beratungsdiensten (ABl. 2006, S 118‑125101) abgegebene Angebot abzulehnen und den Auftrag an andere Bieter zu vergeben Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE trägt die Kosten.
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer) 9. Juni 2010.#Luigi Marcuccio gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Schadensersatzklage – Zugang der Verwaltung zur Dienstwohnung eines Beamten – Achtung der Wohnung und des Privatlebens.#Rechtssache F-56/09.
62009FJ0056
ECLI:EU:F:2010:48
2010-06-09T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung – Sammlung von Rechtssachen im öffentlichen Dienst
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Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 2. März 2010.#Evropaïki Dynamiki - Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE gegen Agence européenne pour la sécurité maritime (EMSA).#Öffentliche Dienstleistungsaufträge - Ausschreibungsverfahren der EMSA - Informationsdienstleistungen - Ablehnung des Angebots - Nichtigkeitsklage - Zuständigkeit des Gerichts - Nicht anforderungsgerechtes Angebot - Gleichbehandlung - Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien - Aufstellung von Unterkriterien für die Zuschlagskriterien - Offensichtlicher Beurteilungsfehler - Begründungspflicht.#Rechtssache T-70/05.
62005TJ0070
ECLI:EU:T:2010:55
2010-03-02T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-00313
Rechtssache T‑70/05 Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE gegen Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren der EMSA – Informationsdienstleistungen – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Nicht anforderungsgerechtes Angebot – Gleichbehandlung – Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien – Aufstellung von Unterkriterien für die Zuschlagskriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht“ Leitsätze des Urteils 1.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 230 EG; Art. 263 Abs. 1 AEUF) 2.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Verpflichtung, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter zu beachten (Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 89 Abs. 1 und 98 Abs. 1; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 143 Abs. 2) 3.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Erteilung des Zuschlags – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Zuschlagskriterien (Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 97 Abs. 1 und 2; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 138 Abs. 2 und 3) 4.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Erteilung des Zuschlags – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Zuschlagskriterien (Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 89 Abs. 1 und 97; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 138 Abs. 3) 5.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, ein Angebot nicht zu berücksichtigen (Art. 253 EG; Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 100 Abs. 2; Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 149) 6.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Vergabe eines Auftrags aufgrund einer Ausschreibung – Erteilung des Zuschlags (Verordnung Nr. 2342/2002 der Kommission, Art. 146 Abs. 1 und 147 Abs. 3) 1.      Die Europäische Gemeinschaft ist eine Rechtsgemeinschaft, und durch den Vertrag ist ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden, innerhalb dessen dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe übertragen ist. Nach dem System des Vertrags ist die Möglichkeit einer direkten Klage gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die dazu bestimmt sind, eine Rechtswirkung zu erzeugen. Daher muss jede Handlung einer Einrichtung wie der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten soll, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Zwar gehört die EMSA nicht zu den in Art. 230 EG genannten Organen. Jedoch sind solche Einrichtungen zur Vornahme von Handlungen befugt, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen – was zweifellos der Fall ist, wenn diese Einrichtungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge Entscheidungen treffen, mit denen das Angebot eines Bieters abgelehnt und der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird. In einer Rechtsgemeinschaft kann es nicht hingenommen werden, dass solche Handlungen jeder richterlichen Kontrolle entzogen sind. Die Entscheidungen, die die EMSA im Rahmen von Vergabeverfahren trifft und die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten sollen, sind daher anfechtbare Handlungen. Diese Lösung wird im Übrigen durch Art. 263 Abs. 1 AEUV bestätigt, nach dem der Gerichtshof der Europäischen Union für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten zuständig ist. (vgl. Randnrn. 64-67, 75) 2.      Der öffentliche Auftraggeber ist in allen Abschnitten eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit zur Wahrung der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet. Ein System unverfälschten Wettbewerbs, wie es der Vertrag vorsieht, lässt sich nur gewährleisten, wenn die Chancengleichheit der unterschiedlichen Marktteilnehmer sichergestellt wird. Nach diesem Grundsatz darf ein von einem Bieter per Post vorgelegtes Angebot, das dem öffentlichen Auftraggeber nach Fristablauf ohne Poststempel und ohne Nachweis dafür zugegangen ist, dass es den Anforderungen der Bekanntmachung des fraglichen Auftrags entsprechend als Einschreiben versandt wurde, weder geöffnet noch vom öffentlichen Auftraggeber angenommen werden, denn mangels eines Poststempels, der seine Versendung als Einschreiben belegt, muss ein solches Angebot als bei dem öffentlichen Auftraggeber am Tag seines Empfangs eingegangen angesehen werden. Ein Verfahrensverstoß führt nur dann zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung einer Entscheidung, wenn nachgewiesen wird, dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen und die angefochtene Entscheidung folglich einen anderen Inhalt hätte haben können. Wurde das vom öffentlichen Auftraggeber schließlich angenommene Angebot unter den vorstehend beschriebenen Umständen vorgelegt, so hätte das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis führen müssen, da dieses Angebot vom Bewertungsausschuss nicht bewertet worden wäre, und die Vergabeentscheidung hätte einen anderen Inhalt haben müssen. Bleibt am Ende eines Vergabeverfahrens nur ein einziges Angebot übrig, ist der öffentliche Auftraggeber − da er nicht mehr in der Lage ist, die Preise oder anderen Merkmale verschiedener Angebote zu vergleichen, um den Auftrag an das wirtschaftlich günstigste Angebot zu vergeben − im Übrigen nicht verpflichtet, den Auftrag dem einzigen Bieter zu erteilen, der für geeignet gehalten wurde, an der Ausschreibung teilzunehmen, und kann eine solche Vergabe annullieren und eine neue Ausschreibung einleiten. (vgl. Randnrn. 85, 90, 92, 96, 99, 102-105) 3.      Erfolgt die Auftragsvergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, muss der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien beschreiben und spezifizieren, die eine inhaltliche Bewertung der Angebote ermöglichen. Gemäß Art. 138 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung müssen diese Kriterien im Übrigen durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein. Gemäß Art. 138 Abs. 3 muss der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen auch genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien machen, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmungen sollen bei der Bewertung der Angebote im Hinblick auf die Vergabe des Auftrags die Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sicherstellen. Diese Bestimmungen sollen daher allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen. Zwar sind in Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen die Kriterien, die von den öffentlichen Auftraggebern berücksichtigt werden können, nicht abschließend aufgezählt, so dass diese Bestimmung den öffentlichen Auftraggebern die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung überlässt, doch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen. Außerdem müssen die Zuschlagskriterien, die der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots festgelegt hat, nicht notwendigerweise quantitativer Art oder ausschließlich auf die Preise ausgerichtet sein. Selbst wenn in den Verdingungsunterlagen Zuschlagskriterien enthalten sind, die nicht quantitativ ausgedrückt sind, können diese Kriterien objektiv und einheitlich zum Vergleich der Angebote angewandt werden und sind eindeutig für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots relevant. (vgl. Randnrn. 129-132) 4.      Wenn der Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wird, muss der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 97 der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften und Art. 138 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags die anwendbaren Zuschlagskriterien und deren Gewichtung angeben. Diese Bestimmungen, die im Licht der in Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung enthaltenen Grundsätze der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und der Transparenz zu verstehen sind, verlangen, dass den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und deren relative Bedeutung bekannt sind. Demnach darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat. Gleichwohl darf ein öffentlicher Auftraggeber nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote unter drei Bedingungen Gewichtungskoeffizienten für die Unterkriterien von vorab festgelegten Zuschlagskriterien bestimmen, sofern nämlich erstens diese nachträgliche Bestimmung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, zweitens nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und drittens nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten. (vgl. Randnrn. 145-148) 5.      Der öffentliche Auftraggeber ist aufgrund seiner Pflicht, die Zurückweisung eines Angebots zu begründen, nicht verpflichtet, eine Diskussion über die Vorteile des Angebots eines Bieters im Vergleich zu den Vorteilen des ausgewählten Angebots zu führen. Aus Art. 100 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften und Art. 149 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung folgt, dass der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht genügt, wenn er sich zunächst darauf beschränkt, jeden abgewiesenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots zu unterrichten, und sodann die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht haben und die ausdrücklich um diese Mitteilung ersucht haben, binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags mitteilt. Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Die Frage, ob der Begründungspflicht genügt wurde, ist aufgrund der Informationen zu beurteilen, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. (vgl. Randnrn. 166-171) 6.      Die endgültige Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung wird vom Auftraggeber gemäß Art. 147 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften getroffen. Die Entscheidung des Bewertungsausschusses, der vom zuständigen Anweisungsbefugten zwecks Abgabe einer Stellungnahme gemäß Art. 146 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen ernannt wird, kann, was den Vorschlag des künftigen Auftragnehmers und die Rechtfertigung dieser Wahl anbelangt, nur eine kollektive Entscheidung sein, da die Bewertung der einzelnen Mitglieder dieses Ausschusses in dem Endbericht aufgeht. Daher kann sich jedes Vorbringen zur Geltendmachung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gegebenenfalls nur gegen den Bewertungsbericht des Bewertungsausschusses richten, und dies nur dann, wenn die endgültige Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers sich tatsächlich darauf stützt. (vgl. Randnrn. 204-206) URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 2. März 2010(*) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren der EMSA – Informationsdienstleistungen – Ablehnung des Angebots – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Nicht anforderungsgerechtes Angebot – Gleichbehandlung – Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien – Aufstellung von Unterkriterien für die Zuschlagskriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑70/05 Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Korogiannakis, Klägerin, gegen Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), vertreten durch W. de Ruiter und J. Menze als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt J. Stuyck, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA, die von der Klägerin im Rahmen der Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04 betreffend den Auftrag „SafeSeaNet – Validierung und weitere Entwicklung“ und EMSA C‑2/06/04 betreffend den Auftrag „Spezifikation und Aufbau einer Datenbank über Unfälle in der Seefahrt, ein Netzwerk- und Managementsystem“ vorgelegten Angebote nicht zu berücksichtigen und die Aufträge an andere Bieter zu vergeben, erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen, Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2009 folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen 1        Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (ABl. L 208, S. 1) errichtet. Ihr Ziel ist die Gewährleistung eines hohen, einheitlichen und effektiven Sicherheitsniveaus im Seeverkehr und die Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe in der Europäischen Union. 2        Gemäß Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung ist die EMSA eine Einrichtung der Gemeinschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt. 3        Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 sieht vor: „(1)      Die vertragliche Haftung der [EMSA] bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist. (2)       Der Gerichtshof ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel in einem von der [EMSA] geschlossenen Vertrag zuständig. (3)       Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die [EMSA] den durch ihre Dienststellen oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. (4)       Der Gerichtshof ist für Streitsachen über den Schadensersatz nach Absatz 3 zuständig. (5)       Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der [EMSA] bestimmt sich nach den Vorschriften des Statuts bzw. der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.“ 4        Art. 185 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) bestimmt: „Die Kommission erlässt eine Rahmenfinanzregelung für die von den Gemeinschaften geschaffenen Einrichtungen, die mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind und wirklich Beiträge zulasten des Haushalts erhalten. Die Finanzregelung dieser Einrichtungen darf von der Rahmenregelung nur abweichen, wenn dies wegen besonderer Merkmale ihrer Funktionsweise erforderlich ist und sofern die Kommission dem zustimmt.“ 5        Art. 74 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 185 der Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 72) in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautet: „Für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelten die einschlägigen Bestimmungen der Haushaltsordnung und deren Durchführungsbestimmungen.“ 6        Diese Bestimmung ist in der am 3. Juli 2003 durch den Verwaltungsrat der EMSA beschlossenen Haushaltsordnung der EMSA als Art. 74 übernommen worden. 7        Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch die in Art. 185 der Haushaltsordnung genannten Einrichtungen unterliegt daher den Bestimmungen des Titels V des Ersten Teils der Haushaltsordnung sowie den Vorschriften der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Diese Bestimmungen orientieren sich an den einschlägigen Richtlinien, insbesondere bei Dienstleistungsaufträgen an der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) in der geänderten Fassung. 8        In Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung heißt es: „Für öffentliche Aufträge, die ganz oder teilweise aus dem Haushalt finanziert werden, gelten die Grundsätze der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung.“ 9        Art. 97 der Haushaltsordnung in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautet: „(1)      Die Auswahlkriterien zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter und die Zuschlagskriterien zur Bewertung des Inhalts der Angebote werden vorab festgelegt und in den Ausschreibungsunterlagen spezifiziert. (2)      Die Auftragsvergabe erfolgt durch Zuschlag oder im Leistungswettbewerb.“ 10      Dazu bestimmt Art. 138 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung: „… (2)       Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, das anhand von Kriterien wie vorgeschlagener Preis, technischer Wert, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, Umweltaspekte, Betriebskosten, Ausführungs- oder Lieferfrist, Kundendienst und technische Unterstützung ermittelt wird. (3)       Der öffentliche Auftraggeber macht in der Bekanntmachung des Auftrags oder in den Verdingungsunterlagen genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden. Die relative Gewichtung des Preiskriteriums gegenüber den anderen Kriterien darf nicht dazu führen, dass das Preiskriterium bei der Wahl des Auftragnehmers seine Bedeutung verliert. Ist bedingt durch die Art des Auftrags eine solche Gewichtung aus technischen Gründen ausnahmsweise nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber lediglich die Reihenfolge an, in der diese Kriterien mit abnehmender Bedeutung angewandt werden.“ 11      Art. 98 der Haushaltsordnung sieht vor: „(1)  Die Modalitäten der Angebotsabgabe müssen einen effektiven Wettbewerb und die Vertraulichkeit der Angebote bis zu deren gleichzeitiger Eröffnung gewährleisten. … (3)       Außer bei Aufträgen mit geringem Volumen … wird die Eröffnung der Bewerbungen oder Angebote durch einen zu diesem Zweck benannten Eröffnungsausschuss vorgenommen. Die von diesem als nicht anforderungsgerecht deklarierten Bewerbungen oder Angebote werden zurückgewiesen. (4)       Die Bewertung sämtlicher vom Eröffnungsausschuss als anforderungsgerecht deklarierter Bewerbungen oder Angebote wird anhand der Auswahl- und Zuschlagskriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt sind, von einem zu diesem Zweck benannten Ausschuss vorgenommen, der den Auftragnehmer vorschlägt.“ 12      Art. 143 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung lautete: „Die Angebote können nach Wahl des Bieters wie folgt übermittelt werden: a)      entweder mit der Post: in den Ausschreibungsunterlagen wird das Datum des Versands als Einschreibebrief für verbindlich erklärt, wobei der Poststempel ausschlaggebend ist; b)      oder durch Hinterlegung bei den Dienststellen des Organs durch den Bieter oder einen Vertreter oder einen Kurierdienst: abgesehen von den in Artikel 130 Absatz 2 Buchstabe a) gemachten Angaben wird in den Ausschreibungsunterlagen die Dienststelle genannt, bei der die Angebote gegen Aushändigung einer datierten und unterzeichneten Empfangsbestätigung einzureichen sind.“ 13      Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung bestimmt: „Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile seines Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben. Die Veröffentlichung bestimmter Informationen kann entfallen, wenn sie Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte.“ 14      Dazu bestimmt Art. 149 der Durchführungsbestimmungen in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung: „(1)      Der öffentliche Auftraggeber teilt den Bewerbern und Bietern so schnell wie möglich mit, wie über ihr Angebot entschieden wurde, und nennt gegebenenfalls die Gründe, warum er auf die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags verzichtet oder die Einleitung eines neuen Verfahrens beschlossen hat. (2)      Der öffentliche Auftraggeber übersendet binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags die in Artikel 100 Absatz 2 der Haushaltsordnung genannten Informationen.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits 15      Die Klägerin, die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, ist eine Gesellschaft griechischen Rechts, die auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie tätig ist. 16      Die vorliegende Rechtssache betrifft zwei Ausschreibungen, eine für die „SafeSeaNet-Validierung und weitere Entwicklung“ unter dem Aktenzeichen EMSA C‑1/01/04‑2004 (im Folgenden: Ausschreibung C‑1/01/04) und eine für „Spezifikation und Aufbau einer Datenbank über Unfälle in der Seefahrt, ein Netzwerk- und Managementsystem (Informationsplattform betreffend Unfälle in der Seefahrt)“ unter dem Aktenzeichen EMSA C‑2/06/04 (im Folgenden: Ausschreibung C‑2/06/04). 1.     Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04 17      Die EMSA leitete durch eine im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 1. Juli 2004 (ABl. 2004, S 126) veröffentlichte Vergabebekanntmachung die Ausschreibung C‑1/01/04 ein. Die Frist für die Einreichung von Angeboten wurde auf den 9. August 2004 festgesetzt. 18      In Nr. 13 („Zuschlagskriterien“) der Verdingungsunterlagen heißt es: „Der Auftrag wird an den Bieter vergeben, der auf der Grundlage der folgenden Kriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot vorlegt: a)       Technische Bewertungskriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung gemäß Gewichtung in Prozent: 1.       vorgeschlagene Methodik für das Projekt – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie der Etappenziele und der Vertragsleistungen (gemäß Nr. 3 [der Verdingungsunterlagen]) (40 %); 2.       Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses (20 %); 3.       Qualität der operationellen Dienstleistungen (Helpdesk) (10 %). b)       Gesamtpreis (30 %) Für die Auftragsvergabe werden nur die Bewerbungen berücksichtigt, die mindestens ein Gesamtergebnis von 70 % und mindestens 60 % für jedes Kriterium erzielt haben.“ 19      Was das erste dieser drei Zuschlagskriterien anbelangt, sah Nr. 3 (Vorzulegende Berichte und Unterlagen) der Verdingungsunterlagen vor, dass das Angebot genaue Informationen über den Durchführungsplan des Projekts (project implementation structure) umfassen muss, wobei jeder Arbeitsabschnitt (work package) klar definiert sein muss, und dass dieser Durchführungsplan des Projekts (mindestens) folgende Angaben enthalten muss: horizontale Maßnahmen (Nr. 3.1); Beschreibung des Projektmanagementteams und der Verantwortlichen (Nr. 3.2); Qualitätskontrolle (Nr. 3.3); Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements (deliverables on project management level) (Nr. 3.4) sowie Beschreibung der Arbeitsabschnitte und ihr Zusammenhang (work package description and relations) (Nr. 3.5) sowie andere relevante Informationen über die Vorlage der Berichte (Nr. 3.6). 20      Die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Verdingungsunterlagen wurden der Klägerin am 1. Juli 2004 übersandt. 21      Die Klägerin macht geltend, der EMSA mit Fernkopie vom 31. Juli 2004 ein Ersuchen um zusätzliche Informationen geschickt zu haben. Dieses Ersuchen habe sie mit Fernkopie vom 1. August 2004 wiederholt. 22      Mit E-Mail vom 2. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, sie habe die Fernkopie vom 1. August 2004 mit dem Informationsersuchen nicht vollständig erhalten, und forderte sie auf, ihre Fragen per E-Mail zu übermitteln, was die Klägerin am selben Tag auch tat. In dieser E‑Mail behauptete die Klägerin, sie habe versucht, die fragliche Fernkopie am 31. Juli 2004 und erneut am 1. August 2004 zu verschicken, es habe dabei aber offensichtlich ein Übermittlungsproblem gegeben. Sie bat daher, ihrem Antrag nachzukommen, denn der letzte Tag für seine Vorlage, Samstag, der 31. Juli 2004, sei kein Arbeitstag gewesen. 23      Mit E-Mail vom 3. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, dass sie ihre Fragen nicht beantworte, da diese gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu spät eingereicht worden seien. Mit E-Mail vom selben Tag wies die Klägerin erneut darauf hin, dass sie vergeblich versucht habe, ihr Auskunftsverlangen an den genannten Tagen zu übermitteln, und dass die Frist für die Einreichung von Fragen, die am 31. Juli 2004 abgelaufen sei, jedenfalls bis zum darauffolgenden ersten Arbeitstag, d. h. bis Montag, dem 2. August 2004, hätte verlängert werden müssen. 24      Am 9. August 2004 gab die Klägerin ein Angebot auf die Ausschreibung ab. 25      Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 teilte ihr die EMSA mit, ihr Angebot sei nicht angenommen worden, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter demjenigen des ausgewählten Bieters liege. 26      Mit Fernkopie vom 7. Dezember 2004 ersuchte die Klägerin die EMSA, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die entsprechenden Merkmale und Vorteile sowie die ihrem Angebot sowie dem des ausgewählten Bieters für jedes Zuschlagskriterium erteilten Noten, eine Kopie des Bewertungsberichts sowie den Vergleich zwischen ihrem finanziellen Angebot und dem des ausgewählten Bieters zu übermitteln. 27      Mit Schreiben vom 16. Dezember 2004, das die Klägerin ihren Angaben zufolge erst am 7. Januar 2005 erhalten hat, teilte die EMSA der Klägerin die ihrem Angebot für jedes Zuschlagskriterium erteilten Noten sowie die Gesamtnote des ausgewählten Angebots mit. Zu dessen Merkmalen führte die EMSA aus: „Klarer Ansatz hinsichtlich der bei Ausführung des gesamten Projekts anzuwendenden Methodik. Die Beschreibung der Aufgaben ist realistisch (und wird durch Tabellen mit der Darstellung des zur Verfügung stehenden Leistungspotenzials und der Mittel, ein Gantt-Diagramm und eine Aufgabenverteilung gut ergänzt); die vorgeschlagene Anzahl der Manntage ist ausreichend; die zu erbringenden Dienstleistungen wurden nach Aufgabentyp bestimmt [‚deliverables have been assigned per type of task‘]; gutes Verständnis des Projekts und guter Ansatz des Managementplans; die vorgeschlagene Dienstgütevereinbarung [‚Service Level Agreement‘] entspricht den Projektanforderungen.“ 28      Am 5. Januar 2005 schickte die Klägerin der EMSA eine Fernkopie, in der sie darauf hinwies, dass sie nicht innerhalb der in der Haushaltsordnung vorgesehenen Frist über das Ergebnis der Auftragsvergabe der beiden Ausschreibungen unterrichtet worden sei. Außerdem beanstandete sie, dass die EMSA die Verträge mit den ausgewählten Bietern unterzeichnet und dies im Amtsblatt veröffentlicht habe. 29      Die EMSA antwortete mit Schreiben und Fernkopie vom 7. Januar 2005, dem eine Kopie ihres Schreibens vom 16. Dezember 2004 beigefügt war. 30      Mit Fernkopie vom 18. Januar 2005 wies die Klägerin auf die Verspätung hin, mit der sie das Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 erhalten habe. Sie warf der EMSA vor allem einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung vor, da sie ihr Auskunftsverlangen nicht fristgemäß beantwortet habe, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die Höhe seines finanziellen Angebots sowie die technische Bewertung dieses Angebots, verglichen mit ihrem Angebot, nicht mitgeteilt und die Unterzeichnung des Vertrags beschlossen habe. Außerdem sei der Hinweis der EMSA im Schreiben vom 16. Dezember 2004 auf die Note, die der Bewertungsausschuss jedem einzelnen Bewertungskriterium erteilt habe, nicht detailliert gewesen und habe keine Rechtfertigung der Entscheidung enthalten. Schließlich bat sie um verschiedene Erläuterungen zur Bewertung des Ausschusses. 31      In ihrer Antwort mit Fernkopie vom 9. Februar 2005 teilte die EMSA der Klägerin den Namen des ausgewählten Bieters mit und wies darauf hin, dass die Klägerin das Ergebnis der Bewertung seines Angebots bereits erhalten habe und dass genauere Informationen, wie finanzielle und wirtschaftliche Auskünfte über den ausgewählten Bieter, dessen berechtigte Interessen verletzten und daher nicht veröffentlicht werden könnten. 2.     Ausschreibungsverfahren EMSA C‑2/06/04 32      Die EMSA leitete durch eine im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 3. Juli 2004 (ABl. 2004, S 128) veröffentlichte Vergabebekanntmachung die Ausschreibung C‑2/06/04 ein. Die Frist für die Einreichung von Angeboten wurde auf den 9. August 2004 festgesetzt. 33      In Nr. 13 („Zuschlagskriterien“) der Verdingungsunterlagen heißt es: „Der Auftrag wird an den Bieter vergeben, der auf der Grundlage der folgenden in Prozent gewichteten Kriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot vorlegt: a)      Technische Bewertungskriterien: insgesamt 70 % Technische Bewertungskriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung: –        vorgeschlagene Methodik – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Ausführung der gesamten Arbeit und die damit betrauten Personen (benannte Personen), einbezogen die Etappenziele und die Vertragsleistungen (40 %); –        Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses sowie bisherige Erfahrung mit vergleichbaren Arbeiten (20 %); –        Qualität der vorgeschlagenen Instrumente, Programme und Module (10 %). b)      Gesamtpreis: (30 %) Für die Auftragsvergabe werden nur die Bewerbungen berücksichtigt, die mindestens ein Gesamtergebnis von 70 % und mindestens 60 % für jedes Kriterium erzielt haben.“ 34      Am 9. Juli 2004 wurden der Klägerin die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Verdingungsunterlagen zugesandt. 35      Mit E-Mail vom 26. Juli 2004, die an alle Unternehmen geschickt wurde, die ein Interesse an der Ausschreibung bekundet hatten, stellte der Projektverantwortliche der EMSA bestimmte zusätzliche Informationen zu der fraglichen Ausschreibung zur Verfügung. 36      Wie in Randnr. 21 ausgeführt, trägt die Klägerin vor, der EMSA mit Fernkopie vom 31. Juli 2004 ein Ersuchen um zusätzliche Informationen auch zu dieser Ausschreibung geschickt zu haben. Dieses Ersuchen habe sie am 1. August 2004 wiederholt. 37      Ihr Antrag ging am 2. August 2004 per E-Mail bei der EMSA ein. Die Klägerin behauptete darin, sie habe versucht, die fragliche Fernkopie am 31. Juli 2004 und erneut am 1. August 2004 zu verschicken, es habe dabei aber ein Übermittlungsproblem gegeben. Sie bat daher, den ihrer E-Mail beigefügten Anträgen nachzukommen, denn der letzte Tag für deren Vorlage, Samstag, der 31. Juli 2004, sei kein Arbeitstag gewesen. 38      Auf Anträge um Erläuterungen zu bestimmten Fragen der Verdingungsunterlagen übermittelte die EMSA der Klägerin und den anderen interessierten Unternehmen mit E-Mail vom 3. August 2004 zusätzliche Informationen zur Ausschreibung C‑2/06/04. 39      Am 5. August 2004 teilte die EMSA der Klägerin mit, dass sie ihre Fragen nicht beantworte, da diese gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu spät vorgelegt worden seien. 40      Am 9. August 2004 beteiligte sich die Klägerin an der Ausschreibung C‑2/06/04. 41      Am 25. August 2004 eröffnete der aus vier Personen bestehende Angebotseröffnungsausschuss, den die EMSA am 16. Juli 2004 gebildet hatte, die Angebote; dabei wies er insbesondere darauf hin, dass die Aufgabe des Angebots der Firma SSPA Sweden AB (im Folgenden: SSPA), das am 10. August 2004, also einen Tag nach der Frist für die Einreichung der Angebote, eingegangen sei, schriftlich bestätigt werden müsse, da der Umschlag nicht mit einem Poststempel versehen sei. 42      In seinem Schreiben vom 26. August 2004 forderte der Vorsitzende des Eröffnungsausschusses SSPA auf, den Nachweis zu erbringen, dass das Angebot sowohl das Fristerfordernis als auch die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Modalitäten erfüllt habe. 43      Nach Prüfung der von SSPA eingereichten Unterlagen beschloss der Eröffnungsausschuss am 21. September 2004, das von SSPA vorgelegte Angebot anzunehmen. 44      Mit Schreiben vom 30. November 2004, das die Klägerin ihren Angaben zufolge erst am 13. Dezember 2004 erhalten hat, teilte ihr die EMSA mit, ihr Angebot sei nicht ausgewählt worden, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter dem des ausgewählten Bieters liege. 45      Am 7. Dezember 2004 schickte die Klägerin der EMSA eine Fernkopie betreffend die Ausschreibung C‑1/01/04, in der sie vor allem darum bat, über die Annahme oder Ablehnung ihres Angebots für die Ausschreibung C‑2/06/04 unterrichtet zu werden und ihr dieselben Informationen zu übermitteln, die sie für die erste Ausschreibung beantragt habe. 46      Mit Fernkopie vom 5. Januar 2005 teilte die Klägerin der EMSA mit, sie habe innerhalb der in der Haushaltsordnung vorgesehenen Frist keine Informationen über den Ausgang der beiden Ausschreibungen erhalten. Außerdem beanstandete sie, dass die EMSA die Verträge mit den ausgewählten Bietern unterzeichnet und dies im Amtsblatt veröffentlicht habe. 47      Die EMSA antwortete mit Schreiben vom 6. Januar 2005, das am 7. Januar 2005 ebenfalls mit Fernkopie versandt wurde, indem sie der Klägerin die ihrem Angebot erteilten Noten sowie die Gesamtnote des ausgewählten Angebots und eine Kopie der im Amtsblatt veröffentlichten Bekanntmachung der Durchführung des Vergabeverfahrens, in dem der Name des ausgewählten Bieters genannt war, übermittelte. Zu dem ausgewählten Angebot führte die EMSA aus: „Das Angebot des ausgewählten Bieters zeigt die erforderliche Erfahrung und wurde als ein gut durchdachter Vorschlag dargestellt. Die Aufgaben und die Rolle des Projektleiters wurden überzeugend beschrieben. Der Teamleiter wird einer Gruppe vorstehen, die über eine große Erfahrung verfügt, die sie bei früheren Projekten erworben hat, die dem Projekt, um das es in der Ausschreibung geht, weitgehend entsprechen. Es wurde ein sehr gutes Verständnis des Projekts gezeigt. Die vorgeschlagenen Instrumente wurden bereits erfolgreich eingesetzt und sind mit der Informationstechnik der EMSA kompatibel.“ 48      Die Klägerin beantwortete dieses letzte Schreiben mit Fernkopie vom 18. Januar 2005, in der sie der EMSA einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung vorwarf, da diese ihr Auskunftsverlangen nicht fristgemäß beantwortet habe, ihr den Namen des ausgewählten Bieters, die Höhe seines finanziellen Angebots sowie die technische Bewertung dieses Angebots, verglichen mit ihrem Angebot, nicht mitgeteilt und die Unterzeichnung des Vertrags beschlossen habe. Schließlich bat sie um verschiedene Erläuterungen zur Bewertung des Ausschusses. 49      Mit Fernkopie vom 9. Februar 2005 antwortete die EMSA, dass die Klägerin bereits über die betreffenden Informationen verfüge und dass genauere Informationen, wie finanzielle und wirtschaftliche Auskünfte über den ausgewählten Bieter, dessen berechtigte Interessen verletzten und daher nicht veröffentlicht werden könnten. Verfahren und Anträge der Parteien 50      Mit Klageschrift, die am 14. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 51      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Parteien zur Vorlage bestimmter Schriftstücke und die EMSA zur schriftlichen Beantwortung einer Frage aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen. 52      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 20. Januar 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 53      Die Klägerin beantragt, –        die Entscheidungen der EMSA, mit denen ihre Angebote als nicht erfolgreich bewertet wurden und der Auftrag an die erfolgreichen Bewerber vergeben wurde, für nichtig zu erklären, –        alle späteren Entscheidungen der EMSA im Zusammenhang mit den streitigen Ausschreibungen für nichtig zu erklären, –        die EMSA zur Tragung der Kosten zu verurteilen, auch wenn die Klage abgewiesen wird. 54      Die EMSA beantragt, –        die Klage für unzulässig zu erklären, hilfsweise, sie als unbegründet abzuweisen, –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Zur Zulässigkeit 55      Ohne ausdrücklich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, hat die EMSA zwei Unzulässigkeitsgründe geltend gemacht, und zwar die Unzuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA und einen formellen Mangel der Klageschrift. Das Gericht wird zunächst den ersten Unzulässigkeitsgrund prüfen. 1.     Zur Zuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA Vorbringen der Parteien 56      Die EMSA macht geltend, ihre Handlungen könnten schon wegen ihrer Rechtsstellung nicht gemäß Art. 230 EG angefochten werden. Da diese Vorschrift weder ausdrücklich noch stillschweigend Bezug auf Handlungen anderer Agenturen oder Organe der Union als die darin aufgeführten Einrichtungen nehme, könne das Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Handlungen nicht überprüfen. Das Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament („Les Verts“, 294/83, Slg. 1986, 1339), sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da es die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung eines Organs und nicht einer Agentur betreffe. 57      Vielmehr bestätige Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002, der die Zuständigkeit des Gerichtshofs nur für Streitsachen zur vertraglichen und außervertraglichen Haftung der EMSA vorsehe, dass weder das Gericht noch der Gerichtshof zur Überwachung der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zuständig sei. Da sich diese Bestimmung nur auf den Gerichtshof beziehe, sei daraus zudem zu schließen, dass, wenn ein Rechtsprechungsorgan für diese Entscheidungen zuständig sei, dies der Gerichtshof und nicht das Gericht sein müsse. 58      Die Unzulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung einer Agentur sei im Übrigen durch das Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 2005, Spanien/Eurojust (C‑160/03, Slg. 2005, I‑2077, Randnrn. 35 bis 37 und 40), sowie den Beschluss des Gerichts vom 8. Juni 1998, Keeling/HABM (T‑148/97, Slg. 1998, II‑2217), bestätigt worden. 59      Da dieses Urteil und dieser Beschluss für die Entscheidung über die Anwendbarkeit des Art. 230 EG ein zweites Kriterium einführten – nämlich die Bezeichnung der Einrichtung in der Vorschrift und das Fehlen einer wirksamen gerichtlichen Überprüfung – müssten beide Voraussetzungen vorliegen; die EMSA werde nicht in Art. 230 EG genannt und erfülle daher nicht die erste Bedingung. Selbst wenn jede dieser Bedingungen für sich ausreichen sollte, wäre außerdem die zweite Bedingung nicht erfüllt, da Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 eine gerichtliche Überprüfung vorsehe, die Reichweite jedoch auf Rechtsstreitigkeiten zur vertraglichen und außervertraglichen Haftung der EMSA beschränke. 60      Die Klägerin tritt diesem Unzulässigkeitseinwand entgegen. Würdigung durch das Gericht 61      Vorab ist festzustellen, dass die auf der Grundlage des Sekundärrechts errichteten Agenturen wie die EMSA nicht zu den in Art. 230 Abs. 1 EG genannten Einrichtungen gehören. 62      Hervorzuheben ist auch, dass der Gerichtshof gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 in Streitsachen über den Schadensersatz im Bereich der außervertraglichen Haftung der EMSA sowie für Entscheidungen aufgrund einer möglichen Schiedsklausel in einem von der EMSA geschlossenen Vertrag zuständig ist. Die Vorschrift sieht dagegen keine Zuständigkeit des Gerichtshofs für Nichtigkeitsklagen gegen andere Entscheidungen der EMSA vor. 63      Dies steht jedoch der Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der EMSA, die nicht von Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 erfasst werden, nicht entgegen. 64      Das Gericht hat nämlich im Urteil vom 9. Oktober 2008, Sogelma/EAR (T‑411/06, Slg. 2008, II‑2771, Randnr. 36), unter Bezugnahme auf das Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) festgestellt, dass die Europäische Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist und dass durch den Vertrag ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden ist, innerhalb dessen dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe übertragen ist. Nach dem System des Vertrags ist die Möglichkeit einer direkten Klage gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die dazu bestimmt sind, eine Rechtswirkung zu erzeugen. Davon ausgehend hat der Gerichtshof daher im Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) befunden, dass gegen Handlungen des Europäischen Parlaments, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten sollen, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann, obwohl die Bestimmung des Vertrags über die Nichtigkeitsklage in der seinerzeit geltenden Fassung nur Handlungen des Rates und der Kommission erwähnte. Eine Auslegung dieser Bestimmung, die die Handlungen des Europäischen Parlaments aus dem Kreis der anfechtbaren Handlungen ausschlösse, hätte nämlich nach Auffassung des Gerichtshofs zu einem Ergebnis geführt, das sowohl dem Geist des Vertrags, wie er in Art. 164 EG-Vertrag (jetzt Art. 220 EG) Ausdruck gefunden hat, als auch seinem System zuwiderliefe (vgl. in diesem Sinne Urteil Les Verts, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnrn. 23 bis 25). 65      Diesem Urteil lässt sich der allgemeine Grundsatz entnehmen, dass jede Handlung einer Einrichtung wie der EMSA, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten soll, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen muss. 66      Zwar werden im Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) nur die Organe genannt, während die EMSA, wie in Randnr. 61 festgestellt worden ist, nicht zu den in Art. 230 EG genannten Organen gehört. Jedoch entspricht die Lage solcher Einrichtungen, die zur Vornahme von Handlungen befugt sind, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen – was zweifellos der Fall ist, wenn diese Einrichtungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge Entscheidungen treffen, mit denen das Angebot eines Bieters abgelehnt und der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird – der Situation, die zum Urteil Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt) geführt hat. In einer Rechtsgemeinschaft kann es nicht hingenommen werden, dass solche Handlungen jeder richterlichen Kontrolle entzogen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 37). 67      Die Entscheidungen, die die EMSA im Rahmen von Vergabeverfahren trifft und die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten sollen, sind daher anfechtbare Handlungen. 68      Diesem Ergebnis steht nicht die Rechtsprechung entgegen, die die EMSA zur Stützung ihres Vorbringens hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage anführt. 69      Was das Urteil Spanien/Eurojust (oben in Randnr. 58 angeführt) anbelangt, hat der Gerichtshof zwar festgestellt, dass die angefochtenen Handlungen nicht unter den Handlungen aufgeführt waren, deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof nach dem Wortlaut des Art. 230 EG überwacht (Randnr. 37 dieses Urteils). Gleichwohl hat der Gerichtshof in der folgenden Randnummer dieses Urteils ausgeführt, dass Art. 41 EU, der in jenem Fall anwendbar war, nicht vorsieht, dass Art. 230 EG auf die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union anwendbar ist; die Zuständigkeit des Gerichtshofs in diesem Bereich ist vielmehr in Art. 35 EU festgelegt, auf den Art. 46 Buchst. b EU verweist. Was den Anspruch auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz anbelangt, hat der Gerichtshof im Übrigen in den Randnrn. 41 und 42 desselben Urteils auch darauf hingewiesen, dass die in der betroffenen Rechtssache angefochtenen Handlungen nicht jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 45). 70      Auch im Beschluss Keeling/HABM (oben in Randnr. 58 angeführt) hat sich das Gericht nicht darauf beschränkt, in Randnr. 32 festzustellen, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) weder eines der in Art. 4 des EG-Vertrags (jetzt Art. 7 EG) aufgezählten Organe der Gemeinschaft noch in Art. 173 Abs. 1 EG-Vertrag (jetzt Art. 230 EG) genannt ist, sondern es hat in Randnr. 33 auch festgestellt, dass andere Rechtsbehelfe gegen die streitige Entscheidung des Präsidenten des HABM potenziell eröffnet sind, wobei es insbesondere Art. 179 EG-Vertrag (jetzt Art. 236 EG) erwähnt hat. Dieser Beschluss kann daher der Eröffnung einer Klagemöglichkeit nach Art. 230 EG gegen eine Entscheidung einer in diesem Artikel nicht genannten Einrichtung nicht entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Sogelma/EAR, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 46). 71      Die von der EMSA angeführte Rechtsprechung stellt daher nicht die Feststellung in Frage, dass die Handlung einer solchen Einrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu entfalten, nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen werden kann. 72      Dieses Ergebnis kann auch nicht durch die Auslegung des Urteils Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt) in Frage gestellt werden, auf die sich die EMSA in der mündlichen Verhandlung berufen hat und nach der sich die Lage der EMSA von der Lage der Europäischen Agentur für Wiederaufbau (EAR) unterscheide, da diese im Rahmen der Durchführung der Gemeinschaftshilfe zugunsten von Serbien und Montenegro mit der Vorbereitung und Auswertung von Ausschreibungen sowie der Auftragsvergabe von der Kommission beauftragt worden sei. Daraus folge, dass die Entscheidungen, die die Kommission selbst getroffen hätte, wenn sie ihre Befugnisse nicht übertragen hätte, nicht allein deshalb nicht mehr der gerichtlichen Kontrolle unterworfen sein könnten, weil die Kommission ihre Befugnisse an die EAR übertragen habe; andernfalls würde eine Rechtslücke geschaffen. 73      Die Auslegung der EMSA lässt die Feststellungen in den Randnrn. 39 und 40 des Urteils Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt) außer Acht, aus denen sich ergibt, dass das Gericht nur vorsorglich auf die Art der Befugnisse hinweist, auf deren Grundlage die EAR handelt, und die Feststellung in Randnr. 37 des Urteils nur bekräftigen will, in der das Gericht auf den allgemeinen Grundsatz hinweist, dass jede Handlung einer Gemeinschaftseinrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, gerichtlich nachprüfbar sein muss. Im Übrigen bestünde auch im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der EMSA das Risiko, eine Rechtslücke zu schaffen, wenn man davon ausgehen müsste, dass die betreffenden Handlungen der gerichtlichen Kontrolle entzogen sind. 74      Was schließlich das Vorbringen der EMSA anbelangt, aus Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 – der sich nur auf den Gerichtshof beziehe – lasse sich ableiten, dass, wenn ein Richter im vorliegenden Fall zuständig sei, dies der Gerichtshof und nicht das Gericht sein müsse, genügt es, darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Gerichtshof“ hier allgemein verwendet wird, um das Organ zu bezeichnen, das indes den Gerichtshof, das Gericht und ein Fachgericht, das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union, umfasst. Folglich ist die Bezugnahme in Art. 8 der Verordnung Nr. 1406/2002 auf den „Gerichtshof“ so zu verstehen, dass auf dieses Organ und nicht auf eines der Gerichte verwiesen wird, aus denen es besteht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 17. März 2005, Kommission/AMI Semiconductor Belgium u. a., C‑294/02, Slg. 2005, I‑2175, Randnr. 49). 75      Somit folgt aus Art. 230 Abs. 1 EG bei einer Auslegung im Licht der Urteile Les Verts (oben in Randnr. 56 angeführt, Randnrn. 23 bis 25) und Sogelma/EAR (oben in Randnr. 64 angeführt, Randnrn. 36 und 37) die Zulässigkeit der vorliegenden Klage. Diese Lösung wird im Übrigen durch Art. 263 Abs. 1 AEUV bestätigt, nach dem der Gerichtshof der Europäischen Union für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten zuständig ist. Der erste von der EMSA erhobene Unzulässigkeitseinwand ist daher zurückzuweisen. 2.     Zur exceptio obscuri libelli Vorbringen der Parteien 76      Mit dem Unzulässigkeitsgrund des unklaren Wortlauts der Klageschrift rügt die EMSA im Wesentlichen, dass die Klägerin nicht genau angebe, welcher Klagegrund für welche Ausschreibung gelte, und die Klageschrift, in der die beiden Ausschreibungen vermengt würden, daher unter Verstoß gegen die Satzung des Gerichtshofs und die Verfahrensordnung des Gerichts sowie die einschlägige Rechtsprechung keine hinreichend klare und deutliche kurze Darstellung der Klagegründe enthalte. 77      Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 78      Jede Klage muss gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 18. September 1996, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑387/94, Slg. 1996, II‑961, Randnrn. 106 und 107, vom 11. Januar 2002, Biret et Cie/Rat, T‑210/00, Slg. 2002, II‑47, Randnr. 34, und vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T‑209/01, Slg. 2005, II‑5527, Randnrn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 79      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klageschrift den Anforderungen der Verfahrensordnung genügt, da sie sowohl der Beklagten als auch dem Gericht ermöglicht, zu erkennen, welches Verhalten der EMSA vorgeworfen wird und welche Tatsachen und Umstände zu dem Rechtsstreit geführt haben. Aus den Akten geht ebenfalls hervor, dass die EMSA imstande war, ihre Verteidigung sachdienlich zu gestalten und auf jede Rüge der Klägerin mit detaillierten Rechtsausführungen einzugehen. 80      Der Unzulässigkeitsgrund eines formellen Mangels der Klageschrift ist daher zurückzuweisen. Zur Begründetheit 81      Die Klägerin stützt ihre Anträge auf Nichtigerklärung auf vier Gründe. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt. Der zweite bezieht sich auf einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50. Der dritte wird auf offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA gestützt. Mit dem vierten werden fehlende sachdienliche Informationen und eine unzureichende Begründung gerügt. Nachdem die EMSA als Anlage zur Klagebeantwortung die Akten zu den beiden betroffenen Ausschreibungen vorgelegt hat, hat die Klägerin in der Erwiderung außerdem eine Reihe einzelner Rügen zur Stützung der in ihrer Klage aufgeführten Klagegründe vorgebracht, die sich auf mehrere Rechtsverstöße beziehen, die aus diesen Akten hervorgehen sollen, sowie bezüglich der Ausschreibung C‑2/06/04 einen selbständigen Klagegrund, der darauf beruht, dass das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot den in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Modalitäten für die Abgabe der Angebote nicht entspreche. Das Gericht wird zunächst den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen prüfen, die die EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04 getroffen hat. 1.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04 Zu dem Klagegrund, das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot sei nicht anforderungsgerecht Vorbringen der Parteien 82      In ihrer Erwiderung macht die Klägerin einen neuen Klagegrund geltend, mit dem sie rügt, das Angebot des ausgewählten Bieters könne nicht als Nr. 2 Buchst. a der Aufforderung zur Angebotsabgabe entsprechend angesehen werden. Aus den Akten gehe nämlich hervor, dass der ausgewählte Bieter, der die Absendung seines Angebots nicht beweisen könne, lediglich nachträglich die Bescheinigung eines schwedischen Postbediensteten vorgelegt habe, der zufolge der Briefumschlag tatsächlich fristgemäß abgeschickt worden sei. Das Schreiben eines Postbediensteten könne nicht den „Poststempel“ ersetzen und keine „verbindliche Feststellung“ treffen, also keinen hinreichenden Nachweis darstellen. Die Zulassung eines solchen Rechtsverstoßes könne einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Einhaltung der Fristen im öffentlichen Auftragswesen herbeiführen. 83      Die EMSA entgegnet, Nr. 2 Buchst. a dieser Aufforderung zur Angebotsabgabe habe sicherstellen sollen, dass alle Bieter ihr Angebot vor Fristablauf einreichten. Die Entscheidung des Bewertungsausschusses, ein anderes Beweismittel zuzulassen, sei vernünftig, da die Post die Sendung im vorliegenden Fall entgegen ihrer üblichen Praxis nicht mit einem Stempel versehen habe. Würdigung durch das Gericht 84      Vorab ist festzustellen, dass es sich bei dem von der Klägerin in der Erwiderung vorgebrachten Klagegrund, das Angebot des im Rahmen der Ausschreibung C‑2/06/04 ausgewählten Bieters entspreche nicht den in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgesehenen Einzelheiten für die Abgabe der Angebote, um ein neues Angriffsmittel handelt. Dieses kann jedoch gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung zugelassen werden, da es auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, nämlich auf das Protokoll des Eröffnungsausschusses für dieses Angebot, das die EMSA als Anlage zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht hat. 85      Nach gefestigter Rechtsprechung ist der öffentliche Auftraggeber in allen Abschnitten eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 108; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑250/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. März 2008, European Service Network/Kommission, T‑332/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 122). Ein System unverfälschten Wettbewerbs, wie es der Vertrag vorsieht, lässt sich nur gewährleisten, wenn die Chancengleichheit der unterschiedlichen Marktteilnehmer sichergestellt wird (Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, Randnr. 46). 86      Es ist auch daran zu erinnern, dass gemäß Art. 98 Abs. 1 der Haushaltsordnung „[d]ie Modalitäten der Angebotsabgabe … einen effektiven Wettbewerb und die Vertraulichkeit der Angebote bis zu deren gleichzeitiger Eröffnung gewährleisten [müssen]“. 87      Im vorliegenden Fall wurde in der Ausschreibung der Ablauf der Angebotsfrist auf den 9. August 2004 festgesetzt. Außerdem hieß es in Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe – die gemäß Art. 130 Abs. 2 Buchst. a der Durchführungsbestimmungen mindestens „Einzelheiten betreffend die Abgabe und Aufmachung der Angebote, insbesondere die Einreichungsfrist“ festlegen muss –, dass die Angebote entweder durch Übersendung per Einschreiben spätestens am 9. August 2004 an die angegebene Adresse eingereicht werden konnten (wobei der Poststempel ausschlaggebend war) oder durch eigenhändige Hinterlegung bei der angegebenen Adresse, wo sie spätestens am 9. August 2004 um 16.00 Uhr eingehen mussten; in diesem Fall musste die Niederlegung des Angebots mit einer unterzeichneten und datierten Empfangsbestätigung eines Beamten der EMSA bescheinigt werden. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe hieß es auch, dass jede andere Art der Übermittlung des Angebots als die Einschreibsendung, einschließlich der Übersendung des Angebots durch einen „Kurierdienst“, als „eigenhändige Auslieferung“ angesehen würde. 88      Diese Modalitäten der Übermittlung entsprechen Art. 143 Abs. 2 der vorstehend in Randnr. 12 genannten Durchführungsbestimmungen, nach denen „[d]ie Angebote … nach Wahl des Bieters wie folgt übermittelt werden [können]: … entweder mit der Post: in den Ausschreibungsunterlagen wird das Datum des Versands als Einschreibebrief für verbindlich erklärt, wobei der Poststempel ausschlaggebend ist; … oder durch Hinterlegung bei den Dienststellen des Organs durch den Bieter oder einen Vertreter oder einen Kurierdienst: … in den Ausschreibungsunterlagen [wird] die Dienststelle genannt, bei der die Angebote gegen Aushändigung einer datierten und unterzeichneten Empfangsbestätigung einzureichen sind“. Dabei ist zu beachten, dass unter „Einschreibsendung“ im Sinne von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) eine Postsendung verstanden wird, die durch den Dienstanbieter pauschal gegen Verlust, Entwendung oder Beschädigung versichert wird und bei der dem Absender, gegebenenfalls auf sein Verlangen, eine Bestätigung über die Entgegennahme der Sendung und/oder ihre Aushändigung an den Empfänger erteilt wird. 89      Außerdem musste gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Nichterfüllung dieser formellen Bedingungen zur Zurückweisung des Angebots im Eröffnungsverfahren führen. 90      Nach einem ersten vom Eröffnungsausschuss am 25. August 2004 erstellten Protokoll war das Angebot von SSPA – d. h. das später ausgewählte Angebot – nicht mit dem Nachweis seiner Versendung verbunden, und der Bieter musste, damit es für anforderungsgerecht erklärt werden konnte, eine schriftliche Bestätigung der Versendung vorlegen. Aus einem zweiten Protokoll vom 21. September 2004 geht hervor, dass SSPA der EMSA auf die Anforderung dieser schriftlichen Bestätigung durch den Eröffnungsausschuss eine Bescheinigung eines schwedischen Postbediensteten übermittelt hat, nach der das Angebot fristgemäß aufgegeben worden sei. Nach Auffassung des Eröffnungsausschusses war das Angebot von SSPA daher anforderungsgerecht. 91      Auf eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts hin hat die EMSA die diesem letztgenannten Protokoll beigefügten Anlagen zu den Akten gereicht. Es handelt sich vor allem um Kopien der Umschläge des von SSPA versandten Angebots, die die EMSA erhalten hatte, Kopien des Schriftwechsels zwischen der EMSA und SSPA sowie eine Kopie der Quittung des Postamts Göteborg vom 6. August 2004 und die von einem Bediensteten dieses Postamts unterzeichnete Erklärung vom 2. September 2004, aus der im Wesentlichen hervorgeht, dass der Umschlag, bei dem davon ausgegangen wird, dass er das fragliche Angebot enthielt, tatsächlich am 6. August 2004 bei diesem Postamt aufgegeben wurde. 92      Erstens ergibt sich aus diesen Unterlagen, dass das Angebot von SSPA am 10. August 2004 bei der EMSA eingegangen ist, d. h. einen Tag nach Ablauf der für die Vorlage der Angebote festgesetzten Frist, und dass sich auf den Umschlägen, die dieses Angebot enthielten, weder ein Poststempel der Absendung noch des Empfangs befand. 93      Zweitens ist festzustellen, dass SSPA der EMSA eine einfache Quittung eines Postamts in Göteborg übermittelt hat, obwohl die EMSA in ihrem Schreiben an SSPA vom 26. August 2004 festgestellt hatte, dass „der Umschlag weder eine Angabe trug, dass er als Einschreibebrief vorgelegt worden sei, noch das Datum der Aufgabe bei dem Postamt“, und sie aufgefordert hatte, ihr „irgendeinen nachträglichen Beweis, [dass ihr das Angebot] fristgemäß und in der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgeschriebenen Form [vorgelegt worden war]“, zu erbringen. 94      In dieser Hinsicht kann das von der EMSA in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, diese Quittung beweise die Eintragung des Schreibens – eine Eintragung, die in irgendeiner Weise einem Einschreibebrief gleichkäme –, keinen Erfolg haben. Erstens kann eine solche Quittung in keiner Weise dem Beleg der Aufgabe als eingeschriebene Sendung gleichgestellt werden, der dem Absender, wie vorstehend in Randnr. 88 ausgeführt, unabhängig von dem Poststempel auf dem Umschlag grundsätzlich als Nachweis der Aufgabe zur Post ausgehändigt wird. Auf dieser Quittung erscheint nämlich weder der Name des Absenders noch der des Empfängers, noch der Bestimmungsort der Sendung oder irgendeine andere Angabe, aus der hervorgeht, dass sie eine eingeschriebene Sendung betraf. Außerdem ergibt sich aus den Akten, dass die EMSA das Angebot eines anderen Bieters nur nach der Vorlage durch eines auf ihre Anforderung vorgelegten Einlieferungsscheins als anforderungsgerecht angesehen hat, der das Datum der Einschreibsendung und einen Zahlencode aufwies, der es mit dem Umschlag, der das Angebot enthielt, verknüpfte, während das Angebot zunächst abgelehnt worden war, da der Umschlag, in dem es enthalten war, nur den Eingangsstempel trug. Zweitens geht entgegen der Vorstellung, die die EMSA in der mündlichen Verhandlung erwecken wollte, aus den Akten eindeutig hervor, dass sie nicht aufgrund der Quittung, sondern aufgrund der Erklärung des Bediensteten der schwedischen Post schließlich zu der Überzeugung gelangt ist, dass das Angebot von SSPA anforderungsgerecht sei, während die EMSA im Fall des erwähnten Bieters den Einlieferungsschein, den dieser vorgelegt hatte, nachdem er von der Zurückweisung seines Angebots erfahren hatte, als ausreichenden Beweis anerkannt hat. 95      Drittens ist festzustellen, dass es in der Bescheinigung des Postbediensteten aus Göteborg heißt: „Hiermit bestätige ich … nach Prüfung der Kopie der beigefügten Quittung … sowie der Fotokopie des vorgelegten Umschlags, dass dieser Umschlag am Freitag, dem 6. August 2004 durch oben genanntes Postamt befördert worden ist“. Der Bedienstete der schwedischen Post erklärte damit, den Umschlag am 6. August 2004 befördert zu haben, von dem angenommen wird, dass er das Angebot der SSPA enthielt, ohne jedoch zum einen zu erklären, warum dieser Umschlag keinen Poststempel aufwies, und zum anderen anzugeben, ob es sich um einen Einschreibebrief handelte. Die EMSA konnte auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht beweisen, dass die Sendung per Einschreiben erfolgt war. 96      Die Akten enthalten somit nichts, woraus hervorginge, dass das Angebot von SSPA als Einschreibsendung eingereicht worden ist. 97      Es stellt sich daher die Frage, ob das Angebot von SSPA zunächst vom Eröffnungsausschuss geöffnet und dann vom Bewertungsausschuss geprüft werden konnte, obwohl es der EMSA am Tag nach dem Ablauf der Angebotsfrist zugegangen ist. 98      In der Ausschreibung war, wie dargelegt, der Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote auf den 9. August 2004, 16.00 Uhr, festgesetzt worden. Aus Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe geht eindeutig hervor, dass die Angebote grundsätzlich spätestens zu diesem Termin bei der EMSA eingehen mussten, gleichgültig ob es sich um eigenhändig vorgelegte oder durch einen „Kurierdienst“ ausgelieferte Angebote handelte, und dass die einzige Ausnahme hiervon die Versendung mit der Post per Einschreiben war, die spätestens zu diesem Termin erfolgen musste, während der Erhalt später liegen konnte, wobei der Poststempel als Beweis für das Datum der Aufgabe der Sendung ausschlaggebend war. Daher ist die Möglichkeit, die Angebote nach dem Ablauf der für ihren Eingang grundsätzlich festgelegten Frist zuzustellen, als eine Ausnahme eng auszulegen. 99      Ferner ist festzustellen, dass Nr. 2 Buchst. a der Aufforderung zur Angebotsabgabe zwei verschiedene formale Voraussetzungen aufstellt, die der Bieter, der sein Angebot mit der Post versenden will, zu erfüllen hat, und zwar die Vorgabe hinsichtlich der Frist für die Absendung des Angebots und die Vorgabe hinsichtlich der Art ihrer Aufgabe als Einschreibebrief. Obwohl diese Bedingungen einander ergänzen, kommt ihnen eine selbständige Bedeutung bei der Prüfung zu, ob die Übermittlung des Angebots den in den Ausschreibungsunterlagen und in Art. 143 der Durchführungsbestimmungen enthaltenen Bestimmungen entspricht. 100    Der öffentliche Auftraggeber, genauer gesagt, der Eröffnungsausschuss, muss die Einhaltung dieser beiden Voraussetzungen – deren Bedeutung die EMSA in ihrem Schreiben an SSPA vom 26. August 2004 ausdrücklich hervorgehoben hat – daher prüfen, bevor er die Eröffnung der Angebote und anschließend ihre Prüfung vornimmt. Der Eröffnungsausschuss verfügt dabei nicht über einen Ermessensspielraum: Hat er einmal festgestellt, dass ein Angebot, das nach Fristablauf eingegangen ist, nicht gemäß den Anforderungen der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der Durchführungsbestimmungen übermittelt worden ist, muss er es, wie vorstehend in Randnr. 86 ausgeführt, zurückweisen. 101    Zudem ist die Phase der Angebotseröffnung – deren Ablauf sich nach Art. 145 der Durchführungsbestimmungen bestimmt – gerade durch ihre Förmlichkeit gekennzeichnet und soll einem Ausschuss, der aus mindestens drei Personen besteht, ermöglichen, die Beachtung der Vorschriften vor allem hinsichtlich der Modalitäten der Vorlage der Angebote angesichts der Bedeutung, die diesen Vorschriften in Vergabeverfahren zukommt, zu prüfen und zu gewährleisten. Die Mitglieder dieses Ausschusses zeichnen vor allem die Dokumente ab, durch die Datum und Uhrzeit der Aufgabe eines jeden Angebots nachgewiesen werden, und unterzeichnen das Protokoll über die Eröffnung der eingegangenen Angebote, in dem festgestellt wird, welche Angebote anforderungsgerecht sind und welche nicht, und die Zurückweisung wegen Nichterfüllung der Abgabemodalitäten gemäß Art. 143 der Durchführungsbestimmungen begründet wird. Es handelt sich daher um Förmlichkeiten, deren Beachtung für das Vergabeverfahren wesentlich ist. 102    Nach diesen Erwägungen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, dessen Beachtung, wie vorstehend in Randnr. 85 ausgeführt, in jeder Phase eines Vergabeverfahrens sichergestellt sein muss, hätte das von SSPA vorgelegte Angebot im vorliegenden Fall weder geöffnet noch vom Eröffnungsausschuss angenommen werden dürfen, denn mangels eines Poststempels, der seine Versendung als Einschreiben belegt, hätte es als bei der EMSA am Tag seines Empfangs, d. h. am 10. August 2004, also als zu spät eingegangen angesehen werden müssen. Daher ist das Angebot von SSPA zu Unrecht vom Eröffnungsausschuss geöffnet und anschließend vom Bewertungsausschuss bewertet und auf den ersten Rang gesetzt worden. 103    Nach der Rechtsprechung führt ein Verfahrensverstoß nur dann zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung einer Entscheidung, wenn nachgewiesen wird, dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verfahrensverstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen und die angefochtene Entscheidung folglich einen anderen Inhalt hätte haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑345/03, Slg. 2008, II‑341, Randnr. 147, und European Service Network/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung). 104    Wenn das Angebot von SSPA wegen der Nichterfüllung der Abgabemodalitäten gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sowie Art. 143 der Durchführungsbestimmungen nicht von der EMSA berücksichtigt worden wäre, hätte das Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis führen müssen, da das Angebot von SSPA vom Bewertungsausschuss nicht bewertet worden wäre, und die Vergabeentscheidung, die sich vor allem auf eine vergleichende Prüfung der Angebote stützt, hätte einen anderen Inhalt haben müssen. 105    Da im vorliegenden Fall zudem nur zwei Unternehmen die in Nr. 13.1 Buchst. b der Verdingungsunterlagen angegebene Mindestschwelle überschritten haben, wäre, wenn das Angebot von SSPA bereits in der Phase der Angebotseröffnung zurückgewiesen worden wäre, am Ende des fraglichen Vergabeverfahrens ein einziges Angebot übrig geblieben. Unter diesen Umständen wäre der öffentliche Auftraggeber − da er nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Preise oder anderen Merkmale verschiedener Angebote zu vergleichen, um den Auftrag an das wirtschaftlich günstigste Angebot zu vergeben − nicht verpflichtet gewesen, den Auftrag dem einzigen Bieter zu erteilen, der für geeignet gehalten wurde, an der Ausschreibung teilzunehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 16. September 1999, Fracasso und Leitschutz, C‑27/98, Slg. 1999, I‑5697, Randnrn. 31 bis 33). Außerdem kann aufgrund dieser Erwägung nicht ausgeschlossen werden, dass die EMSA, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf eine entsprechende Frage des Gerichts ausgeführt hat, die fragliche Vergabe hätte annullieren und eine neue Ausschreibung hätte einleiten können. Somit ist hinreichend dargetan, dass das Verwaltungsverfahren ohne den Verfahrensverstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. 106    Daher ist die Entscheidung der EMSA, den Auftrag an den ausgewählten Bieter zu vergeben, wegen eines Verstoßes gegen Art. 143 der Durchführungsbestimmungen und Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe für nichtig zu erklären, ohne dass hinsichtlich der Ausschreibung C‑2/06/04 über die anderen Klagegründe entschieden zu werden braucht. 107    Folglich wird das Gericht die Prüfung der von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe und Rügen nur insoweit fortsetzen, als sie sich gegen die Entscheidungen der EMSA richten, das Angebot der Klägerin zurückzuweisen und den Auftrag am Ende des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04 an einen anderen Bieter zu vergeben. 2.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04 108    Wie vorstehend in Randnr. 81 ausgeführt, stützt die Klägerin ihre Nichtigkeitsklage auf vier Gründe, erstens einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt, zweitens einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50, drittens offensichtliche Beurteilungsfehler sowie viertens fehlende sachdienliche Informationen und eine unzureichende Begründung. Das Gericht hält es für zweckdienlich, zuerst den ersten, dann den zweiten, danach den vierten und schließlich den dritten Klagegrund zu prüfen. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt Vorbringen der Parteien 109    Die Klägerin macht geltend, die EMSA habe gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt verstoßen, indem sie mit erheblicher Verzögerung gehandelt und die Fragen der Bieter vor Vorlage ihrer Angebote nicht angemessen beantwortet habe; nach ständiger Rechtsprechung könne dies ein Grund für die Nichtigerklärung der Entscheidung sein, sofern diese Entscheidung ohne den Verstoß anders ausgefallen wäre. 110    Die Klägerin weist darauf hin, dass sie der EMSA Fragen zugeschickt habe, die zu beantworten sich die EMSA unter Hinweis darauf geweigert habe, dass sie nicht fristgemäß, d. h. bis zum 31. Juli 2004, gestellt worden seien. Dazu führt sie aus, sie habe vergeblich versucht, die Fragen am 31. Juli 2004 mit Fernkopie zu übermitteln. Die EMSA habe sie wahrscheinlich wegen einer Funktionsstörung ihres Faxgeräts nicht erhalten und dies in ihrer E-Mail vom 2. August 2004 auch eingeräumt. Außerdem habe die EMSA die Fragen schließlich am Sonntag, dem 1. August 2004, erhalten. Da die Frist für einen Antrag auf zusätzliche Informationen an einem Samstag abgelaufen sei, hätte die EMSA auf jeden Fall eine Fristverlängerung bis zum darauffolgenden ersten Werktag, d. h. bis Montag, dem 2. August 2004, gewähren müssen. Indem sie sich geweigert habe, die Fragen der Klägerin zu beantworten, habe die EMSA nicht nur gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt verstoßen, sondern sie auch daran gehindert, ein wettbewerbsfähigeres Angebot einzureichen. 111    Schließlich habe sie, entgegen der Unterstellung der EMSA, niemals versucht, Informationen zu erhalten, die den anderen Bietern nicht zur Verfügung gestanden hätten, da alle Antworten auf die Anträge auf zusätzliche Informationen sämtlichen Bietern mitgeteilt worden seien. Der öffentliche Auftraggeber müsse daher die Anträge auf zusätzliche Informationen beantworten, wenn die Verdingungsunterlagen Ungenauigkeiten enthielten. 112    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin im Übrigen zum ersten Mal geltend gemacht, die EMSA habe gegen Art. 141 der Durchführungsbestimmungen verstoßen, da sie in der Aufforderung zur Angebotsabgabe für Anträge auf zusätzliche Auskünfte eine Frist festgesetzt habe, die kürzer als die Frist dieses Art. 141 gewesen sei. 113    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 114    Die Klägerin wirft der EMSA vor, zum einen mit erheblicher Verzögerung gehandelt und zum anderen die Anträge der Bieter auf zusätzliche Informationen nicht angemessen beantwortet zu haben. Zudem habe sie am 31. Juli 2004 Fragen gestellt, um Erläuterungen zu Unklarheiten in den Ausschreibungen zu erhalten, die zu beantworten sich die EMSA geweigert habe. 115    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin ihre Behauptung, die EMSA habe mit Verzögerung gehandelt und die Fragen der Bieter nicht hinreichend beantwortet, weder belegt noch angegeben hat, welche Antworten die EMSA gegeben hat und aus welchen Gründen diese als unzureichend angesehen werden müssen. Daher ist dieser Klagegrund, ungeachtet seiner recht ungenauen Formulierung, im Wesentlichen so zu verstehen, dass die Klägerin der EMSA vorwirft, ihre Fragen nicht beantwortet zu haben, obwohl sie diese fristgemäß gestellt habe, und dass sie dadurch daran gehindert worden sei, ein sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht wettbewerbsfähigeres Angebot vorzulegen. 116    Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Klägerin ihre Behauptungen nicht untermauert hat. Denn obwohl sie ihre zahlreichen Versuche erwähnt, die Auskunftsersuchen sowohl am Samstag, dem 31. Juli, als auch am Sonntag, dem 1. August 2004, zu übermitteln, legt sie keinen Sendebericht vor, der entweder eine (vollständige oder unvollständige) Übermittlung dieser Unterlagen an die EMSA oder einen Übermittlungsfehler beim Versenden beweisen könnte. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, inwieweit sich der behauptete Rechtsverstoß auf die Vergabeentscheidung hätte auswirken können. 117    Zweitens ist festzustellen, dass gemäß Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle zusätzlichen Informationen auf schriftlichen Antrag, der spätestens zehn Tage vor Ablauf der Angebotsfrist abgeschickt wurde, erhältlich waren. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann dieser Teil der Aufforderung zur Angebotsabgabe nur so verstanden werden, dass der Tag der Vorlage der Angebote nicht in die Berechnung der Frist einbezogen werden sollte. Da diese Frist gemäß Nr. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe auf den 9. August 2004 festgesetzt war, konnte die Frist für die Anträge auf zusätzliche Informationen nur am Freitag, dem 30. Juli 2004, und nicht, wie von der Klägerin vorgebracht, am Samstag, dem 31. Juli 2004, ablaufen. 118    Wie die EMSA zutreffend ausführt, hat die Klägerin – wie sie in ihren Schriftsätzen festgestellt hat – ab Samstag, dem 31. Juli 2004, versucht, ihren Antrag auf zusätzliche Informationen abzuschicken, also nach Ablauf der dafür eingeräumten Frist. Da der Antrag verspätet war, hat ihn die EMSA, wenn sie ihn überhaupt erhalten hat, zu Recht nicht beantwortet. 119    Was schließlich den behaupteten Verstoß gegen Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Klagegrund erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist. Gemäß Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch stellen Klagegründe oder Argumente, die eine Erweiterung eines bereits vorher – ausdrücklich oder stillschweigend – in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellen und die einen engen Zusammenhang mit diesen aufweisen, keinen neuen Klagegrund im Sinne des Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 28. November 2002, Scan Office Design/Kommission, T‑40/01, Slg. 2002, II‑5043, Randnr. 96, und vom 21. Mai 2008, Belfass/Rat, T‑495/04, Slg. 2008, II‑781, Randnr. 87). 120    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen weder als ein Angriffsmittel angesehen werden kann, das auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten sind, denn es wird auf einen vermeintlichen Rechtsverstoß gestützt, den die Klägerin bereits bei Klageerhebung hätte erkennen und geltend machen können, noch als eine Erweiterung eines bereits vorgetragenen Angriffsmittels, da die Klägerin die ihrer Ansicht nach verletzte Rechtsvorschrift erst in der mündlichen Verhandlung bezeichnet hat und dieser Nichtigkeitsgrund weder unmittelbar noch mittelbar in der Klageschrift angesprochen worden ist, sondern der vorliegende Klagegrund auf den Vorwurf einer Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt gestützt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 1982, Amylum/Rat, 108/81, Slg. 1982, 3107, Randnr. 25). Im Übrigen trägt die Klägerin keinen rechtlichen oder tatsächlichen Grund vor, der während des Verfahrens zutage getreten wäre und auf den diese Rüge gestützt werden könnte. Diese Rüge ist daher wegen Verspätung im Sinne des Art. 48 § 2 Abs. 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen. 121    Nach alledem ist zu schließen, dass der erste Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, als unbegründet zurückzuweisen ist. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50 Vorbringen der Parteien 122    Mit diesem Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die EMSA habe dadurch gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50 verstoßen, dass sie in der Ausschreibung ungenaue und nicht richtig definierte Kriterien angewandt habe. Außerdem trägt sie in der Erwiderung vor, der Bewertungsausschuss habe mit seiner Entscheidung, die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufzuteilen, nicht nur offen zugegeben, dass diese Kriterien nicht genau definiert seien und geklärt und/oder ersetzt werden müssten, was die EMSA in ihrer Klagebeantwortung auch zugegeben habe, sondern auch gegen die Haushaltsordnung verstoßen. 123    Im Übrigen macht die Klägerin geltend, bestimmte Teile der Ausschreibungen, die für die Vorlage eines wettbewerbsfähigen Angebots erforderlich seien, beispielsweise die tatsächliche Laufzeit des Vertrags, die Zahl der Mitgliedstaaten, die die Verfahren bereits durchgeführt hätten, die Rolle der ausgewählten Techniker (Helpdesk) sowie der Inhalt und die Dauer ihrer Dienstleistungen, seien entgegen Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 ebenfalls mit ungenauen Begriffen bezeichnet worden. Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sie sich auf Ausschreibungen von Organen, in denen die Unterlagen vollständiger und klarer gewesen seien. 124    Schließlich rügt die Klägerin, die EMSA habe sich in ihrem Schreiben vom 16. Dezember 2004 unter Berufung auf das Vergaberecht geweigert, ihr den Namen des ausgewählten Bieters mitzuteilen, während derselbe Bedienstete, der das Schreiben unterzeichnet habe, sie einige Wochen später angerufen und ihr ein persönliches Treffen vorgeschlagen habe, um das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens zu erläutern, was die Klägerin aber abgelehnt habe. 125    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 126    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 17 der Richtlinie 92/50 geltend macht. Gemäß Art. 105 der Haushaltsordnung finden die Richtlinien über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge auf die öffentlichen Aufträge, die die Organe und Einrichtungen auf eigene Rechnung vergeben, ab 1. Januar 2003 – dem Datum des Inkrafttretens der Haushaltsordnung – nur auf Fragen der Schwellenwerte Anwendung, die für die Veröffentlichungsmodalitäten, die Wahl eines Verfahrens und die entsprechenden Fristen festgelegt sind. Folglich ist die Rüge der Klägerin hinsichtlich der Zuschlagskriterien des umstrittenen Auftrags im vorliegenden Fall, in dem es um die Vergabe einer Dienstleistung durch eine Agentur wie die EMSA geht, nach dem Vorbild der für Organe anwendbaren Bestimmungen einzig am Maßstab der Haushaltsordnung und der Durchführungsbestimmungen zu prüfen. 127    Insofern ist festzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung die Zuschlagskriterien vorab festlegen und in den Ausschreibungsunterlagen spezifizieren muss. Diese Verpflichtung, die einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit der für jede Ausschreibung geltenden Kriterien und Bedingungen gewährleisten soll, wird zudem in Art. 138 der Durchführungsbestimmungen näher bestimmt. –       Zur Rüge der Ungenauigkeit der Zuschlagskriterien 128    Hinsichtlich der Rüge der Klägerin, die EMSA habe gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstoßen, da sie in den Ausschreibungsunterlagen Kriterien verwendet habe, die nicht richtig definiert gewesen seien, ist zunächst daran zu erinnern, dass es sich bei der in Rede stehenden Vergabe im Einklang mit Art. 97 Abs. 2 der Haushaltsordnung sowie Art. 138 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen um eine Vergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot handelte (siehe Nr. 13 der Verdingungsunterlagen, oben in Randnr. 18 angeführt). 129    Erfolgt die Auftragsvergabe an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, muss der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien beschreiben und spezifizieren, die eine inhaltliche Bewertung der Angebote ermöglichen. Gemäß Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen müssen diese Kriterien im Übrigen durch den Gegenstand der Ausschreibung gerechtfertigt sein. Gemäß Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen muss der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen auch genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien machen, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmungen sollen bei der Bewertung der Angebote im Hinblick auf die Vergabe des Auftrags die Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz sicherstellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 1988, Beentjes, 31/87, Slg. 1988, 4635, Randnrn. 21 und 22, und vom 12. Dezember 2002, Universale‑Bau u. a., C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617, Randnrn. 90 bis 92; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑406/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). 130    Diese Bestimmungen sollen daher allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725, Randnr. 42) und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Universale‑Bau u. a., oben in Randnr. 129 angeführt, Randnr. 93). 131    Zwar sind in Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen die Kriterien, die von den öffentlichen Auftraggebern berücksichtigt werden können, nicht abschließend aufgezählt, so dass diese Bestimmung den öffentlichen Auftraggebern die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung überlässt, doch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2008, Lianakis u. a., C‑532/06, Slg. 2008, I‑251, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 25. Februar 2003, Renco/Rat, T‑4/01, Slg. 2003, II‑171, Randnr. 66, und Strabag Benelux/Rat, T‑183/00, Slg. 2003, II‑135, Randnrn. 73 und 74). 132    Außerdem müssen die Zuschlagskriterien, die der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots festgelegt hat, nicht notwendigerweise quantitativer Art oder ausschließlich auf die Preise ausgerichtet sein. Selbst wenn in den Verdingungsunterlagen Zuschlagskriterien enthalten sind, die nicht quantitativ ausgedrückt sind, können diese Kriterien objektiv und einheitlich zum Vergleich der Angebote angewandt werden und sind eindeutig für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots relevant (vgl. in diesem Sinne Urteil Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 67 und 68). 133    Im vorliegenden Fall hatte die EMSA in Nr. IV.2 der Bekanntmachung des Auftrags sowie in Nr. 13 der Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien angegeben, auf deren Grundlage sie den Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wollte, und zwar einerseits drei qualitative Kriterien mit der relativen Gewichtung, die sie jedem Kriterium zukommen lassen wollte, und zum anderen ein quantitatives Kriterium, nämlich der Gesamtpreis des Angebots mit seiner Gewichtung für das Angebot insgesamt. 134    Die drei qualitativen Kriterien und ihre jeweilige Gewichtung lauten: „1.       vorgeschlagene Methodik für das Projekt – einschließlich detaillierter Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie der Etappenziele und der Vertragsleistungen (gemäß Nr. 3 [der Verdingungsunterlagen]) (40 %); 2.       Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und kurze Darstellung dieses Verständnisses (20 %); 3.       Qualität der operationellen Dienstleistungen (Helpdesk) (10 %).“ 135    Die Klägerin beruft sich lediglich auf die Ungenauigkeit dieser Kriterien, indem sie die Frage aufwirft, wie die EMSA die Qualität der Angebote für jedes dieser Kriterien objektiv habe bewerten können. Sie trägt nichts vor, worauf sich ihre Behauptung stützen ließe, die EMSA habe bei der Definition dieser Kriterien die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung missachtet. 136    Insofern ist hervorzuheben, dass die fraglichen qualitativen Kriterien, wie die für die Erbringung der Dienstleistungen vorgesehene Organisation und Methodik, ein gutes Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen und die Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen, in ihrem Zusammenhang, und zwar in Verbindung mit den Erläuterungen in Nr. 3 der Verdingungsunterlagen (siehe vorstehend, Randnr. 19), für eine gute Ausführung der Dienstleistungen und damit den Wert der Angebote selbst ausschlaggebend sein können. Es handelt sich daher um für die Feststellung des wirtschaftlich günstigsten Angebots maßgebliche Kriterien. Wie vorstehend in Randnr. 132 außerdem ausgeführt, lässt der bloße Umstand, dass diese Kriterien nicht quantitativer Art sind, nicht den Schluss zu, dass der öffentliche Auftraggeber sie nicht objektiv und einheitlich angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 67 und 68). Schließlich ist festzustellen, dass die EMSA gemäß den anwendbaren Bestimmungen die jedem dieser qualitativen Kriterien zukommende Gewichtung in Prozent angegeben und so die Bieter darüber unterrichtet hat, welche Bedeutung sie jedem Kriterium bei der vergleichenden Bewertung der Angebote beimessen wollte. 137    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin enthalten die Akten nichts, worauf sich der Vorwurf stützen ließe, dass die EMSA die sich aus den oben genannten Verordnungsbestimmungen ergebenden Grenzen bei der Wahl und der Definition der Zuschlagskriterien zur Feststellung des wirtschaftlich günstigsten Angebots überschritten hat. 138    Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die EMSA ihre Verpflichtung, die Zuschlagskriterien in den Ausschreibungsunterlagen gemäß den Grundsätzen der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung zu bestimmen, verletzt hat. 139    Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin entkräftet werden, das darauf Bezug nimmt, wie andere Organe im Rahmen anderer Vergabeverfahren die Ausschreibungsunterlagen abgefasst haben. 140    Hierzu ist daran zu erinnern, dass der Gesetzgeber dadurch, dass er es den öffentlichen Auftraggebern überlassen hat, die von ihnen für sachgerecht gehaltenen Zuschlagskriterien frei zu wählen, ihnen erlauben wollte, die Art und Weise, den Gegenstand und die spezifischen Eigenschaften eines jeden Auftrags bei der Wahl und der Formulierung der Zuschlagskriterien zu berücksichtigen. Die Klägerin kann sich daher nicht erfolgreich auf die Formulierung von Zuschlagskriterien, die bestimmte Einrichtungen im Rahmen anderer Vergabeverfahren gewählt haben, berufen, um die Unbestimmtheit der im vorliegenden Fall gewählten Zuschlagskriterien darzutun. Die Bezugnahme auf Ausschreibungsunterlagen anderer Vergabeverfahren stellt hierfür weder ein einschlägiges noch ein hinreichendes Beweismittel hierfür dar. 141    Was schließlich das Argument anbelangt, der Bewertungsausschuss habe dadurch, dass er beschlossen habe, die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufzuteilen, offen zugegeben, dass die ausgewählten Zuschlagskriterien nicht genau definiert und klärungsbedürftig und/oder zu ersetzen seien, ist festzustellen, dass das Vorliegen von Unterkriterien zu einem Hauptkriterium unabhängig von der Frage, ob im vorliegenden Fall eine solche Unterteilung vorgenommen worden ist, keineswegs beweist, dass die Hauptkriterien unbestimmt sind. 142    Die Rüge, mit der die Unbestimmtheit der Zuschlagskriterien geltend gemacht wird, ist daher als unbegründet zurückzuweisen. –       Zur Rüge der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen 143    Was das Argument der mangelnden Bestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen angeht, muss, wie vorstehend in Randnr. 78 ausgeführt, die Klage den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Klägerin darauf, auf einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung hinzuweisen, der sich aus der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen ergeben soll, ohne diese Behauptung durch irgendein Argument zu stützen, und vor allem, ohne die Ausschreibung, auf die sie sich bezieht, genau zu benennen. Daher muss das Vorbringen angesichts der erwähnten Grundsätze als unzulässig abgewiesen werden. –       Zur Rüge der Rechtswidrigkeit der Unterteilung eines der Zuschlagskriterien in Unterkriterien 144    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass diese Rüge, obwohl die Klägerin sie in der Erwiderung vorgebracht hat, gleichwohl gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung zugelassen werden kann, da sie auf rechtliche und tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens, nämlich durch den Bericht an den Finanzkontrolleur (Report to the authorising officer) vom 19. November 2004, sowie die technischen Bewertungsbögen, die die EMSA als Anlagen zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht hat, zutage getreten sind. 145    Wenn der Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben wird, muss der öffentliche Auftraggeber, wie vorstehend in Randnr. 129 ausgeführt, gemäß Art. 97 der Haushaltsordnung und Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags die anwendbaren Zuschlagskriterien und deren Gewichtung angeben. 146    Die letztgenannten Bestimmungen, die im Licht der in Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung enthaltenen Grundsätze der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und der Transparenz zu verstehen sind, verlangen, dass den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und deren relative Bedeutung bekannt sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 24. November 2005, ATI EAC e Viaggi di Maio u. a., C‑331/04, Slg. 2005, I‑10109, Randnr. 24, und Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 36). 147    Demnach darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 38). 148    Nach ständiger Rechtsprechung darf ein öffentlicher Auftraggeber gleichwohl nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote unter drei Bedingungen Gewichtungskoeffizienten für die Unterkriterien von vorab festgelegten Zuschlagskriterien bestimmen, sofern nämlich erstens diese nachträgliche Bestimmung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, zweitens nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und drittens nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile ATI EAC e Viaggi di Maio u. a., oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 32, und Lianakis u. a., oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 42 und 43). 149    Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass in Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen als erstes Zuschlagskriterium die „vorgeschlagene Methodik für das Projekt“ angegeben ist, und dass diese „[detaillierte] Vorschläge für die Durchführung des Projekts“, einschließlich der Etappenziele und der Vertragsleistungen gemäß Nr. 3 der Verdingungsunterlagen, umfassen muss. Die Verdingungsunterlagen gewichteten dieses Kriterium mit 40 von 100 Punkten. 150    Die Bieter mussten nach Nr. 3 der Verdingungsunterlagen in ihre Angebote genaue Angaben zum Plan für die Durchführung des Projekts aufnehmen, wobei jeder Arbeitsabschnitt klar definiert sein musste, und dieser Durchführungsplan musste bestimmte Mindestangaben enthalten (siehe vorstehend, Randnr. 19). Dazu gehörten vor allem die horizontalen Maßnahmen (Nr. 3.1), die Beschreibung des Projektmanagementteams und der Verantwortlichen (Nr. 3.2), die Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements (Nr. 3.4) sowie die Beschreibung der Arbeitsabschnitte und ihr Zusammenhang (Nr. 3.5). Insbesondere heißt es in Nr. 3.2 zur Beschreibung des Projektmanagementteams, dass die Bieter „in dem Angebot die genauen Dienstleistungen [klar beschreiben] und … detaillierte Angaben zu der Antwortzeit [machen und] ihrem Angebot den detaillierten Lebenslauf eines jeden für die Durchführung der Arbeit verantwortlichen Mitglieds des Personals beifügen [müssen], der Angaben zu dessen Ausbildung, Hochschulniveau und Diplomen, der Berufserfahrung, Veröffentlichungen und der Beherrschung von Sprachen enthält“. In Nr. 3.4 über die Dienstleistungen auf der Ebene des Projektmanagements heißt es im Übrigen, dass der Bieter in seinem Angebot eine detaillierte Beschreibung der in diesem Abschnitt aufgezählten Bedingungen und das Gantt-Diagramm für den Durchführungsplan des Projekts vorlegen muss. Schließlich ist nach Nr. 3.5 ein Gesamtüberblick über die Manntage und deren Kosten für jeden Arbeitsabschnitt einzureichen. 151    Aus dem Bericht an den Finanzkontrolleur vom 19. November 2004 geht hervor, dass der Bewertungsausschuss das erste Kriterium betreffend die vorgeschlagene Methodik für das Projekt (das detaillierte Vorschläge für die Durchführung des Projekts sowie die Etappenziele und die Vertragsleistungen gemäß Nr. 3 der Verdingungsunterlagen enthalten musste) in zwei Unterkriterien gefasst hatte: „Aufteilung der Aufgaben, Qualität des angebotenen Arbeitskräftepotenzials und Manntage (Roadmap): 20 %; zu erbringende Dienstleistungen: 20 %“. 152    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat der Bewertungsausschuss diese Zuschlagskriterien nicht in Unterkriterien unterteilt, die den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht worden sind. Die Unterkriterien entsprechen nämlich im Wesentlichen der Beschreibung des ersten, die Methodik betreffenden Zuschlagskriteriums, das in Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen in Verbindung mit Nr. 3 der Verdingungsunterlagen (siehe vorstehend, Randnrn. 149 und 150) beschrieben wurde. Es ist daher festzustellen, dass der Bewertungsausschuss lediglich die 40 Punkte, die dem ersten Zuschlagskriterium zugeteilt werden konnten, gewichtet hat, indem er sie gleichmäßig auf diese Unterkriterien aufgeteilt hat. 153    Nach alledem ist zu prüfen, ob der Bewertungsausschuss dadurch, dass er eine solche Gewichtung vorgenommen hat, gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstoßen hat. 154    Aus der vorstehend in Randnr. 148 aufgeführten Rechtsprechung geht hervor, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht gegen die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen verstößt, wenn er die für dieses Kriterium bei Erstellung der Verdingungsunterlagen vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteilt, sofern diese Aufteilung die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags festgelegten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und nicht unter Berücksichtigung von Umständen vorgenommen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten. 155    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin dadurch, dass sie sich damit begnügt, allgemein zu rügen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Kriterium in zwei Unterkriterien aufgeteilt habe, nicht dargetan hat, dass dessen Entscheidung, eine solche Aufteilung vorzunehmen, eine Änderung der zuvor in den Ausschreibungsunterlagen bestimmten Zuschlagskriterien mit sich gebracht hat, dass sie etwas enthält, das die Vorbereitung der Angebote hätte beeinflussen können oder dass sie eine diskriminierende Wirkung gegenüber der Klägerin oder einem der Bieter hatte. 156    Nach alledem ist diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen. 157    Was schließlich die Rüge anbelangt, die im Wesentlichen auf der verspäteten Mitteilung des Namens des ausgewählten Bieters beruht – den die EMSA der Klägerin nicht gemäß Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung binnen 15 Tagen nach der Anforderung mitgeteilt hat, sondern erst einige Wochen später im Wege der dem Schreiben der EMSA vom 6. Januar 2005 beigefügten Bekanntmachung der Durchführung der Vergabe des öffentlichen Auftrags im Amtsblatt –, ist festzustellen, dass diese Verzögerung, so bedauerlich und ungerechtfertigt sie auch sein mag, die Möglichkeit für die Klägerin, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, jedoch nicht eingeschränkt hat und daher nicht als solche zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen kann (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52). Schließlich zeigt die Klägerin weder auf, welche Folge dieser Umstand für die Rechtmäßigkeit der Vergabeentscheidung haben könnte, noch, wie er sich konkret auf ihre Verteidigungsrechte ausgewirkt haben könnte. 158    Aus alledem ist zu schließen, dass der zweite Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, insgesamt zurückzuweisen ist. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und Fehlen sachdienlicher Informationen Vorbringen der Parteien 159    Die Klägerin macht geltend, die Entscheidung der EMSA, ihr Gebot zurückzuweisen und den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, sei wegen Fehlens einer angemessenen Begründung mangelhaft. 160    Erstens wirft sie der EMSA vor, ihr die Möglichkeit genommen zu haben, die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zu beurteilen, indem sie ihre Fragen nicht fristgemäß beantwortet und die wiederholt schriftlich angeforderten Erläuterungen nicht gegeben habe. 161    Zweitens macht sie geltend, die EMSA habe ihr nicht alle beantragten Informationen über die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots gegeben. Hierzu weist sie darauf hin, dass der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 253 EG und Art. 8 der Richtlinie 92/50 verpflichtet sei, seine Entscheidung, das Angebot eines Bieters abzulehnen, auf Ersuchen um Mitteilung der Zurückweisungsgründe binnen 15 Tagen hinreichend zu begründen. 162    Im vorliegenden Fall habe die EMSA die Gründe für die Zurückweisung des Angebots der Klägerin nicht klar dargelegt, sondern sich darauf beschränkt, ihr – mit beträchtlicher Verzögerung und nur nach wiederholter Aufforderung – einige wenige Informationen zu geben, die nicht den Bestimmungen der Haushaltsordnung und der Rechtsprechung zum öffentlichen Auftragswesen entsprochen hätten. Sie habe es auch unterlassen, die Merkmale und komparativen Vorteile des ausgewählten Angebots anzugeben, und die Klägerin damit daran gehindert, sich zu der Wahl substantiiert zu äußern und sie in Frage zu stellen, sowie ihr die Möglichkeit genommen, Schadensersatz zu erhalten. 163    Zur Stützung ihres Vorbringens legt die Klägerin als Beispiel die Kopie des Bewertungsberichts aus einem anderen Vergabeverfahren vor, den ihr eine Generaldirektion der Kommission übersandt habe. Schon ein einfacher Vergleich zwischen diesem Schriftstück und dem Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 zeige, dass das Schreiben nicht die in den Rechtsvorschriften und gemäß der Rechtsprechung vorgesehene Begründungspflicht auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens erfülle. 164    Sodann weist die Klägerin das Vorbringen der EMSA zurück, das Gericht könne nur die Entscheidung, keine Begründung zu geben, nicht aber die angefochtenen Entscheidungen selbst für nichtig erklären. Dies würde bedeuten, dass die öffentlichen Auftraggeber willkürliche Entscheidungen treffen könnten, ohne sie zu begründen, und den Vertrag unterzeichnen könnten. 165    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 166    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrer ersten Rüge die Weigerung der EMSA beanstanden will, mit ihr die Vorteile ihres Angebots im Vergleich zu den Vorteilen des ausgewählten Angebots zu erörtern. Hierzu genügt die Feststellung, dass der öffentliche Auftraggeber aufgrund seiner Pflicht, die Zurückweisung eines Angebots zu begründen, nicht verpflichtet ist, eine solche Diskussion zu führen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2008, AWWW/FEACVT, T‑211/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43). Außerdem kann die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht allein aus diesem Grund in Frage gestellt werden (Urteil vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 78). Die Klägerin kann der EMSA daher nicht vorwerfen, dadurch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen zu haben, dass sie sich geweigert habe, auf die Fragen und Anträge auf Erläuterungen zu antworten, die sie ihr vor Erhalt des Schreibens vom 16. Dezember 2004 gestellt habe. 167    Was die zweite Rüge anbelangt, die einen Verstoß gegen die eigentliche Begründungspflicht betrifft, den die Klägerin darin sieht, dass die EMSA es unterlassen habe, ihr die angeforderten Informationen über die Zurückweisungsgründe für ihr Angebot mitzuteilen, ist darauf hinzuweisen, dass es sich im Rahmen eines Vergabeverfahrens für einen öffentlichen Auftrag wie dem vorliegenden bei den Verordnungsbestimmungen, die den Inhalt der Begründungspflicht des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem Bieter, dessen Angebot abgelehnt worden ist, festlegen, um Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 der Durchführungsbestimmungen und nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, um die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 handelt (siehe vorstehend, Randnr. 126). 168    Aus den genannten Bestimmungen folgt, dass der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht genügt, wenn er sich zunächst darauf beschränkt, jeden abgewiesenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots zu unterrichten, und sodann die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und ausdrücklich um diese Mitteilung ersucht haben, binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags mitteilt (vgl. Urteile vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 68, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 169    Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 170    Hinzuzufügen ist, dass die Frage, ob der Begründungspflicht genügt wurde, aufgrund der Informationen zu beurteilen ist, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß (Urteile Strabag Benelux/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 58, Renco/Rat, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 96, und vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 129 angeführt, Randnr. 50). 171    Außerdem ist hervorzuheben, dass das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 172    Im vorliegenden Fall ist schließlich daran zu erinnern, dass Nr. 13.1 der Verdingungsunterlagen drei Zuschlagskriterien vorsieht, nämlich die „vorgeschlagene Methodik für das Projekt“ – die ausdrücklich auf Nr. 3 der Verdingungsunterlagen Bezug nimmt, wonach die Bieter bestimmte detaillierte Informationen vorlegen müssen (siehe vorstehend, Randnr. 19) –, das „Verständnis der Spezifikationen der Verdingungsunterlagen“ und die „Qualität der operationellen Dienstleistungen“. Für die Bewertung der Angebote im Hinblick auf jedes dieser drei Bewertungskriterien wurde ein Punktesystem aufgestellt. Ebenso wurde für jedes Kriterium eine Mindestpunktzahl (60 %) vorgesehen und insgesamt ein Minimum von 70 % verlangt. Nur die Angebote, die die Mindestschwellen für die erforderlichen Punkte erreichten, durften für die Vergabe des Auftrags berücksichtigt werden. 173    Um zu entscheiden, ob die EMSA dem in der Haushaltsordnung und deren Durchführungsbestimmungen festgelegten Begründungserfordernis Genüge getan hat, müssen daher ihre Schreiben vom 6. Dezember 2004 und vom 16. Dezember 2004 geprüft werden, die sie der Klägerin auf deren ausdrücklichen Antrag vom 7. Dezember 2004, ihr zusätzliche Auskünfte zu der Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags und die Ablehnung ihres Angebots zu geben, übersandt hat. 174    Dazu ist festzustellen, dass der Klägerin mit dem Schreiben vom 6. Dezember 2004 mitgeteilt wurde, dass ihr Angebot in der Zuschlagsphase nicht ausgewählt worden sei, da das Preis-Leistungs-Verhältnis unter demjenigen des ausgewählten Angebots gelegen habe. Die EMSA unterrichtete die Klägerin in diesem Schreiben auch darüber, dass sie zusätzliche Informationen zu den Gründen für die Ablehnung ihres Angebots, den Merkmalen und Vorteilen des Angebots des ausgewählten Bieters sowie dessen Namen anfordern könne, was die Klägerin mit Fernkopie vom 7. Dezember 2004 tat. 175    Was das Schreiben der EMSA vom 16. Dezember 2004 anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin behauptet, sie habe es erst am 7. Januar 2005 als Anlage zu der Fernkopie der EMSA von diesem Tag auf ihre Fernkopie vom 5. Januar 2005 hin erhalten, in der sie sich darüber beschwert habe, dass sie über die Vergabe des fraglichen Auftrags nicht unterrichtet worden sei. Das Gericht hat keinen Grund, zu bezweifeln, dass die EMSA das Schreiben am 16. Dezember 2004 versandt hat – was die Klägerin im Übrigen nicht ausdrücklich bestreitet –, und ist der Auffassung, dass die EMSA durch keine Bestimmung über das Vergabeverfahren für den betreffenden Auftrag verpflichtet ist, Versendungsmodalitäten für diese Art der Mitteilung einzuhalten, die es ihr erlauben, den tatsächlichen Erhalt durch die Bieter zu beweisen, obwohl es bedauerlich ist, dass sie es nicht für geboten hielt, Übermittlungsarten auszuwählen, die es ihr erlauben konnten, eine solche Überprüfung sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 19. Oktober 2007, Evropaïki Dynamiki/EFSA, T‑69/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56). Jedenfalls hat diese Verzögerung die Klägerin nicht in ihrer Möglichkeit beeinträchtigt, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, und kann allein nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Klägerin alle in diesem Schreiben erhaltenen Informationen verwendet hat, um die vorliegende Klage zu erheben. 176    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die EMSA in diesem Schreiben die Anzahl der dem Angebot der Klägerin für jedes Zuschlagskriterium zugeteilten Punkte sowie das Endergebnis für das Preis-Leistungs-Verhältnis ihres Angebots angegeben hat, das 68,89 von 100 Punkten betrug, während das Angebot des ausgewählten Bieters 79,33 von 100 Punkten erreichte. Hinsichtlich des Angebots des ausgewählten Bieters enthält das Schreiben, dessen Inhalt vorstehend in Randnr. 27 wiedergegeben ist, eine genaue Analyse. 177    Aus den Akten geht hervor, dass die Informationen, die mit der bei der Durchführung des Projekts angewandten Methodik, der Aufgabenbeschreibung, der vorgeschlagenen Anzahl von Manntagen sowie den Vertragsleistungen verbunden sind, die Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters anhand des ersten Kriteriums betreffen, während sich die Informationen zum Verständnis des Projekts und zur vorgeschlagenen Dienstgütevereinbarung auf das zweite und das dritte Zuschlagskriterium beziehen. 178    Außerdem sind diese Informationen im Zusammenhang mit Nr. 3 der Verdingungsunterlagen zu verstehen, die eine Reihe von genauen Angaben für das Angebot vorgibt, vor allem die bereitgestellten Mittel, das Gantt-Diagramm, die Aufteilung der Aufgaben, die vorgeschlagene Zahl der Manntage sowie die nach Art der Aufgabe bestimmten Vertragsleistungen (siehe vorstehend, Randnr. 150). Da die Klägerin, wie die Abfassung ihres Angebots belegt, eine vertiefte Kenntnis der Verdingungsunterlagen besaß, war sie in der Lage, daraus die Vorteile des ausgewählten Angebots abzuleiten. 179    Angesichts aller dieser Informationen sowie der Angaben zu der ihrem Angebot für jedes Kriterium zugeteilten Punktzahl war die Klägerin in der Lage, nicht nur die Schwächen ihres Angebots und damit die Gründe für seine Ablehnung zu erkennen, nämlich, dass sie bei zwei Zuschlagskriterien nicht das erforderliche Qualitätsniveau erreichte, sondern auch das Gesamtergebnis der Beurteilung ihres Angebots (68,69 von 100 Punkten) mit dem des ausgewählten Angebots (79,33 von 100 Punkten) zu vergleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 180    Im Übrigen ergibt sich aus den Angaben in diesem Schreiben insgesamt, dass das Angebot der Klägerin weder die für das erste („vorgeschlagene Methodik für das Projekt“) und das dritte („Qualität der operationellen Dienstleistungen“) Zuschlagskriterium verlangte Mindestpunktzahl noch überhaupt das erforderliche Gesamtergebnis von mindestens 70 von 100 Punkten erreicht hatte, während nach den Ausführungen in den Verdingungsunterlagen nur die Angebote, die die erforderliche Mindestschwelle erreichten, bei der Vergabe des fraglichen Auftrags berücksichtigt werden sollten. 181    Aus alledem ist zu schließen, dass eine solche Begründung es der Klägerin ermöglichte, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, und diesem, seine Kontrollaufgabe hinsichtlich der Ablehnung des Angebots wahrzunehmen. Daher ist der vorliegende Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA Vorbringen der Parteien 182    In ihrer Klageschrift macht die Klägerin geltend, die EMSA habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die Qualität ihres Angebots nicht richtig und nicht objektiv beurteilt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass diese unter der des ausgewählten Bieters liege. 183    Außerdem sei offensichtlich, dass die Entscheidung des Bewertungsausschusses auf ungenaue Annahmen gestützt sei, da die EMSA keine objektive, im Voraus festgelegte und den Bietern bekannte Methodik verfolgt habe. 184    In der Erwiderung bestreitet die Klägerin zunächst die Behauptung der EMSA, die Festlegung der Bewertungsmethodik hätte bestimmte Bieter begünstigen können. Nach ihrer Auffassung beeinträchtigt eine Methodik nicht die Rechte der Bieter, sondern ermöglicht es ihnen vielmehr, das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis einzureichen, und dem Gericht, seine Kontrollfunktion wahrzunehmen. Im Übrigen bestätige die Tatsache, dass der Bewertungsausschuss die Zuschlagskriterien in Unterkriterien aufgeteilt habe, dass die Kriterien nicht hinreichend bestimmt gewesen seien. 185    Die Klägerin rügt zudem die Unterlagen des Bewertungsausschusses, die die EMSA als Anlage zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gereicht habe. 186    Insofern habe die Unterteilung des ersten Zuschlagskriteriums in zwei Unterkriterien durch den Bewertungsausschuss dazu geführt, dass dieser sich auf zwei einzelne Gesichtspunkte der Ausschreibung konzentriert habe, die den Bietern vor der Abgabe ihrer Angebote nicht bekannt gewesen seien. 187    Zum Bewertungsbericht macht sie erstens geltend, auch wenn aus dem Bericht hervorgehe, dass das Angebot des ausgewählten Bieters „geringfügige Irrtümer“ aufweise, sei es ihr nicht möglich gewesen, sich zur Bedeutung dieser Irrtümer zu äußern, da der Bericht deren Art nicht näher beschreibe. Zweitens sei die Bewertung der Schwächen ihres Angebots ungenau formuliert gewesen, und die Anmerkungen seien zu allgemein. 188    Die Klägerin beanstandet auch bestimmte Anmerkungen in den Bewertungsbögen, die jeder Bewerter ausgefüllt habe. Was das Angebot des ausgewählten Bieters anbelangt, weist sie auf den Widerspruch zwischen der Äußerung eines der Bewerter hin, das Angebot des ausgewählten Bieters enthalte „geringfügige Irrtümer hinsichtlich des von dem System SafeSeaNet zu leistenden Informationsflusses und der Art der unterstützten Informationen“, und der Feststellung, diese Irrtümer hätten keine „unmittelbaren Wirkungen auf das Verständnis der Spezifikationen“. Ferner habe der ausgewählte Bieter, einem der Bewerter zufolge, große Erfahrung bei der Durchführung maritimer Projekte; die Erfahrung habe jedoch nicht zu den Zuschlagskriterien gehört. 189    Sie wendet sich auch gegen bestimmte Anmerkungen der Ausschussmitglieder bei der Bewertung ihres Angebots. Es handelt sich vor allem um die Anmerkung des ersten Bewerters zu dem ersten Zuschlagskriterium, unter Buchst. a, nach dem die Zahl von 833,5 Manntagen, ohne das Helpdesk einzuschließen, überhöht sei, sowie die Anmerkungen des zweiten und des dritten Bewerters, die sich auf eine fehlende Übersichtlichkeit des Gantt-Diagramms, die fehlende Unterscheidung zwischen Phase A und B dieses Diagramms und die Länge der Phase der Analyse und Entwicklung beziehen. Aus ihrem Angebot sei klar hervorgegangen, dass, abgesehen von den dem Helpdesk zugeteilten Mitteln, das Projektteam auf die Dienstleistungen spezialisierter Ingenieure habe zurückgreifen sollen, die in den 833,5 Manntagen enthalten seien. In ihrem Angebot seien ferner das Funktionieren des Helpdesk, eine klare Methodik, die verwendete Informationsplattform, die Aktenführung und die Nutzung des geforderten „Dienstgütevertrags“ klar beschrieben. Die Bewerter hätten daher einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie diese Angaben nicht berücksichtigt hätten. 190    Einen zweiten offensichtlichen Beurteilungsfehler hätten die Bewerter dadurch begangen, dass sie die sogenannte Phase der „Analyse und Entwicklung“ als zu lang befunden hätten. Da die Verdingungsunterlagen eine auf das Internet ausgerichtete (web-oriented) Anwendung gefordert hätten, habe sie entsprechend der in sämtlichen Einrichtungen der Gemeinschaft und auf dem gesamten Markt angewandten Methodik gemäß den Grundsätzen der UML (Unified Modeling Language) eine auf einem iterativen Modell beruhende SSN-Anwendung entwickeln müssen. Sie habe daher 105 Seiten ihres Angebots der Erklärung der „Methodik der Softwareentwicklung“ gewidmet, von denen ein erheblicher Teil die Grundsätze der UML im Einzelnen erklärt habe. Die Bewerter hätten daher einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, denn sie hätten das Angebot der Klägerin weder angemessen geprüft noch berücksichtigt, dass es sich bei der anwendbaren Methodik um die UML gehandelt habe. 191    Hinsichtlich der mangelnden Übersichtlichkeit des Gantt-Diagramms weist die Klägerin außerdem darauf hin, dass ihr Gantt-Diagramm durch die Verwendung der UML und eines iterativen Ansatzes für das Verfahren gerechtfertigt sei. Insbesondere hätte, wie sie im Abschnitt „Übernahmemethodik“ ihres Angebots im Einzelnen erläutert habe, die Übernahmephase einen Monat dauern müssen, und die Validierung hätte gleichzeitig mit der Übernahme beginnen müssen. Drei Monate wären daher für die Validierung mehr als ausreichend gewesen. Während dieses Zeitraums hätte sie auch die „Analyse und Entwicklung“ vornehmen und dabei Informationen der Validierungsphase nutzen können. Die Durchführungsphase hätte ebenfalls gleichzeitig begonnen. Während der ersten beiden Monate hätte sich das Team der Klägerin zum Aufbau der Umgebung der Durchführung auf die Vorbereitungsarbeiten konzentriert. Es handele sich um einen klassischen Ansatz, den die Bewerter nicht als ungewöhnlich hätten bezeichnen dürfen, so dass sie einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätten. 192    Was schließlich die fehlende Unterscheidung zwischen der Phase A und der Phase B des Gantt-Diagramms anbelange, auf die die Bewerter wiederholt hingewiesen hätten, habe es in den Verdingungsunterlagen gerade geheißen, dass die beiden Phasen miteinander verbunden und als ein Projekt anzusehen seien. Auch insofern liege ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Bewerter vor. 193    Was das erste Zuschlagskriterium, unter Buchst. b, anbelangt, wendet sich die Klägerin gegen die Anmerkungen des ersten, des zweiten und des dritten Bewerters, es fehle jegliche konkrete Methodik, die technischen Treffen seien nicht im Einzelnen aufgeführt, und es mangele an Klarheit hinsichtlich der zu erbringenden Dienstleistungen. Sie trägt dazu vor, ihr Angebot führe alle erforderlichen Treffen auf, lege eine klare Auflistung der zu erbringenden Dienstleistungen vor und beschreibe für jeden Gesichtspunkt der Ausschreibung im Einzelnen die vorgeschlagene Methodik sowie die für jedes durchzuführende Projekt verwendete Methodik und den verfolgten Ansatz. Danach sei es eindeutig, dass die Bewerter einen weiteren offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätten. 194    Was schließlich das dritte Zuschlagskriterium anbelangt, weist die Klägerin darauf hin, dass nach Ansicht des ersten Bewerters die Tätigkeit des Helpdesk nicht in Bezug auf Funktionalität beschrieben worden sei und dass es keinen konkreten Vorschlag für die Organisation und das Management des Helpdesk gegeben habe, während nach Ansicht des zweiten Bewerters die Zahl der Manntage für das Helpdesk und die Unterstützung der Mitgliedstaaten nicht ausreichend gewesen sei und es keine klare Methode für die Handhabung der eingehenden Anrufe und die Verfahren zur Verminderung der Interventionszeit gegeben habe. Dazu weist die Klägerin darauf hin, dass sich aus ihrem Angebot klar ergeben habe, dass die Tätigkeit des Helpdesk auf die Dienstleistungen eines Teils der 833,5 Manntage zurückgreife – einer Zahl, die der Bewertungsausschuss als überhöht angesehen habe – und dass das Angebot ferner eine klare Beschreibung der Methode enthalte, die im Hinblick auf das Management auf Verfahren beruhe, die sich auf dem aktuellen Stand der Technik befänden, sowie auf Instrumenten der fortgeschrittenen Informationstechnologie. 195    Die EMSA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 196    Nach ständiger Rechtsprechung verfügt der öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über einen weiten Spielraum, und die Kontrolle durch das Gericht muss sich auf die Prüfung beschränken, ob kein schwerer und offensichtlicher Fehler vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 1978, Agence européenne d’intérims/Kommission, 56/77, Slg. 1978, 2215, Randnr. 20; Urteile des Gerichts vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg. 2005, II‑2627, Randnr. 47, und Belfass/Rat, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnr. 63). 197    Im vorliegenden Fall stützt sich das Vorbringen, das die Klägerin in ihren Schriftsätzen dem Nachweis des Vorliegens offensichtlicher Beurteilungsfehler widmet, im Wesentlichen auf drei Hauptgesichtspunkte. 198    Erstens fehle eine objektive und vorab festgelegte Methodik, die den Bietern bekannt gewesen sei, damit sie in die letzte Ausscheidung hätten gelangen können. Außerdem hätten die Bieter keine Kenntnis von der Unterteilung der Kriterien in Unterkriterien gehabt, und die Zuschlagskriterien seien dem Anschein nach allgemeiner und abstrakter Art gewesen; die Bewertung der Angebote habe daher nur subjektiv sein und von ungenauen Annahmen ausgehen können. 199    Es ist festzustellen, dass die Klägerin sich auf allgemeine Aussagen beschränkt, die nicht durch Beweismittel gestützt und untermauert sind. Sie versucht mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen, in den Rahmen dieses Klagegrundes die Argumente wiedereinzubringen, die sie bereits im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgebracht hat, den das Gericht zurückgewiesen hat. Außerdem hat die Klägerin nicht dargetan, wie die von ihr angeführten Fehler des öffentlichen Auftraggebers diesen zu ungenauen Annahmen und einer subjektiven Bewertung der Angebote veranlasst haben sollen. Jedenfalls war die Methodik, die der Bewertungsausschuss zur Erstellung der endgültigen Reihenfolge der Angebote angewandt hat, in Nr. IV.2 der Ausschreibung und Nr. 13 der Verdingungsunterlagen, in denen die EMSA die Kriterien, nach denen die Auswahl des Angebots erfolgen sollte, sowie die jedem dieser Kriterien beizumessende Gewichtung angegeben hat, im Voraus festgelegt und genau beschrieben. 200    Daher kann dieser erste Teil des Vorbringens den vorliegenden Klagegrund nicht stützen. 201    Zweitens wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters im Endbericht des Bewertungsausschusses, soweit der Ausschuss zwar das Vorliegen geringfügiger in diesem Angebot zutage getretener Irrtümer konstatiert, aber die Art dieser Irrtümer nicht genau angegeben habe. 202    Hierzu ist festzustellen, dass sich die erwähnte Anmerkung des Bewertungsausschusses auf das zweite Zuschlagskriterium bezieht und wie folgt lautet: „Der Bieter lässt ungeachtet geringfügiger Irrtümer in dem SafeSeaNet-Diagramm ein gutes Verständnis des Projekts erkennen.“ In einer derartigen Anmerkung als solcher kann kein Fehler oder innerer Widerspruch gesehen werden. Der öffentliche Auftraggeber kann nämlich die Auffassung vertreten, dass ein Angebot, obwohl es mit als geringfügig eingeschätzten Irrtümern behaftet ist, ein gutes Verständnis des Projekts aufweist. Jedenfalls hat die Klägerin die Fehlerhaftigkeit einer solchen Anmerkung nicht dargetan, und noch weniger hat sie dargetan, dass diese aus ihrer Sicht fehlerhafte Anmerkung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters zur Folge hatte. 203    Was drittens das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich des ersten Zuschlagskriteriums, unter Buchst. a und b, und des dritten Zuschlagskriteriums der betroffenen Ausschreibung (siehe vorstehend, Randnrn. 188 bis 194) betrifft, mit dem sie den spezifischen Anmerkungen zu ihrem Angebot entgegentritt, die auf den technischen Bewertungsbögen der einzelnen Bewerter enthalten sind, so geht dieses Vorbringen ins Leere. 204    Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass der Bewertungsausschuss, der sich aus mindestens drei Personen zusammensetzt, gemäß Art. 146 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen vom zuständigen Anweisungsbefugten zwecks Abgabe einer Stellungnahme ernannt wird. Dieser Ausschuss erstellt ein Protokoll der Bewertung, das von seinen Mitgliedern unterzeichnet wird und vor allem die Namen der ausgeschlossenen Bieter und die Gründe für den Ausschluss ihres Angebots sowie den Namen des ausgewählten Auftragnehmers und die Gründe für die Wahl enthält. Die endgültige Entscheidung über die Vergabe des Auftrags wird anschließend gemäß Art. 147 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen von dem öffentlichen Auftraggeber getroffen. 205    Daraus ergibt sich, dass die technischen Bewertungsbögen, die dazu dienen, die Bewertungen zusammenzutragen, zu denen verschiedene Bewerter gelangen, deren Meinungen offensichtlich voneinander abweichen können, keine selbständige rechtliche Bedeutung haben. Folglich können diese Bewertungsbögen im vorliegenden Fall von der Klägerin nicht einzeln herangezogen werden, um sich auf mögliche Widersprüche zwischen den Bewertungen in verschiedenen Bögen zu stützen, denn diese Bewertungen werden vom Bewertungsausschuss zusammengefasst, der auf diese Weise seine endgültige Haltung festlegt, die im Übrigen eine Stellungnahme gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber bleibt. 206    Die Entscheidung des Ausschusses kann, was den Vorschlag des künftigen Auftragnehmers und die Rechtfertigung dieser Wahl anbelangt, nur eine kollektive Entscheidung sein, da die Bewertung der einzelnen Mitglieder dieses Ausschusses in dem Endbericht aufgeht. Daher ist offensichtlich, dass sich jedes Vorbringen zur Geltendmachung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gegebenenfalls nur gegen den Bewertungsbericht des Bewertungsausschusses richten kann und nur dann, wenn die endgültige Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers sich tatsächlich darauf stützt. 207    Jedenfalls ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht dargetan hat, ob und wie sich diese von jedem Bewerter persönlich in den technischen Bewertungsbögen zum Ausdruck gebrachten Anmerkungen in dem endgültigen Bericht des Bewertungsausschusses niedergeschlagen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler ihres Angebots durch den öffentlichen Auftraggeber mit sich gebracht haben. Dazu hätte sie zumindest erklären müssen, auf welche Weise die vermeintlich fehlerhaften Anmerkungen die für ihr Angebot erzielten Noten hinsichtlich des ersten und des dritten Zuschlagskriteriums – also derjenigen, für die ihr Angebot nicht die in den Verdingungsunterlagen geforderte Mindestpunktzahl erhalten hat, und der einzigen, zu denen sie eine Rüge vorgebracht hat – betroffen haben sollen. Es genügt die Feststellung, dass die Klägerin keine solche Erklärung vorgebracht hat. 208    Nach alledem ist auch diese Rüge zurückzuweisen. 209    Daraus ist zu schließen, dass die Klägerin das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler, die der öffentliche Auftraggeber begangen haben soll, weder im Rahmen der Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters noch im Rahmen der Bewertung ihres Angebots dargetan hat. 210    Folglich ist der dritte Klagegrund, soweit er das Ausschreibungsverfahren C‑1/01/04 betrifft, insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. 3.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der späteren Entscheidungen der EMSA 211    Mit ihrem zweiten Antrag ersucht die Klägerin das Gericht, alle späteren Entscheidungen der EMSA über die betreffenden Ausschreibungen für nichtig zu erklären. 212    Hierzu ist daran zu erinnern, dass, wie bereits vorstehend in Randnr. 78 festgestellt, jede Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine zusammenfassende Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, müssen die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen eine Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen. 213    Im vorliegenden Fall gibt die Klägerin nicht genau an, auf welche Maßnahmen sich dieser zweite Antrag bezieht, und trägt nichts zur Stützung ihres Antrags vor. 214    Daher ist der zweite Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen 215    Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, der EMSA aufzugeben, eine Kopie des Berichts des Bewertungsausschusses sowie die einschlägigen Unterlagen, auf die er sich beziehe, vorzulegen. 216    Da die EMSA die von der Klägerin beantragten Unterlagen im Anhang zu ihrer Klagebeantwortung zu den Akten gegeben und die Klägerin sich dazu nicht weiter geäußert hat, ist über den Antrag nicht mehr zu befinden. Kosten 217    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Nach Ansicht des Gerichts sind bei angemessener Würdigung des vorliegenden Falls jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Entscheidung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), den Zuschlag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens „EMSA C‑2/06/04“ dem ausgewählten Bieter zu erteilen, wird für nichtig erklärt. 2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Azizi Cremona Frimodt Nielsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. März 2010. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Rechtlicher Rahmen Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.  Ausschreibungsverfahren EMSA C‑1/01/04 2.  Ausschreibungsverfahren EMSA C‑2/06/04 Verfahren und Anträge der Parteien Zur Zulässigkeit 1.  Zur Zuständigkeit des Gerichts für eine Entscheidung über eine gemäß Art. 230 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EMSA Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zur exceptio obscuri libelli Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zur Begründetheit 1.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑2/06/04 Zu dem Klagegrund, das von dem ausgewählten Bieter eingereichte Angebot sei nicht anforderungsgerecht Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der EMSA im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens C‑1/01/04 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sowie der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die Durchführungsbestimmungen und die Richtlinie 92/50 Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zur Rüge der Ungenauigkeit der Zuschlagskriterien –  Zur Rüge der Unbestimmtheit einiger Teile der Ausschreibungen –  Zur Rüge der Rechtswidrigkeit der Unterteilung eines der Zuschlagskriterien in Unterkriterien Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und Fehlen sachdienlicher Informationen Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler der EMSA Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der späteren Entscheidungen der EMSA Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen Kosten * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022 (Auszüge).#Air France-KLM gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Örtliche Zuständigkeit der Kommission – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Voraussetzungen für die Gewährung eines Geldbußenerlasses – Gleichbehandlung – Begründungspflicht – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-337/17.
62017TJ0337
ECLI:EU:T:2022:179
2022-03-30T00:00:00
Gericht
62017TJ0337 URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer) 30. März 2022 (*1) „Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Örtliche Zuständigkeit der Kommission – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Voraussetzungen für die Gewährung eines Geldbußenerlasses – Gleichbehandlung – Begründungspflicht – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑337/17, Air France-KLM mit Sitz in Paris (Frankreich), vertreten durch Rechtsanwältin A. Wachsmann, Rechtsanwalt A. de La Cotardière und Rechtsanwältin A.‑E. Herrada, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch A. Dawes und C. Giolito als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin N. Coutrelis, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 1742 final der Kommission vom 17. März 2017 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht), soweit er die Klägerin betrifft, sowie, hilfsweise, auf Teilnichtigerklärung dieses Beschlusses und auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen, erlässt DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richter J. Schwarcz, C. Iliopoulos und D. Spielmann sowie der Richterin I. Reine, Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2019 folgendes Urteil (1 ) [nicht wiedergegeben] II. Verfahren und Anträge der Parteien 62 Mit Klageschrift, die am 30. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 63 Die Kommission hat am 29. September 2017 die Klagebeantwortung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 64 Die Klägerin hat am 3. Januar 2018 eine Erwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 65 Die Kommission hat am 28. Februar 2018 eine Gegenerwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 66 Auf Vorschlag der Vierten Kammer hat das Gericht die vorliegende Rechtssache am 24. April 2019 gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen. 67 Am 24. Mai 2019 hat das Gericht den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt, die die Parteien fristgerecht beantwortet haben. 68 Die Parteien haben in der Sitzung vom 12. Juni 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 69 Die Klägerin hat am 18. Juni 2019 das vom Gericht in der Sitzung vom 12. Juni 2019 erbetene Schriftstück eingereicht. 70 Am 24. Juni 2019 hat das Gericht das mündliche Verfahren geschlossen. 71 Mit Beschluss vom 31. Juli 2020 hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen, da es sich für unzureichend unterrichtet hielt und die Parteien aufgefordert werden sollten, sich zu einem von ihnen nicht erörterten Vorbringen zu äußern. 72 Die Parteien haben mehrere vom Gericht am 4. August 2020 gestellte Fragen fristgerecht beantwortet und sodann zu den Antworten der jeweils anderen Partei Stellung genommen. 73 Mit Beschluss vom 6. November 2020 hat das Gericht das mündliche Verfahren erneut geschlossen. 74 Die Klägerin beantragt, – den angefochtenen Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft; – hilfsweise, Art. 1 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. b, Abs. 3 Buchst. b und Abs. 4, Art. 3 Buchst. b sowie Art. 4 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären und die darin gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen; – äußerst hilfsweise, Art. 3 Buchst. b und d des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären und die gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen; – jedenfalls der Kommission die gesamten Kosten aufzuerlegen. 75 Die Kommission beantragt im Wesentlichen, – die Klage abzuweisen; – die Höhe der der Klägerin auferlegten Geldbußen dahin abzuändern, dass die Gewährung der allgemeinen Ermäßigung von 50 % und der allgemeinen Ermäßigung von 15 % rückgängig gemacht wird, falls das Gericht entscheiden sollte, dass der Umsatz aus eingehenden Frachtdienstleistungen für den in Rede stehenden Umsatz nicht berücksichtigt werden durfte; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung [nicht wiedergegeben] A. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung [nicht wiedergegeben] 1. Zum ersten Klagegrund: Der Klägerin seien zu Unrecht die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France und von AF sowie ein Teil der Verhaltensweisen von KLM zugerechnet worden 213 Der vorliegende Klagegrund, mit dem die Klägerin der Kommission vorwirft, ihr zu Unrecht die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France und von AF sowie einen Teil der Verhaltensweisen von KLM zugerechnet zu haben, besteht aus zwei Teilen: Die Kommission habe der Klägerin zu Unrecht erstens die Verhaltensweisen von AF ab dem 15. September 2004 und die Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 sowie zweitens die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France aus der Zeit zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004 zugerechnet. 214 Außerdem wirft die Klägerin der Kommission vor, im 1085. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt zu haben, dass sie und AF wegen ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haften müssten. Die Klägerin sei nämlich weder unmittelbar noch mittelbar an den beanstandeten Verhaltensweisen beteiligt gewesen; nur AF habe daran teilgenommen. 215 Das Gericht wird über diese Rüge zusammen mit dem zweiten Teil des vorliegenden Klagegrundes befinden, da beide untrennbar miteinander verbunden sind. a) Zum ersten Teil: Der Klägerin seien zu Unrecht die Verhaltensweisen von AF ab dem 15. September 2004 und die Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 zugerechnet worden 216 Dieser Teil, mit dem die Klägerin der Kommission vorwirft, ihr zu Unrecht die Verhaltensweisen von AF ab dem 15. September 2004 und die Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 zugerechnet zu haben, umfasst vier Rügen: Erstens seien der Klägerin zu Unrecht Verhaltensweisen von KLM vom 5. Mai bis zum 15. September 2004 zugerechnet worden; zweitens sei die Zurückweisung der Belege für die Eigenständigkeit von AF und KLM unzureichend begründet; drittens seien der Klägerin zu Unrecht die Verhaltensweisen von AF und KLM ab dem 15. September 2004 zugerechnet worden; viertens seien die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung verletzt worden. 217 Zunächst ist die zweite Rüge zu prüfen, bei der es darum geht, ob die Kommission wesentliche Formvorschriften eingehalten hat. 1) Zur zweiten Rüge: Die Zurückweisung der Belege für die Eigenständigkeit von AF und KLM sei unzureichend begründet 218 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Zurückweisung der Belege für die Eigenständigkeit von AF und KLM nicht hinreichend begründet, sondern nur implizit auf diese Belege verwiesen und behauptet, dass sie im Fall von AF nicht ausreichten, um die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. Die Kommission hätte jedoch alle Umstände, die die Eigenständigkeit belegen sollten, konkret prüfen und sich substantiiert zur Widerlegung der Haftungsvermutung äußern müssen. Der bloße Verweis im 1083. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die im 1073. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnte Rechtsprechung sowie die in der vertraulichen Anlage zu diesem Beschluss angeführten Umstände reichten insoweit nicht aus. Im Fall von KLM bestehe eine erhöhte Begründungspflicht für die Kommission, da sie nach eigenem Bekunden nicht auf die Haftungsvermutung zurückgegriffen habe. Sie erwähne im angefochtenen Beschluss aber nicht einmal die Umstände, mit denen die Eigenständigkeit von KLM nachgewiesen werden solle. Im Übrigen räume sie vor dem Gericht ein, dass sie in diesem Beschluss ihre Ablehnung der Beweiskraft der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Belege nicht begründet habe. 219 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 220 Zunächst ist zu beachten, dass der Verstoß einer Tochtergesellschaft gegen die Wettbewerbsregeln namentlich dann ihrer Muttergesellschaft zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht eigenständig bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 30). 221 Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 31). 222 Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zum einen die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 32). 223 Unter diesen Umständen braucht die Kommission nur nachzuweisen, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um die Vermutung zu begründen, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausübt. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft als gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen die Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße haftbar ansehen, sofern die Muttergesellschaft, der die Widerlegung dieser Vermutung obliegt, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 33). 224 Darüber hinaus muss eine Entscheidung zur Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union, wenn sie an eine Mehrzahl von Adressaten gerichtet ist und die Zurechnung der Zuwiderhandlung betrifft, in Bezug auf jeden Adressaten hinreichend begründet sein, vor allem aber in Bezug auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung in der Entscheidung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung in Bezug auf eine Muttergesellschaft, die für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, grundsätzlich eine Darlegung der Gründe enthalten, die die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft rechtfertigen (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 34). 225 Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission anbelangt, die im Hinblick auf bestimmte Adressaten ausschließlich auf die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses gestützt ist, so ist die Kommission – da diese Vermutung andernfalls praktisch nicht zu widerlegen wäre – auf jeden Fall verpflichtet, diesen Adressaten angemessen die Gründe darzulegen, aus denen die geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nicht ausgereicht haben, um die Vermutung zu widerlegen (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 35). 226 Die Kommission muss sich jedoch keineswegs ausschließlich auf die genannte Vermutung stützen. Nichts hindert sie nämlich daran, durch andere Beweise oder durch eine Kombination solcher Beweise mit der genannten Vermutung darzutun, dass eine Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt. Im letzteren Fall handelt es sich um die sogenannte Methode der „doppelten Grundlage“ (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 36 und 37). 227 Bei einer Entscheidung, mit der die Muttergesellschaft nach der Methode der doppelten Grundlage für eine von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird, entspricht eine Gesamtwürdigung der von der Muttergesellschaft vorgebrachten Gesichtspunkte, soweit diese für die Widerlegung dieser Vermutung erheblich sind, grundsätzlich dem Umfang der der Kommission obliegenden Begründungspflicht, da die Muttergesellschaft ihr entnehmen kann, aus welchen Gründen die Kommission ihr die Verantwortung für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung zugerechnet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 42). 228 Schließlich muss die Kommission nach ständiger Rechtsprechung zwar ihre Entscheidungen mit Gründen versehen und dabei die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme abhängt, sowie die Erwägungen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung veranlasst haben, aufführen. Sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens vorgebracht wurden, und insbesondere nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben (vgl. Urteil vom 6. Februar 2014, Elf Aquitaine/Kommission, T‑40/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:61, Rn. 168 und die dort angeführte Rechtsprechung). 229 Was im vorliegenden Fall zunächst die Zurückweisung der von der Klägerin angeführten Belege für die Eigenständigkeit von AF betrifft, so hat die Kommission in den Erwägungsgründen 1070 bis 1073 des angefochtenen Beschlusses auf die Grundsätze zur Bestimmung der Personen, die innerhalb ein und derselben wirtschaftlichen Einheit für eine Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden, hingewiesen und dann in den Erwägungsgründen 1081 bis 1084 dieses Beschlusses Folgendes festgestellt: „1081 Mitarbeiter von [AF] waren vom 15. September 2004 bis zum 14. Februar 2006 an der Zuwiderhandlung beteiligt. 1082 Im selben Zeitraum hielt [die Klägerin] jedoch 100 % der wirtschaftlichen Rechte an [AF] und der Stimmrechte bei [AF]. 1083 Gemäß der [in Nr. 6.1 dieses Beschlusses] angeführten Rechtsprechung wird daher vermutet, dass [die Klägerin] in diesem Zeitraum einen bestimmenden Einfluss auf [AF] ausgeübt hat. [Die Klägerin] hat keine ausreichenden Beweise vorgelegt, um die Vermutung zu widerlegen, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf [AF] ausgeübt hat. Für die Anwendung von Art. 101 AEUV, Art. 53 EWR-Abkommen und Art. 8 des Abkommens [EG-Schweiz über den Luftverkehr] sind [die Klägerin] und [AF] daher Teil desselben Unternehmens, das die Zuwiderhandlung vom 15. September 2004 bis zum 14. Februar 2006 begangen hat. 1084 Außer dem vollständigen Alleineigentum gibt es weitere Umstände, die belegen, dass [die Klägerin] in diesem Zeitraum einen bestimmenden Einfluss auf [AF] ausgeübt hat, oder die zumindest die dahin gehende Vermutung erhärten (vgl. die nur [der Klägerin] zugängliche vertrauliche Anlage [zu diesem Beschluss]).“ 230 In der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss, in der die im 1084. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten weiteren Beweisstücke aufgeführt sind, heißt es zu AF: [vertraulich] (2 ) 231 Daraus geht hervor, dass sich die Kommission, um der Klägerin die Verhaltensweisen von AF zuzurechnen, sowohl auf die Vermutung, dass die Klägerin aufgrund der Kontrolle, die ihr der Besitz des gesamten AF-Kapitals und aller mit den AF-Aktien verbundenen Stimmrechte verschaffte, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss ausgeübt hatte, als auch auf eine Reihe von Indizien gestützt hat, die für eine solche tatsächliche Ausübung sprachen. Insoweit hat sie erstens auf die Befugnisse der Klägerin, die Tätigkeiten von AF über ihre verschiedenen Gesellschaftsorgane zu leiten, zu steuern und zu kontrollieren, zweitens auf die Existenz einer gemeinsamen Struktur von AF und KLM speziell im Frachtbereich und drittens auf die Kumulierung der Funktionen mehrerer Führungskräfte sowohl bei der Klägerin als auch bei AF abgestellt. 232 Was sodann die Zurückweisung der von der Klägerin angeführten Belege für die Eigenständigkeit von KLM anbelangt, so hat die Kommission in den Erwägungsgründen 1086 bis 1088 des angefochtenen Beschlusses Folgendes festgestellt: „1086 Mitarbeiter von [KLM] waren an der Zuwiderhandlung vom 21. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006, d. h. während deren gesamter Dauer, beteiligt. KLM ist deshalb für ihre unmittelbare Beteiligung an der Zuwiderhandlung zur Verantwortung zu ziehen. 1087 Wie [in Nr. 2.2 dieses Beschlusses] dargelegt, hat [die vormalige Gesellschaft Air France] am 5. Mai 2004 die Kontrolle über KLM erworben. Seit dem 5. Mai 2004 hält [die Klägerin] 97,5 % der wirtschaftlichen Rechte an KLM und 49 % der Stimmrechte bei KLM. 1088 Aus den in der nur der [Klägerin] zugänglichen vertraulichen Anlage [zu diesem Beschluss] genannten Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass [die Klägerin] ab dem 5. Mai 2004 einen bestimmenden Einfluss auf KLM ausgeübt hat.“ 233 In der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss, in der die im 1088. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten weiteren Beweisstücke aufgeführt sind, heißt es zu KLM: [vertraulich] 234 Daraus geht hervor, dass sich die Kommission, um der Klägerin die Verhaltensweisen von KLM zwischen dem 5. Mai 2004 und dem 14. Februar 2006 zuzurechnen, sowohl auf die Kapitalanteile und die Stimmrechte der Klägerin an bzw. bei KLM als auch auf eine Reihe zusätzlicher Indizien gestützt hat, die für die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf KLM sprachen. Insoweit hat sie erstens auf die Befugnisse der Klägerin, die Tätigkeiten von KLM über ihre verschiedenen Gesellschaftsorgane zu leiten, zu steuern und zu kontrollieren, zweitens auf die Existenz einer gemeinsamen Struktur von AF und KLM speziell im Frachtbereich und drittens auf die Kumulierung der Funktionen mehrerer Führungskräfte sowohl bei der Klägerin als auch bei KLM abgestellt. 235 Die Klägerin hatte aber in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte lediglich erklärt, dass sie „eine Holdinggesellschaft ohne jegliche operative Tätigkeit im Bereich des Luftverkehrs“ sei und „keinesfalls irgendwie in die behaupteten Verhaltensweisen involviert“ gewesen sei. 236 Demnach kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, keine den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechende substantiierte Begründung für die Zurückweisung der Belege für die Eigenständigkeit von AF und KLM geliefert zu haben. 237 Im Übrigen standen die von der Klägerin in der Klageschrift angeführten vier Urteile, die den erforderlichen Umfang der Begründung seitens der Kommission für den Fall betreffen, dass im Verwaltungsverfahren Gegenbeweise angeführt wurden, mit denen die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses widerlegt werden soll, in einem anderen Kontext als der vorliegende Fall. 238 Zum einen hatte der Gerichtshof in seinem Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission (C‑521/09 P, EU:C:2011:620), vor allem besondere Umstände berücksichtigt, die darin bestanden, dass die Kommission ihre frühere Entscheidungspraxis, sich systematisch auf die Methode der doppelten Grundlage zu stützen, geändert hatte (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Februar 2012, Total und Elf Aquitaine/Kommission, C‑421/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:60, Rn. 58). 239 Zum anderen ist die Bedeutung der Urteile vom 16. Juni 2011, Air liquide/Kommission (T‑185/06, EU:T:2011:275), vom 16. Juni 2011, Edison/Kommission (T‑196/06, EU:T:2011:281), und vom 27. November 2014, Alstom/Kommission (T‑517/09, EU:T:2014:999), anhand der oben in den Rn. 226 und 227 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zu beurteilen, wonach die Kommission, wenn sie – wie im vorliegenden Fall bei der Zurechnung der Verhaltensweisen von AF – die Beweise für die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses mit der Vermutung einer solchen Ausübung kombiniert, ihre Zurückweisung der von dem betroffenen Unternehmen vorgelegten Gegenbeweise hinreichend begründet, indem sie eine Gesamtwürdigung vornimmt, ohne sich zu jedem einzelnen Gegenbeweis zu äußern. 240 Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen. 2) Zur ersten Rüge: Der Klägerin seien zu Unrecht Verhaltensweisen von KLM vom 5. Mai bis zum 15. September 2004 zugerechnet worden 241 Die Klägerin macht geltend, sie sei erst am 15. September 2004 als Holdinggesellschaft gegründet worden. Eine Muttergesellschaft könne aber nicht für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft für den Zeitraum vor dem Erwerb dieser Tochtergesellschaft zur Verantwortung gezogen werden, wenn Letztere ihre Tätigkeit auf dem relevanten Markt nach dem Erwerb fortsetze. Sie könne daher entgegen der Aussage im 1089. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht für die Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 verantwortlich gemacht werden. 242 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 243 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem 1087. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Klägerin seit dem 5. Mai 2004 97,5 % des Kapitals an KLM und 49 % der Stimmrechte bei KLM besitzt. 244 Zwar hieß, wie die Klägerin zutreffend bemerkt, der Rechtsträger, dem diese KLM-Beteiligung und ‑Stimmrechte am 5. Mai 2004 zustanden, Air France SA, wobei es sich um die vormalige Gesellschaft Air France handelt (vgl. dazu oben, Rn. 53). 245 Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass die Klägerin und die vormalige Gesellschaft Air France ein und dieselbe juristische Person bilden. Zwar hat die Kommission im 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Begriff „Rechtsnachfolge“ verwandt. Aus diesem Erwägungsgrund sowie aus dem 22. Erwägungsgrund dieses Beschlusses geht indes unzweideutig hervor, dass die vormalige Gesellschaft Air France infolge einer Umwandlung in eine Holdinggesellschaft und einer Änderung ihres Gesellschaftsnamens zu der Klägerin „geworden“ ist. 246 Insbesondere hat die Kommission im 22. Erwägungsgrund Folgendes ausgeführt: „Am 5. Mai 2004 erwarb [die vormalige Gesellschaft Air France] die alleinige Kontrolle über [KLM], nachdem [die vormalige Gesellschaft Air France] ein öffentliches Austauschangebot für die KLM-Aktien unterbreitet hatte. Seit diesem Zeitpunkt sind [die vormalige Gesellschaft Air France] und KLM Teil des [AF]-KLM-Konzerns. Am 15. September 2004 wurde [die vormalige Gesellschaft Air France] in eine Holdinggesellschaft umgewandelt und in [AF]-KLM umbenannt, während die Luftfahrttätigkeiten [der vormaligen Gesellschaft Air France] auf eine Tochtergesellschaft mit dem Namen ‚Air France Compagnie Aérienne‘ übertragen wurden, die in [AF] umbenannt wurde.“ 247 Die Klägerin nahm also im Hinblick auf die Ausübung der Kontrolle über KLM vom 5. Mai bis zum 15. September 2004 weiterhin die Rechte und Pflichten wahr, die sie übernommen hatte, als sie noch unter dem Namen der vormaligen Gesellschaft Air France auftrat. 248 Daher macht die Klägerin zu Unrecht geltend, die Kommission habe sie dadurch, dass sie ihr die Verhaltensweisen von KLM vom 5. Mai bis zum 15. September 2004 zugerechnet habe, für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft für die Zeit vor deren Erwerb verantwortlich gemacht. 249 Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 3) Zur dritten Rüge: Der Klägerin seien zu Unrecht Verhaltensweisen von AF und KLM ab dem 15. September 2004 zugerechnet worden 250 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe ihr die Verhaltensweisen von AF und KLM ab dem 15. September 2004 zu Unrecht zugerechnet, denn sie habe keinen bestimmenden Einfluss auf diese Gesellschaften ausgeübt. Sie sei seit dem 15. September 2004 lediglich eine Finanzholding, die nicht im Frachtbereich tätig sei. Ihre Rolle bestehe nur darin, zum einen die Finanzen zu koordinieren und zu konsolidieren, indem sie die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die Rechnungslegung sowie die Finanzberichterstattung und ‑transparenz sicherstelle, und zum anderen die Gesamtstrategie von AF und KLM zu bestimmen, ohne sich jedoch in deren operative und geschäftliche Tätigkeiten einzumischen oder ihnen irgendwelche Vorgaben zu machen. AF und KLM bestimmten ihre Geschäftspolitik, ihre Strategie, ihr Budget und ihr Verhalten im Frachtbereich eigenständig. 251 Die von der Kommission in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss angeführten Umstände belegten nicht, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf AF und KLM ausgeübt hätte. Erstens habe ihr Strategie-Direktorium nie „verbindliche Empfehlungen“ an AF und KLM gerichtet. Zweitens bestehe kein durch ihren Verwaltungsrat und das Strategie-Direktorium vermitteltes hierarchisches Verhältnis zwischen ihr einerseits und AF sowie KLM andererseits. Alle Entscheidungen zum Frachtgeschäft von AF und KLM seien im relevanten Zeitraum AF Cargo und KLM Cargo sowie dem „Joint Cargo Management Committee“ (im Folgenden: JCMC) übertragen gewesen. Drittens habe sich keines der in dieser Anlage genannten Mitglieder ihrer Leitungsgremien, die während des relevanten Zeitraums in den Leitungsgremien von AF oder KLM vertreten gewesen seien, in das Frachtgeschäft von AF oder KLM eingemischt. Viertens sei das JCMC nur eine Koordinierungsstelle für das Frachtgeschäft von AF und KLM, die allein auf deren Ebene tätig sei, so dass die Klägerin es nicht habe nutzen können, um sich in die Geschäftspolitik von AF oder KLM einzumischen. 252 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 253 Einleitend ist ein Unterschied zu machen, je nachdem, ob sich die vorliegende Rüge gegen die Feststellungen der Kommission zur Zurechnung der Verhaltensweisen von AF oder gegen ihre Feststellungen zur Zurechnung der Verhaltensweisen von KLM richtet. 254 Im ersten Fall ist es angesichts der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses aufgrund der Kontrolle, die der Besitz des gesamten AF-Kapitals und der mit den AF-Aktien verbundenen Stimmrechte der Klägerin verschafft hatte, gemäß der oben in Rn. 223 angeführten Rechtsprechung Sache dieser Muttergesellschaft, Beweise zu erbringen, die hinreichend belegen, dass ihre Tochtergesellschaft sich auf dem Markt eigenständig verhalten hat, und so diese Vermutung zu widerlegen. 255 Im zweiten Fall braucht die Klägerin, da auf die in Rede stehende Vermutung nicht zurückgegriffen wurde, nur darzutun, die Kommission habe nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass KLM ihr Marktverhalten nicht eigenständig bestimmt habe. 256 Im vorliegenden Fall bringt die Klägerin mehrere Argumente gegen Beweise vor, die die Kommission in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss herangezogen hat, um die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf AF zu belegen. Diese Argumente sind gleichwohl bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob die Kommission zu Recht angenommen hat, die Klägerin habe die fragliche Vermutung nicht widerlegt. Sie beruhen nämlich im Wesentlichen auf denselben tatsächlichen Umständen, die die Klägerin zur Widerlegung der betreffenden Vermutung vorgebracht hat. Was die Tatsachenbehauptungen angeht, die von der Klägerin zur Begründung ihres gegen diese Beweismittel gerichteten Vorbringens aufgestellt, aber nicht zur Widerlegung dieser Vermutung aufgegriffen wurden, so hat das Gericht sie als relevante Umstände für die Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob AF ihr Marktverhalten eigenständig bestimmt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 33). Das gilt insbesondere für die Behauptung, es habe keine „verbindlichen Empfehlungen“ seitens des Strategie-Direktoriums der Klägerin gegeben. 257 Die vorliegende Rüge ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen. 258 Erstens ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Berufung der Klägerin auf ihren Status als Finanzholding für sich allein die Feststellung nicht in Frage stellen kann, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf AF und KLM ausgeübt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 2011, Legris Industries/Kommission, T‑376/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:107, Rn. 50 und 51, und vom 14. Juli 2011, Arkema France/Kommission, T‑189/06, EU:T:2011:377, Rn. 74). Denn im Rahmen einer Unternehmensgruppe ist eine Holding, die insbesondere die finanziellen Investitionen innerhalb des Konzerns koordiniert, eine Gesellschaft, die die Beteiligungen an mehreren Gesellschaften bündeln und insbesondere durch die Budgetkontrolle als deren Leitungsinstanz fungieren soll (Urteil vom 15. Juli 2015, HIT Groep/Kommission, T‑436/10, EU:T:2015:514, Rn. 125). 259 Was die Bestimmung der Gesamtstrategie von AF und KLM durch die Klägerin und den weiten Bereich dieser die meisten Entwicklungsansätze für den Konzern mit der Klägerin als Dachgesellschaft umfassenden Strategie betrifft, so belegen sie keineswegs das Fehlen eines bestimmenden Einflusses, sondern dürften im Gegenteil die Feststellungen stützen, zu denen die Kommission im angefochtenen Beschluss gelangt ist. 260 Selbst wenn die Funktion der Klägerin, wie sie behauptet, nicht so weit bis zum Eingriff in die operativen und geschäftlichen Tätigkeiten von AF und KLM gereicht haben sollte, ist doch zu beachten, dass der bestimmende Einfluss, der die Zurechnung der Verantwortung der Muttergesellschaft für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung rechtfertigen kann, weder auf die Geschäftspolitik dieser Tochtergesellschaft im engeren Sinne beschränkt ist (Urteil vom 23. Januar 2014, Gigaset/Kommission, T‑395/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:23, Rn. 45) noch mit der Erledigung ihrer laufenden Geschäfte verbunden sein muss (Urteil vom 26. September 2013, The Dow Chemical Company/Kommission, C‑179/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:605, Rn. 64). 261 Im Übrigen wird die Behauptung der Klägerin, sich nicht in die operativen und geschäftlichen Tätigkeiten ihrer Tochtergesellschaften eingemischt zu haben, nicht nur durch keinerlei Beweise belegt, sondern teilweise sogar durch ihre früheren Erklärungen widerlegt, die sie in ihrer Antwort vom 29. Juni 2007 auf den ihr im Rahmen der Untersuchung zugeleiteten und als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Fragebogen der Kommission vom 12. Juni 2007 abgegeben hat. Denn diesen Erklärungen zufolge „schaltete sich der Verwaltungsrat [der Klägerin] … in die wesentlichen Geschäftsstrategien der wichtigsten Unternehmensbereiche des Air-France-KLM-Konzerns ein“. 262 Zweitens ist zu dem Argument, AF und KLM hätten ihre Geschäftspolitik, ihre Strategie, ihr Budget und ihr Verhalten im Frachtbereich eigenständig bestimmt, zunächst festzustellen, dass es sich hierbei erneut um bloße Behauptungen der Klägerin handelt. Ferner stützt sich die Argumentation der Klägerin im Kern auf die Eigenständigkeit der Abteilungen AF Cargo und KLM Cargo gegenüber den Einheiten, denen sie angehören, nämlich AF bzw. KLM, so dass sie nicht geeignet ist, die Eigenständigkeit von AF und KLM gegenüber der Klägerin darzutun. Schließlich stehen die von der Klägerin genannten Beispiele für Bereiche, in denen die Eigenständigkeit von AF Cargo und KLM Cargo zum Tragen kommen soll – wie etwa auf operativer Ebene die Organisation der mit dem Frachtgeschäft verbundenen Logistik oder auf strategischer Ebene die Einführung und Festsetzung eines Aufschlags –, nicht im Widerspruch zu der breiter angelegten strategischen Steuerung, die die Klägerin nach eigenem Bekunden selbst vornimmt. In einer Unternehmensgruppe ist die Aufgabenverteilung nämlich ein normales Phänomen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2011, Arkema France/Kommission, T‑189/06, EU:T:2011:377, Rn. 76). 263 Drittens berührt der Umstand, dass das Strategie-Direktorium der Klägerin es unterlassen habe, „verbindliche Empfehlungen“ an AF und KLM zu richten, das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Tochtergesellschaften. Daher ist, auch wenn diese Unterlassung geltend gemacht wird, um die in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss angeführten Umstände zu widerlegen, bereits jetzt zu prüfen, ob sie die Feststellungen der Kommission zur fehlenden Eigenständigkeit dieser Tochtergesellschaften in Frage stellen kann. 264 Zum einen hat die Klägerin keinerlei Beweise für diese Behauptung vorgelegt, wie etwa Protokolle der Sitzungen des Strategie-Direktoriums oder Berichte über diese Sitzungen. 265 Zum anderen bestreitet die Klägerin nicht, dass das Strategie-Direktorium zwischen seiner Gründung im Jahr 2004 und dem Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung getagt hat. Aus ihrer Antwort vom 29. Juni 2007 auf den Fragebogen der Kommission vom 12. Juni 2007 geht im Übrigen hervor, dass dieses Direktorium während des betreffenden Zeitraums tatsächlich getagt und „sich … hauptsächlich mit [strategischen] Fragen befasst [hat]“. 266 Angesichts der Funktion und der Befugnisse des Strategie-Direktoriums, wie sie sich aus den der Antwort vom 29. Juni 2007 beigefügten Auszügen aus den Geschäftsberichten der Klägerin für 2004/2005 und 2005/2006 ergeben, erscheint es wenig glaubhaft, dass die Beratungen dieses Direktoriums nicht genau zum Zweck gehabt haben sollten, die Strategie der Tochtergesellschaften AF und KLM zu koordinieren. In diesen Auszügen heißt es nämlich: „Die Beschlüsse [dieses Direktoriums] drücken die gemeinsame Position von AF und KLM bei allen wichtigen strategischen Entscheidungen aus, welche die geschäftlichen, finanziellen, technischen und operativen Bereiche betreffen …“ 267 Speziell zu den „verbindlichen Empfehlungen“ heißt es, dass „das [Strategie-Direktorium] … dem Verwaltungsrat von [AF] sowie dem Vorstand und dem Aufsichtsrat von KLM zwingende Empfehlungen zu den vorerwähnten Bereichen [unterbreitet]“ und dass „der Vorstandsvorsitzende von KLM, der Präsident des Verwaltungsrats von [AF] sowie alle Vorsitzenden und Manager oder Führungskräfte der verbundenen Unternehmen oder ihrer Tochtergesellschaften jeweils keine Entscheidungen treffen oder durchführen können, die in die Zuständigkeit des [Strategie-Direktoriums] fallen, bevor dieses nicht seine zwingende Empfehlung abgegeben hat“. Daraus geht hervor, dass das Tätigwerden von AF und KLM in mehreren Geschäftsbereichen von der Abgabe verbindlicher (oder zwingender) Empfehlungen durch das Strategie-Direktorium der Klägerin abhing. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin aber weder irgendeinen Beweis vorgelegt noch irgendeinen zum Kontext gehörenden Umstand angeführt, dem das Gericht entnehmen könnte, ob dieses Direktorium die ihm zustehenden Befugnisse aufgegeben hat. 268 Folglich ist es der Klägerin nicht gelungen, die aus ihrem Kontrollbesitz des gesamten AF-Kapitals und aller mit den AF-Aktien verbundenen Stimmrechte abgeleitete Vermutung zu widerlegen, dass sie in der Zeit vom 15. September 2004 bis zum 14. Februar 2006 tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf AF ausgeübt hat. 269 Was die Feststellung der Kommission angeht, dass die Klägerin tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf KLM ausgeübt habe, so lässt die oben in den Rn. 258 bis 267 vorgenommene Prüfung der ersten Reihe von Argumenten, auf die die Klägerin die vorliegende Rüge gestützt hat, keinen Beurteilungsfehler der Kommission erkennen. 270 Es sind daher noch die Argumente der Klägerin zu den in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss angeführten, ihre Verbindungen zu KLM betreffenden Umständen zu prüfen, während die Argumentation zu AF ins Leere geht und deshalb zurückzuweisen ist, da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass sich die Kommission zu Unrecht auf die fragliche Vermutung gestützt hätte. 271 Erstens ist zu der Behauptung der Klägerin, das Strategie-Direktorium habe keine „verbindlichen Empfehlungen“ abgegeben, auf die Ausführungen oben in den Rn. 263 bis 267 zu verweisen. Im Übrigen hat sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die Befugnis dieses Direktoriums gestützt, solche Empfehlungen abzugeben (vgl. oben, Rn. 233); die Klägerin bestreitet diese Befugnis nicht. Die Möglichkeit der Klägerin, auf diese Weise die Strategie ihrer Tochtergesellschaft zu bestimmen, zeugt aber schon als solche vom Vorliegen einer Weisungsbefugnis, welche die Eigenständigkeit des Verhaltens dieser Tochtergesellschaft in Frage stellt. 272 Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin, zwischen ihr und KLM bestehe kein durch ihren Verwaltungsrat und ihr Strategie-Direktorium vermitteltes „hierarchisches Abhängigkeitsverhältnis“, aus den bereits oben in Rn. 262 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 273 Drittens kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass keines der in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss genannten Mitglieder ihrer Leitungsgremien, die während des relevanten Zeitraums in den Leitungsgremien von KLM vertreten gewesen seien, in das Frachtgeschäft eingegriffen habe. Sie stützt sich in diesem Zusammenhang nämlich auf den Umstand, dass alle das Frachtgeschäft betreffenden Entscheidungen innerhalb von KLM der Abteilung KLM Cargo oder dem JCMC übertragen worden seien. 274 Dieses Argument ist jedoch aus den bereits oben in Rn. 262 angeführten Gründen zurückzuweisen. 275 Im Übrigen beschränkt sich die Klägerin auf die unbewiesene Behauptung, dass die Mitarbeiter mit Leitungsfunktionen oder Mandaten sowohl in ihren eigenen Gesellschaftsgremien als auch in den KLM-Gremien nicht in das Frachtgeschäft eingegriffen hätten. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht belegt ist, ist sie aber auch als solche nicht geeignet, das Vorliegen solcher Verflechtungen zu entkräften, zumal nach ständiger Rechtsprechung die Bedeutung der Rolle einer Muttergesellschaft bei der Leitung ihrer Tochtergesellschaft dadurch belegt werden kann, dass an der Spitze der Tochtergesellschaft zahlreiche Personen stehen, die beim Mutterunternehmen Leitungsfunktionen einnehmen (vgl. Urteil vom 9. September 2015, Toshiba/Kommission, T‑104/13, EU:T:2015:610, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung). 276 Viertens macht die Klägerin vergeblich geltend, dass das JCMC nur eine auf der Ebene von AF und KLM tätige Koordinierungsstelle für deren Frachtgeschäft gewesen sei, so dass sie es nicht habe nutzen können, um sich in deren jeweilige Geschäftspolitik einzumischen. 277 In diesem Zusammenhang hat die Kommission in der vertraulichen Anlage zum angefochtenen Beschluss festgestellt, dass [vertraulich] (vgl. oben, Rn. 233). Wie die Klägerin zu Recht bemerkt, ist in den Akten und insbesondere in ihrer Antwort vom 29. Juni 2007 auf den Fragebogen der Kommission vom 12. Juni 2007 von einer auf der Ebene der Frachtabteilungen der Tochtergesellschaften AF und KLM eingerichteten einheitlichen Struktur die Rede. Das lässt nicht erkennen, dass diese Struktur innerhalb der Klägerin eingerichtet worden wäre oder dass sie anderweitig einen bestimmenden Einfluss der Klägerin auf ihre Tochtergesellschaften zum Ausdruck brächte. 278 Die anderen, nicht wirksam gerügten Gründe, die die Kommission angeführt hat, um die Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 der Klägerin zuzurechnen – nämlich erstens der Besitz von 97,5 % des KLM-Kapitals und von 49 % der KLM-Stimmrechte, zweitens die Befugnisse der Klägerin, die Tätigkeiten von KLM über ihren Verwaltungsrat und ihr Strategie-Direktorium zu leiten, zu steuern und zu kontrollieren, und drittens der Umstand, dass mehrere Personen an der Spitze von KLM standen, die bei der Klägerin Leitungsfunktionen oder gesellschaftsrechtliche Mandate wahrnahmen – genügen jedoch, um die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Klägerin auf KLM zu belegen. 279 Infolgedessen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 4) Zur vierten Rüge: Verletzung der Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung 280 Nach Ansicht der Klägerin verletzt die Zurechnung der Verhaltensweisen von AF ab dem 15. September 2004 und der Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung. 281 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 282 Nach den Grundsätzen der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung, die für jedes Verwaltungsverfahren gelten, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, darf ein Unternehmen nur für die Handlungen bestraft werden, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, EU:T:2001:288, Rn. 63, vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission, T‑122/07 bis T‑124/07, EU:T:2011:70, Rn. 122, und vom 11. Juli 2014, RWE und RWE Dea/Kommission, T‑543/08, EU:T:2014:627, Rn. 68). 283 Diese Grundsätze müssen jedoch mit dem Unternehmensbegriff und mit der Rechtsprechung vereinbar sein, wonach der Umstand, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne des Art. 101 AEUV bilden, die Kommission berechtigt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission, T‑122/07 bis T‑124/07, EU:T:2011:70, Rn. 122, und vom 11. Juli 2014, RWE und RWE Dea/Kommission, T‑543/08, EU:T:2014:627, Rn. 69). Denn selbst wenn die Muttergesellschaft nicht unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt war, übt sie in einem solchen Fall einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft(en) aus, die daran beteiligt war(en). In diesem Zusammenhang kann die Haftung der Muttergesellschaft daher nicht als eine verschuldensunabhängige Haftung angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 77). 284 In einem solchen Fall wird gegen die Muttergesellschaft selbst wegen einer Zuwiderhandlung vorgegangen, die ihr persönlich zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 77, vom 17. Mai 2011, Elf Aquitaine/Kommission, T‑299/08, EU:T:2011:217, Rn. 180, und vom 27. Juni 2012, Bolloré/Kommission, T‑372/10, EU:T:2012:325, Rn. 52). 285 Soweit die Klägerin ihre Rüge vorliegend mit einem fehlenden bestimmenden Einfluss auf AF und KLM begründet, ohne Gesichtspunkte vorzutragen, die noch nicht im Rahmen der früheren Rügen erhoben wurden, genügt die Feststellung, dass die Kommission, wie sich aus der Prüfung der ersten und der dritten Rüge des ersten Klagegrundes ergibt, rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Klägerin in den relevanten Zeiträumen einen solchen Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften ausübte. Die vorliegende Rüge beruht also auf einer falschen Prämisse. 286 Ferner kann die Zurechnung der Verhaltensweisen von AF ab dem 15. September 2004 und der Verhaltensweisen von KLM ab dem 5. Mai 2004 an die Klägerin, da sie fehlerfrei erfolgt ist, angesichts der oben in den Rn. 282 und 283 angeführten Rechtsprechung nicht die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung verletzen. 287 Die vorliegende Rüge ist mithin zurückzuweisen. 288 Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes in vollem Umfang zurückzuweisen. b) Zum zweiten Teil: Der Klägerin seien zu Unrecht die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004 zugerechnet worden 289 Der vorliegende Teil, mit dem die Klägerin geltend macht, die Kommission habe mehrere Rechtsverstöße begangen, als sie ihr die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004 zugerechnet habe – was die Kommission bestreitet –, besteht aus drei Rügen. Damit werden erstens eine Verletzung der Begründungspflicht, zweitens Fehler bei der Zurechnung dieser Verhaltensweisen an die Klägerin für den fraglichen Zeitraum und drittens eine Verletzung der Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung geltend gemacht. 290 Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss in drei Schritten vorgegangen ist. In einem ersten Schritt rechnete sie in dessen 1080. Erwägungsgrund Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France für den Zeitraum vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 der Klägerin als „Rechtsnachfolgerin“ zu. Dabei stützte sie sich auf die Feststellung, dass die vormalige Gesellschaft Air France am 15. September 2004 durch die Umwandlung in eine Holdinggesellschaft und die Änderung ihres Gesellschaftsnamens und ‑zwecks zu der Klägerin „geworden“ sei, wie im 22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses näher ausgeführt wird. 291 In einem zweiten Schritt befand die Kommission in den Erwägungsgründen 1083 und 1084 des angefochtenen Beschlusses für den Zeitraum vom 15. September 2004 bis zum 14. Februar 2006, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf AF ausgeübt habe. 292 In einem dritten Schritt zog die Kommission aus den oben in den Rn. 290 und 291 dargelegten Gründen im 1085. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Schluss, dass die Klägerin und AF wegen ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006 gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haften müssten. 293 Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt hat, beruht diese Aussage, die Klägerin sei an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen, auf der Feststellung, die bis zum 15. September 2004 an der Begehung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligte juristische Person und die Klägerin seien ein und dieselbe juristische Person, die sich nur durch ihren inzwischen geänderten Gesellschaftsnamen und ‑zweck voneinander unterschieden (vgl. oben, Rn. 244 und 290). 1) Zur ersten Rüge: Verletzung der Begründungspflicht 294 Die Klägerin macht geltend, im angefochtenen Beschluss werde nicht hinreichend begründet, warum ihr die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004 zugerechnet würden. Dem 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lasse sich nicht entnehmen, welcher Status ihr in Bezug auf die vormalige Gesellschaft Air France für den genannten Zeitraum zuerkannt werde, vor allem nicht, ob sie als wirtschaftliche Nachfolgerin oder als Rechtsnachfolgerin oder gar als beides angesehen worden sei. 295 Die französische Fassung des 1080. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses sei im Vergleich zu dem Beschluss vom 9. November 2010 geändert worden. Während laut 1056. Erwägungsgrund dieses Beschlusses die Klägerin und AF die wirtschaftliche Nachfolgerin beziehungsweise die Rechtsnachfolgerin der vormaligen Gesellschaft Air France, wie sie vor dem 15. September 2004 bestanden habe, gewesen seien, enthalte der 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses das Adverb „beziehungsweise“ nicht mehr. Diese Änderung sei auf den Fehler zurückzuführen, den die Kommission vor dem Gericht im Rahmen der Rechtssache eingeräumt habe, in der das Urteil vom 16. Dezember 2015, Air France-KLM/Kommission (T‑62/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:996), ergangen sei. Eine solche Änderung sei in der niederländischen und der englischen Fassung des angefochtenen Beschlusses jedoch nicht vorgenommen worden; in diesen Fassungen des 1080. Erwägungsgrundes werde nicht sie, sondern AF als die wirtschaftliche Nachfolgerin der vormaligen Gesellschaft Air France bezeichnet. 296 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 297 Insoweit ist zu beachten, dass die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 147). 298 Die Beachtung der Begründungspflicht ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV und des Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 45). 299 Wie oben in den Rn. 245 bis 247 dargelegt, geht aus dem 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die Kommission darauf gestützt hat, dass die Klägerin aus der Umwandlung der vormaligen Gesellschaft Air France in eine Holdinggesellschaft hervorging, um ihr deren Verhaltensweisen im relevanten Zeitraum zuzurechnen. 300 Damit hat die Kommission die Gründe, aus denen sie der Klägerin diese Verhaltensweisen zurechnete, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin die Begründung der erlassenen Maßnahme erkennen konnte und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. 301 Keines der Argumente der Klägerin kann dieses Ergebnis in Frage stellen. 302 Zwar heißt es im 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wie die Klägerin hervorhebt, dass Letztere „und [AF] … die wirtschaftlichen und rechtlichen Nachfolgerinnen der vormaligen Gesellschaft Air France, wie sie vor dem 15. September 2004 bestand, [sind]“. Diese Aussage darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden. 303 Die Feststellungen, die im 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses der betreffenden Aussage unmittelbar vorausgehen und diese begründen sollen, beziehen sich nämlich auf die rechtliche Kontinuität zwischen der vormaligen Gesellschaft Air France und der Klägerin beziehungsweise auf die wirtschaftliche Kontinuität zwischen der vormaligen Gesellschaft Air France und AF. Zudem lautet die erwähnte Aussage in der englischen und der niederländischen Sprachfassung dieses Beschlusses wie folgt: „[Die Klägerin] und [AF] sind somit die rechtliche beziehungsweise die wirtschaftliche Nachfolgerin der vormaligen Gesellschaft Air France“. Die betreffende Aussage ist daher zum einen als bloßer Schreibfehler anzusehen und zum anderen so zu verstehen, dass die Klägerin allein wegen der festgestellten rechtlichen Kontinuität mit der vormaligen Gesellschaft Air France zur Verantwortung gezogen wird, was die Kommission im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. 2) Zur zweiten Rüge: Der Klägerin seien zu Unrecht die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France für den Zeitraum vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 zugerechnet worden 304 Die Klägerin macht geltend, die Kommission rechne ihr – unabhängig davon, ob der 1080. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dahin ausgelegt werde, dass sie die „wirtschaftliche Nachfolgerin“ der vormaligen Gesellschaft Air France oder ihre Rechtsnachfolgerin oder beides zugleich ebenso wie AF sei – zu Unrecht für die Zeit vor ihrer Gründung, d. h. zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004, die Verhaltensweisen dieser Gesellschaft zu. 305 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 306 Die Klägerin zieht in der Klageschrift drei Szenarien in Betracht, in denen sie für die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France für den Zeitraum vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 haftbar gemacht werde: erstens das Szenario als deren wirtschaftliche Nachfolgerin, zweitens das Szenario als deren Rechtsnachfolgerin und drittens das Szenario als deren wirtschaftliche und rechtliche Nachfolgerin. Was die Rechtsnachfolge betrifft, so verweist die Klägerin nur auf eine im ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes behandelte Rechtsprechungsübersicht. Diese Übersicht bezieht sich allgemein auf die Voraussetzungen, unter denen einer Muttergesellschaft wettbewerbswidrige Handlungen ihrer Tochtergesellschaft vor deren Erwerb zugerechnet werden können. 307 Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, inwiefern die angeführte Rechtsprechung bewirken könnte, dass ihr die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France nicht zuzurechnen wären. Zudem unterscheiden sich die von dieser Rechtsprechung erfassten Sachverhalte von denen des vorliegenden Falles. Die Klägerin hat nämlich die vormalige Gesellschaft Air France nicht erworben, sondern ist aus einer Änderung des Namens und des Zwecks dieser Gesellschaft hervorgegangen, wodurch die rechtliche Kontinuität der Rechte und Pflichten der vormaligen Gesellschaft Air France in Bezug auf ihre Geschäftstätigkeit vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 gewahrt wurde. 308 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch vorgetragen, wenn AF für die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France wegen einer zwischen beiden bestehenden wirtschaftlichen Kontinuität zur Verantwortung gezogen werde, stehe dies einer „Aufteilung der Verantwortlichkeit“ mit der Klägerin entgegen. Die Kommission könne also nicht AF für die Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France haften lassen und diese Handlungen gleichzeitig der Klägerin zurechnen. 309 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die das fragliche Unternehmen leitete, als die Zuwiderhandlung begangen wurde, für diese einstehen muss, auch wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, eine andere Person für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist (Urteil vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 78). 310 Der Umstand, dass sich bestimmte Merkmale der Person, die das fragliche Unternehmen zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung leitete, geändert haben, wie z. B. der Firmenname, stellt die Kontinuität der rechtlichen Existenz des Unternehmens nicht in Frage (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, EU:C:2000:633, Rn. 28 und 29). 311 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Erwägungsgründen 22 und 1080 des angefochtenen Beschlusses, und ist auch unbestritten, dass die juristische Person, die vor dem 15. September 2004 an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt war, nach diesem Datum mit geändertem Gesellschaftsnamen und ‑zweck weiter bestand. Die vormalige Gesellschaft Air France, eine operative rechtliche Einheit, ist somit zur Klägerin, der Dachgesellschaft des Air-France-KLM-Konzerns, „geworden“. 312 In Anbetracht der oben in den Rn. 309 und 310 angeführten Rechtsprechung kann der Kommission daher kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie das Kriterium der rechtlichen Kontinuität angewandt hat, um festzustellen, dass die Klägerin für die Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 haftet. 313 Soweit AF als der wirtschaftlichen Nachfolgerin diese Handlungen ebenfalls zugerechnet werden, ist darauf hinzuweisen, dass eine mehrere Unternehmen betreffende Wettbewerbsentscheidung, auch wenn sie in Form nur einer Entscheidung abgefasst und veröffentlicht ist, ein Bündel von Individualentscheidungen darstellt, mit denen festgestellt wird, welcher Verstoß oder welche Verstöße den jeweiligen Adressaten zur Last gelegt werden, und diesen gegebenenfalls eine Geldbuße auferlegt wird (Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 100). Wenn also einer der Adressaten einer Entscheidung Nichtigkeitsklage erhebt, wird das Unionsgericht nur mit den Teilen der Entscheidung befasst, die diesen Adressaten betreffen, während diejenigen Teile, die andere Adressaten betreffen, grundsätzlich nicht zu dem Streitgegenstand gehören, über den das Unionsgericht zu entscheiden hat (Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 66), vorbehaltlich des Falls einer Muttergesellschaft, deren Haftung sich vollständig von der Haftung ihrer Tochtergesellschaft ableitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Januar 2013, Kommission/Tomkins, C‑286/11 P, EU:C:2013:29, Rn. 43 und 49). 314 Da sich die Haftung der Klägerin für die Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France aber nicht von der Haftung ihrer Tochtergesellschaft AF ableitet, ist sie folglich im Rahmen der vorliegenden Klage nicht befugt, der Kommission vorzuwerfen, dass sie dieser Tochtergesellschaft die Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 zugerechnet hat. 315 Infolgedessen ist die zweite Rüge zurückzuweisen. 3) Zur dritten Rüge: Verletzung der Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung 316 Nach Ansicht der Klägerin werden die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung dadurch verletzt, dass ihr die Verhaltensweisen der vormaligen Gesellschaft Air France zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 15. September 2004 zugerechnet werden. Sie habe während dieses Zeitraums nicht existiert und sei nicht die wirtschaftliche Nachfolgerin der vormaligen Gesellschaft Air France. 317 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 318 Die Argumentation der Klägerin beruht auf der falschen Prämisse, dass sie zum Zeitpunkt der Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France „nicht existiert“ habe. Wie oben in den Rn. 293 und 311 festgestellt, sind die vormalige Gesellschaft Air France und die Klägerin nämlich ein und dieselbe juristische Person, deren Gründung vor den Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 erfolgt ist. 319 Nach alledem ist die dritte Rüge und folglich der zweite Teil insgesamt zurückzuweisen. 320 Zurückzuweisen ist auch die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes einleitend erhobene Rüge, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Klägerin nicht an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Die Prüfung des vorliegenden Teils hat nämlich ergeben, dass die Haftung der Klägerin für die Handlungen der vormaligen Gesellschaft Air France vom 7. Dezember 1999 bis zum 15. September 2004 keine abgeleitete Haftung ist. Der vorliegende Klagegrund ist somit zurückzuweisen. 2. Zum zweiten Klagegrund: Verstöße gegen die Kronzeugenregelung von 2002, den Grundsatz der Gleichbehandlung, das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes 321 Die Klägerin macht geltend, die von der Lufthansa im Rahmen ihres Antrags auf Geldbußenerlass vorgelegten Beweise seien unzulässig und müssten aus den Akten entfernt werden. Für die Lufthansa sei nämlich ein Erlass ihrer Geldbuße ausgeschlossen gewesen, da sie ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nach der Einreichung ihres Antrags auf Geldbußenerlass nicht beendet und damit gegen die Voraussetzungen gemäß Rn. 11 Buchst. b der Kronzeugenregelung von 2002 verstoßen habe. 322 Ohne die fraglichen Beweise hätte die Kommission die Untersuchung nicht einleiten können, was sie im 1302. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eingeräumt habe. Außerdem bildeten diese Beweise die Grundlage dieses Beschlusses, wie in dessen 1250. Erwägungsgrund hervorgehoben werde. Die Entfernung dieser Beweise aus den Akten müsse daher die Aufhebung des gesamten Beschlusses zur Folge haben. 323 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Zum einen gehe der vorliegende Klagegrund ins Leere, da eine Aberkennung des der Lufthansa gewährten Geldbußenerlasses nicht zur Unzulässigkeit des von dieser mit ihrem Antrag auf Geldbußenerlass vorgelegten Beweismaterials führen würde. Zum anderen sei die Lufthansa darauf hingewiesen worden, dass eine etwaige Bekanntgabe dieses Antrags als eine mögliche Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Ermittlungen und der Fähigkeit der Kommission, das streitige Kartell zu untersuchen und zu ahnden, angesehen werde. Im Übrigen seien die Kontakte zwischen der Lufthansa und den anderen beschuldigten Luftfahrtunternehmen auch auf Ersuchen einer Wettbewerbsbehörde eines Drittlands aufrechterhalten worden. 324 Die Klägerin erwidert, der vorliegende Klagegrund gehe nicht ins Leere. Die von der Kommission vor dem Gericht vorgebrachten Argumente zu den besonderen Umständen, die eine Fortsetzung der Zuwiderhandlung seitens der Lufthansa nach der Einreichung des Antrags auf Geldbußenerlass gerechtfertigt hätten, seien unzulässig, da sie im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt seien. Solche Argumente stellten, da sie ihr nicht mitgeteilt worden seien, eine „Verletzung der Verteidigungsrechte aufgrund eines Bruchs der Waffengleichheit“ dar. 325 Die Klägerin beantragt daher, der Kommission aufzugeben, die „einzelnen Beweise“ für das neue Vorbringen in der Klagebeantwortung zu übermitteln, damit sie vollständige Klarheit darüber erlangen könne, unter welchen Umständen die Kommission und die Wettbewerbsbehörde eines Drittlands die Lufthansa veranlasst hätten, die Zuwiderhandlung nach dem 7. Dezember 2005 fortzusetzen. 326 Die gesamte Argumentation der Klägerin beruht auf der Prämisse, dass eine Nichtbeachtung der Voraussetzungen gemäß Rn. 11 Buchst. b der Kronzeugenregelung von 2002 die Unzulässigkeit der mit einem Antrag auf Geldbußenerlass vorgelegten Beweise zur Folge hat. 327 Diese Argumentation stützt sich auf die Urteile vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission (T‑410/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:676, Rn. 39 und 40), und vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission (T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 44, 46 und 80), denen zufolge nach dem Unionsrecht Beweise unzulässig sind, die unter völliger Missachtung des für ihre Feststellung vorgesehenen Verfahrens, mit dem die Grundrechte der Beteiligten geschützt werden sollen, erlangt wurden. 328 Die Voraussetzungen für den Erlass von Geldbußen sind jedoch keine Verfahrensregeln für die Feststellung von Beweisen. Sie betreffen nämlich die Beweggründe, aus denen sich ein Zeuge entschließt, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, und haben als solche keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung und die Verwertbarkeit der Beweise (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache FSL u. a./Kommission, C‑469/15 P, EU:C:2016:884, Nrn. 76 und 77). 329 Soweit die Klägerin mit ihrer Argumentation außerdem geltend machen sollte, die Zulassung solcher Beweise verstoße gegen bestimmte grundlegende Garantien oder wesentliche Formvorschriften, die sie im Übrigen in ihren Schriftsätzen nicht näher erläutert, wäre darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das sich entschließt, zur Erlangung einer Herabsetzung der Geldbuße eine Erklärung abzugeben, sich nach der Rechtsprechung dessen bewusst ist, dass – obwohl ihm eine Herabsetzung nur gewährt wird, wenn nach Ansicht der Kommission die in der Kronzeugenregelung hierfür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind – die Erklärung in jedem Fall Bestandteil der Akten wird und als Beweis herangezogen werden kann (Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission, T‑352/09, EU:T:2012:673, Rn. 111). 330 Bei dieser Feststellung hat sich das Gericht zwar auf Rn. 31 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2006) – welche die Kronzeugenregelung von 2002 ersetzt hat – gestützt, der zufolge „[j]ede im Zusammenhang mit dieser Mitteilung an die Kommission gerichtete Erklärung … Bestandteil der bei der Kommission geführten Akte [ist] und … somit als Beweismittel verwendet werden [kann]“. 331 Aus Rn. 37 der Kronzeugenregelung von 2006 geht aber hervor, dass deren Rn. 31 für Anträge auf Kronzeugenbehandlung gilt, die bei Inkrafttreten dieser Regelung anhängig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission, T‑352/09, EU:T:2012:673, Rn. 27 und 111). Dies ist bei dem Antrag der Fall, den die Lufthansa am 7. Dezember 2005 bei der Kommission eingereicht hat. Dieser Antrag war nämlich noch anhängig, als die betreffende Regelung am 8. Dezember 2006 in Kraft trat. 332 Im Übrigen ist nach Rn. 33 der Kronzeugenregelung von 2002 „[e]in an die Kommission gerichteter Schriftsatz im Zusammenhang mit dieser Mitteilung … Bestandteil der bei der Kommission geführten Akte“. Eine solche Erklärung kann somit von der Kommission als Beweis verwendet werden. Der Wortlaut von Rn. 31 der Kronzeugenregelung von 2006 verdeutlicht daher lediglich die Folgen, die sich zwangsläufig daraus ergeben, dass die genannte Erklärung in den Akten verbleibt. 333 Im Übrigen spricht entgegen dem Vorbringen der Klägerin nichts dagegen, die Feststellungen, die das Gericht im Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, EU:T:2012:673), zu den vom Kronzeugen abgegebenen Erklärungen getroffen hat, auf sämtliche Beweise zu erstrecken, die ein Unternehmen vorlegt, um einen Geldbußenerlass zu erlangen. 334 So hat das Gericht im Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, EU:T:2012:673), im Wesentlichen auf die Freiwilligkeit der Zusammenarbeit des Unternehmens, das eine Ermäßigung seiner Geldbuße beantragte, sowie auf den Wortlaut der für den fraglichen Sachverhalt maßgeblichen Kronzeugenregelung abgestellt, um daraus zu schließen, dass die Erklärung des Kronzeugen unabhängig vom Schicksal seines Antrags auf Kronzeugenbehandlung als Beweis herangezogen werden konnte. 335 Auch im vorliegenden Fall ist die Übermittlung der Beweise durch die Lufthansa im Rahmen ihres Antrags auf Geldbußenerlass – ebenso wie die Abgabe der Erklärung des Kronzeugen in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, EU:T:2012:673), ergangen ist – auf freiwilliger Basis erfolgt. 336 Außerdem enthält weder die Kronzeugenregelung von 2002 noch diejenige von 2006 Bestimmungen, die bei den an einer Zusammenarbeit mit der Kommission interessierten Unternehmen Erwartungen im Hinblick auf die Behandlung der von diesen Unternehmen vorgelegten Beweise wecken könnten, denen zwar (gemäß Rn. 15 der Kronzeugenregelung von 2002 bzw. Rn. 18 der Kronzeugenregelung von 2006) ein bedingter Geldbußenerlass gewährt wurde, die jedoch die Voraussetzungen für einen endgültigen Erlass (gemäß Rn. 19 der Kronzeugenregelung von 2002 bzw. Rn. 22 der Kronzeugenregelung von 2006) möglicherweise nicht erfüllen. Dies kontrastiert mit den in diesen Regelungen enthaltenen klaren Aussagen zur Behandlung der Beweise, auf die ein Antrag gestützt wird, bei dem die Kommission ausschließt, dass er die Voraussetzungen für einen bedingten Geldbußenerlass erfüllt. In einem solchen Fall kann das Unternehmen die vorgelegten Beweise nämlich zurückziehen (vgl. Rn. 17 der Kronzeugenregelung von 2002 und Rn. 20 der Kronzeugenregelung von 2006). 337 Außerdem würde die praktische Wirksamkeit des Kronzeugenverfahrens gemindert, wenn die von einem Unternehmen vorgelegten Beweise automatisch aus den Akten entfernt würden, hinsichtlich dessen sich herausstellt, dass es zwar bei der Einreichung seines Antrags auf Geldbußenerlass für einen solchen Erlass in Betracht kam, aber zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, die Voraussetzungen für einen endgültigen Erlass nicht erfüllt. Der Kommission würden nämlich Beweise entzogen, die für die Feststellung der fraglichen Zuwiderhandlung und der Beteiligung von Unternehmen hieran von wesentlicher Bedeutung sein könnten, und zwar in einem Stadium, in dem die Möglichkeit, diesen Mangel durch zusätzliche Ermittlungshandlungen auszugleichen, insbesondere wegen der Gefahr des Verlusts von Beweismaterial erheblich eingeschränkt wäre. Darüber hinaus hinge der Erfolg der Verfahren womöglich vom Willen des Kronzeugen ab, während die Kommission daran gehindert wäre, die Einhaltung der Voraussetzungen für den Geldbußenerlass wirksam zu kontrollieren, da die Drohung, einen solchen zu verweigern, angesichts der damit verbundenen Folgen an Glaubwürdigkeit verlöre. 338 Nach alledem kann die Nichtbeachtung der Voraussetzung gemäß Rn. 11 Buchst. b der Kronzeugenregelung von 2002 seitens der Lufthansa, wenn sie denn nachgewiesen werden sollte, die Kommission nicht daran hindern, die mit deren Antrag auf Kronzeugenbehandlung übermittelten Beweise zu verwerten. [nicht wiedergegeben] 3. Zum achten Klagegrund: Fehler und Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Berechnung der Dauer der Beteiligung von AF an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung 498 Die Klägerin macht geltend, mit der Feststellung, dass AF vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006 ununterbrochen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, habe die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler begangen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Abgesehen von dem im 136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Kontakt zwischen AF und Japan Airlines vom 7. Dezember 1999 verfüge die Kommission nur für den Zeitraum vom 19. Januar 2001 bis zum 19. Oktober 2005 über hinreichende Beweise in Bezug auf AF. 499 Die Kontakte, auf die sich die Kommission zur Feststellung der Beteiligung von AF an der Abstimmung über den Treibstoffaufschlag (im Folgenden: TSA) in der Zeit vom 7. Dezember 1999 bis zum 19. Januar 2001 und in der Zeit nach dem 19. Oktober 2005 gestützt habe, könnten nämlich nicht als wettbewerbswidrig eingestuft werden, da sie den Austausch öffentlicher Informationen betroffen hätten (Erwägungsgründe 137, 140 bis 142, 554, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses), der außerhalb des EWR erfolgt sei (Erwägungsgründe 146, 152 und 182 dieses Beschlusses) oder dessen Wettbewerbswidrigkeit die Kommission nicht nachgewiesen habe (Erwägungsgründe 530 und 556 des Beschlusses). 500 Außerdem habe die Kommission keinen stichhaltigen Beweis dafür erbracht, dass AF an den Komponenten der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bezüglich des Sicherheitsaufschlags (im Folgenden: SHA) und der Verweigerung von Provisionszahlungen für die Zeit nach dem 19. Oktober 2005 bzw. 14. Oktober 2005 beteiligt gewesen sei. 501 In der Erwiderung trägt die Klägerin weiter vor, die Kommission könne nicht von ihr verlangen, zu beweisen, dass sie sich nach dem 19. Oktober 2005 offen von dem streitigen Kartell distanziert habe. Der Nachweis, dass sie nach diesem Datum an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, obliege der Kommission. 502 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 503 Zu prüfen sind als Erstes die Kontakte, von denen die Klägerin behauptet, sie hätten den Austausch öffentlicher Informationen zum Gegenstand gehabt (Erwägungsgründe 137, 140 bis 142, 554, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses), als Zweites die Kontakte, die außerhalb des EWR erfolgt sein sollen (Erwägungsgründe 146, 152 und 182 dieses Beschlusses), und als Drittes die Kontakte, deren Wettbewerbswidrigkeit nicht hinreichend nachgewiesen sei (Erwägungsgründe 530 und 556 des Beschlusses). 504 In der Klageschrift hat die Klägerin unter den Kontakten, die außerhalb des EWR erfolgt seien, auch diejenigen angeführt, die im 563. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschrieben sind. Auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hat sie aber klargestellt, dass diese deshalb nicht berücksichtigt werden dürften, weil ihre Wettbewerbswidrigkeit unzureichend nachgewiesen sei. 505 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kontakte, von denen die Klägerin behauptet, sie hätten sich auf den Austausch öffentlicher Informationen bezogen, eigentlich drei Arten des Informationsaustauschs umfassen. 506 Zu den fraglichen Kontakten gehören erstens interne E‑Mails anderer beschuldigter Luftfahrtunternehmen, in denen ausdrücklich Kontakte mit AF erwähnt sind. So verweist die Kommission im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine interne E‑Mail von Japan Airlines vom 20. Dezember 1999. In dieser E‑Mail wird ein Meinungsaustausch zwischen einem Mitarbeiter von Japan Airlines und einem Vertreter von AF in Japan wiedergegeben. Dieser Meinungsaustausch, der im Anschluss an den Kontakt zwischen Japan Airlines und AF vom 7. Dezember 1999 stattfand und dessen Wettbewerbswidrigkeit die Klägerin nicht in Abrede stellt (136. Erwägungsgrund dieses Beschlusses), bezog sich aber nicht nur auf die Einführung des TSA, die von AF am selben Tag öffentlich angekündigt worden war. Vielmehr teilte der AF-Vertreter in Japan im Rahmen dieses Meinungsaustauschs Japan Airlines auch mit, dass „dies am 22. Dezember sowie danach auf jedem Markt bekannt gegeben“ werde und dass der AF-Hauptsitz mit den Hauptsitzen anderer Luftfahrtunternehmen, darunter der Lufthansa, Kontakt aufgenommen habe, „um die Ausführung genauso wie AF zu propagieren“. 507 Zweitens gehören zu den in den Erwägungsgründen 140 bis 142 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails auch solche anderer Luftfahrtunternehmen, in denen kein spezieller Kontakt zwischen AF und einem oder mehreren anderen Luftfahrtunternehmen erwähnt ist. In diesen auf den 21. Dezember 1999 und den 3. Januar 2000 datierten E‑Mails heißt es lediglich, AF und ein oder mehrere andere Luftfahrtunternehmen beabsichtigten die Einführung eines TSA. Wie aber oben in Rn. 506 festgestellt, hatte AF schon am 20. Dezember 1999 öffentlich die Einführung eines TSA angekündigt. Die Kommission hat keine weiteren Beweise angeführt, denen zu entnehmen wäre, dass die Verfasser der in diesen Erwägungsgründen angesprochenen internen E‑Mails von den Absichten von AF auf andere Weise als durch diese Ankündigung erfahren hatten. Was den Hinweis in der im 141. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten internen E‑Mail auf „Bekanntmachungen und [auf] Marktmitteilungen“ zum TSA betrifft, die „in den folgenden Tagen“ zu erwarten seien, so ist er zu vage, um dies zu belegen. 508 Unter diesen Umständen durfte die Kommission im 724. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die in den Erwägungsgründen 140 bis 142 dieses Beschlusses genannten internen E‑Mails nicht dahin auslegen, dass zwischen AF und anderen Luftfahrtunternehmen nachweislich ein Informationsaustausch stattgefunden habe. 509 Drittens ist AF bei den in den Erwägungsgründen 554, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails die Absenderin oder eine der Adressatinnen. 510 Zwar waren die von der Klägerin mit diesen E‑Mails weitergegebenen Informationen bereits zuvor öffentlich bekannt gemacht worden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass diese E‑Mails nicht gegen die Klägerin verwendet werden könnten. 511 Denn zum einen verstößt der Austausch öffentlich zugänglicher Informationen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern er zur Unterstützung eines anderen wettbewerbswidrigen Mechanismus dient (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 281). Im vorliegenden Fall betrafen die in den Erwägungsgründen 554, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails allesamt künftige Änderungen der Höhe des TSA, hinsichtlich dessen die Klägerin nicht bestreitet, dass er seinerzeit Gegenstand einer wettbewerbswidrigen Abstimmung zwischen den beschuldigten Luftfahrtunternehmen war. 512 Zum anderen wurden im Rahmen der in den Erwägungsgründen 554, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails nicht nur die von AF bereits öffentlich angekündigten Informationen ausgetauscht. Im 554. Erwägungsgrund dieses Beschlusses wird eine E‑Mail vom 15. November 2005 erwähnt, in der AF die am Vortag angekündigte Erhöhung des TSA-Betrags nicht nur wiederholte, sondern auch bestätigte. Damit verringerte AF aber zusätzlich die Ungewissheit über die Entwicklung der Höhe des TSA. 513 In den Erwägungsgründen 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses beschreibt die Kommission den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern des Air Cargo Council Switzerland (Schweizer Luftfrachtrat, im Folgenden: ACCS). Der im 563. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnte Meinungsaustausch begann am 28. November 2005 und endete am darauffolgenden 1. Dezember. Der in dessen 574. Erwägungsgrund erwähnte Meinungsaustausch datiert vom 6. und 7. Februar 2006. In beiden Fällen ging es nicht nur um die von AF, sondern auch um die von anderen beschuldigten Luftfahrtunternehmen, darunter Swiss und SIA, geplante Änderung des TSA-Niveaus. AF hat aber nicht behauptet, geschweige denn bewiesen, dass alle diese Informationen bereits vorher öffentlich bekannt gegeben worden wären. 514 Als Zweites ist festzustellen, dass die Klägerin geltend macht, die außerhalb des EWR erfolgten Kontakte fielen nicht in die räumliche Zuständigkeit der Kommission. Sie argumentiert im Kern, die in den Erwägungsgründen 146 und 152 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen drei Kontakte hätten ankommende Strecken betroffen und vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 411/2004 und des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 40/2005 stattgefunden. Der im 182. Erwägungsgrund dieses Beschlusses beschriebene Kontakt habe die von der Schweiz ausgehenden Strecken betroffen und sei vor dem Inkrafttreten des Luftverkehrsabkommens EG-Schweiz erfolgt. 515 Selbst wenn die in den Erwägungsgründen 146, 152 und 182 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte ausschließlich Strecken betroffen haben sollten, die während der fraglichen Zeiträume nicht in die Zuständigkeit der Kommission fielen, ist doch zu beachten, dass Letztere sich auf Kontakte aus der Zeit vor dem Zuwiderhandlungszeitraum stützen darf, um ein Gesamtbild der Situation herzustellen und so die Deutung bestimmter Beweise zu untermauern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:255, Rn. 427 und 428). Dies gilt auch für den Fall, dass die Kommission nicht befugt war, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln vor diesem Zeitraum festzustellen und zu ahnden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, EU:T:2006:136, Rn. 89, und vom 22. März 2012, Slovak Telekom/Kommission, T‑458/09 und T‑171/10, EU:T:2012:145, Rn. 45 bis 52). 516 In den Erwägungsgründen 107 und 108 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission unter Nr. 4.1 mit der Überschrift „Grundprinzipien und Struktur des Kartells“ erklärt, ihre Untersuchung habe ein weltweit agierendes Kartell ergeben, das auf einem Netz bilateraler und multilateraler Kontakte beruht habe, wobei diese „auf verschiedenen Stufen innerhalb der beteiligten Unternehmen … stattfanden und in einigen Fällen verschiedene geografische Gebiete betrafen“. 517 In den Erwägungsgründen 109, 110, 876, 889 und 1046 sowie in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Funktionsweise dieser „mehrstufigen“ Organisation erläutert. Bei den Aufschlägen habe es sich um allgemein anwendbare Maßnahmen gehandelt, die nicht für eine spezielle Strecke, sondern weltweit für alle Strecken bestimmt gewesen sein. Die Entscheidungen über die Aufschläge seien in der Regel auf der Ebene des Hauptsitzes der jeweiligen Luftfahrtunternehmen getroffen worden. Die Hauptsitze der Luftfahrtunternehmen hätten somit in „gegenseitigem Kontakt“ gestanden, wenn eine Änderung der Höhe der Aufschläge absehbar gewesen sei. Auf lokaler Ebene hätten sich die Luftfahrtunternehmen untereinander abgestimmt, um die Vorgaben ihres jeweiligen Hauptsitzes besser umzusetzen und sie an die lokalen Marktbedingungen und Regelungen anzupassen sowie lokale Initiativen zu koordinieren und zu realisieren. Im 111. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hat die Kommission erklärt, zu diesem Zweck sei vor allem in der Schweiz auf lokale Verbände der Vertreter von Luftfahrtunternehmen zurückgegriffen worden. 518 Die in den Erwägungsgründen 146, 152 und 182 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte fanden genau in diesem Rahmen statt. Denn erstens hatten diese Kontakte allesamt die Einführung oder Anwendung des TSA in Singapur (146. Erwägungsgrund), in Indien (152. Erwägungsgrund) und in der Schweiz (182. Erwägungsgrund) zum Gegenstand. Zweitens erfolgten diese Kontakte entweder zeitgleich mit Gesprächen zwischen den Hauptsitzen oder mit dort getroffenen Entscheidungen über die Aufschläge (146. Erwägungsgrund), oder sie beinhalteten Weisungen, den Hauptsitz zu konsultieren, oder gaben auf lokaler Ebene Ankündigungen oder Entscheidungen wieder, die zuvor auf zentraler Ebene getätigt worden waren (Erwägungsgründe 152 und 182). Drittens kamen alle diese Kontakte im Rahmen oder im Umfeld lokaler Verbände der Vertreter von Luftfahrtunternehmen zustande. 519 In den Erwägungsgründen 724 und 792 des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission auf diese Kontakte gestützt, um ihre Deutung anderer Beweise zu untermauern, von denen nicht behauptet wird, dass sie ihrer Zuständigkeit entzogen wären. So zählen diese Kontakte zu den zahlreichen streitigen Kontakten, die die Kommission im 724. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ihrer Feststellung, dass AF „Kontakte mit Wettbewerbern auf lokaler Ebene“ unterhalten habe, zugrunde gelegt hat. Sie gehören auch zu mehreren Kontakten aus der Zeit vor dem 19. Januar 2001, die die Kommission AF in den Erwägungsgründen 722 bis 724 des Beschlusses entgegengehalten hat. 520 Folglich hat die Kommission die Grenzen ihrer Zuständigkeit nicht überschritten, als sie sich auf die in den Erwägungsgründen 146, 152 und 182 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte stützte, um ein Gesamtbild des streitigen Kartells herzustellen und damit die Deutung der Beweise zu untermauern, aufgrund deren sie der Klägerin die Verantwortung für die den TSA betreffende Komponente der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zurechnete. 521 Mit der Klägerin ist allerdings festzustellen, dass die Kommission die Beteiligung von AF an einem dieser Kontakte, nämlich dem im 152. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen offiziellen Treffen des Unterausschusses Cargo (im Folgenden: SCC) des Board of Airline Representatives (Verband der Vertreter von Fluggesellschaften, im Folgenden: BAR) in Indien, nicht nachgewiesen hat. Die Klägerin bestreitet jedoch nicht, dass AF wie alle Mitglieder des SCC des BAR zu diesem Treffen eingeladen worden war. Dass die betreffenden Luftfahrtunternehmen mit AF über den TSA sprechen wollten, ist aber selbst ein Indiz dafür, dass AF an der TSA-Komponente der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2012, GDF Suez/Kommission, T‑370/09, EU:T:2012:333, Rn. 226). Im Übrigen geht aus den Akten hervor, dass AF über den Gegenstand dieses Treffens informiert war. Denn im Anschluss an das ebenfalls in diesem Erwägungsgrund beschriebene informelle Treffen, an dem AF – von der Klägerin unbestritten – teilgenommen hatte, hatte der Vorsitzende des SCC des BAR vorgeschlagen, ein offizielles Treffen des SCC des BAR zu organisieren, damit zwischen den betroffenen Luftfahrtunternehmen eine Einigung über den TSA erzielt werden könne. Die Kommission durfte somit die Einladung von AF zu diesem Treffen im Rahmen eines umfangreicheren Bündels von Indizien berücksichtigen, um im 724. Erwägungsgrund dieses Beschlusses festzustellen, dass AF an Gesprächen über den TSA innerhalb des SCC des BAR in Indien teilgenommen hatte. 522 Daher durfte die Kommission die in den Erwägungsgründen 146, 152 und 182 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Kontakte gegen AF verwenden. 523 Als Drittes ist festzustellen, dass die Kontakte, deren Wettbewerbswidrigkeit die Klägerin verneint, aus einem Treffen und mehreren Telefonaten bestanden. Bei diesem Treffen, das am 19. Oktober 2005 stattfand und von dem im 530. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Rede ist, „versicherten [sich AF und Lufthansa] gegenseitig, dass die Aufschläge einheitlich angewandt würden, vereinbarten, dass keine weitere einseitige Maßnahme wie die Deckelung des TSA durch AF wiederholt werde und dass die Spediteure keine Provisionen für die Aufschläge erhalten sollten“. Die Wettbewerbswidrigkeit dieses Treffens kann daher nicht in Abrede gestellt werden. In ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Klägerin im Übrigen eingeräumt, dass das fragliche Treffen zu den Beweisen gehöre, die gegen sie verwendet werden könnten. 524 Die Einwände der Klägerin konzentrieren sich somit auf die in den Erwägungsgründen 530 und 556 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Telefonate. Letztere seien auf Initiative der Lufthansa allein zu dem Zweck erfolgt, deren Kronzeugenakte zu vervollständigen. Es habe sich um „Folgekontakte“ gehandelt, bei denen keine neuen Themen angesprochen worden seien, sondern die nur eine „künstliche Verbindung“ zu AF hätten aufrechterhalten sollen. Zudem seien die im 556. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten Telefonate vom 21. November 2005 von sehr kurzer Dauer gewesen und ließen nicht den Schluss zu, dass sie einen wettbewerbswidrigen Informationsaustausch beinhaltet hätten, da AF am selben Tag eine Senkung des TSA angekündigt habe. 525 Keines dieser Argumente kann durchgreifen. 526 Erstens gibt es keinen konkreten Beweis für das Vorbringen der Klägerin, die in den Erwägungsgründen 530 und 556 des angefochtenen Beschlusses genannten Telefonate hätten nur dazu gedient, eine künstliche Verbindung zu AF aufrechtzuerhalten, um die Kronzeugenakte der Lufthansa zu vervollständigen. Im Übrigen weisen die Akten eher auf das Gegenteil hin. So fand zum einen das im 530. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnte Telefonat anstelle des Folgetreffens zu dem Treffen vom 19. Oktober 2005 statt, dessen Wettbewerbswidrigkeit erwiesen ist (vgl. oben, Rn. 523). Darüber hinaus hat die Kommission in diesem Beschluss mehrere andere Kontakte erwähnt, die in diesem Zeitraum stattgefunden hatten und an denen AF beteiligt war (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 525 und 563). Zum anderen fanden die beiden im 556. Erwägungsgrund des Beschlusses erwähnten Telefonate am 21. November 2005 statt, d. h. am selben Tag wie die Veröffentlichung der Pressemitteilung der Lufthansa mit der Ankündigung einer Senkung des TSA und zwei Tage nach dem Treffen vom 19. Oktober 2005, dessen Wettbewerbswidrigkeit erwiesen ist (vgl. oben, Rn. 523). 527 Zweitens können die im 556. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Telefonate nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil daraus unmöglich geschlossen werden könne, dass sie einen wettbewerbswidrigen Informationsaustausch zum Gegenstand hatten. Denn abgesehen davon, dass diese Telefonate am selben Tag wie die Veröffentlichung der Lufthansa-Pressemitteilung über eine TSA-Senkung und zwei Tage nach dem Treffen vom 19. Oktober 2005 stattfanden, wurden sie vom Leiter der Lufthansa-Preispolitik geführt, von dem die Klägerin selbst einräumt, er habe „eine zentrale Rolle bei den Verhaltensweisen auf internationaler Ebene gespielt“. Dieser Lufthansa-Mitarbeiter hatte AF im Übrigen bereits bei früheren Gelegenheiten angerufen, um über die Aufschläge zu sprechen (Erwägungsgründe 357, 525 und 552 dieses Beschlusses). 528 Dass an den in den Erwägungsgründen 530 und 556 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Telefonaten Lufthansa-Mitarbeiter beteiligt waren, die angeblich von der Vorbereitung eines Antrags auf Geldbußenerlass wussten, ändert nichts an der Wettbewerbswidrigkeit dieser Telefonate. Außerdem würde, wenn die in diesen Erwägungsgründen genannten Telefonate aus diesem Grund unberücksichtigt blieben, möglicherweise die praktische Wirksamkeit des Kronzeugenverfahrens beeinträchtigt, da die Kommission daran gehindert wäre, Beweise zu verwerten, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein betroffener Arbeitnehmer von der von seinem Arbeitgeber beabsichtigten Einreichung eines Antrags auf Geldbußenerlass Kenntnis erlangte, und dem Zeitpunkt der Beendigung der Zuwiderhandlung zusammengetragen wurden. 529 Im Übrigen stellt der Umstand, dass AF am 21. November 2005 eine Senkung des TSA angekündigt hatte, keineswegs die Wettbewerbswidrigkeit der im 556. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Kontakte in Frage, sondern dürfte sie vielmehr erhärten. Wie sich nämlich aus diesem Erwägungsgrund ergibt, wurde in der Pressemitteilung, die die Lufthansa am selben Tag kurz vor ihrer Veröffentlichung an Lan Airlines weitergab, ebenfalls eine Senkung des TSA angekündigt. 530 Drittens muss ein Kontakt entgegen dem Vorbringen der Klägerin keineswegs ein neues Thema betreffen oder von einer bestimmten Dauer sein, damit er gegen ein Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verwendet werden kann. 531 Deshalb durfte die Kommission die in den Erwägungsgründen 530 und 556 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Telefonate gegen die Klägerin verwenden. 532 Nach alledem durfte die Kommission die in den Erwägungsgründen 137, 146, 152, 182, 530, 554, 556, 563 und 574 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Kontakte gegen AF verwenden, nicht aber die in dessen Erwägungsgründen 140 bis 142 beschriebenen Kontakte. 533 Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission AF für die Zuwiderhandlung zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 19. Januar 2001 sowie nach dem 19. Oktober 2005 zu Recht verantwortlich gemacht hat. 534 Hinsichtlich des Zeitraums vom 7. Dezember 1999 bis zum 19. Januar 2001, in dem nur der TSA in Kraft war, lagen der Kommission mehrere Beweise vor, die sie rechtswirksam gegen AF verwenden konnte: erstens der Schriftwechsel zwischen AF und Japan Airlines vom Dezember 1999 (137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), zweitens eine Erklärung von CPA, dass „gegen Januar 2000“ ein Treffen in Indien stattgefunden habe (152. Erwägungsgrund dieses Beschlusses), drittens das Protokoll einer Sitzung des SCC des BAR vom 3. Februar 2000 (146. Erwägungsgrund des Beschlusses) und viertens das Protokoll einer Sitzung des ACCS vom 17. Januar 2001 (182. Erwägungsgrund des Beschlusses). Der Zeitraum, für den die Kommission AF keinen Kontakt vorwarf, begann also am 4. Februar 2000 und endete am 17. Januar 2001. Dieser Zeitraum umfasst folglich nicht „fast ein Jahr und eineinhalb Monate“, sondern höchstens elf Monate und dreizehn Tage. 535 Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles ist ein derartiger Zeitraum von einer solchen Länge, dass geprüft werden muss, ob die Beteiligung von AF an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zwischen dem 4. Februar 2000 und dem 17. Januar 2001 unterbrochen war. 536 Insoweit ist zu beachten, dass das Fehlen eines unmittelbaren Beweises für die Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung während eines bestimmten Zeitraums nicht der Feststellung entgegensteht, dass das Unternehmen auch während dieses Zeitraums daran beteiligt war, sofern diese Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht (vgl. Urteil vom 17. September 2015, Total Marketing Services/Kommission, C‑634/13 P, EU:C:2015:614, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). 537 Der Umstand, dass im Fall einer komplexen Zuwiderhandlung das betreffende Unternehmen an einem oder mehreren kollusiven Kontakten nicht teilnimmt oder sich mit den Ergebnissen eines dieser Kontakte nicht einverstanden erklärt, bedeutet nicht, dass dieses Unternehmen seine Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung beendet hätte (Urteil vom 24. März 2011, Kaimer u. a./Kommission, T‑379/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:110, Rn. 66). 538 Hingegen ist die offene Distanzierung eine bedeutsame Tatsache, mit der die Beendigung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens dargetan werden kann. Umgekehrt stellt das Fehlen einer offenen Distanzierung einen Sachverhalt dar, auf den sich die Kommission berufen darf, um die Fortführung des wettbewerbswidrigen Verhaltens eines Unternehmens zu beweisen. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen neben anderen Aspekten, die zu berücksichtigen sind, um festzustellen, ob ein Unternehmen tatsächlich weiterhin an einer Zuwiderhandlung teilgenommen oder diese Teilnahme vielmehr beendet hat. Auf diesen Aspekt allein kann die Feststellung einer ununterbrochenen Beteiligung des betreffenden Unternehmens nicht gestützt werden, wenn während eines nicht unerheblichen Zeitraums mehrere kollusive Kontakte ohne seine Vertreter stattgefunden haben. Die Kommission hat dann weitere Beweise beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Total Marketing Services/Kommission, C‑634/13 P, EU:C:2015:614, Rn. 23 und 28). 539 Solche Beweise können insbesondere in der Art der fraglichen Zuwiderhandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 237), in der Funktionsweise des betreffenden Kartells (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2011, Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, T‑348/08, EU:T:2011:621, Rn. 243 und 244), im Verhalten des betreffenden Unternehmens auf dem relevanten Markt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, EU:T:2006:374, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 241), in dem Umstand, dass das besagte Verhalten Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung mit mehreren anderen Komponenten war, oder auch in den Wirkungen dieses Verhaltens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 242 und 245) bestehen. 540 Im 117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass „[m]indestens ab Ende 1999 … die Einführung von TSA, die Anwendung von TSA-Mechanismen und die Einführung von Änderungen an Letzteren zwischen mehreren der [beschuldigten Luftfahrtunternehmen] koordiniert [wurden]“. Die Erwägungsgründe 133 bis 153 dieses Beschlusses enthalten ihre Beschreibung der Beweise dafür, dass zwischen Anfang Dezember 1999 und Februar oder März 2000 mehrere Luftfahrtunternehmen, darunter auch AF, Kontakte unterhielten, um den TSA Anfang 2000 auf zentraler Ebene einzuführen und auf lokaler Ebene anzuwenden. In diesem Zusammenhang sind die in den Erwägungsgründen 136, 137, 146 und 152 des Beschlusses erwähnten Kontakte zu sehen, die die Kommission AF zur Last gelegt hat. 541 Im 884. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission allerdings darauf hingewiesen, dass die „Häufigkeit der Kontakte zwischen den Luftfahrtunternehmen zeitlich variiert“ habe. Die den TSA betreffenden Kontakte seien „besonders häufig [gewesen], wenn sich die Kraftstoffindizes einem Niveau näherten, das eine Erhöhung oder Senkung auslösen konnte, während sie sonst weniger häufig gewesen sein [konnten]“. 542 Nach der Einführung des TSA Anfang 2000 stiegen die Treibstoffpreise, wie sich aus den Erwägungsgründen 157 bis 165 des angefochtenen Beschlusses ergibt, erst im Sommer 2000 so stark an, dass die Luftfahrtunternehmen im September und Oktober desselben Jahres Gespräche über eine Erhöhung des TSA oder dessen Einführung bei denjenigen Luftfahrtunternehmen aufnahmen, die ihn noch nicht eingeführt hatten. Die in diesen Erwägungsgründen beschriebenen Beweise belegen jedoch nur wenige Kontakte, wovon ein erheblicher Teil in bilateraler Form stattfand. 543 Wie aus den Erwägungsgründen 166 bis 183 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, nahmen die beschuldigten Luftfahrtunternehmen erst dann häufigere und multilaterale Kontakte bezüglich des TSA zueinander auf, als die Lufthansa Anfang 2001 eine Senkung des TSA ankündigte. AF gehörte zu diesen Luftfahrtunternehmen, und die Klägerin hat nicht behauptet, geschweige denn bewiesen, dass sich AF in der Zwischenzeit von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zwischen dem 4. Februar 2000 und dem 17. Januar 2001 offen distanziert hätte. Sie behauptet auch nicht, dass AF während dieses Zeitraums wieder ein lauteres und unabhängiges Wettbewerbsgebaren auf dem relevanten Markt an den Tag gelegt habe, und bestreitet nicht, dass die Wirkungen der Abstimmung über den TSA während dieses Zeitraums weiter anhielten. Unter diesen Umständen durfte die Kommission, ohne einen Fehler zu begehen, AF für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung während dieses Zeitraums verantwortlich machen. 544 Was den Zeitraum nach dem 19. Oktober 2005 betrifft, so verfügte die Kommission über mehrere Beweise, die sie rechtswirksam gegen AF verwenden konnte. Dabei handelt es sich in Bezug auf den TSA um das Telefonat mit der Lufthansa von Ende November 2005 (530. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), um die E‑Mail an Japan Airlines vom 15. November 2005 (554. Erwägungsgrund dieses Beschlusses), um die Telefonate mit der Lufthansa vom 21. November 2005 (556. Erwägungsgrund des Beschlusses) und um von den Mitgliedern des ACCS zwischen dem 28. November und dem 1. Dezember 2005 sowie am 6. und 7. Februar 2006 ausgetauschte E‑Mails (Erwägungsgründe 563 und 574 des Beschlusses). 545 Wie die Klägerin bemerkt, stammt hingegen keiner der Beweise, die der Kommission bezüglich des SHA und der Verweigerung von Provisionszahlungen vorliegen, aus der Zeit nach dem 19. Oktober 2005 bzw. 14. Oktober 2005. Die letzten Beweise, die die Kommission gegen AF verwendet hat, datieren vom 14. Oktober 2005 und betreffen die Verweigerung von Provisionszahlungen (697. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In Bezug auf den SHA hat die Kommission keinen konkreten Kontakt identifiziert, an dem AF im Jahr 2005 beteiligt gewesen wäre, wenngleich sie im 639. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erklärt hat, der seit Januar 2005 für Belgien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und die Schweizerische Eidgenossenschaft verantwortliche Lufthansa-Verkaufsleiter habe berichtet, dass er mit einem Mitarbeiter der Klägerin wegen der SHA-Deckelung zusammengetroffen sei. 546 Jedoch zieht die Klägerin daraus in ihren Schriftsätzen keine besonderen Konsequenzen. Soweit sie behauptet, ihre Beteiligung an den den SHA und die Verweigerung von Provisionszahlungen betreffenden Komponenten der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nach dem 14. Oktober bzw. 19. Oktober 2005 beendet zu haben, ist festzustellen, dass dies nicht zutrifft. Denn zunächst war AF nach dem 19. Oktober 2005 weiterhin an der TSA-Komponente der Zuwiderhandlung beteiligt (vgl. oben, Rn. 544 und 545) und behauptet nicht, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass sich die anderen beschuldigten Luftfahrtunternehmen nach diesem Datum weiterhin über den SHA und die Verweigerung von Provisionszahlungen abstimmten. Die Klägerin hat zudem nicht den geringsten Beweis dafür erbracht, dass AF auf dem relevanten Markt wieder ein lauteres und unabhängiges Wettbewerbsgebaren an den Tag gelegt oder den Willen bekundet hätte, sich nach dem 19. Oktober 2005 von den den SHA und die Verweigerung von Provisionszahlungen betreffenden Komponenten der einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung zu distanzieren. Sie bestreitet auch nicht, dass die Wirkungen dieser Komponenten über den besagten Zeitpunkt hinaus anhielten. Schließlich erforderte die Umsetzung des SHA und der Verweigerung von Provisionszahlungen deutlich seltenere Kontakte als die Durchführung des TSA. Im Gegensatz zum TSA beruhte der SHA nicht auf einem Index, dessen Entwicklung regelmäßige Anpassungen verlangt hätte. Dies erklärt, warum es nach der Einführung des SHA Ende 2001 nur vereinzelte Kontakte zwischen Luftfahrtunternehmen wegen dessen Umsetzung gab (vgl. 579. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Verweigerung von Provisionszahlungen bestand einfach darin, dass den Luftfahrtunternehmen keine Rabatte gewährt wurden, und machte daher weniger regelmäßige Anpassungen erforderlich als der TSA. Unter diesen Umständen durfte die Kommission aus den ihr vorliegenden Beweisen schließen, dass die Beteiligung von AF an den Komponenten der Zuwiderhandlung, die den SHA und die Verweigerung von Provisionszahlungen betrafen, im Oktober 2005 nicht beendet war. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Europäische Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten. 3. Air France-KLM trägt ihre eigenen Kosten sowie zwei Drittel der Kosten der Kommission. Kanninen Schwarcz Iliopoulos Spielmann Reine Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. März 2022. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet. (2 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Zehnte erweiterte Kammer) vom 20. Dezember 2023 (Auszüge).#Crédit agricole SA und Crédit agricole Corporate and Investment Bank gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Euro-Zinsderivate – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Manipulation der Euribor-Referenzzinssätze im Interbankengeschäft – Austausch vertraulicher Informationen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – ‚Hybrides‘, zeitlich gestuftes Verfahren – Unschuldsvermutung – Unparteilichkeit – Geldbußen – Grundbetrag – Umsatz – Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht – Änderungsbeschluss, mit dem die Begründung ergänzt wird – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-113/17.
62017TJ0113
ECLI:EU:T:2023:847
2023-12-20T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62017TJ0113 URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer) 20. Dezember 2023 (*1) „Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Euro-Zinsderivate – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Manipulation der Euribor-Referenzzinssätze im Interbankengeschäft – Austausch vertraulicher Informationen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – ‚Hybrides‘, zeitlich gestuftes Verfahren – Unschuldsvermutung – Unparteilichkeit – Geldbußen – Grundbetrag – Umsatz – Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht – Änderungsbeschluss, mit dem die Begründung ergänzt wird – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑113/17, Crédit Agricole SA mit Sitz in Montrouge (Frankreich), Crédit Agricole Corporate and Investment Bank mit Sitz in Montrouge, vertreten durch J.‑P. Tran Thiet, M. Powell und J. Jourdan, Avocats, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley und T. Baumé als Bevollmächtigte im Beistand von N. Coutrelis, Avocate, Beklagte, erlässt DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter A. Kornezov und E. Buttigieg (Berichterstatter), der Richterin K. Kowalik-Bańczyk sowie des Richters G. Hesse, Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere – der Entscheidungen vom 8. Juni 2019 und vom 30. März 2021, das Verfahren gemäß Art. 69 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts auszusetzen, – des von den Klägerinnen am 8. September 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Anpassungsschriftsatzes und der am 19. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahme der Kommission zu diesem Schriftsatz, auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2022, aufgrund des Urteils vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission (C‑883/19 P, EU:C:2023:11), und der diesbezüglichen Stellungnahmen der Parteien folgendes Urteil (1 ) 1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragen die Klägerinnen, die Crédit Agricole SA und die Crédit Agricole Corporate and Investment Bank (im Folgenden: CACIB) (im Folgenden zusammen: Crédit Agricole), zum einen die teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate [EIRD]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) und zum anderen, hilfsweise, die Herabsetzung der gegen sie in diesem Beschluss verhängten Geldbuße. Außerdem beantragen sie die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2021) 4610 final der Kommission vom 28. Juni 2021 zur Änderung des angefochtenen Beschlusses (im Folgenden: Änderungsbeschluss) oder, hilfsweise, die urteilsmäßige Feststellung, dass der letztgenannte Beschluss die mangelhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht heilen konnte. I. Vorgeschichte des Rechtsstreits [nicht wiedergegeben] A. Ereignisse nach Erhebung der vorliegenden Klage 21 Mit Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), hat das Gericht Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses, mit dem die Kommission gegen HSBC eine Geldbuße verhängt hatte, mit der Begründung für nichtig erklärt, dass sie nicht rechtlich hinreichend begründet habe, warum der auf die Bareinnahmen der betreffenden Unternehmen angewandte einheitliche Abzinsungsfaktor für die Zwecke der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbußen (im Folgenden: Abzinsungsfaktor) auf 98,849 % statt auf einen möglicherweise höheren Betrag festgesetzt worden sei, und die Klage im Übrigen abgewiesen. 22 Mit Schreiben vom 24. Februar 2021 teilte die Kommission den Klägerinnen und JP Morgan mit, dass sie beabsichtige, den angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung des Urteils vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), zu ändern. Mit demselben Schreiben sowie mit Schreiben vom 16. April 2021 übermittelte die Kommission allen Adressatinnen des angefochtenen Beschlusses zusätzliche Informationen und Erläuterungen zu den Gründen, aus denen sie die Höhe des Abzinsungsfaktors auf 98,849 % festgesetzt hatte. Die Klägerinnen nahmen dazu am 7. Mai 2021 Stellung. 23 Am 28. Juni 2021 erließ die Kommission den Änderungsbeschluss. Sie stellte Folgendes fest: Da der Abzinsungsfaktor im angefochtenen Beschluss für alle seine Adressatinnen gleich gewesen sei, sei es wahrscheinlich, dass das Gericht davon ausgehen werde, dass die Erwägungen im Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), zur unzureichenden Begründung der Bestimmung dieses Abzinsungsfaktors auf die gegen die Klägerinnen und die andere Adressatin verhängten Geldbußen übertragbar seien, und dass es daher im Interesse des Grundsatzes der guten Verwaltung liege, die vom Gericht in diesem Urteil festgestellten Fehler zu berichtigen und den angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Klägerinnen und die andere Adressatin durch Ergänzung der Begründung für die Bestimmung des Abzinsungsfaktors zu ändern. 24 Mit Urteil vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission (C‑883/19 P, EU:C:2023:11), hat der Gerichtshof zum einen das Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), aufgehoben, soweit damit der Hauptantrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses und der Hilfsantrag auf Nichtigerklärung von dessen Art. 1 Buchst. b zurückgewiesen worden waren. Zum anderen hat der Gerichtshof die von HSBC in der Rechtssache T‑105/17 erhobene Klage, soweit sie auf die Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses, hilfsweise von dessen Art. 1 Buchst. b, gerichtet war, abgewiesen. II. Anträge der Parteien 25 Die Klägerinnen beantragen, – Art. 1 Buchst. a sowie Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – hilfsweise, die in Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gegen sie verhängte Geldbuße in Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung signifikant herabzusetzen; – zusätzlich: die Entscheidungen des Anhörungsbeauftragten vom 2. Oktober 2014, 4. März 2015, 27. März 2015, 29. Juli 2015 und 16. September 2016 und als Folge davon Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a des Beschlusses für nichtig zu erklären; – den Änderungsbeschluss für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, festzustellen, dass dieser die mangelhafte Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht heilen konnte, und Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses in der geänderten Fassung für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. [nicht wiedergegeben] III. Rechtliche Würdigung [nicht wiedergegeben] A. Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses, soweit dieser Antrag auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Verweigerung der Akteneinsicht gestützt wird [nicht wiedergegeben] 1. Zum Ablauf des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat (erster und zweiter Klagegrund und dritter Teil des neunten Klagegrundes) [nicht wiedergegeben] a) Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen das Recht auf Zugang zu einem Gericht, gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, gegen die Verteidigungsrechte und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens [nicht wiedergegeben] 1) Zur Weigerung, die von den Klägerinnen in der Anhörung gestellten Fragen zu beantworten 52 Im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verletzt, indem sie sich geweigert habe, bestimmte Fragen zu beantworten, die sie ihr in der Anhörung gestellt hätten. [nicht wiedergegeben] 57 Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die vom Anhörungsbeauftragten durchgeführte Anhörung, die zur Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Rahmen des von der Kommission gemäß Art. 101 AEUV durchgeführten Verwaltungsverfahrens gehört, insbesondere den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Gelegenheit geben soll, sich zu den vorläufigen Feststellungen der Kommission zu äußern, wie sich im Wesentlichen aus Art. 12 der Verordnung Nr. 773/2004 und aus Art. 10 Abs. 4 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. 2011, L 275, S. 29) ergibt. Zwar kann der Anhörungsbeauftragte nach Art. 14 Abs. 7 der Verordnung Nr. 773/2004 und Art. 12 Abs. 3 des Beschlusses 2011/695 insbesondere den Parteien, an die eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet worden ist, gestatten, während der Anhörung Fragen zu stellen. Es handelt sich jedoch um eine Möglichkeit, da das Hauptziel der Anhörung darin besteht, insbesondere den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Gelegenheit zu geben, ihre Argumentation vorzutragen, wie der Anhörungsbeauftragte im vorliegenden Fall bei der Anhörung von Crédit Agricole ausgeführt hat. 58 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die in Rede stehenden Fragen, die von den Klägerinnen an die Kommission gerichtet wurden, wie sie selbst feststellen, auf die angeblichen Widersprüche in den Modalitäten zur Berechnung der vorgesehenen Sanktion bezogen. 59 Insoweit bezieht sich die Kommission zu Recht auf den Umstand, dass sie der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Wahrung der Verteidigungsrechte nicht dazu verpflichten, im Stadium des Verwaltungsverfahrens nähere Angaben dazu zu machen, wie sie die Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung für die Bemessung der Geldbußen anzuwenden beabsichtigt. 60 Daraus folgt, dass es dem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar freisteht, insbesondere in der Anhörung alle Argumente vorzutragen, die er für relevant hält, um die Kommission auf bestimmte Widersprüche in den Antworten der anderen Parteien auf die Auskunftsverlangen aufmerksam zu machen, die die Entscheidung beeinflussen könnten, die sie in Bezug auf ihn treffen wird, oder der Kommission vorzuschlagen, ihre Untersuchungen fortzusetzen, um die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ihm gegenüber zu gewährleisten, doch verpflichtet die Gewährleistung der Wahrung der Verteidigungsrechte die Kommission nicht, im Stadium der Anhörung auf solche Argumente oder Fragen der Parteien zu antworten. [nicht wiedergegeben] b) Zur Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Verweigerung der Akteneinsicht (vierter Teil des zweiten Klagegrundes und dritter Teil des neunten Klagegrundes) [nicht wiedergegeben] 1) Zum Antrag auf Zugang zu den Dokumenten über den Umsatz 171 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anhörungsbeauftragte nach dem Antrag von Crédit Agricole auf Zugang zu den Daten über den Umsatz, die die anderen Parteien der Kommission vorgelegt hatten, und zu den Daten über die Methoden, die von ihnen für die Erstellung dieser Daten verwendet wurden, mit seiner Entscheidung vom 2. Oktober 2014 ein gemischtes Zugangssystem eingeführt hat, indem er den Klägerinnen unmittelbaren Zugang zu bestimmten Daten und ihren externen Beratern die Möglichkeit gewährte, die vertraulichen Fassungen der betreffenden Dokumente im Rahmen des Informationsraumverfahrens („data room“) einzusehen (101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Ein weiterer Informationsraum wurde eingerichtet, nachdem die Kommission den berichtigenden Beschluss gegenüber der Société Générale unter Berücksichtigung der von dieser vorgelegten berichtigten Finanzdaten erlassen hatte (106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus wurde den Klägerinnen vom Anhörungsbeauftragten in seinen Entscheidungen vom 4. März 2015 und durch sein in seiner Entscheidung vom 27. März 2015 festgehaltenes Eingreifen vom 25. März 2015 ein weiter gehender unmittelbarer Zugang zu bestimmten von den Anträgen der Klägerinnen betroffenen Daten gewährt. 172 Im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes und des dritten Teils des neunten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie ihnen verbindliche Modalitäten des Zugangs zu den in Rede stehenden Dokumenten über den Informationsraum vorgeschrieben und den unmittelbaren Zugang zu allen diesen Informationen, die nicht mehr als sensibel eingestuft werden könnten, verweigert habe. 173 Zunächst ist die Rüge zurückzuweisen, mit der die Klägerinnen das Verfahren der Akteneinsicht über den Informationsraum beanstanden. 174 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, der einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt und der u. a. in Art. 339 AEUV konkretisiert wird, grundsätzlich verpflichtet ist, den Wettbewerbern eines privaten Wirtschaftsteilnehmers von diesem erteilte vertrauliche Informationen nicht preiszugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Von der Einsicht in die wettbewerbsrechtliche Untersuchungsakte ausgenommen sind nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen. Unter bestimmten Umständen ist jedoch die Notwendigkeit, die Verteidigungsrechte der Parteien zu wahren, mit der Verpflichtung der Kommission in Einklang zu bringen, von anderen Parteien stammende vertrauliche Informationen, die in der Akte einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung enthalten sind, zu schützen, wie sich im Wesentlichen aus Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 ergibt (vgl. auch in diesem Sinne Ziff. 24 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten). 175 Daraus folgt, dass unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles das Informationsraumverfahren ein geeignetes Instrument war, um die berechtigten Interessen, die die Kommission zu schützen hatte, miteinander in Einklang zu bringen, nämlich zum einen die Vertraulichkeitsinteressen, auf die sich die Banken berufen konnten, die Informationen geliefert hatten, zu denen die Klägerinnen Zugang beantragt hatten, und zum anderen die Verteidigungsrechte Letzterer, wie der Anhörungsbeauftragte in seinen Entscheidungen vom 2. Oktober 2014 und vom 16. September 2016 im Wesentlichen ausgeführt hat. 176 Die Klägerinnen bestreiten jedoch, dass die in Rede stehenden Informationen noch vertraulich sein müssten, da sie zu alt und zu knapp seien, um etwaige vertrauliche Angaben wie die Identität der Kunden ermitteln zu können. Sie sind daher der Ansicht, dass diese Informationen unmittelbar an Crédit Agricole hätten weitergegeben werden können, was im Gegensatz zum Zugang, der allein den externen Beratern im Informationsraum gewährt worden sei, die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte gewährleistet hätte. 177 Insoweit ergibt sich erstens aus der Rechtsprechung, auf die sich die Klägerinnen insoweit stützen, dass Angaben, die geheim oder vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind, wenn nicht ausnahmsweise die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, nachweist, dass sie trotz ihres Alters immer noch wesentlicher Bestandteil ihrer eigenen oder der wirtschaftlichen Stellung eines betroffenen Dritten sind (Urteil vom 14. März 2017, Evonik Degussa/Kommission, C‑162/15 P, EU:C:2017:205, Rn. 64). 178 In seiner Entscheidung vom 16. September 2016, berücksichtigte der Anhörungsbeauftragte ein ähnliches Argument von Crédit Agricole, das im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgebracht worden war. Er war im Wesentlichen der Ansicht, dass die in Rede stehenden Daten aufgrund ihrer Art ihre Vertraulichkeit trotz ihres Alters nicht verloren hätten. Nach Ansicht des Anhörungsbeauftragten waren diese Daten so komplex, spezifisch und umfangreich, dass sie nicht mit den einfachen Umsatzzahlen der betreffenden Banken vergleichbar gewesen seien. In Anbetracht dieser Art der in Rede stehenden Daten konnte der Anhörungsbeauftragte zu Recht davon ausgehen, dass der bloße Zeitablauf für sich genommen nicht geeignet war, die Gefahr einer ernstlichen Beeinträchtigung der berechtigten Interessen dieser Banken hinreichend zu verringern, wenn diese Informationen unmittelbar an die Spezialisten von Crédit Agricole weitergegeben wurden. 179 Darüber hinaus ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbußen die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen vor der Kommission dadurch gewahrt sind, dass sich diese Unternehmen zu Dauer, Schwere und Wettbewerbswidrigkeit des ihnen zur Last gelegten Sachverhalts äußern können, sie erfordern jedoch nicht, dass diese Möglichkeit die Art und Weise, in der die Kommission beabsichtigt, die zwingenden Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Rahmen der Bemessung anzuwenden, umfasst (vgl. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 428 und 439 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Gesichtspunkt ist zu berücksichtigen, wenn man die Interessen der anderen Parteien an der Vertraulichkeit bestimmter Daten, die sie zwecks Festsetzung des Betrags der sie betreffenden Geldbuße vorgelegt hatten, wie im vorliegenden Fall der Daten zur Berechnung des Umsatzes, gegen die Verteidigungsrechte der anderen Parteien abwägt, wie der Anhörungsbeauftragte in seinen Entscheidungen vom 4. März 2015 und vom 16. September 2016 im Wesentlichen ausgeführt hat. 180 Die Klägerinnen tragen nichts vor, um darzutun, dass die wirksame Ausübung ihrer Verteidigungsrechte im vorliegenden Fall Vorrang vor den berechtigten Interessen anderer Banken an der Vertraulichkeit der in Rede stehenden Informationen hätte haben müssen. Sie haben somit nicht dargetan, dass die Schlussfolgerungen des Anhörungsbeauftragten in seinen oben in den Rn. 171, 178 und 179 genannten Entscheidungen vom 2. Oktober 2014, vom 4. und 27. März 2015 und vom 16. September 2016 fehlerhaft waren. [nicht wiedergegeben] 2. Zum Vorliegen einer den Klägerinnen zuzurechnenden Zuwiderhandlung (dritter, vierter und achter Klagegrund) [nicht wiedergegeben] a) Zum dritten Klagegrund: Beteiligung von Crédit Agricole an Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Manipulationen des Euribor [nicht wiedergegeben] 1) Zur Bestreitung der Beteiligung von Crédit Agricole an den Praktiken der Manipulation des Euribor [nicht wiedergegeben] 213 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem im angefochtenen Beschluss beschriebenen Informationsaustausch der Händler, wie er oben in den Rn. 203 bis 210 zusammengefasst ist, ergibt, dass die Kommission über Anhaltspunkte verfügte, die die Annahme zuließen, dass die Händler von Crédit Agricole am Informationsaustausch über die Manipulation des Euro Interbank Offered Rate (Euribor) beteiligt waren. 214 Erstens ergriff der Händler von Crédit Agricole bei der Besprechung vom 1. März 2007 die Initiative und ersuchte den Händler von Barclays, dessen Bank möge eine ihm genehme Euribor-Quotierung vornehmen („ich habe ein Interesse daran, dass er steigt“), was Letzterer akzeptierte („einverstanden, ich werde es ihnen sagen“). 215 Zweitens ersuchte der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole in den Gesprächen vom 16. Oktober, 13. November und 5. Dezember 2006 sowie vom 16. und 19. März 2007, von der Treasury-Abteilung seiner Bank eine Quotierung in einem bestimmten Sinn zu verlangen, was Letzterer akzeptierte. Er berichtete sogar, dass er dies getan habe, und teilte die Höhe der von der Treasury-Abteilung vorgeschlagenen oder geplanten Quotierung mit (vgl. Informationsaustausch vom 16. Oktober 2006 um 7.33 Uhr [„ich sage ihnen, sie sollen es mit 3,36 versuchen“] und um 7.46 Uhr [„sie werden 3,36 melden“], vom 13. November 2006 [„ok, kein Problem, ich habe kein Problem damit, ich mache es“, sodann „ich habe ihnen gesagt, sie sollen 37 nehmen“], vom 16. März 2007 um 14.06 Uhr [„Ich habe ihr gesagt, dass wir gerne weniger hätten. Sie hat gesagt: ‚Ok, ist notiert“‘] und vom 19. März 2007 um 14.24 Uhr [„Ja, ich habe ihnen was gesagt, sie wollten 91 nehmen, … sie haben mir gesagt: ‚Gut, wir werden sehen, was wir tun können‘“]). 216 Drittens geht aus dem Informationsaustausch vom 16. November 2006 eindeutig hervor, dass die Händler von Barclays und Crédit Agricole einander ihre Präferenzen mitgeteilt haben, in welcher Höhe der Euribor-3M für diesen Tag festgelegt werden sollte und was ihre entsprechenden Handelspositionen waren. Diese Mitteilung erfolgte mit dem Ziel, zu prüfen, ob ihre Interessen übereinstimmen, um sie gegebenenfalls abzustimmen, um im Sinne dieser Interessen Einfluss auf die Euribor-Quotierungen ihrer jeweiligen Banken zu nehmen. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Händler von Barclays sein Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, dass seine Interessen und die Interessen des Händlers von Crédit Agricole hinsichtlich der Höhe der Zinsfestlegungen gegensätzlich waren. Er wies den Händler von Crédit Agricole jedoch darauf hin, dass er „das prüfen“ werde, nachdem er ihn nach der Höhe des ihm genehmen Euribor gefragt hatte. 217 Viertens informierte der Händler von Barclays im Telefongespräch vom 14. Februar 2007 den Händler von Crédit Agricole über die wesentlichen Elemente der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation. Darüber hinaus geht aus dem Informationsaustausch vom 16. März 2007 hervor, dass der Händler von Crédit Agricole bereit war, von dieser Manipulation zu profitieren, indem er bestätigte, dass sein Interesse an der Festlegung des Euribor-3M für diesen Tag mit dem Interesse des Händlers von Barclays übereinstimmte („wir alle haben ein Interesse daran, dass er niedrig ist“, „wir haben auch ein großes Interesse daran“), und indem er ihm bei dem Informationsaustausch am 19. März 2007 bestätigte, dass er durch diese Festlegung auch einen gewissen Geldbetrag erlangt habe („ich habe dadurch 156000 Euro gewonnen“). 218 Fünftens bedankten sich die Händler nach Ablauf der Abgabefristen für ihre wechselseitigen Beteiligungen an den in Rede stehenden Praktiken, beglückwünschten einander zum Erfolg ihrer Pläne (vgl. insbesondere Informationsaustausch vom 19. März 2007) und verfolgten auf diese Weise das Ergebnis oder die erwarteten Auswirkungen ihrer aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen. 219 Die Beteiligung der Händler von Crédit Agricole an den auf die Manipulation des Euribor abzielenden Verhaltensweisen wird durch das Vorbringen der Klägerinnen nicht in Frage gestellt. 220 Erstens machen die Klägerinnen geltend, es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Händler von Crédit Agricole tatsächlich Kontakt zu seiner Treasury-Abteilung aufgenommen habe, um das Versprechen gegenüber seinem Ansprechpartner einzulösen, und dass er diesen möglicherweise belogen habe, als er ihm gesagt habe, dass er dies getan habe. Die Beteiligung von Crédit Agricole an den auf die Manipulation der Referenzzinssätze abzielenden Verhaltensweisen sei nicht erwiesen, da es keinen Beweis für die tatsächliche Beteiligung ihrer Treasury-Abteilung an diesen Verhaltensweisen gebe. 221 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Crédit Agricole vorgeworfenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, nicht in der Manipulation des Euribor als solcher bestehen, sondern in einem Informationsaustausch zwischen den Händlern, der ihre Absicht zum Ausdruck bringt, die Quotierungen ihrer Banken beim Euribor-Panel im Sinne ihrer eigenen Interessen zu beeinflussen. Wie sich nämlich aus dem 113. Erwägungsgrund Buchst. a bis f, dem 358. Erwägungsgrund Buchst. a bis f und dem 392. Erwägungsgrund Buchst. a bis f des angefochtenen Beschlusses, die oben in Rn. 15 zusammengefasst worden sind, ergibt, betraf dieser Informationsaustausch Präferenzen für eine Höhe des Euribor – manchmal verbunden mit der Mitteilung der Handelspositionen –, die Möglichkeit, die Handelspositionen und die Euribor-Quotierungen abzugleichen, ein Versprechen des beteiligten Händlers, sich an einen für Euribor-Quotierungen zuständigen Mitarbeiter seiner Bank zu wenden, um eine Quotierung in eine bestimmte Richtung oder in einer bestimmten Höhe zu verlangen, und einen Bericht über dessen Antwort. 222 Aus dem Informationsaustausch zwischen den Händlern wird klar ersichtlich, dass es Mitteilungen über die Zinspräferenzen, die damit verbundenen Handelspositionen und ein Angebot bzw. eine Absicht der Händler von Crédit Agricole, die Quotierung ihrer Bank zu beeinflussen, gab. 223 Insoweit ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass die Teilnahme eines Unternehmens an einem Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck eine Vermutung der Rechtswidrigkeit dieser Teilnahme begründet, die dieses Unternehmen durch den Beweis einer offenen Distanzierung widerlegen muss, die von den anderen Kartellteilnehmern als eine solche aufgefasst werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 81 und 82 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 3. Mai 2012, Comap/Kommission, C‑290/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:271, Rn. 74 bis 76 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Rechtsgrundsatz beruht auf der Erwägung, dass das Unternehmen, indem es an dem fraglichen Treffen teilnahm, ohne sich offen von dessen Inhalt zu distanzieren, den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gab, dass es dem Ergebnis des Treffens zustimme und sich daran halten werde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 82, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 48). 224 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem von der Kommission zugrunde gelegten Informationsaustausch, der oben in den Rn. 214 und 218 zusammengefasst worden ist, dass der Händler von Crédit Agricole bei einer Gelegenheit zu einer Euribor-Quotierung in seinem Interesse und mit dem Ziel der Manipulation des Euribor aufforderte und dass er bei anderen Gelegenheiten – weit davon entfernt, sich offen von dem Ersuchen des Händlers von Barclays zu distanzieren – diesem Händler Anlass zu der Annahme gab, dass seine Bank die vereinbarte Euribor-Quotierung melden werde oder tatsächlich gemeldet habe, und ihn in der Überzeugung bestärkte, dass er mit den für die Quotierung zuständigen Mitarbeitern gesprochen habe, wobei er ihm sogar die genauen Inhalte dieser Gespräche zur Kenntnis brachte. 225 Insbesondere stellt der Umstand, dass sich der Händler von Crédit Agricole während des Gesprächs am 14. Februar 2007 skeptisch über die Erfolgsaussichten der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation gezeigt hat, keinen Beweis für eine klare Distanzierung von der Verhaltensweise dar, deren geplante Umsetzung ihm vom Händler von Barclays erläutert worden war. 226 Die Erwägungsgründe 125, 135 und 634 des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die Klägerinnen stützen, stellen die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage. In diesen Erwägungsgründen hat die Kommission nämlich im Wesentlichen festgestellt, dass die Absprachen zwischen den Händlern durch eine Verständigung zwischen ihnen und den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern in den Treasury-Abteilungen ihrer Banken ergänzt und durchgeführt worden seien und dass Letztere „von Zeit zu Zeit“ die mitgeteilten, koordinierten oder vereinbarten Euribor-Quotierungen tatsächlich gemeldet hätten. Die Kommission macht daher zu Recht geltend, dass das Vorbringen der Klägerinnen zur fehlenden Beteiligung der Treasury-Abteilung von Crédit Agricole an den Praktiken zur Beeinflussung des Euribor allenfalls für den Nachweis geeignet sei, dass die Treasury-Abteilung der Bank kein wettbewerbswidriges Verhalten gesetzt habe, nicht aber für den Nachweis, dass die Händler an diesem Verhalten nicht beteiligt gewesen seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 1991, Atochem/Kommission, T‑3/89, EU:T:1991:58, Rn. 100). 227 Gleiches gilt für das Vorbringen, dass die von Crédit Agricole zu den maßgeblichen Zeitpunkten tatsächlich gemeldeten Quotierungen mit ihren anderen Einreichungen und dem Markt kohärent gewesen seien und sogar dem Interesse des Kartells zuwidergelaufen seien. Angesichts der Tragweite des angefochtenen Beschlusses und der Crédit Agricole vorgeworfenen Verhaltensweisen, bei denen es um „Absprachen“ zwischen den Händlern geht, um die Referenzzinssätze gemäß ihren Interessen zu beeinflussen, nicht aber um eine tatsächliche Manipulation dieser Zinssätze unter Einbeziehung der Treasury-Abteilungen, sind diese Argumente nicht stichhaltig, wenn damit die Beteiligung von Crédit Agricole an den genannten Verhaltensweisen bestritten werden soll, die ihr von der Kommission zur Last gelegt werden. 228 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls mehrere von der Kommission herangezogene Beweise belegen können, dass die Händler von Crédit Agricole versucht haben, die von der Treasury-Abteilung ihrer Bank gemeldete Quotierung zu beeinflussen, oder sich zumindest damit gebrüstet haben, dies getan zu haben. Während des Informationsaustauschs vom 16. Oktober, 13. November und 5. Dezember 2006 sowie vom 16. und 19. März 2007 teilte der Händler von Crédit Agricole dem Händler von Barclays nämlich die Antwort mit, die er erhalten hatte, nachdem er ein Ersuchen an seine Treasury-Abteilung gerichtet hatte (siehe oben, Rn. 215). Außerdem geht aus dem Informationsaustausch vom 27. Oktober (191. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und vom 5. Dezember 2006 (224. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) sowie vom 19. März 2007 (319. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) hervor, dass die Händler ihre aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zur Manipulation der Zinsfestlegungen als erfolgreich erachteten und einander dazu beglückwünschten. Im Licht des Informationsaustauschs vom 16. März 2007 zwischen dem Händler von Crédit Agricole und dem für die Quotierungen zuständigen Mitarbeiter dieser Bank (305. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), der zeigt, dass die Händler Kontakte mit der Treasury-Abteilung unterhielten, bei denen sie die Höhe der künftigen Festlegungen der Zinssätze und die Interessen erörterten, die die Händler an einer speziellen Höhe eines Zinssatzes haben konnten, ist der zuvor genannte Informationsaustausch geeignet, zu belegen, dass die Händler von Crédit Agricole die Gespräche mit dem Händler von Barclays über die gewünschte Höhe des Euribor zum Anlass genommen haben, um Kontakte zu den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern ihrer Bank herzustellen und so den kollusiven Informationsaustausch umzusetzen. 229 Zweitens ist auch das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, mit dem sie unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, dessen Glaubwürdigkeit von der Kommission in Abrede gestellt wird, geltend machen, die Händler von Crédit Agricole hätten in Anbetracht ihrer Handelspositionen kein konkretes Interesse gehabt, sich an den in Rede stehenden Manipulationen, insbesondere an der vom 19. März 2007, zu beteiligen. Im Wesentlichen argumentieren die Klägerinnen, dass die Beteiligung an Praktiken zur Beeinflussung der Höhe der Referenzzinssätze „keinen Sinn“, ergeben habe, es sei denn, die Händler hätten rechtzeitig über die Informationen verfügt, um davon profitieren zu können, und hätten „enorme Handelspositionen“ aufgebaut. 230 Unabhängig von der Frage, ob die Daten, auf die sich die Klägerinnen stützen, in Bezug auf die bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zuverlässig sind, was nach dem angefochtenen Beschluss beim Informationsaustausch über Manipulationen der Referenzzinssätze der Fall ist, braucht jedoch nicht geprüft zu werden, ob ein Unternehmen ein geschäftliches Interesse an der Beteiligung daran hatte, wenn seine Beteiligung an Verhaltensweisen, die den Wettbewerb beschränken können, erwiesen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 44 bis 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 231 Wenn man sie als erwiesen unterstellt, können die von den Klägerinnen vorgebrachten Umstände allenfalls belegen, dass der Händler von Crédit Agricole, da er insbesondere am 19. März 2007 über keine bedeutende Handelsposition verfügte, aus dem Plan, an dem er beteiligt war, keine bedeutenden Vorteile gezogen hat und dass somit der Informationsaustausch zwischen den Händlern keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen auf den Markt hatte. Diese Frage ist jedoch irrelevant, wenn es um Verhaltensweisen geht, die eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni,C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn.123 und 124). Ein solches Argument könnte sich somit gegebenenfalls als relevant erweisen, wenn die Klägerinnen dartun, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie festgestellt hat, dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellten, was im Rahmen des vierten Klagegrundes zu prüfen ist. 232 Soweit die Klägerinnen mit diesem Argument einen Gegenbeweis vorlegen wollen, um die Vermutung zu widerlegen, dass der Händler von Crédit Agricole durch seine Teilnahme an der Abstimmung mit dem Händler von Barclays und seine Aktivität auf dem Markt zwangsläufig die mit seinem Wettbewerber ausgetauschten Informationen berücksichtigt hat, um sein Verhalten auf diesem Markt, im vorliegenden Fall seine Handelsstrategie, auf der Grundlage der bevorstehenden Manipulation festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 121, und vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, EU:C:1999:358, Rn. 162), ist festzustellen, dass die bloße Behauptung, dass der Händler zum Zeitpunkt der beabsichtigten Manipulation keine bedeutende Position gehalten habe oder dass seine Bank eine im Widerspruch zu einem Kartell stehende Position gehalten habe, keinen hinreichenden Gegenbeweis darstellt, da diese Gesichtspunkte für sich genommen nicht die Vermutung ausschließen, dass es die Abstimmung dem Händler ermöglicht hat, die Unsicherheiten hinsichtlich seines Marktverhaltens auszuräumen, so dass der normale Wettbewerb dadurch verhindert, beschränkt oder verfälscht werden konnte (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:802, Rn. 39). 233 Drittens ist der Umstand, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Bestandteilen eines Kartells beteiligt hat oder dass es, soweit es beteiligt war, eine untergeordnete Rolle gespielt hat, für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens irrelevant. Diese Gesichtspunkte, die die Anzahl und die Intensität der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betreffen, dürfen nur bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung oder der mildernden Umstände und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 197 und 199 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem dargetan werden soll, dass Crédit Agricole bei den in Rede stehenden Manipulationen in Anbetracht des Umstands, dass sie durch einen Händler der Bank A und einen Händler der Bank D erdacht, organisiert und durchgeführt wurden, eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht untergeordnete Rolle gespielt hat, im Rahmen der Prüfung ihrer Beteiligung an dem in Rede stehenden Verhalten als ins Leere gehend zurückzuweisen. 234 Ebenso kann viertens der Umstand, dass Crédit Agricole ein kleiner Akteur auf dem Markt für Euro-Zinsderivate (Euro Interest Rate Derivatives [EIRD]) ist, selbst wenn dies erwiesen wäre, ihre Beteiligung an dem in Rede stehenden Verhalten nicht in Frage stellen, da sie auf diesem Markt tätig ist. Wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, ermöglichte der Austausch vertraulicher Informationen über die beabsichtigten Manipulationen der Referenzzinssätze den an diesem Austausch Beteiligten unabhängig von der Marktposition ihrer Bank, ihre Handelsstrategie anzupassen, indem sie ihre Portfolios speziell so zusammenstellten, dass sie aus ihrer Kenntnis künftiger Manipulationen einen Nutzen ziehen und ihre Gewinne maximieren oder ihre Verluste minimieren konnten. 235 Nach alledem ist der dritte Klagegrund vorbehaltlich der Prüfung des vierten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 230 und 231) zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] 3. Zu der von der Kommission vorgenommenen Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung (fünfter, sechster und siebter Klagegrund) [nicht wiedergegeben] a) Zum sechsten Klagegrund, mit dem bestritten wird, dass Crédit Agricole vom Vorliegen eines „Gesamtplans“ wusste und sich daran beteiligen wollte [nicht wiedergegeben] 1) Zur Frage, ob Crédit Agricole vom Vorliegen eines „Gesamtplans“ wusste [nicht wiedergegeben] i) Zur Frage, ob Crédit Agricole von den von anderen Banken beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhaltensweisen wusste, die in Versuchen bestanden, den Euribor zu manipulieren [nicht wiedergegeben] 402 Mit der Kommission ist festzustellen, dass Letztere über unmittelbare Beweise dafür verfügt, dass Crédit Agricole wusste, dass sie mit anderen Banken an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt war, da ihre Händler wussten oder vernünftigerweise vorhersehen konnten, dass der oben in Rn. 401 genannte Informationsaustausch Teil eines über den Rahmen des bilateralen Informationsaustauschs hinausgehenden „Gesamtplans“ war. 403 Erstens weist die Kommission im 467. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht darauf hin, dass sich die Kenntnis von Crédit Agricole über das Vorliegen eines „Gesamtplans“ und die Beteiligung anderer Banken an diesem Plan aus dem Gespräch vom 16. Oktober 2006 ergebe. 404 Bei diesem Gespräch forderte der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole auf, seine Treasury-Abteilung um eine hohe Euribor-1M-Quotierung zu ersuchen. Bevor der Händler von Crédit Agricole dieser Aufforderung nachkam, fragte er, welchen Vorteil er daraus ziehen könne, worauf der Händler von Barclays antwortete, dass er von ihm ein „Fixing“ nach seinen eigenen Handelspositionen verlangen könne („was du willst, das Recht, von mir Fixings zu verlangen, wo du willst und wann du sie brauchst“). Später fragte der Händler von Crédit Agricole den Händler von Barclays, wie er sich trotz des niedrigen Euribor aus der Affaire gezogen habe. Der Händler von Barclays dankte ihm daraufhin für seine Zusammenarbeit bei der Quotierung seiner Bank und erklärte, dass er dank der hohen Quotierungen bestimmter Banken („Kumpel“) die niedrigen Quotierungen der anderen Banken habe aufwiegen können („wenn einige Kumpel nicht da gewesen wären … ich habe bei dieser Sache mindestens [vier] Banken gegen mich“). 405 Aus diesen Gesprächen wird zum einen ersichtlich, dass sich der Händler von Crédit Agricole bewusst war, dass die hohe Quotierung, die er versprochen hatte, von seiner Treasury-Abteilung zu verlangen, Teil eines „Gesamtplans“ war, der auf die Manipulation des Euribor-1M dieses Tages abzielte, der durch die koordinierten Quotierungen mehrerer Banken in die Höhe getrieben werden sollte. Er hat somit durch sein Verhalten zur Verwirklichung dieses Plans beigetragen. Zum anderen hat der Händler von Barclays durch seinen Hinweis, dass er ihn zu anderen Zeitpunkten nach seinen eigenen Interessen um „Fixings“ ersuchen könne, dem Händler von Crédit Agricole zu verstehen gegeben, dass es sich nicht um einen isolierten Versuch einer Manipulation des Euribor handelte, sondern vielmehr um eine Praxis, die wiederholt werden könnte. 406 Zweitens weist die Kommission im 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch zu Recht darauf hin, dass sich diese Kenntnis von Crédit Agricole sowohl über das Vorliegen eines „Gesamtplans“ als auch über die Beteiligung anderer Banken aus dem Gespräch vom 14. Februar 2007 ergebe. 407 Zum einen geht aus diesem Gespräch hervor, dass der Händler von Barclays den Händler von Crédit Agricole informiert hat, worin die für den International Monetary Market (IMM)-Termin vom 19. März 2007 beabsichtigte Manipulation – um deren Geheimhaltung er bat – bestehen sollte, nämlich in einer Manipulation des Spreads zwischen zwei Derivaten – den auf dem Euribor-3M beruhenden Zins-Futures und den auf dem Euro Over-Night Index Average (EONIA) beruhenden Zins-Swaps – am 19. März 2007 („die Basis wird eng sein“, „Spread auf vier“ [d. h. der Spread zwischen dem EONIA und dem Euribor-3M würde sich auf vier Basispunkte verringern]). Er teilte ihm auch die anderen Bestandteile des Plans mit, die zu seinem Erfolg beitragen könnten, und wies ihn darauf hin, dass eine schrittweise Erhöhung der „Käuferpositionen“ für die an den Euribor-3M gebundenen Zins-Futures gefolgt von einer Senkung am Spotmarkt durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen erfolgen müsse („du zahlst den EONIA und du kaufst Futures … auf dem IMM; am Tag des IMM drückst du das Cash nach unten …“) erfolgen müsse, d. h. es sollten „Verkäuferpositionen“ für den EONIA und „Käuferpositionen“ für den Euribor im Hinblick auf das Fixing vom 19. März 2007 geschaffen werden und es sollte am Tag des Fixings der Spotmarkt nach unten gedrückt werden. Zum anderen teilte der Händler von Barclays dem Händler von Crédit Agricole mit, dass sich die Deutsche Bank an diesem „Gesamtplan“ beteilige („die Treasury-Abteilung der Deutschen ist mit im Boot“) und wies ihn darauf hin, dass es von Vorteil wäre, vier oder fünf Banken in den Plan einzubeziehen („wenn es gelingt, vier bis fünf Treasury-Abteilungen ins Boot zu holen, verstehst du?“). 408 Daraus ergibt sich, dass der Händler von Crédit Agricole über die Beteiligung der Deutschen Bank an dem beschriebenen Plan informiert wurde. Außerdem wusste der Händler von Crédit Agricole, auch wenn die Identität der anderen Banken nicht offengelegt wurde, dass der Händler von Barclays beabsichtigte, eine Reihe von Banken in diesen Plan einzubeziehen. 409 Folglich ist die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Crédit Agricole von den von anderen Beteiligten des Kartells beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste, das in der Verfolgung des Ziels bestand, den Cashflow durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zur Manipulation des Euribor vom 16. Oktober 2006 und 19. März 2007 zu verändern. 410 Zudem konnte die Kommission, auch wenn sie über keine unmittelbaren Beweise dafür verfügte, dass die Händler von Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an anderen Versuchen einer Manipulation des Euribor wussten, die Crédit Agricole gegenüber geltend gemacht wurden, davon ausgehen, dass diese Händler eine solche Beteiligung im Sinne der oben in Rn. 354 angeführten Rechtsprechung vernünftigerweise vorhersehen konnten, da Crédit Agricole seit dem 16. Oktober 2006 über die Beteiligung der anderen Banken an dieser Art von Verhalten informiert war. Crédit Agricole hätte daher vernünftigerweise vorhersehen können, dass jeder andere Manipulationsversuch nur durch eine abgestimmte Verhaltensweise mehrerer Banken erfolgen würde. Die Klägerinnen machen daher zu Unrecht geltend, dass die Kenntnis der Händler von der Beteiligung anderer Banken an den versuchten Zinssatzmanipulationen allein auf die Manipulationen vom 16. Oktober 2006 und vom 19. März 2007 oder auf einen bestimmten Zeitraum der Beteiligung von Crédit Agricole an der von der Kommission angenommenen einheitlichen Zuwiderhandlung beschränkt werden müsse. 411 In diesem Zusammenhang ist es irrelevant, dass Crédit Agricole nicht über die Intensität und die tägliche Regelmäßigkeit der Kontakte, insbesondere zwischen den Händlern von Barclays und der Deutschen Bank, sowie über die mehr oder weniger engen Kontakte, die der Händler von Barclays mit den anderen beteiligten Banken unterhielt, informiert war. 412 Es ist auch unerheblich, dass sich der Händler von Crédit Agricole im Hinblick auf die Durchführbarkeit der für den 19. März 2007 geplanten Manipulation skeptisch gezeigt hat. Der Umstand, dass er nicht an den Erfolg des Plans glaubte – was jedoch aus seiner Stellungnahme nicht eindeutig hervorgeht, sagte er doch: „Jedenfalls ist es einen Versuch wert.“ –, beweist keineswegs, dass ihm die Beteiligung der Deutschen Bank und gegebenenfalls der anderen Banken an der Durchführung dieses Plans nicht bekannt war. ii) Zur Frage, ob Crédit Agricole von den anderen Verhaltensweisen wusste, die Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung waren und von anderen Unternehmen beabsichtigt oder an den Tag gelegt wurden 413 Was die Frage anlangt, ob die Kommission Crédit Agricole für ihre Beteiligung an der einheitlichen Zuwiderhandlung sämtliche Verhaltensweisen der anderen betreffenden Banken zurechnen durfte, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Unterschied dazu, was für die Kenntnis von Crédit Agricole vom Vorliegen eines Gesamtplans mit dem Ziel der Manipulation des Euribor durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zu verschiedenen Zeitpunkten gilt (siehe oben, Rn. 402 bis 408), im angefochtenen Beschluss keinen unmittelbaren Beweis dafür angeführt hat, der die Feststellung erlaubt, dass Crédit Agricole wusste oder hätte wissen müssen, dass der Informationsaustausch ihrer Händler mit dem Händler von Barclays über Informationen zu Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten über den bilateralen Informationsaustausch hinausging und Teil eines „Gesamtplans“ war, an dem andere Banken beteiligt waren. 414 Ebenso wenig lässt sich anhand der mittelbaren Beweise in ihrer Gesamtheit als Indizienbündel rechtlich hinreichend nachweisen, dass Crédit Agricole von einem solchen Gesamtplan wusste oder hätte wissen müssen oder dass sie dessen Vorliegen vernünftigerweise hätte vorhersehen können, was es rechtfertigen könnte, ihr sämtliche Verhaltensweisen der anderen Banken, die unter dieses einheitliche Ziel fallen, zuzurechnen, unabhängig davon, ob sie unmittelbar daran beteiligt war oder nicht. 415 Insoweit enthält der angefochtene Beschluss in seinen Erwägungsgründen 457 bis 465 lediglich Gründe, die sich auf das Wesen des Kartells und die Funktionsweise des EIRD-Markts beziehen, also Gründe, die alle am Kartell beteiligten Banken betreffen und die oben in Rn. 396 aufgeführt worden sind. Diese Gründe erlauben es weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit, Crédit Agricole die anderen als die oben in den Rn. 409 und 410 angeführten Verhaltensweisen der anderen Banken zuzurechnen, an denen sie sich gemäß dem angefochtenen Beschluss nicht unmittelbar beteiligt hat. Eine solche Zurechnung verstieße nämlich gegen die oben in Rn. 360 angeführte Rechtsprechung. 416 Die Klägerinnen machen zu Recht geltend, dass die Kommission keinen Zusammenhang herstelle zwischen zum einen dem im 458. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten spezifischen Kontext, in dem die Händler tätig seien, d. h. dem Umstand, dass sie registriert und kontrolliert würden, dass die Kontakte ausschließlich bilateral seien, dass sie eine verschlüsselte Sprache verwendeten und dass sie einander regelmäßig und immer für die gleiche Art von Geschäften gegenseitig kontaktierten, und zum anderen der Kenntnis, die Crédit Agricole von den Verhaltensweisen der anderen Banken gehabt habe oder hätte haben müssen, die sich auf die Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bezogen hätten, an denen sie nicht beteiligt gewesen sei. 417 Hierzu trägt die Kommission vor, der 458. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei in Verbindung mit seinen Erwägungsgründen 459 bis 464 zu sehen. Es ist jedoch zunächst festzustellen, dass die in den Erwägungsgründen 459 bis 462 des angefochtenen Beschlusses dargelegten Gründe höchstens dafür sprechen könnten, dass die Händler hätten wissen müssen, dass andere Banken an den Verhaltensweisen mit dem Ziel der Manipulation des Euribor beteiligt waren, aber nicht, dass sie an Verhaltensweisen beteiligt waren, die in einem Informationsaustausch über Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bestanden. 418 Erstens trifft die im 459. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung, wonach die Händler aufgrund ihrer bilateralen Kontakte gewusst hätten, dass die Händler anderer Banken bereit gewesen seien, sich an der gleichen Art von Kartellverhalten betreffend Preisgestaltungselemente und andere EIRD-Handelsbedingungen zu beteiligen, auf Crédit Agricole nur in Bezug auf den Informationsaustausch über die Manipulationen des Euribor zu (siehe oben, Rn. 403 bis 408). Dagegen hat der Händler von Barclays in keinem der bilateralen Gespräche über Preisfestsetzungsstrategien dem Händler von Crédit Agricole mitgeteilt, dass die anderen Händler an einem solchen Informationsaustausch beteiligt gewesen seien oder dass dieselben Informationen mit den anderen Händlern ausgetauscht worden wären. 419 Zweitens ist die Bezugnahme im 460. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf, dass es unter den Marktteilnehmern „gemeinhin bekannt“ sei, dass das Verfahren zur Festlegung der Referenzzinssätze deklaratorisch sei und dass die Quotierungen folglich von den Panel-Banken je nach ihren Interessen zum Zeitpunkt der Einreichung verschoben werden könnten – selbst wenn man davon ausgeht, dass dies erwiesen ist –, nur für die Praktiken relevant, die auf die Manipulation dieser Referenzzinssätze abzielen. Gleiches gilt für den in den Erwägungsgründen 461 und 462 des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstand – wenn man davon ausgeht, dass er für die Feststellung der Kenntnis von der Beteiligung anderer Banken an den kollusiven Verhaltensweisen relevant ist –, dass die Händler nicht darüber in Unkenntnis hätten sein können, dass die potenziellen Auswirkungen auf den Referenzzinssatz im Verhältnis zur Anzahl der beteiligten Banken steigen würden, wenn mehr Banken ihre Quotierungen am selben Tag und für dieselbe Laufzeit des Euribor änderten, so dass der Erfolgsgrad der kollusiven Verhaltensweisen zu einem großen Teil von der Beteiligung zusätzlicher Banken abhängig gewesen sei. Dagegen kann kein Zusammenhang hergestellt werden zwischen dem Verfahren zur Festlegung der Höhe des Euribor mittels Quotierungen der Mitglieder des Panels, auf das sich diese Aussagen beziehen, und den im 358. Erwägungsgrund Buchst. g des angefochtenen Beschlusses genannten Verhaltensweisen, die den Informationsaustausch über Absichten und die Strategie in Bezug auf die Preisfestsetzung, wie „Runs“ oder „Mids“, betreffen. 420 Sodann sind die im 463. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstände, wonach erstens die Händler der betreffenden Banken seit mehreren Jahren im EIRD-Sektor tätig gewesen seien, zweitens bilaterale Kontakte mit Händlern von Banken, die zu den wichtigsten Marktakteuren gehörten, unterhalten worden seien und sich drittens die Händler nicht überrascht gezeigt hätten, wenn sie zwecks Abstimmung angesprochen worden seien, für den Nachweis der Kenntnis von den Verhaltensweisen, an denen Crédit Agricole nicht unmittelbar beteiligt war, unerheblich. Wie die Klägerinnen geltend machen, beruht im Übrigen die Kenntnis von der „Macht des Netzes, das hinter dem Händler stand, der mit ihnen wettbewerbswidrige Gespräche führte“, auf die auch im 463. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird, auf einer bloßen Spekulation, die durch keinen Beweis dafür gestützt wird, dass Crédit Agricole von der Existenz und der Macht eines solchen Netzes wusste, und die nicht aus dem Informationsaustausch vom 14. Februar 2007 zwischen dem Händler von Crédit Agricole und dem von Barclays abgeleitet werden kann, auf den sich die Kommission zur Stützung dieser Erwägung beruft. Aus diesem Informationsaustausch geht zwar hervor, dass der Händler von Crédit Agricole über die Beteiligung der Deutschen Bank an den Versuchen einer Manipulation der Zinssätze und die Absicht des Händlers von Barclays, zusätzliche Banken in diesen Informationsaustausch einzubeziehen, Kenntnis hatte (siehe oben, Rn. 406 bis 408). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sie dadurch Kenntnis von der Beteiligung anderer Banken an anderen Verhaltensweisen als denen, die in der Manipulation von Zinssätzen bestanden, hatte und erst recht nicht, dass sie von der Existenz eines Netzes von Kontakten wusste, über das sensible Informationen über Preisfestsetzungsstrategien oder ‑absichten ausgetauscht werden sollten. 421 Schließlich betrifft der von der Kommission im 465. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehobene Umstand, dass die Registrierung der Händler es der Bank erleichterte, rechtswidriges Verhalten ihrer Mitarbeiter aufzudecken, allenfalls die Frage, ob ihr die Verhaltensweisen, an denen die Händler der Bank beteiligt waren, zugerechnet werden können; diese Frage ist im Rahmen der Prüfung des achten Klagegrundes zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 350). Wie jedoch oben aus Rn. 413 hervorgeht, lässt kein Beweis, der sich gegebenenfalls aus der Registrierung des bilateralen Austauschs von Informationen über Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten zwischen dem Händler von Barclays und den Händlern von Crédit Agricole ergibt, die Annahme zu, dass dieser Informationsaustausch über den bilateralen Austausch hinausging und Teil eines „Gesamtplans“ war, an dem andere Banken beteiligt waren. 422 Die Kommission vertritt offenbar auch die Auffassung, dass deshalb, weil mit allen in Rede stehenden Verhaltensweisen dasselbe Ziel verfolgt worden sei (diese Frage ist Gegenstand des fünften Klagegrundes), der Nachweis, dass Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an den in Manipulationsversuchen des Euribor bestehenden Verhaltensweisen gewusst habe oder hätte wissen müssen, ausreiche, um dieselbe Schlussfolgerung hinsichtlich der Kenntnis von Crédit Agricole von der Beteiligung anderer Banken an anderen Verhaltensweisen zu ziehen. 423 Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen Zuwiderhandlung sich von der Frage unterscheidet, ob die Verantwortung für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit einem Unternehmen zuzurechnen ist (Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 174). Außerdem genügt die bloße Tatsache, dass eine Vereinbarung, an der ein Unternehmen beteiligt war, und ein Gesamtkartell den gleichen Gegenstand haben, nicht, um diesem Unternehmen die Beteiligung am Gesamtkartell zur Last zu legen. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur anwendbar ist, wenn eine Willensübereinstimmung zwischen den betreffenden Parteien vorliegt. Das betreffende Unternehmen muss somit die allgemeine Tragweite und die wesentlichen Merkmale des Gesamtkartells kennen (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2014, Soliver/Kommission, T‑68/09, EU:T:2014:867, Rn. 62 und 64 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 424 Daraus folgt, dass Crédit Agricole im vorliegenden Fall die Verantwortung für das gesamte rechtswidrige Verhalten, das Bestandteil der einheitlichen Zuwiderhandlung ist, einschließlich des Informationsaustauschs über die Strategien und Absichten bei der Festsetzung der Preise, an denen sie nicht unmittelbar beteiligt war, nicht allein deshalb zugerechnet werden kann, weil sie zum einen von den die Manipulation des Euribor betreffenden Verhaltensweisen der anderen Banken wusste und zum anderen mit diesen Verhaltensweisen dasselbe Ziel verfolgt wurde wie mit denen, die sich auf Preisfestsetzungsstrategien und ‑absichten bezogen. 425 Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass das Indizienbündel, auf das sich die Kommission stützt, bei einer Gesamtwürdigung und zusammen mit den unmittelbaren Beweisen für die Kenntnis von den von anderen Unternehmen beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhaltensweisen, die in Versuchen einer Manipulation des Euribor bestanden und oben in den Rn. 402 bis 412 geprüft worden sind, keinen ernsthaften, genauen und übereinstimmenden Beweisen entspricht, mit denen zweifelsfrei nachgewiesen werden könnte, dass Crédit Agricole wusste, dass ihr Informationsaustausch mit Barclays über Preisfestsetzungsabsichten und ‑strategien über den bilateralen Rahmen hinausging und Teil eines Gesamtplans war, in den auch andere Banken einbezogen waren, oder dass sie dies vernünftigerweise vorhersehen konnte sowie bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. 426 Nach alledem ist festzustellen, dass die Beteiligung von Crédit Agricole an einer einheitlichen Zuwiderhandlung nur in Bezug auf ihre eigenen Verhaltensweisen im Rahmen dieser Zuwiderhandlung einerseits und die Verhaltensweisen der anderen Banken im Rahmen der Versuche einer Manipulation des Euribor andererseits festgestellt werden kann. 427 Insoweit ist noch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Aufteilung einer Entscheidung der Kommission, in der ein Gesamtkartell als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft wird, nur in Betracht kommt, wenn das genannte Unternehmen im Verwaltungsverfahren in die Lage versetzt wurde, zu erkennen, dass ihm auch jede der Verhaltensweisen, aus denen sie besteht, vorgeworfen wird, und es sich mithin in diesem Punkt verteidigen konnte, und wenn die Entscheidung insoweit hinreichend klar war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 46). Im vorliegenden Fall hat die Kommission sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im angefochtenen Beschluss eine klare Unterscheidung (siehe oben, Rn. 15) zwischen den verschiedenen Verhaltensweisen getroffen, die den am Kartell beteiligten Banken, darunter Crédit Agricole, vorgeworfen wurden und die die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildeten. Außerdem geht, wie im Wesentlichen oben in Rn. 363 ausgeführt, u. a. aus den Erwägungsgründen 365, 387, 393 und 442 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, diese Verhaltensweisen bezweckten nicht nur kollektiv, sondern auch einzeln eine Beschränkung des Wettbewerbs. 428 Die Klägerinnen machen daher im Rahmen des sechsten Klagegrundes zu Recht geltend, die Kommission habe Crédit Agricole zu Unrecht andere als die oben in Rn. 426 genannten Verhaltensweisen zugerechnet. Der erste Teil des sechsten Klagegrundes ist daher teilweise begründet. [nicht wiedergegeben] B. Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses und zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße [nicht wiedergegeben] 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses [nicht wiedergegeben] a) Zur Verwendung aktualisierter Bareinnahmen für die Berechnung des Umsatzes [nicht wiedergegeben] 1) Zur Bestimmung des von der Kommission angewandten Abzinsungsfaktors von 98,849 % [nicht wiedergegeben] i) Zur Beachtung der Begründungspflicht bei der Bestimmung des Abzinsungsfaktors im angefochtenen Beschluss [nicht wiedergegeben] 512 Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Festsetzung des Abzinsungsfaktors auf 98,849 % unzureichend begründet ist. 513 Die vorliegende Rüge des vierten Teils des neunten Klagegrundes könnte sich jedoch als unbegründet erweisen, wenn sich herausstellte, dass die Kommission den so festgestellten Begründungsmangel durch den Erlass des Änderungsbeschlusses behoben hat (siehe oben, Rn. 21 bis 23). Daher sind die Klagegründe zu prüfen, die die Klägerinnen im Rahmen des Anpassungsschriftsatzes geltend machen und mit denen sie den Erlass des letztgenannten Beschlusses durch die Kommission beanstanden. ii) Zum Änderungsbeschluss [nicht wiedergegeben] 516 Insoweit machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei nicht befugt gewesen, den vom Gericht im Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission (T‑105/17, EU:T:2019:675), festgestellten Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses durch den Änderungsbeschluss zu beheben. 517 Zwar könne die Kommission einen Beschluss nach dessen Erlass grundsätzlich ändern, sie sei aber nicht befugt, wie im vorliegenden Fall einen Beschluss zu erlassen, mit dem die unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses im Laufe des auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichteten Gerichtsverfahrens berichtigt oder ergänzt werde, ohne erneut einen verfügenden Teil dieses Beschlusses zu erlassen. An der Befugnis der Kommission für den Erlass des Änderungsbeschlusses fehle es umso mehr, als sie in Wirklichkeit eine andere Begründung als im angefochtenen Beschluss anführe. 518 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen und vertritt die Ansicht, dass es ihr freigestanden habe, unter Beachtung der hierfür im Vertrag vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren den Änderungsbeschluss zu erlassen, um die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu ergänzen, indem sie die zur Bestimmung des Abzinsungsfaktors angewandte Methode weiter erläutert habe, ohne sie zu ändern. Die Rechtsprechung zur Unmöglichkeit, eine mangelhafte Begründung einer Einzelfallentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens zu heilen, ist ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Da die Klägerinnen durch den Erlass des Änderungsbeschlusses die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Klageschrift anzupassen, um die Gültigkeit der fraglichen Methode in Frage zu stellen, seien ihre Verfahrensrechte gewahrt worden und könne das Gericht seine gerichtliche Kontrolle in vollem Umfang ausüben. 519 Insoweit ist mit der Kommission festzustellen, dass ihre Befugnis, einen bestimmten Rechtsakt zu erlassen, zwangsläufig die Befugnis einschließen muss, diesen Akt unter Beachtung der Bestimmungen über ihre Zuständigkeit sowie unter Beachtung der insoweit im Vertrag vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren zu ändern (Urteil vom 9. Dezember 2014, Lucchini/Kommission, T‑91/10, EU:T:2014:1033, Rn. 108), was von den Klägerinnen eingeräumt wird. 520 Mit den Klägerinnen ist jedoch festzustellen, dass aus dem verfügenden Teil des Änderungsbeschlusses sowie aus seinen Erwägungsgründen 11 bis 13 ausdrücklich hervorgeht, dass dieser nur die Begründung des angefochtenen Beschlusses ergänzen soll, ohne den verfügenden Teil dieses Beschlusses zu ändern, und dass dessen Art. 1 Buchst. a und Art. 2 Buchst. a daher „in Kraft bleiben“. 521 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission mit dem Erlass des Änderungsbeschlusses keinen Beschluss zur Änderung des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses erlassen hat, sondern lediglich die Begründung ergänzt hat, die dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegen soll, was sie vor dem Gericht im Wesentlichen bestätigt (siehe oben, Rn. 518). 522 Daraus folgt, dass der Änderungsbeschluss nicht als neuer Beschluss angesehen werden kann, mit dem der angefochtene Beschluss im Sinne der oben in Rn. 519 angeführten Rechtsprechung geändert wird, sondern einer von der Beklagten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgenommenen Ergänzung der Begründung gleichzustellen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen jedoch grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46). 523 Es gibt weder ein Recht der Unionsorgane, ihre unzulänglich begründeten Entscheidungen vor dem Unionsrichter nachzubessern, noch eine Pflicht des Unionsrichters, ergänzende Erläuterungen, die der Urheber des fraglichen Rechtsakts erst im Lauf des gerichtlichen Verfahrens vorgebracht hat, bei der Prüfung, ob die Begründungspflicht erfüllt wurde, zu berücksichtigen. Eine derartige Rechtslage brächte die Gefahr mit sich, die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Verwaltung und dem Unionsrichter aufzuweichen, die Rechtmäßigkeitskontrolle zu schwächen und die Ausübung des Rechts auf Einlegung von Rechtsbehelfen zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 58). 524 Nähere während des Gerichtsverfahrens gemachte Angaben des Autors einer angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der Entscheidungsgründe durch den Unionsrichter nützlich sein können, da das Organ so die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann. Zusätzliche Erläuterungen über seine Begründungspflicht hinaus können den Unternehmen daher nähere Angaben zur Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße verschaffen sowie darüber hinaus zur Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem Gericht die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen es außer der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat. Diese Befugnis ändert jedoch nichts am Umfang der Begründungspflicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 45 und 47). 525 Wie oben aus Rn. 512 hervorgeht, ist im vorliegenden Fall der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung des Abzinsungsfaktors unzureichend begründet. Die Kommission hat keine Umstände angeführt, die belegen würden, dass sie praktisch außerstande war, den angefochtenen Beschluss in rechtlich hinreichender Weise zu begründen, und unter denen eine ergänzende Begründung während eines gerichtlichen Verfahrens ausnahmsweise zugelassen werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 59). Die Frage, ob die im Änderungsbeschluss eingehender erläuterte Methode dem angefochtenen Beschluss zugrunde lag, braucht daher nicht geprüft zu werden, weshalb sich die von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme der Beweisaufnahme erübrigt. Somit ist festzustellen, dass in Anwendung der oben in den Rn. 522 bis 524 angeführten Rechtsprechung die von der Kommission im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgenommene Ergänzung der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht akzeptiert werden kann. 526 Unter diesen Umständen ist den von den Klägerinnen im Rahmen des ersten Klagegrundes des Anpassungsschriftsatzes vorgebrachten Rügen stattzugeben und die ergänzende Begründung, die durch den Änderungsbeschluss im Laufe des Verfahrens vorgelegt wurde, zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, die übrigen Anträge, Rügen und Klagegründe, die die Klägerinnen im Rahmen dieses Schriftsatzes geltend gemacht haben, zu prüfen oder die von ihnen vorgeschlagene prozessleitende Maßnahme zu erlassen, die sich auf die Stichhaltigkeit der Ausführungen im Änderungsbeschluss zur Bestimmung des Abzinsungsfaktors bezieht. 527 Nach alledem ist die Rüge einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Bestimmung des Abzinsungsfaktors begründet. b) Zur Inkohärenz der von den Banken angewandten Methoden zur Berechnung der Umsätze und zum Verstoß gegen die Grundsätze der guten Verwaltung und der Gleichbehandlung aufgrund der fehlenden Kontrolle durch die Kommission in diesem Punkt [nicht wiedergegeben] 1) Zur Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der guten Verwaltung wegen unzureichender Überprüfung der von den Banken vorgelegten Daten 557 Im Rahmen des zweiten Teils des neunten Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe dadurch gegen den Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen, dass sie nicht geprüft habe, ob die Antworten auf den Fragebogen zum Umsatz kohärent seien, und nach Erhalt der Daten keine ergänzende Untersuchungsmaßnahme ergriffen habe, um die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu gewährleisten. 558 Die Kommission trägt vor, sie habe „alle Vorkehrungen getroffen, um Divergenzen zwischen den von den Banken mitgeteilten Werten zu vermeiden“, da sie an alle Parteien das gleiche genaue und detaillierte Auskunftsverlangen gerichtet, für die Koordinierung gesorgt und verlangt habe, dass den Antworten ein methodischer Vermerk beigefügt und die Richtigkeit der vorgelegten Berechnungen durch eine unabhängige externe Prüfung bestätigt werde. 559 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht allgemein verpflichtet ist, die in Beantwortung eines Auskunftsverlangens erteilten Auskünfte zu überprüfen, sofern keine Indizien für die Unrichtigkeit dieser Auskünfte vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Spira/Kommission, T‑108/07 und T‑354/08, EU:T:2013:367, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung). 560 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mehrere Indizien im Sinne der oben in Rn. 559 angeführten Rechtsprechung die Kommission hätten veranlassen müssen, daran zu zweifeln, dass die von den Banken angewandten Methoden zur Bereitstellung der verlangten Daten hinreichend einheitlich sind. 561 Erstens bestreitet die Kommission nicht, dass sie von den Parteien über die Schwierigkeiten unterrichtet wurde, die diese bei der Beantwortung des Fragebogens hatten. Entgegen dem Vorbringen der Kommission belegt im Übrigen der von den Klägerinnen vorgebrachte Umstand, dass Société Générale (703. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, siehe oben, Rn. 11) und JP Morgan (680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) von sich aus berichtigte Daten vorgelegt haben, mit denen die ursprünglich vorgelegten Daten erheblich berichtigt wurden, dass es diese Schwierigkeiten gab. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese überarbeiteten Daten von der Kommission akzeptiert wurden. 562 Zweitens weisen die Klägerinnen ebenfalls zu Recht auf die Unterschiede zwischen den von den einzelnen betroffenen Banken vorgelegten methodischen Anmerkungen hin, die sowohl in einem erheblichen Unterschied in der Länge als auch in einem heterogenen Niveau der von den Banken gelieferten Informationen bestünden. 563 Drittens weisen die Klägerinnen auf Inkohärenzen zwischen den von den betreffenden Banken gemeldeten fiktiven Beträgen als Indiz für Inkohärenzen der Daten hin, die von den Parteien als Antwort auf das Auskunftsverlangen vorgelegt worden seien. Zwar hat die Kommission, wie sie im 700. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, den Umsatz im vorliegenden Fall nicht auf fiktive Beträge, sondern auf die Bareinnahmen gestützt. Aus dem Bericht über den Umsatz geht jedoch hervor, dass die von den verschiedenen Banken bereitgestellten fiktiven Beträge und die Bareinnahmen nicht miteinander in Einklang stehen. Daraus ergibt sich, dass die Höhe der fiktiven Beträge als Indiz für eine Inkohärenz in den zur Beantwortung des Auskunftsverlangens der Kommission angewandten Methoden, auch in Bezug auf die Bestimmung der Bareinnahmen der Banken, nicht gänzlich unerheblich ist. 564 In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen die Kommission bei der Anhörung auf gewisse Widersprüche in den Antworten der anderen Parteien auf die Auskunftsverlangen aufmerksam gemacht hatten (siehe oben, Rn. 58 und 60). 565 Angesichts dieser Indizien war es Sache der Kommission, ihre Untersuchung unter Beachtung des Grundsatzes der guten Verwaltung und insbesondere ihrer Pflicht zu sorgfältiger Prüfung fortzusetzen, um sicherzustellen, dass die Daten hinsichtlich der Bareinnahmen, die eine Bemessungsgrundlage für die Geldbuße bildeten, anhand hinreichend einheitlicher Methoden berechnet wurden, um das Auskunftsverlangen angemessen zu beantworten. 566 In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat die Kommission eingeräumt, dass sie von den Parteien keine Klarstellungen zu den Bestandteilen ihrer Antworten auf das Auskunftsverlangen oder zu den zur Berechnung der erforderlichen Daten verwendeten Methoden verlangt habe. 567 Soweit sich die Kommission auf den Prüfbericht bezieht, der jeder der Antworten der betreffenden Banken beigefügt ist, und im Wesentlichen geltend macht, dass es Sache der Prüfer gewesen sei, die Angemessenheit der zur Beantwortung der Auskunftsverlangen angewandten Methoden zu prüfen (678. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), kann auch dieses Vorbringen keinen Erfolg haben. 568 Aus Abschnitt I.2 Ziff. ii der dem Auskunftsverlangen beigefügten Anweisungen geht nämlich hervor, dass die angeforderten „Daten“ von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem Prüfer überprüft werden mussten und dass der Antwort eine Bescheinigung darüber beizufügen war, dass die „Daten“ überprüft wurden. Im Gegensatz zu den Ausführungen im 678. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kann eine solche Anweisung nicht zwangsläufig dahin verstanden werden, dass Berichte oder Meinungen der unabhängigen Prüfer nicht nur die Richtigkeit der vorgelegten Daten, sondern auch bestätigen mussten, dass die Berechnungsmethode für die Zwecke der Beantwortung des Auskunftsverlangens angemessen war. Die Klägerinnen stützen sich insoweit auf die Kommentare, die in den Prüfberichten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu ihren Berechnungen und in den u. a. für die Bank A, die Bank C und JP Morgan erstellten Prüfberichten enthalten sind und deren Richtigkeit von der Kommission nicht bestritten wird. Aus diesen Kommentaren geht hervor, dass die unabhängigen Prüfer der Ansicht waren, dass ihre Aufgabe darin bestanden habe, die ordnungsgemäße Anwendung der von einer Bank gewählten Methode zu überprüfen, und nicht darin, diese Methode im Hinblick auf die sich aus dem Auskunftsverlangen ergebenden Abgrenzungen zu hinterfragen. 569 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission trotz hinreichender Indizien für Zweifel an der Einheitlichkeit der von den betreffenden Banken zur Berechnung ihrer Bareinnahmen angewandten Methoden unter Verstoß gegen ihre Pflicht zu sorgfältiger Prüfung, die sie nach der oben in Rn. 537 angeführten Rechtsprechung trifft, keine zusätzlichen Untersuchungsmaßnahmen ergriffen hat. Unter den Umständen des vorliegenden Falles könnte ein solcher Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung jedoch nur dann zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen, wenn die Klägerinnen nachweisen, dass die in Rede stehenden methodischen Unterschiede dazu geführt haben, dass die Grundbeträge der verhängten Geldbußen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berechnet wurden. 2) Zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße 570 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, im vorliegenden Fall habe ein Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung zu einem Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geführt, da sie ohne ergänzende Ermittlungen den Betrag der Geldbußen unter Berücksichtigung von Daten festgesetzt habe, die nicht hinreichend zuverlässig und kohärent gewesen seien, um eine Grundlage für die Berechnung der Geldbußen darzustellen. 571 Die Klägerinnen weisen jedoch nicht nach, dass im vorliegenden Fall die Anwendung unterschiedlicher Methoden zur Berechnung ihrer Bareinnahmen durch die Banken, die von der Kommission akzeptiert wurden, diese dazu veranlasst hat, nicht vergleichbare Daten der verschiedenen Banken zugrunde zu legen und somit den Betrag der Geldbuße gegen Crédit Agricole unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu bestimmen. 572 Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Kommission das Vorliegen von Unterschieden, die erstens den Umfang des von der Bank A berücksichtigten Cashflows, soweit diese bei ihren Berechnungen das feste Element eines Swap-Kontrakts ausgenommen hat, wenn dieser sowohl ein festes als auch ein variables Element hatte, zweitens den Umfang der Aufrechnung (Netting) zwischen den für die Transaktionen gezahlten und eingegangenen Cashflows und drittens den Ausschluss „exotischer“ Produkte betrafen, nur eine unerhebliche Auswirkung auf das Ergebnis der Berechnung der Bareinnahmen und damit auf die Ermittlung des Umsatzes hatte (siehe oben, Rn. 549, 551 und 554). 573 Die Klägerinnen bestreiten, dass die Auswirkungen der methodischen Unterschiede auf die Höhe der Bareinnahmen unerheblich seien. 574 Erstens sei die Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht nachprüfbar, dass die Auswirkung der von der Bank A angewandten Methode auf den Wert ihrer Bareinnahmen im Hinblick auf den Ausschluss der festen Elemente bei Kontrakten mit sowohl festen als auch variablen Elementen nur 0,1 % betrage und daher unerheblich sei. Sie machen im Wesentlichen geltend, der Zugang zu den Finanzdaten der anderen Parteien, den sie über das Informationsraumverfahren erhalten hätten, sei angesichts des Ausschlusses der Sachverständigen von Crédit Agricole vom Zugang zu den fraglichen Daten und der begrenzten Zugangszeit nicht ausreichend gewesen, um es ihnen zu ermöglichen, wie die Kommission solche Berechnungen vorzunehmen. 575 Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Kommission die Auswirkungen der von Bank A angewandten Methode auf den Wert ihrer Bareinnahmen mit 0,1 % berechnet hat, indem sie sich auf die Berechnungsbögen mit bestimmten Codes stützte, die diese Bank mit ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen vorgelegt hatte (685. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Rechts- und Wirtschaftsberater der Klägerinnen hatten im Rahmen des Informationsraumverfahrens Zugang zu diesen Dokumenten (vgl. Fn. 720 des angefochtenen Beschlusses). 576 Zudem ergibt sich zum einen aus der Prüfung der Rügen betreffend die Verweigerung des Zugangs zu den Daten über den Umsatz, dass die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerinnen nicht dadurch verletzt hat, dass sie ein System des gemischten Zugangs zu den in Rede stehenden Daten eingeführt hat, das darin bestand, externen Beratern von Crédit Agricole im Rahmen des Informationsraumverfahrens Zugang zu vertraulichen Daten zu gewähren (siehe oben, Rn. 173 bis 180). Zum anderen hinderte die Klägerinnen, wenn sie der Ansicht waren, dass die den externen Beratern auf diese Weise gewährte Zugangszeit nicht ausreichend war, nichts daran, bei den Dienststellen der Kommission oder dem Anhörungsbeauftragten einen Antrag auf Verlängerung der Zugangszeit oder einen Antrag auf zusätzlichen Zugang nach demselben Verfahren zu stellen. Einen solchen Antrag haben sie jedoch nicht gestellt. 577 Das Vorbringen der Klägerinnen ist daher nicht geeignet, die Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss in Frage zu stellen, dass die Auswirkungen von 0,1 % auf den Wert der Bareinnahmen der Bank A unerheblich gewesen seien. 578 Zweitens ist zu den Unterschieden bei den Aufrechnungsmethoden zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass die tägliche Aufrechnung, wie sie von Crédit Agricole angewandt wird, auf dem Markt üblich ist. Außerdem versuchen die Klägerinnen nicht einmal, darzutun, dass die Anwendung einer monatlichen Aufrechnung statt einer täglichen Aufrechnung erhebliche Auswirkungen auf ihre eigenen Daten zu den Bareinnahmen gehabt hätte. 579 Im Übrigen vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass die Schlussfolgerung der Kommission im 702. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach der Umstand, dass die Banken unterschiedliche Aufrechnungsmethoden angewandt hätten, weder zu erheblichen Abweichungen noch zu einer Ungleichbehandlung geführt habe, durch den Umstand widerlegt werde, dass die Geldbuße der Société Générale im Rahmen des berichtigenden Beschlusses um die Hälfte herabgesetzt worden sei. 580 Zum einen geht jedoch aus dem 703. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission einen Beschluss zur Änderung des Vergleichsbeschlusses in Bezug auf Société Générale erließ, als diese ihr mitteilte, dass sie für einen wesentlichen Teil ihrer Geschäfte keine Aufrechnung vorgenommen habe, und nicht, weil sie ihre Daten durch Anwendung einer anderen Aufrechnungsmethode überarbeitet hätte. Zum anderen geht aus dem 702. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass der Unterschied bei den Berechnungen der Bank C nach den beiden Ansätzen (d. h. tägliche Aufrechnung und monatliche Aufrechnung) etwa 0,4 % beträgt. Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass ein solcher Unterschied unerheblich ist. 581 Drittens ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass die Klägerinnen kein Argument vorbringen, mit dem sie die aus dem 694. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehenden Ausführungen der Bank A bestreiten, in denen diese erläutert, warum sich der Ausschluss „exotischer“ Produkte aus ihren Berechnungen nur unerheblich ausgewirkt habe. 582 Viertens stützen sich die Klägerinnen auch auf die überarbeiteten Daten, die der Kommission am 14. Oktober 2016 vorgelegt wurden und die gemäß der ihrer Auffassung nach von der Bank A angewandten Methode, d. h. der „Neutralisierung“ des festen Elements und dem Ausschluss der „exotischen“ Produkte, berechnet wurden. 583 Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Weigerung, die von Crédit Agricole vorgelegten überarbeiteten Daten zu akzeptieren, damit begründet hat, dass die Methode, die diese angewandt habe, um diese Daten vorlegen zu können, ungeeignet sei und dass diese Daten unzutreffend seien. Die vorgeschlagene Methode entspreche weder den Anweisungen des Auskunftsverlangens noch der von der Bank A angewandten Methode und sei ohne Bestätigung durch den Prüfer eingereicht worden. Nach Ansicht der Kommission hatten die Klägerinnen u. a. die Bareinnahmen des festen Elements der Swaps von ihren Berechnungen ausgenommen, aber die Beträge der Bareinnahmen, die sich aus der Aufrechnung zwischen dem variablen und dem festen Element ergeben hätten, nicht überarbeitet, was zu niedrigeren Bareinnahmen führe. Die Kommission ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auswirkungen der von Crédit Agricole vorgeschlagenen Methode auf ihre Bareinnahmen rund 43 % betragen würden, so dass erhebliche Unterschiede die Folge seien. Diese Gesichtspunkte reichen aus, um es den Klägerinnen zu ermöglichen, die Gründe zu verstehen, die die Kommission dazu veranlasst haben, sich zu weigern, die überarbeiteten Daten zu akzeptieren, und das Gericht in die Lage zu versetzen, seine gerichtliche Kontrolle im Sinne der oben in Rn. 255 angeführten Rechtsprechung auszuüben. Die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 584 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Ansicht der Kommission (687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) die Auswirkungen der angewandten Methode auf die Daten von Crédit Agricole auf 43 % belaufen, was im Wesentlichen auch aus dem Antrag der Klägerinnen an das Gericht hervorgeht, im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Betrag der gegen Crédit Agricole verhängten Geldbuße auf diese Höhe herabzusetzen. 585 Selbst wenn die Klägerinnen auf diese Weise darzutun versuchen, dass die Auswirkungen der von der Bank A angewandten Methode auf ihre eigenen Daten hinsichtlich der Bareinnahmen nicht unerheblich gewesen seien, und nicht, auf sie die von der Bank A angewandte Methode anwenden zu lassen (siehe unten, Rn. 588), kann dieses Vorbringen keinen Erfolg haben. Zum einen ist nämlich zwischen den Parteien unstreitig, dass die von der Bank A angewandte Methode nicht dem Auskunftsverlangen entspricht. 586 Zum anderen weisen die Klägerinnen jedenfalls nicht nach, dass die Methode, die sie angewandt haben, um diese überarbeiteten Daten vorlegen zu können, die Methode war, die von der Bank A angewandt wurde. Insoweit bestreiten sie keineswegs die Feststellung der Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 583) und versuchen nicht einmal, nachzuweisen, dass sich die „Neutralisierung“ der eingegangenen festen Elemente, die sie vorgenommen hatten, um die überarbeiteten Daten zu berechnen, nur aus dem Ausschluss des festen Elements der Swap-Kontrakte mit sowohl festen als auch variablen Elementen ergab, wie in der von der Bank A angewandten Methode, und nicht auch aus der Aufrechnung der zahlbaren festen Elemente mit den eingegangenen variablen Elementen, wie dies im Wesentlichen von der Kommission im 687. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt worden ist. 587 Somit ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Unterschiede bei den von den Banken zur Berechnung ihrer Bareinnahmen angewandten Methoden zu bloß unerheblichen Unterschieden bei den vorgelegten Daten geführt haben. Solche unerheblichen Unterschiede können jedoch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bewirken, da sie nicht dazu führen, dass bei der Berechnung des Betrags der Geldbußen nicht vergleichbare Werte zugrunde gelegt werden. 588 Als Zweites kann in Anbetracht des Umstands, dass die von der Bank A bei der Berechnung der Bareinnahmen angewandte Methode nicht dem Auskunftsverlangen entspricht, das Vorbringen der Klägerinnen nicht durchgreifen, dass die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung die Kommission hätte veranlassen müssen, ihnen zu ermöglichen, die nach der von der Bank A angewandten Methode berechneten Daten vorzulegen, oder die am 14. Oktober 2006 vorgelegten überarbeiteten Daten zu akzeptieren. Hierzu genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, in Einklang gebracht werden muss (vgl. Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Vorbringen der Klägerinnen läuft in Wirklichkeit darauf hinaus, von der Kommission zu verlangen, dass auf sie eine dem Auskunftsverlangen nicht entsprechende Methode angewandt wird. 589 Daraus folgt, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass im vorliegenden Fall die Anerkennung der nach unterschiedlichen Methoden berechneten Daten durch die Kommission dazu geführt hat, dass sich diese auf nicht vergleichbare Daten hinsichtlich der Bareinnahmen gestützt und somit die Geldbuße von Crédit Agricole unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berechnet hat. Daher sind diese Rüge und damit die zweite Rüge des ersten Teils des neunten Klagegrundes und der zweite Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] 2. Zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße [nicht wiedergegeben] 657 Im vorliegenden Fall ist das Gericht, auch wenn dem Hauptantrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses stattgegeben worden ist, der Auffassung, dass es befugt ist, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, soweit ihm die Frage nach dem Betrag der Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt worden ist, und zwar ungeachtet dessen, dass der Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße hilfsweise zum Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 551 bis 562). [nicht wiedergegeben] 662 Im vorliegenden Fall sind bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße zur Ahndung des rechtswidrigen Verhaltens von Crédit Agricole, wie es sich aus der Prüfung der ersten acht Klagegründe ergibt, die folgenden Umstände zu berücksichtigen. 663 Als Erstes ist zur Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung Folgendes festzustellen. 664 Erstens erweist es sich als angebracht, eine Methode zu verwenden, mit der – ebenso wie mit der im vorliegenden Fall von der Kommission angewandten – in einem ersten Schritt ein Grundbetrag ermittelt wird, der dann in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles angepasst werden kann. 665 Was zunächst den Umsatz als Ausgangspunkt betrifft, sind als Ersatzwert die reduzierten Bareinnahmen zu berücksichtigen. Wie sich nämlich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes ergibt, kann der Wert der reduzierten Bareinnahmen im vorliegenden Fall eine geeignete Ausgangsbasis für die Festsetzung des Betrags der Geldbuße liefern, da dieser Wert die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht des Unternehmens bei der Zuwiderhandlung widerspiegelt. 666 Insoweit ist zwar im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes festgestellt worden, dass bei der Ermittlung der Bareinnahmen durch die Banken in bestimmten Fällen unterschiedliche Ansätze verfolgt wurden. Wie jedoch oben aus Rn. 571 hervorgeht, ergibt sich aus diesen Unterschieden kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. 667 Außerdem ist das Gericht der Auffassung, dass eine andere Methode zur Berechnung der Bareinnahmen, wie beispielsweise die Methode, die die Klägerinnen angewandt haben, um die überarbeiteten Daten zu ermitteln, die der Kommission am 14. Oktober 2006 vorgelegt wurden, zur Feststellung der Bareinnahmen nicht besser geeignet wäre. Eine Methode, die den Ausschluss der festen Elemente von Kontrakten mit festen und variablen Elementen, den Ausschluss „exotischer“ Produkte oder die Anwendung einer monatlichen und nicht täglichen Aufrechnung voraussetzt, ist nicht besser geeignet, um im vorliegenden Fall den Umsatz auf den von der geahndeten Zuwiderhandlung betroffenen Märkten zu bestimmen und so das tatsächliche und wirtschaftliche Ausmaß der Zuwiderhandlung sowie den Stellenwert der Unternehmen bei dieser Zuwiderhandlung angemessen widerzuspiegeln. Was erstens EIRD-Kontrakte betrifft, die sowohl über feste als auch über variable Elemente verfügen, spiegelt der Cashflow nämlich, wie oben aus Rn. 188 hervorgeht, die Differenz zwischen dem festen und dem variablen Zinssatz zum Festlegungszeitpunkt wider. Das Gericht ist der Auffassung, dass es keinen Grund gibt, insbesondere Cashflows auszuschließen, die sich aus einem der beiden Elemente solcher EIRD ergeben. Zweitens ist es nicht gerechtfertigt, „exotische“ Produkte bei der Berechnung der Bareinnahmen auszuschließen, obwohl diese ebenfalls Teil des relevanten EIRD-Markts sind. Während sich die Parteien darin einig sind, dass die tägliche Aufrechnung die Marktnorm ist, gibt es drittens im vorliegenden Fall keinen besonderen Umstand, der es rechtfertigt, davon abzuweichen. 668 In Anbetracht dieser Umstände beschließt das Gericht, im Rahmen der Festsetzung des Betrags der Geldbuße den von der Kommission im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegten Wert der Bareinnahmen von Crédit Agricole zu berücksichtigen. 669 Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Heranziehung allein der Bareinnahmen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Geldbuße zur Verhängung einer allzu abschreckenden Geldbuße führen würde. Die Parteien sind sich daher darüber einig, dass es erforderlich ist, diese Bareinnahmen durch Anwendung eines Abzinsungsfaktors zu verringern. 670 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission einen einheitlichen Abzinsungsfaktor von 98,849 % angewandt. 671 Zur Bestimmung dieses Abzinsungsfaktors ist festzustellen, dass er das Ergebnis eines komplexen Vorgangs ist, der mehreren Gesichtspunkten Rechnung trägt, u. a. der Aufrechnung, die beim Handel mit Derivaten im Allgemeinen üblich ist, sowie den Besonderheiten der Aufrechnung mit diesen Produkten, insbesondere mit EIRD. Es handelt sich also um eine Annäherung an einen rechnerisch ermittelten Wert. Somit gibt es per definitionem nicht nur einen einzigen möglichen Abzinsungsfaktor, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass die Klägerinnen selbst in ihren Schriftsätzen mehrere verschiedene Abzinsungsfaktoren angeführt haben. 672 So könnte beispielsweise nach einer Studie, die der Klageschrift als Anlage beigefügt ist, ein alternativer Abzinsungsfaktor von 99,849 % „auch gerechtfertigt sein“. Darüber hinaus schlagen die Klägerinnen im Zusammenhang mit einer weiteren Studie, die als Anlage zum Anpassungsschriftsatz eingereicht worden ist, mehrere alternative Abzinsungsfaktoren vor, die nach einem individualisierten Ansatz berechnet werden und von 99,54 % bis 99,90 % reichen. Ohne dass jedoch über den Beweiswert dieser Studien oder die Stichhaltigkeit der Methoden zur Bestimmung dieser von den Klägerinnen vorgeschlagenen alternativen Abzinsungsfaktoren entschieden zu werden braucht, ist das Gericht der Auffassung, dass die Anwendung solcher besonders bzw. sogar übermäßig hoher alternativer Abzinsungsfaktoren die Gefahr mit sich brächte, die Sanktion auszuhöhlen, indem sie unerheblich gemacht und damit das Erfordernis beeinträchtigt würde, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen. Die Anwendung solcher von den Klägerinnen befürworteter alternativer Abzinsungsfaktoren würde daher zur Verhängung einer Geldbuße führen, die weder die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung noch das jeweilige Gewicht von Crédit Agricole bei der Zuwiderhandlung widerspiegelt. 673 Jedenfalls ist zum einen zwischen den Parteien unstreitig, dass der Abzinsungsfaktor mindestens 98,849 % beträgt. Zum anderen weist das Gericht darauf hin, dass die Festsetzung einer Geldbuße im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung kein streng mathematischer Vorgang ist. 674 Was zweitens die Schwere der Zuwiderhandlung anlangt, hält es das Gericht für angemessen, die Art der Zuwiderhandlung, ihren räumlichen Umfang sowie die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis zu berücksichtigen. 675 Zur Art der Zuwiderhandlung ist festzustellen, dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen, soweit sie die für die Bestimmung der EIRD-Preise maßgeblichen Faktoren betrafen, ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehören. Zudem sind diese Verhaltensweisen insofern besonders schwerwiegend und schädlich, als sie nicht nur den Wettbewerb auf dem EIRD-Markt verfälschen, sondern auch, allgemeiner, das Vertrauen in das Bankensystem und die Finanzmärkte insgesamt sowie ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigen können. 676 Denn wie die Kommission im 721. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, ohne dass dies von den Klägerinnen bestritten worden wäre, gelten die betreffenden Referenzwerte, die in der Preisgestaltung der EIRD zum Ausdruck kommen, für alle Teilnehmer am EIRD-Markt. Da diese Zinssätze auf dem Euro basieren, sind sie zudem von entscheidender Bedeutung für die Harmonisierung der finanziellen Bedingungen im Binnenmarkt und für das Bankgeschäft in den Mitgliedstaaten. 677 Was den räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung angeht, erstreckte sich das Kartell, wie aus den Erwägungsgründen 47 und 721 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, zumindest auf den gesamten EWR, so dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen Auswirkungen auf die Banktätigkeiten in allen Mitgliedstaaten haben konnten. 678 Zu berücksichtigen ist auch, dass die Händler von Crédit Agricole eingeräumt haben, die mit dem Händler von Barclays vereinbarten Verhaltensweisen umgesetzt zu haben, indem sie Kontakte mit den für die Quotierungen zuständigen Mitarbeitern ihrer Bank hergestellt haben (siehe oben, Rn. 641). 679 Drittens ist auf die Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung, wie sie sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, abzustellen, da diese von den Klägerinnen nicht bestritten und von der oben in Rn. 426 getroffenen Schlussfolgerung zur Beteiligung von Crédit Agricole an der in Rede stehenden einheitlichen Zuwiderhandlung nicht berührt wird. 680 Als Zweites stellt das Gericht zu den mildernden Umständen fest, dass Crédit Agricole bei der Zuwiderhandlung eine weniger wichtige Rolle gespielt hat als die Hauptakteure, insbesondere die Bank D und die Bank A. Auch waren die Kontakte, an denen die Händler von Crédit Agricole beteiligt waren, weniger intensiv als die der Hauptakteure. Außerdem ist nicht erwiesen, dass Crédit Agricole wusste oder vernünftigerweise hätte annehmen können, dass andere Banken an einem Informationsaustausch über Preisfestsetzungsabsichten und ‑strategien beteiligt waren, der nicht mit Blick auf Manipulationen der Zinssätze stattfand. 681 Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beteiligung von Crédit Agricole an den rechtswidrigen Verhaltensweisen vorsätzlich war und dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass ihnen im vorliegenden Fall der mildernde Umstand der Fahrlässigkeit zugebilligt werden müsste. Außerdem sind die in Rede stehenden Verhaltensweisen, wie sich oben aus Rn. 675 ergibt, besonders schwerwiegend. Folglich können sich die mildernden Umstände der im Vergleich zu den Hauptakteuren geringeren Intensität der Beteiligung von Crédit Agricole an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung und der weniger bedeutsamen Rolle, die sie dabei spielte, auf den Endbetrag der Geldbuße nur geringfügig auswirken. 682 Als Drittes trägt der vom Gericht festgesetzte Betrag der Geldbuße der Notwendigkeit gebührend Rechnung, gegen Crédit Agricole gemäß den oben in den Rn. 618 bis 624 dargelegten Grundsätzen eine Geldbuße in abschreckender Höhe zu verhängen. 683 Nach alledem hält es das Gericht im Hinblick auf den Grundsatz der individuellen Sanktionsfestsetzung und der Verhältnismäßigkeit der Sanktion bei angemessener Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles für geboten, die Geldbuße auf 110000000 Euro festzusetzen, für die die Crédit Agricole SA und CACIB gesamtschuldnerisch haften. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 2 Buchst. a des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate [EIRD]) wird für nichtig erklärt. 2. Die Geldbuße, für die die Crédit Agricole SA und die Crédit Agricole Corporate and Investment Bank gesamtschuldnerisch haften, wird auf 110000000 Euro festgesetzt. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Papasavvas Kornezov Buttigieg Kowalik-Bańczyk Hesse Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Dezember 2023. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 17. Dezember 2014.#Pilkington Group Ltd u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Automobilglas – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Absprachen über die Marktaufteilung und Austausch geschäftlich sensibler Informationen – Geldbußen – Verteidigungsrechte – Rückwirkende Anwendung der Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen – Passive oder untergeordnete Rolle – Abschreckungswirkung der Geldbuße – Berücksichtigung früher festgesetzter Geldbußen – Obergrenze der Geldbuße – Wechselkurs für die Berechnung der Obergrenze der Geldbuße).#Rechtssache T‑72/09.
62009TJ0072
ECLI:EU:T:2014:1094
2014-12-17T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 25. Juni 2010.#Imperial Chemical Industries Ltd gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Missbrauch einer beherrschenden Stellung - Sodamarkt im Vereinigten Königreich - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG festgestellt wird - Verjährung der Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen oder Sanktionen - Angemessene Frist - Wesentliche Formvorschriften - Rechtskraft - Vorliegen der beherrschenden Stellung - Missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten - Geldbuße - Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung - Mildernde Umstände.#Rechtssache T-66/01.
62001TJ0066
ECLI:EU:T:2010:255
2010-06-25T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-02631
Rechtssache T‑66/01 Imperial Chemical Industries Ltd gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Sodamarkt im Vereinigten Königreich – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG festgestellt wird – Verjährung der Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen oder Sanktionen – Angemessene Frist – Wesentliche Formvorschriften – Rechtskraft – Vorliegen der beherrschenden Stellung – Missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Geldbuße – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Verfolgungsverjährung – Ruhen (Verordnung Nr. 2988/74 des Rates, Art. 3) 2.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer – Geltungsbereich – Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Gerichtliches Verfahren – Unterscheidung für die Zwecke der Beurteilung der Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer (Verordnung Nr. 17 des Rates) 3.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer (Verordnung Nr. 17 des Rates) 4.      Verfahren – Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Angemessene Dauer – Beurteilungskriterien 5.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Geltungsbereich – Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Tragweite des Grundsatzes nach Nichtigerklärung einer ersten Entscheidung der Kommission (Art. 81 EG, 82 EG und 233 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates) 6.      Kommission – Kollegialprinzip – Tragweite – Wettbewerbsrechtliche Entscheidung 7.      Nichtigkeitsklage – Nichtigkeitsurteil – Tragweite – Absolute Rechtskraft 8.      Nichtigkeitsklage – Nichtigkeitsurteil – Wirkungen (Art. 82 EG, 230 EG und 233 EG) 9.      Wettbewerb – Beherrschende Stellung – Kennzeichnung durch das Innehaben eines besonders hohen Marktanteils (Art. 82 EG) 10.    Wettbewerb – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Rabatt, der die Abschottung des Marktes bewirkt – Treuerabatt (Art. 82 EG) 11.    Wettbewerb – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Mengenrabatt – Zulässigkeit – Voraussetzungen – Missbrauchscharakter des Rabattsystems (Art. 82 EG) 12.    Wettbewerb – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Alleinbezugsverträge – Treuerabatt (Art. 82 EG) 13.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Ermessen der Kommission (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 2988/74 des Rates) 14.    Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird – Nichtigerklärung wegen eines Verfahrensfehlers (Verordnung Nr. 17 des Rates) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Besonders schwerwiegende Zuwiderhandlungen (Art. 82 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 16.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff der Zuwiderhandlungen derselben Art – Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG und gegen Art. 82 EG – Ausschluss (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 17.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Keine Verpflichtung, vom Betrag der Geldbuße die Kosten für Garantien zur Durchführung einer dann für nichtig erklärten Entscheidung abzuziehen (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 18.    Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Vorsätzliche Begehung – Begriff (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15) 19.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 20.    Wettbewerb – Geldbußen – Verhängung – Kein Erfordernis eines vom Unternehmen aus der Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Fehlen eines Vorteils – Ausschluss (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 21.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Verschleierung des Kartells – Fehlende Geheimhaltung kein mildernder Umstand (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 1.      Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Wettbewerbsrecht ruht die Verfolgungsverjährung, solange wegen einer Entscheidung der Kommission „ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig ist“. Diese Bezugnahme ist so zu verstehen, dass damit seit der Errichtung des Gerichts erster Instanz in erster Linie ein bei diesem anhängiges Verfahren gemeint ist, da Klagen gegen Sanktionen oder Geldbußen im Bereich des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft in seine Zuständigkeit fallen. Die Verjährung ruht auch während der Dauer eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof. Da Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 einen unterschiedlichen Anwendungsbereich haben, kann der Umstand, dass ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, Art. 3 der genannten Verordnung, der Situationen betrifft, in denen die Kommission die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, nicht jede Wirksamkeit nehmen. Außerdem schützt Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die Kommission vor dem Eintritt der Verjährung in Situationen, in denen sie im Rahmen von Verfahren, deren Ablauf sie nicht steuern kann, die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, bevor sie erfährt, ob die angefochtene Handlung rechtswidrig ist. Dem Vorbringen, die Kommission könne nach Nichtigerklärung einer von ihr erlassenen Entscheidung nicht aus ihrem eigenen Fehler einen Vorteil ziehen, indem sie nach Ablauf der Verjährungsfrist eine Geldbuße festsetze, kann nicht gefolgt werden. Die Nichtigerklärung eines von der Kommission erlassenen Rechtsakts ist ihr zwangsläufig in dem Sinne zuzurechnen, dass dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass sie einen Fehler begangen hat. Daher hätte bei einem Ausschluss des Ruhens der Verfolgungsverjährung, wenn die Klage zur Feststellung eines der Kommission zuzurechnenden Fehlers führt, Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 keinen Sinn mehr. Allein die Anhängigkeit einer Klage vor dem Gericht oder dem Gerichtshof und nicht das Ergebnis, zu dem diese in ihrem Urteil kommen, rechtfertigt das Ruhen der Verjährung. Schließlich bestünde, wenn die Kommission nach der Nichtigerklärung einer Entscheidung durch das Gericht eine neue Entscheidung erlassen müsste, ohne das Urteil des Gerichtshofs abzuwarten, die Gefahr, dass zwei Entscheidungen mit demselben Gegenstand nebeneinander bestehen, falls der Gerichtshof das Urteil des Gerichts aufheben sollte. Es widerspricht offensichtlich den Erfordernissen der Ökonomie des Verwaltungsverfahrens, die Kommission, nur um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, zum Erlass einer neuen Entscheidung zu verpflichten, bevor sie weiß, ob die ursprüngliche Entscheidung rechtswidrig ist. Da die Verjährung gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof ruht, kann der Kommission ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nicht deswegen vorgeworfen werden, weil sie die Entscheidung des Gerichts und des Gerichtshofs abwartet, bevor sie eine neue Entscheidung erlässt, denn dies ist durch den Respekt vor dem gerichtlichen Verfahren und zukünftigen Urteilen gerechtfertigt. (vgl. Randnrn. 73-74, 77, 82, 85-86, 88-89, 132) 2.      Im Rahmen der Prüfung der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist zwischen dem im Bereich des Wettbewerbs gemäß der Verordnung Nr. 17 eingeleiteten Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren im Fall einer Klage gegen die Entscheidung der Kommission zu unterscheiden. Der Zeitraum, in dem der Gemeinschaftsrichter die Rechtmäßigkeit der Entscheidung und, im Fall des Rechtsmittels, die Gültigkeit des Urteils im ersten Rechtszug geprüft hat, kann bei der Bestimmung der Dauer des Verfahrens vor der Kommission nicht berücksichtigt werden. (vgl. Randnr. 102) 3.      Ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer beim Erlass einer Entscheidung nach Abschluss eines Verwaltungsverfahrens im Bereich des Wettbewerbs rechtfertigt die Nichtigerklärung einer von der Kommission erlassenen Entscheidung nur, soweit damit auch die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens verletzt wurden. Wenn nämlich nicht erwiesen ist, dass die übermäßig lange Verfahrensdauer die Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen, sich wirksam zu verteidigen, beeinträchtigt hat, wirkt sich die Nichtbeachtung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens aus. (vgl. Randnr. 109) 4.      Der auf Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention beruhende allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahren und insbesondere auf ein Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist hat, gilt auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der gegen ein Unternehmen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt werden. Die Angemessenheit der Frist ist anhand der Umstände jeder einzelnen Rechtssache und insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Rechtssache sowie des Verhaltens des Klägers und der zuständigen Behörden zu beurteilen. Die Liste dieser Kriterien ist nicht abschließend, und die Beurteilung der Angemessenheit der Frist erfordert keine systematische Prüfung der Umstände des Falles anhand jedes Kriteriums, wenn die Dauer des Verfahrens anhand eines von ihnen gerechtfertigt erscheint. So kann die Komplexität einer Sache zur Rechtfertigung einer auf den ersten Blick zu langen Dauer herangezogen werden. Ohne Anhaltspunkt dafür, dass sich die Verfahrensdauer auf den Ausgang des Rechtsstreits ausgewirkt hätte, hätte ein eventuelles Überschreiten der angemessenen Verfahrensdauer durch den Richter, selbst wenn man es als erwiesen ansähe, keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Es könnte auf Antrag des Unternehmens zur Zahlung von Schadensersatz führen. (vgl. Randnrn. 114, 116-117) 5.      Die Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Gemeinschaft berührt nicht notwendig die vorbereitenden Handlungen, da das Verfahren zur Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes grundsätzlich genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist. Im Fall eines Verfahrensfehlers im letzten Abschnitt vor dem Erlass einer Entscheidung zur Ahndung des Verstoßes eines Unternehmens gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft berührt die Nichtigerklärung dieser Entscheidung nicht die Gültigkeit der Maßnahmen, die zu ihrer Vorbereitung vor dem Abschnitt getroffen worden waren, in dem dieser Fehler aufgetreten war. Wenn die Kommission eine neue Entscheidung mit einem im Wesentlichen identischen Inhalt und aufgrund der gleichen Beschwerdepunkte erlässt, ist sie daher nicht zu neuen Verfahrenschritten verpflichtet. Insbesondere gereicht es der Kommission nicht zum Vorwurf, wenn sie das betreffende Unternehmen vor Erlass der neuen Entscheidung nicht erneut anhört, ihm nicht Gelegenheit gibt, seine Argumente erneut vorzutragen, oder ihm keine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte zustellt. Auch Rechtsfragen, die sich im Rahmen der Anwendung von Art. 233 EG stellen können – wie die nach dem Zeitablauf, der Möglichkeit weiterer Verfolgungsmaßnahmen, einer mit der Wiederaufnahme des Verfahrens verbundenen Akteneinsicht, dem Tätigwerden des Anhörungsbeauftragten und des Beratenden Ausschusses sowie etwaigen Auswirkungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 17 –, machen keine erneuten Anhörungen erforderlich, da sie den Inhalt der Beschwerdepunkte nicht ändern, der allein gegebenenfalls Gegenstand einer späteren gerichtlichen Überprüfung sein kann. Im Übrigen ist, da es keiner erneuten Anhörung bedarf, auch ein erneutes Tätigwerden des Anhörungsbeauftragten nicht notwendig. Aus dem Inhalt der Aufgabe des Anhörungsbeauftragten ergibt sich nämlich, dass sein Tätigwerden zwingend mit der Anhörung der Unternehmen im Hinblick auf eine etwaige Entscheidung verbunden ist. Enthält die neue Entscheidung gegenüber der für nichtig erklärten Entscheidung keine wesentlichen Änderungen, muss die Kommission das betreffende Unternehmen nicht erneut anhören und ist auch nicht verpflichtet, eine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen durchzuführen. Aus den gleichen Gründen brauchen die dem Kollegium der Kommissionsmitglieder vorgelegten Akten insbesondere weder einen neuen Bericht des Anhörungsbeauftragten noch eine neue Niederschrift über die Anhörung des Beratenden Ausschusses zu enthalten. (vgl. Randnrn. 125-126, 134-135, 151, 153-154, 161-162, 168, 174) 6.      Das Kollegialprinzip beruht auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung und bedeutet insbesondere, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden und dass alle Mitglieder des Kollegiums für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich sind. Die Beachtung dieses Prinzips und insbesondere das Erfordernis, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden, ist für die von den Rechtswirkungen dieser Entscheidungen betroffenen Rechtssubjekte zwangsläufig insoweit von Interesse, als sie die Gewähr dafür haben müssen, dass die Entscheidungen tatsächlich vom Kollegium getroffen sind und dessen Willen genau entsprechen. Dies gilt insbesondere für die ausdrücklich als Entscheidungen gekennzeichneten Rechtsakte, die die Kommission gegenüber Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen im Interesse der Einhaltung der Wettbewerbsregeln erlässt und mit denen eine Zuwiderhandlung gegen diese Regeln festgestellt, Anordnungen gegenüber diesen Unternehmen erlassen und ihnen finanzielle Sanktionen auferlegt werden können. Die bloße Tatsache, dass in einer Pressemitteilung, die nicht von der Kommission stammt und keinerlei offiziellen Charakter hat, eine Erklärung eines Sprechers der Kommission erwähnt wird, in der der Zeitpunkt des Erlasses einer Wettbewerbsentscheidung und ihr Inhalt angekündigt werden, kann nicht genügen, um davon auszugehen, dass die Kommission gegen das Kollegialprinzip verstoßen hat. Da eine solche Erklärung das Kollegium der Mitglieder der Kommission nicht bindet, kann es nach einer gemeinsamen Beratung den Beschluss fassen, keine solche Entscheidung zu erlassen. (vgl. Randnrn. 175-178) 7.      Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können. Die Rechtskraft eines Urteils steht der Zulässigkeit einer Klage entgegen, wenn die Klage, die zu dem fraglichen Urteil geführt hat, dieselben Parteien und denselben Gegenstand betraf und auf denselben Grund gestützt wurde, wobei diese Voraussetzungen nebeneinander vorliegen müssen. Die Rechtskraft erstreckt sich lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren. (vgl. Randnrn. 196-198) 8.      Das Organ, das einen für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hat, ist nur in den Grenzen dessen, was zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils erforderlich ist, gebunden. Das Verfahren zur Ersetzung eines solchen Aktes kann genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist Wird eine Entscheidung der Kommission, mit der gegen ein Unternehmen wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung Sanktionen verhängt werden, deswegen für nichtig erklärt, weil sie nach ihrer Zustellung festgestellt worden war, was eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne des Art. 230 EG darstellt, darf die Kommission ihre Untersuchung im Stadium der Feststellung wieder aufnehmen, ohne prüfen zu müssen, ob die Schlussfolgerungen, die sie hinsichtlich des relevanten Marktes bei dem Erlass der ersten Entscheidung gezogen hatte, im Licht der im Zeitpunkt des Erlasses der zweiten Entscheidung gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände noch gültig waren. Die Erwägung, dass die Feststellung einer beherrschenden Stellung das Ergebnis einer Untersuchung der Markt- und Wettbewerbsstruktur ist, wie sie beim Erlass der Entscheidung der Kommission besteht, bedeutet nicht, dass die Kommission stets verpflichtet wäre, den relevanten Markt beim Erlass der angefochtenen Entscheidung erneut zu untersuchen. Die Kommission ist insbesondere dann nicht zu einer solchen Untersuchung verpflichtet, wenn dies zur Durchführung des Urteils, mit dem die Entscheidung für nichtig erklärt wurde, nicht erforderlich ist. (vgl. Randnrn. 243-245) 9.      Mit der beherrschenden Stellung im Sinne des Art. 82 EG ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und schließlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten. Eine solche Stellung schließt im Gegensatz zu einem Monopol oder einem Quasi-Monopol einen gewissen Wettbewerb nicht aus, versetzt aber die begünstigte Firma in die Lage, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder wenigstens merklich zu beeinflussen, jedenfalls aber weitgehend in ihrem Verhalten hierauf keine Rücksicht nehmen zu müssen, ohne dass ihr dies zum Schaden gereichte. Das Vorliegen einer beherrschenden Stellung ergibt sich im Allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen. Um festzustellen, ob eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt vorliegt, sind zunächst die Unternehmensstruktur und sodann die Wettbewerbssituation auf diesem Markt zu untersuchen. Äußerst hohe Marktanteile erbringen – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – als solche den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung. Ein Unternehmen, das längere Zeit einen äußerst hohen Marktanteil besitzt, befindet sich allein durch den Umfang seiner Produktion und seines Angebots – ohne dass die Inhaber erheblich geringerer Anteile imstande wären, die Nachfrage, die sich von dem Unternehmen mit dem größten Anteil abwenden will, rasch zu befriedigen – in einer Position der Stärke, die es zu einem nicht zu übergehenden Geschäftspartner macht und ihm bereits deswegen, jedenfalls während relativ langer Zeit, die Unabhängigkeit des Verhaltens sichert, die für eine beherrschende Stellung kennzeichnend ist. So stellt ein Marktanteil von 70 % bis 80 % für sich genommen bereits ein klares Indiz für eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt dar. Ebenso liefert ein Marktanteil von 50 % – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung. (vgl. Randnrn. 254-257) 10.    In einem Rabattsystem, das die Abschottung des Marktes bewirkt, ist ein Verstoß gegen Art. 82 EG zu sehen, wenn es von einem Unternehmen in beherrschender Stellung angewandt wird. Dies trifft auf einen Treuerabatt zu, der als Gegenleistung dafür gewährt wird, dass sich der Kunde verpflichtet, ausschließlich oder fast ausschließlich bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung einzukaufen. Ein solcher Rabatt dient nämlich dazu, die Kunden durch die Gewährung finanzieller Vorteile vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abzuhalten. Wird durch die Verhaltensweise eines solchen Unternehmens Konkurrenten der Zugang zum Markt verwehrt, kann sie Auswirkungen auf die Handelsströme und auf den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes haben. (vgl. Randnrn. 296-297, 337) 11.    Bei Mengenrabattsystemen, die ausschließlich an den Umfang der bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung getätigten Käufe anknüpfen, wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass sie keine nach Art. 82 EG verbotene Abschottungswirkung haben. Wenn die Erhöhung der Liefermenge zu einer Kostensenkung für den Lieferanten führt, darf dieser die Senkung nämlich durch einen günstigeren Preis an seinen Kunden weitergeben. Bei den Mengenrabatten wird also angenommen, dass sie den Zugewinn an Effizienz und Größenvorteile widerspiegeln, die vom Unternehmen in beherrschender Stellung erzielt werden. Folglich verstößt ein Rabattsystem, bei dem sich die Höhe des Nachlasses nach Maßgabe der Abnahmemenge erhöht, nicht gegen Art. 82 EG, es sei denn, die Kriterien und Modalitäten, nach denen der Rabatt gewährt wird, lassen erkennen, dass das System nicht auf einer wirtschaftlich gerechtfertigten Gegenleistung beruht, sondern wie ein Treue- und Zielrabatt die Kunden vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten soll. Um zu bestimmen, ob ein Mengenrabattsystem missbräuchlich ist, müssen mithin sämtliche Umstände, insbesondere die Kriterien und Modalitäten der Rabattgewährung, berücksichtigt werden, und es ist zu prüfen, ob die Rabatte darauf abzielen, dem Abnehmer durch die Gewährung eines Vorteils, der nicht auf einer ihn rechtfertigenden wirtschaftlichen Leistung beruht, die Wahlmöglichkeit hinsichtlich seiner Bezugsquellen zu nehmen oder einzuschränken, den Konkurrenten den Zugang zum Markt zu verwehren, gegenüber Handelspartnern bei gleichwertigen Leistungen unterschiedliche Bedingungen anzuwenden oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken. (vgl. Randnrn. 298-300) 12.    Ein Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, nutzt seine Stellung im Sinne des Art. 82 EG missbräuchlich aus, ohne dass es darauf ankäme, ob die fragliche Verpflichtung ohne Weiteres oder gegen eine Rabattgewährung eingegangen worden ist. Das Gleiche gilt, wenn ein solches Unternehmen die Abnehmer nicht durch eine förmliche Verpflichtung bindet, sondern kraft Vereinbarung mit den Abnehmern oder einseitig Treuerabatte gewährt, also Nachlässe, deren Gewährung voraussetzt, dass der Kunde seinen Gesamtbedarf oder einen wesentlichen Teil hiervon ausschließlich bei dem Unternehmen in beherrschender Stellung deckt. Sowohl ausschließliche Bezugsverpflichtungen dieser Art, unabhängig davon, ob sie gegen eine Rabattgewährung eingegangen wurden, als auch die Gewährung von Treuerabatten, die die Abnehmer zum ausschließlichen Bezug bei dem Unternehmen in beherrschender Stellung veranlassen soll, sind mit dem Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie nicht auf einer wirtschaftlichen Leistung beruhen, die die Belastung oder den Vorteil rechtfertigt, sondern darauf abzielen, dem Abnehmer die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren und anderen Herstellern den Zugang zum Markt zu verwehren. (vgl. Randnr. 315) 13.    Bei der Bemessung der Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht muss die Kommission nicht nur die Schwere der Zuwiderhandlung und die besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern auch den Kontext der Zuwiderhandlung berücksichtigen und sicherstellen, dass ihr Vorgehen vor allem in Bezug auf solche Zuwiderhandlungen, die die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft besonders beeinträchtigen, abschreckende Wirkung hat. Im Übrigen kann der Kommission, wenn sie beim Erlass einer Entscheidung die Verordnung Nr. 2988/74 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Wettbewerbsrecht sowie den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer beachtet hat, nicht vorgeworfen werden, diese Entscheidung verspätet erlassen zu haben. In einer solchen Situation ist eine Geldbuße, die mit einer nach Nichtigerklärung einer ersten Entscheidung erlassenen Entscheidung verhängt wurde, nicht wegen der Zeitspanne zwischen diesen beiden Entscheidungen für nichtig zu erklären. (vgl. Randnrn. 354-355) 14.    Wird eine Wettbewerbsentscheidung der Kommission wegen eines Verfahrensfehlers für nichtig erklärt, so ist die Kommission ohne Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens zum Erlass einer neuen Entscheidung berechtigt. Ist der Inhalt der neuen Entscheidung nahezu identisch mit dem der früheren Entscheidung, und stützen sich die beiden Entscheidungen auf die gleichen Gründe, so unterliegt die neue Entscheidung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße den Regeln, die beim Erlass der früheren Entscheidung galten. Die Kommission nimmt nämlich das Verfahren in dem Stadium wieder auf, in dem der Verfahrensfehler begangen wurde, und erlässt, ohne den Fall im Licht der Regeln, die beim Erlass der ersten Entscheidung nicht existierten, neu zu beurteilen, eine neue Entscheidung. (vgl. Randnrn. 366-368) 15.    Bei der Beurteilung der Schwere der einem Unternehmen zuzurechnenden Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft zur Bestimmung der Höhe einer Geldbuße, die dazu in einem angemessenen Verhältnis steht, kann die Kommission folgende Gesichtspunkte berücksichtigen: die besonders lange Dauer bestimmter Zuwiderhandlungen, Zahl und Vielfalt der Zuwiderhandlungen, die alle oder nahezu alle Produkte des in Rede stehenden Unternehmens betrafen und von denen einige alle Mitgliedstaaten berührten, die besondere Schwere der Zuwiderhandlungen, die Teil einer planmäßigen und zusammenhängenden Strategie waren, die darauf abzielte, durch verschiedene Verdrängungspraktiken gegenüber den Wettbewerbern und durch eine Politik der Bindung der Kunden die beherrschende Stellung des Unternehmens auf Märkten, auf denen der Wettbewerb bereits eingeschränkt war, künstlich aufrechtzuerhalten oder zu verstärken, die besonders schädlichen Auswirkungen der Missbräuche im Bereich des Wettbewerbs und den Vorteil, den das Unternehmen aus seinen Zuwiderhandlungen gezogen hat. Die Kommission ist berechtigt, Verhaltensweisen eines beherrschenden Unternehmens, das durch die Gewährung von Rabatten für Spitzenmengen an seine Abnehmer und durch den Abschluss von Anbindungsvereinbarungen mit ihnen den Marktzugang für seine Wettbewerber auf lange Zeit erschwert und die Marktstruktur zulasten der Verbraucher nachhaltig beeinträchtigt, als besonders schwerwiegend einzustufen. (vgl. Randnrn. 370, 372, 374) 16.    Bei der Prüfung der Schwere einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft muss ein etwaiger Wiederholungsfall berücksichtigt werden. Der Begriff des Wiederholungsfalls wird in einigen nationalen Rechtsordnungen so verstanden, dass jemand neue Zuwiderhandlungen begeht, nachdem ähnliche von ihm begangene Zuwiderhandlungen geahndet worden waren. Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, gehen in dieselbe Richtung, indem sie auf einen „gleichartigen Verstoß“ verweisen. Die Kommission kann daher einem Unternehmen, das seine beherrschende Stellung auf einem Markt im Sinne von Art. 82 EG missbräuchlich ausnutzt, nicht wegen früherer Absprachen, die gegen Art. 81 EG verstießen und die sich im Übrigen erheblich von den gegen Art. 82 EG verstoßenden Verhaltensweisen unterschieden, einen erschwerenden Umstand in Form eines Wiederholungsfalls zur Last legen. (vgl. Randnrn. 377-381) 17.    Die Kommission ist im Bereich des Wettbewerbs nicht verpflichtet, die Kosten, die einem Unternehmen für die Stellung von Garantien für die Zahlung einer Geldbuße, die in einer später vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärten Entscheidung festgesetzt wurde, und für die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung entstehen, bei der Festsetzung der Geldbuße mit der nach dem Nichtigkeitsurteil erlassenen Entscheidung zu berücksichtigen, weil das Unternehmen deren Erstattung im Rahmen einer Schadensersatzklage verlangen kann. (vgl. Randnr. 383) 18.    Die Einstufung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags als vorsätzlich setzt nicht voraus, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen ein in diesen Regeln aufgestelltes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt, dass es wissen musste, dass das beanstandete Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte. (vgl. Randnr. 412) 19.    Gesichtspunkte, die den Gegenstand eines Verhaltens betreffen, können für die Festsetzung der Geldbuße größere Bedeutung haben als Gesichtspunkte, die die Wirkungen des Verhaltens betreffen. (vgl. Randnr. 435) 20.    Die Höhe der verhängten Geldbuße muss zwar in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren stehen, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte, doch steht die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren. Somit muss die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils nicht berücksichtigen. Überdies ist das Fehlen eines finanziellen Vorteils aus der Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand anzusehen. (vgl. Randnr. 443) 21.    Die Kommission kann bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 EG bzw. 82 EG den geheimen Charakter als erschwerenden Umstand berücksichtigen. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die fehlende Geheimhaltung einen mildernden Umstand darstellt. (vgl. Randnrn. 446-447) URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 25. Juni 2010(*) „Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Sodamarkt im Vereinigten Königreich – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG festgestellt wird – Verjährung der Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen oder Sanktionen – Angemessene Frist – Wesentliche Formvorschriften – Rechtskraft – Vorliegen der beherrschenden Stellung – Missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Geldbuße – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“ In der Rechtssache T‑66/01 Imperial Chemical Industries Ltd, vormals Imperial Chemical Industries plc, mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst D. Vaughan, D. Anderson, QC, S. Lee, Barrister, S. Turner, S. Berwick und R. Coles, Solicitors, dann D. Vaughan, S. Lee, S. Berwick und S. Ford, Barrister, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und P. Oliver als Bevollmächtigte im Beistand von J. Flynn, QC, und C. West, Barrister, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/7/EG der Kommission vom 13. Dezember 2000 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (COMP/33.133 – D: Natriumkarbonat – ICI) (ABl. 2003, L 10, S. 33) und, hilfsweise, Nichtigerklärung oder Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und A. Dittrich, Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2008 folgendes Urteil Sachverhalt 1        Die Klägerin, die Imperial Chemical Industries Ltd, vormals Imperial Chemical Industries plc, eine Gesellschaft nach dem Recht des Vereinigten Königreichs, ist auf dem Chemiesektor tätig. Zum Zeitpunkt des Sachverhalts stellte sie u. a. Natriumkarbonat her. 2        Natriumkarbonat kommt in der Natur als Trona vor (Natursoda) oder wird durch ein chemisches Verfahren hergestellt (synthetische Soda). Zur Gewinnung von Natursoda wird Mineral Trona zermahlen, gereinigt und kalziniert. Synthetische Soda entsteht aus der Reaktion von gewöhnlichem Salz mit Kalk in dem 1863 von den Brüdern Solvay entwickelten „Ammoniak-Soda“-Verfahren. 3        Im April 1989 führte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei den verschiedenen Gemeinschaftsherstellern von Natriumkarbonat Nachprüfungen gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] des Vertrags (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung, durch. 4        Am 19. Juni 1989 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an die Klägerin, das diese am 14. September 1989 beantwortete. 5        Am 19. Februar 1990 beschloss die Kommission, nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 von Amts wegen ein Verfahren gegen die Klägerin, Solvay und die Chemische Fabrik Kalk (im Folgenden: CFK) einzuleiten. 6        Am 13. März 1990 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin, an Solvay und an CFK. Jede dieser Gesellschaften erhielt nur den sie betreffenden Teil oder die sie betreffenden Teile der Mitteilung der Beschwerdepunkte, denen die dazugehörigen belastenden Beweise beigefügt waren. 7        Die Kommission erstellte eine einzige Akte für alle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Zuwiderhandlungen. 8        Was die vorliegende Rechtssache betrifft, kam die Kommission im Abschnitt V der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre beherrschende Stellung auf dem Natriumkarbonatmarkt des Vereinigten Königreichs missbraucht habe. 9        Am 31. Mai 1990 nahm die Klägerin zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftlich Stellung. Am 26. und 27. Juni 1990 wurde sie von der Kommission angehört. 10      Am 19. Dezember 1990 erließ die Kommission die Entscheidung 91/300/EWG in einem Verfahren nach Artikel [82 EG] (IV/33.133 –D: Soda – ICI) (IV/33.133 – C: Soda – Solvay) (ABl. 1991, L 152, S. 40). In dieser Entscheidung, die der Klägerin mit Schreiben vom 1. März 1991 zugestellt wurde, stellte sie fest, dass „[die Klägerin] von etwa 1983 bis zum jetzigen Zeitpunkt gegen Artikel [82 EG] durch ein Verhalten verstoßen [hat], das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken, und das darin bestand, … erhebliche Rabatte und sonstige finanzielle Anreize für Spitzenmengen zu gewähren, um sicherzustellen, dass die Abnehmer ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von [ihr] beziehen; … die Einwilligung von Abnehmern zu erwirken, ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von ihr zu beziehen und/oder ihre Bezüge von konkurrierender Ware auf eine bestimmte Menge zu begrenzen; … zumindest in einem Fall die Gewährung von Rabatten und sonstigen finanziellen Vorteilen davon abhängig zu machen, dass der Abnehmer einwilligt, seinen gesamten Bedarf von [ihr] zu beziehen“. 11      Mit Art. 3 der Entscheidung 91/300 „[wird w]egen des [festgestellten] Verstoßes … gegen [die Klägerin] eine Geldbuße in Höhe von [zehn] Millionen ECU festgesetzt“. 12      Am selben Tag erließ die Kommission zudem die Entscheidung 91/297/EWG in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/33.133 – A: Soda – Solvay, ICI) (ABl. 1991, L 152, S. 1), in der sie feststellte, dass „[Solvay] und [die Klägerin] gegen Artikel [81 EG] verstoßen [haben], indem sie seit 1. Januar 1973 [und] zumindest bis zur Einleitung dieses Verfahrens an einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise teilgenommen haben, mit der sie ihre Sodaverkäufe in der Gemeinschaft auf ihren jeweiligen Heimatmarkt, d. h. den westeuropäischen Kontinent im Fall von Solvay und das Vereinigte Königreich und Irland im Fall [der Klägerin], beschränkten“. Gegen Solvay und die Klägerin wurde jeweils eine Geldbuße von sieben Millionen ECU verhängt. 13      Am selben Tag erließ die Kommission ferner die Entscheidung 91/298/EWG in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/33.133 – B: Soda – Solvay und CFK) (ABl. 1991, L 152, S. 16), in der sie feststellte, dass „[Solvay] und [CFK] … dadurch gegen Artikel [81 EG] verstoßen [haben], dass sie seit etwa 1987 [und] bis zum jetzigen Zeitpunkt an einer Marktaufteilungsvereinbarung teilgenommen haben, aufgrund der Solvay CFK eine jährliche Mindestabsatzmenge an kalzinierter Soda auf dem deutschen Markt, die auf der Grundlage des Jahresabsatzes von CFK im Jahr 1986 berechnet war, garantierte und CFK einen Ausgleich durch Aufkauf etwaiger Fehlmengen bis zur garantierten Mindestabsatzmenge gewährte“. Gegen Solvay und CFK wurde eine Geldbuße in Höhe von drei Millionen ECU bzw. einer Million ECU verhängt. 14      Am selben Tag erließ die Kommission außerdem die Entscheidung 91/299/EWG in einem Verfahren nach Artikel [82 EG] (IV/33.133 – C: Soda – Solvay) (ABl. 1991, L 152, S. 21), in der sie feststellte, dass „[Solvay] von etwa 1983 bis zum jetzigen Zeitpunkt gegen Artikel [82 EG] durch ein Verhalten verstoßen [hat], das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken, und das darin bestand, … mit Abnehmern Vereinbarungen zu schließen, in denen ihnen zur Auflage gemacht wurde, für eine unbestimmte oder unvertretbar lange Zeit ihren gesamten Bedarf oder einen sehr großen Teil ihres Bedarfs an kalzinierter Soda von Solvay zu beziehen; … erhebliche Rabatte und sonstige finanzielle Anreize für Spitzenmengen über die vertraglich vereinbarte Grundmenge der Abnehmer hinaus zu gewähren, um sicherzustellen, dass diese ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von Solvay beziehen; [und] die Gewährung von Rabatten davon abhängig zu machen, dass der Abnehmer einwilligt, seinen gesamten Bedarf von Solvay zu beziehen“. Gegen Solvay wurde eine Geldbuße in Höhe von 20 Millionen ECU festgesetzt. 15      Am 2. Mai 1991 beantragte Solvay die Nichtigerklärung der Entscheidungen 91/297, 91/298 und 91/299. Am 14. Mai 1991 erhob die Klägerin beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidungen 91/297 und 91/300. 16      Mit Urteil vom 29. Juni 1995, ICI/Kommission (T‑37/91, Slg. 1995, II‑1901, im Folgenden: Urteil ICI II), befand das Gericht, dass das Angriffsmittel einer Verletzung der Verteidigungsrechte in Bezug auf die Akteneinsicht insgesamt nicht durchgreift, und erklärte dann die Entscheidung 91/300 für nichtig, weil sie nach ihrer Zustellung festgestellt worden war, was eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne des Art. 230 EG darstellte. 17      Am selben Tag erklärte das Gericht außerdem die Entscheidung 91/297 für nichtig (Urteile Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, im Folgenden: Urteil Solvay I, und ICI/Kommission, T‑36/91, Slg. 1995, II‑1847, im Folgenden: Urteil ICI I), soweit sie die Klägerinnen dieser beiden Rechtssachen betrifft, wegen Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht. Ferner erklärte das Gericht die Entscheidung 91/298 für nichtig (Urteil Solvay/Kommission, T‑31/91, Slg. 1995, II‑1821, im Folgenden: Urteil Solvay II), soweit sie Solvay betrifft, sowie die Entscheidung 91/299 (Urteil Solvay/Kommission, T‑32/91, Slg. 1995, II‑1825, im Folgenden: Urteil Solvay III) wegen nicht ordnungsgemäßer Feststellung der angefochtenen Entscheidungen. 18      Mit am 30. August 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingereichten Rechtsmittelschriften legte die Kommission Rechtsmittel gegen die Urteile ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt), Solvay II und Solvay III (oben in Randnr. 17 angeführt) ein. 19      Mit Urteilen vom 6. April 2000, Kommission/ICI (C‑286/95 P, Slg. 2000, I‑2341) und Kommission/Solvay (C‑287/95 P und C‑288/95 P, Slg. 2000, I‑2391), wies der Gerichtshof die Rechtsmittel gegen die Urteile ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt), Solvay II und Solvay III (oben in Randnr. 17 angeführt) zurück. 20      Am Dienstag, 12. Dezember 2000, veröffentlichte eine Presseagentur folgende Pressemitteilung: „Die Europäische Kommission wird am Mittwoch gegen die Chemieunternehmen Solvay SA und Imperial Chemical Industries plc … eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union verhängen, wie eine Sprecherin am heutigen Dienstag mitteilte. Die Geldbußen wegen des Vorwurfs des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem Sodamarkt waren ursprünglich vor zehn Jahren verhängt worden, das höchste europäische Gericht hatte sie jedoch aus Verfahrensgründen für nichtig erklärt. Die Sprecherin erklärte, die Kommission werde am Mittwoch dieselbe Entscheidung, jedoch in korrekter Form, neu erlassen. In der Sache ist die Entscheidung von den Unternehmen nie bestritten worden. Wir erlassen dieselbe Entscheidung neu, sagte sie.“ 21      Am 13. Dezember 2000 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/7/EG in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (COMP/33.133 – D: Natriumkarbonat – ICI) (ABl. 2003, L 10, S. 33, im Folgenden: angefochtene Entscheidung). 22      Am selben Tag erließ die Kommission außerdem die Entscheidungen 2003/5/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (COMP/33.133 – B: Natriumkarbonat – Solvay, CFK) (ABl. 2003, L 10, S. 1) und 2003/6/EG in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (COMP/33.133 – C: Natriumkarbonat – Solvay) (ABl. 2003, L 10, S. 10). 23      Die angefochtene Entscheidung enthält folgenden verfügenden Teil: „Artikel 1 [Die Klägerin] hat von etwa 1983 bis mindestens Ende 1989 durch ein Verhalten gegen Artikel 86 EWG-Vertrag (nunmehr Artikel 82 EG-Vertrag) verstoßen, das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken, indem a)      erhebliche Rabatte und sonstige finanzielle Anreize für Spitzenmengen gewährt wurden, um sicherzustellen, dass die Kunden ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von [der Klägerin] beziehen; b)      von Abnehmern die Zusage erwirkt wurde, ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von [der Klägerin] zu beziehen und/oder ihre Bezüge von konkurrierender Ware auf eine bestimmte Menge zu begrenzen; c)      zumindest in einem Fall die Gewährung von Rabatten und sonstigen finanziellen Vorteilen von der Einwilligung des Abnehmers abhängig gemacht wurde, seinen gesamten Bedarf von [der Klägerin] zu beziehen. Artikel 2 Wegen des in Artikel 1 genannten Verstoßes wird [der Klägerin] eine Geldbuße in Höhe von [zehn] Mio. EUR auferlegt. …“ 24      Die angefochtene Entscheidung ist praktisch wortgleich mit der Entscheidung 91/300. Die Kommission nahm lediglich einige redaktionelle Änderungen vor und fügte einen neuen Abschnitt („Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und dem Gerichtshof“) hinzu. 25      In diesem neuen Abschnitt der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichts), aus, sie sei „berechtigt …, eine Entscheidung neu zu erlassen, wenn diese allein aufgrund von Formfehlern für nichtig erklärt wurde[,] … ohne dass ein neues Verwaltungsverfahren eingeleitet werden muss“, und sie brauche „keine erneute mündliche Anhörung zu veranstalten, wenn der Wortlaut der neuen Entscheidung gegenüber der ersten Entscheidung keine neuen Beschwerdepunkte enthält“ (164. Erwägungsgrund). 26      Die Kommission führt in der angefochtenen Entscheidung ferner aus, die Verjährungsfrist sei gemäß Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) um den Zeitraum zu verlängern, in dem das Verfahren gegen die Entscheidung 91/300 vor dem Gericht und dem Gerichtshof anhängig gewesen sei (Erwägungsgründe 169 und 170). Sie habe somit angesichts der Umstände des vorliegenden Falles bis Ende 2003 Zeit gehabt, eine neue Entscheidung zu erlassen (172. Erwägungsgrund). Überdies würden die Verteidigungsrechte nicht verletzt, wenn die neue Entscheidung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erlassen werde (164. Erwägungsgrund). 27      Zur eigentlichen Zuwiderhandlung erläutert die Kommission in der angefochtenen Entscheidung, „der sachlich und räumlich relevante Markt, auf dem die wirtschaftliche Machtstellung [der Klägerin] zu beurteilen ist, ist … der Markt für kalzinierte Soda im Vereinigten Königreich“ (125. Erwägungsgrund). 28      Bei der Beurteilung der Marktposition der Klägerin in Bezug auf die vorliegende Rechtssache hebt die Kommission hervor, dass der angestammte Marktanteil der Klägerin von mehr als 90 % während des gesamten Untersuchungszeitraums an sich schon Ausdruck einer starken Marktposition sei (127. Erwägungsgrund). Sie untersucht sodann die relevanten wirtschaftlichen Gegebenheiten und kommt in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass die Klägerin in dem fraglichen Zeitraum durchweg eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 82 EG-Vertrag innegehabt habe. 29      Zum Missbrauch einer beherrschenden Stellung weist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf die „Praxis der Bindung“ von Abnehmern an die Klägerin durch verschiedene Mechanismen hin, die alle dem gleichen wettbewerbsausschließenden Zweck gedient hätten (138. Erwägungsgrund). Im 139. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt sie hierzu aus, dass mit den Rabatten für Spitzenmengen ein tatsächlicher Wettbewerb habe ausgeschaltet werden sollen, indem –        für die Abnehmer Anreize geschaffen worden seien, ihre Spitzenmengen, die ansonsten möglicherweise von einem Zweitlieferanten bezogen worden wären, von der Klägerin zu beziehen; –        die Bedeutung von General Chemical als Konkurrent dadurch auf ein Mindestmaß beschränkt oder neutralisiert worden sei, dass ihre Marktpräsenz in punkto Preise, Mengen und Abnehmer innerhalb von Grenzen gehalten worden seien, die den Fortbestand des De-facto-Monopols der Klägerin gewährleistet hätten; –        Brenntag vom Markt verdrängt oder zumindest ihre Bedeutung als Wettbewerber auf ein Mindestmaß beschränkt worden sei; –        der Gefahr weitgehend vorgebeugt worden sei, dass sich die Abnehmer alternativen Versorgungsquellen zugewandt hätten; –        das faktische Monopol der Klägerin auf dem Sodamarkt des Vereinigten Königreichs erhalten und verstärkt worden sei. 30      Weiter führt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, „[d]ie Vereinbarungen [der Klägerin] mit den Großkunden bedeuteten deren Bindung an [sie] für nahezu ihren gesamten Bedarf (und zumindest in einem Fall für den gesamten Bedarf), während der Wettbewerb durch andere Lieferanten auf ein Minimum beschränkt wurde“ (147. Erwägungsgrund). 31      Durch weitere finanzielle Anreize sei die beherrschende Stellung der Klägerin in einer Weise gefestigt worden, die mit der Wettbewerbsidee des Art. 82 EG unvereinbar sei (149. Erwägungsgrund). 32      Zu den Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten weist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die von der Klägerin getroffenen Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestands ihrer beherrschenden Stellung und ihres De-facto-Monopols im Vereinigten Königreich zwar in erster Linie auf den direkten Wettbewerb aus Drittländern (USA und Polen) und nicht so sehr auf den Wettbewerb anderer Gemeinschaftshersteller abgestellt gewesen seien, doch müssten die Rabatte für Spitzenmengen und sonstigen wettbewerbsausschließenden Praktiken vor dem Hintergrund des Phänomens einer strikten Trennung der nationalen Märkte in der Gemeinschaft gesehen werden. Der Klägerin sei besonders daran gelegen gewesen, dass General Chemical auf dem fraglichen Markt als „Alternativlieferant“ erhalten geblieben sei: Hätte sich General Chemical gänzlich vom Markt zurückgezogen, so hätten sich die Abnehmer möglicherweise nach anderen, eventuell sogar billigeren Versorgungsquellen auf dem westeuropäischen Kontinent umgesehen. Die Aufrechterhaltung und Absicherung der beherrschenden Stellung der Klägerin im Vereinigten Königreich habe die gesamte Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt berührt und sichergestellt, dass der auf der Trennung der Märkte basierende Status quo aufrechterhalten worden sei (Erwägungsgründe 151 bis 154). 33      Es handele sich vorliegend um besonders schwere Verstöße, da sie „Teil einer überlegten Politik mit dem Ziel [waren], die Kontrolle [der Klägerin] über den Sodamarkt des Vereinigten Königreichs in einer Weise zu konsolidieren, die in krassem Widerspruch zu den grundlegenden Zielen des EG-Vertrags steht“, und „konkret darauf ab[zielten], das Geschäft bestimmter Wettbewerber einzuschränken oder zu schädigen“ (156. Erwägungsgrund). 34      Die Zuwiderhandlung habe etwa 1983 begonnen und sei bis mindestens Ende 1989 fortgesetzt worden. Die Kommission habe den Umstand, das die Klägerin das Spitzen-Rabattsystem mit Wirkung vom 1. Januar 1990 aufgegeben habe, berücksichtigt (Erwägungsgründe 160 und 161). 35      Mit Schreiben vom 18. Januar, 26. Januar und 8. Februar 2001 beantragte die Klägerin bei der Kommission Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 14. Februar 2001 lehnte die Kommission diesen Antrag ab. Verfahren 36      Mit Klageschrift, die am 20. März 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 37      In der Klageschrift hat die Klägerin u. a. beantragt, der Kommission aufzugeben, die Unterlagen vorzulegen, die sich in ihrer Akte in der Sache COMP/33.133 befinden. 38      Am 4. Mai 2001 ist die Rechtssache der Vierten Kammer des Gerichts zugewiesen und ein Berichterstatter bestimmt worden. 39      Mit Zustimmung des Gerichts haben die Klägerin und die Kommission am 18. bzw. 23. Dezember 2002 dazu Stellung genommen, welche Folgen in der vorliegenden Rechtssache aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichtshofs), zu ziehen sind. Die Klägerin hat dem Gericht in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, dass sie die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem zurücknehme. 40      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ab 1. Oktober 2003 wurde der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 8. Oktober 2003 zugewiesen worden ist. 41      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ab 13. September 2004 wurde der Berichterstatter der Vierten Kammer in ihrer neuen Zusammensetzung zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 19. Oktober 2004 zugewiesen worden ist. 42      Am 11. Januar 2005 hat das Gericht die Kommission aufgefordert, bei der Kanzlei ein detailliertes Verzeichnis aller zu der Verwaltungsakte gehörenden Schriftstücke einzureichen. Dieses Verzeichnis sollte einen kurzen Hinweis auf den Autor, die Art und den Inhalt jedes Schriftstücks enthalten. Ferner sollte die Kommission angeben, welche dieser Schriftstücke der Klägerin zugänglich waren und, gegebenenfalls, welche Gründe nach ihrer Auffassung ihrer Offenlegung entgegenstanden. 43      Mit Schreiben vom 28. Januar 2005 hat die Kommission bei der Kanzlei das vom Gericht verlangte Verzeichnis eingereicht und angegeben, dass der Klägerin im Verwaltungsverfahren die Schriftstücke zugänglich gewesen seien, auf die sie ihre Beschwerdepunkte gestützt habe und die somit der Mitteilung der Beschwerdepunkte beigelegen hätten. Außerdem hat die Kommission ausgeführt, dass sie „bedauert, dem Gericht mitteilen zu müssen, dass sich nun herausgestellt hat, dass – zweifellos infolge mehrerer Umzüge im vergangenen Jahrzehnt – bestimmte Schriftstücke nicht mehr auffindbar sind“, und sie sich für verpflichtet halte, das Gericht und die Klägerin unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, dass „zwar in dem der Stellungnahme beigefügten Verzeichnis sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Aktenschriftstücke erfasst sind, jedoch die fehlenden Schriftstücke nicht darin aufgeführt sind“. Das 1990 angewandte Verfahren habe der damals bestehenden Rechtsprechung zum Recht auf Akteneinsicht entsprochen. In diesem Stadium deute nichts darauf hin, dass es in der Akte Schriftstücke gegeben habe, die sich auf das Ergebnis der Entscheidung 91/300 tatsächlich hätten auswirken können, auch nicht, wenn man die Entwicklung der Rechtsprechung seit 1990 berücksichtige. 44      Mit Schreiben vom 13. April 2005 hat das Gericht die Klägerin aufgefordert, anzugeben, welche der in dem Verzeichnis aufgeführten Unterlagen, von denen sie im Verwaltungsverfahren keine Kenntnis erhalten habe, ihres Erachtens möglicherweise einen für ihre Verteidigung potenziell nützlichen Inhalt hätten haben können. 45      Mit Schreiben vom 9. Mai 2005 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass einige der fehlenden Unterlagen für ihre Verteidigung nützlich gewesen wären. Ferner hat sie angegeben, welche der in dem Verzeichnis aufgeführten Unterlagen sie für ihre Verteidigung für nützlich halte und gern einsehen würde. Diese Unterlagen hätten ihr nähere Ausführungen zur Definition des räumlich relevanten Marktes, zum Vorliegen der beherrschenden Stellung, zur missbräuchlichen Ausnutzung dieser beherrschenden Stellung und zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen können. 46      Mit Schreiben vom 7. Juni 2005 hat das Gericht die Kommission aufgefordert, bei der Kanzlei des Gerichts die Unterlagen der Teilakten 2 bis 38, 50 bis 59 und 60 bis 65 der Verwaltungsakte mit Ausnahme interner Unterlagen einzureichen. Ferner sollte die Kommission anstelle von Unterlagen, die Geschäftsgeheimnisse enthielten, nicht vertrauliche Fassungen oder nicht vertrauliche Zusammenfassungen einreichen sowie ihr im Verwaltungsverfahren übermittelte Informationen vorbehaltlich der Wahrung ihrer Vertraulichkeit oder sonstiger vertraulicher Informationen. Zudem sollte die Kommission die vollständige Fassung der oben genannten Unterlagen einschließlich der vertraulichen Teile vorlegen, um die Überprüfung ihrer Vertraulichkeit zu ermöglichen. 47      Am 21. Juni 2005 hat die Kommission beantragt, angesichts des Umfangs der Unterlagen jeweils nur ein Original mit CD-ROM einreichen zu dürfen. Diesem Antrag ist am 4. Juli 2005 stattgegeben worden. 48      Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 hat die Kommission bei der Kanzlei die vom Gericht angeforderten Unterlagen eingereicht. Die Kanzlei hat sodann die von der Kommission eingereichten CD-ROM an die Klägerin übermittelt. 49      Am 13. Oktober 2005 hat die Klägerin zur Nützlichkeit der Unterlagen der Verwaltungsakte für ihre Verteidigung Stellung genommen. Am 26. Oktober 2007 hat die Kommission auf die Stellungnahme der Klägerin geantwortet. 50      Nach der Beendigung der Amtstätigkeit des zunächst benannten Berichterstatters hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 22. Juni 2006 einen neuen Berichterstatter ernannt. 51      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ab 25. September 2007 wurde der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 8. November 2007 zugewiesen worden ist. 52      Da der Richter T. Tchipev an der Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts am 13. Februar 2008 gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts den Richter A. Dittrich dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen. 53      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen an die Klägerin und an die Kommission gerichtet. Die Klägerin und die Kommission haben darauf innerhalb der gesetzten Frist geantwortet. 54      Die Parteien haben in der Sitzung vom 26. und 27. Juni 2008 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 55      In der Sitzung hat das Gericht der Klägerin gestattet, zu der schriftlichen Antwort der Kommission vom 16. Juni 2008 Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat am 9. Juli 2008 Stellung genommen, und die Kommission hat darauf am 3. September 2008 geantwortet. Anträge der Parteien 56      Die Klägerin beantragt, –        die Klage für zulässig zu erklären; –        festzustellen, dass die Kommission wegen Zeitablaufs nicht zum Erlass der angefochtenen Entscheidung oder, hilfsweise, nicht zur Festsetzung einer Geldbuße befugt war; –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären; –        die in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung festgesetzte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen; –        der Kommission die Vorlage sämtlicher interner Schriftstücke in Bezug auf den Erlass der angefochtenen Entscheidung aufzugeben, insbesondere des Protokolls der Sitzung des Kommissionskollegiums mit sämtlichen beigefügten Schriftstücken, sowie sämtlicher Schriftstücke, die dem Kommissionskollegium bei dieser Gelegenheit vorgelegt wurden, –        der Kommission die Vorlage der in der Akte der Sache COMP/33.133 enthaltenen Schriftstücke aufzugeben; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen einschließlich der Kosten nebst Zinsen für etwa von der Klägerin gestellte Garantien im Zusammenhang mit der in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Geldbuße. 57      Die Kommission beantragt, –        die Klage als unbegründet abzuweisen, –        den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht zurückzuweisen; –        den Antrag auf Erlass einer spezifischen Anordnung, mit der ihr die Kosten der Klägerin einschließlich der Kosten nebst Zinsen für die Stellung einer Garantie für die Geldbuße auferlegt werden, für unzulässig zu erklären oder jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 58      Die Klägerin beantragt in erster Linie die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und hilfsweise die Nichtigerklärung oder Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen sie festgesetzten Geldbuße. 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung 59      Die Klägerin macht im Wesentlichen sechs Klagegründe geltend, die auf die Nichtigerklärung der Entscheidung zielen: erstens Unzuständigkeit der Kommission für den Erlass der angefochtenen Entscheidung, zweitens Verletzung wesentlicher Formvorschriften, drittens fehlerhafte Beurteilung des relevanten Marktes, viertens Fehlen einer beherrschenden Stellung, fünftens fehlender Missbrauch einer beherrschenden Stellung und sechstens fehlende Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten. Zum ersten Klagegrund: Unzuständigkeit der Kommission für den Erlass der angefochtenen Entscheidung 60      Der erste Klagegrund gliedert sich in zwei Teile: fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften und Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer. Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften –       Vorbringen der Parteien 61      Die Klägerin trägt vor, die Verjährungsfrist nach der Verordnung Nr. 2988/74 gelte zwar nur für den Teil der betreffenden Entscheidung, mit dem die Geldbuße festgesetzt werde, doch sei dies ein sehr wesentlicher Teil dieser Entscheidung. 62      Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 führe nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist bei einem gerichtlichen Verfahren wegen einer endgültigen Entscheidung der Kommission. Die Verjährung ruhe nämlich nur bei Rechtsbehelfen gegen im Laufe des Verwaltungsverfahrens erlassene Entscheidungen, d. h. Ermittlungsmaßnahmen, einschließlich einer Mitteilung der Beschwerdepunkte oder Maßnahmen aufgrund der allgemeinen Untersuchungsbefugnisse nach der Verordnung Nr. 17. Die Auslegung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung widerspreche dem Wortlaut von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74. Die Kommission habe den Ausdruck „Verfolgung“ in den Art. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 2988/74 falsch verstanden und übersehen, dass ihre endgültige Entscheidung vor Ablauf der Verjährungsfrist ergehen müsse. Zudem nehme die Auslegung der Kommission dem Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 seinen Sinn und zeige ein falsches Verständnis der Struktur dieser Verordnung, da die Auswirkungen einer Entscheidung auf die Verjährung in den Art. 4 bis 6 und nicht in den Art. 1 bis 3 behandelt würden. Schließlich widerspreche eine solche Auslegung dem Grundsatz, dass die Kommission zur Wahrung der Rechtssicherheit ihre Verfolgungsmaßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist zu Ende führen und ihre endgültige Entscheidung innerhalb einer Ausschlussfrist von zehn Jahren ab dem Ende der Zuwiderhandlung erlassen müsse, sofern sie nicht durch gerichtliche Rechtsbehelfe, die gegen diese vorläufigen Entscheidungen anhängig gemacht worden seien, daran gehindert gewesen sei, ihre Untersuchungen und Verfahren zu Ende zu führen. Im vorliegenden Fall sei die Kommission jedoch nicht daran gehindert gewesen, ihre Verfolgungsmaßnahmen zu Ende zu führen. 63      Die Klägerin hält den im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) gewählten Ansatz für unvereinbar mit der Feststellung in Randnr. 1098 dieses Urteils, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 darauf gerichtet sei, die Verjährungsfrist ruhen zu lassen, wenn die Kommission aus einem objektiven, von ihr nicht zu vertretenden Grund an einem Tätigwerden gehindert sei. Eine Klage gegen eine endgültige Entscheidung, mit der eine Geldbuße festgesetzt werde, hindere nämlich die Kommission nicht an einem Tätigwerden, da diese endgültige Entscheidung in vollem Umfang vollstreckbar sei, bis sie vom Gericht für nichtig oder inexistent erklärt werde. 64      Jedenfalls könne die Erwägung, die Kommission sei an einem Tätigwerden gehindert gewesen, vorliegend nicht für das Rechtsmittel gegen das Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) gelten. Der Kommission habe es nämlich völlig frei gestanden, die Entscheidung 91/300 sogleich nach Verkündung des Urteils ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) neu zu erlassen. Die zusätzliche Zeitspanne aufgrund des Rechtsmittels sei daher ganz und gar der Kommission „zuzuschreiben“. Zudem sei dieses Rechtsmittel im Licht des Urteils des Gerichtshofs vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a., C‑137/92 P, Slg. 1994, I‑2555), und angesichts der Absicht der Kommission, die Entscheidung 91/300 neu zu erlassen, gegenstandslos. Die Kommission könne daher nicht aus ihrem „eigenen Verfahrensfehler“ und der darauf beruhenden Verzögerung von fünf Jahren Nutzen ziehen. 65      Im Übrigen stehe die Auslegung der Kommission im Widerspruch zu Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs, wonach Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hätten. Die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht sei zwar zu berücksichtigen, doch habe die Verjährung nur während eines Zeitraums von etwa vier Jahren, einem Monat und fünfzehn Tagen geruht. Die Kommission hätte folglich die Entscheidung 91/300 bis April 1999 neu erlassen müssen. 66      Zudem gehe aus Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 hervor, dass bei einem Rechtsmittel nicht die Entscheidung der Kommission, sondern das Urteil des Gerichts Verfahrensgegenstand sei. 67      Außerdem sei im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) nicht spezifisch die Frage behandelt worden, ob das Rechtsmittel in Bezug auf das Ruhen der Verjährungsfrist zu berücksichtigen sei, da die Kommission in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, lediglich habe klären müssen, ob die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht die Verjährung habe ruhen lassen. Die Ausführungen des Gerichts zur Auswirkung des Rechtsmittels auf das Ruhen der Verjährung stellten somit nur ein obiter dictum dar. 68      Eine von der Kommission unter Verstoß gegen ihre eigene Geschäftsordnung erlassene Entscheidung könne keine Verlängerung der Verjährungsfrist bewirken. Die Kommission habe nämlich die Entscheidung 91/300 nicht ordnungsgemäß festgestellt. Diese Entscheidung könne daher nicht zu einer Ausdehnung der Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen über die gewöhnliche Verjährungsfrist nach der Verordnung Nr. 2988/74 hinaus führen. Einem solchen Ergebnis stehe nämlich der Grundsatz, dass eine Partei aus ihrem eigenen Fehler keinen Vorteil ziehen dürfe, sowie das natürliche Recht entgegen. Die Verzögerung sei allein auf das Handeln der Kommission zurückzuführen, und diese könne jedenfalls nicht Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 für sich in Anspruch nehmen. 69      Schließlich könne die Kommission nach der Auslegung der Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2988/74 gemäß dem Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) eine Reihe von Folgeentscheidungen bis in die Mitte des 21. Jahrhunderts hinein erlassen. Eine solche Auslegung sei daher rechtswidrig, da sie gegen das Recht auf Entscheidung binnen angemessener Frist verstoße. 70      Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 71      Vorab ist festzustellen, dass durch die Verordnung Nr. 2988/74 eine vollständige Regelung eingeführt worden ist, die im Einzelnen die Fristen festgelegt hat, innerhalb deren die Kommission ohne einen Verstoß gegen das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit Geldbußen gegen Unternehmen festsetzen kann, gegen die Verfahren nach den Wettbewerbsvorschriften anhängig sind (Urteile des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 324, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 223). 72      Somit tritt nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 sowie Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die Verfolgungsverjährung ein, wenn die Kommission innerhalb von fünf Jahren nach dem Beginn der Verjährungsfrist keine Geldbuße oder Sanktion festgesetzt hat, ohne zwischenzeitlich eine Unterbrechungshandlung vorzunehmen, spätestens aber zehn Jahre nach Verjährungsbeginn, wenn Unterbrechungshandlungen vorgenommen wurden. Nach Art. 2 Abs. 3 der fraglichen Verordnung verlängert sich die Verjährungsfrist jedoch um den Zeitraum, in dem nach ihrem Art. 3 die Verjährung ruht (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 140). 73      Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 ruht die Verfolgungsverjährung, solange wegen der Entscheidung der Kommission ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig ist. 74      Die Bezugnahme in Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 auf „ein Verfahren [, das] vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig ist“, ist so zu verstehen, dass damit seit der Errichtung des Gerichts in erster Linie ein bei diesem anhängiges Verfahren gemeint ist, da Klagen gegen Sanktionen oder Geldbußen im Bereich des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft in seine Zuständigkeit fallen. 75      Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin nicht, dass die fünfjährige Verjährungsfrist vorbehaltlich der Frage des Ruhens der Verjährung nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 im Jahr 1995 abgelaufen wäre. 76      Somit ist lediglich zu prüfen, ob die Kommission nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die angefochtene Entscheidung am 13. Dezember 2000 erlassen durfte. 77      Insoweit ergibt sich aus Randnr. 157 des Urteils PVC II des Gerichtshofs (oben in Randnr. 39 angeführt), dass die Verjährung im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 so lange ruht, wie die fragliche Entscheidung Gegenstand eines Verfahrens „vor dem Gericht und dem Gerichtshof“ ist. Somit ruhte im vorliegenden Fall die Verjährung während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gericht sowie während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gerichtshof, ohne dass es nötig ist, über den Zeitraum von der Verkündung des Urteils des Gerichts bis zur Anrufung des Gerichtshofs zu entscheiden. 78      Infolge der von der Klägerin am 14. Mai 1991 beim Gericht erhobenen Klage und des am 29. Juni 195 ergangenen Urteils sowie des von der Kommission am 30. August 1995 beim Gerichtshof eingelegten Rechtsmittels und des am 6. April 2000 ergangenen Urteils ruhte die Verjährung, wie die Kommission im 171. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, mindestens acht Jahre acht Monate und 22 Tage. 79      Somit sind im vorliegenden Fall infolge dieses Ruhens der Verjährung ab dem Ende der Zuwiderhandlungen oder ab irgendeiner Verjährungsunterbrechung bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung am 13. Dezember 2000 nicht mehr als fünf Jahre vergangen. 80      Folglich wurde die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der Verjährungsregeln der Verordnung Nr. 2988/74 erlassen. 81      Keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente kann dies in Frage stellen. 82      Erstens ergibt sich aus dem Wortlaut der Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2988/74 nicht, dass die in Art. 3 angesprochene „Entscheidung der Kommission“, derentwegen ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, das zum Ruhen der Verfolgungsverjährung führt, nur eine der in Art. 2 – angeblich erschöpfend – aufgezählten Unterbrechungshandlungen sein kann (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 141). Art. 3 schützt nämlich die Kommission vor dem Eintritt der Verjährung in Situationen, in denen sie im Rahmen von Verfahren, deren Ablauf sie nicht steuern kann, die Entscheidung des Richters abwarten muss, bevor sie erfährt, ob die angefochtene Handlung rechtswidrig ist. Solche Fälle gibt es aber sowohl bei Klagen gegen die in Art. 2 der Verordnung Nr. 2988/74 aufgezählten anfechtbaren Unterbrechungshandlungen als auch bei Klagen gegen eine Entscheidung, mit der eine Geldbuße oder eine Sanktion verhängt wird. Unter diesen Umständen erfassen sowohl der Wortlaut von Art. 3 als auch dessen Zielsetzung nicht nur Klagen gegen die in Art. 2 genannten anfechtbaren Handlungen, sondern auch Klagen gegen die abschließende Entscheidung der Kommission. Folglich ruht bei einer Klage gegen eine mit Sanktionen verbundene abschließende Entscheidung die Verfolgungsverjährung, bis der Richter endgültig über diese Klage entschieden hat (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 144 bis 147). 83      Zweitens trägt die Klägerin vor, die Erhebung einer Klage gegen eine Bußgeldentscheidung hindere die Kommission nicht am Erlass einer derartigen Entscheidung. Würde man dieser Auslegung folgen, so müsste die Kommission die angefochtene Entscheidung zurücknehmen und durch eine andere Entscheidung ersetzen, die dem Inhalt der Anfechtung Rechnung trägt. Damit würde der Kommission das Recht abgesprochen, vom Gemeinschaftsrichter gegebenenfalls die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung feststellen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 149). 84      Drittens kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass eine Bußgeldentscheidung bis zu ihrer gerichtlichen Nichtigerklärung in vollem Umfang vollstreckbar sei. Definitionsgemäß können Handlungen zur Vollstreckung einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung geahndet wird, nicht als Handlungen zur Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung angesehen werden. Solche Handlungen, deren Rechtmäßigkeit im Übrigen davon abhängt, ob die Entscheidung rechtmäßig ist, gegen die Klage erhoben wurde, können daher im Fall der Nichtigerklärung der gerichtlich angefochtenen Entscheidung nicht zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung führen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 150). 85      Viertens haben Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 einen unterschiedlichen Anwendungsbereich. Der Umstand, dass ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, kann Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74, der Situationen betrifft, in denen die Kommission die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, nicht jede Wirksamkeit nehmen. Der Ansicht der Klägerin, die Kommission dürfe den Zeitraum nicht berücksichtigen, in dem ein Rechtsmittel beim Gerichtshof anhängig ist, kann nicht gefolgt werden, da dadurch das Rechtsmittelurteil des Gerichtshofs seinen Sinn und Zweck sowie seine Wirkung verlieren würde. 86      Fünftens kann die Klägerin nicht behaupten, die Kommission könne nach Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 wegen fehlender Feststellung nicht aus ihrem eigenen Fehler einen Vorteil ziehen, indem sie nach Ablauf der in der Verordnung Nr. 2988/74 vorgesehenen fünfjährigen Verjährungsfrist eine Geldbuße festsetze. Die Nichtigerklärung eines von der Kommission erlassenen Rechtsakts ist ihr zwangsläufig in dem Sinne zuzurechnen, dass dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass sie einen Fehler begangen hat. Daher hätte bei einem Ausschluss des Ruhens der Verfolgungsverjährung, wenn die Klage zur Feststellung eines der Kommission zuzurechnenden Fehlers führt, Art. 3 der Verordnung keinen Sinn mehr. Allein die Anhängigkeit einer Klage vor dem Gericht oder dem Gerichtshof und nicht das Ergebnis, zu dem diese in ihrem Urteil kommen, rechtfertigt das Ruhen der Verjährung (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 153). 87      Sechstens ist die Nichtigkeitsklage darauf gerichtet, dass das Gericht prüft, ob die angefochtene Handlung rechtswidrig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 144). 88      Siebtens führt die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 zu ernsthaften praktischen Schwierigkeiten. Muss die Kommission nämlich nach der Nichtigerklärung einer Entscheidung durch das Gericht eine neue Entscheidung erlassen, ohne das Urteil des Gerichtshofs abzuwarten, besteht die Gefahr, dass zwei Entscheidungen mit demselben Gegenstand nebeneinander bestehen, falls der Gerichtshof das Urteil des Gerichts aufheben sollte. 89      Achtens widerspricht es offensichtlich den Erfordernissen der Ökonomie des Verwaltungsverfahrens, die Kommission, nur um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, zum Erlass einer neuen Entscheidung zu verpflichten, bevor sie weiß, ob die ursprüngliche Entscheidung rechtswidrig ist. 90      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer –       Vorbringen der Parteien 91      Die Klägerin trägt vor, die seit den angeblichen Zuwiderhandlungen vergangene Zeit beeinträchtige unabhängig von den Fragen der Verjährung die Befugnis der Kommission zum Erlass der angefochtenen Entscheidung insgesamt und nicht nur des Teils über die Geldbußen. 92      Sie hält es unter Hinweis auf Randnr. 121 des Urteils PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) und den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer für geboten, zu prüfen, ob die Kommission die angefochtene Entscheidung nach Abschluss der Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik innerhalb einer angemessenen Frist erlassen hat. 93      Wenn in einer Sache von der Einleitung der Untersuchung bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung mehr als elfeinhalb Jahre vergangen seien, könne von einem Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ausgegangen werden. 94      Während das Verfahren vor dem Gericht und das vor dem Gerichtshof insgesamt 105 Monate gedauert hätten, habe die Kommission für den Erlass ihrer Entscheidung einschließlich der 9 Monate zwischen dem Urteil Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) und der angefochtenen Entscheidung 35 Monate aufgewandt. Die Berücksichtigung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens sei zudem insbesondere dann gerechtfertigt, wenn dieses Verfahren sich auf eine andere Entscheidung beziehe und der angefochtenen Entscheidung vorausgegangen sei. 95      Besonders inakzeptabel sei die Berücksichtigung der Dauer des Verfahrens vor dem Gerichtshof. Nach den Urteilen ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) und Kommission/BASF u. a. (oben in Randnr. 64 angeführt) sei der Kommission bekannt gewesen, dass die Entscheidung 91/300 aufgrund fehlender Feststellung mangelhaft gewesen sei. Wenn die Kommission beabsichtigt habe, ihre Entscheidung neu zu erlassen, hätte sie dies in dieser Phase tun müssen, statt beim Gerichtshof ein Rechtsmittel einzulegen, in dessen Folge sich der Erlass dieser Entscheidung um fünfeinhalb Jahre verzögert habe. 96      In Anbetracht des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27. September 1997, Garyfallou AEBE/Griechenland (Report of Judgements and Decisions, 1997-V, S. 1821), müsse das gesamte Verfahren geprüft werden, um festzustellen, ob in der Sache innerhalb einer angemessenen Frist entschieden worden sei. 97      Im Übrigen sieht sich die Klägerin durch die seit den behaupteten Zuwiderhandlungen vergangene Zeit an der umfassenden Ausübung ihrer Verteidigungsrechte gehindert. Zum einen habe sie ihren „Soda“-Geschäftsbereich am 6. Oktober 1991 an einen unabhängigen Erwerber verkauft und sei auf dem Natriumkarbonatmarkt des Vereinigten Königreichs nicht mehr tätig. Zum anderen hätten die seinerzeit mit dem Vorgang befassten Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und stünden nicht mehr zur Verfügung, um ihr die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Überdies werde durch die seit den behaupteten Zuwiderhandlungen vergangene Zeit ihr finanzieller Schaden vergrößert, indem z. B. die Kosten für die Sicherstellung von Ausgaben stiegen und/oder die Auswirkungen der Verzugszinsen zunähmen. Jedenfalls stehe das Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach der Schutz von Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) nicht den Nachweis voraussetze, dass die Interessen eines Klägers durch die Dauer tatsächlich geschädigt worden seien. Der Verstoß gegen eine grundlegende Verpflichtung der EMRK könne nur zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen und nicht lediglich zur Zahlung von Schadensersatz. 98      Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 99      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Bereich des Wettbewerbs im Rahmen der gemäß der Verordnung Nr. 17 eingeleiteten Verwaltungsverfahren, die die dort vorgesehenen Sanktionen auslösen können, und im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 179). 100    Die Klägerin macht erstens geltend, dass die gesamte Dauer des Verwaltungsverfahrens, d. h. ab der Einleitung der Untersuchung bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung, nicht mehr angemessen gewesen sei. 101    Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 102    Im Rahmen der Prüfung der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist nämlich zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren zu unterscheiden. Somit kann der Zeitraum, in dem der Richter die Rechtmäßigkeit der Entscheidung 91/300 und die Gültigkeit des Urteils des Gerichts ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) nachgeprüft hat, bei der Bestimmung der Dauer des Verfahrens vor der Kommission nicht berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 123). 103    Zweitens beanstandet die Klägerin die Dauer des Verwaltungsverfahrens zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung. 104    Insoweit ist zu beachten, dass dieser Zeitraum am 6. April 2000, dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt), begann und am 13. Dezember 2000 mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung endete. Dieser Abschnitt des Verwaltungsverfahrens dauerte somit acht Monate und sieben Tage. 105    In diesem Zeitraum hat die Kommission lediglich formale Änderungen der Entscheidung 91/300 vorgenommen, insbesondere hat sie einen neuen Abschnitt über die „Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und dem Gerichtshof“ eingeführt, in dem die Einhaltung der Verjährungsfristen beurteilt wird. Darüber hinaus ging dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine zusätzliche Ermittlungshandlung voraus, da sich die Kommission auf die Ergebnisse der zehn Jahre zuvor durchgeführten Untersuchung gestützt hat. Es ist jedoch einzuräumen, dass sich selbst unter diesen Umständen bestimmte Nachprüfungen und eine gewisse Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung als unerlässlich erweisen können, um zu einem solchen Ergebnis zu gelangen. 106    Unter diesem Gesichtspunkt ist der Zeitraum von acht Monaten und sieben Tagen zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht als unangemessen anzusehen. 107    Drittens beanstandet die Klägerin im Wesentlichen die Dauer des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass der Entscheidung 91/300 geführt hat (siehe oben, Randnr. 94). 108    Betrachtet man jedoch die Dauer des Verwaltungsverfahrens ab der Mitteilung der Beschwerdepunkte und die Dauer des Verfahrens davor (vgl. hierzu Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnr. 51), so ist diese Verfahrensdauer im Licht der ab April 1989 durchgeführten Nachprüfungen, der anschließenden Auskunftsverlangen und der Verfahrenseinleitung von Amts wegen am 19. Februar 1990 nicht übermäßig lang. Unter diesen Umständen kann die Dauer des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass der Entscheidung 91/300 geführt hat, nicht als unangemessen angesehen werden. 109    Jedenfalls würde ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer die Nichtigerklärung einer nach Abschluss eines Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik erlassenen Entscheidung nur rechtfertigen, soweit damit auch die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens verletzt worden wären. Wenn nämlich nicht bewiesen ist, dass die übermäßig lange Verfahrensdauer die Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen, sich wirksam zu verteidigen, beeinträchtigt hat, wirkt sich die Nichtbeachtung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens aus (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 122). 110    Die Klägerin trägt insoweit vor, es sei für sie schwierig gewesen, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen, da sie ihren „Soda“-Geschäftsbereich am 6. Oktober 1991 an einen unabhängigen Erwerber verkauft habe, auf dem Natriumkarbonatmarkt des Vereinigten Königreichs nicht mehr tätig sei und die seinerzeit mit dem Vorgang befassten Mitarbeiter nicht erreichen könne, um die erforderliche Unterstützung einzuholen, da diese das Unternehmen verlassen hätten. 111    Die Kommission hat jedoch zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine Ermittlungshandlung vorgenommen. 112    Somit gab es gegenüber dem ersten Zeitraum, der zum Erlass der Entscheidung 91/300 geführt hatte, keinen Nachteil hinsichtlich der Ausübung der Verteidigungsrechte, und die Kommission berücksichtigte keinen neuen Punkt, der die Ausübung eines Verteidigungsrechts erfordert hätte. 113    Unter diesen Umständen sind die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht verletzt worden. 114    Was viertens das gerichtliche Verfahren betrifft, gilt der auf Art. 6 Abs. 1 EMRK beruhende allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahren und insbesondere auf ein Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist hat, im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der gegen ein Unternehmen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht Geldbußen verhängt werden. Die Angemessenheit der Frist ist anhand der Umstände jeder einzelnen Rechtssache und insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Rechtssache sowie des Verhaltens des Klägers und der zuständigen Behörden zu beurteilen. Die Liste dieser Kriterien ist nicht abschließend, und die Beurteilung der Angemessenheit der Frist erfordert keine systematische Prüfung der Umstände des Falles anhand jedes Kriteriums, wenn die Dauer des Verfahrens anhand eines von ihnen gerechtfertigt erscheint. So kann die Komplexität der Sache herangezogen werden, um eine auf den ersten Blick zu lange Dauer zu rechtfertigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnrn. 115 bis 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). 115    Darüber hinaus hat der Gerichtshof im Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417), nach der Feststellung, dass das Gericht eine angemessene Verfahrensdauer überschritten hatte, aus Gründen der Prozessökonomie und im Hinblick darauf, dass gegen einen solchen Verfahrensfehler ein unmittelbarer und effektiver Rechtsbehelf gegeben sein muss, auf den Rechtsmittelgrund der überlangen Verfahrensdauer hin das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben, als darin die Höhe der gegen die Rechtsmittelführerin festgesetzten Geldbuße auf drei Millionen ECU festgesetzt wurde. Da jeder Anhaltspunkt dafür fehlte, dass die Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hätte, hat der Gerichtshof entschieden, dass dieser Rechtsmittelgrund nicht zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann, sondern dass ein Betrag von 50 000 ECU eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Verfahrens darstellt, und er hat folglich die Höhe der gegen das betroffene Unternehmen festgesetzten Geldbuße herabgesetzt. 116    Somit hätte, da kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass sich die Verfahrensdauer auf den Ausgang des Rechtsstreits ausgewirkt hätte, ein eventuelles Überschreiten der angemessenen Verfahrensdauer durch den Richter, selbst wenn man es als erwiesen ansähe, im vorliegenden Fall keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung (so Randnr. 140 des Urteils des Gerichts vom 17. Dezember 2009, Solvay/Kommission, T‑57/01, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). 117    Zu ergänzen ist, dass die Klägerin in der Klageschrift keinen Antrag auf Schadensersatz gestellt hat. 118    Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und somit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften 119    Der zweite Klagegrund gliedert sich im Wesentlichen in fünf Teile: erstens Rechtswidrigkeit der Vorbereitungsphasen der Entscheidung 91/300, zweitens überlange Dauer zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung, drittens Verpflichtung zu neuen Verfahrenschritten, viertens Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht und fünftens Verletzung von Art. 253 EG. Zum ersten Teil: Rechtswidrigkeit der Vorbereitungsphasen der Entscheidung 91/300 –       Vorbringen der Parteien 120    Die Klägerin macht geltend, die von der Kommission vor Erlass einer Entscheidung vorgenommenen Verfahrensschritte stellten nur Vorbereitungsphasen dar und könnten nicht selbst Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein. Aus der akzessorischen Natur der dem Erlass der Entscheidung vorausgegangenen Verfahrensphasen folge, dass entgegen Randnr. 189 des Urteils PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) die Nichtigerklärung der Entscheidung zwangsläufig auch die Nichtigkeit dieser vorausgegangenen Verfahrensphasen nach sich ziehe. Im vorliegenden Fall könne die Kommission daher diese der Entscheidung 91/300 vorausgegangenen Verfahrensphasen nicht als für den Erlass der angefochtenen Entscheidung notwendige Verfahrensabschnitte heranziehen. 121    Zudem habe die Kommission für die angeblichen Verstöße gegen die Art. 81 EG und 82 EG ein einziges Verwaltungsverfahren eingeleitet. Die beiden Sachen seien erst im Stadium des Erlasses der Entscheidungen 91/297 und 91/300 getrennt worden. Im Urteil ICI I (oben in Randnr. 17 angeführt) habe das Gericht entschieden, dass die Verteidigungsrechte im Stadium des Verwaltungsverfahrens verletzt worden seien. Diese Entscheidung wirke sich auf die Entscheidung 91/300 aus, da die Kommission genau dasselbe Verwaltungsverfahren angewandt habe. Das Gericht hätte somit in der Rechtssache, in der das Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) ergangen sei, die Entscheidung 91/300 wegen Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklären müssen. 122    In der Erwiderung fügt die Klägerin hinzu, das Gericht habe sich im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) zu der von der Kommission vorgenommenen Analyse des relevanten Marktes sehr kritisch geäußert, die darin bestanden habe, die Beweise danach zu trennen, ob sie Behauptungen in Bezug auf Art. 81 EG einerseits oder Art. 82 EG andererseits betroffen hätten, und getrennte Verfahren durchzuführen. 123    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 124    Vorab ist festzustellen, dass die Entscheidung 91/300 wegen eines Formfehlers, nämlich fehlender Feststellung, für nichtig erklärt wurde, die nur die Modalitäten des endgültigen Erlasses dieser Entscheidung durch die Kommission betraf. 125    Nach ständiger Rechtsprechung berührt die Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Gemeinschaft jedoch nicht notwendig die vorbereitenden Handlungen, da das Verfahren zur Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes grundsätzlich genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist (Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1998, Spanien/Kommission, C‑415/96, Slg. 1998, I‑6993, Randnrn. 31 und 32, sowie Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 73). 126    Im vorliegenden Fall berührte die Nichtigerklärung, da der festgestellte Verfahrensfehler im letzten Abschnitt vor dem Erlass der Entscheidung 91/300 aufgetreten war, nicht die Gültigkeit der Maßnahmen, die zur Vorbereitung dieser Entscheidung vor dem Abschnitt getroffen worden waren, in dem dieser Fehler aufgetreten war (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 75). 127    Im Übrigen ist zu dem Vortrag der Klägerin, das Gericht habe im Urteil ICI I (oben in Randnr. 17 angeführt) die Entscheidung 91/297 wegen Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklärt, daran zu erinnern, dass das Gericht im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt), das der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegt, auch das Angriffsmittel der Verletzung der Verteidigungsrechte eingehend geprüft und insgesamt zurückgewiesen hat (vgl. Randnr. 73). Der Gerichtshof hat das Rechtsmittel gegen dieses Urteil zurückgewiesen. 128    Zudem haben die Sachen COMP/33.133 zwar eine gemeinsame Verwaltungsakte, doch betreffen die Entscheidungen 91/297 und 91/300 Zuwiderhandlungen unterschiedlicher Art auf zwei unterschiedlichen Märkten. Ob eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt, ist jedoch anhand der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu prüfen, da dies im Wesentlichen von den Rügen abhängt, die die Kommission bei der Feststellung der dem betroffenen Unternehmen zur Last gelegten Zuwiderhandlung erhoben hat (Urteile ICI I, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 70, und ICI II, oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 50; vgl. auch Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 127). 129    Somit ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: überlange Dauer zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung –       Vorbringen der Parteien 130    Die Klägerin macht geltend, zwischen den Verfahrensphasen, die dem Erlass der Entscheidungen 91/297 und 91/300 vorausgegangen seien, und der angefochtenen Entscheidung seien zehn Jahre vergangen, was eine Verweigerung des Schutzes der Verteidigungsrechte darstelle. Die Unternehmen müssten sich äußern und ihre Interessen wirksam verteidigen können. Entscheidungen, insbesondere Bußgeldentscheidungen, dürften daher nur innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem die Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hätten, erlassen werden, was vorliegend nicht der Fall sei. 131    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen –       Würdigung durch das Gericht 132    Erstens ruhte, wie bei der Prüfung des ersten Teils des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, die Verjährung gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gericht und, nach der Einlegung des Rechtsmittels gegen das Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt), vor dem Gerichtshof. Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie vor Erlass der angefochtenen Entscheidung die Entscheidung des Gerichts und des Gerichtshofs abgewartet hat. Insoweit ist der Nichterlass der angefochtenen Entscheidung während des Verfahrens vor dem Gericht und dem Gerichtshof durch den Respekt vor dem gerichtlichen Verfahren und zukünftigen Urteilen gerechtfertigt. 133    Zweitens hat die Kommission, wie aus der Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes hervorgeht, mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung am 13. Dezember 2000 nicht gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verstoßen. 134    Drittens ergibt sich aus der nachfolgend (Randnrn. 151, 153 und 168) vorgenommenen Prüfung des dritten Teils des zweiten Klagegrundes, dass die Kommission im vorliegenden Fall nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 wegen eines Formfehlers, der allein die Modalitäten ihres endgültigen Erlasses betraf, nicht zu neuen Verfahrensschritten verpflichtet war. 135    Somit kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie der Klägerin nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 nicht Gelegenheit gab, ihre Argumente erneut vorzutragen. 136    Folglich ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verletzung der Verpflichtung zu neuen Verfahrensschritten –       Vorbringen der Parteien 137    Die Klägerin trägt vor, die Kommission hätte vor Erlass der angefochtenen Entscheidung neue Verfahrensschritte vornehmen müssen. 138    Erstens hätte die Kommission eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie richten müssen. Die Behauptungen in der 1990 mitgeteilten Mitteilung der Beschwerdepunkte seien im Rahmen der Anschuldigung erhoben worden, „‚die Trennung der Märkte‘ zwischen dem Vereinigten Königreich und dem westeuropäischen Kontinent sowie der Grundsatz des ‚nationalen Marktes‘ [seien] die Folge einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise zwischen Solvay und [der Klägerin]“. Die Entscheidung der Kommission über dieses Kartell sei jedoch vom Gericht für nichtig erklärt worden, und es habe insoweit keine weiteren Verfolgungsmaßnahmen gegeben. Die Klägerin habe also ein Recht darauf gehabt, vor Erlass der angefochtenen Entscheidung eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erhalten, in der die Behauptung einer Abstimmung nicht wiederholt werde. In dieser Mitteilung hätte die Kommission ihre Beschwerdepunkte außerdem im Licht der Entwicklung des Rechts zwischen 1990 und 2000 darlegen müssen, insbesondere was die Definition des relevanten Marktes angehe. 139    Zweitens hätte die Kommission sie erneut anhören und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Das Gericht habe in seinem Urteil PVC II (oben in Randnr. 25 angeführt) nicht darauf abstellen dürfen, dass keine neue Rüge erhoben worden sei. Die Unternehmen müssten sich nämlich zu allen gegen sie erhobenen Rügen insbesondere im Licht neuer für ihre Verteidigung relevanter Fragen äußern können. 140    Das Anhörungsrecht betreffe nicht nur die Tatsachen, sondern auch die rechtlichen Gesichtspunkte, wie das Gericht in den Urteilen ICI I (oben in Randnr. 17 angeführt) und PVC II (oben in Randnr. 25 angeführt) anerkannt habe. Im Übrigen habe der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 3. Oktober 1991, Italien/Kommission (C‑261/89, Slg. 1991, I‑4437), und vom 4. Februar 1992, British Aerospace und Rover/Kommission (C‑294/90, Slg. 1992, I‑493), anerkannt, dass vor Erlass einer zweiten Entscheidung, die mit der ersten im Wesentlichen übereinstimme, das Anhörungsrecht anzuwenden sei. Im vorliegenden Fall werde die Prüfung der Rügen durch mehrere Gesichtspunkte beeinflusst: ihr Ausscheiden im Jahr 1991 aus dem relevanten Markt, die Nichtigerklärung der Entscheidung 91/297 sowie die Ergebnisse der Antidumping-Entscheidungen der 90er Jahre. 141    Insbesondere ergebe sich das Recht auf erneute Anhörung aus den Verfahrensregeln des Gerichts. Werde eine Rechtssache vom Gerichtshof an das Gericht zurückverwiesen, seien die Beteiligten nämlich nach Art. 119 § 1 der Verfahrensordnung zur Einreichung von Schriftsätzen berechtigt, obwohl das schriftliche Verfahren eigentlich als abgeschlossen gelte. Ebenso bestimme Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, dass der Erlass einer neuen Entscheidung nach einer früheren endgültigen Entscheidung die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des betreffenden Staates voraussetze. 142    Für die Klägerin folgt daraus, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es festgestellt habe, dass ihre Verteidigungsrechte durch die ihr im Verwaltungsverfahren gegebene Möglichkeit zur Äußerung angemessen geschützt worden seien. 143    Drittens weist die Klägerin auf die wesentliche Rolle des Anhörungsbeauftragten hin, der sicherstelle, dass die betroffenen Beteiligten vor Erlass einer Entscheidung ihre Verteidigungsrechte hätten wahrnehmen können und dass die von ihnen geltend gemachten wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände dem Generaldirektor für Wettbewerb, den Kommissionsmitgliedern und dem Beratenden Ausschuss mitgeteilt würden. Zudem hätte ihr, da ihre Verteidigungsrechte die Möglichkeit zur Äußerung vor Erlass der angefochtenen Entscheidung umfassten, auch das Recht zur Einschaltung des Anhörungsbeauftragten zugestanden werden müssen, das ihr vorenthalten worden sei. 144    Viertens hätte die Kommission aufgrund des Rechts der Klägerin auf erneute Anhörung vor Erlass der angefochtenen Entscheidung auch den Beratenden Ausschuss erneut anhören müssen. Das Gericht habe in seinem Urteil PVC II (oben in Randnr. 25 angeführt) zu Unrecht entschieden, dass die Anhörung des Beratenden Ausschusses nur in Situationen erforderlich sei, in denen die Unternehmen anzuhören seien. Zudem ergebe sich aus der Verordnung Nr. 17, dass für jede einzelne Entscheidung eine getrennte Anhörung erforderlich sei, unabhängig davon, ob die Unternehmen ebenfalls anzuhören seien und wie ähnlich die Entscheidungen seien. Folglich hätte die Kommission den Beratenden Ausschuss vor Erlass der angefochtenen Entscheidung selbst dann neu anhören müssen, wenn die angefochtene Entscheidung gegenüber der Entscheidung 91/300 nur Änderungen redaktioneller Art aufgewiesen hätte. Überdies habe sich die Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses zweifellos wesentlich geändert, und seine Stellungnahme wäre im Jahr 2000 nicht zwangsläufig wie im Jahr 1990 ausgefallen. 145    Fünftens trägt die Klägerin vor, bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung hätte das Kollegium der Kommissionsmitglieder Gelegenheit erhalten müssen, den gesamten Sachverhalt, die Umstände und die rechtlichen Gesichtspunkte, die zu diesem Zeitpunkt erheblich gewesen seien, zu prüfen. Dies sei jedoch dadurch verhindert worden, dass die Kommission weder die betroffenen Unternehmen noch den Beratenden Ausschuss neu angehört habe. In Kenntnis des gesamten Sachverhalts hätte das Kollegium der Kommissionsmitglieder möglicherweise anders entschieden. 146    Sechstens habe die Sprecherin der Kommission, deren Erklärungen in der Pressemitteilung der Agentur Reuters vom 12. Dezember 2000 wiedergegeben seien, angekündigt, dass die angefochtene Entscheidung in der Sitzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder vom 13. Dezember 2000 erlassen werde. Aus diesen Erklärungen gehe hervor, dass die angefochtene Entscheidung bereits vor der genannten Sitzung erlassen worden sei, was gegen die Geschäftsordnung der Kommission und den Grundsatz der Kollegialität verstoße. 147    Schließlich beantragt die Klägerin, die Vorlage der dem Kollegium der Kommissionsmitglieder unterbreiteten Akte und des Sitzungsprotokolls nebst sämtlichen beigefügten Unterlagen anzuordnen. 148    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 149    Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, sie hätte im Jahr 2000 eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten müssen, da den Ausführungen in der im Jahr 1990 an sie gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte die Annahme zugrunde gelegen habe, dass eine Trennung der Märkte vorliege, die die Folge einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise zwischen Solvay und ihr sei; diese Vereinbarung sei durch die Entscheidung 91/297 geahndet worden, die dann durch das Urteil ICI I (oben in Randnr. 17 angeführt) für nichtig erklärt worden sei. 150    Die Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 hat jedoch, wie aus Randnr. 126 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die Gültigkeit der vorausgegangenen Verfahrenshandlungen, insbesondere der Mitteilung der Beschwerdepunkte, nicht berührt. 151    Die Kommission musste daher nicht schon wegen dieser Nichtigerklärung eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin richten. 152    Zudem hatte die Kommission in der im Jahr 1990 an die Klägerin gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte mehrere Vorwürfe erhoben, und die Rügen in Bezug auf Art. 81 EG einerseits und Art. 82 EG andererseits waren selbständig und auf unterschiedliche Beweise gestützt. Folglich kann der Umstand, dass das Gericht die Entscheidung 91/297 wegen Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht für nichtig erklärt hat, nicht die Vorwürfe entkräften, dass die Klägerin ihre beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt missbraucht habe. 153    Zweitens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission hätte sie erneut anhören müssen, zu bemerken, dass die Kommission, wenn sie nach Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der Sanktionen gegen Unternehmen verhängt wurden, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen haben, wegen eines Verfahrensfehlers, der ausschließlich die Modalitäten ihrer endgültigen Annahme durch das Kollegium der Mitglieder der Kommission betrifft, eine neue Entscheidung mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und aufgrund der gleichen Beschwerdepunkte erlässt, nicht zu einer erneuten Anhörung der betroffenen Unternehmen verpflichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 246 bis 253, bestätigt durch Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 83 bis 111). 154    Auch Rechtsfragen, die sich im Rahmen der Anwendung von Art. 233 EG stellen können – wie die nach dem Zeitablauf, der Möglichkeit weiterer Verfolgungsmaßnahmen, einer mit der Wiederaufnahme des Verfahrens verbundenen Akteneinsicht, dem Tätigwerden des Anhörungsbeauftragten und des Beratenden Ausschusses sowie etwaigen Auswirkungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 17 –, machen keine erneuten Anhörungen erforderlich, da sie den Inhalt der Beschwerdepunkte nicht ändern, der allein gegebenenfalls Gegenstand einer späteren gerichtlichen Überprüfung sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 93). 155    Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Inhalt der Entscheidung 91/300 fast vollständig übernommen. Sie hat die angefochtene Entscheidung lediglich um einen Abschnitt ergänzt, der das Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof betrifft. 156    Die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung 91/300 haben folglich einen im Wesentlichen gleichen Inhalt und beruhen auf den gleichen Gründen. 157    Infolgedessen musste die Kommission gemäß der oben in den Randnrn. 153 und 154 angeführten Rechtsprechung vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung im vorliegenden Fall die Klägerin nicht erneut anhören. 158    Drittens ist zum Vorbringen der Klägerin, ihr hätte vor Erlass der angefochtenen Entscheidung ermöglicht werden müssen, den Anhörungsbeauftragten einzuschalten, darauf hinzuweisen, dass die Kommission gemäß einer „Mitteilung betreffend die Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Verträge (Artikel [81 EG] und [82 EG]; Artikel 65 [KS] und 66 [KS])“ (ABl. 1982, C 251, S. 2) das Amt des Anhörungsbeauftragten mit Wirkung vom 1. September 1982 geschaffen hat. 159    In der oben in Randnr. 158 genannten Mitteilung definierte die Kommission das Amt des Anhörungsbeauftragten wie folgt: „Der Anhörungsbeauftragte hat die Aufgabe, für einen geregelten Ablauf der Anhörung zu sorgen und dadurch zur Objektivität sowohl der Anhörung als auch der späteren Entscheidung beizutragen. Er wacht insbesondere darüber, dass alle für die Beurteilung des Falles erheblichen Umstände tatsächlicher Art, gleichgültig, ob sie für die Beteiligten günstig oder ungünstig sind, bei der Ausarbeitung von Entwürfen zu kartellrechtlichen Entscheidungen der Kommission in angemessener Weise berücksichtigt werden. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit achtet der Anhörungsbeauftragte darauf, dass die Rechte der Verteidigung gewahrt bleiben; er berücksichtigt dabei zugleich die Notwendigkeit, die Wettbewerbsregeln in Übereinstimmung mit den geltenden Vorschriften und den vom Gerichtshof entwickelten Rechtsgrundsätzen in wirksamer Weise anzuwenden.“ 160    Die Aufgaben des Anhörungsbeauftragten wurden später näher geregelt in einem Beschluss vom 24. November 1990, dessen Art. 2 den gleichen Wortlaut wie die ursprüngliche Definition hatte, und dann in dem Beschluss 94/810/EGKS, EG der Kommission vom 12. Dezember 1994 über das Mandat des Anhörungsbeauftragten in Wettbewerbsverfahren vor der Kommission (ABl. L 330, S. 67). Durch diesen Beschluss, der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung galt, wurden die beiden vorausgegangenen Beschlüsse ersetzt und widerrufen. Sein Art. 2 lautete ähnlich wie die ursprüngliche Definition. 161    Folglich ergibt sich aus dem Inhalt der Aufgabe des Anhörungsbeauftragten, der im Verfahren vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung tätig geworden war, dass sein Tätigwerden zwingend mit der Anhörung der Unternehmen im Hinblick auf eine etwaige Entscheidung verbunden war. 162    Unter diesen Umständen war, da es im vorliegenden Fall nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 keiner erneuten Anhörung bedurfte, auch ein erneutes Tätigwerden des Anhörungsbeauftragten unter den im zwischenzeitlich in Kraft getretenen Beschluss vom 24. November 1990 vorgesehenen Voraussetzungen nicht notwendig (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 127). 163    Was viertens das Vorbringen der Klägerin angeht, der Beratende Ausschuss hätte vor Erlass der angefochtenen Entscheidung angehört werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10 der Verordnung Nr. 17 in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung Folgendes vorsieht: „3.      Ein Beratender Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen ist vor jeder Entscheidung, die ein Verfahren nach Absatz (1) abschließt, sowie vor jeder Entscheidung über Erneuerung, Änderung oder Widerruf einer nach Artikel [81] Absatz (3) [EG] abgegebenen Erklärung anzuhören. … 5.      Die Anhörung erfolgt in einer gemeinsamen Sitzung, zu der die Kommission einlädt; diese Sitzung findet frühestens vierzehn Tage nach Absendung der Einladung statt. Der Einladung sind eine Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der wichtigsten Schriftstücke sowie ein vorläufiger Entscheidungsvorschlag für jeden zu behandelnden Fall beizufügen.“ 164    Außerdem bestimmt Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268): „Bevor die Kommission den Beratenden Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen anhört, nimmt sie eine Anhörung nach Artikel 19 Absatz (1) der Verordnung Nr. 17 vor.“ 165    Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63, dass die Anhörung der betroffenen Unternehmen und die des Beratenden Ausschusses in denselben Fällen erforderlich sind (Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, 2859, Randnr. 54, und Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 115). 166    Die Verordnung Nr. 99/63 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel [81 EG] und [82 EG] (ABl. L 354, S. 18) ersetzt, die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung in Kraft war und deren Art. 2 Abs. 1 einen dem von Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63 nahekommenden Wortlaut hat. 167    Nach der angefochtenen Entscheidung ist der Beratende Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen im vorliegenden Fall vor der Entscheidung 91/300 angehört worden. Die Klägerin beanstandet weder die Durchführung noch die Rechtmäßigkeit dieser Anhörung. 168    Da die angefochtene Entscheidung gegenüber der Entscheidung 91/300 keine wesentlichen Änderungen enthält, musste die Kommission die Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht erneut anhören und sie hatte auch keine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses durchzuführen (vgl. in diese Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 118). 169    Im Übrigen lautet Art. 10 Abs. 4 der Verordnung Nr. 17 in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung: „Der Beratende Ausschuss setzt sich aus für Kartell- und Monopolfragen zuständigen Beamten zusammen. Jeder Mitgliedstaat bestimmt als seinen Vertreter einen Beamten, der im Falle der Verhinderung durch einen anderen Beamten ersetzt werden kann.“ 170    Nach der Rechtsprechung lässt eine Änderung in der Zusammensetzung eines Organs die Kontinuität des Organs selbst unberührt, dessen endgültige oder vorbereitende Handlungen grundsätzlich alle ihre Wirkungen beibehalten (Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 36). 171    Außerdem gibt es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der die Kontinuität der Zusammensetzung des Verwaltungsorgans gebietet, das mit einer Sache befasst ist, die zur Verhängung einer Geldbuße führen kann (Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 322 und 323). 172    Was fünftens das Vorbringen der Klägerin betrifft, das Kollegium der Kommissionsmitglieder hätte bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung Gelegenheit erhalten müssen, den gesamten Sachverhalt, die Umstände und die rechtlichen Gesichtspunkte, die zu diesem Zeitpunkt erheblich gewesen seien, zu prüfen, ist daran zu erinnern, dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen hat, indem sie nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 keine neue Anhörung der betroffenen Unternehmen durchführte, bevor sie die angefochtene Entscheidung erließ. 173    Überdies musste im vorliegenden Fall, wie oben in den Randnrn. 162 und 167 ausgeführt, der Anhörungsbeauftragte nicht erneut eingeschaltet und der Beratende Ausschuss nicht erneut angehört werden. 174    Unter diesen Umständen brauchten die dem Kollegium der Kommissionsmitglieder vorgelegten Akten entgegen dem Vorbringen der Klägerin insbesondere weder einen neuen Bericht des Anhörungsbeauftragten noch eine neue Niederschrift über die Anhörung des Beratenden Ausschusses zu enthalten. Folglich ist die Klägerin bei ihrem Vorbringen zur Zusammensetzung der Akten von einer falschen Prämisse ausgegangen, so dass dieses Vorbringen nicht begründet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnrn. 130 bis 133). 175    Sechstens ist zum Vorbringen der Klägerin, die angefochtene Entscheidung sei vor der Sitzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder erlassen worden, darauf hinzuweisen, dass das Kollegialprinzip nach ständiger Rechtsprechung auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung beruht und insbesondere bedeutet, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden und dass alle Mitglieder des Kollegiums für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich sind (Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Kommission/Deutschland, C‑191/95, Slg.1998, I‑5449, Randnr. 39, und vom 13. Dezember 2001, Kommission/Frankreich, C‑1/00, Slg. 2001, I‑9989, Randnr. 79) 176    Die Beachtung des Kollegialprinzips und insbesondere das Erfordernis, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden, ist für die von den Rechtswirkungen dieser Entscheidungen betroffenen Rechtssubjekte zwangsläufig insoweit von Interesse, als sie die Gewähr dafür haben müssen, dass die Entscheidungen tatsächlich vom Kollegium getroffen sind und dessen Willen genau entsprechen. Dies gilt insbesondere für die ausdrücklich als Entscheidungen gekennzeichneten Rechtsakte, die die Kommission gegenüber Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen im Interesse der Einhaltung der Wettbewerbsregeln erlässt und mit denen eine Zuwiderhandlung gegen diese Regeln festgestellt, Anordnungen gegenüber diesen Unternehmen erlassen und ihnen finanzielle Sanktionen auferlegt werden können (Urteil Kommission/BASF u. a., oben in Randnr. 64 angeführt, Randnrn. 64 und 65). 177    Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin darauf, dass laut einer Pressemitteilung der Agentur Reuters vom 12. Dezember 2000 die Sprecherin der Kommission angekündigt habe, die Kommission werde am 13. Dezember 2000 dieselbe Entscheidung erneut erlassen. 178    Selbst wenn die Sprecherin der Kommission die Äußerungen gemacht haben sollte, auf die sich die Klägerin bezieht, kann die bloße Tatsache, dass eine Pressemitteilung einer privaten Gesellschaft eine Erklärung erwähnt, die keinerlei offiziellen Charakter hat, nicht genügen, um davon auszugehen, dass die Kommission gegen das Kollegialprinzip verstoßen hat. Das Kollegium der Mitglieder der Kommission war in keiner Weise durch diese Erklärung gebunden und hätte also in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2000 nach einer gemeinsamen Beratung auch beschließen können, die angefochtene Entscheidung nicht zu erlassen. 179    Infolgedessen besteht kein Anlass, der Kommission die Vorlage sämtlicher interner Schriftstücke in Bezug auf den Erlass der angefochtenen Entscheidung aufzugeben, insbesondere des Protokolls der Sitzung des Kommissionskollegiums mit sämtlichen beigefügten Schriftstücken, sowie sämtlicher Schriftstücke, die dem Kommissionskollegium bei dieser Gelegenheit vorgelegt wurden. 180    Nach alledem ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen Zum vierten Teil: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht –       Vorbringen der Parteien 181    Die Klägerin macht geltend, sie habe nach Erhalt der angefochtenen Entscheidung Anfang des Jahres 2001 Akteneinsicht beantragt, was die Kommission abgelehnt habe. Die Akteneinsicht sei ihr auch 1990 verweigert worden. 182    Die Kommission hätte ihr Akteneinsicht gewähren müssen, obwohl die angefochtene Entscheidung bereits erlassen gewesen sei, und dies aus mehreren Gründen: Erstens habe die Kommission ihr eine weitere Möglichkeit, Akteneinsicht zu beantragen, genommen, indem sie die angefochtene Entscheidung erlassen habe, ohne das Verwaltungsverfahren wieder zu eröffnen und ohne ihr ihre Absicht mitzuteilen. Zweitens hätte die Kommission, die die Akteneinsicht 1990 verweigert habe, diesen Fehler beim Erlass der angefochtenen Entscheidung korrigieren können. Drittens seien durch die Mitteilung der Kommission über interne Verfahrensvorschriften für die Behandlung von Anträgen auf Akteneinsicht in Fällen einer Anwendung der Art. [81 EG] und [82 EG], der Art. 65 [CA] und 66 [CA] und der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (ABl. 1997, C 23, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Akteneinsicht) unternehmensfreundlichere Regeln über die Akteneinsicht eingeführt worden. Die Klägerin meint daher, diese neuen Regeln hätten auf sie wie auf jeden anderen Adressaten einer im Jahr 2000 erlassenen Entscheidung Anwendung finden müssen. 183    Ihre Argumente zur Akteneinsicht seien zwar im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) zurückgewiesen worden. Dies hindere das Gericht jedoch nicht daran, in der vorliegenden Rechtssache zu einer für sie günstigen Beurteilung zu gelangen. 184    Die Akte enthalte sicherlich Korrespondenz und Unterlagen ihrer Abnehmer im Vereinigten Königreich, insbesondere von Glasherstellern, ihren Wettbewerbern im Vereinigten Königreich und von amerikanischen Importeuren. Die schriftlichen Antworten und die Unterlagen von Glasherstellern und Abnehmern im Vereinigten Königreich hätten für ihre Verteidigung gegen Behauptungen bezüglich einer beherrschenden Stellung und deren missbräuchliche Ausnutzung hilfreich sein können. Ebenso wären Auskünfte ihrer Wettbewerber für sie in Bezug auf verschiedene Punkte der angefochtenen Entscheidung aufschlussreich gewesen. Unterlagen von Herstellern des westeuropäischen Kontinents hätten ihr möglicherweise bei der Analyse des relevanten Marktes und insbesondere bei der Frage der spürbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten genützt. Das Gericht habe folglich im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) einen Fehler begangen, indem es festgestellt habe, dass ihre Verteidigungsrechte nicht verletzt worden seien. 185    Sie sei berechtigt, die Frage der Akteneinsicht erneut aufzuwerfen. Zum einen habe das Gericht, als es im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) die Frage der Akteneinsicht geprüft habe, das von der Kommission eingereichte Verzeichnis zugrunde gelegt. In diesem Verzeichnis seien jedoch nicht alle in der Akte enthaltenen Unterlagen genannt gewesen. Zum anderen habe sie nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 keine Veranlassung gehabt, Zeit und Geld für ein Anschlussrechtsmittel hinsichtlich der Frage der Akteneinsicht aufzuwenden, zumal sie es als wahrscheinlich angesehen habe, dass das Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) im Rechtsmittelverfahren bestätigt werden würde. Die Klägerin trägt vor, sie hätte, „hätte die Kommission obsiegt, … nach erneuter Verhandlung zur Sache vor dem Gericht … hinsichtlich der Frage der Akteneinsicht Rechtsmittel einlegen können“. 186    In der Erwiderung fügt die Klägerin hinzu, die Frage der Akteneinsicht sei nicht rechtskräftig entschieden. Diese Frage sei nicht tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand des Urteils ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) gewesen. Auch wenn sie die Möglichkeit gehabt habe, zu dieser Frage ein Anschlussrechtsmittel einzulegen, könne ihr nicht vorgeworfen werden, dies nicht getan zu haben, da dieses Anschlussrechtsmittel angesichts des Urteils Kommission/BASF u. a. (oben in Randnr. 64 angeführt) nicht erforderlich gewesen sei. Weiter trägt die Klägerin unter Berufung auf die Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 1994, Slg. 1994, I‑833) vor, es habe nicht außer Zweifel gestanden bzw. sei nicht offensichtlich gewesen, dass ein Anschlussrechtsmittel notwendig oder von irgendwelchem Nutzen gewesen wäre. Sollte der Auffassung der Kommission zur Frage der Rechtskraft gefolgt werden, würde dadurch zur Einreichung zahlreicher Anschlussrechtsmittel angehalten und die Arbeitslast des Gerichtshofs unnötig erhöht. 187    Im Übrigen sei die Würdigung des Gerichts im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) in Bezug auf die Akteneinsicht fehlerhaft. Es bedürfe lediglich des Nachweises, dass nicht übermittelte Schriftstücke eine Bedeutung hätten haben können, die nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen, wie das Gericht im Urteil ICI I (oben in Randnr. 17 angeführt) festgestellt habe. Zudem sei es angesichts der Rechtsentwicklung ganz und gar nicht offensichtlich, dass das Gericht, wenn es heute über die im Urteil ICI II gewürdigte Frage der Akteneinsicht zu befinden hätte, zu demselben Ergebnis wie in diesem Urteil gelangen würde. Die Klägerin verweist insoweit u. a. auf die Mitteilung über Aktensicht. 188    Außerdem macht die Klägerin geltend, sie habe nach dem Beweisbeschluss des Gerichts, mit dem ihr Akteneinsicht verschafft worden sei, feststellen können, dass die Dokumentenverwaltung der Kommission folgenschwere Unzulänglichkeiten aufweise. 189    Erstens könne es nicht sein, dass die Kommission die Entscheidung nach einer umfassenden und redlichen Prüfung der ihr zur Verfügung stehenden Beweise erlassen habe. 190    Zweitens seien der Kommission mindestens fünf Teilakten abhanden gekommen. Eineinhalb Teilakten müssten die gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 zwischen ihr und der Kommission geführte Korrespondenz enthalten haben und dreieinhalb Teilakten die zwischen ihren Abnehmern und Wettbewerbern im Vereinigten Königreich und der Kommission geführte Korrespondenz. Der Verlust dieser Akten habe eine sehr schwere Beeinträchtigung ihrer Verteidigung vor dem Gericht zur Folge gehabt. Wären ihr Informationen aus unabhängiger Quelle, die von ihren Abnehmern im Vereinigten Königreich stammten, zugänglich gewesen, hätte sie über zusätzliche Beweise für ihre Auffassung verfügt, so dass die Kommission wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre insbesondere in den Fragen des Vorliegens einer beherrschenden Stellung, der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, der Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und der Geldbuße. 191    Drittens hätten bestimmte vorhandene Schriftstücke, in die sie Einsicht genommen habe, es ihr ebenfalls ermöglicht, ihre Auffassung zu untermauern und mehrere Ergebnisse, zu denen die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gelangt sei, in Zweifel zu ziehen. 192    Die Kommission entgegnet, dass „über das Recht auf Akteneinsicht … rechtskräftig gegen [die Klägerin] entschieden“ sei. Ein nach Erlass einer Entscheidung gestellter Antrag auf Akteneinsicht sei stets gegenstandslos. 193    Zum Vortrag der Klägerin nach dem Beweisbeschluss des Gerichts führt die Kommission aus, aufgrund dieser Maßnahme habe bestätigt werden können, dass die Ausführungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren und in ihren Verfahrenshandlungen zu den Verletzungen der Verteidigungsrechte jeder Grundlage entbehrten. Nach Einsichtnahme in eine Akte mit nahezu 25 000 Schriftstücken habe die Klägerin nur 60 Schriftstücke gefunden, die ihre Argumentation stützten. Keines von diesen habe für sie jedoch auch nur den geringsten Nutzen gehabt. 194    Zu dem nach dem Beweisbeschluss des Gerichts festgestellten Verlust von Teilakten meint die Kommission, dieser wirke sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung aus und die Tatsache, dass 5 von 71 Teilakten fehlten, dürfe in ihrer Bedeutung nicht überbewertet werden. Die Klägerin führe keinen Grund für die Annahme an, dass diese Teilakten Beweise zu ihren Gunsten enthielten, die ihr nicht gezeigt worden seien, ihr aber geholfen hätten, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Behauptungen zu widerlegen. Selbst wenn die verloren gegangenen Teilakten, wie die Klägerin ausführe, Korrespondenz mit ihren Abnehmern und Wettbewerbern enthielten, wäre dies für die Klägerin nicht nützlich gewesen, da es sich in diesem Fall nur um Unterlagen handeln könne, die entweder unerheblich und daher nicht verwendet worden seien oder die vielleicht sogar denen ähnelten, in die sie Einsicht genommen habe, die aber für ihr Vorbringen irrelevant gewesen seien. 195    Was die von der Klägerin gerügte inkohärente Nummerierung und schlechte Dokumentenverwaltung angeht, trägt die Kommission vor, das Kriterium dafür, ob die Verteidigungsrechte gewahrt worden seien, sei, ob eine Partei das Dokument eingesehen habe und, wenn dies nicht der Fall sei, ob ihr das Dokument eine Argumentation ermöglicht hätte, auf die sie sich seinerzeit nicht habe stützen können. Dies hänge ausschließlich von der Einsichtnahme in das Dokument ab und nicht davon, in welcher Akte die Kommission es abgelegt habe, und auch nicht davon, wie die Kommission ihre Akten nummeriert habe. –       Würdigung durch das Gericht 196    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die Bedeutung anerkannt hat, die der Grundsatz der Rechtskraft sowohl in der Gemeinschaftsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen hat. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nämlich nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (Urteile des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, Slg. 2003, I‑10239, Randnr. 38, und vom 16. März 2006, Kapferer, C‑234/04, Slg. 2006, I‑2585, Randnr. 20). 197    Nach ständiger Rechtsprechung steht die Rechtskraft eines Urteils der Zulässigkeit einer Klage entgegen, wenn die Klage, die zu dem fraglichen Urteil geführt hat, dieselben Parteien und denselben Gegenstand betraf und auf denselben Grund gestützt war (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 19. September 1985, Hoogovens Groep/Kommission, 172/83 und 226/83, Slg. 1985, 2831, Randnr. 9, und vom 22. September 1988, Frankreich/Parlament, 358/85 und 51/86, Slg. 1988, 4821, Randnr. 12; Urteil des Gerichts vom 8. März 1990, Maindiaux u. a./WSA, T‑28/89, Slg. 1990, II‑59, Randnr. 23), wobei diese Voraussetzungen nebeneinander vorliegen müssen (Urteil des Gerichts vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T‑162/94, Slg. 1996, II‑427, Randnr. 37). 198    Die Rechtskraft erstreckt sich lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren (Urteil des Gerichtshofs vom 19. Februar 1991, Italien/Kommission, C‑281/89, Slg. 1991, I‑347, Randnr. 14, und Beschluss des Gerichtshofs vom 28. November 1996, Lenz/Kommission, C‑277/95 P, Slg. 1996, I‑6109, Randnr. 50). 199    Im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) hat das Gericht das Angriffsmittel einer Verletzung der Verteidigungsrechte geprüft, die sich aus der Weigerung der Kommission ergebe, der Klägerin Akteneinsicht zu gewähren. 200    Um über den Erfolg dieses Angriffsmittels entscheiden zu können, hat das Gericht im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) kurz die Sachrügen geprüft, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung 91/300 geltend gemacht hatte. 201    Die erste Rüge in der Rechtssache ICI II (Urteil oben in Randnr. 16 angeführt) betraf die Nichtoffenlegung eventuell entlastender Schriftstücke gegenüber der Klägerin. Zunächst hat das Gericht bezüglich des Vorbringens, die Weigerung der Kommission, Einsicht in die Akten der Hersteller zu gewähren, habe ihre Verteidigung beeinträchtigen können, entschieden, dass die Feststellungen in der Entscheidung 91/300 zur beherrschenden Stellung, zum Missbrauch der beherrschenden Stellung und zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten durch die nicht übermittelten Schriftstücke nicht in Frage gestellt werden konnten. Sodann hat das Gericht bezüglich der verweigerten Akteneinsicht in die Ordner mit den von der Klägerin selbst verfassten Schriftstücken befunden, dass sie sich auf diese aus ihrer eigenen Einflusssphäre stammenden Schriftstücke berufen konnte. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission es unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht abgelehnt hatte, der Klägerin Einsicht in diese Akten zu gewähren und ihr ein Verzeichnis der darin enthaltenen Schriftstücke zu übermitteln. 202    Die zweite Rüge des Angriffsmittels in der Rechtssache ICI II (Urteil oben in Randnr. 16 angeführt) betraf die Nichtoffenlegung bestimmter belastender Schriftstücke gegenüber der Klägerin. Das Gericht hat in Bezug auf die Feststellungen der Kommission hinsichtlich des Sonderrabatts, den ein Unternehmen im Vereinigten Königreich angeboten habe, entschieden, dass diese Vorgehensweise mit dem Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs kaum zu vereinbaren war, dass jedoch dieser Fehler im vorliegenden Fall die Klägerin bei der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte nicht behinderte. Das übrige Vorbringen der Klägerin gehörte zur Begründetheit und hatte mit dem Angriffsmittel der Verletzung der Verteidigungsrechte nichts zu tun. 203    Folglich hat das Gericht das Angriffsmittel einer Verletzung der Verteidigungsrechte insgesamt zurückgewiesen. 204    Anschließend hat das Gericht das Angriffsmittel einer nicht ordnungsgemäßen Feststellung der Entscheidung 91/300 geprüft und diese für nichtig erklärt. 205    Mit Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Urteil Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) ist das Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) eine unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidung. 206    Nach der oben in Randnr. 197 angeführten Rechtsprechung ist somit zur Feststellung, ob die Frage der Akteneinsicht rechtskräftig entschieden ist, zu prüfen, ob die Klage, die zum Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) geführt hat, und die vorliegende Klage dieselben Parteien und denselben Gegenstand betreffen und auf denselben Grund gestützt sind. 207    Die Voraussetzung, dass die beiden Klagen dieselben Parteien betreffen müssen, ist im vorliegenden Fall erfüllt. Wie bei der Klage, die zum Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) geführt hat, stehen sich nämlich in der vorliegenden Klage die Klägerin und die Kommission gegenüber. Zu den Voraussetzungen der Identität des Gegenstands und des Grundes ist zunächst festzustellen, dass die Kommission formell zwei Entscheidungen erlassen hat, nämlich die Entscheidung 91/300 und die angefochtene Entscheidung. Aus den vorstehenden Ausführungen (siehe u. a. die vorstehenden Randnrn. 24, 111, 112 und 156) ergibt sich jedoch zum einen, dass der Inhalt der angefochtenen Entscheidung abgesehen von einem neuen Abschnitt („Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und dem Gerichtshof“) mit dem der Entscheidung 91/300 übereinstimmt, und zum anderen, dass die angefochtene Entscheidung auf den gleichen Gründen beruht wie die Entscheidung 91/300. Die Kommission konnte nämlich die angefochtene Entscheidung mit dem gleichen Wortlaut wie die Entscheidung 91/300 erlassen, ohne nach deren Nichtigerklärung neue Verfahrensschritte vornehmen zu müssen, weil der Formfehler nur die Modalitäten des endgültigen Erlasses dieser Entscheidung betraf und die Nichtigerklärung nicht die Gültigkeit der Vorbereitungsmaßnahmen dieser Entscheidung berührte. 208    Da die Kommission zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine Ermittlungshandlung vorgenommen hat, der Inhalt der angefochtenen Entscheidung abgesehen von der Passage betreffend das Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof mit dem der Entscheidung 91/300 übereinstimmt und die Klägerin erneut Akteneinsicht beantragt, ist festzustellen, dass der Rechtsstreit denselben Gegenstand betrifft und auf denselben Grund gestützt ist. 209    Da die Voraussetzungen der Identität der Parteien, des Gegenstands und des Grundes im vorliegenden Fall entsprechend der in Randnr. 197 angeführten Rechtsprechung kumulativ vorliegen, ist die Rechtsfrage der Akteneinsicht in der Sache COMP/33.133 – D: Natriumkarbonat – ICI tatsächlich Gegenstand der richterlichen Entscheidung gewesen und daher rechtskräftig entschieden. 210    Die Rechtskraft steht einer erneuten Befassung des Gerichts mit dieser Rechtsfrage und deren erneuter Prüfung durch dieses entgegen. 211    Nach alledem ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes als unzulässig zurückzuweisen. 212    Vorsorglich ist jedoch für den Fall, dass die Rechtsfrage der Akteneinsicht nicht rechtskräftig entschieden worden sein sollte, festzustellen, dass die von der Klägerin am 13. Oktober 2005 im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme abgegebene Stellungnahme nicht geeignet ist, die Feststellungen des Gerichts im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) zu erschüttern. 213    Zum Vorbringen der Klägerin, bestimmte Schriftstücke hätten es ihr ermöglicht, ihre Auffassung zu untermauern und mehrere Ergebnisse, zu denen die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gelangt sei, in Zweifel zu ziehen, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass das Unterbleiben der Offenlegung dieser Dokumente und Informationen den Ablauf des Verwaltungsverfahrens und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu ihren Ungunsten beeinflussen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 146 und die dort angeführte Rechtsprechung). 214    Die Klägerin hat nämlich nicht dargetan, dass sie, wenn sie sich im Verwaltungsverfahren auf die Aktenschriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer etwaigen Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf Schwere und Dauer des dem Unternehmen zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können. 215    Hinsichtlich des Vorliegens einer beherrschenden Stellung trägt die Klägerin vor, sie hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren bestimmte Schriftstücke zugänglich gewesen wären, von denen sie im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme Kenntnis erlangt habe, die Behauptung der Kommission widerlegen können, dass sie auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innegehabt habe. Insbesondere hätte sie sich auf die Unterlagen von Solvay, von deutschen Herstellern und von ihren Abnehmern im Vereinigten Königreich stützen können, um die Bedeutung von Substituten wie Ätznatron, Bruchglas oder Dolomit zu belegen und den Wettbewerbsdruck durch die Einfuhren aus den USA zu verdeutlichen. 216    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich die Kommission zum Nachweis, dass die Klägerin auf dem betroffenen Markt eine beherrschende Stellung einnahm, im Wesentlichen auf den angestammten Marktanteil der Klägerin von 90 % stützte. Es spricht nichts für die Annahme, dass die Klägerin in den fehlenden „Teilakten“ Schriftstücke hätte finden können, die die Feststellung entkräftet hätten, sie habe auf dem Natriumkarbonatmarkt eine beherrschende Stellung innegehabt (vgl. in diesem Sinne Urteil ICI II, oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 61). Zudem liefern nach der Rechtsprechung besonders hohe Marktanteile, soweit keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr.41, und Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2003, Van den Bergh Foods/Kommission, T‑65/98, Slg. 2003. II‑4653, Randnr. 154). Die Klägerin führt jedoch keine Tatsachen an, die solche außergewöhnlichen Umstände darstellen könnten. Und selbst wenn solche Tatsachen vorgelegen und in den Unterlagen der fehlenden „Teilakten“ erwähnt gewesen wären, hätte die Klägerin sie unter den Umständen des vorliegenden Falles kennen müssen, so dass ihre Verteidigungsrechte insoweit nicht beeinträchtigt waren. 217    Sodann ist zum Vorbringen zu den Substituten festzustellen, dass die Kommission zu keiner Zeit bestritten hat, dass Natriumkarbonat durch Ätznatron und Bruchglas in gewissem Umfang substituierbar ist, wie aus den Erwägungsgründen 129 bis 134 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht. Sie war jedoch der Ansicht, dass diese begrenzte Substituierbarkeit die beherrschende Stellung der Klägerin auf dem fraglichen Markt nicht ausschloss. Zudem war die Klägerin, da sie im Zeitpunkt des Sachverhalts der einzige Hersteller von Natriumkarbonat im Vereinigten Königreich war, am ehesten in der Lage, die Situation auf dem fraglichen Markt zu kennen und der Kommission die notwendigen Gesichtspunkte für die Beurteilung der Frage der Substituierbarkeit von Natriumkarbonat durch Ätznatron oder Bruchglas zu liefern. Die Klägerin benötigte somit entgegen ihrem Vorbringen weder Unterlagen der Hersteller auf dem Kontinent, die andere Märkte betrafen, noch Unterlagen ihrer Abnehmer im Vereinigten Königreich, um den Beweis dafür antreten zu können, dass sie wegen der Teilsubstituierbarkeit von Natriumkarbonat durch Ätznatron oder Bruchglas keine dominante Stellung auf dem fraglichen Markt innegehabt habe. Zur Substituierbarkeit von Natriumkarbonat durch Dolomit ist festzustellen, dass sich die Klägerin auf eine Unterlage eines Wettbewerbers über einen Besuch im eigenen Werk bezieht. Die Klägerin musste also wissen, dass es eine solche Unterlage gab, oder zumindest die Informationen kennen, die sie enthalten konnte. Jedenfalls tut die Klägerin nicht dar, dass Informationen über die Substituierbarkeit durch Dolomit die Beurteilungen der Kommission hinsichtlich ihrer beherrschenden Stellung auf dem fraglichen Markt hätten beeinflussen können. 218    Schließlich ist in Bezug auf das Vorbringen, von ihren Abnehmern im Vereinigten Königreich oder von Herstellern auf dem Kontinent stammende Unterlagen verdeutlichten den Wettbewerbsdruck von amerikanischen Herstellern auf den fraglichen Markt, festzustellen, dass die Kommission den Einfluss der amerikanischen Wettbewerber in der angefochtenen Entscheidung eingehend untersucht und diese Einfuhren dabei berücksichtigt und darlegt, dass die amerikanische Konkurrenz durch Antidumpingmaßnahmen gedämpft gewesen sei (Erwägungsgründe 51 bis 54 und 128). Jedenfalls muss die Klägerin, da sie im Zeitpunkt des Sachverhalts der einzige Sodahersteller im Vereinigten Königreich war, den relevanten Markt und die Auswirkungen der Einfuhren aus den Vereinigten Staaten auf diesen Markt gekannt haben, um sich im Verwaltungsverfahren zu verteidigen. 219    Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 nichts vorträgt, was der Feststellung dienen könnte, dass das Unterbleiben der Offenlegung der eingesehenen Schriftstücke und der nach ihrem Vortrag in den fehlenden „Teilakten“ enthaltenen Schriftstücke im Verwaltungsverfahren dessen Ablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf das Vorliegen ihrer beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt zu ihren Ungunsten beeinflussen konnte. 220    Zur missbräuchlichen Ausnutzung der beherrschenden Stellung trägt die Klägerin vor, sie hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren bestimmte Schriftstücke, von denen sie im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme Kenntnis erlangt habe, sowie die von Abnehmern und Wettbewerbern im Vereinigten Königreich stammenden, nach ihrem Vortrag in den fehlenden „Teilakten“ enthaltenen Informationen aus unabhängiger Quelle zugänglich gewesen wären, nachweisen können, dass ihre Rabatte nicht ihrem Wesen nach dazu bestimmt gewesen seien, Wettbewerber vom Markt auszuschließen, und in erster Linie eine rechtmäßige Form des Wettbewerbs darstellten. Mehrere Schriftstücke verdeutlichten, dass die Gewährung von Rabatten bei den Herstellern auf dem Kontinent übliche Praxis gewesen sei, was ein erheblicher Gesichtspunkt gewesen wäre, um zu zeigen, dass ihre Rabatte mit den in der Industrie anerkannten Praktiken völlig vereinbar gewesen seien. Zudem wären Schriftstücke, die u. a. von Akzo stammten und sich auf die Strategie der alternativen Versorgungsquelle bzw. des Zweitlieferanten bezögen, ihr bei der Untersuchung der Frage nützlich gewesen, ob diese Rabatte, wie von der Kommission behauptet, zu einem Ausschluss von Wettbewerbern geführt hätten. 221    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass das Argument der Klägerin, Rabatte für Spitzenmengen seien übliche Praxis, nicht geeignet ist, darzutun, dass solche Rabatte, wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung gewährt werden, mit Art. 82 EG im Einklang stehen. Die Einsichtnahme in Unterlagen, die eine solche Praxis beschreiben, wäre für die Klägerin somit nicht von Nutzen gewesen. 222    Sodann ergibt sich der treuefördernde Charakter des von der Klägerin eingeführten Rabattsystems aus unmittelbaren schriftlichen Beweisen. Im Abschnitt „Sachverhalt“ der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission in den Erwägungsgründen 61 bis 82 zahlreiche Dokumente über Rabatte für Spitzenmengen an, aus denen hervorgeht, dass sie keine Zugewinne an Effizienz und Größenvorteile widerspiegeln und dass sie, anders als ein Mengenrabatt, der allein an die Einkaufsmenge geknüpft ist, die Wettbewerber vom Markt ausschließen sollten. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem sich die Kommission für den Nachweis der verschiedenen Zuwiderhandlungen in der angefochtenen Entscheidung allein auf unmittelbare schriftliche Beweise gestützt hat, obliegt es der Klägerin, darzutun, inwiefern andere Beweise den treuefördernden Charakter des eingeführten Rabattsystems hätten in Frage stellen können, oder zumindest, inwiefern die unmittelbaren schriftlichen Beweise, denen nicht entgegengetreten wurde, in einem anderen Licht hätten gesehen werden können. 223    Was schließlich die Strategie des Zweitlieferanten angeht, so war diese der Kommission bekannt, und sie hat sie nie in Abrede gestellt, wie aus dem 23. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht. Selbst wenn die Klägerin die diese Strategie beschreibenden Schriftstücke eingesehen hätte, hätte dies folglich an den Schlussfolgerungen der Kommission hinsichtlich der missbräuchlichen Ausnutzung der beherrschenden Stellung nichts geändert. 224    Daher ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 nichts vorträgt, was der Feststellung dienen könnte, dass das Unterbleiben der Offenlegung der eingesehenen Schriftstücke und der nach ihrem Vortrag in den fehlenden „Teilakten“ enthaltenen Schriftstücke im Verwaltungsverfahren dessen Ablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die missbräuchliche Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt zu ihren Ungunsten beeinflussen konnte. 225    Zu den Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten trägt die Klägerin vor, sie hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren bestimmte Schriftstücke, von denen sie im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme Kenntnis erlangt habe, sowie die von Abnehmern und Wettbewerbern im Vereinigten Königreich stammenden Informationen aus unabhängiger Quelle zugänglich gewesen wären, die Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten widerlegen können. Mehrere Schriftstücke hätten es ihr ermöglicht, ihre Auffassung zu untermauern, dass die Trennung der nationalen Märkte nicht auf ihr angeblich auf Ausschluss der Wettbewerber gerichtetes Verhalten zurückzuführen sei, sondern auf Faktoren wie hohe Transportkosten, Wechselkursschwankungen und einseitige Entscheidungen von Herstellern, bestimmte Märkte nicht zu beliefern, um Vergeltungslieferungen zu vermeiden. 226    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission ihre Beurteilung der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten u. a. auf Schriftstücke gestützt hat, die von der Klägerin selbst stammen, insbesondere auf ein im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführtes Strategie-Papier vom 28. Juni 1985, aus dem hervorgeht, dass sie sämtliche Importe von schwerer Soda nach dem Vereinigten Königreich zu verhindern oder zu verdrängen suchte, mit Ausnahme der Lieferungen von General Chemical (Erwägungsgründe 66 bis 70 der angefochtenen Entscheidung). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem sich die Kommission für den Nachweis der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung allein auf unmittelbare schriftliche Beweise gestützt hat, obliegt es der Klägerin, darzutun, inwiefern andere Beweise die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten hätten in Frage stellen können oder zumindest inwiefern die unmittelbaren schriftlichen Beweise, denen nicht entgegengetreten wurde, in einem anderen Licht hätten gesehen werden können. 227    In Bezug auf die Trennung der nationalen Märkte war die Klägerin zudem aufgrund ihrer eigenen Erfahrung auf dem Markt in der Lage, im Verwaltungsverfahren Argumente betreffend hohe Transportkosten, Wechselkursschwankungen und Vergeltungslieferungen vorzutragen, ohne auf Dokumente anderer Hersteller zurückgreifen zu müssen. 228    Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 nichts vorträgt, was der Feststellung dienen könnte, dass das Unterbleiben der Offenlegung der eingesehenen Schriftstücke und der nach ihrem Vortrag in den fehlenden „Teilakten“ enthaltenen Schriftstücke im Verwaltungsverfahren dessen Ablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Auswirkungen ihres Verhaltens auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu ihren Ungunsten beeinflussen konnte. 229    Zur Höhe der Geldbuße führt die Klägerin aus, die Gesichtspunkte, die sie in ihrer Stellungnahme vorgetragen habe, hätten zwar nicht die Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Verletzung von Art. 82 EG, wohl aber deren Beurteilung in Bezug auf die Geldbuße beeinflussen können. Wenn ihr im Verwaltungsverfahren bestimmte Schriftstücke, von denen sie im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme Kenntnis erlangt habe, sowie von Abnehmern im Vereinigten Königreich stammende, in den fehlenden „Teilakten“ enthaltene Informationen, zugänglich gewesen wären, hätte sie Gesichtspunkte geltend machen können, die „geeignet gewesen wären, zu zeigen, dass in der Praxis keinem Wettbewerber in erheblicher Weise Absatzmöglichkeiten genommen wurden und es keine negativen Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel gab“. 230    Hierzu genügt der Hinweis, dass sich die Klägerin auf von ihr vorgetragene Argumente zu Beurteilungen bezieht, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die missbräuchliche Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung und die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten vorgenommen hat und zu denen in den Randnrn. 218 bis 226 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, dass die Akteneinsicht die Klägerin nicht in die Lage versetzt hätte, Gesichtspunkte geltend zu machen, anhand deren sie diese Beurteilungen hätte erschüttern können. 231    Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 nichts vorträgt, was der Feststellung dienen könnte, dass das Unterbleiben der Offenlegung der eingesehenen Schriftstücke und der nach ihrem Vortrag in den fehlenden „Teilakten“ enthaltenen Schriftstücke im Verwaltungsverfahren dessen Ablauf und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Höhe der Geldbuße zu ihren Ungunsten beeinflussen konnte. Zum fünften Teil: Verletzung von Art. 253 EG –       Vorbringen der Parteien 232    Die Klägerin macht geltend, für die Kommission habe keine Verpflichtung zum Erlass einer neuen Entscheidung nach Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 bestanden. Das angewandte Verfahren sei insofern sehr ungewöhnlich, als die Kommission an sie keine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet, auch keine erneute Anhörung vorgenommen und den Beratenden Ausschuss nicht erneut angehört habe. Unter diesen Umständen stelle das Fehlen von Erläuterungen der Kommission zur Vorgehensweise eine Verletzung von Art. 253 EG dar. 233    Die Kommission habe ferner dadurch, dass sie „andere Entscheidungen, die aus ähnlichen Gründen für nichtig erklärt worden waren wie die in der … Sache von 1990, nicht neu erlassen habe“, gegen ihre Geschäftsordnung (ABl. 2000, L 308, S. 26) sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Insoweit sei in dem dieser Geschäftsordnung als Anhang beigefügten Kodex für gute Verwaltungspraxis in den Beziehungen der Bediensteten der Kommission zur Öffentlichkeit vorgesehen, dass jedwede Ungleichbehandlung ähnlicher Fälle durch die Umstände des Einzelfalls sachlich begründet sein müsse und dass Abweichungen hiervon entsprechend sachlich zu begründen seien. Zudem zeige das Fehlen einer Begründung der Entscheidung zu wesentlichen Fragen, insbesondere in Bezug auf die rechtliche Würdigung und die Geldbuße, dass die Kommission Art. 253 EG verletzt habe. 234    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 235    Die Rüge der Klägerin ist in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Die Kommission hat nämlich in den Erwägungsgründen 162 bis 172 der angefochtenen Entscheidung begründet, warum sie nach Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 beschlossen habe, eine neue Entscheidung zu erlassen. 236    Dass die Kommission an die Klägerin keine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet und weder sie noch den Beratenden Ausschuss erneut angehört hat, ist kein Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung. Diese Argumente der Klägerin sind vielmehr im Wesentlichen nur darauf gerichtet, die Würdigung dieser verschiedenen Fragen durch die Kommission anzuzweifeln, und sind daher zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 389). 237    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Kommission mit dem Beschluss, die von ihr ermittelten Zuwiderhandlungen nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 in einer neuen Entscheidung festzustellen, nicht von einer ständigen Entscheidungspraxis abgewichen. Sie hat nur ihren ursprünglichen Beschluss bestätigt, diese Zuwiderhandlungen zu ahnden; dem stand Art. 233 EG nicht entgegen, der sie nur dazu verpflichtete, die sich aus dem Urteil Kommission/ICI (oben in Randnr. 19 angeführt) ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, d. h., die darin festgestellten Rechtsfehler zu beseitigen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 451). Im Übrigen hat die Klägerin auf keine andere Sache verwiesen, die mit der vorliegenden vergleichbar wäre und von der Kommission anders behandelt worden wäre. 238    Folglich ist der fünfte Teil des zweiten Klagegrundes und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung des relevanten Marktes Vorbringen der Parteien 239    Unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichts vom 22. März 2000, Coca-Cola/Kommission (T‑125/97 und T‑127/97, Slg. 2000, II‑1733), führt die Klägerin aus, sie habe im Rahmen der Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 91/300 nicht die Feststellung der Kommission beanstandet, dass der räumlich relevante Markt der des Vereinigten Königreichs und der sachlich relevante Markt der für schweres und leichtes Natriumkarbonat sei. Die Kommission habe sich jedoch in der angefochtenen Entscheidung nicht damit begnügen dürfen, Schlussfolgerungen hinsichtlich der relevanten Produkte und relevanten räumlichen Märkte wiederzugeben, die auf einer 10 Jahre zuvor durchgeführten Untersuchung beruht hätten. Die Kommission hätte prüfen müssen, ob diese Schlussfolgerungen im Licht der Entwicklung des Rechts und der Praxis in der Zeitspanne zwischen den beiden Entscheidungen noch gültig seien. Die angefochtene Entscheidung beruhe daher auf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung und sei mangelhaft begründet. Im Übrigen gehe aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Kommission im Jahr 2000 eine der in der Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) erwähnten Untersuchungen vorgenommen habe. 240    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 241    Erstens bestreitet die Klägerin nicht, dass die Kommission bei Erlass der Entscheidung 91/300 die Marktstruktur und den Wettbewerb untersucht hat. Sie macht auch nicht geltend, dass der Kommission im Rahmen dieser Entscheidung bei der Definition des räumlichen und des Produktmarkts ein Fehler unterlaufen sei. 242    Die Klägerin trägt lediglich vor, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob diese Schlussfolgerungen im Licht der Entwicklung des Rechts und der Praxis in der Zeitspanne zwischen den beiden Entscheidungen noch gültig seien. Sie verweist auf das Urteil Coca-Cola/Kommission (oben in Randnr. 239 angeführt), in dem das Gericht insbesondere entschieden habe, dass die Feststellung einer beherrschenden Stellung durch die Kommission das Ergebnis einer Untersuchung der Markt- und Wettbewerbsstruktur sei, wie sie beim Erlass der Entscheidung der Kommission bestehe (Randnr. 81). 243    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das Organ, das den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hat, nur in den Grenzen dessen, was zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils erforderlich ist, gebunden ist, so dass das Verfahren zur Ersetzung dieses Aktes genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. November 2007, Italien/Kommission, C‑417/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung 91/300 vom Gericht für nichtig erklärt worden, weil sie nach ihrer Zustellung festgestellt worden war, was eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne des Art. 230 EG darstellte. 244    Die Kommission durfte daher ihre Untersuchung im Stadium der Feststellung wieder aufnehmen, ohne prüfen zu müssen, ob die Schlussfolgerungen, die sie hinsichtlich des relevanten Marktes bei dem Erlass der Entscheidung 91/300 gezogen hatte, im Licht der im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände noch gültig waren. 245    Das auf Randnr. 81 des Urteils Coca-Cola/Kommission (oben in Randnr. 239 angeführt) gestützte Argument der Klägerin kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Die Erwägung, dass die Feststellung einer beherrschenden Stellung das Ergebnis einer Untersuchung der Markt- und Wettbewerbsstruktur ist, wie sie beim Erlass der Entscheidung der Kommission besteht, bedeutet nicht, dass die Kommission stets verpflichtet wäre, den relevanten Markt beim Erlass der angefochtenen Entscheidung erneut zu untersuchen. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Kommission nicht zu einer solchen Untersuchung verpflichtet war, da dies zur Durchführung des Urteils ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) nicht erforderlich war. Somit beruht das vorstehend in Randnr. 239 wiedergegebene Vorbringen der Klägerin, mit dem sie eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung und mangelhafte Begründung rügt, auf einer unzutreffenden Prämisse und ist ebenfalls zurückzuweisen. 246    Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Fehlen einer beherrschenden Stellung Vorbringen der Parteien 247    Die Klägerin trägt vor, es sei anerkannt, dass ein Unternehmen, das mehr als 90 % eines Produktmarkts halte, normalerweise als beherrschend im Sinne von Art. 82 EG gelte. Ein hoher Marktanteil reiche aber nicht aus, um die beherrschende Stellung zu begründen. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung bestimmte Faktoren nicht zutreffend gewürdigt, die die Klägerin daran gehindert hätten, sich gegenüber ihren Wettbewerbern, ihren Abnehmern und letztlich den Verbrauchern in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten im Sinne des Urteils Hoffmann-La Roche/Kommission (oben in Randnr. 216 angeführt). So seien ihre Abnehmer viele Jahre lang in der Lage gewesen, die von der Klägerin oder von Importeuren bezogene Menge Natriumkarbonat und den Umfang der Substitute zu bestimmen. Ihre Abnehmer hätten nämlich Beziehungen zu Lieferanten in Osteuropa und in den Vereinigten Staaten hergestellt, um über alternative Quellen zu verfügen und dafür zu sorgen, dass sie sich in Bezug auf Preise und Qualität trotz ihres hohen Marktanteils weiter dem Wettbewerb stellen müsse. Insoweit hätten ihre Abnehmer und insbesondere die Glashersteller über beträchtliche Nachfragemacht verfügt mit der Folge, dass ihre Stellung nicht beherrschend gewesen sei. Die Kommission habe in ihrer Entscheidung 1999/641/EG vom 25. November 1998, mit der ein Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und der Funktionsweise des EWR-Abkommens erklärt wird (Sache IV/M.1225 – Enso/Stora) (ABl. 1999, L 254, S. 9), den Grundsatz einer ausgleichenden Nachfragemacht angewandt. Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht anerkannt, dass die ausgleichende Nachfragemacht eine Begrenzung der Marktmacht der Klägerin darstelle. Zudem habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass Substitute verfügbar gewesen seien und dass diese seit 1979 zu einem Rückgang ihres Absatzvolumens geführt hätten. 248    So habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass mindestens ein Glashersteller aus Westeuropa Natriumkarbonat durch Ätznatron ersetzt habe. Ebenfalls nicht gewürdigt habe die Kommission die Bedeutung von Bruchglas als die Marktmacht der Klägerin begrenzenden Faktor und die anderer Substitute wie Dolomit, das sie in der angefochtenen Entscheidung nicht einmal erwähne. 249    Die Klägerin räumt ein, dass ihre Abnehmer General Chemical und Brenntag als Zweitlieferanten angesehen hätten. Sie bestreitet jedoch, dass diese Einschätzung ein Faktor sein könne, der für ihre Marktmacht spreche. Für den Wegfall ihrer gesamten Gewinnspanne hätte es schon ausgereicht, wenn ein Großabnehmer einen Zweitlieferanten zu seinem Hauptlieferanten gemacht hätte oder mehrere Abnehmer ihre Abnahmemengen bei einem Zweitlieferanten erhöht hätte. 250    Im Übrigen treffe die Behauptung der Kommission, die Klägerin habe ein höheres Preisniveau als in anderen EG-Mitgliedstaaten aufrechterhalten, nicht zu und werde durch nichts gestützt. Dass ihre Preise in der Tendenz leicht höher gewesen seien, sei insbesondere Ausdruck der Wirkung, die der erhebliche Rückgang der Nachfrage nach Natriumkarbonat auf ihre Kosten gehabt habe, den es auf anderen Märkten nicht in diesem Umfang gegeben habe. Darin schlage sich auch der Einfluss von Faktoren wie Wechselkurse und Kraftstoffkosten nieder. 251    Die Klägerin räumt ein, dass sie zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit ihrer beiden Einheiten zur Herstellung von Natriumkarbonat auf die Strategie eines ausreichenden Absatzvolumens gesetzt habe, was bedeutet habe, dass eine Absatzsteigerung habe angestrebt und auf die Angebote der alternativen Lieferanten habe reagiert werden müssen. Sie bestreitet jedoch, dass sie versucht habe, die Präsenz und/oder den wirtschaftlichen Erfolg von General Chemical und Brenntag als Wettbewerber so gering wie möglich zu halten. 252    Schließlich hätten die verschiedenen von der Kommission im fraglichen Zeitraum erlassenen Antidumpingverordnungen und ‑entscheidungen aufgezeigt, dass es Dumping gegeben habe und dass der Schaden erheblich gewesen sei, so z. B. die Verordnung (EWG) Nr. 2253/84 der Kommission vom 31. Juli 1984 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf bestimmte Formen von Natriumkarbonat mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie zur Annahme von Verpflichtungen betreffend andere Einfuhren desselben Produkts (ABl. L 206, S. 15). Eine solche Situation sei mit dem Vorliegen einer beherrschenden Stellung unvereinbar. Bei der Verhängung von Antidumping-Maßnahmen habe die Kommission zweifellos angenommen, dass diese nicht geeignet seien, den Wettbewerb erheblich zu verringern oder die Entstehung eines Monopols herbeizuführen, und dass sie im Gemeinschaftsinteresse lägen. 253    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 254    Nach ständiger Rechtsprechung ist eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 82 EG eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens, die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnr. 65, und Urteil des Gerichts vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601, Randnr. 229). Eine solche Stellung schließt im Gegensatz zu einem Monopol oder einem Quasi-Monopol einen gewissen Wettbewerb nicht aus, versetzt aber das begünstigte Unternehmen in die Lage, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder wenigstens merklich zu beeinflussen, jedenfalls aber weitgehend in seinem Verhalten hierauf keine Rücksicht nehmen zu müssen, ohne dass ihm dies zum Schaden gereichte (Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 39). 255    Das Vorliegen einer beherrschenden Stellung ergibt sich im Allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (Urteil United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 66). Um festzustellen, ob eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt vorliegt, sind zunächst dessen Struktur und sodann die Wettbewerbssituation auf diesem Markt zu untersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteil United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 67). 256    Äußerst hohe Marktanteile liefern, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung. Ein Unternehmen, das längere Zeit einen äußerst hohen Marktanteil besitzt, befindet sich allein durch den Umfang seiner Produktion und seines Angebots – ohne dass die Inhaber erheblich geringerer Anteile imstande wären, die Nachfrage, die sich von dem Unternehmen mit dem größten Anteil abwenden will, rasch zu befriedigen – in einer Position der Stärke, die es zu einem nicht zu übergehenden Geschäftspartner macht und ihm bereits deswegen, jedenfalls während relativ langer Zeit, die Unabhängigkeit des Verhaltens sichert, die für eine beherrschende Stellung kennzeichnend ist (Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 41, und Urteil Van den Bergh Foods/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 154). So liefert nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Marktanteil von 50 %, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, Slg. 1991, I‑3359, Randnr. 60). 257    Ebenso ist ein Marktanteil zwischen 70 % und 80 % für sich schon ein klares Indiz für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung (Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 1991, Hilti/Kommission, T‑30/89, Slg. 1991, II‑1439, Randnr. 92, und vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnr. 907). 258    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im 127. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, die Klägerin habe einen „angestammten Marktanteil von mehr als 90 % während des gesamten Untersuchungszeitraums“ gehalten. Die Klägerin hat in der Klageschrift nicht bestritten, einen solchen sehr hohen Marktanteil gehalten zu haben. 259    Aus solchen Marktanteilen ergibt sich somit, sofern im vorliegenden Fall keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, dass die Klägerin auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung einnahm. 260    Im 128. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung nennt die Kommission verschiedene Gegebenheiten, die sie bei ihrer Untersuchung der Marktanteile der Klägerin ergänzend berücksichtigte und die für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung der Klägerin sprechen. 261    Diese Gegebenheiten können naturgemäß keine außergewöhnlichen Umstände sein, die den Schluss zuließen, dass die Klägerin keine beherrschende Stellung einnimmt. 262    Außerdem trägt die Klägerin sechs Argumente vor, die zu prüfen sind, um festzustellen, ob im vorliegenden Fall solche außergewöhnlichen Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs vorlagen. 263    Erstens sei von anderen Herstellern von Natriumkarbonat hoher Wettbewerbsdruck ausgegangen. 264    Hierzu ist zunächst daran zu erinnern, dass es mit einer beherrschenden Stellung auf dem betreffenden Markt nicht unvereinbar ist, wenn ein gewisses Maß an Wettbewerb besteht. 265    Zudem führt die Klägerin keinerlei Tatsachen oder Beweise an, um das von der Kommission festgestellte „Fehlen jeglichen Wettbewerbs seitens Solvay und der anderen westeuropäischen Hersteller“ in Zweifel zu ziehen. Sie erkennt im Gegenteil an, dass diese Hersteller vom Kontinent im Vereinigten Königreich nicht in nennenswertem Umfang Natriumkarbonat absetzten. Ebenso räumt sie ein, „dass es unwahrscheinlich war, dass sich ein ‚neuer Hersteller von synthetischer Soda‘ auf dem Markt etabliert und Produktionsanlagen in der Gemeinschaft errichtet“ (128. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 266    Ferner erwähnt die Kommission in Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung, „dass die Kunden General Chemical und Brenntag nur als Zweitlieferanten sahen“, was die Klägerin einräumt. Die Klägerin meint jedoch, für den Wegfall ihrer gesamten Gewinnspanne hätte es schon ausgereicht, wenn ein Großabnehmer einen Zweitlieferanten zu seinem Hauptlieferanten gemacht hätte oder mehrere Abnehmer ihre Abnahmemengen bei einem Zweitlieferanten erhöht hätten. Eine solche Behauptung erscheint jedoch rein hypothetisch, da die Klägerin nichts vorträgt, um sie zu stützen. Jedenfalls geht diese Behauptung, selbst wenn sie zuträfe, ins Leere, da die bloße Tatsache, dass Abnehmer sich einer solchen Drohung bedienen, keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen kann, der das Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem betreffenden Markt ausschließt. 267    Ebenso wenig substantiiert die Klägerin ihren Vortrag, mit dem sie bestreitet, dass sie sich erfolgreich bemüht habe, „die Präsenz und/oder den wirtschaftlichen Erfolg von General Chemical und Brenntag als Wettbewerber so gering wie möglich zu halten und die eigene führende Marktposition im Vereinigten Königreich zu erhalten“. 268    Die Schriftstücke aus Quellen auf dem Kontinent über amerikanische Wettbewerber, von denen die Klägerin im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme Kenntnis erlangte, ändern nichts an der Beurteilung der Kommission hinsichtlich des Vorliegens einer beherrschenden Stellung der Klägerin auf dem relevanten Markt. Die Klägerin hat nämlich die amerikanischen Einfuhren im Verwaltungsverfahren erwähnt, und die Kommission hat dieses Vorbringen vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt. 269    Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, von anderen Herstellern von Natriumkarbonat sei ein hoher Wettbewerbsdruck ausgegangen, nicht substantiiert und kann keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen, der das Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem betreffenden Markt ausschließt. 270    Zweitens habe die Substituierbarkeit von Natriumkarbonat durch Ätznatron, Bruchglas und Dolomit in ihrem Verhältnis zu Abnehmern Wettbewerbsdruck erzeugt. 271    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 129 bis 133 der angefochtenen Entscheidung die Substitution durch Ätznatron eingehend untersucht und festgestellt hat, dass diese Möglichkeit in der Praxis sehr beschränkt war. In der Klageschrift trägt die Klägerin nichts vor, was diese Analyse in Frage stellen könnte. 272    Was Bruchglas betrifft, hat die Kommission im 134. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass sich der Sodabedarf eines Hohlglasherstellers durch die Verwendung von Bruchglas um bis zu 15 % verringern lasse. Diese Zahl wird von der Klägerin nicht bestritten. Die Kommission hat auch eingeräumt, dass es möglich sei, dass die Verwendung von Bruchglas die Abhängigkeit von den Sodalieferanten generell verringern helfe, ohne jedoch die Fähigkeit eines starken Sodaherstellers zu verringern, kleinere Konkurrenten zu verdrängen. Folglich hat die Kommission entgegen der Behauptung der Klägerin diese Möglichkeit der Substitution von Natriumkarbonat durch Ätznatron berücksichtigt. Das Vorbringen der Klägerin ist somit sachlich unzutreffend. 273    Zu Dolomit erwähnt die Klägerin lediglich dessen Existenz; sie trägt nichts vor und liefert keinen Beweis dafür, in welchem Umfang Dolomit als Substitut für Natriumkarbonat verwendet wird. 274    Den Unterlagen, die die Klägerin in ihrer im Anschluss an die Akteneinsicht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme abgegebenen Stellungnahme anführt, lässt sich lediglich entnehmen, dass Ätznatron und Bruchglas Teilsubstitute für Natriumkarbonat sind und dass dieses möglicherweise durch Dolomit ersetzt werden kann. Diese Unterlagen enthalten jedoch nichts, was Zweifel an den Schlussfolgerungen der Kommission begründen würde, dass die Teilsubstituierbarkeit von Natriumkarbonat durch andere Produkte die beherrschende Stellung der Klägerin auf dem betreffenden Markt nicht ausschließt. Zudem macht die Klägerin, wie die Kommission bemerkt, nicht geltend, dass Dolomit von Glasherstellern, den Hauptabnehmern von Natriumkarbonat, verwendet wird. Daher spricht nichts dafür, dass die Verwendung von Dolomit an der beherrschenden Stellung der Klägerin auf dem betreffenden Markt etwas hätte ändern können. 275    Die Klägerin hat somit nicht nachgewiesen, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlief, als sie zu dem Ergebnis gelangte, dass die Möglichkeiten einer Substitution keine nennenswerte Beschränkung der Marktmacht der Klägerin bedeuteten. 276    Drittens trägt die Klägerin vor, die Kommission hätte den von den Abnehmern ausgeübten Wettbewerbsdruck berücksichtigen müssen. 277    In der Klageschrift weist die Klägerin darauf hin, dass etwa 50 % ihres Absatzvolumens auf ihre vier Hauptabnehmer entfielen. Sie macht jedoch keine näheren Angaben zu dem jeweiligen Anteil dieser vier Abnehmer. Im Übrigen trägt sie lediglich vor, dass ihre Abnehmer, insbesondere die Glashersteller, über „beträchtliche Nachfragemacht“ verfügt hätten, ohne diese Behauptung zu belegen. Auch wenn man annimmt, dass die Kommission das Kriterium der Gegenmacht der Abnehmer hätte berücksichtigen müssen, hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihre Abnehmer in der Lage waren, ihre Marktmacht auszugleichen. 278    Viertens bestreitet die Klägerin das Vorbringen der Kommission, sie habe ein höheres Preisniveau als in anderen EG-Mitgliedstaaten aufrechterhalten. Die Klägerin räumt jedoch ein, dass ihre Preise „in der Tendenz leicht höher gewesen seien als die in anderen Mitgliedstaaten“. Sie verweist auf den Rückgang der Nachfrage nach Natriumkarbonat, den es auf anderen Märkten nicht in diesem Umfang gegeben habe, die Wechselkurse und die Kraftstoffkosten. Die Klägerin untermauert ihre Argumentation aber nicht mit konkreten Tatsachen, anhand deren das Gericht die Stichhaltigkeit ihres Vorbringens nachprüfen könnte. 279    Fünftens macht die Klägerin geltend, sie habe, damit ihre beiden Einheiten zur Herstellung von Natriumkarbonat wirtschaftlich blieben, auf die Strategie eines ausreichenden Absatzvolumens gesetzt, was bedeutet habe, dass eine Absatzsteigerung habe angestrebt und auf die Angebote der alternativen Lieferanten habe reagiert werden müssen. Ein solches Vorbringen ist nicht geeignet, das Vorliegen der beherrschenden Stellung der Klägerin auf dem betreffenden Markt in Zweifel zu ziehen. 280    Sechstens verweist die Klägerin auf die Antidumping-Maßnahmen der Kommission. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Antidumping-Maßnahmen gegen die amerikanischen Hersteller eingehend geprüft hat (Erwägungsgründe 51 bis 54) und in Bezug auf die Marktposition der Klägerin zu dem Ergebnis gelangt ist, dass dieser der Schutz vor der US-amerikanischen und osteuropäischen Konkurrenz durch die Antidumpingmaßnahmen sowie die General Chemical im Rahmen des Antidumping-Verfahrens auferlegten Preisverpflichtungen zugute kamen (128. Erwägungsgrund). 281    Auf diese Feststellungen erwidert die Klägerin zunächst, das nachgewiesene Vorliegen von Dumping bis 1984 lasse sich nicht mit der Schlussfolgerung vereinbaren, dass sie damals eine beherrschende Stellung eingenommen habe. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern das Vorliegen von Dumping seitens der amerikanischen Hersteller darauf schließen lasse, dass sie keine beherrschende Stellung eingenommen habe. Jedenfalls zeigt die Verordnung Nr. 2253/84, die in einem völlig anderen rechtlichen Rahmen als dem des Art. 82 EG erging, nicht, dass die Klägerin im Vereinigten Königreich keine beherrschende Stellung eingenommen hat. 282    Sodann macht die Klägerin geltend, der Erlass von Antidumping-Maßnahmen habe nach Ansicht der Kommission bedeutet, dass diese die Wettbewerbssituation in der Gemeinschaft nicht beeinträchtigen würden. Die Klägerin belegt diese Behauptung jedoch nicht, die rein hypothetisch erscheint, da die Verordnung Nr. 2253/84 keine Bezugnahme auf die Wettbewerbssituation in der Gemeinschaft enthält. 283    Somit kann aus dem Vorbringen der Klägerin nicht auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände geschlossen werden, die es rechtfertigten, die Feststellung einer beherrschenden Stellung der Klägerin auf dem relevanten Markt in Frage zu stellen. 284    Daher ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: kein Missbrauch einer beherrschenden Stellung 285    Der fünfte Klagegrund gliedert sich in drei Teile, die sich jeweils beziehen auf, erstens, die Rabatte für Spitzenmengen, zweitens, die Alleinbelieferungsklauseln und die Einschränkung der Abnahme von Wettbewerbern, sowie drittens, die sonstigen finanziellen Anreize. Zum ersten Teil: Rabatte für Spitzenmengen –       Vorbringen der Parteien 286    Die Klägerin bestreitet, dass ihre Praktiken bei der Preisfestsetzung im fraglichen Zeitraum missbräuchlich gewesen seien. Ihre Praktiken seien in jedem Fall vor dem Hintergrund wirtschaftlicher und geschäftlicher Faktoren normale Wettbewerbshandlungen gewesen. Die von ihr geschlossenen Preisvereinbarungen hätten zu keiner Zeit die Wettbewerbstruktur des relevanten Marktes verfälscht oder die Verbraucher geschädigt. 287    Es sei kein Missbrauch, wenn ein beherrschender Lieferant einen niedrigeren Preis aushandele, sofern sein Abnehmer zur Abnahme zusätzlicher Mengen bereit sei. Die Rabatte für Spitzenmengen hätten weder den Zweck noch die Wirkung gehabt, Wettbewerber vom Markt auszuschließen. Mit ihnen sei den Wünschen von Abnehmern entsprochen worden, für zusätzlich bestellte Mengen einen niedrigeren Preis zu erhalten. Ziel der einzeln ausgehandelten Rabatte sei es gewesen, eine ausreichende Auslastung ihrer Produktionskapazitäten und eine gewisse Rentabilität zu erreichen, um weitere Werksschließungen zu vermeiden. Solche Rabatte schüfen für die Abnehmer Anreize zum Bezug von Mengen Natriumkarbonat, deren Erwerb sie nicht für möglich gehalten hätten. Dabei sei es besonders darum gegangen, Natriumkarbonat gegenüber Substituten wie Ätznatron, Bruchglas und Dolomit attraktiver zu machen. 288    Zudem seien ihre Nettopreise zu keiner Zeit von der wirtschaftlichen Realität abgewichen, und die Rabatte seien völlig transparent gewesen in dem Sinne, dass der Abnehmer – anders als im Sachverhalt der Rechtssache, in der das Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission (322/81, Slg. 1983, 3461), ergangen sei – schriftlich unterrichtet worden sei, für welche Menge der Rabatt gelte und wie er genau berechnet werde. Der Abnehmer sei nicht unter Druck gesetzt worden, mehr bei ihr zu beziehen, und sei nicht durch die Sorge, einen Rabatt auf das Hauptvolumen zu verlieren, davon abgehalten worden, zusätzliche Mengen von Dritten zu beziehen. Überdies hätten die Rabatte für Spitzenmengen nur einen kleinen Anteil ihres Gesamtabsatzvolumens an Natriumkarbonat betroffen, nämlich 8 %. 289    Mit Ausnahme eines einzigen Falles seien die Rabatte nicht davon abhängig gewesen, dass der Abnehmer seinen gesamten Bedarf oder einen bestimmten Teil davon bei ihr decke. Derartige Rabatte seien für Mengen angeboten worden, die der Abnehmer zusätzlich zu der geschätzten Hauptmenge bei ihr oder einem oder mehreren Zweitlieferanten in vorher festgelegten Anteilen zu beziehen beabsichtigt habe. Die Abnehmer seien zu jeder Zeit frei gewesen, jegliche gewünschte Menge von anderen Lieferanten zu beziehen. Der Sachverhalt unterscheide sich somit von dem der Entscheidung 88/518/EWG der Kommission vom 18. Juli 1988 betreffend ein Verfahren nach Artikel [82 EG] (IV/30.178 – Napier Brown – British Sugar) (ABl. L 284, S. 41). 290    Die Klägerin weist ferner darauf hin, dass in der vorliegenden Rechtssache mit den von ihr eingeräumten Rabatten für Spitzenmengen nicht zwischen ihren Abnehmern habe diskriminiert werden sollen und dass sie nicht die Wettbewerbssituation zwischen ihnen berührt hätten. Angesichts der unterschiedlichen Abnehmer und der Substitute habe sie nämlich mit jedem Abnehmer individuell verhandeln müssen. Jedenfalls hätten die von ihr eingeräumten Rabatte für Spitzenmengen bei der Differenzierung der Kosten ihrer Abnehmer nur geringfügige Auswirkungen gehabt. 291    Im Übrigen seien die Vereinbarungen über Rabatte nicht für unbestimmte Zeit geschlossen worden, anders als in der Rechtssache Hoffmann-La Roche/Kommission (Urteil oben in Randnr. 216) angeführt). Diese Vereinbarungen seien nämlich bei gesonderten jährlichen Verhandlungen beschlossen worden. Zudem sei die Höhe eines Rabatts oder dessen Gewährung nicht davon abhängig gewesen, dass der Abnehmer eine bestimmte Zielmenge erreicht oder in einem früheren Jahr eine zusätzliche Menge bezogen habe. 292    Die Rabatte für Spitzenmengen seien für zusätzliche Bezugsmengen Natriumkarbonat eingeräumt worden und nicht dafür, dass der Abnehmer ein Sortiment beziehe. Die Klägerin meint daher, sie habe sich nicht missbräuchlich verhalten, indem sie ihren Abnehmern für zusätzliche Mengen einen niedrigeren Preis angeboten habe. 293    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 294    Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der missbräuchlichen Ausnutzung ein objektiver Begriff, der solche Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung erfasst, die die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Präsenz des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die zur Folge haben, dass die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindert wird, die sich von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistung der Wirtschaftsbeteiligten unterscheiden (Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 91, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, Slg. 2005, II‑5575, Randnr. 549). 295    Die Feststellung, dass eine beherrschende Stellung gegeben ist, enthält zwar für sich allein keinen Vorwurf gegenüber dem betreffenden Unternehmen, jedoch trägt dieses Unternehmen unabhängig von den Ursachen dieser Stellung eine besondere Verantwortung dafür, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt nicht beeinträchtigt (Urteile Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, oben in Randnr. 288 angeführt, Randnr. 57, und Urteil Microsoft/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 229). Zwar nimmt der Umstand, dass ein Unternehmen eine beherrschende Stellung innehat, diesem nicht das Recht, seine eigenen geschäftlichen Interessen zu wahren, wenn sie bedroht sind, und es darf auch in angemessenem Umfang so vorgehen, wie es dies zum Schutz seiner Interessen für richtig hält, doch ist ein solches Verhalten nicht zulässig, wenn es auf eine Verstärkung dieser beherrschenden Stellung und ihren Missbrauch abzielt (Urteil United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 189, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 55). 296    Was insbesondere die Gewährung von Rabatten durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung anbelangt, verstößt nach ständiger Rechtsprechung ein Treuerabatt als Gegenleistung dafür, dass sich der Kunde verpflichtet, ausschließlich oder fast ausschließlich bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung einzukaufen, gegen Art. 82 EG. Ein solcher Rabatt dient nämlich dazu, die Kunden durch die Gewährung finanzieller Vorteile vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abzuhalten (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 56; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 et 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 518). 297    In einem Rabattsystem, das die Abschottung des Marktes bewirkt, ist ein Verstoß gegen Art. 82 EG zu sehen, wenn es von einem Unternehmen in beherrschender Stellung angewandt wird. Aus diesem Grund hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Rabatt, der an die Verwirklichung eines Abnahmeziels geknüpft ist, gegen Art. 82 EG verstößt (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 57). 298    Bei Mengenrabattsystemen, die ausschließlich an den Umfang der bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung getätigten Käufe anknüpfen, wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass sie keine nach Art. 82 EG verbotene Abschottungswirkungen haben. Wenn die Erhöhung der Liefermenge zu einer Kostensenkung für den Lieferanten führt, darf dieser die Senkung nämlich durch einen günstigeren Preis an seinen Kunden weitergeben. Bei den Mengenrabatten wird also angenommen, dass sie den Zugewinn an Effizienz und Größenvorteile widerspiegeln, die vom Unternehmen in beherrschender Stellung erzielt werden (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 58). 299    Folglich verstößt ein Rabattsystem, bei dem sich die Höhe des Nachlasses nach Maßgabe der Abnahmemenge erhöht, nicht gegen Art. 82 EG, es sei denn, die Kriterien und Modalitäten, nach denen der Rabatt gewährt wird, lassen erkennen, dass das System nicht auf einer wirtschaftlich gerechtfertigten Gegenleistung beruht, sondern wie ein Treue- und Zielrabatt die Kunden vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten soll (Urteile Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 90, und Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 59). 300    Um zu bestimmen, ob ein Mengenrabattsystem missbräuchlich ist, müssen mithin sämtliche Umstände, insbesondere die Kriterien und Modalitäten der Rabattgewährung, berücksichtigt werden, und es ist zu prüfen, ob die Rabatte darauf abzielen, dem Abnehmer durch die Gewährung eines Vorteils, der nicht auf einer ihn rechtfertigenden wirtschaftlichen Leistung beruht, die Wahlmöglichkeit hinsichtlich seiner Bezugsquellen zu nehmen oder einzuschränken, den Konkurrenten den Zugang zum Markt zu verwehren, gegenüber Handelspartnern bei gleichwertigen Leistungen unterschiedliche Bedingungen anzuwenden oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken (Urteile Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 90, und Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 60). 301    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 139 bis 141 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: „(139) Aus der Art des Systems wie auch aus dem Wortlaut interner Unterlagen [der Klägerin] geht eindeutig hervor, dass mit den ‚Top-slice‘-Rabatten ein tatsächlicher Wettbewerb ausgeschaltet werden sollte, indem –        für die Abnehmer Anreize geschaffen wurden, ihre Restmengen, die ansonsten möglicherweise von einem Zweitlieferanten bezogen worden wären, von [der Klägerin] zu beziehen; –        die Bedeutung von General Chemical als Konkurrent dadurch auf ein Mindestmaß beschränkt oder neutralisiert wurde, dass dessen Marktpräsenz in puncto Preise, Mengen und Abnehmer innerhalb von Grenzen gehalten wurde, die den Fortbestand des De-facto-Monopols [der Klägerin] gewährleisteten; –        Brenntag vom Markt verdrängt wurde oder zumindest seine Bedeutung als Wettbewerber auf ein Mindestmaß beschränkt wurde; –        der Gefahr weitgehend vorgebeugt wurde, dass sich die Abnehmer alternativen Versorgungsquellen (Schwesterunternehmen, Handelsunternehmen oder andere EG-Hersteller) zuwandten; –        das faktische Monopol [der Klägerin] auf dem [relevanten Markt] erhalten und verstärkt wurde. (140) Die Tatsache, dass die für die Einräumung eines Rabatts erforderliche Abnahmemenge von Kunde zu Kunde stark variierte, beweist, dass das Rabattsystem und die damit verbundenen Preisvorteile nicht darauf zurückzuführen waren, dass [der Klägerin] je nach Liefermenge unterschiedliche Kosten entstanden, sondern dass es davon abhing, ob der Abnehmer auch seinen Restbedarf von [der Klägerin] bezog. (141) Solche Praktiken können auch dann unter das Verbot des Artikels 82 EG-Vertrag fallen, wenn keine vertragliche Verpflichtung oder ausdrückliche Klausel bestimmt, dass der Kunde seinen Bedarf nur von der marktbeherrschenden Firma beziehen darf. Es genügt, wenn die gebotenen Anreize eine Bindung der Abnehmer an den marktbeherrschenden Hersteller bezwecken oder bewirken.“ 302    Darüber hinaus hat die Kommission in den Erwägungsgründen 61 bis 82 der angefochtenen Entscheidung noch auf zahlreiche Unterlagen über Rabatte für Spitzenmengen verwiesen, denen zufolge die Klägerin die Wettbewerber vom Markt auszuschließen trachtete. 303    Die Klägerin bestreitet nicht das Vorliegen und den Inhalt der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Unterlagen. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die von der Klägerin eingeräumten Rabatte keinen Zugewinn an Effizienz und keine Größenvorteile widerspiegelten. Anders als ein Mengenrabatt, der ausschließlich an das Einkaufsvolumen anknüpft, sollten diese Rabatte die Abnehmer vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten. 304    Im Übrigen ist keines der Argumente, mit denen die Klägerin dartun will, dass ihre Rabatte für Spitzenmengen nicht gegen Art. 82 EG verstießen, geeignet, die Schlussfolgerungen der Kommission zu erschüttern. 305    Erstens macht die Klägerin geltend, ihre Rabatte für Spitzenmengen seien auf Wunsch ihrer Abnehmer eingeführt worden. Dieses Argument greift jedoch nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung nützt ein Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, seine Stellung im Sinne des Art. 82 EG missbräuchlich aus, ohne dass es darauf ankäme, ob die fragliche Verpflichtung ohne Weiteres oder gegen eine Rabattgewährung eingegangen worden ist (Urteil Hoffmann-Laroche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 89). 306    Zweitens macht die Klägerin geltend, es sei ihr Ziel gewesen, eine ausreichende Auslastung ihrer Produktionskapazitäten zu erreichen, um weitere Werksschließungen zu vermeiden. Hierzu genügt die Feststellung, dass der Wille eines Unternehmens, seine Produktionskapazitäten aufrechtzuerhalten oder auszubauen, keine objektive Rechtfertigung darstellt, die es von der Anwendung von Art. 82 entbindet. 307    Drittens sei ihr System, anders als in der Rechtssache Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission (Urteil oben in Randnr. 288 angeführt) transparent gewesen. Die Kommission wirft der Klägerin jedoch nicht vor, dass ihre Rabatte für Spitzenmengen nicht transparent gewesen seien. Jedenfalls verstößt nach der Rechtsprechung ein Treuerabattsystem unabhängig davon gegen Art. 82 EG, ob es transparent ist oder nicht (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 111). 308    Viertens hätten ihre Rabatte für Spitzenmengen nur 8 % ihres Gesamtabsatzvolumens an Natriumkarbonat betroffen. Insoweit ist jedoch festzustellen, dass mit der Folge, von der in der in Randnr. 295 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Rede ist, nicht unbedingt die konkrete Folge des beanstandeten missbräuchlichen Verhaltens gemeint ist. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 82 EG genügt der Nachweis, dass das missbräuchliche Verhalten des Unternehmens in beherrschender Stellung darauf gerichtet ist, den Wettbewerb zu beschränken, oder anders ausgedrückt, dass das Verhalten eine solche Wirkung haben kann (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 239). Jedenfalls können 8 % des Gesamtabsatzvolumens der Klägerin an Natriumkarbonat nicht als unerheblicher Teil dieses Absatzvolumens angesehen werden. 309    Fünftens seien, so die Klägerin, ihre Rabatte für Spitzenmengen nicht diskriminierend gewesen. Auch dieses Argument ist zurückzuweisen. Zum einen wirft nämlich die Kommission der Klägerin nicht vor, dass ihre Rabatte für Spitzenmengen diskriminierend gewesen seien, und zum anderen, selbst wenn diese Rabatte nicht diskriminierend sein sollten, bestreitet die Klägerin nicht das Vorliegen und den Inhalt der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass diese Rabatte nicht auf einer wirtschaftlich gerechtfertigten Gegenleistung beruhten und die Abnehmer vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten sollten. Da solche Rabatte jedoch eine Abschottungswirkung haben, verstoßen sie gegen Art. 82 EG, wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung angewandt werden (siehe oben, Randnr. 297). 310    Sechstens macht die Klägerin geltend, dass ihre Vereinbarungen über Rabatte nicht für unbestimmte Zeit geschlossen worden seien. Selbst wenn jedoch die Vereinbarungen nur für kurze Zeit geschlossen worden sein sollten, lässt dies nicht die Feststellung zu, dass diese Vereinbarungen keinen Ausschluss des Wettbewerbs bewirkten. 311    Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die Schlussfolgerung der Kommission fehlerhaft ist, dass mit dem von ihr angewandten Rabattsystem ein tatsächlicher Wettbewerb ausgeschaltet werden sollte. 312    Nach alledem ist der erste Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Alleinbelieferungsklauseln und Einschränkung der Abnahme von Wettbewerbern –       Vorbringen der Parteien 313    Die Klägerin bestreitet, dass ihre Preisvereinbarungen gleichbedeutend mit einer Ausschließlichkeitsklausel seien. Diese Behauptung der Kommission laufe darauf hinaus, dass es ein missbräuchliches Verhalten darstelle, wenn ein beherrschender Lieferant danach trachte, sämtliche Bestellungen eines Abnehmers oder einen wesentlichen Teil davon zu gewinnen oder den Bedarf eines Abnehmers ganz oder teilweise zu decken. Dies zu behaupten hieße, dass sie aufgrund ihres Marktanteils nicht berechtigt sei, im Wettbewerb auf dem Markt Aufträge einzuholen. Es gebe keine Rechtsprechung in diesem Sinne, und diese Behauptung sei mit der „Philosophie der Wettbewerbsregeln“ unvereinbar. 314    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 315    Nach ständiger Rechtsprechung nützt ein Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, seine Stellung im Sinne des Art. 82 EG missbräuchlich aus, ohne dass es darauf ankäme, ob die fragliche Verpflichtung ohne Weiteres oder gegen eine Rabattgewährung eingegangen worden ist. Gleiches gilt, wenn ein solches Unternehmen die Abnehmer nicht durch eine förmliche Verpflichtung bindet, sondern kraft Vereinbarung mit den Abnehmern oder einseitig Treuerabatte gewährt, also Nachlässe, deren Gewährung voraussetzt, dass der Kunde – unabhängig von dem größeren oder geringeren Umfang seiner Käufe – seinen Gesamtbedarf oder einen wesentlichen Teil hiervon ausschließlich bei dem Unternehmen in beherrschender Stellung deckt (Urteil Hoffmann-Laroche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 89). Sowohl ausschließliche Bezugsverpflichtungen dieser Art, unabhängig davon, ob sie gegen eine Rabattgewährung eingegangen wurden, als auch die Gewährung von Treuerabatten, die die Abnehmer zum ausschließlichen Bezug bei dem Unternehmen in beherrschender Stellung veranlassen soll, sind mit dem Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie nicht auf einer wirtschaftlichen Leistung beruhen, die die Belastung oder den Vorteil rechtfertigt, sondern darauf abzielen, dem Abnehmer die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren und anderen Herstellern den Zugang zum Markt zu verwehren (Urteil Hoffmann-Laroche/Kommission, oben in Randnr. 216 angeführt, Randnr. 90). 316    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu den Alleinbelieferungsklauseln insbesondere ausgeführt: „(144) Die möglichen wettbewerbsfeindlichen Auswirkungen der in den Lieferverträgen [der Klägerin] enthaltenen Mengenbestimmungen müssen im Zusammenhang mit der erklärten Politik [der Klägerin] gegenüber General Chemical und Brenntag bewertet werden. Wie die bei [der Klägerin] vorgefundenen Unterlagen deutlich machen, war [der Klägerin] daran gelegen, nicht alle Wettbewerber gänzlich auszuschließen. Es lag im Interesse [der Klägerin], dass zumindest General Chemical – bei strikter Preis- und Mengenkontrolle – als ‚Präsenz‘ auf dem Markt des Vereinigten Königreichs verblieb und so dem Wunsch der meisten Großabnehmer nach einem Zweitlieferanten entsprochen wurde, ohne dass dies eine echte Bedrohung für die Quasi-Monopolstellung [der Klägerin] bedeutete. (145) Durch seine Strategie, den Gesamtbedarf jedes Großkunden in Erfahrung zu bringen, war [die Klägerin] in der Lage, das ‚Top-slice‘-Rabattsystem so zu modulieren, dass die Präsenz von Wettbewerbern ausgeschlossen oder auf ein Minimum beschränkt werden konnte. In vielen Fällen wurde vom Abnehmer die Zusage erwirkt, seine Käufe von der Konkurrenz zu reduzieren oder sie auf eine bestimmte Menge zu begrenzen. Im Fall von Beatson Clarke war ausdrücklich vereinbart worden, dass der Abnehmer seinen gesamten Bedarf von [der Klägerin] bezieht. (146) Solche Abreden schränken die Vertragsfreiheit des Abnehmers wesentlich ein, verhindern einen Markteinstieg unter Wettbewerbsbedingungen und sind gleichbedeutend mit einer Ausschließlichkeitsklausel. (147) Die Vereinbarungen mit den Großkunden bedeuteten deren Bindung an [die Klägerin] für nahezu ihren gesamten Bedarf (und zumindest in einem Fall für den gesamten Bedarf), während der Wettbewerb durch andere Lieferanten auf ein Minimum beschränkt wurde.“ 317    In den Erwägungsgründen 83 bis 114 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission zahlreiche Unterlagen angeführt, die die Unternehmen Pilkington, Rockware, CWS, Redfearn und Beatson Clarke betreffen. 318    Diese Unterlagen zeigen, dass die Klägerin die Bezüge ihrer Abnehmer von Wettbewerbern beschränken wollte. 319    Betreffend Beatson Clarke erwähnt die Kommission nämlich unmittelbare Beweise dafür, dass dieses Unternehmen mit der Klägerin, um den tatsächlichen Wettbewerb auszuschalten, eine Vereinbarung geschlossen hatte, nach der es verpflichtet war, jedes Jahr seinen Gesamtbedarf bei der Klägerin zu decken. 320    Die Klägerin bestreitet in der Klageschrift nicht, dass es diese Vereinbarung gab. Sie räumt sogar ein, dass „eine solche Bestimmung, wie sie in ihren Schreiben formuliert ist, als Treuerabatt eingestuft werden könnte“. Durch die Vereinbarung mit Beatson Clarke hätten unrentable Ausfuhren gestützt werden sollen. Ein solches Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Feststellung der Kommission in Zweifel zu ziehen, dass eine Alleinbezugsverpflichtung vorlag. 321    Auch betreffend Redfearn stellt die Kommission u. a. fest: „Die Vereinbarung für 1987 sah vor, dass Redfearn von [der Klägerin] mindestens 45 000 Tonnen bei einem voraussichtlichen Gesamtbedarf von 47 500 Tonnen (also rund 95 % des Bedarfs) beziehen würde. Ein zusätzlicher Anreiz in Form eines Rabatts von 10 GBP sollte Redfearn veranlassen, auch etwaige Restmengen von [der Klägerin] zu beziehen.“ Die Klägerin bestreitet nicht, dass diese Verpflichtung von Redfearn, einen erheblichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich bei der ihr zu decken, besteht. 322    Daher ist, ohne dass sämtliche Unterlagen, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, zu prüfen wären, festzustellen, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Klägerin gegen Art. 82 EG verstoßende Bezugsvereinbarungen geschlossen hatte. 323    Folglich ist der zweite Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: sonstige finanzielle Anreize –       Vorbringen der Parteien 324    Die Klägerin trägt vor, die sonstigen finanziellen Anreize seien im Allgemeinen auf Wunsch des Abnehmers gewährt worden, um diesem zu ermöglichen, durch Ausfuhren, die sonst unrentabel gewesen wären, zu wachsen oder seinen Marktanteil zu behalten oder angesichts von Billigimporten zu überleben. Solche Vereinbarungen hätten eine Bindung der Abnehmer weder bezweckt noch bewirkt. 325    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 326    In den Erwägungsgründen 148 bis 150 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus: „(148) Bei den Verhandlungen mit Beatson Clarke gab [die Klägerin] außerdem zu verstehen, dass das ‚Unterstützungspaket (support package)‘ in Ergänzung zum ‚Top-slice‘-Rabatt an die Bedingung geknüpft war, dass Beatson Clarke einwilligt, seinen Bedarf zu 100 % bei [der Klägerin] zu decken; diese Bedingung wurde schriftlich bestätigt. Das ‚Unterstützungspaket‘ bezweckte und bewirkte eine Stärkung der Position [der Klägerin] beim Abnehmer und die Ausschaltung des Wettbewerbs. (149) Sämtliche in den Randnummern 139 bis 147 erläuterten Maßnahmen dienten dazu, die Chancen anderer Sodahersteller oder -lieferanten, mit [der Klägerin] in Wettbewerb zu treten, zu verringern oder völlig zunichte zu machen. Sie sind im Zusammenhang mit der erklärten Strategie [der Klägerin] zu sehen, ein faktisches (jedoch nicht hundertprozentiges) Monopol auf dem Markt des Vereinigten Königreichs aufrechtzuerhalten. Dadurch wurde die beherrschende Stellung [der Klägerin] in einer Weise gefestigt, die mit der Wettbewerbsidee des Artikels 82 [EG] unvereinbar ist. (150) Die Rabatte waren nicht Ausdruck möglicher Kostenunterschiede aufgrund der Liefermenge, sondern sollten [der Klägerin] die Belieferung der Abnehmer zu 100 % oder zum größtmöglichen Prozentsatz sichern. In dem ‚Top-slice‘-Rabattsystem gab es daher je nach Abnehmer beträchtliche Unterschiede in der ‚Schwellenmenge‘, ab der das Rabattsystem einsetzte. Außerdem bestanden Unterschiede in der Höhe des Rabatts pro Tonne, der von 6 bis 30 GBP/Tonne und darüber reichte.“ 327    Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass sie ihren Abnehmern finanzielle Anreize geboten hat. 328    Wie vorstehend in Randnr. 305 ausgeführt, kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der finanziellen Anreize nach Art. 82 EG nicht darauf an, dass sie dem Abnehmer auf seinen Wunsch geboten wurden, dass sie ihn beim Export unterstützen sollen sowie dabei, seinen Marktanteil zu behalten oder angesichts von Billigimporten zu überleben, und dass sie transparent sind. Das Argument, die Vereinbarungen hätten eine Bindung der Abnehmer weder bezweckt noch bewirkt, greift nicht durch, da u. a. aus den angeführten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Klägerin zumindest in Bezug auf einen Abnehmer angegeben hat, dass das Unterstützungspaket in Ergänzung zum Spitzenmengenrabatt an die Bedingung geknüpft war, dass der Abnehmer sich verpflichtet, seinen Bedarf zu 100 % bei der Klägerin zu decken. Ebenso wie die Rabatte für Spitzenmengen sollten diese Vereinbarungen somit zumindest in einigen Fällen die Abnehmer vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten. 329    Folglich ist der dritte Teil des fünften Klagegrundes und somit der fünfte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: keine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten Vorbringen der Parteien 330    Die Klägerin trägt vor, die Schwierigkeiten der Kommission beim Nachweis der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten beruhten auf ihrer kurzen und widersprüchlichen Analyse dieser Frage. Diese Analyse sei bereits vom Gericht in Randnr. 63 des Urteils ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) beanstandet worden. Zudem habe die Kommission einen erheblichen Gesichtspunkt aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht in die angefochtene Entscheidung übernommen, nämlich dass sich die Preisfestsetzungspolitik der Klägerin auf den innergemeinschaftlichen Handel ausgewirkt habe. 331    Die Kommission erläutere nicht das im 152. Erwägungsgrund erwähnte Phänomen einer „strikten Trennung der nationalen Märkte in der Gemeinschaft“ und stelle keinen Zusammenhang zwischen dieser Trennung und dem behaupteten Missbrauch her. Nachdem die Kommission beim Erlass der Entscheidung 91/300 gemeint habe, dass die Trennung der Märkte auf den zwischen der Klägerin und Solvay abgestimmten Verhaltensweisen beruhe, habe sie ihre Behauptung der „strikten Trennung“ nicht in die angefochtene Entscheidung übernommen. Zudem widerlege die Kommission nicht die von der Klägerin vorgetragene Erklärung für die Trennung der Märkte, die auf eine detaillierte wirtschaftliche Analyse gestützt sei, der nicht widersprochen worden sei. Die vorgetragene Erklärung werde durch die eigenen Schlussfolgerungen der Kommission in den Antidumping-Verfahren bestätigt. 332    Die Behauptung der Kommission, der Klägerin sei daran gelegen gewesen, dass General Chemical auf dem betreffenden Markt präsent bleibe, sei „unlogisch“ und nicht durch Beweise „untermauert“. Die Kommission habe nämlich für diese Behauptung keine wirtschaftliche Analyse vorgelegt. Zudem stehe diese Behauptung im Widerspruch zu den eigenen Schlussfolgerungen der Kommission in ihrer Entscheidung 91/301/EWG vom 19. Dezember 1990 in einem Verfahren nach Artikel [81 Absatz 1 EG] (IV/33.016 – ANSAC) (ABl. 1991, L 152, S. 54, im Folgenden: Entscheidung ANSAC). Die Kommission versuche auch nicht, ihre Behauptung zu untermauern, dass sich die Abnehmer ohne General Chemical möglicherweise nach anderen, eventuell sogar billigeren Versorgungsquellen auf dem westeuropäischen Festland umgesehen hätten. Die Klägerin verweist insoweit auf die Verordnung (EG) Nr. 823/95 der Kommission vom 10. April 1995 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Dinatriumcarbonat mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. 1995, L 83, S. 8), der zufolge die Handelsströme zwischen dem Vereinigten Königreich und Kontinentaleuropa nach Einstellung der missbräuchlichen Praktiken dreieinhalb Jahre lang nahezu gleich geblieben seien. 333    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 334    Nach ständiger Rechtsprechung müssen Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten in den Art. 81 EG und 82 EG vom Zweck dieses Merkmals ausgehen, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird (Urteile vom 31. Mai 1979, Hugin/Kommission, 22/78, Slg. 1979, 1869, Randnr. 17, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 89). 335    Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit tatsächlicher und rechtlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen können, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein (Urteile vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnr. 16, vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 47, sowie Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 334 angeführt, Randnr. 90). Wie oben in Randnr. 308 festgestellt, können 8 % des Gesamtabsatzvolumens der Klägerin an Natriumkarbonat nicht als unerheblicher Teil dieses Absatzvolumens angesehen werden. 336    Im vorliegenden Fall hat die Kommission rechtlich hinreichend dargelegt, dass die der Klägerin vorgeworfenen Praktiken den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnten. 337    Zum einen haben nämlich die Rabatte für Spitzenmengen eine Ausschlusswirkung, da ein Treuerabatt, der als Gegenleistung dafür eingeräumt wird, dass sich der Kunde verpflichtet, ausschließlich oder fast ausschließlich bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung einzukaufen, dazu dient, die Kunden durch die Gewährung finanzieller Vorteile vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abzuhalten (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 56; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, oben in Randnr. 296 angeführt, Randnr. 518). Da die Verhaltensweise der Klägerin Konkurrenten den Zugang zum Markt verwehrte, konnte sie Auswirkungen auf die Handelsströme und auf den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, oben in Randnr. 288 angeführt, Randnr. 103). 338    Zum anderen bezieht sich die Kommission auf ein Strategie-Papier der Klägerin vom 28. Juni 1985, wonach diese sämtliche Importe von schwerer Soda nach dem Vereinigten Königreich zu verhindern oder zu verdrängen suchte, mit Ausnahme der Lieferungen von General Chemical [vormals Allied] (Erwägungsgründe 66 bis 70 der angefochtenen Entscheidung). In diesem im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zitierten Papier der Klägerin heißt es: „Unsere Strategie ist es nach wie vor, auf der Basis ‚Lieferung frei Abnehmer‘ in jeder Hinsicht preislich wettbewerbsfähig zu bleiben, um die … Kernmenge [der Klägerin] zu erreichen, und Spitzenrabatte von bis zu 15 GBP/Tonne zu bieten, um von Allied zusätzliche Mengen zu übernehmen. Ziel ist, die Position von Allied bei unter 30 kt/Jahr zu halten. Es ist nicht unsere Absicht, Allied aus dem Markt zu verdrängen, da dies die Glasindustrie zwingen würde, nach Alternativen auf dem westeuropäischen Festland oder in Osteuropa Ausschau zu halten.“ 339    In ihren Schriftsätzen bestreitet die Klägerin weder die Existenz noch den Inhalt dieses Strategie-Papiers. Die Klägerin gibt somit selbst zu, dass ihre Praktiken zumindest potenziell zu anderen als den Handelsströmen führten, die sich auf einem dem Wettbewerb offenstehenden Markt ergeben würden. Insoweit ist festzustellen, dass das oben in Randnr. 335 genannte Kriterium, wonach die Beeinträchtigung der Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten nicht nur geringfügig sein darf, im vorliegenden Fall erfüllt ist. 340    Keines der Argumente der Klägerin ist geeignet, die Schlussfolgerung, dass die ihr vorgeworfenen Praktiken den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnten, in Frage zu stellen. 341    Erstens macht die Klägerin geltend, das Gericht habe im Urteil ICI II (oben in Randnr. 16 angeführt) die Analyse der Kommission zur Frage der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten beanstandet. Wie jedoch aus Randnr. 63 dieses Urteils hervorgeht, betraf die Mehrdeutigkeit, auf die das Gericht hingewiesen hat, nur den Umstand, dass die Kommission festgestellt hatte, dass die Maßnahmen der Klägerin den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen, statt festzustellen, dass sie zu einer Beeinträchtigung führen können. Im Übrigen hat das Gericht nicht in Frage gestellt, dass in dieser Rechtssache die von der Klägerin angewandten Maßnahmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnten. 342    Zweitens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe einen erheblichen Gesichtspunkt aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht in die angefochtene Entscheidung übernommen, nämlich dass sich die Preisfestsetzungspolitik der Klägerin auf den innergemeinschaftlichen Handel ausgewirkt habe. Hierzu ist festzustellen, dass sich die Kontrolle des Gerichts nicht auf einen Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, der nicht in die angefochtene Entscheidung übernommen wurde. Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung in dem Teil, der der Beeinträchtigung des Handels gewidmet ist, Art. 82 EG, wie ihn die Rechtsprechung auslegt, entspricht. 343    Drittens wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe nicht das im 152. Erwägungsgrund erwähnte Phänomen einer „strikten Trennung der nationalen Märkte in der Gemeinschaft“ und den Zusammenhang zwischen dieser Trennung und dem behaupteten Missbrauch erläutert. Die Entscheidung 91/300 habe darauf beruht, dass die Kommission eine Trennung der Märkte festgestellt habe, die sich aus zwischen der Klägerin und Solvay abgestimmten Verhaltensweisen ergeben habe. Diese seien Gegenstand der Entscheidung 91/297 gewesen, die dann vom Gericht für nichtig erklärt worden sei. Jedoch ist unabhängig von der Frage, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Ursachen der Trennung der Märkte hätte angeben müssen, zum einen festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass diese Trennung existierte, und zum anderen, dass der Inhalt der angefochtenen Entscheidung die Annahme rechtfertigt, dass die von der Klägerin angewandten Rabatte für Spitzenmengen durch ihre Ausschlusswirkung den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnten. 344    Viertens bestreitet die Klägerin die Behauptung der Kommission, der Klägerin sei daran gelegen gewesen, dass General Chemical auf dem betreffenden Markt präsent bleibe. Sie stützt sich insoweit auf die Entscheidung ANSAC, die am selben Tag erlassen wurde wie die Entscheidung 91/300. Die Klägerin weist aber nicht nach, dass die Entscheidung ANSAC der Entscheidung 91/300 widerspricht. Die von der Klägerin in der Klageschrift zitierte Stelle steht im Abschnitt Vorbringen von ANSAC und gehört nicht zur Würdigung der Kommission, die diesem Vorbringen im Übrigen nicht gefolgt ist. 345    Fünftens beruft sich die Klägerin auf die Verordnung Nr. 823/95, in deren 45. Erwägungsgrund es heißt: „Zwischen 1990 und dem Untersuchungszeitraum nahm der innergemeinschaftliche Handel mit in der EG hergestellter Soda nur geringfügig zu. Untereinander änderte sich die Position der Gemeinschaftshersteller auf den einzelnen nationalen Märkten kaum. So blieben insbesondere die Handelsströme zwischen dem Vereinigten Königreich und Kontinentaleuropa nahezu gleich.“ 346    Dass der Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und Kontinentaleuropa nach dem anerkannten Zeitpunkt der Einstellung der Zuwiderhandlungen unverändert blieb, genügt nicht für die Annahme, dass die der Klägerin vorgeworfenen Praktiken nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnten. 347    Nach alledem ist der sechste Klagegrund und folglich der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen. 2. Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße 348    Die Klägerin weist vorab darauf hin, ihr Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße sei nicht als irgendeine Anerkennung der Verletzung von Art. 82 EG zu verstehen und werde nur hilfsweise gestellt. 349    Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße auf vier Klagegründe: erstens Zeitablauf, zweitens fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, drittens fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung und viertens Vorliegen mildernder Umstände. Zum ersten Klagegrund: Zeitablauf Vorbringen der Parteien 350    Die Klägerin macht geltend, selbst wenn die Kommission befugt gewesen wäre, gegen sie eine Geldbuße festzusetzen, müsse das Gericht sie im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung aufheben. 351    Sie führt zunächst die Zeitspanne zwischen dem Erlass der Entscheidung 91/300 und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung an. 352    Sodann weist sie darauf hin, dass die Kommission die Gründe für die Geldbuße nicht zutreffend „artikuliert“ habe und nicht die Änderungen relevanter Umstände berücksichtigt habe, die seit dem Erlass der Entscheidung 91/300 eingetreten seien. Es sei nicht sicher, dass sich das Kollegium der Kommissionsmitglieder in der Sitzung, in der die angefochtene Entscheidung angeblich behandelt worden sei, dieser Änderungen bewusst gewesen sei. 353    Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 354    Die Prüfung des Vorbringens der Klägerin im Rahmen des ersten und des zweiten Klagegrundes zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung insgesamt ergibt, dass die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung die Verordnung Nr. 2988/74 sowie den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer beachtet hat. Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, die angefochtene Entscheidung verspätet erlassen zu haben. Zudem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht nicht nur die Schwere der Zuwiderhandlung und die besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern auch den Kontext der Zuwiderhandlung berücksichtigen und sicherstellen muss, dass ihr Vorgehen vor allem in Bezug auf solche Zuwiderhandlungen, die die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft besonders beeinträchtigen, abschreckende Wirkung hat (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 106; und Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 272). 355    Folglich ist die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße nicht wegen der Zeitspanne zwischen dem Erlass der Entscheidung 91/300 und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären. 356    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien 357    Die Klägerin trägt vor, die Geldbuße sei ganz offensichtlich zu hoch. Zudem sei ein Preisfestsetzungssystem wie das ihre noch nie Gegenstand einer „relevanten Entscheidung“ der Kommission oder eines Gemeinschaftsgerichts gewesen. Die Kommission habe somit einen grundsätzlichen Fehler begangen, als sie 1990 die angebliche Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ angesehen habe. Außerdem hätte die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße im Jahr 1990 die wegen einer Verletzung von Art. 81 EG festgesetzte Geldbuße mit berücksichtigen müssen. Die Kommission habe die Zuwiderhandlungen als völlig unterschiedlich angesehen, obwohl sich die Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel in der Gemeinschaft überlagert hätten, was zu einer doppelten Berücksichtigung und zu überhöhten Geldbußen geführt habe. 358    Außerdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen), verwiesen. Die angefochtene Entscheidung enthalte jedoch Feststellungen, die mit den Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen unvereinbar seien, insbesondere in Bezug auf den Umstand, dass nur die Wiederholung gleichartiger Zuwiderhandlungen als erschwerender Umstand angesehen werde. 359    Im Übrigen habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Klägerin seit dem Erlass der Entscheidung 91/300 kein einziges Mal eine Sanktion gemäß Art. 81 EG oder 82 EG verhängt worden sei. 360    Schließlich habe die Klägerin für die in der Entscheidung 91/300 festgesetzte Geldbuße 171 729,93 GBP und für die in der Entscheidung 91/297 festgesetzte Geldbuße 120 200 GBP für Garantien aufgewandt; beide Entscheidungen seien vom Gericht für nichtig erklärt worden. Die Kommission hätte diese Beträge bei der Festsetzung der Geldbuße im vorliegenden Fall berücksichtigen müssen. Zudem seien der Klägerin aufgrund ihrer Klagen wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung 91/300 und aufgrund eines überflüssigen und gegenstandslosen Rechtsmittels unwiederbringliche interne Kosten entstanden. Jedenfalls müsse die Geldbuße entsprechend dem Urteil Baustahlgewebe/Kommission (oben in Randnr. 115 angeführt) wegen der zu langen Dauer vom Beginn der Untersuchung im April 1989 bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung herabgesetzt werden. 361    Die Kommission entgegnet, die Bezugnahme auf die Entscheidung 91/297 liege neben der Sache, da diese Entscheidung für nichtig erklärt worden sei und sie insoweit keine neue Entscheidung erlassen habe. Die in der Entscheidung 91/300 festgesetzte Geldbuße entspreche zwar einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes der Klägerin mit Natriumkarbonat während eines bestimmten Geschäftsjahres, doch sei dies unerheblich, da die Geldbuße für eine Zuwiderhandlung festgesetzt worden sei, die mehrere Jahre lang begangen worden sei. Umsatz im Sinne der Verordnung Nr. 17 sei der weltweite Umsatz mit allen Produkten, und 10 Mio. ECU entsprächen einem sehr niedrigen Prozentsatz vom Gesamtumsatz der Klägerin. 362    Zu dem Argument der Klägerin, sie habe sich nicht an die Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen gehalten, weist die Kommission darauf hin, dass die Klägerin nicht behaupte, sie hätte diese Leitlinien anwenden müssen. Wären die in diesen Leitlinien vorgegebenen Richtwerte für die Festsetzung von Geldbußen angewandt worden, hätte dies bei einer so schweren Zuwiderhandlung wie der von der Klägerin begangenen zu einer höheren Geldbuße geführt. Jedenfalls gebe es keine Inkohärenz zwischen der angefochtenen Entscheidung und den Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen. Es sei nämlich klar, dass die Aufzählung in Abschnitt 2 der Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen „lediglich beispielhaft“ sei. 363    Dass der Klägerin seit 1990 keine Zuwiderhandlung vorgeworfen worden sei, könne bei der Bemessung der Geldbuße für eine vor diesem Zeitpunkt begangene Zuwiderhandlung nicht relevant sein. Ebenso wenig könnten nach dem Erlass der Entscheidung 91/300 entstandene Kosten für die Stellung von Garantien bei der Bemessung der Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt werden. Würdigung durch das Gericht 364    Erstens beanstandet die Klägerin die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der Höhe der gegen sie in der Entscheidung 91/300 festgesetzten Geldbuße. Da diese Entscheidung jedoch vom Gericht für nichtig erklärt wurde und der vorliegende Rechtsstreit lediglich einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und, hilfsweise, einen Antrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Geldbuße betrifft, sind die Argumente der Klägerin zu der in der Entscheidung 91/300 festgesetzten Geldbuße, die insbesondere in Randnr. 357 des vorliegenden Urteils angeführt sind, nicht zu prüfen. 365    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar bei der Festsetzung der einzelnen Geldbußen über ein Ermessen verfügt, ohne verpflichtet zu sein, eine genaue mathematische Formel anzuwenden; das Gericht hat jedoch gemäß Art. 17 der Verordnung Nr. 17 bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße festgesetzt ist, die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Sinne von Art. 229 EG und kann somit die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen (Urteile des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 165, und vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 358). 366    Hinsichtlich der Anwendung, dass die Entscheidung 91/300 wegen eines Verfahrensfehlers für nichtig erklärt worden war und der Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen ist daran zu erinnern, dass die Kommission deshalb ohne Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens zum Erlass einer neuen Entscheidung berechtigt war. 367    Da der Inhalt der angefochtenen Entscheidung nahezu identisch ist mit dem der Entscheidung 91/300 und diese beiden Entscheidungen auf die gleichen Gründe gestützt werden, unterliegt die angefochtene Entscheidung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße den Regeln, die beim Erlass der Entscheidung 91/300 galten. 368    Die Kommission hat nämlich das Verfahren in dem Stadium wieder aufgenommen, in dem der Verfahrensfehler begangen wurde, und hat, ohne den Fall im Licht von Regeln, die beim erstmaligen Erlass nicht existierten, neu zu beurteilen, eine neue Entscheidung erlassen. Bei dem Erlass einer neuen Entscheidung ist naturgemäß die Anwendung von Leitlinien, die nach dem erstmaligen Erlass ergangen sind, ausgeschlossen. 369    Somit sind die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen im vorliegenden Fall nicht anwendbar. 370    Drittens war die Kommission der Ansicht, dass es sich bei den der Klägerin vorgeworfenen Zuwiderhandlungen um „besonders schwere Verstöße“ gehandelt habe (156. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 371    Nach der Rechtsprechung ist die Höhe der Geldbußen nach Maßgabe der Umstände des Verstoßes und seiner Schwere abzustufen, und die Schwere des Verstoßes ist für die Zwecke der Festsetzung des Betrags der Geldbuße namentlich unter Berücksichtigung der Art der erreichten Wettbewerbsbeschränkungen zu würdigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994, CB und Europay/Kommission, T‑39/92 und T‑40/92, Slg. 1994, II‑49, Randnr. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung). 372    Somit kann die Kommission bei der Beurteilung der Schwere eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln, der einem Unternehmen zuzurechnen ist, zur Bestimmung einer in einem angemessenen Verhältnis dazu stehenden Geldbuße folgende Gesichtspunkte berücksichtigen: die besonders lange Dauer bestimmter Zuwiderhandlungen, die Anzahl und die Vielfalt der Zuwiderhandlungen, die alle oder nahezu alle Produkte des in Rede stehenden Unternehmens betrafen und von denen einige alle Mitgliedstaaten berührten, die besondere Schwere der Zuwiderhandlungen, die außerdem Teil einer planmäßigen und zusammenhängenden Strategie waren, die darauf abzielte, durch verschiedene Verdrängungspraktiken gegenüber den Wettbewerbern und durch eine Politik der Bindung der Kunden die beherrschende Stellung des Unternehmens auf Märkten, auf denen der Wettbewerb bereits eingeschränkt war, künstlich aufrechtzuerhalten oder zu verstärken, und die besonders schädlichen Auswirkungen der Missbräuche im Bereich des Wettbewerbs und den Vorteil, den das Unternehmen aus seinen Zuwiderhandlungen gezogen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, Slg. 1994, II‑755, Randnrn. 240 und 241). 373    Im vorliegenden Fall rechtfertigten die der Klägerin vorgeworfenen Verhaltensweisen die von der Kommission vorgenommene Einstufung. 374    Durch die Gewährung von Rabatten für Spitzenmengen an ihre Abnehmer und durch den Abschluss von Anbindungsvereinbarungen mit diesen hat die Klägerin den Wettbewerb gravierend beeinträchtigt. Die Kommission führt zutreffend aus: „Die Verstöße [der Klägerin] waren Teil einer überlegten Politik mit dem Ziel, [ihre] Kontrolle … über den [relevanten Markt] in einer Weise zu konsolidieren, die in krassem Widerspruch zu den grundlegenden Zielen des EG-Vertrags steht. Außerdem zielten sie konkret darauf ab, das Geschäft bestimmter Wettbewerber einzuschränken oder zu schädigen. Indem der Marktzugang für Wettbewerber auf lange Zeit erschwert wurde, hat [die Klägerin] die Marktstruktur zu Lasten der Verbraucher nachhaltig beeinträchtigt.“ 375    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nach den Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen, auch wenn sie im vorliegenden Fall nicht anwendbar sind, Treuerabatte von einer beherrschenden Firma in der Absicht, Wettbewerber auszuschließen, einen schweren Verstoß darstellen, bei dem als Ausgangsbetrag für die Festsetzung der voraussichtlichen Geldbuße 1 bis 20 Mio. Euro vorgesehen sind. 376    Was viertens den Wiederholungsfall betrifft, hat die Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts bestätigt, dass der im 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erhobene Vorwurf, gegen die Klägerin seien wiederholt erhebliche Geldbußen wegen unzulässiger Absprachen in der chemischen Industrie (Peroxide, Polypropylen, PVC) festgesetzt worden, einen erschwerenden Umstand darstelle. 377    In dieser Hinsicht ist nach der Rechtsprechung bei der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung auch ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 128 angeführt, Randnr. 91; Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 348). 378    Der Begriff des Wiederholungsfalls wird in einigen nationalen Rechtsordnungen so verstanden, dass jemand neue Zuwiderhandlungen begeht, nachdem ähnliche von ihm begangene Zuwiderhandlungen geahndet worden waren (Urteil vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 617). 379     Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gehen, auch wenn sie auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar sind, in dieselbe Richtung, indem sie auf einen „gleichartigen Verstoß“ verweisen. 380    Die Zuwiderhandlungen, für die gegen die Klägerin wiederholt erhebliche Geldbußen wegen unzulässiger Absprachen in der chemischen Industrie festgesetzt worden sind, stehen alle mit Art. 81 EG in Zusammenhang. Wie die Kommission erläutert hat, geht es nämlich um ihre Entscheidungen 69/243/EWG vom 24. Juli 1969 über ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/26.267 – Farbstoffe) (ABl. L 195, S. 11), 86/398/EWG vom 23. April 1986 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/31.149 – Polypropylen) (ABl. L 230, S. 1) und 89/190/EWG vom 21. Dezember 1988 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/31.865 – PVC) (ABl. 1989, L 74, S. 1). Außerdem unterscheiden sich die Praktiken, die Gegenstand der in der vorstehenden Randnummer genannten Entscheidungen waren, erheblich von denjenigen, die im vorliegenden Fall in Rede stehen. 381    Da die Kommission somit zu Unrecht einen erschwerenden Umstand gegenüber der Klägerin berücksichtigt hat, ist die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Höhe der festgesetzten Geldbuße um 5 % herabzusetzen. 382    Fünftens greift das Argument der Klägerin, gegen sie sei seit dem Erlass der Entscheidung 91/300 kein einziges Mal eine Sanktion nach Art. 81 EG oder 82 EG verhängt worden, nicht durch, da sich die angefochtene Entscheidung allein auf vor 1990 liegende Sachverhalte bezieht. 383    Sechstens ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission hätte zum einen die Kosten, die für die Stellung von Garantien für die in der Entscheidung 91/300 festgesetzte Geldbuße und für die in der Entscheidung 91/297 festgesetzte Geldbuße angefallen seien, berücksichtigen müssen, als sie die Höhe der Geldbuße im vorliegenden Fall festgesetzt habe, und zum anderen die unwiederbringlichen internen Kosten, die aufgrund der Klagen wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung 91/300 und aufgrund eines überflüssigen und gegenstandslosen Rechtsmittels entstanden seien. Nach der Rechtsprechung muss die Kommission nämlich bei der Bemessung der Geldbuße die Schwere der Zuwiderhandlung und die besonderen Umstände des Einzelfalls, aber auch den Kontext der Zuwiderhandlung berücksichtigen und sicherstellen, dass ihr Vorgehen vor allem in Bezug auf solche Zuwiderhandlungen, die die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft besonders beeinträchtigen, abschreckende Wirkung hat (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 354 angeführt, Randnr. 106, und Degussa/Kommission, oben in Randnr. 354 angeführt, Randnr. 272). Im vorliegenden Fall kann jedoch – unterstellt, der Klägerin wären für die Stellung der Garantien für die Zahlung von Geldbußen, die in später für nichtig erklärten Entscheidungen festgesetzt wurden, und für die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer dieser Entscheidungen Kosten entstanden – der Kommission nicht vorgeworfen werden, diese Kosten nicht berücksichtigt zu haben, weil die Klägerin deren Erstattung im Rahmen einer Schadensersatzklage hätte verlangen können. 384    Siebtens hat das Gericht bei der Prüfung des ersten Klagegrundes die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer zurückgewiesen. Somit kann die Rechtsprechung im Urteil Baustahlgewebe/Kommission (oben in Randnr. 115 angeführt), die die Feststellung einer Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer voraussetzt, im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. 385    Da die Kommission im Ergebnis zu Unrecht einen erschwerenden Umstand gegenüber der Klägerin berücksichtigt hat, ist die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Höhe der festgesetzten Geldbuße um 5 %, d. h. 500 000 Euro, herabzusetzen. Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien 386    Zum Ende der Zuwiderhandlung macht die Klägerin geltend, die Schlussfolgerungen der Kommission seien widersprüchlich und nicht durch Beweise untermauert. 387    Im zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heiße es nämlich, die Zuwiderhandlung sei „bis ungefähr Ende 1990“ fortgesetzt worden. Dagegen sei in den Erwägungsgründen 160 und 161 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Zuwiderhandlung „bis mindestens Ende 1989“ fortgesetzt worden sei und dass die Klägerin die Rabatte für Spitzenmengen mit Wirkung vom „1. Januar 1990“ aufgegeben habe. Auch in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung nenne die Kommission „mindestens Ende 1989“ als Endzeitpunkt der Zuwiderhandlung. Außerdem behauptet die Klägerin, die Kommission erbringe keinen Beweis dafür, dass es nach 1989 ein Fehlverhalten gegeben habe. 388    Zum Beginn der Zuwiderhandlung trägt die Klägerin vor, die Kommission verfüge über keinerlei Beweis dafür, dass die Zuwiderhandlung 1983 begonnen habe, oder über die Identität von Abnehmern, die Rabatte für Spitzenmengen erhalten hätten. So habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung das Jahr 1984 angegeben. Jedenfalls datiere keines der Schriftstücke, auf die sich die Kommission stütze, von einem Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1985. 389    Da die Höhe der Geldbuße offenbar auf der Grundlage von acht Jahren bestimmt worden sei, nämlich der Jahre 1983 bis 1990, die Kommission aber nur Beweise für eine Dauer von fünf Jahren vorlege, nämlich für die Jahre 1985 bis 1989, sei der Betrag unbeschadet anderer vorgetragener Erwägungen um 35 % bis 40 % herabzusetzen. 390    Die Kommission weist zum Ende der Zuwiderhandlung darauf hin, dass die von der Klägerin angesprochene Unstimmigkeit auf den zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beschränkt sei, wo angegeben sei, dass die Rabatte für Spitzenmengen von der Klägerin Ende 1990 nicht mehr angeboten worden seien, während aus den übrigen Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung klar hervorgehe, dass die Zuwiderhandlung Ende des Jahres 1989 eingestellt worden sei. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder habe die angefochtene Entscheidung als Gesamtheit erlassen, und es bestehe keine Unklarheit. 391    Zum Beginn der Zuwiderhandlung räumt die Kommission ein, dass sie nicht genau wisse, wann die Vereinbarungen über die Rabatte für Spitzenmengen in den Jahren 1983 oder 1984 geschlossen worden seien, doch sei unbestreitbar, dass diese Praktiken länger als fünf Jahre gedauert hätten, dass sie vor 1985 begonnen hätten und dass sie erst Ende 1989 aufgegeben worden seien. Die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße sei daher für eine Zuwiderhandlung von solcher Dauer nicht überhöht Würdigung durch das Gericht 392    Zunächst ist festzustellen, dass dieser Klagegrund, obwohl er formell auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße gerichtet ist, auch als Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu verstehen ist, da in deren Art. 1 festgestellt wird, dass die Klägerin im Jahr 1983 gegen Art. 82 EG verstoßen hat. 393    In der angefochtenen Entscheidung ist zur Dauer der Zuwiderhandlung ausgeführt: „(2)      Von etwa 1983 bis ungefähr Ende 1990 hat [die Klägerin ihre] beherrschende Stellung auf dem Markt für Natriumkarbonat (Soda) im Vereinigten Königreich missbraucht, indem [sie] gegenüber [ihren] Hauptabnehmern ein System von Treuerabatten und Preisabschlägen für Spitzenmengen (‚top-slice rebates‘) praktizierte und vertragliche Vereinbarungen zur Sicherung der Alleinbelieferung durch [sie] sowie andere Vorkehrungen traf, mit denen die vollständige Bindung der Abnehmer an [sie] und die Ausschließung der Wettbewerber bezweckt und bewirkt wurde. … (160) Die Zuwiderhandlung begann etwa 1983 – kurz nach den Verhandlungen mit der Kommission und der Einstellung des Verfahrens durch die Kommission – und wurde bis mindestens Ende 1989 fortgesetzt. (161) Die Kommission berücksichtigt den Umstand, dass [die Klägerin] das ‚Top-slice‘-Rabattsystem mit Wirkung vom 1. Januar 1990 aufgegeben hat.“ 394    Sodann bestimmt Art. 1 der angefochtenen Entscheidung:: „[Die Klägerin] hat von etwa 1983 bis mindestens Ende 1989 durch ein Verhalten gegen Artikel [82 EG] verstoßen, das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken …“ 395    Folglich enthalten, was den Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung angeht, die Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung einen Widerspruch: Während es in der einen heißt „bis ungefähr Ende 1990“, sehen die anderen Ende des Jahres1989 vor. 396    Insoweit ist davon auszugehen, dass, wie in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung angegeben, die Zuwiderhandlung bis „mindestens Ende 1989“ dauerte, was auch im 160. Erwägungsgrund zur Dauer der Zuwiderhandlung gesagt wird. Die Angabe „ungefähr Ende 1990“ im zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der nur eine Zusammenfassung der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung darstellt, ist folglich als Schreibfehler anzusehen. 397    Zum Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung macht die Klägerin geltend, die Kommission verfüge über keinen Beweis für die Jahre 1983 und 1984, während die Kommission vorträgt, die Klägerin habe die Vereinbarungen über die Rabatte für Spitzenmengen vor 1985 geschlossen, aber einräumt, nicht zu wissen, wann genau diese Vereinbarungen in den Jahren 1983 bzw. 1984 geschlossen worden seien. 398    Auf eine schriftliche Frage des Gerichts hat die Kommission bestimmte Dokumente in der Akte angeführt, die nach ihrer Auffassung zeigen, dass die der Klägerin vorgeworfenen Praktiken 1983 und 1984 eingeführt wurden. 399    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst auf das Jahr 1984 Bezug genommen hat und dass im 60. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt ist, nach Aussage der Klägerin seien die Rabatte von 1984 an in den meisten Fällen auf individueller Basis ausgehandelt worden. 400    Zum anderen stützen die von der Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts angeführten Dokumente nicht die Ansicht, dass die der Klägerin vorgeworfene Zuwiderhandlung bereits 1983 stattfand. Die Kommission räumt im Übrigen ein, dass sie nicht genau wisse, wann die Vereinbarungen über die Rabatte für Spitzenmengen geschlossen worden seien (siehe oben, Randnr. 391). 401    Daher ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin festgestellt wird, dass die Klägerin im Jahr 1983 gegen Art. 82 EG verstoßen hat. 402    Infolgedessen ist die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße um 15 %, d. h. 1 500 000 Euro, herabzusetzen. Zum vierten Klagegrund: Vorliegen mildernder Umstände 403    Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung neun mildernde Umstände anerkennen müssen. Zum ersten Teil: Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission 404    Die Klägerin trägt vor, sie habe ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit unter Beweis gestellt, indem sie die Kommission in allen Stadien der Untersuchung uneingeschränkt unterstützt habe und zur Anhörung mit den Zeugen erschienen sei, die am meisten zum Verständnis des Sachverhalts beigetragen hätten. Das Gericht habe in seinem Urteil vom 10. März 1992, ICI/Kommission (T‑13/89, Slg. 1992, II‑1021, Randnr. 35), aus diesem Grund die Geldbuße um eine Mio. ECU herabgesetzt. 405    In Art. 11 („Auskunftsverlangen“) der Verordnung Nr. 17 heißt es: „4.      Zur Erteilung der Auskunft sind die Inhaber der Unternehmen oder deren Vertreter, bei juristischen Personen, Gesellschaften und nicht rechtsfähigen Vereinen die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen, verpflichtet. 5.      Wird eine von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskunft durch Entscheidung an. Die Entscheidung bezeichnet die geforderten Auskünfte, bestimmt eine angemessene Frist zur Erteilung der Auskünfte und weist auf die in Artikel 15 Absatz (1) Buchstabe b) und Artikel 16 Absatz (1) Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.“ 406    Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt eine Mitwirkung an der Untersuchung, die nicht über das hinausgeht, wozu die Unternehmen nach Art. 11 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet sind, keine Herabsetzung der Geldbuße (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T‑12/89, Slg. 1992, II‑907, Randnrn. 341 und 342, und vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnr. 218). Dagegen ist eine solche Herabsetzung gerechtfertigt, wenn das Unternehmen Auskünfte gegeben hat, die weit über das hinausgehen, was die Kommission gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 verlangen kann (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Daesang und Sewon Europe/Kommission, T‑230/00, Slg. 2003, II‑2733, Randnr. 137). 407    Im Urteil vom 10. März 1992, ICI/Kommission (oben in Randnr. 404 angeführt, Randnr. 393), hatte das Gericht die besondere Ausführlichkeit der Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen hervorgehoben, die sich nicht nur auf die Handlungen der Klägerin, sondern auch auf die der gesamten betroffenen Unternehmen bezog und ohne die es für die Kommission wesentlich schwerer gewesen wäre, die Zuwiderhandlung, die Gegenstand der Entscheidung 91/300 ist, festzustellen und zu beenden. 408    Im vorliegenden Fall begnügt sich die Klägerin jedoch mit der Behauptung, ohne irgendeinen Beweis zu erbringen, dass sie die Kommission in allen Stadien der Untersuchung uneingeschränkt unterstützt habe und zur Anhörung mit den Zeugen erschienen sei, die am meisten zum Verständnis des Sachverhalts beigetragen hätten. 409    Jedenfalls kann das Verhalten der Klägerin nicht als Mitwirkung an der Untersuchung, die über das hinausgeht, wozu die Unternehmen nach Art. 11 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet sind, eingestuft werden. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass das Unternehmen Auskünfte gegeben hat, die weit über das hinausgehen, was die Kommission gemäß diesem Art. 11 verlangen kann. 410    Da im Verhalten der Klägerin kein mildernder Umstand gesehen werden kann, ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: fehlender Vorsatz bei den Vereinbarungen über die Preisfestsetzung 411    Die Klägerin trägt vor, die Vereinbarungen über die Preisfestsetzung im Natriumkarbonatsektor seien seitens der Beteiligten keine planmäßige Politik gewesen, gegen die Wettbewerbsregeln zu verstoßen. Sie verweist auf einen internen Vermerk vom 29. November 1988 des Commercial Manager ihrer Soda Ash Products Division, der der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelt worden war. In diesem Vermerk heißt es: „Im Hinblick auf die Treffen von Soda Ash Products mit [der Generaldirektion Wettbewerb] vor einigen Jahren glaube ich nicht, dass wir in Bezug auf die Art unserer Verträge ein größeres Problem haben.“ In diesem Vermerk ist auch die Rede davon, dass die Abgrenzungsgrenzlinie häufig sehr dünn sei zwischen, z. B., Optimierung einer Marktposition und Missbrauch einer beherrschenden Stellung. Jedenfalls meint die Klägerin, ihr Verhalten sei in keinem früheren Urteil des Gerichtshofs bzw. des Gerichts als missbräuchlich eingestuft worden. Wenn daher eine Zuwiderhandlung vorliege, sei sie als „technische Zuwiderhandlung“ zu betrachten. 412    Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Einstufung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags als vorsätzlich nicht voraus, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen ein in diesen Regeln aufgestelltes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt, dass es wissen musste, dass das beanstandete Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte (Urteile des Gerichts vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, T‑65/89, Slg. 1993, II‑389, Randnr. 165, und vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 155). 413    Wie die Kommission in Randnr. 137 der angefochtenen Entscheidung zutreffend bemerkt, hat der Gerichtshof bereits in mehreren Urteilen Praktiken verurteilt, durch die Wettbewerber von den Kunden dadurch ferngehalten werden, dass Letztere an den beherrschenden Lieferanten gebunden werden. In diesem Zusammenhang ist durch das Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission (oben in Randnr. 216 angeführt) insbesondere anerkannt worden, dass ein Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, seine Stellung im Sinne des Art. 82 EG missbräuchlich ausnützt, ohne dass es darauf ankäme, ob die fragliche Verpflichtung ohne Weiteres oder gegen eine Rabattgewährung eingegangen worden ist. 414    Ferner geht aus dem 108. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass es in einem von der Klägerin verfassten Vermerk mit dem Titel „Probleme und Ziele 1989“ heißt: „Frage der Legalität des Spitzenrabattsystems und Alternativen prüfen“. 415    Wie überdies die Kommission im 158. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung feststellt, „… kannte [die Klägerin] aus den ausgedehnten Verhandlungen mit der Kommission zwischen 1980 und 1982 sehr wohl die Vorschriften des Artikels 82 [EG]. Die Einführung der ‚Top-slice‘-Rabatte um das Jahr 1983 erfolgte, kurz nachdem ICI der Kommission spezielle Zusicherungen gegeben hatte, dass den Abnehmern keine besonderen Anreize geboten würden, ihren gesamten oder nahezu gesamten Bedarf an kalzinierter Soda von ICI zu beziehen.“ 416    Somit musste die Klägerin wissen, dass die in der angefochtenen Entscheidung beanstandeten Praktiken eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckten oder bewirkten. 417    Der interne Vermerk des Commercial Manager der Soda Ash Products Division der Klägerin vom 29. November 1988 kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen, da in der Rechtsprechung bereits die Rechtswidrigkeit ähnlicher Praktiken wie der der Klägerin von der Kommission zur Last gelegten anerkannt war. 418    Folglich ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Präventivmaßnahmen 419    Die Klägerin trägt vor, sie habe weitgehende Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften zu überwachen. Zu diesen Maßnahmen gehöre ein umfassendes Ausbildungs- und Fortbildungsprogramm, das von internen und externen Rechtsanwälten durchgeführt werde. Eine professionell produzierte Videokassette, die an mehr als 170 andere Unternehmen verkauft worden sei, sowie eine Broschüre mit Erläuterungen seien verwendet worden. Diese Maßnahmen hätten gewirkt, wie das Fehlen jeglicher Beschwerde über wettbewerbsrechtliche Verstöße in den 10 Jahren seit dem Erlass der Entscheidung 91/300 zeige. 420    Insoweit ist es zwar sicher wichtig, dass ein Unternehmen Maßnahmen ergriffen hat, um künftige Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft zu verhindern, doch ändert dies nichts daran, dass die festgestellte Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde. Die bloße Tatsache, dass die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis in bestimmten Fällen die Einführung eines Befolgungsprogramms als mildernden Umstand berücksichtigt hat, bedeutet nicht, dass sie verpflichtet wäre, in jedem Einzelfall ebenso vorzugehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 266 und die dort angeführte Rechtsprechung). 421    Daher kann der Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht vorgeworfen werden, dass sie die Präventivmaßnahmen, die die Klägerin ergriffen zu haben behauptet, im Rahmen der Prüfung der mildernden Umstände nicht berücksichtigt hat. 422    Folglich ist der dritte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum vierten Teil: Aufgabe der Rabatte für Spitzenmengen 423    Die Klägerin macht geltend, bereits lange vor Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte seien ihre Vereinbarungen über die Festsetzung der Preise für Natriumkarbonat freiwillig neu verhandelt worden, um die Rabatte für Spitzenmengen zu vermeiden und einen einzigen verhandelten Preis ohne jeglichen Rabatt festzulegen. Sie beruft sich auf die Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4). In dieser sei vorgesehen, dass die freiwillige Aufgabe der Praktiken in einem frühen Stadium ein Faktor sei, der zu einer wesentlichen Herabsetzung der Geldbuße führe. Auch nach Abschnitt 3 der Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen handele es sich um einen Faktor, der eine sehr wesentliche Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige. 424    Nach Abschnitt 3 der Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen ist die Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen) ein mildernder Umstand. 425    Die Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen sind jedoch, wie sich aus den Randnrn. 366 bis 369 ergibt, im vorliegenden Fall nicht anwendbar. 426    Selbst wenn die Leitlinien im vorliegenden Fall anwendbar wären, ist jedoch festzustellen, dass die Voraussetzungen des Abschnitts 3 der Leitlinien im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Es kann nämlich nicht angenommen werden, dass die Klägerin nach dem ersten Eingreifen der Kommission keine Verstöße mehr begangen hat, wie dies die Leitlinien verlangen, damit die Beendigung der Zuwiderhandlung einen mildernden Umstand darstellt. Insoweit ergibt sich aus Randnr. 3 des vorliegenden Urteils, dass die Kommission die ersten Nachprüfungen im April 1989 durchführte, während die Klägerin das Spitzenrabattsystem ab dem 1. Januar 1990 aufgab, wie aus dem 161. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht. 427    Im Übrigen ist Abschnitt 3 der Leitlinien nicht dahin auszulegen, dass die bloße Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission allgemein und vorbehaltlos einen mildernden Umstand darstellt. Eine solche Auslegung von Art. 3 der Leitlinien würde aber die praktische Wirksamkeit der Vorschriften, die die Erhaltung eines effizienten Wettbewerbs ermöglichen, mindern, da sie sowohl die Sanktion, die wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG verhängt werden kann, als auch ihre abschreckende Wirkung abschwächen würde. Daher ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass nur besondere Umstände des Einzelfalls, unter denen eine Beendigung des Verstoßes nach dem ersten Eingreifen der Kommission konkret verwirklicht wird, die Berücksichtigung dieser Beendigung als mildernden Umstand rechtfertigen können (Urteil des Gerichts vom 27.. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnrn. 335 und 338). 428    Im vorliegenden Fall wirft die Kommission der Klägerin vor, ihre beherrschende Stellung auf dem Sodamarkt im Vereinigten Königreich missbraucht zu haben, indem sie gegenüber ihren Hauptabnehmern ein System von Treuerabatten und Preisabschlägen für Spitzenmengen praktiziert und vertragliche Vereinbarungen zur Sicherung der Alleinbelieferung durch sie sowie andere Vorkehrungen getroffen habe, mit denen die vollständige oder nahezu vollständige Bindung der Abnehmer an sie und die Ausschließung der Wettbewerber bezweckt und bewirkt worden sei. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht das Vorliegen und den Inhalt der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Unterlagen bestreitet, aus denen hervorgeht, dass diese Rabatte nicht auf einer wirtschaftlich gerechtfertigten Gegenleistung beruhten und die Abnehmer vom Bezug bei konkurrierenden Herstellern abhalten sollten. Außerdem ist hervorzuheben, dass, wie oben in den Randnrn. 370, 373 und 374 festgestellt, der Klägerin besonders schwere Verstöße vorgeworfen werden. 429    Somit wäre, selbst wenn die Leitlinien anwendbar wären und die Klägerin nach dem ersten Eingreifen der Kommission aufgehört hätte, ihren Abnehmern Rabatte für Spitzenmengen anzubieten, eine solche Beendigung nicht als mildernder Umstand anzusehen. 430    Folglich ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum fünften Teil: begrenzte Auswirkung der Rabatte 431    Die Klägerin trägt vor, die von den Rabatten für Spitzenmengen betroffenen Mengen hätten nur 8 % ihres Gesamtabsatzes an Natriumkarbonat ausgemacht. 432    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung zahlreiche Faktoren berücksichtigen muss, die je nach der Art der fraglichen Zuwiderhandlung und nach den besonderen Umständen des Einzelfalls von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind. Zu diesen Faktoren kann die Menge und der Wert der Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, sowie die Größe und die Wirtschaftskraft des Unternehmens und damit der Einfluss gehören, den es auf den Markt ausüben konnte (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 354 angeführt, Randnr. 120). 433    Im vorliegenden Fall hat die Kommission zur Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung ausgeführt: „(156) Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Auffassung, dass es sich um besonders schwere Verstöße gegen Artikel 82 [EG] handelt. Die Verstöße waren Teil einer überlegten Politik mit dem Ziel, die Kontrolle [der Klägerin] über den [relevanten Markt] in einer Weise zu konsolidieren, die in krassem Widerspruch zu den grundlegenden Zielen des EG-Vertrags steht. Außerdem zielten sie konkret darauf ab, das Geschäft bestimmter Wettbewerber einzuschränken oder zu schädigen. (157) Indem der Marktzugang für Wettbewerber auf lange Zeit erschwert wurde, hat [die Klägerin] die Marktstruktur zu Lasten der Verbraucher nachhaltig beeinträchtigt.“ 434    Die Kommission hat somit sehr wohl den Einfluss berücksichtigt, den die Zuwiderhandlung auf den Markt ausüben konnte; dieser Einfluss beschränkt sich unter den gegebenen Umständen nicht nur auf die von den Rabatten für Spitzenmengen betroffenen Mengen Natriumkarbonat. 435    Jedenfalls können nach ständiger Rechtsprechung Gesichtspunkte, die den Gegenstand eines Verhaltens betreffen, für die Festsetzung der Geldbuße größere Bedeutung haben als Gesichtspunkte, die die Wirkungen des Verhaltens betreffen (Urteile Thyssen Stahl/Kommission, oben in Randnr. 378 angeführt, Randnr. 636, und Michelin/Kommission, oben in Randnr. 295 angeführt, Randnr. 259). 436    Folglich ist der fünfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum sechsten Teil: Nichtbeanstandung anderer Gesichtspunkte der Lieferverträge 437    Die Klägerin macht geltend, die Kommission beanstande nicht die Laufzeit ihrer Verträge über die Lieferung von Natriumkarbonat, die Verwendung von Wettbewerbsklauseln, die Verträge über den jeweiligen Gesamtbedarf der Abnehmer, die Rabatte für die Kernmenge und auch nicht sonstige Nachlässe, die 92 % ihres Produktionsvolumens beträfen. 438    Insoweit genügt der Hinweis, dass solche Praktiken nicht von der angefochtenen Entscheidung erfasst werden. 439    Dass andere Gesichtspunkte betreffend Lieferverträge von der Kommission nicht beanstandet werden, stellt in Bezug auf die Zuwiderhandlung, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist, keinen mildernden Umstand dar. 440    Folglich ist der sechste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum siebten Teil: kein Vorteil aus der Zuwiderhandlung 441    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie aus den ihr vorgeworfenen Praktiken einen Vorteil gezogen habe. Ihr Absatz sei Anfang der 80er Jahre zurückgegangen, und sie sei gezwungen gewesen, ihre Produktionskapazität durch Schließung ihres Werkes in Wallerscote (Vereinigtes Königreich) zu rationalisieren. Die Lage sei dann wieder besser geworden, aber ihre Gesamtgewinne seien in den 80er Jahren durchweg mäßig geblieben. 442    Die Klägerin führt jedoch keinerlei Tatsachen oder Beweise an, um ihr Vorbringen, dass sie keinen Vorteil gehabt habe, zu stützen. 443    Außerdem ist, unterstellt, die Klägerin hätte keinen Vorteil aus den ihr vorgeworfenen Praktiken gehabt, zu beachten, dass die Höhe der verhängten Geldbuße zwar in einem angemessenen Verhältnis stehen muss zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte, dass jedoch die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegensteht, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren. Somit muss die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils nicht berücksichtigen. Überdies ist das Fehlen eines finanziellen Vorteils aus der Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Randnrn. 184 bis 186 und die dort angeführte Rechtsprechung). 444    Folglich ist der siebte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum achten Teil: keine Geheimhaltung der Zuwiderhandlung 445    Die Klägerin trägt vor, vorliegend fehle es in Bezug auf die Rabatte für Spitzenmengen an dem erschwerenden Umstand der Geheimhaltung. Infolge der Antidumpingmaßnahmen der Kommission sei der Natriumkarbonatmarkt transparent und preissensibel gewesen, und die Verbraucher hätten für ihre jährlichen Verträge auf gemeinschaftsweiter oder globaler Grundlage agiert. 446    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung den geheimen Charakter als erschwerenden Umstand berücksichtigen kann (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf ein Kartell Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 213). 447    Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die fehlende Geheimhaltung einen mildernden Umstand darstellt. 448    Daher ist der achte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum neunten Teil: Art der Wettbewerber 449    Die Klägerin trägt vor, die Rabatte für Spitzenmengen hätten nur ihre außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Wettbewerber betroffen. Diese hätten in den 80er Jahren durchweg selbst untereinander unfaire Preisfestsetzungspolitiken verfolgt. 450    Hierzu genügt die Feststellung, dass die Klägerin, unterstellt, die Rabatte für Spitzenmengen hätten nur ihre außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Wettbewerber betroffen, nicht darlegt, inwiefern die Tatsache, dass es sich um außerhalb der Gemeinschaft ansässige Unternehmen handelt, im vorliegenden Fall einen mildernden Umstand darstellen sollte. 451    Daher ist der neunte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. 452    Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als in ihr angegeben ist, dass die Zuwiderhandlungen in der Zeit von etwa 1983 bis Ende 1989 stattgefunden haben und nicht in der Zeit von 1984 bis Ende 1989, und insoweit abzuändern, als sie zu Unrecht zu Lasten der Klägerin den erschwerenden Umstand eines Wiederholungsfalls berücksichtigt. 453    Folglich wird der Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 8 Mio. Euro festgesetzt. Kosten 454    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. 455    Im vorliegenden Fall sind die Anträge der Klägerin für teilweise begründet erklärt worden. Das Gericht ist der Ansicht, dass bei angemessener Würdigung der Umstände des Einzelfalls der Klägerin vier Fünftel ihrer eigenen Kosten sowie vier Fünftel der Kosten der Kommission und der Kommission ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der Kosten der Klägerin aufzuerlegen sind. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Art. 1 der Entscheidung 2003/7/EG der Kommission vom 13. Dezember 2000 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (COMP/33.133 – D: Natriumkarbonat – ICI) wird für nichtig erklärt, soweit darin festgestellt wird, dass die Imperial Chemical Industries Ltd im Jahr 1983 gegen Art. 82 EG verstoßen hat. 2.      Der Betrag der gegen Imperial Chemical Industries in Art. 2 der Entscheidung 2003/7 festgesetzten Geldbuße wird auf 8 Mio. Euro festgesetzt. 3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4.      Imperial Chemical Industries trägt vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten der Europäischen Kommission. 5.      Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der Kosten von Imperial Chemical Industries. Meij Vadapalas Dittrich Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Juni 2010. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Verfahren Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Klagegrund: Unzuständigkeit der Kommission für den Erlass der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften Zum ersten Teil: Rechtswidrigkeit der Vorbereitungsphasen der Entscheidung 91/300 – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: überlange Dauer zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: Verletzung der Verpflichtung zu neuen Verfahrensschritten – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum vierten Teil: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum fünften Teil: Verletzung von Art. 253 EG – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung des relevanten Marktes Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum vierten Klagegrund: Fehlen einer beherrschenden Stellung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum fünften Klagegrund: kein Missbrauch einer beherrschenden Stellung Zum ersten Teil: Rabatte für Spitzenmengen – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Alleinbelieferungsklauseln und Einschränkung der Abnahme von Wettbewerbern – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: sonstige finanzielle Anreize – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Klagegrund: keine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2. Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße Zum ersten Klagegrund: Zeitablauf Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum vierten Klagegrund: Vorliegen mildernder Umstände Zum ersten Teil: Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission Zum zweiten Teil: fehlender Vorsatz bei den Vereinbarungen über die Preisfestsetzung Zum dritten Teil: Präventivmaßnahmen Zum vierten Teil: Aufgabe der Rabatte für Spitzenmengen Zum fünften Teil: begrenzte Auswirkung der Rabatte Zum sechsten Teil: Nichtbeanstandung anderer Gesichtspunkte der Lieferverträge Zum siebten Teil: kein Vorteil aus der Zuwiderhandlung Zum achten Teil: keine Geheimhaltung der Zuwiderhandlung Zum neunten Teil: Art der Wettbewerber Kosten * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Erste erweiterte Kammer) vom 18. September 2024.#Qualcomm, Inc. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für UMTS-Basisbandchips – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Verdrängungspreise – Zuständigkeit des Urhebers des Rechtsakts – Verteidigungsrechte – Abgrenzung des relevanten Marktes – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Rekonstruktion der Preise – Bestimmung der Referenzkosten – Preis-Kosten-Analyse – Entbehrlichkeit des Nachweises konkreter Auswirkungen – Verdrängungsabsicht – Objektive Rechtfertigung – Festsetzung des Betrags der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Umsatz – Zusatzbetrag – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-671/19.
62019TJ0671
ECLI:EU:T:2024:626
2024-09-18T00:00:00
Gericht
Vorläufige Fassung URTEIL DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer) 18. September 2024(*) „ Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für UMTS-Basisbandchips – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Verdrängungspreise – Zuständigkeit des Urhebers des Rechtsakts – Verteidigungsrechte – Abgrenzung des relevanten Marktes – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Rekonstruktion der Preise – Bestimmung der Referenzkosten – Preis-Kosten-Analyse – Entbehrlichkeit des Nachweises konkreter Auswirkungen – Verdrängungsabsicht – Objektive Rechtfertigung – Festsetzung des Betrags der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Umsatz – Zusatzbetrag – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung “ In der Rechtssache T‑671/19, Qualcomm Inc. mit Sitz in San Diego, Kalifornien (Vereinigte Staaten), vertreten durch Rechtsanwältin M. Davilla, Rechtsanwälte M. Pinto de Lemos Fermiano Rato und M. English sowie Rechtsanwältin A. Kontosakou, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet, G. Conte, M. Farley und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Nvidia Corp., vertreten durch Rechtsanwalt M. Dolmans, P. Stuart, Barrister-at-Law, und W. Lin, Solicitor, Streithelferin, erlässt DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter V. Valančius, R. Mastroianni (Berichterstatter), I. Gâlea und T. Tóth, Kanzler: M. Zwozdziak-Carbonne, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, auf die mündliche Verhandlung vom 13. bis 15. März 2023 folgendes Urteil 1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Qualcomm Inc., den Beschluss C(2019) 5361 final der Kommission vom 18. Juli 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39711 – Qualcomm [Verdrängungspreise]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) für nichtig zu erklären, oder, hilfsweise, die Aufhebung oder Herabsetzung der in diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße. Vorgeschichte des Rechtsstreits Hintergrund der Rechtssache 2        Qualcomm ist ein 1985 gegründetes US-amerikanisches Unternehmen, das im Bereich zellularer und drahtloser Technologien tätig ist. Sie übt ihre Tätigkeit hauptsächlich über Qualcomm CDMA Technologies (im Folgenden: QCT) und Qualcomm Technology Licensing aus. QCT entwickelt und liefert u. a. Basisband-Chipsätze, einen Halbleitertyp und eine Systemsoftware, die auf Code-Multiplex mit Mehrfachzugriff (Code Division Multiple Access, CDMA), Orthogonalen Frequenzmultiplexverfahren (Orthogonal Frequency Division Multiple Access, OFDMA) und anderen Technologien beruht, die vor allem für die Sprach- und Datenübertragung verwendet werden. Die Chips von Qualcomm werden (mitsamt der Lizenzierung ihrer Systemsoftware) an Unternehmen verkauft, die sie zur Ausstattung von Mobiltelefonen, Tablets, Laptops, Datenmodulen und anderen elektronischen Gebrauchsgütern verwenden. Qualcomm Technology Licensing führt das Programm zur Vergabe von Lizenzen in Bezug auf das geistige Eigentum von Qualcomm durch und vergibt hauptsächlich Lizenzen an die Anbieter von mobilen Geräten. 3        Mobile Geräte wie Mobiltelefone, Tablets und andere vernetzte Geräte erfordern eine mobile Hochgeschwindigkeits‑Internetverbindung über zellulare Mobilfunknetze. 4        Der Basisband-Prozessor ist die wichtigste Komponente, die in einem Gerät die mobile Verbindung ermöglicht und die Funktionalität der Signalverarbeitung nach den in den Mobilfunkstandards beschriebenen Kommunikationsprotokollen gewährleistet. Basisband-Prozessoren können direkt in mobile Geräte wie Smartphones oder in externe Module, die in ein Gerät eingebaut sind, integriert werden. Ein solcher Prozessor besteht aus Halbleitermaterialien (z. B. Silikon) und befindet sich in einem Chip, der „Basisband-Chip“ genannt wird. 5        Einige Arten von mobilen Geräten benötigen neben dem Basisband-Prozessor auch einen Anwendungsprozessor, der für die Verwaltung des Betriebssystems und von Anwendungen wie Messaging, Surfen im Internet, Bildverarbeitung und Spiele verwendet wird. Der Anwendungsprozessor kann als eigenständiges Produkt geliefert werden, das in einem separaten Chip verpackt ist, oder in denselben Chip wie der Basisband-Prozessor eingebaut werden. Somit können Basisband-Chips wie folgt unterteilt werden: –        eigenständige Basisband-Chips (auch als „Slim-Basisband-Chips“ oder „Slim-Modems“ bezeichnet), wenn kein Anwendungsprozessor enthalten ist; –        integrierte Basisband-Chips, wenn der Anwendungsprozessor eingebaut wurde. 6        Unabhängig davon, ob ein Anwendungsprozessor vorhanden ist, wird ein Basisband-Prozessor in der Regel mit zwei zusätzlichen Elementen kombiniert, die seine Funktionalität vervollständigen, nämlich dem integrierten Hochfrequenzschaltkreis, der auch „HF‑Sender/Empfänger“ genannt wird, und dem integrierten Stromversorgungsschaltkreis. Diese drei Elemente (Basisband-Prozessor, HF‑Sender/Empfänger und integrierter Stromversorgungsschaltkreis) sind für die mobile Verbindung erforderlich und werden im Allgemeinen – zusammen oder getrennt – beim selben Anbieter gekauft. 7        Basisband-Chips werden in der Regel an Zulieferer verkauft, die sie in Geräte mit mobiler Anbindung einbauen, wie Apple, HTC Corporation, Huawei Technologies Co. Ltd (im Folgenden: Huawei), LG Corp., Nokia Corporation, Samsung Group (im Folgenden: Samsung) und ZTE Corporation. 8        Zwischen 2009 und 2011 konnten mobile Geräte mit Basisband-Chips in zwei übergeordnete Kategorien eingeteilt werden. Erstens Mobiltelefone (verschiedene Arten, angefangen bei Geräten, die nur grundlegende Funktionen wie Sprachdienste anbieten, bis hin zu Smartphones) und zweitens MBB-Geräte, d. h. Geräte, die eine andere Verbindung als Mobiltelefone herstellen und in der Regel keine Sprachdienste anbieten (z. B. Tablets, Datenkarten wie USB-Sticks mit Mobilfunkzugang, drahtlose MiFi-Router und Laptops). 9        Bei etlichen MBB-Geräten, wie z. B. Datenkarten, tendierte man dazu, vor allem Slim-Modems zu verwenden, da keine Verarbeitungsfunktionen, sondern nur Konnektivitätsfunktionen benötigt wurden, und der Markt für diese Geräte, insbesondere der Markt für Geräte, die mit den auf der Technologie „Universal Mobile Telecommunications System“ (UMTS) beruhenden Mobilfunkstandards der dritten Generation (3G) kompatibel waren, war deutlich kleiner als der Markt für Mobiltelefone. 10      Wie oben in Rn. 4 dargelegt, muss ein Basisband-Chip für die Herstellung einer Verbindung einen der Mobilfunkstandards verwenden. Ursprünglich ermöglichten die Mobilfunkstandards der ersten Generation (1G), d. h. die analogen Mobilfunkstandards, und die Mobilfunkstandards der zweiten Generation (2G), d. h. die digitalen Mobilfunkstandards, die die analogen Mobilfunkstandards ersetzten, nur Sprachkommunikation. In der Folge wurde der für 2G‑Mobilfunkstandards konzipierte Standard „Global System for Mobile Communication“ (GSM) weiterentwickelt, um höhere Datenraten und die Datenübertragung via Paketvermittlung durch die Erweiterungen „General Packet Radio Services“ (GPRS) und „Enhanced Data rates for GSM Evolution“ (EDGE) zu unterstützen. 11      Die 3G-Mobilfunkstandards, die auf der UMTS-Technologie basieren, d. h. einer drahtlosen und mobilen Kommunikationstechnologie, ermöglichten in der Anfangszeit (um das Jahr 2000) die Verarbeitung von Datenraten von bis zu 0,348 Megabit pro Sekunde (Mbps), was nicht ausreichte, um das Funktionieren typischer Hochgeschwindigkeitsanwendungen zu gewährleisten, wie z. B. volle Internetnutzung und Videostreaming. In der Folgezeit gab es Entwicklungen, die die Datenübertragungskapazität der genannten Mobilfunkstandards verbesserten. Mit der Technologie „High Speed Packet Access“ (HSPA) konnten Datenraten von bis zu 14 Mbps verarbeitet werden, und mit der Technologie „Evolved High Speed Packet Access“ (HSPA+) wurden später Datenraten von bis zu 28 Mbps und sogar 42 Mbps verarbeitet. 12      Grundsätzlich unterstützten Chips, die mit der UMTS-Technologie kompatibel waren (im Folgenden: „UMTS-Chips“), auch den erweiterten GSM/EDGE‑Standard, der ursprünglich für die Sprachtelefonie optimiert war. Dies war darauf zurückzuführen, dass der erweiterte Standard für Mobiltelefone weiterhin unverzichtbar war, da GSM für die meisten Mobilfunkbetreiber nach wie vor eine wichtige Rolle in Bezug auf Abdeckung und Kapazität spielte. Der erweiterte Standard konnte nämlich für MBB-Geräte genutzt werden, auch wenn er keine Breitbandanbindung liefern konnte. Denn durch die Unterstützung der Basiskonnektivität ließ sich mit GSM im Fall von Funklöchern innerhalb des UMTS-Netzes die Kontinuität der Dienste gewährleisten. 13      Ab Ende 2008 trat die Technologie „Long Term Evolution“ (LTE) in Erscheinung. Die ersten Chips, die sie unterstützten, waren ausschließlich mit dieser Technologie kompatibel, was ihre praktische Nutzung behinderte, da nur wenige Netze mit LTE‑Technologie bereitgestellt wurden. Die großen Anbieter von Basisband-Chips entwickelten schrittweise Chips, die sowohl UMTS- als auch LTE‑Technologien unterstützten, wobei die ersten dieser Chips 2011 oder 2012 kommerziell verfügbar wurden. Die UMTS- und LTE‑Technologien wurden parallel entwickelt, um Leistung und Interoperabilität zu verbessern. Verwaltungsverfahren 14      Am 30. Juni 2009 reichte die Icera Inc. bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen Qualcomm ein, die später durch eine überarbeitete und aktualisierte Fassung vom 8. April 2010 ersetzt wurde (im Folgenden: Beschwerde), auf deren Grundlage die Kommission ihre Untersuchung einleitete. 15      Im Jahr 2012 legte die Streithelferin Nvidia Corp., die Icera im Mai 2011 übernommen hatte, zusätzliche Informationen vor, die die Beschwerde ergänzten und den Vorwurf enthielten, Qualcomm habe Verdrängungspreise eingesetzt. 16      Zwischen Juni 2010 und Juli 2015 richtete die Kommission mehrere Auskunftsverlangen an Qualcomm, Icera und Nvidia sowie andere Akteure des Basisband-Chipsektors. Im Einzelnen richtete sie an Qualcomm erstens ein Auskunftsverlangen vom 7. Juni 2010 gemäß Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), zweitens ein Auskunftsverlangen vom 3. November 2011 gemäß Art. 18 Abs. 3 der genannten Verordnung, drittens ein Auskunftsverlangen vom 10. Juli 2013 gemäß Art. 18 Abs. 3 dieser Verordnung, viertens ein Auskunftsverlangen vom 13. Februar 2014 gemäß Art. 18 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung, fünftens ein Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014 gemäß Art. 18 Abs. 3 dieser Verordnung und schließlich ein gemeinsames Auskunftsverlangen vom 14. Januar 2015, das auch in der Sache AT.40220 – Qualcomm (Ausschließlichkeitszahlungen) erging. Der endgültige Beschluss in dieser Sache war Gegenstand einer Klage beim Gericht (Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358). 17      Am 16. Juli 2015 leitete die Kommission gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 und 102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) ein Verfahren gegen Qualcomm in der Sache AT.39711 – Qualcomm (Verdrängungspreise) ein. Das Verfahren betraf den Vorwurf der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch Qualcomm in Form von Verdrängungspreisen auf dem Markt für UMTS-Chips. 18      Am 8. Dezember 2015 erließ die Kommission gemäß Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 eine an Qualcomm gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte). 19      Zwischen Dezember 2015 und Juli 2016 erhielt Qualcomm Akteneinsicht. 20      Mit Schreiben vom 18. April 2016 beantragte Qualcomm beim Anhörungsbeauftragten gemäß Art. 3 Abs. 7 und Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. 2011, L 275, S. 29) zusätzliche Einsicht in bestimmte Aktenstücke. Nach der Überprüfung durch den Anhörungsbeauftragten wurden Qualcomm umfassendere Fassungen der Akten übermittelt. 21      Am 15. August 2016 übermittelte Qualcomm ihre Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte), mit der sie die vorläufige Beurteilung der Kommission zurückwies. 22      Am 10. November 2016 fand auf Antrag von Qualcomm eine Anhörung statt. 23      Die Kommission leitete im Anschluss an diese Anhörung weitere Untersuchungsmaßnahmen ein und richtete zwischen 2017 und 2019 erneut Auskunftsverlangen an Qualcomm und andere Akteure des Basisband-Chipsektors. 24      Insbesondere richtete die Kommission am 30. Januar 2017 ein Auskunftsverlangen nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an Qualcomm, das diese nicht beantwortete. Am 31. März 2017 richtete die Kommission durch Beschluss nach Art. 18 Abs. 3 der genannten Verordnung ein Auskunftsverlangen an Qualcomm. 25      Am 13. Juni 2017 erhob Qualcomm beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 31. März 2017. Darüber hinaus stellte sie einen Antrag nach den Art. 278 und 279 AEUV auf Aussetzung des genannten Beschlusses, hilfsweise auf Erlass einstweiliger Anordnungen in diesem Zusammenhang. Mit Beschluss vom 12. Juli 2017, Qualcomm und Qualcomm Europe (T‑371/17 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:485), wies der Präsident des Gerichts den Aussetzungsantrag zurück, und mit Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), wies das Gericht den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses zurück. Das Rechtsmittel, mit dem Qualcomm die Aufhebung dieses Urteils begehrte, wurde vom Gerichtshof mit Urteil vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76), in vollem Umfang zurückgewiesen. 26      Am 10. November 2017 richtete die Kommission nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein neues Auskunftsverlangen an Qualcomm. 27      Am 19. Juli 2018 erließ die Kommission eine an Qualcomm gerichtete ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte), in der eine begrenztere Dauer der Verdrängungspraktiken geltend gemacht und eine überarbeitete Methode zum Vergleich der Preise und Kosten von Qualcomm im Zusammenhang mit den vom Vorwurf der Verdrängungsabsicht betroffenen Verkäufen verwendet wurde. 28      Zwischen dem 31. Juli und dem 28. September 2018 erhielt Qualcomm Zugang zu den Dokumenten, die nach dem Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 8. Dezember 2015 in die Akten der Kommission aufgenommen worden waren. 29      Am 22. Oktober 2018 übermittelte Qualcomm ihre Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte), mit der sie die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltene und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte vervollständigte vorläufige Beurteilung der Kommission zurückwies. 30      Am 10. Januar 2019 fand auf Antrag von Qualcomm eine zweite Anhörung statt. 31      Am 5. Februar 2019 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an Qualcomm. 32      Am 22. Februar 2019 richtete die Kommission an Qualcomm ein Sachverhaltsschreiben (im Folgenden: Sachverhaltsschreiben), das ihr zufolge dazu diente, erstens Qualcomm Erläuterungen zu bestimmten, in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Gesichtspunkten zu geben, die Qualcomm in ihrer Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte in Frage gestellt hatte, zweitens Qualcomm über bereits vorhandene Beweise zu informieren, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich genannt wurden, jedoch nach einer ergänzenden Prüfung der Akten zur Stützung der vorläufigen Beurteilung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der durch die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vervollständigten Fassung hätten relevant sein können, und drittens Qualcomm von einigen begrenzten Aktualisierungen der Preis-Kosten-Analyse in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte in Kenntnis zu setzen. Das Sachverhaltsschreiben enthielt in der Anlage weitere Dokumente, die Qualcomm zuvor nicht zur Verfügung gestellt worden waren. 33      Am 24. März und am 25. April 2019 nahm Qualcomm zum Sachverhaltsschreiben Stellung. 34      Am 18. Juli 2019 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss. Inhalt des angefochtenen Beschlusses Betroffene Produkte 35      Nachdem die Kommission die Einwände von Qualcomm, mit denen Letztere Verfahrensfehler im Verwaltungsverfahren geltend machte, zurückgewiesen hatte, legte sie eine detaillierte Beschreibung des Kontexts vor, in dem Qualcomm und ihre Wettbewerber, einschließlich Icera, in Bezug auf Technologie und geistiges Eigentum tätig waren. Sie wies insbesondere darauf hin, dass es sich bei den von ihrer Untersuchung betroffenen Produkten um UMTS-Chips gehandelt habe, und zwar um die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A von Qualcomm, die zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Zuwiderhandlung mit den UMTS-Chips von Icera in Wettbewerb gestanden hätten, insbesondere mit den Chips ICE8040, ICE8042 und ICE8060. 36      Bei all diesen Produkten habe es sich um eigenständige Basisband-Chips gehandelt, die zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 30. Juni 2011 (im Folgenden: maßgeblicher Zeitraum) Datenkonnektivität bei Downlink-Geschwindigkeiten zwischen 7,2/14,4 Mbps und 28 Mbps unterstützt hätten. Insbesondere der Chip MDM8200 sei der erste autonome Basisband-Chip von Qualcomm gewesen, der für MBB-Geräte produziert worden sei und die Technologie HSPA+ mit Downlink-Geschwindigkeiten von bis zu 28 Mbps unterstützt habe. Er sei im Mai 2009 auf den Markt gebracht worden und bis zum 30. März 2011 vermarktet worden. Zwischenzeitlich sei er ab 2010 schrittweise durch den Chip MDM8200A ersetzt worden, der eine verbesserte Version gewesen sei, die nach Vornahme kleinerer Änderungen auch die Sprachfunktionalität habe unterstützen können. Der Chip MDM6200 sei ebenso wie die Chips MDM8200 und MDM8200A hauptsächlich für Datenverkehrsanwendungen bestimmt gewesen. Er habe die Technologie HSPA+ mit einer Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 14,4 Mbps sowie die Sprachfunktionalität unterstützt, ohne dass Änderungen erforderlich gewesen seien. Dieser Chip sei ab dem zweiten Quartal 2010 in begrenzten Mengen ausgeliefert worden, ab 2011 in größeren Mengen verkauft worden und mindestens bis Ende 2017 auf dem Markt erhältlich gewesen. 37      Beim Chip Icera ICE8040 bzw. Espresso-300 habe es sich ebenfalls um einen eigenständigen Basisband-Chip gehandelt, der im Oktober 2008 auf den Markt gebracht worden sei. Er habe zunächst eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 10 Mbps unterstützt und Eigenschaften aufgewiesen, die eine unkomplizierte Vornahme von Verbesserungen und Modernisierungen mit Hilfe von Software ermöglicht hätten, u. a. im Rahmen einer schrittweisen Steigerung der Downlink-Geschwindigkeit auf 21 Mbps. Der Chip ICE8042 oder Espresso-302 sei eine verbesserte Variante des ICE8040-Chips gewesen und im Dezember 2009 mit einer Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 14,4 Mbps auf den Markt gebracht worden. Im März 2010 sei die Downlink-Geschwindigkeit durch Aktualisierungen mittels Software auf 21 Mbps erhöht worden. Eine herabgestufte Version dieses Chips, Espresso-302-1, war auf eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 7,2 Mbps begrenzt und wurde von Icera an ZTE verkauft. Schließlich verfügte der im Oktober 2010 angekündigte Chip ICE8060 oder Espresso-400 über eine Modem-Architektur, die auf der Software von Icera basierte und eine Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 28 Mbps unterstützte. Es wurde auch eine herabgestufte Version dieses Chips angeboten, nämlich der Chip E‑400-1, der eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 7,2 Mbps erreichte. Relevanter Markt 38      Die Kommission definierte den für die betreffenden Produkte relevanten Markt als „freien“ Markt für eigenständige und integrierte, mit der UMTS-Technologie kompatible Basisband-Chips (im Folgenden: Markt für UMTS-Chips). Zu diesem Ergebnis gelangte sie, indem sie u. a. die Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, und den fehlenden Wettbewerbsdruck durch vertikal integrierte Hersteller von Basisband-Chips berücksichtigte. In geografischer Hinsicht wurde der Markt als Weltmarkt definiert. Beherrschende Stellung 39      Die Kommission stellte auf der Grundlage der nachstehend aufgeführten Umstände fest, dass Qualcomm mindestens vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 eine beherrschende Stellung auf dem weltweiten Markt für UMTS-Chips eingenommen habe. 40      Erstens habe Qualcomm auf dem relevanten Markt im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 einen Marktanteil von etwa 60 % gehalten. 41      Zweitens hätten auf dem relevanten Markt mehrere Zutritts- und Expansionsschranken bestanden, wie z. B. notwendige hohe anfängliche Investitionen für Forschung und Entwicklung (FuE) im Zusammenhang mit der Entwicklung von UMTS-Chips sowie verschiedene Hindernisse aufgrund der geistigen Eigentumsrechte von Qualcomm, darunter ihr Rückabtretungsnetzwerk. 42      Drittens habe die wirtschaftliche Macht der Kunden, d. h. der Käufer von Qualcomm-Chips, die beherrschende Stellung von Qualcomm im maßgeblichen Zeitraum nicht tangieren können. Missbrauch einer beherrschenden Stellung 43      Die Kommission stellte fest, dass Qualcomm ihre beherrschende Stellung missbraucht habe, indem sie im maßgeblichen Zeitraum bestimmte Mengen von dreien ihrer UMTS-Chips, den Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A, an zwei ihrer Hauptkunden, Huawei und ZTE, zu Preisen geliefert habe, die unterhalb ihrer Kosten gelegen hätten, um Icera zu verdrängen, ihre damalige Hauptkonkurrentin im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips. 44      Qualcomm habe mit der Beschränkung des Wachstums von Icera im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips, das damals fast ausschließlich aus Chips für Hochgeschwindigkeits-MBB-Geräte bestanden habe, die Absicht verfolgt, das kleine Unternehmen Icera, das nur einen begrenzten finanziellen Spielraum gehabt habe, daran zu hindern, das Ansehen und die Reichweite zu erlangen, die erforderlich gewesen wären, um die beherrschende Stellung von Qualcomm auf diesem Markt in Frage zu stellen, insbesondere angesichts des zu erwartenden Wachstumspotenzials dieses Segments aufgrund der zunehmenden weltweiten Verbreitung sogenannter „smarter“ Mobilgeräte. Insoweit habe Qualcomm bezweckt, den Zulieferern in diesem Segment eine alternative Chipquelle für ihre Mobiltelefone vorzuenthalten, wodurch die Auswahl für die Verbraucher reduziert worden sei. 45      Die folgenden Faktoren wurden von der Kommission als zentrale Gesichtspunkte ihrer Beurteilung identifiziert. 46      Die Preispolitik von Qualcomm habe in einem Kontext stattgefunden, in dem Icera ihre Präsenz auf dem Markt für UMTS-Chips als rentable Lieferantin von UMTS-Chips ausgebaut habe, was eine zunehmende Bedrohung für das Geschäft von Qualcomm dargestellt habe. Um sicherzustellen, dass die Tätigkeit von Icera kein kritisches, Qualcomms Marktposition gefährdendes Ausmaß erreiche, habe Qualcomm Präventivmaßnahmen in Form von Preiszugeständnissen getroffen, die sich an zwei strategisch wichtige Kunden gerichtet hätten, nämlich Huawei und ZTE. Qualcomm sei nämlich der Ansicht gewesen, dass die Entwicklungschancen von Icera davon abhingen, ob es ihr gelänge, Geschäftsbeziehungen zu diesen beiden Unternehmen aufzubauen. Die Präventivmaßnahmen von Qualcomm hätten auf einer „Multi-Chip“-Strategie basiert, die ihre drei in Konkurrenz zu den fortschrittlichsten Chips von Icera stehenden Chips umfasst habe und insbesondere darauf gerichtet gewesen sei, ihre Marktstellung im Breitbandsegment der Chips für Mobiltelefone zu schützen, da Icera beabsichtigt habe, nach Absicherung ihrer Präsenz im Segment der Chips für Hochgeschwindigkeits-MBB-Geräte in diesen Markt einzudringen. 47      Die Analyse der Preise, die Qualcomm Huawei und ZTE in Rechnung gestellt habe, und der Kosten, die Qualcomm bei der Herstellung der Chips entstanden seien, belege, dass Qualcomm bestimmte Mengen von Chips unterhalb ihrer langfristigen durchschnittlichen Grenzkosten (long-run average incremental costs, im Folgenden: LRAIC) und jedenfalls unterhalb ihrer durchschnittlichen Gesamtkosten (average total costs, im Folgenden: ATC) sowie eine begrenzte Menge von MDM6200-Chips unterhalb ihrer durchschnittlichen variablen Kosten (average variable costs, im Folgenden: AVC) verkauft habe. Die Ergebnisse der Preis-Kosten-Analyse seien durch Beweise in Form von internen Dokumenten von Qualcomm aus der betreffenden Zeit bestätigt worden, die ihre Absicht belegten, Icera zu verdrängen. –       Keine Rechtfertigung 48      Die Kommission stellte fest, dass Qualcomm keine stichhaltige objektive Rechtfertigung oder Effizienzeinrede vorgebracht habe. –       Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung 49      Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufe von Qualcomm an Huawei und ZTE zusammengenommen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begründeten, die sich über die gesamte Dauer des maßgeblichen Zeitraums erstreckt habe. –       Zuständigkeit der Kommission 50      Die Kommission vertrat die Auffassung, dass sie für die Anwendung von Art. 102 AEUV und Art. 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) auf die Zuwiderhandlung von Qualcomm zuständig sei, da die Zuwiderhandlung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erfolgt und geeignet gewesen sei, dort erhebliche, unmittelbare und vorherzusehende Auswirkungen zu haben, und sich nennenswert auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens ausgewirkt habe. –       Sanktion 51      Zwar war die Zuwiderhandlung von Qualcomm zum Zeitpunkt der Annahme des angefochtenen Beschlusses bereits beendet, gleichwohl verpflichtete die Kommission Qualcomm, von einer Wiederholung der im Beschluss beschriebenen Verhaltensweisen sowie von jeglicher Handlung oder Verhaltensweise Abstand zu nehmen, die dieselben oder vergleichbare Auswirkungen wie die im Beschluss beschriebenen Verhaltensweisen haben könnte. 52      Die Geldbuße, die Qualcomm für ihre Zuwiderhandlung auferlegt wurde, beläuft sich auf 242 042 000 Euro und wurde von der Kommission auf Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2; im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet. Verfahren und Anträge der Parteien Verfahren 53      Mit Klageschrift, die am 1. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 54      Die Kommission hat zweimal, am 4. Februar und am 24. März 2020, eine Verlängerung der Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung beantragt und mit der Länge der Klageschrift sowie der Anzahl der beigefügten Dokumente begründet. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden. 55      Mit am 17. März 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat Nvidia beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden. Der Antrag auf Zulassung zur Streithilfe ist den Hauptparteien gemäß Art. 144 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zugestellt worden. Die Hauptparteien haben keine Einwände gegen den Antrag erhoben. 56      Am 11. Juni 2020 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts die Klagebeantwortung eingereicht. 57      Am 6. Juli 2020 hat die Klägerin beantragt, angesichts der Länge der Klagebeantwortung und der Anzahl der beigefügten Dokumente die Frist für die Einreichung der Erwiderung zu verlängern. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden. 58      Am 5. Oktober 2020 hat die Klägerin bei der Kanzlei des Gerichts die Erwiderung eingereicht. 59      Mit am 15. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz haben die Klägerin und die Kommission, nachdem sie mehrere Fristverlängerungen erhalten hatten, gemäß Art. 144 Abs. 2 und 7 der Verfahrensordnung beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift und einigen ihrer Anlagen gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Die genannten Parteien haben eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht. 60      Am 23. Oktober 2020 hat die Kommission beantragt, angesichts der Länge der Erwiderung und der Anzahl der beigefügten Dokumente die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung zu verlängern. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden. 61      Mit Schriftsatz, der am 19. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, bestimmte Angaben in der Klagebeantwortung gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag hat die Kommission im Einvernehmen mit der Klägerin eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Klagebeantwortung und ihrer Anlagen eingereicht. 62      Mit am 20. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, bestimmte Angaben in der Klagebeantwortung und ihren Anlagen sowie in den der Kanzlei zwischen dem 30. Juni und dem 5. Oktober 2020 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. 63      Mit Beschluss vom 25. November 2020, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht), hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts Nvidia als Streithelferin zugelassen und die Kostenentscheidung vorbehalten. 64      Mit am 15. Dezember 2020 und am 18. Januar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen hat Nvidia Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung der Klageschrift, der Klagebeantwortung und bestimmter Anlagen erhoben. 65      Mit Schriftsatz, der am 16. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, bestimmte Angaben in der Erwiderung und in deren Anlage C.8 gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. 66      Mit am 22. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, bestimmte Angaben in der Erwiderung und ihren Anlagen sowie in den der Kanzlei zwischen dem 5. Oktober und dem 9. Dezember 2020 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag haben die Hauptparteien eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Erwiderung und ihrer Anlagen eingereicht. 67      Am 21. Januar 2021 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts die Gegenerwiderung eingereicht. 68      Mit am 25. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, beantragt, bestimmte Angaben in der Gegenerwiderung gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag hat die Kommission im Einvernehmen mit der Klägerin eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Gegenerwiderung und ihrer Anlage eingereicht. 69      Mit am 26. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, beantragt, weitere Angaben in der Gegenerwiderung und ihrer Anlage sowie in den der Kanzlei zwischen dem 18. Dezember 2020 und dem 10. Februar 2021 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. 70      Mit Beschluss vom 22. Juli 2021, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:502), hat der Präsident der Fünften Kammer den Anträgen auf vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben in der Klageschrift und ihren Anlagen A.1 und A.29 sowie in der Klagebeantwortung stattgegeben und die entsprechenden Anträge in Bezug auf die anderen Verfahrensdokumente zurückgewiesen. Daher ist der Klägerin und der Kommission eine Frist für die Übermittlung neuer nicht vertraulicher Fassungen bestimmter Teile der Akte gesetzt worden. Am 16. und 17. September 2021 haben die Hauptparteien, nachdem ihnen eine Fristverlängerung gewährt worden war, eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht. 71      Mit Schriftsatz, der am 19. Oktober 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Nvidia einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 72      Mit Schriftsatz, der am 19. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission erklärt, dass sie gegen den Streithilfeschriftsatz keine Einwände erhebe. 73      Mit am 29. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz eingereicht. 74      Das schriftliche Verfahren ist am 29. November 2021 abgeschlossen worden. 75      Am 8. Februar 2022 hat die Klägerin beantragt, in einer mündlichen Verhandlung gehört zu werden. 76      Auf Vorschlag der Fünften Kammer hat das Gericht die Rechtssache gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung an die Fünfte erweiterte Kammer verwiesen. 77      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Ersten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. 78      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen. 79      Am 2. Dezember 2022 hat das Gericht die Hauptparteien im Rahmen verfahrensleitender Maßnahmen aufgefordert, einige Fragen zu beantworten. Die Klägerin hat diese Fragen am 16. Dezember 2022 beantwortet. Die Kommission hat die Fragen am 16. Januar 2023 beantwortet, nachdem sie eine Fristverlängerung für die Beantwortung erhalten hatte. 80      Auf Antrag der Hauptparteien ist die Frist für die Einreichung von Anträgen auf vertrauliche Behandlung ihrer Antworten auf die Fragen des Gerichts verlängert worden. Zuletzt wurde sie auf den 31. Januar 2023 festgesetzt; an diesem Tag sind gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassungen der Antworten eingereicht worden. 81      Mit am 16. Februar 2023 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat Nvidia, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung der Antworten der Hauptparteien auf die Fragen des Gerichts erhoben. 82      Den Parteien ist ein Sitzungsbericht übermittelt worden, und die Klägerin sowie die Kommission haben dazu am 27. Januar 2023 bzw. am 16. Februar 2023 Stellung genommen. Das Gericht hat diese Stellungnahmen zur Kenntnis genommen. 83      Mit Beschluss vom 8. März 2023, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:125), hat der Präsident der Ersten erweiterten Kammer einigen Anträgen auf vertrauliche Behandlung von Angaben in den Antworten der Hauptparteien auf die Fragen des Gerichts stattgegeben und andere Anträge zurückgewiesen. Daher ist der Klägerin und der Kommission eine Frist für die Übermittlung neuer nicht vertraulicher Fassungen der Antworten gesetzt worden. Am 10. März 2023 haben die Hauptparteien eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht. 84      Da ein Mitglied der Ersten erweiterten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident dieser Kammer einen anderen Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt. 85      Die mündliche Verhandlung ist am Ende der Sitzung vom 15. März 2023 geschlossen worden. Da ein Mitglied der Kammer nach dem Ablauf seiner Amtszeit am 27. September 2023 nicht mehr an den Beratungen teilnehmen konnte, wurden die Beratungen des Gerichts gemäß Art. 22 und Art. 24 Abs. 1 der Verfahrensordnung von den drei Richtern fortgesetzt, deren Unterschrift das vorliegende Urteil trägt. Anträge der Parteien 86      Die Klägerin beantragt, –        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; –        „die Geldbuße aufzuheben oder hilfsweise wesentlich herabzusetzen“; –        prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme anzuordnen, die der Kommission aufgeben, zu bestätigen, dass die Unkenntlichmachungen in einigen Schriftstücken der Akten auf stichhaltigen Ansprüchen beruhen, die sich aus dem Geschäftsgeheimnis ergeben, und Qualcomm davon in Kenntnis zu setzen oder diese Schriftstücke zu beschaffen, um die Gültigkeit der Ansprüche der Streithelferin zu prüfen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 87      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        Qualcomm die Kosten aufzuerlegen. 88      Nvidia beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        Qualcomm die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 89      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Hauptparteien, wie oben in den Rn. 59, 61 und 62 dargelegt, beantragt haben, bestimmte Angaben in ihren Schriftsätzen und anderen Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia und folglich gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen. Nvidia hat gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben Einwände erhoben. Mit Beschlüssen vom 22. Juli 2021, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:502), und vom 8. März 2023, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:125), haben die Präsidenten der Fünften bzw. der Ersten erweiterten Kammer einigen Anträgen auf vertrauliche Behandlung stattgegeben und andere Anträge zurückgewiesen. 90      Wenn eine Partei einen Antrag nach Art. 144 Abs. 2 der Verfahrensordnung stellt, hat der Präsident grundsätzlich nur über die Aktenstücke und Angaben zu entscheiden, deren Vertraulichkeit bestritten wird (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 26. Januar 2018, FV/Rat, T‑750/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:59, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung). 91      Das Gericht ist jedoch trotz fehlender Einwände nicht daran gehindert, Anträge auf vertrauliche Behandlung zurückzuweisen, soweit diese sich auf Angaben beziehen, deren öffentlicher Charakter sich offensichtlich aus dem Inhalt der Akten ergibt oder deren Vertraulichkeit durch die Offenlegung anderer Aktenbestandteile offensichtlich obsolet wird (Beschluss vom 15. September 2016, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:545, Rn. 46). Insoweit kann es unter bestimmten Umständen beschließen, über Elemente eines Antrags auf vertrauliche Behandlung zu entscheiden, deren Vertraulichkeit nicht bestritten wird (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 11. April 2019, Google und Alphabet/Kommission, T‑612/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:250, Rn. 16). 92      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Angaben, die vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind, als nicht mehr aktuell anzusehen sind, wenn nicht ausnahmsweise die Partei, die die Wahrung ihrer Vertraulichkeit beantragt, nachweist, dass sie trotzdem immer noch wesentliche Geheimnisse, insbesondere industrieller oder gewerblicher Art, darstellen, deren Offenlegung ihr oder einem Dritten schaden würde (vgl. Beschluss vom 11. April 2019, Google und Alphabet/Kommission, T‑612/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:250, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). 93      Das Gericht muss insoweit im Rahmen der Anwendung von Art. 66 der Verfahrensordnung den Grundsatz der Bekanntmachung von Gerichtsentscheidungen mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf Schutz des Berufsgeheimnisses in Einklang bringen und dabei auch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Gerichtsentscheidungen nach den Grundsätzen des Art. 15 AEUV berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. Oktober 2020, Broughton/Eurojust, T‑87/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:464, Rn. 49). 94      Im vorliegenden Fall hat das Gericht beschlossen, einige Angaben, die Gegenstand der Anträge der Hauptparteien sind und deren Vertraulichkeit von Nvidia nicht bestritten worden ist, in der nicht vertraulichen Fassung des Urteils nicht unkenntlich zu machen. Einige dieser Angaben können nämlich aus dem Inhalt anderer Teile des vorliegenden Urteils abgeleitet werden und sind daher öffentlich zugänglich. Einige der Angaben sind nicht mehr aktuell, und die Aufrechterhaltung ihres vertraulichen Charakters nach Ablauf von mehr als zehn Jahren wurde nicht hinreichend begründet. Andere Angaben wiederum enthalten tatsächliche Erläuterungen zu den Verhaltensweisen, die Gegenstand der Untersuchung der Kommission waren. Die Unkenntlichmachung dieser Angaben würde das Verständnis dieses Urteils des Gerichts durch die Öffentlichkeit beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2022, Scania u. a./Kommission, T‑799/17, EU:T:2022:48, Rn. 82). 95      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung auf 15 Klagegründe: –        erstens Verfahrensfehler; –        zweitens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und ihre beherrschende Stellung im maßgeblichen Zeitraum; –        drittens „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“; –        viertens die Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“; –        fünftens „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion angeblich „tatsächlich gezahlter“ Preise; –        sechstens „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“; –        siebtens „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“; –        achtens „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“; –        neuntens „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, ihre Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt; –        zehntens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass ihre Preisgestaltung der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe; –        elftens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von ihr vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe; –        zwölftens unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses; –        dreizehntens „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung; –        vierzehntens „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße; –        fünfzehntens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle. 96      Die Klagegründe werden nachstehend in der von der Klägerin gewählten Reihenfolge geprüft, mit Ausnahme des dritten, vierten und achten Klagegrundes, die sich auf einige Argumente, die insbesondere im Rahmen des sechsten, siebten und neunten bis elften Klagegrundes erörtert werden, stützen oder diese Argumente in zusammengefasster Form wiedergeben und daher nach dem elften Klagegrund geprüft werden. Zum ersten Klagegrund: Verfahrensfehler 97      Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt: Die Kommission habe keine gründliche, objektive und sorgfältige Untersuchung durchgeführt. Der zweite Teil betrifft eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit: Die Kommission habe der Klägerin für ihre Verteidigung relevante Beweise nicht offengelegt. Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung 98      Der erste Teil besteht aus drei Rügen. Mit der ersten Rüge wird die überlange Dauer der Untersuchung beanstandet. Mit der zweiten Rüge wird geltend gemacht, die Akten seien unvollständig und nicht genau genug. Drittens wird beanstandet, dass die Untersuchung parteiisch gewesen sei. –       Vorbemerkungen 99      Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) erkennt das Recht auf eine gute Verwaltung an und legt fest, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. In den Erläuterungen zur Charta, die im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. Dezember 2007 (ABl. 2007, C 303, S. 17) veröffentlicht wurden, wird darauf hingewiesen, dass Art. 41 auf das Bestehen der Union als eine Rechtsunion gestützt ist, deren charakteristische Merkmale sich durch die Rechtsprechung entwickelt haben, die eine gute Verwaltung als allgemeinen Rechtsgrundsatz festgeschrieben hat (Urteil vom 13. Dezember 2018, Transavia Airlines/Kommission, T‑591/15, EU:T:2018:946, Rn. 37 [nicht veröffentlicht]). 100    Nach der Rechtsprechung zum Grundsatz der guten Verwaltung kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Organe der Union über einen Beurteilungsspielraum verfügen, eine umso grundlegendere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteile vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14; vom 13. Dezember 2018, Transavia Airlines/Kommission, T‑591/15, EU:T:2018:946, Rn. 38 [nicht veröffentlicht], und Beschluss vom 17. Januar 2022, Car-Master 2/Kommission, T‑743/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:33, Rn. 66). –       Zur ersten Rüge: überlange Dauer der Untersuchung 101    Die Klägerin macht geltend, die Dauer der Untersuchung, die zehn Jahre betrage, sei überlang und lasse mangelnde Sorgfalt der Kommission erkennen. 102    Aufgrund der Dauer der Untersuchung sei sie nicht in der Lage gewesen, sich angemessen zu verteidigen. Sie beruft sich insbesondere auf Änderungen in der Zusammensetzung des Untersuchungsteams der Kommission, auf ein Auskunftsverlangen, das acht Jahre nach Einlegung der Beschwerde versandt worden sei, auf Klarstellungsverlangen in Bezug auf Dokumente, die der Kommission bereits mehrere Jahre vorgelegen hätten, und auf die Änderung des Untersuchungsumfangs zu einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Untersuchung. Außerdem habe der Zeitablauf die Erinnerung an die Geschehnisse verblassen lassen, sowohl ihrerseits als auch auf Seiten von Huawei und ZTE, die aufgrund dieses Umstands nicht in der Lage gewesen seien, einige teils entscheidende Anfragen der Kommission zu beantworten. Die Klägerin bestreitet, dass die Komplexität des Falls die Dauer gerechtfertigt habe, und fügt hinzu, dass sie stets vollumfänglich mit der Kommission kooperiert habe. 103    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 104    Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich der Wettbewerbspolitik einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen Wahrung die Gerichte der Union zu sichern haben (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2012, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, C‑452/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:829, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung). 105    Die Angemessenheit jedes Verfahrensabschnitts beurteilt sich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere nach dessen Kontext, dem Verhalten der Beteiligten im Lauf des Verfahrens, der Bedeutung der Angelegenheit für die verschiedenen betroffenen Unternehmen und der Komplexität der Sache (Urteil vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, EU:T:1999:80, Rn. 126). 106    Außerdem können im Bereich der Wettbewerbspolitik beim Verwaltungsverfahren vor der Kommission zwei aufeinanderfolgende Abschnitte unterschieden werden, von denen jeder einer eigenen inneren Logik folgt. Der erste Abschnitt, der sich bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, beginnt dann, wenn die Kommission in Ausübung der ihr vom Unionsgesetzgeber verliehenen Befugnisse Maßnahmen trifft, die den Vorwurf der Begehung einer Zuwiderhandlung beinhalten, und soll es der Kommission ermöglichen, zum weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung zu nehmen. Der zweite Abschnitt erstreckt sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass des abschließenden Beschlusses. Er soll es der Kommission ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 38). 107    Überdies kann ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen, wenn der Verstoß möglicherweise Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, EU:C:2006:593, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108    Es ist jedoch klarzustellen, dass die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln einen Grund für die Nichtigerklärung nur im Fall von Beschlüssen darstellen kann, mit denen Zuwiderhandlungen festgestellt werden, und sofern erwiesen ist, dass die Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Frist die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt hat. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirkt sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 aus (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 42 und 43). 109    Im vorliegenden Fall sind zwischen der Einlegung der Beschwerde und dem Versand der Mitteilung der Beschwerdepunkte mehr als sechs Jahre vergangen. Wie jedoch oben in Rn. 15 festgestellt, hat die Beschwerdeführerin erst Mitte 2012, d. h. drei Jahre nach Einlegung der Beschwerde, die ersten Vorwürfe in Bezug auf Verdrängungspreise formuliert, die es der Kommission ermöglichten, eine Untersuchung des beanstandeten Verhaltens einzuleiten. Somit betrug die Dauer des ersten Verwaltungsverfahrensabschnitts mehr als sechs Jahre ab Einlegung der Beschwerde, jedoch nur etwas mehr als drei Jahre ab dem Zeitpunkt, an dem die Beschwerdeführerin die ersten Vorwürfe in Bezug auf Verdrängungspreise formulierte. 110    Der zweite Abschnitt des Verwaltungsverfahrens, beginnend mit dem Empfang der Mitteilung der Beschwerdepunkte und endend mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses am 18. Juli 2019, dauerte etwa dreieinhalb Jahre. 111    Insgesamt betrachtet ab den ersten Verdrängungsvorwürfen ist die Dauer der Untersuchung mit etwa sieben Jahren jedoch nicht überlang, wenn man die besonderen Umstände des Falls und insbesondere seine Komplexität berücksichtigt. 112    Wie das Gericht nämlich bei seiner Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 festgestellt hat, setzte die im vorliegenden Fall behauptete Praxis komplexe Analysen zahlreicher, größtenteils nur der Klägerin zugänglicher Daten voraus, um die Kosten-Preis-Struktur zu rekonstruieren und zu überprüfen, ob Verdrängungspreise vorlagen oder nicht. Dieses Vorgehen erwies sich außerdem als umso komplexer, als es sich um zusammengesetzte Produkte handelte (Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232, Rn. 125). 113    Zum einen erhielt die Kommission, wie der Klageschrift zu entnehmen ist, als Antwort auf acht Auskunftsverlangen, an die teilweise spätere Klarstellungsverlangen anknüpften, mehr als 31 000 Dokumente von der Klägerin. Darüber hinaus organisierte die Kommission zahlreiche Treffen und Telefonate sowohl mit der Klägerin als auch mit der Beschwerdeführerin und Dritten. Außerdem ist den Ausführungen zu den verschiedenen Abschnitten des Verwaltungsverfahrens in Abschnitt 3 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Kommission während der Untersuchung niemals untätig war. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschluss eine Analyse des beanstandeten Verhaltens enthielt, die sowohl komplex als auch detailliert war, und sich die Kommission im Zuge der Wahrung der Verteidigungsrechte der Klägerin bemüht hatte, auf die zahlreichen Argumente einzugehen, die diese im Rahmen des Verfahrens vortrug. 114    Zum anderen wirkte sich das Verhalten der Parteien im Verwaltungsverfahren auf die Dauer des Verfahrens aus. Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin erst drei Jahre nach Einlegung der Beschwerde erstmals den Vorwurf der Verdrängung erhob. Die Klägerin wiederum wandte sich zunächst neunmal an den Anhörungsbeauftragten, um Fragen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht zu klären, und beantragte sodann mehrere Fristverlängerungen, die Verschiebung einer Anhörung und die Durchführung einer zusätzlichen mündlichen Verhandlung. Schließlich musste sich die Klägerin darüber im Klaren sein, dass die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 und die spätere Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), mit dem jene Klage abgewiesen worden ist, zwangsläufig zu einer Verzögerung der Untersuchung führen würde. 115    Da die Dauer der Untersuchung somit nicht überlang war, ist die vorliegende Rüge als unbegründet zurückzuweisen. 116    Selbst wenn man annimmt, dass die Untersuchungsdauer als überlang angesehen werden kann, legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, inwiefern sich dies negativ auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten hätte auswirken können. 117    Erstens erläutert die Klägerin nicht, inwiefern der bloße Wechsel der innerhalb der Kommission mit der Untersuchung betrauten Personen auf allen Hierarchieebenen die Gründlichkeit, Genauigkeit, Robustheit und Tragweite der Untersuchung oder ihrer Verteidigungsrechte hätte beeinträchtigen können. 118    Was zweitens das im Dezember 2013 vorgelegte Dokument betrifft, für das die Kommission erst im Januar 2017 Klarstellungen verlangt hat, genügt der Hinweis, dass, wie das Gericht festgestellt hat, die allgemeine Pflicht zu umsichtigem Handeln zu berücksichtigen ist, die jedem Unternehmen und jeder Unternehmensvereinigung obliegt und wonach diese dafür sorgen müssen, dass in ihren Büchern oder Archiven alle Unterlagen, die es ermöglichen, ihre Tätigkeit nachzuvollziehen, gut aufbewahrt werden, damit sie insbesondere für den Fall gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Maßnahmen über die nötigen Beweise verfügen. Da die Kommission seit dem 7. Juni 2010 gemäß Art. 18 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 Auskunftsverlangen an die Klägerin gerichtet hatte, oblag es dieser zumindest ab jenem Zeitpunkt, mit erhöhter Sorgfalt zu agieren und alle zweckdienlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beweise zu bewahren, über die sie vernünftigerweise hätte verfügen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung). 119    Drittens hat die Kommission erläutert, dass sich die Untersuchung gerade deshalb im Lauf des Verwaltungsverfahrens verändert habe, um die Stellungnahmen und Argumente zu berücksichtigen, die die Klägerin insbesondere in Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen habe, was entgegen dem Vorbringen der Klägerin erst recht verdeutlicht, dass die Kommission ihre Verteidigungsrechte vollumfänglich gewahrt hat. 120    Viertens hat die Klägerin nicht dargelegt, inwiefern der Umstand, dass Huawei und ZTE bestimmte von der Kommission verlangte Erläuterungen zu den Zahlungen für nicht wiederkehrende Konzeptionsaufwendungen (im Folgenden: NWK-Zahlungen) nicht hätten abgeben können, mit dem Zeitablauf zusammenhängen soll. Jedenfalls hat die Kommission geprüft, ob die Klägerin mit diesen Zahlungen an Huawei und ZTE beabsichtigte, den beiden Kunden Preisnachlässe zu gewähren, so dass es sich insofern um ein subjektives Element handelt, das nichts mit den beiden Unternehmen zu tun hat, die dazu kein nennenswertes Entlastungsmaterial zugunsten der Klägerin hätten beibringen können. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass, wie sich aus der Prüfung des sechsten Klagegrundes ergibt, die Kommission dieses Element nachgewiesen hat, indem sie sich auf ein Bündel übereinstimmender Beweise stützte, das keine Aussagen der beiden Unternehmen beinhaltete. 121    Nach alledem kann die vorliegende Rüge, selbst wenn sie begründet wäre, im vorliegenden Fall nicht zu der Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und einer daraus folgenden Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen. –       Zur zweiten Rüge: Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der Akten 122    Die Klägerin macht geltend, es sei der Kommission nicht gelungen, vollständige und genaue Akten zu erstellen, da sie bestimmte, potenziell entlastende Informationen ausgelassen habe. Dieses Versagen der Kommission werde durch die folgenden drei Beispiele veranschaulicht. Erstens habe die Kommission Huawei und ZTE keine einzige Frage zu einem bestimmten Mitarbeiter von Qualcomm gestellt, obwohl dieser Mitarbeiter eine bedeutende Anzahl der Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission stütze. Zweitens seien Huawei und ZTE nicht in der Lage gewesen, eine aussagekräftige Antwort auf ein Auskunftsverlangen zu den – immerhin wichtigen – NWK-Zahlungen zu geben. Drittens habe ihr die Kommission Zugang zu einigen Dokumenten gewährt, die zu erheblichen Teilen unkenntlich gemacht worden seien, ohne zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin angeführte Begründung für die Vertraulichkeit dieser von ihr vorgelegten Dokumente stichhaltig sei oder nicht, obwohl die Dokumente potenziell entlastendes Material hätten enthalten können. 123    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 124    Nach ständiger Rechtsprechung ist es grundsätzlich Sache der Kommission, zu beurteilen, ob eine Auskunft im Rahmen von Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln erforderlich ist (vgl. Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission, T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507, Rn. 311 und die dort angeführte Rechtsprechung). Soweit die Klägerin der Kommission im vorliegenden Teil vorwirft, sie habe nicht versucht, Informationen zu erlangen, die wahrscheinlich entlastend gewesen wären, und sich damit auch im vorliegenden Teil auf den Anspruch auf rechtliches Gehör beruft, ist festzustellen, dass der Anspruch nicht verlangt, dass die Kommission zusätzliche Ermittlungen durchführt, wenn sie den Sachverhalt für hinreichend geklärt hält (Urteile vom 16. Mai 1984, Eisen und Metall/Kommission, 9/83, EU:C:1984:177, Rn. 32, und vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, EU:T:1999:48, Rn. 110). 125    Was darüber hinaus das Vorhandensein potenziell entlastender Dokumente betrifft, um deren Beschaffung sich die Kommission nicht bemüht habe, muss nach der Rechtsprechung das betroffene Unternehmen dartun, dass es die fraglichen Dokumente zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen hätten beeinflussen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 97). 126    Das betroffene Unternehmen muss folglich zum einen dartun, dass es zu bestimmten entlastenden Beweismitteln keinen Zugang hatte, und zum anderen, dass es diese zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (Urteile vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 24, und vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 98). 127    Im vorliegenden Fall legt die Klägerin nicht dar, inwiefern die Kommission zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt sei, und inwieweit die potenziell entlastenden Informationen, deren Beschaffung die Kommission unterlassen habe, einschließlich der drei von ihr genannten Beispiele, zu ihrer Verteidigung hätten eingesetzt werden können, und zwar in dem Sinne, dass sie, wenn sie sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommenen Beurteilungen, in welcher Weise auch immer, hätte beeinflussen können. Jedenfalls ist die Kommission, wie sich aus der oben in Rn. 124 angeführten Rechtsprechung ergibt, nicht verpflichtet, die Untersuchung fortzusetzen, um alle möglicherweise entlastenden Informationen zu beschaffen, wenn sie den Sachverhalt für hinreichend geklärt hält. 128    Insbesondere in Bezug auf den Mitarbeiter der Klägerin, der zahlreiche Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss stütze, legt die Klägerin nicht dar, inwiefern etwaige Fragen der Kommission an Dritte in Bezug auf diesen Mitarbeiter für die Sachverhaltsaufklärung von Bedeutung sein könnten oder, in welcher Weise auch immer, von der Klägerin für ihre Verteidigung hätten verwendet werden können oder Einfluss auf die Beurteilungen der Kommission hätten nehmen können. Denn die Kommission stützte sich zwar auf einige dieser Dokumente, hauptsächlich um nachzuweisen, dass die Verdrängung von Icera geplant war, doch berief sie sich auch auf andere entscheidende Beweismittel, die sie für ausreichend hielt. Schließlich hat die Klägerin nicht dargetan, inwiefern ein Dritter besser als sie in der Lage gewesen wäre, Beweise beizubringen, die die Rolle dieses Mitarbeiters oder die Auslegung der fraglichen Dokumente durch die Kommission in Frage stellen. 129    Ebenso ist, selbst wenn man annimmt, dass Huawei und ZTE nicht in der Lage waren, eine aussagekräftige Antwort auf ein Auskunftsverlangen zu den – immerhin wichtigen – NWK-Zahlungen zu geben, festzustellen, dass die Kommission diese Antworten nicht benötigte, da sie sich insoweit auf ein Bündel übereinstimmender Beweise stützte, wie aus der Prüfung des sechsten Klagegrundes hervorgeht. Folglich konnte die Kommission den Sachverhalt für hinreichend geklärt erachten, ohne damit einen offensichtlichen Fehler zu begehen. 130    Was schließlich den Zugang der Klägerin zu Dokumenten betrifft, die zu erheblichen Teilen unkenntlich gemacht worden seien und potenziell entlastendes Material hätten enthalten können, bestreitet die Klägerin nicht, dass die Beschwerdeführerin, die diese Informationen vorgelegt hatte, der Auffassung war, dass sie dem Berufsgeheimnis unterlägen, und die Kommission selbst nicht über ungeschwärzte Fassungen verfügte. Die Kommission konnte jedenfalls vernünftigerweise davon ausgehen, dass sie über genügend andere Informationen verfügte, um die Untersuchung durchzuführen, ohne von der Beschwerdeführerin verlangen zu müssen, ihr weniger geschwärzte Fassungen der vorgelegten Unterlagen zu übermitteln. 131    Aus diesen Gründen ist der Antrag der Klägerin, der Kommission aufzugeben, zu bestätigen, dass die zahlreichen Unkenntlichmachungen in den Dokumenten ID 1112-00146, 1112-00148, 1112-00150, 1112-00151, 1112-00154, 1112-00185, 1112-00218, 1112-00196, 1112-00229 und 1294 auf stichhaltigen Ansprüchen beruhen, die sich aus dem Geschäftsgeheimnis ergeben, und die Klägerin davon in Kenntnis zu setzen oder die genannten Dokumente zu beschaffen, um die Gültigkeit der Ansprüche von Nvidia zu prüfen, ebenfalls zurückzuweisen. 132    Nach alledem ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. –       Zur dritten Rüge: parteiische Untersuchung 133    Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer parteiischen Untersuchung, die in erster Linie zu einer Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und in zweiter Linie des Grundsatzes der Unschuldsvermutung, des Grundsatzes in dubio pro reo sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Waffengleichheit geführt und ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe. 134    Zur Stützung der vorliegenden Rüge trägt die Klägerin drei Argumente vor. 135    Erstens habe die Kommission die Argumente und Beweise, die die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der mündlichen Verhandlung vorgebracht habe, nicht in völliger Unparteilichkeit geprüft. Vielmehr habe sie unendliche Beweisausforschungen betrieben, indem sie zahlreiche Auskunftsverlangen versandt habe und dadurch sehr viele Daten erhoben habe. Zudem unterscheide sich der angefochtene Beschluss erheblich von der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Sachverhaltsschreiben und enthalte neue Gesichtspunkte, während die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte und das Sachverhaltsschreiben wiederum von der Mitteilung der Beschwerdepunkte abwichen. Die Klägerin hat der Klageschrift in der Anlage A.11 ein Verzeichnis mit Beispielen für diese Unterschiede beigefügt. 136    Zweitens habe die Kommission einige entlastende Gesichtspunkte, die Huawei u. a. in Bezug auf die NWK-Zahlungen übermittelt habe, nicht im angefochtenen Beschluss berücksichtigt. 137    Drittens habe sich die Kommission in Abwesenheit des Anhörungsbeauftragten mit der Beschwerdeführerin getroffen, um Fragen im Zusammenhang mit der Anhörung zur ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erörtern, obwohl dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich des Anhörungsbeauftragten falle, was die Integrität und Neutralität der Kommission ernsthaft in Frage stelle. 138    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 139    Insoweit ist festzustellen, dass jeder Einzelne ein Recht darauf hat, dass seine Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden (vgl. Urteil vom 2. Februar 2022, Scania u. a./Kommission, T‑799/17, EU:T:2022:48, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall lässt jedoch keines der Argumente der Klägerin den Schluss zu, dass die Kommission nicht alle Garantien geboten hätte, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei der Untersuchung auszuschließen. 140    Was zunächst das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe zahlreiche Auskunftsverlangen versandt und dadurch sehr viele Daten erhoben, ist darauf hinzuweisen, dass sie gemäß dem 23. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis haben sollte, im gesamten Bereich der Union die Auskünfte zu verlangen, die notwendig sind, um u. a. die nach Art. 102 AEUV untersagte missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung aufzudecken. Außerdem geht aus Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 hervor, dass die Kommission zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben durch einfaches Auskunftsverlangen oder durch Entscheidung von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verlangen kann, dass sie „alle erforderlichen Auskünfte“ erteilen. 141    In Anbetracht der weitgehenden Ermittlungs- und Nachprüfungsbefugnisse der Kommission ist es ihre Sache, die Erforderlichkeit der Auskünfte zu beurteilen, die sie von den betroffenen Unternehmen verlangt. Zu der vom Gericht ausgeübten Kontrolle dieser Beurteilung der Kommission ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs der erforderlichen Auskünfte auf den Zweck abzustellen ist, zu dem der Kommission die fraglichen Untersuchungsbefugnisse übertragen wurden. Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen dem Auskunftsverlangen und der mutmaßlichen Zuwiderhandlung ist daher erfüllt, wenn in diesem Stadium des Verfahrens Grund zu der Annahme besteht, dass das Verlangen insofern in Beziehung zu der mutmaßlichen Zuwiderhandlung steht, als die Kommission vernünftigerweise davon ausgehen kann, dass ihr die Auskunft bei der Ermittlung des Vorliegens der gerügten Zuwiderhandlung helfen wird (vgl. Urteil vom 14. März 2014, Holcim [Deutschland] und Holcim/Kommission, T‑293/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:127, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung). 142    Was konkret den vorliegenden Fall betrifft, folgt aus Rn. 128 des Urteils vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), das auf eine von der Klägerin erhobene Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 erging, dass der Umfang der Untersuchung der Kommission die Einholung einer erheblichen Anzahl von Auskünften rechtfertigen konnte. 143    Außerdem war die Kommission, wie auch das Gericht in Rn. 201 des Urteils vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), hervorgehoben hat, gerade im Hinblick auf die mit der gebotenen Sorgfalt zu erfolgende Vorbereitung ihres abschließenden Beschlusses zum etwaigen Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV auf der Grundlage sämtlicher Informationen, die einen Einfluss auf diesen Beschluss haben könnten, zur Annahme dieser Entscheidung berechtigt. Dieses Argument gilt auch entsprechend für die anderen Auskunftsverlangen, die die Kommission im Rahmen des Verwaltungsverfahrens versandte und die nicht als „Beweisausforschung“ anzusehen sind. Zum einen kann nämlich eine Parteilichkeit der Kommission bei der Untersuchung im Hinblick auf die Klägerin nicht abstrakt aus dem Vorliegen des Beurteilungsspielraums abgeleitet werden, über den die Kommission bezogen auf die Art und Weise der Durchführung der Untersuchung verfügt, und zum anderen hat die Klägerin keine Beweise beigebracht, die konkret belegen, dass sich die anderen Auskunftsverlangen nur durch eine solche Parteilichkeit erklären ließen. 144    Was sodann das Vorbringen der Klägerin zu den Unterschieden zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte, dem Sachverhaltsschreiben und dem angefochtenen Beschluss betrifft, verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Wahrung der Verteidigungsrechte, dass dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln herangezogenen Schriftstücken wirksam Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C‑152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 106). 145    Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die endgültige Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung hatten (Urteile vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 266; vom 18. Juni 2013, ICF/Kommission, T‑406/08, EU:T:2013:322, Rn. 117, und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 180). 146    Die Darstellung der wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützt, kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild dieser Mitteilung zu sein, da es sich bei ihr um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (Urteil vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, EU:C:1987:490, Rn. 70; vgl. auch Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 267). Zulässig sind daher Ergänzungen zur fraglichen Mitteilung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (Urteil vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, EU:T:2011:442, Rn. 181). Bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung kann daher die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern oder umgekehrt beschließen, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, EU:T:2003:245, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung). 147    Im vorliegenden Fall lässt sich eine Parteilichkeit der Kommission bei der Untersuchung im Hinblick auf die Klägerin nicht abstrakt daraus ableiten, dass zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte, dem Sachverhaltsschreiben und dem angefochtenen Beschluss Unterschiede bestehen. Außerdem hat die Klägerin keine Beweise beigebracht, die konkret belegen, dass sich die Unterschiede nur durch eine solche Parteilichkeit erklären ließen. 148    Vielmehr ist zu prüfen, ob sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf neue Beschwerdepunkte oder Beweise zulasten der Klägerin stützte und die Klägerin im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit hatte, zu ihnen Stellung zu nehmen. 149    Die Klägerin beschränkt sich insoweit auf die allgemeine Behauptung, der angefochtene Beschluss unterscheide sich erheblich von der Argumentation in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im Sachverhaltsschreiben und enthalte neue Gesichtspunkte, und sie begnügt sich damit, in einer Fußnote einige Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses zu zitieren und auf die Anlage A.11 zur Klageschrift zu verweisen. 150    Selbst wenn es sich bei diesen Gesichtspunkten um neue Gesichtspunkte handeln sollte, die in den vorhergehenden Verfahrensunterlagen nicht enthalten waren, legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, inwiefern diese Gesichtspunkte neue Beschwerdepunkte oder Beweise zu ihren Lasten darstellen, zu denen sie sich im Verwaltungsverfahren nicht äußern konnte, und nicht bloß die Berücksichtigung von Stellungnahmen, die die Kommission u. a. von der Klägerin erhalten hatte, im angefochtenen Beschluss. 151    Wie sich aus der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung ergibt, kann der angefochtene Beschluss, gerade weil die Kommission die Stellungnahmen der Parteien im Lauf der Verwaltungsverfahrens berücksichtigen muss, kein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder des Sachverhaltsschreibens sein. Da sich die Klägerin darauf beschränkt hat, ein Verzeichnis der Unterschiede zwischen dem angefochtenen Beschluss und den vorhergehenden Verfahrensdokumenten zu erstellen, ohne näher zu erläutern, inwiefern sich diese Änderungen konkret zu ihren Ungunsten auf die juristische Argumentation der Kommission und ihre Einordnung des Sachverhalts auswirkte oder wie die Tragweite des beanstandeten Verhaltens dadurch verändert wurde, hat sie nicht nachgewiesen, dass die Kommission eine parteiische Untersuchung durchgeführt hat. 152    Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe sich in Abwesenheit des Anhörungsbeauftragten mit der Beschwerdeführerin getroffen, um Fragen im Zusammenhang mit der Anhörung zur ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erörtern, obwohl dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich des Anhörungsbeauftragten falle, werden die Integrität der Kommission und ihre Fähigkeit, den vorliegenden Fall neutral und objektiv zu bearbeiten, dadurch nicht in Frage gestellt. Außerdem legt die Klägerin nicht dar, inwiefern ihre Verteidigungsrechte durch das Treffen beeinträchtigt sein könnten, zumal es ihr, falls ihr dies notwendig erschien, freistand, den Anhörungsbeauftragten um ein entsprechendes Treffen zu bitten. 153    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 154    Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit 155    Der zweite Teil stützt sich auf zwei Rügen. Mit der ersten Rüge beanstandet die Klägerin eine unzureichende Akteneinsicht. Die zweite Rüge betrifft im Wesentlichen den unzureichenden Inhalt der übermittelten Akten. –       Vorbemerkungen 156    Die Verteidigungsrechte gehören als Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gerichtshof und das Gericht zu sichern haben (Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 52). 157    Die Wahrung der Verteidigungsrechte stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der anwendbar ist, wann immer die Verwaltung beabsichtigt, gegenüber einer Person eine sie beschwerende Maßnahme zu erlassen (Urteil vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service, C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 28). 158    Dieser allgemeine Grundsatz des Unionsrechts ist in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und b der Charta verbürgt (Urteil vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C‑152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 105). 159    Wie sich aus der oben in Rn. 144 angeführten Rechtsprechung ergibt, verlangt die Wahrung der Verteidigungsrechte im Wettbewerbsrecht, dass dem Adressaten eines Beschlusses, mit dem festgestellt wird, dass er eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände, die ihm zur Last gelegt werden, sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung herangezogenen Schriftstücken wirksam Stellung zu nehmen. 160    Nach gefestigter Rechtsprechung führt eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Von einem Kläger, der eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte rügt, darf nicht der Nachweis verlangt werden, dass die angefochtene Entscheidung des betreffenden Unionsorgans inhaltlich anders ausgefallen wäre, sondern lediglich, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist (vgl. Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 105 und 106 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), da sich diese Partei ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 31; vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares & Hardware/Rat, C‑141/08 P, EU:C:2009:598, Rn. 94, und vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 129). 161    Dies ist anhand der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des konkreten Falls zu beurteilen (Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 107). –       Zur ersten Rüge: unzureichende Akteneinsicht 162    Die Klägerin macht geltend, sie habe erst nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte Akteneinsicht erhalten und zudem wiederholt Anträge auf Akteneinsicht stellen müssen. Außerdem habe sie „wahnsinnig viel Zeit und unverhältnismäßig viele Ressourcen“ für die Einsichtnahme in einige Dokumente investieren müssen, was eine „sinnlose und nachteilige Ablenkung“ dargestellt habe und sich negativ auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten ausgewirkt habe. 163    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 164    Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68, und vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 41). 165    Im vorliegenden Fall beanstandet die Klägerin als Erstes, dass sie gegenüber der Kommission auf Zugang zu den Aktenunterlagen habe bestehen müssen und dadurch Zeit verloren habe, wodurch ihre Erinnerung an die Geschehnisse verblasst und folglich ihre Verteidigung beeinträchtigt worden sei. 166    Das Vorbringen der Klägerin zur Dauer des Verwaltungsverfahrens und zu den Auswirkungen auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten ist jedoch aus den oben in den Rn. 116 bis 121 dargelegten Gründen zurückzuweisen. Soweit die Klägerin außerdem geltend macht, die Akteneinsicht sei ihr zu spät gewährt worden, steht fest, dass sie im Lauf des Verwaltungsverfahrens Zugang zu den Akten erhielt und die darin enthaltenen Dokumente bei der Organisation ihrer Verteidigung berücksichtigen konnte. Selbst wenn man annimmt, dass die Klägerin nicht sofort Einsicht in die Akten erhielt, hat sie jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die Akteneinsicht verspätet war und ihre Verteidigungsrechte verletzt wurden, so dass dieses Vorbringen zurückzuweisen ist. 167    Als Zweites ist zum Vorwurf der unzureichenden Akteneinsicht festzustellen, dass die Klägerin, wie den von ihr nicht beanstandeten Erwägungsgründen 45 und 46 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, in Bezug auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst anerkannt hat, dass alle Fragen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht geklärt waren, bevor sie ihre Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte einreichte, und in Bezug auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht von dem Angebot der Kommission Gebrauch gemacht hatte, ihre Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte nach dem Erhalt einer überarbeiteten nicht vertraulichen Fassung bestimmter Aktenunterlagen zu ergänzen, so dass sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien. 168    Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. –       Zur zweiten Rüge: unzureichender Inhalt der übermittelten Akten 169    Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, zu allen Treffen, Telefonaten sowie formellen und informellen Gesprächen, die zwecks Einholung von Informationen zum Gegenstand einer Untersuchung durchgeführt würden, ausführliche Vermerke anzufertigen und ihr in zweckdienlicher Weise zur Verfügung zu stellen. 170    Als Erstes beanstandet sie, dass die Kommission keine Vermerke zu sieben Telefonkonferenzen und fünf Treffen mit ihr angefertigt habe. Die Kommission habe dann nicht auf diese Vermerke zurückgreifen können, die möglicherweise entlastendes Material beinhaltet hätten. 171    Als Zweites wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe ihr einige Vermerke zu Treffen oder Telefonkonferenzen mit Dritten zu spät – mitunter erst mehrere Jahre später – übermittelt. 172    Als Drittes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe ihr zu einigen Telefonkonferenzen mit Dritten, d. h. einer Telefonkonferenz mit Huawei und sieben Telefonkonferenzen mit der Beschwerdeführerin, Vermerke übermittelt, die zu kurz seien und es ihr nicht ermöglicht hätten, die in den Telefonkonferenzen ausgetauschten Informationen nachzuvollziehen. 173    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 174    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben befugt ist, alle natürlichen und juristischen Personen zu befragen, die der Befragung zum Zweck der Einholung von Information, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezieht, zustimmen. 175    Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 kann die Kommission die Aussagen von Personen, die im Rahmen einer Befragung nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 befragt werden, auf einen beliebigen Träger aufzeichnen. In Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 ist außerdem festgelegt, dass die Befragung auf jedem Weg einschließlich per Telefon oder elektronisch erfolgen kann. 176    Insoweit ist nach der Rechtsprechung die Kommission, wenn sie sich dafür entscheidet, eine Befragung auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vorzunehmen, verpflichtet, die Befragung in vollem Umfang aufzuzeichnen, unbeschadet der ihr überlassenen Wahl der Form dieser Aufzeichnung. Daraus folgt, dass für die Kommission eine Pflicht besteht, jede Befragung, die sie nach dem genannten Artikel durchführt, um Informationen einzuholen, die sich auf den Gegenstand ihrer Untersuchung beziehen, in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen (Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 90 und 91, sowie vom 9. März 2023, Les Mousquetaires und ITM Entreprises/Kommission, C‑682/20 P, EU:C:2023:170, Rn. 89). 177    Zu diesem Zweck reicht es nicht aus, dass die Kommission die bei der Befragung angesprochenen Themen kurz zusammenfasst. Sie muss in der Lage sein, Angaben zum Inhalt der Erörterungen im Rahmen dieser Befragung zu machen, insbesondere zur Art der Auskünfte über die dabei behandelten Themen (Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 190, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 91 und 92). 178    Was als Erstes die Kontakte zwischen der Kommission und der Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren betrifft, rügt die Klägerin, dass die Akten keine Vermerke zu sieben Telefonkonferenzen und fünf Treffen enthielten. 179    Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern ein entsprechender Verfahrensfehler, wenn er denn vorläge, ihre Verteidigungsrechte hätte beeinträchtigen können, und sie weist nicht nach, dass sie sich besser hätte verteidigen können, wenn die Kommission Vermerke zu ihren Kontakten mit der Klägerin angefertigt hätte. Da die Treffen nämlich zwischen der Kommission und der Klägerin selbst stattfanden, waren der Inhalt dieser Treffen und die dabei mit der Kommission erörterten Themen der Klägerin vollumfänglich bekannt. Sie war daher durchaus in der Lage, jegliches Entlastungsmaterial zu nutzen, das eventuell im Rahmen dieser Kontakte angesprochen wurde, und sich dadurch besser zu verteidigen. Außerdem wäre in einem solchen Fall zu erwarten, dass die Klägerin vorsichtshalber selbst eine Kurzfassung des fraglichen Kontakts an die Kommission übermittelt, damit etwaiges potenziell entlastendes Material in Schriftform vorliegt und in die Akten Eingang findet. 180    Als Zweites beanstandet die Klägerin, dass sie zu spät Zugang zu bestimmten Vermerken in Bezug auf Treffen oder Telefonkonferenzen mit Dritten erhalten habe, wodurch ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien. 181    Unabhängig davon, ob die fraglichen Treffen und Telefonate „Befragungen“ im Sinne von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 darstellen, zu deren Aufzeichnung die Kommission verpflichtet gewesen wäre, was die Klägerin im Übrigen nicht einmal nachzuweisen versucht, erhielt sie am 31. Juli und am 27. August 2018 unstreitig Zugang zu den entsprechenden Vermerken, d. h. unmittelbar nach dem Versand der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission. 182    Zwar ist es bedauerlich, dass der Zugang zu den Vermerken in Bezug auf die fraglichen Treffen und Telefonkonferenzen tatsächlich erst lange nach diesen Treffen und Telefonkonferenzen gewährt wurde, jedoch erfolgte die Antwort der Klägerin auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte am 22. Oktober 2018, d. h. mehrere Wochen nach Erhalt der Vermerke, so dass sie ausreichend Zeit hatte, die Vermerke zu prüfen, potenziell entlastendes Material zu identifizieren und sich in ihrer Antwort darauf zu berufen. 183    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Umstände des vorliegenden Falls von denen der Rechtssache unterscheiden, in der das Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), ergangen ist, mit dem das Gericht den Beschluss C(2018) 240 final der Kommission vom 24. Januar 2018 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.40220 – Qualcomm [Ausschließlichkeitszahlungen]) für nichtig erklärt hat, insbesondere wegen der verspäteten Übermittlung einiger Vermerke zu Befragungen von Dritten durch die Kommission. 184    So geht aus den Rn. 168 und 169 des Urteils vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), hervor, dass die Kommission Qualcomm im Verwaltungsverfahren weder über die Existenz noch über den Inhalt bestimmter Gespräche mit Dritten informiert hatte und sie die entsprechenden Vermerke erst nach Erlass des Beschlusses C(2018) 240 final versandte, wobei einige davon sogar erst im Verfahren vor dem Gericht als Reaktion auf die vom Gericht angeordnete Beweisaufnahme übermittelt wurden. 185    Außerdem ist unstreitig, dass in der Rechtssache im Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), Qualcomm – anders als im vorliegenden Fall – im Verwaltungsverfahren keinen Zugang zu den Vermerken hatte und daher keine Möglichkeit hatte, sich zu ihnen zu äußern oder etwaige darin enthaltene entlastende Gesichtspunkte für ihre Verteidigung zu verwenden, bevor der Beschluss erlassen wurde, der ihr Ausschließlichkeitszahlungen zur Last legte. Diese entscheidungserheblichen Umstände, die das Gericht zur Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 240 final veranlasst haben, unterscheiden sich grundlegend vom vorliegenden Fall. 186    Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihre Verteidigungsrechte durch die relativ späte Übermittlung der Vermerke zu den fraglichen Treffen und Telefonkonferenzen verletzt wurden. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zur verspäteten Übermittlung der Vermerke durch die Kommission zurückzuweisen. 187    Als Drittes beanstandet die Klägerin, einige Vermerke zu Telefonkonferenzen mit Dritten, d. h. einer Telefonkonferenz mit Huawei und sieben Telefonkonferenzen mit der Beschwerdeführerin, seien zu kurz gefasst. 188    Die Kommission hat hierzu in der mündlichen Verhandlung zum einen anerkannt, dass zumindest einige der von der Klägerin genannten Telefonkonferenzen tatsächlich als „Befragungen“ im Sinne von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 eingestuft werden könnten, und zum anderen eingeräumt, dass sie sie nicht aufgezeichnet habe. Ferner ist festzustellen, dass die Vermerke zu diesen Befragungen, so wie sie in Anlage A.9 zur Klageschrift wiedergegeben sind, zu kurz sind, um die fehlende Aufzeichnung kompensieren zu können. 189    Im Hinblick auf die Konsequenzen, die aus diesem Verfahrensfehler zu ziehen sind, ist zu prüfen, ob die Klägerin in Anbetracht der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des vorliegenden Falls hinreichend dargelegt hat, dass sie sich ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können. Denn wenn sie dies nicht darlegt, kann der Verfahrensfehler nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen. 190    Soweit das betroffene Unternehmen über aussagekräftige Hinweise zu den Autoren sowie zu Art und Inhalt der ihm vorenthaltenen Dokumente verfügt, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es – sowohl belastende als auch entlastende – Aktenbestandteile, deren Einsichtnahme ihm in rechtswidriger Weise verwehrt blieb, zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Solvay/Kommission, C‑110/10 P, EU:C:2011:257, Nr. 37). 191    Wenn dem betroffenen Unternehmen ein belastendes Beweismittel nicht übermittelt wurde, genügt es, dass das Unternehmen dartut, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn dieses Beweismittel ausgeschlossen worden wäre, soweit sich die Kommission darauf gestützt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 71 und 73, sowie vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 46). 192    Wenn dem betroffenen Unternehmen ein entlastendes Beweismittel nicht übermittelt wurde, muss es dartun, dass es dieses Beweismittel zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen hätten beeinflussen können (vgl. Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung). 193    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch nicht dargetan, dass sie sich ohne den festgestellten Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können. 194    Insbesondere hat die Klägerin, obwohl sie in der mündlichen Verhandlung vom Gericht ausdrücklich dazu befragt worden ist, kein substantiiertes Argument vorgetragen, mit dem sich nachvollziehen ließe, auf welcher Grundlage sie sich hätte besser verteidigen können, obschon es letztendlich durchaus möglich war, aus den von der Kommission übermittelten Vermerken den Inhalt der fraglichen Gespräche abzuleiten und daraus auf das Vorhandensein etwaiger Gesichtspunkte zu schließen, die die Klägerin für ihre Verteidigung hätte verwenden können. 195    Schließlich hatte die Klägerin im Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), mit dem das Gericht den Beschluss C(2018) 240 final insbesondere wegen Unvollständigkeit der Vermerke der Kommission zu bestimmten Gesprächen mit Dritten für nichtig erklärt hat, zur Untermauerung eines entsprechenden Vorbringens in der Klageschrift eine Anlage erstellt, um die Gesichtspunkte zu erläutern, die in den Gesprächen hätten erörtert werden können, und darzulegen, wie sie bei ihrer Verteidigung hätten verwendet werden können. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine entsprechenden Erläuterungen vorgetragen. 196    Aus diesem Grund kann der vorliegend festgestellte Verfahrensfehler im Zusammenhang mit den zu kurzen Vermerken zu Telefonkonferenzen mit Dritten nicht zu einer Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen. 197    Folglich sind die vorliegende Rüge sowie der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 154), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum 198    Der zweite Klagegrund besteht aus fünf Teilen. Der erste Teil betrifft Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes. Der zweite betrifft den direkten Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt. Der dritte Teil betrifft den indirekten Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt. Der vierte Teil bezieht sich auf die beherrschende Stellung der Klägerin während des maßgeblichen Zeitraums. Der fünfte betrifft die Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, das die Kommission ihrer Analyse zugrunde gelegt habe. Zum ersten Teil: Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes 199    Dieser Teil beinhaltet drei Rügen. Erstens wird gerügt, dass die Kommission offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen habe, als sie sich bei der Abgrenzung des relevanten Marktes auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Auskunftsverlangen gestützt habe. Mit der zweiten Rüge wird geltend gemacht, die Kommission habe offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen, indem sie nicht geprüft habe, ob eine Substitutionskette vorliege. Mit der dritten Rüge wird beanstandet, dass die Kommission offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen habe, als sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sie den Test „small but significant and non-transitory increase in price“ (geringe, aber erhebliche und nicht vorübergehende Preiserhöhung) (im Folgenden: SSNIP-Test) nicht anwenden müsse. –       Vorbemerkungen 200    Im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV soll durch die Abgrenzung des relevanten Marktes ermittelt werden, für welchen Bereich zu beurteilen ist, ob das betreffende Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung). 201    Die Abgrenzung des relevanten Marktes ist somit grundsätzlich eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung des betreffenden Unternehmens, wobei als Erstes die Waren oder Dienstleistungen des relevanten Marktes und als Zweites die räumliche Dimension dieses Marktes zu bestimmen sind (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127 und 128 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 202    Was den Produkt- oder Dienstleistungsmarkt betrifft, bedeutet der Begriff des relevanten Marktes, dass zwischen den zu ihm gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen ein wirksamer Wettbewerb herrschen kann, was einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit oder Ersetzbarkeit zwischen diesen Erzeugnissen und Dienstleistungen voraussetzt. Die Austauschbarkeit oder Ersetzbarkeit beurteilt sich nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen. Es müssen auch die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt in Betracht gezogen werden (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung). 203    Eine solche Beurteilung setzt einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit zwischen den Produkten oder Dienstleistungen, die Teil des relevanten Marktes sind, und denjenigen, die zur Deckung der Nachfrage auf diesem Markt vorgesehen sind, voraus. Dies wäre u. a. der Fall, wenn der Anbieter des Alternativangebots in der Lage ist, die Nachfrage kurzfristig mit einer Stärke zu befriedigen, die ausreicht, um ein ernst zu nehmendes Gegengewicht zu der Marktmacht zu bilden, die das betreffende Unternehmen auf diesem Markt ausübt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 132 und 133 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 204    Schließlich kann nach ständiger Rechtsprechung die Abgrenzung des relevanten Marktes nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter sein, da sie mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission verbunden ist (Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 482; vom 7. Mai 2009, NVV u. a./Kommission, T‑151/05, EU:T:2009:144, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, EU:T:2010:517, Rn. 66). 205    Im Licht dieser Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zur Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission im angefochtenen Beschluss zu prüfen. –       Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie sich auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Fragen gestützt habe 206    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eine etwaige Substituierbarkeit zwischen den UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, auf der Grundlage einer verzerrten Analyse von ausgewählten Antworten auf schlecht formulierte Fragen ausgeschlossen. 207    Konkret trägt die Klägerin vor, der angefochtene Beschluss basiere auf unklaren oder mehrdeutigen Antworten auf wirre oder auslegungsbedürftige Fragen, die mehrere Jahre nach der angeblichen Zuwiderhandlung in Auskunftsverlangen gestellt worden seien, was dazu geführt habe, dass mehrere Befragte, die die Fragebögen vom 4. November 2014 und vom 30. April 2015 beantwortet hätten, die Fragen so verstanden hätten, dass sie sich auf den Markt bezögen, wie er sich zum Zeitpunkt der Versendung der Auskunftsverlangen darstellte, und nicht auf den Markt, wie er zum Zeitpunkt der angeblichen Zuwiderhandlung bestanden habe. Außerdem habe die Formulierung einiger Fragen zur Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, dazu geführt, dass die befragten Unternehmen die Frage, ob sie vorhätten, den Lieferanten zu wechseln, in Bezug auf Chips beantwortet hätten, die in vorhandene Geräte eingebaut werden sollten, und nicht in Bezug auf den Einbau in künftige Geräte. Schließlich habe die Formulierung der Fragen vorschnell nahegelegt, dass zwei verschiedene Märkte vorlägen, nämlich der Markt für UMTS-Chips und der Markt für LTE‑Chips, da die Umfrageteilnehmer gefragt worden seien, ob sie von einem Chip-Typ zum anderen wechseln würden. 208    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 209    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss bei ihrer Feststellung, dass zwischen den UMTS-Chips und den Chips, die andere Technologien unterstützen, keine Substituierbarkeit gegeben sei, auf eine große Anzahl von Daten stützte. Dies ergibt sich aus den Fn. 245, 246 und 248 bis 251 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den GSM-Standard unterstützen, den Fn. 254 bis 258 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den CDMA-Standard unterstützen, den Fn. 260 und 264 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips der Variante „Frequency-division-duplexing“ (FDD) und den gleichen Chips der Variante „Time-division-duplex“ (TDD), die den FDD-Modus nicht unterstützen, und den Fn. 271 bis 273 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den WiFi/WiMAX-Standard unterstützen. Wie außerdem den Fn. 277 und 279 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, hatte die Kommission auch zahlreiche Dokumente herangezogen, bevor sie zu dem Ergebnis kam, dass UMTS-Chips, die verschiedene Versionen der UMTS-Technologie unterstützen, austauschbar seien. 210    Zudem stützte sie sich nicht nur auf die Antworten zu den 2014 und 2015 versandten Fragebögen, sondern auch auf die Antworten zu zwei Fragebögen, die 2010 versandt worden waren und sich auch auf die Abgrenzung des relevanten Marktes bezogen, was die Kommission in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme in Form einer schriftlichen Frage des Gerichts ausdrücklich bestätigt hat, sowie auf Branchenberichte, wie den Fn. 244, 261 und 270 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist. 211    Somit kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe sich bei der Abgrenzung des relevanten Marktes nur auf eine Auswahl von Antworten gestützt. 212    Selbst wenn man annimmt, dass sich einige befragte Unternehmen bei der Beantwortung der Fragebögen von 2014 und 2015 auf einen falschen zeitlichen Rahmen beziehen konnten, ist festzustellen, dass nicht alle Umfrageteilnehmer, auf die sich die Kommission in den Fn. 244, 261 und 270 des angefochtenen Beschlusses bezieht, diesen Fehler begingen, was die Klägerin nicht bestreitet, da sie sich darauf beschränkt, beispielhaft einige Unternehmen anzuführen, deren Antwort sich nicht auf den maßgeblichen Zeitraum beziehe. 213    Was speziell den Fragebogen vom 30. April 2015 betrifft, so enthält dieser den einleitenden Hinweis, dass die Antworten für den Zeitraum 2010–2014 zu erteilen sind. Auf eine schriftliche Frage des Gerichts, warum sich dieser Fragebogen nicht auf das Jahr 2009 bezog, obwohl das zweite Quartal dieses Jahres in den maßgeblichen Zeitraum fällt, hat die Kommission erklärt, dass sich zahlreiche Teilnehmer dieses Fragebogens ausdrücklich auf einen zeitlichen Rahmen vor 2010 bezogen hätten oder allgemeingültige, vom Referenzzeitraum unabhängige Erklärungen abgegeben hätten, die daher auch für das Jahr 2009 gelten würden. 214    Daraus folgt, dass, selbst wenn einige Teilnehmer auf die Fragebögen vom 4. November 2014 und vom 30. April 2015, auf die sich die Klägerin bezieht, vage Antworten gegeben hätten, wie von ihr geltend gemacht, die sich auf einen anderen zeitlichen Rahmen als den der Zuwiderhandlung bezogen, ein solcher Fehler jedenfalls die Analyse der Kommission im Licht aller Antworten zur fehlenden Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützen, nicht in Frage stellen kann, da sich die Kommission dabei auf eine sehr große Zahl übereinstimmender Daten stützte. 215    Wenn die Klägerin darüber hinaus geltend macht, die Formulierung einiger Fragen zur Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, habe dazu geführt, dass die befragten Unternehmen die Frage, ob sie vorhätten, den Lieferanten zu wechseln, in Bezug auf Chips beantwortet hätten, die in vorhandene Geräte eingebaut werden sollten, und nicht in Bezug auf den Einbau in künftige Geräte, vertritt sie im Wesentlichen die Ansicht, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob von den Herstellern der in künftige, d. h. noch nicht existierende, Geräte einzubauenden Chips ein hypothetischer Wettbewerbsdruck ausgehe. 216    Diese Argumentation kann jedoch nicht durchgreifen. 217    Denn nach Rn. 7 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5, im Folgenden: Bekanntmachung über die Definition des Marktes) umfasst der sachlich relevante Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden, was bedeutet, dass die Beurteilung auf der Grundlage des Produkttyps vorzunehmen ist, den die fraglichen Unternehmen zu diesem Zeitpunkt verkaufen, und nicht auf der Grundlage hypothetischer künftiger Produkte, deren Eigenschaften, Preise und Verwendungszweck die Verbraucher noch nicht kennen. 218    Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin jedenfalls nicht darlegt, inwiefern der hypothetische Wettbewerbsdruck durch Chips für noch nicht existierende Geräte sich auch nur im Geringsten auf das Ergebnis der Analyse der Kommission hätte auswirken können, die sich, wie oben in den Rn. 209 und 210 dargelegt, auf zahlreiche übereinstimmende Daten stützte. 219    Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe vorschnell nahegelegt, dass zwei verschiedene Märkte vorlägen, nämlich der Markt für UMTS-Chips und der Markt für LTE‑Chips, da sie die Umfrageteilnehmer gefragt habe, ob sie von einem Chip-Typ zum anderen wechseln würden, als jeglicher Grundlage entbehrend zurückzuweisen. 220    Die von der Kommission insoweit gestellten Fragen beziehen sich nämlich nur auf konkrete Technologien, u. a. die Standards GSM, UMTS und LTE, die jeweils eigene Merkmale aufweisen, und dienten gerade dazu, herauszufinden, ob die auf diesen Technologien beruhenden Chips von ihren Käufern als austauschbar und somit potenziell dem gleichen Produktmarkt zugehörig angesehen werden oder nicht. 221    Nach alledem ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. –       Zur zweiten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie das Vorliegen einer Substitutionskette nicht geprüft habe 222    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen, indem sie nicht geprüft habe, ob zwischen UMTS-Chips und Chips, die frühere oder spätere Technologien unterstützten, eine Substitutionskette vorliege. 223    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission prüfen müssen, ob zum Zeitpunkt des Übergangs zwischen zwei Technologien das, was sie als „Substitutionskette“ bezeichnet, vorgelegen habe, d. h. ihren Worten zufolge „eine Kontinuität der angebotenen Produkte oder andernfalls ein offensichtlicher struktureller ‚Umbruch‘ zwischen den zwei Standards“. Sie wendet sich insbesondere gegen die Schlussfolgerung der Kommission, wonach keine Substitutionskette zwischen UMTS-Chips und Chips, die früher den erweiterten GSM/EDGE‑Standard unterstützt hätten, bestanden habe. 224    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 225    In Rn. 57 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes erläutert die Kommission, dass das Vorhandensein von Substitutionsketten in bestimmten Fällen zur Folge haben kann, dass ein relevanter Markt einige nicht direkt substituierbare Produkte umfasst, wenn ein Produkt B ein Nachfragesubstitut für die Produkte A und C ist. Zwar sind die Produkte A und C in diesem Fall keine direkten Nachfragesubstitute, doch können sie als demselben relevanten Produktmarkt zugehörig aufgefasst werden, da die Preisbildung bei ihnen jeweils durch die Substitution mit B zwingend beeinflusst wird. 226    Mit der vorliegenden Rüge beanstandet die Klägerin jedoch im Wesentlichen, dass die Kommission zum einen Chips, die eine frühere Technologie unterstützten, und UMTS-Chips für nicht substituierbar gehalten habe und zum anderen UMTS-Chips und Chips, die eine spätere Technologie unterstützten, für nicht substituierbar gehalten habe. Mit anderen Worten wirft sie der Kommission vor, zwei „klassische“ Prüfungen der Substituierbarkeit von zwei Produkten vorgenommen zu haben und nicht geprüft zu haben, ob eine etwaige Substitutionskette zwischen zwei Produkten vorgelegen habe, die zwar nicht direkt substituierbar seien, jedoch indirekt substituierbar würden, da sie sich gemeinsam durch ein drittes Produkt ersetzen ließen. 227    Insoweit genügt der Hinweis, dass sich die Kommission bei der Prüfung der Substituierbarkeit von UMTS-Chips und Chips, die auf anderen, vor oder nach dem UMTS-Standard entwickelten Technologien basieren, im angefochtenen Beschluss auf eine Vielzahl übereinstimmender Daten stützte, wie oben aus den Rn. 209 und 210 hervorgeht. 228    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. –       Zur dritten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission bei der Schlussfolgerung, dass sie den SSNIP-Test nicht anwenden müsse 229    Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Rechtsfehler begangen, als sie den SSNIP-Test im angefochtenen Beschluss nicht angewandt habe. Zwar nehme das Urteil vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission (T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2), auf das die Kommission im angefochtenen Beschluss verweise, in der Tat auch auf andere Instrumente als den Test Bezug, auf die die Kommission zurückgreifen könne, einschließlich Marktstudien oder Evaluierungen der Standpunkte von Verbrauchern und Wettbewerbern, jedoch sei die Kommission verpflichtet, sich auf geeignete, überzeugende und verlässliche Beweise zu stützen, was sie im vorliegenden Fall nicht getan habe, da sie eine Auswahl von Antworten auf wirre Fragen in den Auskunftsverlangen zugrunde gelegt habe. Die Klägerin beanstandet außerdem, dass die Kommission im 248. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten habe, dass der SSNIP-Test jedenfalls nicht geeignet sei, da der Preis von UMTS-Chips bereits über dem Wettbewerbsniveau liege. 230    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 231    Vorab sei darauf hingewiesen, dass beim SSNIP-Test geprüft wird, ob eine leichte Preiserhöhung um 5 % bis 10 % bei einer erheblichen Anzahl von Kunden dazu führen würde, sich für ein anderes Produkt zu entscheiden, das in diesem Fall als ein Produkt angesehen würde, mit dem sich das erste Produkt ersetzen lässt. 232    Darüber hinaus ist zu beachten, dass der SSNIP-Test, auch wenn er eine anerkannte Methode zur Abgrenzung des relevanten Marktes darstellt, nicht die einzige Methode ist, die der Kommission zur Verfügung steht. Sie kann nämlich auch andere Instrumente bei der Abgrenzung des relevanten Marktes berücksichtigen, wie z. B. Marktstudien oder Evaluierungen der Standpunkte von Verbrauchern und Wettbewerbern (Urteile vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82, und vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]), was die Klägerin nicht bestreitet. 233    Zudem geht sowohl aus der Rechtsprechung als auch aus Rn. 25 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass es keine starre Rangordnung für die verschiedenen Nachweise gibt, auf die die Kommission bei ihrer Beurteilung zurückgreifen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82, und vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]), was die Klägerin ebenso wenig bestreitet. 234    Außerdem verfügt die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes über einen gewissen Beurteilungsspielraum, da die Abgrenzung mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, EU:T:2010:517, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 235    Daraus ergibt sich, dass die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 102 AEUV nicht verpflichtet ist, einen SSNIP-Test durchzuführen. 236    Somit beging die Kommission keinen Rechtsfehler, als sie im 180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststellte, dass sie im vorliegenden Fall den relevanten Markt abgrenzen könne, ohne einen SSNIP-Test durchführen zu müssen. 237    Zudem ist der Analyse der ersten Rüge im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes zu entnehmen, dass sich die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes im angefochtenen Beschluss auf geeignete, überzeugende und verlässliche Beweise stützte und nicht, wie von der Klägerin behauptet, auf eine Auswahl von Antworten auf wirre Fragen in den Auskunftsverlangen. Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen Fehler beging, als sie den SSNIP-Test nicht durchführte. 238    Außerdem hat die Klägerin noch nicht einmal den Versuch unternommen, nachzuweisen, dass die Durchführung des SSNIP-Tests zu einem anderen Ergebnis als demjenigen der Kommission im angefochtenen Beschluss geführt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]). 239    Daher ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen, ohne dass über die Stichhaltigkeit einer von der Klägerin beanstandeten Begründung der Kommission für die im vorliegenden Fall unterlassene Anwendung des SSNIP-Tests entschieden zu werden braucht, nämlich dass der Test für den vorliegenden Fall jedenfalls nicht geeignet sei, da der Preis von UMTS-Chips bereits über dem Wettbewerbsniveau liege. 240    Folglich ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: direkter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt 241    Die Klägerin stützt den vorliegenden Teil auf vier Rügen. 242    Sie macht als Erstes geltend, die Kommission habe sich bei ihrer Feststellung, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot bestimmter, im Markt für UMTS-Chips vertikal integrierter Originalgerätehersteller kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe, zu Unrecht auf die widersprüchlichen und nicht relevanten Erklärungen dieser Hersteller gestützt, statt die Kunden zu befragen, ob sie bereit und in der Lage seien, im Fall eines Ansteigens der Chippreise auf diesem Markt zur Eigenversorgung überzugehen oder diese auszuweiten, falls sie bereits vertikal integriert seien. 243    Als Zweites beanstandet die Klägerin, dass die Kommission das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich](1) zu Unrecht aufgrund seines geringen Umfangs im maßgeblichen Zeitraum vom relevanten Markt ausgeschlossen habe. Die Klägerin verweist insoweit auf ihre Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, in denen sie nachgewiesen habe, dass von [vertraulich] starker Wettbewerbsdruck ausgegangen sei. 244    Als Drittes rügt die Klägerin, die Kommission habe einige Beweise zurückgewiesen, die die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors betroffen hätten, obwohl in einem dermaßen dynamischen Sektor wie dem vom angefochtenen Beschluss betroffenen diese Entwicklungen und Trends berücksichtigt werden müssten. Dies gelte für den vorliegenden Fall umso mehr, da die Kommission in Bezug auf andere Gesichtspunkte des Beschlusses Zukunftsprojektionen berücksichtigt habe, u. a. um ein hohes Wachstumspotenzial des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips nachzuweisen. 245    Als Viertes beanstandet die Klägerin, dass die Kommission das Geschäftsumfeld nicht berücksichtigt habe, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sie etwa 70 % ihrer Verkäufe von UMTS-Chips für Huawei-MBB-Geräte an das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einer Huawei-Tochtergesellschaft verloren habe. 246    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 247    Nach Rn. 7 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes umfasst der sachlich relevante Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden. 248    Darüber hinaus ist Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes zu entnehmen, dass sich die Wettbewerbskräfte, denen die Unternehmen unterliegen, hauptsächlich aus drei Quellen speisen, nämlich Nachfragesubstituierbarkeit, Angebotssubstituierbarkeit und potenzieller Wettbewerb, und im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft darstellt, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt. Ein Unternehmen kann nämlich die gegebenen Verkaufsbedingungen nicht erheblich beeinflussen, wenn die Kunden in der Lage sind, ohne Weiteres auf Substitute auszuweichen, und daher ist das Alternativangebot zu bestimmen, auf das die Kunden der betreffenden Unternehmen tatsächlich zurückgreifen können. 249    Wie außerdem in Rn. 20 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes ausgeführt wird, kann der Substituierbarkeit auf der Angebotsseite bei der Definition der Märkte dann ebenfalls Rechnung getragen werden, wenn sie sich genauso wirksam und unmittelbar auswirkt wie die Nachfragesubstituierbarkeit. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anbieter in Reaktion auf kleine, aber dauerhafte Änderungen bei den relativen Preisen in der Lage sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder ‑risiken zu gewärtigen (Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 484, und vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 50). 250    Ferner geht aus Rn. 24 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass der potenzielle Wettbewerb bei der Marktdefinition nicht herangezogen wird, da die Voraussetzungen, unter denen potenzieller Wettbewerb eine wirksame Wettbewerbskraft darstellt, von bestimmten Faktoren und Umständen im Zusammenhang mit den Markteintrittsbedingungen abhängen. 251    Schließlich ergibt sich insbesondere aus den Rn. 16, 20, 21 und 23 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes, dass die für die Definition des relevanten Marktes erforderliche Substituierbarkeit kurzfristig zum Tragen kommen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 123). 252    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem 215. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der von der Klägerin im Wesentlichen nicht beanstandet wird, dass im maßgeblichen Zeitraum nur drei vertikal integrierte Unternehmen auf eine Eigenversorgung mit UMTS-Chips zurückgriffen, [vertraulich]. Da [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum nur in geringem Umfang UMTS-Chips produzierte, stellte die Kommission in dem genannten Erwägungsgrund fest, dass sie diese Produktion von UMTS-Chips bei ihrer Analyse nicht berücksichtigen werde. 253    Was die erste Rüge betrifft, wonach sich die Kommission bei ihrer Feststellung, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot bestimmter, im Markt für UMTS-Chips vertikal integrierter Originalgerätehersteller kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe, zu Unrecht auf die widersprüchlichen und nicht relevanten Erklärungen dieser Hersteller gestützt haben soll, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie bei ihrer Prüfung [vertraulich] nach dem Verwendungszweck der von ihnen für den Eigenbedarf produzierten Chips und nach ihren diesbezüglichen Absichten befragte. Wie nämlich aus Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervorgeht, erfordert die Feststellung, ob Kunden in der Lage sind, ohne Weiteres auf Substitute auszuweichen, dass das Alternativangebot ermittelt wird, auf das die Kunden tatsächlich zurückgreifen können. 254    Insoweit sind die Antworten von [vertraulich] sehr klar, da dem 218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, dass [vertraulich], und aus dem 219. Erwägungsgrund des Beschlusses hervorgeht, dass [vertraulich]. Darüber hinaus ergibt sich aus dem 220. Erwägungsgrund des Beschlusses, dass [vertraulich]. Entgegen dem allgemeinen und nicht näher substantiierten Vorbringen der Klägerin erscheinen diese Erklärungen keineswegs widersprüchlich oder nicht relevant. 255    Somit war das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] kein Alternativangebot, auf das Drittkäufer von UMTS-Chips im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich zurückgreifen konnten, was bedeutet, dass diese Kunden nicht in der Lage waren, ohne Weiteres auf dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot auszuweichen im Sinne von Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes. In Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme hat die Kommission erklärt, dass sie im Einklang mit Rn. 24 der genannten Bekanntmachung bei der Abgrenzung des relevanten Marktes keine potenziell (und noch nicht) konkurrierenden Produkte berücksichtigen müsse, was auf die für den Eigenbedarf produzierten Chips von [vertraulich] zutreffe, die sich im maßgeblichen Zeitraum in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befunden hätten. Folglich beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie, mit hinreichender Begründung, unter Berücksichtigung dieser Antworten feststellte, dass die Produktion für den Eigenbedarf nicht für die Versorgung von Drittkäufern allgemein verfügbar gewesen sei, was ausreicht, um auszuschließen, dass von dieser Produktion für den Eigenbedarf im maßgeblichen Zeitraum ein direkter Wettbewerbsdruck auf Hersteller von UMTS-Chips hätte ausgeübt werden können. 256    Darüber hinaus ist der Vorwurf der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission hätte vielmehr Kunden befragen sollen, ob sie bereit und in der Lage seien, im Fall eines Ansteigens der UMTS-Chippreise auf dem freien Markt zur Eigenversorgung überzugehen oder, im Fall bereits vertikal integrierter Kunden, diese auszuweiten. Angesichts der Besonderheiten des Marktes für UMTS-Chips und insbesondere der hohen Zutrittsschranken u. a. durch die erheblichen Aufwendungen, die bei der Entwicklung der Chips für Forschung und Entwicklung (FuE) zu tätigen sind (Abschnitt 11.4.1 des angefochtenen Beschlusses), ist es nämlich kaum denkbar, dass Kunden, die nicht vertikal integriert waren, kurzfristig in die Produktion von UMTS-Chips hätten einsteigen können. 257    Was die vertikal integrierten Kunden betrifft, geht aus dem 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass [vertraulich]. Somit war es für [vertraulich] nicht mehr vorstellbar, ihre Eigenversorgung im maßgeblichen Zeitraum kurzfristig auszuweiten. Was [vertraulich] betrifft, ergibt sich aus dem 230. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf der Grundlage ihrer Antworten auf entsprechende Fragen der Kommission, [vertraulich]. Folglich lässt sich vernünftigerweise davon ausgehen, dass dieser Hersteller selbst im Fall einer Erhöhung der Preise von UMTS-Chips auf dem freien Markt seine Eigenproduktion jedenfalls nicht kurzfristig hochgefahren hätte und dadurch einen direkten Wettbewerbsdruck auf die in diesem Markt tätigen Hersteller von UMTS-Chips ausgeübt hätte. 258    Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen. 259    Zur zweiten Rüge, wonach die Kommission zu Unrecht das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] ausgeschlossen haben soll, ist festzustellen, dass die Klägerin den geringen Umfang der Eigenproduktion von [vertraulich] nicht bestreitet, der, wie Fn. 285 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, 2010 und 2011 lediglich 0,1 % des Gesamtverkaufsvolumens von UMTS-Chips auf dem freien Markt ausmachte. 260    Außerdem bestreitet die Klägerin auch nicht, dass [vertraulich] ihr für den Eigenbedarf produziertes Angebot im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich für interne Zwecke verwendete und erst ab [vertraulich], d. h. lange nach dem maßgeblichen Zeitraum, damit begann, Drittkunden auf dem freien Markt zu beliefern, wie aus dem 225. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. 261    Aufgrund des geringen Umfangs der Eigenproduktion von [vertraulich] und des Umstands, dass sie ihr für den Eigenbedarf produziertes Angebot im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich für interne Zwecke verwendete, was die Klägerin nicht bestreitet, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin schwer vorstellbar, dass [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum in der Lage war, die von der Klägerin auf dem Markt für UMTS-Chips angebotenen Preise zu disziplinieren, und somit beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot mit hinreichender Begründung von ihrer Analyse ausschloss. Dies genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 262    Selbst wenn die Kommission das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen hätte, hätte dies aufgrund des – von der Klägerin nicht bestrittenen – geringen Umfangs dieses Angebots nicht die geringste Auswirkung auf die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf die beherrschende Stellung der Klägerin auf diesem Markt gehabt. 263    Was die dritte Rüge betrifft, wonach die Kommission die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors nicht genügend berücksichtigt habe, geht aus Rn. 24 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass der potenzielle Wettbewerb bei der Marktdefinition nicht herangezogen wird. Folglich war die Kommission nicht verpflichtet, solche Entwicklungen, die nach dem maßgeblichen Zeitraum stattfanden, zu berücksichtigen. 264    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin steht dieses Vorgehen nicht im Widerspruch dazu, dass die Kommission im 363. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses das hohe Wachstumspotenzial des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips berücksichtigte, da sich dieser Erwägungsgrund in Abschnitt 12 des Beschlusses befindet, der den Missbrauch betrifft, und die Kommission in diesem Zusammenhang Projektionen berücksichtigen kann, insbesondere zur Beurteilung potenzieller Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens, und nicht in Abschnitt 10 des Beschlusses, dessen Gegenstand die Abgrenzung des Marktes ist, bei der die Kommission ermitteln muss, welche Produkte im maßgeblichen Zeitraum von den Kunden als substituierbar angesehen werden und von ihr im gleichen Produktmarkt zu berücksichtigen sind. Da es sich um zwei verschiedene Analysen handelt, die unterschiedliche Ziele verfolgen, ist es normal, dass die Kommission bei diesen Analysen unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigt, ohne dass dies inkohärent oder widersprüchlich wäre. 265    Schließlich ist festzustellen, dass sich die Klägerin auf den allgemeinen Vorwurf beschränkt, die Kommission habe „Beweise zurückgewiesen, die die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors betroffen hätten“, und in keiner Weise darlegt, um welche Beweise es sich handelt, wie diese Beweise die Analyse der Kommission hätten beeinflussen können und wie sie ganz konkret die Kommission zu der Feststellung hätten veranlassen müssen, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot der vertikal integrierten Unternehmen einen direkten Wettbewerbsdruck auf Hersteller ausgeübt habe, die auf dem Markt für UMTS-Chips tätig gewesen seien. 266    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 267    Im Rahmen der vierten Rüge, mit der die Klägerin beanstandet, dass die Kommission das Geschäftsumfeld nicht berücksichtigt habe, beruft sich die Klägerin lediglich darauf, dass sie etwa 70 % ihrer Verkäufe von UMTS-Chips für Huawei-MBB-Geräte an das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einer Huawei-Tochtergesellschaft verloren habe. Der Antwort von Huawei auf Frage 25 des Auskunftsverlangens vom 19. Juli 2013, auf die sich die Klägerin bezieht, ist jedoch zu entnehmen, dass Huawei erst 2013, d. h. nach dem maßgeblichen Zeitraum, auf eine Eigenversorgung in Höhe von 69 % durch HiSilicon zurückgriff. Die Kommission beging daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie diesen Umstand außer Acht ließ. Dies genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 268    Somit beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler und keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht, als sie feststellte, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot auf dem Markt für UMTS-Chips kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe. Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum dritten Teil: indirekter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt 269    Die Klägerin stützt den vorliegenden Teil auf vier Rügen. 270    Sie macht als Erstes geltend, die Kommission habe sich, als sie das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbsdrucks geprüft habe, zu Unrecht auf den nachgelagerten Markt der Mobiltelefone mit UMTS-Chip beschränkt und dies damit begründet, dass die Eigenversorgung mit UMTS-Chips für andere Geräte, einschließlich MBB-Geräten, im maßgeblichen Zeitraum zu vernachlässigen gewesen sei. Dieses Vorgehen sei außerdem nicht mit der von der Kommission entwickelten „Schadenstheorie“ vereinbar, die sich auf die in MBB-Geräten verwendeten „Spitzenchips“ konzentriere. 271    Als Zweites vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Behauptung der Kommission im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach eine hypothetische Erhöhung der Preise für UMTS-Chips nicht dazu führen würde, dass die Nachfrage für diese Chips auf dem freien Markt stark zurückgehe, einer Grundlage entbehre und nicht relevant sei, da die Kommission keinen SSNIP-Test durchgeführt habe. 272    Die Klägerin macht als Drittes geltend, die fehlende Anerkennung eines indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt sei nicht mit der „Schadenstheorie“ der Kommission vereinbar, und beruft sich insoweit auf zwei Gründe. 273    Zum einen könne die Kommission nicht, ohne sich selbst zu widersprechen, behaupten, dass sich eine hypothetische Preiserhöhung von 5 % bis 10 % auf dem vorgelagerten Markt, d. h. dem Markt für UMTS-Chips, nur unerheblich auf die Preise des nachgelagerten Marktes, d. h. dem Markt für Geräte mit diesen Chips, auswirken würde (235. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und gleichzeitig gegenüber der Klägerin den Vorwurf der indirekten Verdrängung erheben. 274    Zum anderen könne die Kommission nicht, ohne sich selbst zu widersprechen, behaupten, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich], selbst wenn sie es in den relevanten Markt einbezogen hätte, aufgrund seines geringen Umfangs keine Auswirkungen auf den Marktanteil der Klägerin gehabt hätte, und somit anerkennen, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einen gewissen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausübe (Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses), und gleichzeitig feststellen, dass dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot im maßgeblichen Zeitraum keinen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausgeübt habe. 275    Als Viertes ist die Klägerin der Ansicht, die Kommission habe in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne, nicht jedoch die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich], da Letztere sich im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe. 276    Die Kommission habe die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich] nicht aufgrund des Umstands ausschließen dürfen, dass diese sich nicht mit Chips für ihre MBB-Geräte selbst versorgt habe, da die Kommission den relevanten Markt bei ihrer Abgrenzung im angefochtenen Beschluss nicht auf UMTS-Chips für MBB-Geräte beschränkt habe, sondern auch UMTS-Chips für andere Geräte einbezogen habe. Außerdem gehe aus Buchst. b des 220. Erwägungsgrundes dieses Beschlusses hervor, dass [vertraulich] zwar 2009 angekündigt habe, ihre Eigenbedarfsproduktion einzustellen, sie sich in Wirklichkeit aber bis zum dritten Quartal 2013 selbst versorgt habe. 277    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 278    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 10.2.9.2 des angefochtenen Beschlusses die Gründe darlegte, die sie zu der Feststellung veranlasst hatten, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot der beiden einzigen vertikal integrierten Unternehmen im maßgeblichen Zeitraum keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem Markt für UMTS-Chips durch Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt ausgeübt habe. 279    Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, erläuterte die Kommission zunächst, dass sie bei ihrer Prüfung eines etwaigen indirekten Wettbewerbsdrucks nur auf einen etwaigen nachgelagerten Wettbewerb zwischen Mobiltelefonen mit UMTS-Chip abgestellt habe und andere Geräte, darunter MBB-Geräte, ausgeschlossen habe. Im 230. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses begründete sie dieses Vorgehen damit, dass es sich insoweit um den einzig möglichen indirekten Wettbewerbsdruck gehandelt habe, da die Eigenproduktion von UMTS-Chips für andere Geräte als Mobiltelefone im maßgeblichen Zeitraum jedenfalls zu vernachlässigen gewesen sei. 280    Zudem erläuterte die Kommission auch, dass sie sich auf die Prüfung des von [vertraulich] ausgeübten indirekten Wettbewerbsdrucks beschränkt habe, da das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum nur von geringem Umfang gewesen sei und daher keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt habe ausüben können. 281    Sodann erklärte die Kommission zum einen, angesichts des Umstands, dass der Verwässerungsfaktor der betroffenen Produkte gering sei, da der Preis eines UMTS-Chips im maßgeblichen Zeitraum nur etwa 6 % des Endkundenpreises des den Chip enthaltenden Mobiltelefons ausgemacht habe, hätte eine Erhöhung des Chippreises um 5 % bis 10 % keine nennenswerten Auswirkungen auf den Preis des Endprodukts, so dass eine solche vorgelagerte Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem freien Markt für den Chiphersteller weiterhin rentabel wäre, da sein Verkaufsvolumen nicht durch die Preiserhöhung beeinträchtigt würde (235. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 282    Zum anderen legte sie dar, dass eine Erhöhung der Preise für Mobiltelefone infolge einer Erhöhung der Preise für die in ihnen verwendeten UMTS-Chips auf dem freien Markt aufgrund des Umstands, dass es sich bei Mobiltelefonen um Produkte handle, die sich je nach Marke sehr stark voneinander unterschieden und jeweils ganz eigene Merkmale aufwiesen, nicht dazu führen würde, dass sich die Kunden einer anderen Mobiltelefonmarke zuwenden und insbesondere ein Mobiltelefon kaufen, das auf einem selbst hergestellten Chip basiere und somit nicht von der Preiserhöhung betroffen wäre. Dies bestätige, dass eine vorgelagerte Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem freien Markt für den Chiphersteller weiterhin rentabel wäre, da sein Verkaufsvolumen nicht durch die Preiserhöhung beeinträchtigt würde (237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 283    Daraus folgerte die Kommission, dass die Produktion für den Eigenbedarf im maßgeblichen Zeitraum keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem Markt für UMTS-Chips habe ausüben können. 284    Was die erste Rüge betrifft, die Kommission habe sich, als sie das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbsdrucks geprüft habe, zu Unrecht auf den nachgelagerten Markt der Mobiltelefone mit UMTS-Chip beschränkt, so handelte es sich dabei gerade um die Geräte, bei denen die Eigenproduktion von UMTS-Chips, wie sie z. B. für [vertraulich] geschätzt wurde, am höchsten war, so dass durch die Beschränkung der Prüfung der Kommission auf dieses Marktsegment die Fallkonstellation abgebildet wurde, in der sich ein indirekter Wettbewerbsdruck am besten nachweisen ließ und die somit für die Klägerin am günstigsten war. 285    Zudem ändert der Vorwurf, dass diese Beschränkung im Widerspruch zur „Schadenstheorie“ der Kommission stehe, die sich auf die in MBB-Geräten verwendeten „Spitzenchips“ konzentriere, nichts daran, dass das von der Kommission gewählte Vorgehen für die Klägerin günstiger war, und stellt dessen Rechtmäßigkeit nicht in Frage. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Eigenproduktion von „Spitzenchips“ für die genannten Geräte der Kommission zufolge viel geringer war als die Eigenproduktion von UMTS-Chips für Mobiltelefone, was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet. 286    Was die zweite Rüge betrifft, wonach die Behauptung der Kommission im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der zufolge eine hypothetische Erhöhung der Preise für UMTS-Chips nicht dazu führen würde, dass die Nachfrage für diese Chips auf dem freien Markt stark zurückgehe, einer Grundlage entbehre und nicht relevant sei, da die Kommission keinen SSNIP-Test durchgeführt habe, genügt die Feststellung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, diesen Test durchzuführen (siehe oben, Rn. 235). Außerdem beruft sich die Klägerin auf nichts anderes als den fehlenden SSNIP-Test, um diese Aussage der Kommission in Frage zu stellen. 287    Zur dritten Rüge, wonach die fehlende Anerkennung eines indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt nicht mit der „Schadenstheorie“ der Kommission vereinbar sei, ist festzustellen, dass die indirekte Verdrängung, die die Kommission der Klägerin vorwirft, für sich genommen die Prüfung, ob ein indirekter Wettbewerbsdruck vorlag, aus zwei Gründen nicht in Frage stellen kann. 288    Zum einen konnte die Kommission, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, ohne einen Fehler zu begehen und ohne sich selbst zu widersprechen, die Auffassung vertreten, dass sich eine hypothetische Preiserhöhung von 5 % bis 10 % auf dem vorgelagerten Markt, d. h. dem Markt für UMTS-Chips, nur unerheblich auf die Preise der Geräte mit diesen Chips auf dem nachgelagerten Markt, d. h. dem Markt für Geräte mit diesen Chips, ausgewirkt hätte, und gleichzeitig gegenüber der Klägerin den Vorwurf der indirekten Verdrängung erheben. Dass eine allgemeine Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem vorgelagerten Markt fast keine Auswirkungen auf dem nachgelagerten Markt in Bezug auf die Preise von Geräten mit diesen Chips gehabt hätte, bedeutet nicht, dass eine selektive Senkung des Preises von UMTS-Chips, die die Klägerin nur Huawei anbot, Huawei keinen Wettbewerbsvorteil verschafft hätte, der es ihr ermöglichte, auf dem nachgelagerten Markt besser in Wettbewerb mit ihrer Konkurrentin ZTE zu treten. 289    Zum anderen deutete die Kommission in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses keineswegs an, dass die Eigenproduktion von [vertraulich] einen gewissen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausübte. In dieser Fußnote wies die Kommission lediglich darauf hin, dass jedenfalls, selbst wenn die gesamte Eigenproduktion der UMTS-Chips von [vertraulich], d. h. die Chips für Mobiltelefone und die Chips, die für den Einbau in andere Geräte bestimmt seien, in den relevanten Markt einbezogen werden müsste, der Marktanteil der Klägerin für das Jahr 2009 unverändert wäre und für die Jahre 2010–2011 nur geringfügig sinken würde, in allen Fällen jedoch oberhalb der 50 %-Schwelle bliebe. Somit beruht das Vorbringen der Klägerin auf einer fehlerhaften Lesart dieser Fußnote. 290    Auch die vierte Rüge, mit der die Klägerin beanstandet, die Kommission habe in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne, nicht jedoch die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich], da Letztere sich im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe, beruht auf einer fehlerhaften Lesart dieser Fußnote. Die Kommission hat in der Fußnote nämlich keineswegs die Auffassung vertreten, dass die Eigenproduktion von [vertraulich], nicht aber die von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne. 291    Zunächst ist klarzustellen, dass sich Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses auf dessen 240. Erwägungsgrund und insbesondere auf die Frage bezieht, ob, rein hypothetisch, eine auf MBB-Geräte bezogene Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. 292    Insoweit stellte die Kommission in Bezug auf [vertraulich] lediglich fest, dass deren Eigenproduktion von Chips für erstens Mobiltelefone und zweitens andere Geräte im maßgeblichen Zeitraum so gering gewesen sei, dass ihre Einbeziehung in den relevanten Markt (sowohl im Rahmen einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf Mobiltelefone als auch im Rahmen einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf MBB-Geräte) nicht zur Folge gehabt hätte, dass der Marktanteil der Klägerin unter den Schwellenwert von 50 % gesunken wäre, der eine beherrschende Stellung vermuten lasse. 293    Was dagegen [vertraulich] betrifft, wies die Kommission in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass im hypothetischen Szenario einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf MBB-Geräte die Eigenproduktion von [vertraulich] nicht berücksichtigt worden wäre, da Letztere alle UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte auf dem freien Markt eingekauft habe und 2009 angekündigt habe, dass sie ihre Eigenproduktion einstellen werde, wie sich aus Buchst. b des 220. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ergibt. Demgegenüber wurde bei der von der Kommission tatsächlich durchgeführten Prüfung eines etwaigen indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt in Bezug auf Mobiltelefone die Eigenproduktion der UMTS-Chips, die [vertraulich] für ihre Mobiltelefone fertigte, sehr wohl berücksichtigt, da sich Letztere in Bezug auf diese Geräte in der Tat selbst versorgte. 294    Zudem werden durch den Umstand, dass nach dem 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die letzten UMTS-Chips von [vertraulich] 2013 geliefert worden sein sollen, weder die Feststellung, dass [vertraulich] sich ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe und ihre Eigenproduktion auf Chips für ihre Mobiltelefone beschränkt gewesen sei, noch die Feststellung, dass [vertraulich] 2009 beschlossen habe, ihre Eigenproduktion zu beenden, und im Juli 2010 die Entwicklung neuer UMTS-Chips eingestellt habe, entkräftet, da es gut möglich ist, dass zwischen einerseits dieser Entscheidung und der Beendigung der Entwicklung neuer UMTS-Chips und andererseits der Auslieferung der letzten produzierten UMTS-Chips mehrere Jahre ins Land gingen. 295    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keine der im Rahmen des vorliegenden Teils erhobenen Rügen die Prüfung der Kommission in Abschnitt 10.2.9.1 des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen können, wonach im maßgeblichen Zeitraum auf dem freien Markt kein indirekter Wettbewerbsdruck durch die Eigenproduktion von UMTS-Chips bestanden habe. 296    Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum vierten Teil: beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum 297    Die Klägerin stützt diesen Teil auf vier Rügen. 298    Als Erstes macht sie geltend, dass ihre Marktanteile unter 40 %, d. h. unter der Schwelle, ab der eine beherrschende Stellung vermutet werde, gelegen hätten, wenn der Produktmarkt zutreffend definiert worden wäre und die konzerninternen Verkäufe der vertikal integrierten Hersteller einbezogen hätte. 299    Als Zweites beanstandet sie, dass die Kommission die Bedeutung ihrer Marktanteile überschätzt habe. Der Basisband-Chipsektor sei durch kurze Innovationszyklen geprägt, die dazu führten, dass sich die Marktanteile schnell verschöben und die Kräfteverhältnisse auf dem Markt nicht korrekt wiedergäben. Nach Ansicht der Klägerin wäre die Kommission, wenn sie die auf sie einwirkenden Kräfte korrekt berücksichtigt hätte, zu dem Ergebnis bekommen, dass sie nicht über erhebliche und dauerhafte Marktmacht verfügt habe. 300    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass der relevante Markt durch erhebliche Zutritts- und Expansionsschranken gekennzeichnet gewesen sei. Da die betreffende Technologie größtenteils standardisiert gewesen sei, hätten sich neue Marktteilnehmer ermutigt gefühlt, in den Markt einzutreten, da sie keine großen FuE‑Investitionen hätten tätigen müssen. Auch das von ihr genutzte Rückabtretungsnetzwerk sei keine Markteintrittsschranke gewesen, was durch den Umstand belegt werde, dass nur eine kleine Minderheit der Unternehmen, die eine Frage der Kommission zu Markteintrittsschranken beantwortet hätten, das Rückabtretungsnetzwerk als Zutrittsschranke eingestuft hätten. 301    Als Viertes wirft die Klägerin der Kommission vor, die anderen von ihr festgestellten Zutrittsschranken nicht quantifiziert zu haben, d. h. die notwendige Zertifizierung der Basisband-Chips von den Mobilfunkbetreibern und Geräteherstellern, ihr Markenimage, ihren Ruf und ihre stabilen Geschäftsbeziehungen. 302    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 303    Nach der Rechtsprechung ist mit der beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 38). 304    Im Allgemeinen ergibt sich das Vorliegen einer beherrschenden Stellung aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 66, und vom 15. Dezember 1994, DLG, C‑250/92, EU:C:1994:413, Rn. 47). Unter diesen Faktoren ist das Vorhandensein großer Marktanteile sehr bedeutsam (Urteile vom 12. Dezember 1991, Hilti/Kommission, T‑30/89, EU:T:1991:70, Rn. 90, und vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, EU:T:2010:255, Rn. 255 und 256). 305    Nach der Rechtsprechung liefern nämlich besonders hohe Marktanteile – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 41). Konkret stellt ein Marktanteil von 50 % – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – ohne Weiteres eine beherrschende Stellung dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 60). 306    Darüber hinaus können bei der Prüfung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie das Verhältnis zwischen den Marktanteilen des betreffenden Unternehmens und seiner unmittelbaren Wettbewerber (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 48) oder das Vorhandensein von Zutritts- oder Expansionsschranken u. a. durch die Notwendigkeit hoher Investitionen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 122) oder – unter bestimmten Umständen – die Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 270 und die dort angeführte Rechtsprechung). 307    In Bezug auf die erste Rüge, mit der die Klägerin geltend macht, dass ihre Marktanteile unter 40 % gelegen hätten, wenn der Produktmarkt zutreffend definiert worden wäre und die konzerninternen Verkäufe der vertikal integrierten Hersteller einbezogen hätte, genügt der Hinweis, dass, wie bei der Prüfung der ersten drei Teile des zweiten Klagegrundes dargelegt, die Kommission keinen Fehler beging, als sie den UMTS-Markt als relevanten Produktmarkt definierte, so dass diese Rüge zurückgewiesen werden kann. 308    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Bedeutung der Marktanteile der Klägerin, die sie als volatil einschätzt, sei angesichts der besonderen Merkmale des Sektors nicht Ausdruck einer erheblichen und dauerhaften Marktmacht der Klägerin gewesen, ist festzustellen, dass, selbst wenn man annimmt, dass der relevante Markt durch kurze Innovationszyklen geprägt ist, dies keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne der oben in Rn. 305 angeführten Rechtsprechung darstellt, die es zulassen würden, nicht zu dem Schluss zu gelangen, dass Marktanteile dieses Umfangs für sich genommen den Beweis für eine beherrschende Stellung liefern, insbesondere wenn die Marktanteile des nächsten Wettbewerbers viel kleiner sind, wie vorliegend der Fall. Jedenfalls geht aus den von der Klägerin im Wesentlichen nicht bestrittenen Angaben in den Tabellen 3 und 5 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sie gemessen an den Einnahmen über Marktanteile in Höhe von 61,2 % im Jahr 2009, 59,7 % im Jahr 2010 und 62,5 % im Jahr 2011 sowie gemessen am Volumen über Marktanteile in Höhe von 58,9 % im Jahr 2009, 57,8 % im Jahr 2010 und 65,3 % im Jahr 2011 verfügte. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin können diese relativ stabilen Marktanteile nicht als volatil angesehen werden. 309    Was die Kräfteverhältnisse auf dem Markt betrifft, ist ebenfalls den von der Klägerin im Wesentlichen nicht bestrittenen Angaben in den Tabellen 3 und 5 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die zwei engsten Wettbewerber der Klägerin gemessen an den Einnahmen 2009 ST‑Ericsson mit 15,1 % der Marktanteile und Intel mit 12,6 % der Marktanteile, 2010 Intel mit 18,9 % der Marktanteile und ST‑Ericsson mit 8,9 % der Marktanteile sowie 2011 Intel mit 19,1 % der Marktanteile und Broadcom mit 4,4 % der Marktanteile waren. Gemessen am Volumen waren ihre zwei engsten Konkurrenten 2009 ST‑Ericsson mit 20 % bis 30 % der Marktanteile und Intel mit 10 % bis 20 % der Marktanteile, 2010 Intel mit 10 % bis 20 % der Marktanteile sowie ST‑Ericsson und Marvell mit 5 % bis 10 % der Marktanteile sowie 2011 Intel mit 20 % bis 30 % der Marktanteile und Marvell mit 5 % bis 10 % der Marktanteile. Entgegen den Ausführungen der Klägerin belegen diese Tabellen sehr deutlich, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum nur vereinzelte Wettbewerber hatte, die sich in einer viel schwächeren Position befanden und deren Marktanteile – im Gegensatz zu denen der Klägerin – relativ instabil waren, was bestätigt, dass die Klägerin über erhebliche und dauerhafte Marktmacht verfügte, und es sehr unglaubwürdig erscheinen lässt, dass ihre Wettbewerber realen Druck auf sie hätten ausüben können. Die zweite Rüge ist daher zurückzuweisen. 310    Zur dritten Rüge, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht die Investitionen, die für die Entwicklung eines UMTS-Chips getätigt werden müssten, insbesondere die FuE‑Kosten, als Zutritts- und Expansionsschranken angesehen, und zur vierten Rüge, wonach sie die anderen von ihr festgestellten Zutrittsschranken nicht quantifiziert habe, d. h. die notwendige Zertifizierung der Basisband-Chips von den Mobilfunkbetreibern und Geräteherstellern, sowie das Markenimage, den Ruf und die stabilen Geschäftsbeziehungen der Klägerin, genügt der Hinweis, dass sie sich auf weitere Faktoren beziehen, die bei der Prüfung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung berücksichtigt werden können (siehe oben, Rn. 306), und den im Einklang mit der oben in Rn. 305 angeführten Rechtsprechung erbrachten Nachweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung nicht in Frage stellen können. 311    Nach alledem ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum fünften Teil: Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, auf dem die Analyse der Kommission beruhe 312    Im Rahmen des fünften Teils beanstandet die Klägerin im Wesentlichen, die Kommission habe ihre Analyse auf das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips gestützt, obwohl es sich dabei um eine künstliche Hilfskonstruktion handle, die nie existiert habe und nicht zu den technischen Gegebenheiten des maßgeblichen Zeitraums sowie dem damaligen Geschäftsumfeld passe. 313    Dieses Vorbringen geht jedoch ins Leere, wenn es darauf abzielt, die Abgrenzung des relevanten Marktes oder die beherrschende Stellung der Klägerin in Frage zu stellen. Die Kommission hat nämlich weder in Abschnitt 10 („Abgrenzung des Marktes“) des angefochtenen Beschlusses noch in Abschnitt 11 („Beherrschende Stellung“) des Beschlusses, sondern in Abschnitt 12 („Missbrauch“) des Beschlusses das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips definiert, und zwar konkret im Rahmen ihrer Analyse der Strategie der Klägerin zur Ausschaltung von Icera in diesem Spitzensegment (Abschnitt 12.4 des angefochtenen Beschlusses). 314    Hierzu im Wege einer prozessleitenden Maßnahme befragt hat die Klägerin erklärt, dass sie ihre Kritik an der Abgrenzung des UMTS-Chip-Spitzensegments, das der Analyse der Kommission zugrunde liege, im Rahmen des zweiten Klagegrundes dargelegt habe, um diesen elementaren Gesichtspunkt so früh wie möglich in ihren Schriftsätzen vorzutragen, da sich die Kritik auf die im Anschluss entwickelten übrigen Klagegründe auswirken könne und sie auf die Widersprüche bei der Abgrenzung des relevanten Marktes habe hinweisen wollen, einschließlich in Bezug auf dieses Spitzensegment, das ein Teil davon sei. 315    Diese Antwort ändert jedoch nichts daran, dass der vorliegende Teil ins Leere geht, denn selbst wenn die im Rahmen dieses Teils erhobene Rüge Erfolg hätte, könnte dies das Ergebnis der Kommission in Bezug auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin nicht in Frage stellen. 316    Folglich ist der fünfte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Rn. 240, 268, 296 und 311), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion „tatsächlich gezahlter“ Preise 317    Der fünfte Klagegrund umfasst zwei Teile. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, dass die „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss unnötig gewesen sei. Der zweite Teil betrifft Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“. Zum ersten Teil: unnötige „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss 318    Im Rahmen des ersten Teils trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Kommission habe eine unnötige und ungerechtfertigte „Wiederaufbereitung“ ihrer Angaben zu den Chippreisen vorgenommen, indem sie sich bei der Ermittlung der Chippreise nicht auf die Buchführungsdaten von Qualcomm gestützt habe. Sie stellt insoweit die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Rekonstruktion der von Huawei und ZTE im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich an Qualcomm gezahlten Preise in Frage. 319    Die Klägerin macht als Erstes geltend, die Kommission habe bei der Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss ihre Einwände gegen die Preis-Kosten-Analyse in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angemessen berücksichtigt, mit denen die Klägerin beanstandet habe, dass die Rekonstruktion zum einen bestimmte Einnahmen ausschließe, indem einige begrenzte Fälle von Volatilität bei den durchschnittlichen Verkaufspreisen zu Unrecht als Buchungsfehler behandelt worden seien, und zum anderen den Auswirkungen der verspäteten Verbuchung von Einnahmen keine Rechnung getragen habe. 320    Als Zweites trägt die Klägerin vor, dass die Kommission die Preisangaben von Qualcomm bei ihrer Preis-Kosten-Analyse zu Unrecht auf der Grundlage eines vierteljährlichen Referenzzeitraums beurteilt habe. Nach Auffassung der Klägerin wäre ein Zeitraum von sechs Monaten oder sogar einem Jahr für die Beurteilung der Preisangaben aus betriebswirtschaftlicher Sicht am geeignetsten und relevantesten gewesen. Sie nehme Preisvereinbarungen und Preisanpassungen mit ihren Kunden nicht auf Quartalsbasis vor, sondern schließe mit ihren Kunden im Allgemeinen Verträge über viel längere Zeiträume ab. 321    Ferner habe die Kommission zu Unrecht das Argument zurückgewiesen, wonach eine Aggregation im Zeitverlauf die Probleme im Zusammenhang mit dem System der verspäteten Verbuchung lösen könne, da dieses Risiko nur geringfügige Beträge betreffe, wobei das Risiko, dass die Zeiträume der Verdrängungspreise anhand ihres Durchschnitts über einen längeren Zeitraum schwer zu ermitteln seien, nur dann bestehe, wenn die Preis-Kosten-Analyse nicht nur für den Verdrängungszeitraum, sondern auch ganz oder teilweise für den Zeitraum des Verlustausgleichs durchgeführt werde. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Preis-Kosten-Analyse auf der Grundlage halbjährlicher Referenzzeiträume durchgeführt werden können, da sich die von der Kommission im vorliegenden Fall behauptete Verdrängung über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt habe. 322    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die Wiederaufbereitung der durchschnittlichen Verkaufspreise im angefochtenen Beschluss sei unnötig, da in Bezug auf die in ihren Buchführungsdaten eingetragenen durchschnittlichen Verkaufspreise die Differenz zum Ergebnis der Berechnungen der Kommission jedenfalls minimal sei. Ferner habe die Preis-Kosten-Analyse der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sich auf ihre Angaben gestützt habe, nur zeitweise und für eine sehr kurze Dauer Preise unterhalb der Kosten ermittelt, was mit der „Schadenstheorie“ der Kommission, die auf einer wettbewerbswidrigen Abschottung beruhe, nicht vereinbar sei. Dies deute darauf hin, dass die Kommission die durchschnittlichen Verkaufspreise nur neu aufbereitet habe, um zu verhindern, dass eine zeitweise Verdrängung und damit das Nichtvorliegen einer Zuwiderhandlung festgestellt werde. 323    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 324    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Abschnitt 12.5 des angefochtenen Beschlusses die Methode der Kommission und die Berechnung der durchschnittlichen vierteljährlichen Verkaufspreise darlegt, die Huawei und ZTE im maßgeblichen Zeitraum für die von der Untersuchung betroffenen Chips pro Einheit tatsächlich gezahlt haben. 325    In der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Kommission ihre Berechnungen hauptsächlich auf die Buchführungsdaten von Qualcomm gestützt. Aufgrund der Anwendung der allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze der Vereinigten Staaten (United States Generally Accepted Accounting Principles, im Folgenden: US-GAAP) und der in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente hielt es die Kommission jedoch nicht für angebracht, ihre Preis-Kosten-Analyse auf die genannten Buchführungsdaten zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die den Grundsatz der Verbuchung der Einnahmen berücksichtigten und die wirtschaftlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Zeitraum besser abbildeten. 326    Die Kommission stellte insbesondere fest, dass erstens die ursprünglich in einem bestimmten Quartal verbuchten Einnahmen dazu geführt hätten, dass der tatsächliche Endpreis der in dem betreffenden Quartal verkauften Einheiten potenziell zu niedrig angesetzt worden sei, und zweitens die verspätete Verbuchung der gebildeten und noch nicht ausgezahlten Rücklagen die Einnahmen des Quartals, in dem sie verbucht worden seien, aufgebläht habe. Die verspätete Verbuchung sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin US-GAAP anwende und gemäß diesen Rechnungslegungsgrundsätzen Qualcomm zum Zeitpunkt des physischen Versands eines Chips nur die Einnahmen verbuchen dürfe, die sicher und messbar seien. Erst zu dem Zeitpunkt, an dem die genaue Menge der Chips, für die ein finanzieller Anreiz gelte, verifiziert sei, flössen die Rücklagen wieder in die Konten von Qualcomm ein. 327    Aus diesem Grund hielt es die Kommission für unangemessen, sich auf die Buchführungsdaten von Qualcomm zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die der Differenz zwischen dem Quartal, in dem die Chips verkauft wurden, und dem Quartal, in dem die Einnahmen verbucht wurden, Rechnung trugen. 328    Folglich beurteilte die Kommission die „tatsächlich gezahlten“ Preise unter Berücksichtigung der Rücklagen, die wieder in die Konten von Qualcomm einfließen würden, um auf diese Weise die Bruttoeinnahmen zu berechnen, die in dem Quartal erzielt wurden, in dem der Verkauf stattgefunden hatte. 329    In den Erwägungsgründen 608 bis 610 des angefochtenen Beschlusses wies die Kommission außerdem darauf hin, dass sie sich auf vierteljährliche Referenzzeiträume gestützt habe, da erstens einigen Dokumenten von [vertraulich] zu entnehmen sei, dass Qualcomm ihre Preisentscheidungen vierteljährlich getroffen habe, zweitens die Kunden ihre Ansprüche auf finanzielle Anreize ebenfalls vierteljährlich eingereicht hätten und drittens sich dieser Zeitraum mit Qualcomms Angaben zu den AVC decke, die ebenfalls auf vierteljährlicher Basis vorgelegt worden seien. 330    Was die erste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen beanstandet wird, dass die Kommission das Vorbringen der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angemessen berücksichtigt habe, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht darlegt, inwiefern die Kommission ihre Stellungnahme außer Acht gelassen haben soll und warum sie der Auffassung ist, dass die Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss nicht notwendig gewesen sei, um auf die von ihr in der Antwort erhobenen Kritikpunkte einzugehen. 331    Jedenfalls genügt der Hinweis, dass die Kommission, wie im angefochtenen Beschluss dargelegt, aufgrund der Anwendung von US-GAAP und der in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente es nicht für angebracht hielt, ihre Preis-Kosten-Analyse auf die Buchführungsdaten von Qualcomm zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die den Grundsatz der Verbuchung der Einnahmen berücksichtigten. Im Rahmen der Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss trug die Kommission diesem Umstand Rechnung, indem sie die in den Konten vorgenommenen Anpassungen den betreffenden Verkäufen zuordnete, um die wirtschaftlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Zeitraum besser abzubilden. Insbesondere passte sie diese Buchführungsdaten auf der Grundlage von Unterlagen im Besitz der Klägerin an, um die verschiedenen Zahlungen finanzieller Anreize den Einheiten zuzuweisen, denen sie entsprachen, und auf diese Weise den Preis zu berechnen, der von Huawei und ZTE tatsächlich gezahlt wurde. 332    Außerdem ist im Einklang mit den Ausführungen der Kommission festzustellen, dass sie bereits in der Vergangenheit einige Anpassungen zur besseren Abbildung der wirtschaftlichen Gegebenheiten vorgenommen hatte, die auf den Preis- und Kostenaufstellungen des beherrschenden Unternehmens sowie allen sonstigen von ihm bereitgestellten relevanten Informationen beruhten. Dieser Ansatz ist von der Rechtsprechung des Gerichts bestätigt worden, z. B. in den Urteilen vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission (T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 131 bis 137), vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101, Rn. 208 bis 211), und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission (T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 220 bis 235). 333    Unter diesen Umständen ist die erste Rüge zurückzuweisen. 334    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, der vierteljährliche Referenzzeitraum sei nicht der geeignetste Zeitraum, um die Preis-Kosten-Analyse durchzuführen, ist darauf hinzuweisen, dass in Bereichen, in denen komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderlich sind, der Unionsrichter nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen muss, sondern auch kontrollieren muss, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse untermauern können. Der Unionsrichter muss insoweit die Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vornehmen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 54 und 56 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 335    Im vorliegenden Fall benannte die Kommission in den Erwägungsgründen 609, 610 und 630 bis 633 des angefochtenen Beschlusses die Beweise, die sie veranlasst hatten, einen vierteljährlichen Referenzzeitraum festzulegen, und sie erläuterte die Gründe für die Zurückweisung der Einwände der Klägerin. 336    Vorab ist festzustellen, dass sich die Angaben in den Tabellen 28 bis 30, 44 und 45 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Festlegung der Einkaufszeiträume zwar nicht völlig einheitlich präsentieren, doch geht aus ihnen hervor, dass der am häufigsten verwendete Zeitraum in der Tat das Quartal ist. Zudem war für die Kunden bei der Einreichung ihrer Ansprüche auf finanzielle Anreize das Quartal maßgeblich und wurden die AVC‑Kostenabgaben von Qualcomm ebenfalls auf Quartalsbasis bereitgestellt. Außerdem hat die Klägerin weder in ihren Schriftsätzen noch in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die sie sich beruft, Argumente oder Beweise vorgetragen, die ihre Auffassung stützen, dass die Kommission einen Referenzzeitraum von sechs Monaten oder einem Jahr hätte verwenden müssen. 337    Auch die übrigen von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte lassen nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie einen vierteljährlichen Referenzzeitraum für die Durchführung der Preis-Kosten-Analyse festlegte. 338    Zum einen ist es der Klägerin nicht gelungen, darzutun, wie das Problem der verspäteten Verbuchung, das den gesamten maßgeblichen Zeitraum betrifft, durch eine Änderung des Referenzzeitraums hätte gelöst werden können, wie von ihr behauptet. 339    Zum anderen würde, selbst wenn es zuträfe, dass, wie die Klägerin geltend macht, die Berücksichtigung eines längeren Referenzzeitraums die Analyse nur dann verfälschen könnte, wenn Preise berücksichtigt würden, die sich auf einen Zeitraum beziehen, der über den Zeitraum der Verdrängung hinausgeht, dies nicht bedeuten, dass zwangsläufig der Referenzzeitraum festgelegt werden müsste, den die Klägerin vorschlägt. Die Kommission traf ihre Wahl in Bezug auf die Optionen eines vierteljährlichen, halbjährlichen oder jährlichen Referenzzeitraums im vorliegenden Fall nämlich anhand der Daten und Umstände, die für die Tätigkeit der Klägerin am relevantesten waren. Es ist der Klägerin nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Festlegung eines vierteljährlichen Referenzzeitraums fehlerhaft war. 340    Unter diesen Umständen ist die zweite Rüge zurückzuweisen. 341    Was die dritte Rüge betrifft, mit der geltend gemacht wird, die Wiederaufbereitung der durchschnittlichen Verkaufspreise im angefochtenen Beschluss sei unnötig, da in Bezug auf die in ihren Buchführungsdaten eingetragenen durchschnittlichen Verkaufspreise die Differenz zum Ergebnis der Berechnungen der Kommission jedenfalls minimal sei, ist den Erwägungsgründen 614, 739, 740, 774, 775 und 922 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Differenz zwischen den in der Buchführung der Klägerin aufgeführten Preisen und den von der Kommission rekonstruierten Preisen sehr häufig gering gewesen sei. Dies ist von den Parteien in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt worden. 342    Die Klägerin weist jedoch nicht nach, dass dieser Umstand die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigt. Denn auch wenn die durchschnittlichen Verkaufspreise in den Buchführungsdaten der Klägerin und die durchschnittlichen Verkaufspreise, wie sie von der Kommission rekonstruiert wurden, nur geringfügig voneinander abweichen, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die Kommission bei der Rekonstruktion der durchschnittlichen Verkaufspreise einen Fehler beging. Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 343    Darüber hinaus ist das Vorbringen der Klägerin, die Preis-Kosten-Analyse, der ihre Angaben zugrunde gelegen hätten, habe nicht kostendeckende Preise nur zeitweise und für eine sehr kurze Dauer identifiziert und sei daher nicht mit der Feststellung einer Zuwiderhandlung vereinbar, in keiner Weise substantiiert. Die Klägerin legt nämlich nicht dar, was sie unter einer zeitweisen Verdrängung versteht und warum diese Art der Verdrängung ihrer Ansicht nach keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen kann. 344    Nach alledem sind die dritte Rüge und der erste Teil des fünften Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“ 345    Die Klägerin stützt diesen Teil auf fünf Rügen. 346    Sie macht als Erstes geltend, dass die Kommission für die Berechnung der „tatsächlich gezahlten“ Preise zu Unrecht einige finanzielle Anreize aus den Quartalen, in denen sie im Buchhaltungssystem von Qualcomm verbucht worden seien, in Quartale übertragen habe, in denen die betreffenden Einheiten an den Kunden versandt worden seien, und zwar auf der Grundlage einer unsachgemäßen Manipulation der von Huawei und ZTE bei Qualcomm eingereichten Ansprüche auf finanzielle Anreize, die sich in „Dokumentenpaketen“ befunden hätten, die die Zuverlässigkeit der Preis-Kosten-Analyse nicht gewährleisten könnten. 347    Die Begründung der fehlenden Zuverlässigkeit der fraglichen „Dokumentenpakete“ sei in der Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt, in der die Klägerin dargelegt habe, dass die „Dokumentenpakete“ von Kunden sehr detailliert erstellt worden seien und diese Kunden nicht mehr in der Lage gewesen seien, sie zu erläutern, als die Kommission 2017 von ihnen Erläuterungen angefordert habe. Ferner seien die „Dokumentenpakete“ unvollständig sowie mitunter widersprüchlich und fehlerhaft. 348    Als Zweites wirft die Klägerin der Kommission vor, einen unzulässigen retrospektiven Ansatz gewählt zu haben, indem sie Rücklagen übertragen habe und dabei angenommen habe, dass Qualcomm die Ansprüche auf finanzielle Anreize zum Zeitpunkt des Verkaufs mit völliger Sicherheit hätte vorhersehen können. 349    Insoweit ergebe die Feststellung im 620. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keinen Sinn, wonach es darauf ankomme, dass Qualcomm bereit gewesen sei, Anreize für den Kauf aller Einheiten zu setzen, die a priori unter bestimmte, finanzielle Anreize vorsehende Verträge fielen. Die Anwendung von US-GAAP impliziere, dass Qualcomm zum Zeitpunkt des Eingangs und Versands von Chip-Bestellungen verpflichtet gewesen sei, davon auszugehen, dass alle Chip-Einheiten für jeden potenziell anwendbaren finanziellen Anreiz qualifiziert seien, ohne dass ihr die geringste Unsicherheit zugestanden worden wäre. Dies bedeute nicht, dass Qualcomm angenommen habe, dass für alle Einheiten der maximale finanzielle Anreiz gewährt werde. 350    Als Drittes beanstandet die Klägerin, der Ansatz der Kommission sei widersprüchlich, da sie zum einen die in der Buchführung von Qualcomm enthaltenen Preise als „ungeeignet“ abgelehnt habe und zum anderen auf eben diese Preise bei zwei entscheidenden Berechnungen selektiv zurückgegriffen habe, und zwar bei der Berechnung des Preises von Chips, für die keine „Dokumentenpakete“ existierten, und bei der Berechnung für die Zuweisung zusätzlicher FuE‑Kosten im Rahmen der Preis-Kosten-Analyse. 351    Als Viertes macht die Klägerin geltend, der Ansatz der Kommission widerspreche dem Beschluss C(2014) 7465 final vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom), in dem die Kommission die Auffassung vertreten habe, im Interesse der Rechtssicherheit sei es besser, Beurteilungen auf der Grundlage der von dem betreffenden Unternehmen verwendeten Kostendaten vorzunehmen statt auf der Grundlage von Daten, die auf komplexen, im Nachhinein vorgenommenen Anpassungen und Berechnungen beruhten. 352    Als Fünftes trägt die Klägerin vor, die Methode der Kommission führe zu Preisen, die in bestimmten Fällen offensichtlich nicht die von Qualcomms Kunden „tatsächlich gezahlten“ Preise seien. Beispielsweise bestehe überhaupt keine Unsicherheit in Bezug auf den tatsächlichen Preis, den Huawei für die nicht versandten Bestellungen von [vertraulich] Einheiten des MDM8200-Chips von Qualcomm gezahlt habe, für die der pauschale Endpreis von [vertraulich] USD je Chip, nach Abzug jeglicher finanziellen Anreize, vereinbart worden sei; hingegen belaufe sich der Preis, den die Kommission nach ihren Manipulationen rekonstruiert habe, auf [vertraulich] USD je Chip. Auch habe Huawei im ersten Quartal 2011 für den MDM8200-Chip einen Preis in Höhe von [vertraulich] USD je Chip gezahlt, während die Kommission auf der Grundlage ihrer fehlerhaften Methode zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der durchschnittliche Nettoverkaufspreis für diesen Chip [vertraulich] USD je Chip betragen habe. 353    Ferner könne die Kommission nicht erläutern, warum der durchschnittliche Nettoverkaufspreis des wichtigsten Anreizes im ersten Quartal 2011 nicht mit dem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis des in der Folie von [vertraulich] genannten wichtigsten Anreizes vereinbar sei: Bei den beiden neu aufbereiteten Preisen, die die Kommission zu rechtfertigen suche, indem sie sich auf die Folie der Präsentation von [vertraulich] vom 4. August 2010 stütze, handle es sich offensichtlich nicht um „tatsächliche“ Preise. 354    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 355    Was die erste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die „Dokumentenpakete“, die die von Huawei und ZTE bei Qualcomm eingereichten Ansprüche auf finanzielle Anreize beinhalteten, die Zuverlässigkeit der Preis-Kosten-Analyse nicht gewährleisten könnten, genügt im Einklang mit den Ausführungen der Kommission die Feststellung, dass die Klägerin die betreffenden Dokumente selbst bei der Ausstellung von Gutschriften und der Erstellung ihres Jahresabschlusses verwendete, wie aus dem 597. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte. Da die Klägerin keine weiteren Gesichtspunkte vorgetragen hat, ist diese Rüge somit zurückzuweisen. 356    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe einen unzulässigen retrospektiven Ansatz gewählt, indem sie Rücklagen übertragen habe und dabei angenommen habe, dass Qualcomm die Ansprüche auf finanzielle Anreize zum Zeitpunkt des Verkaufs mit völliger Sicherheit hätte vorhersehen können, ist festzustellen, dass die Methode der Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht auf Parametern beruht, die Qualcomm nicht beurteilen konnte. Die Preise von Qualcomm waren nämlich als Bruttopreise ausgewiesen, auf die die finanziellen Anreize, d. h. die Preisnachlässe, angewandt wurden. Somit wusste Qualcomm, wenn sie Preisentscheidungen traf, wie hoch der niedrigste Stückpreis sein könnte, wenn alle finanziellen Anreize gewährt würden. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, diente diese Berechnung lediglich dazu, auf der Grundlage von Angaben, über die Qualcomm verfügte und die sie bei der Erstellung ihres Jahresabschlusses verwendete, den tatsächlich von Huawei und ZTE gezahlten Preis zu ermitteln. Diese Erwägungen reichen aus, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 357    Für die Zurückweisung der dritten Rüge, mit der geltend gemacht wird, der Ansatz der Kommission sei in Bezug auf die Preise von Qualcomm widersprüchlich, genügt der Hinweis, dass diese Rüge auf der irrigen Annahme beruht, im angefochtenen Beschluss sei festgestellt worden, dass die in der Buchführung von Qualcomm enthaltenen Preise „ungeeignet“ seien. In den Erwägungsgründen 603, 613 und 618 des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die Klägerin beruft, benennt die Kommission nämlich eindeutig, welche Elemente der in der Buchführung enthaltenen Preise sie für ungeeignet hält, ohne die Möglichkeit auszuschließen, sie nach Vornahme der notwendigen Anpassungen auf der Grundlage anderer Informationsquellen zu verwenden. 358    Was die vierte Rüge betrifft, es liege ein Widerspruch zum Beschluss C(2014) 7465 final vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom) vor, hat sich die Kommission zwar in einigen Fällen zunächst auf die Zahlen gestützt, die sich in den Geschäftsbüchern des beherrschenden Unternehmens befanden, was manchmal ausreichte, doch wenn diese Zahlen nicht verfügbar waren oder den Marktgegebenheiten nicht entsprachen, ermittelte sie geeignete repräsentative Werte, die sich auch auf alle relevanten, vom beherrschenden Unternehmen bereitgestellten Daten stützten. Wie oben in Rn. 332 dargelegt, ist dieser Ansatz vom Gericht bestätigt worden. Die Rüge ist daher zurückzuweisen. 359    Zur fünften Rüge, wonach die Methode der Kommission zu Preisen führe, die in bestimmten Fällen offensichtlich nicht die von Qualcomms Kunden „tatsächlich gezahlten“ Preise seien, ist in Bezug auf das erste Beispiel der Klägerin festzustellen, dass die Folie, auf die die Kommission ihre Verteidigung stützt (Anlage A.2.2.19 der Klageschrift), tatsächlich belegt, dass sich der Preis, den Huawei für den Chip MDM8200 nach Anwendung des finanziellen Anreizes zahlte, auf [vertraulich] (aufgerundet auf [vertraulich]) USD je Chip belief, was dem von der Kommission berechneten Preis entspricht, der im 743. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannt ist. Was das zweite Beispiel betrifft, wird durch das von der Kommission angeführte Dokument (Anlage A.2.4.12 der Klageschrift), mit dem sie den Nachweis erbringen möchte, dass die von [vertraulich] gebilligten Preise sukzessive geändert wurden, wie in der Antwort der Kommission auf Fragen des Gerichts klargestellt, bestätigt, dass der Huawei im ersten Quartal 2011 mitgeteilte Preis für den MDM8200-Chip unter demjenigen lag, der [vertraulich] präsentiert wurde, und dem von der Kommission errechneten tatsächlichen Preis in Höhe von [vertraulich] USD entsprach. 360    Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Methode der Kommission und die Ergebnisse, zu denen sie im angefochtenen Beschluss gelangte, fehlerhaft waren. Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 361    Folglich ist der zweite Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 344), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“ 362    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe bei ihrer Beurteilung der NWK-Zahlungen „offensichtliche Tatsachen- und Rechtsfehler begangen sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit, die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo verletzt“. Außerdem sei der angefochtene Beschluss unzureichend begründet, da eine Vielzahl wichtiger Argumente, die Qualcomm im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, nicht „berücksichtigt“ worden seien. Dadurch habe die Kommission gegen ihre „Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung“ verstoßen. 363    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 364    Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten, und für die Zulässigkeit einer Klage ist es erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. 365    Diese Angaben müssen hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gericht die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Ebenso muss jeder Antrag in einer Weise begründet sein, die sowohl dem Beklagten als auch dem Richter die Beurteilung seiner Begründetheit ermöglicht (Urteil vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 74 und 75 [nicht veröffentlicht]). 366    Im vorliegenden Fall kann das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des sechsten Klagegrundes zwar so verstanden werden, dass es sich auf Beurteilungsfehler bezieht, die die Kommission zum einen in Bezug auf die NWK-Zahlung an ZTE (erster Teil) und zum anderen in Bezug auf die NWK-Zahlung an Huawei (zweiter Teil) begangen haben soll, doch enthalten die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe keine Angaben, die eine Beurteilung der Begründetheit der Vorwürfe ermöglichen. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zu diesen Vorwürfen, insbesondere zum Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo, als unzulässig anzusehen, da es nicht hinreichend substantiiert ist, um seine Begründetheit beurteilen zu können. 367    Zudem hat die Kommission nach der Rechtsprechung zwar gemäß Art. 296 AEUV beim Erlass eines Beschlusses zur Durchführung des Wettbewerbsrechts die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass ihres Beschlusses veranlasst haben, doch braucht sie nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind. Die Begründung einer beschwerenden Entscheidung muss den Gerichtshof in die Lage versetzen, die Rechtmäßigkeit zu überprüfen, und dem Betroffenen die notwendigen Hinweise geben, aus denen er erkennen kann, ob die Entscheidung materiell rechtmäßig ist oder nicht (Urteil vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 26). Im Licht dieser Rechtsprechung kann sich die Klägerin daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente eingegangen sei. Zum ersten Teil: NWK-Zahlung an ZTE 368    Zur Stützung des ersten Teils erhebt die Klägerin, nachdem sie, ohne sie zu bestreiten, die zeitliche Abfolge der Ereignisse u. a. im Zusammenhang mit der Vereinbarung mit ZTE über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und der an ZTE geleisteten NWK-Zahlung beschreibt, den Vorwurf, die Kommission habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die NWK-Zahlung einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit für die 2010 von ZTE eingekauften MDM6200-Chips gleichzusetzen sei, obwohl die Bewilligung im Dezember 2009 zu keinem Zeitpunkt in einer Vereinbarung förmlich festgehalten worden sei und ZTE auch nicht kommuniziert worden sei. 369    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission im Rahmen der Preis-Kosten-Analyse der MDM6200-Chips keine Verdrängung festgestellt, wenn sie diesen Rabatt je Einheit im Hinblick auf ZTE nicht berücksichtigt hätte. 370    Die Klägerin macht als Erstes geltend, dass die Bewilligung einer Reihe möglicher Anreize für ZTE Ende 2009 und im Mai 2010 Teil eines umfangreicheren Pakets gewesen sei, das Anreize für ZTE enthalten habe und nicht auf das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips beschränkt gewesen sei. 371    Was als Zweites die Auffassung der Kommission betrifft, die NWK-Zahlung an ZTE sei mit einem Rabatt je Einheit für die von ZTE 2010 eingekauften MDM6200-Chips gleichzusetzen, trägt die Klägerin die folgenden Argumente vor. 372    Erstens hätten sich die Voraussetzungen für die Bewilligung zwischen Dezember 2009 und Mai 2010 im Zuge einer wohlüberlegten Neubewertung verändert, was dazu geführt habe, dass die NWK-Zahlung an ZTE nicht mehr als Rabatt angesehen werden könne. Die Kommission sehe die pauschale Zahlung von [vertraulich] USD als einen Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip an, d. h. als einen deutlich höheren Rabatt als den Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip, den Qualcomm angeblich im Dezember 2009 vorgesehen habe. 373    Zweitens habe die Kommission keinen Beweis dafür vorgelegt, dass Qualcomm beabsichtigt habe oder sich auch nur darüber im Klaren gewesen sei, dass ZTE ein finanzieller Anreiz in Form eines Rabatts von [vertraulich] USD je Chip gewährt werde, und sie habe auch nicht nachgewiesen, dass ZTE Kenntnis von einem solchen Rabatt je Einheit gehabt habe. Folglich sei es nicht möglich, dass die NWK-Zahlung an ZTE Letztere dazu veranlasst habe, im Jahr 2010 MDM6200-Chips zu kaufen. Vielmehr habe die Kommission selbst den Beweis dafür erbracht, dass der Preis dieser an ZTE verkauften Chips aus Sicht von Qualcomm höher gewesen sei als derjenige, der sich aus einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip ergeben hätte. 374    Drittens sei dadurch, dass der angefochtene Beschluss die NWK-Zahlung an ZTE wie einen Rabatt behandle, der ZTE pro Chip gewährt worden sei, ein künstlich aufgeblähter Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD konstruiert worden, weil eben die NWK-Zahlung unabhängig von der Anzahl der verkauften Einheiten gewesen sei und gleichzeitig die Nachfrage von ZTE nach MDM6200-Chips im Jahr 2010 nur ein kleiner Bruchteil dessen gewesen sei, was Qualcomm im Dezember 2009 an Nachfrage erwartet habe, was die Kommission dazu veranlasst habe, die Zahlung von [vertraulich] USD auf einen kleinen Bruchteil der in den E‑Mails vom Dezember 2009 genannten 1 250 000 Einheiten zu verteilen. Nach Ansicht der Klägerin wären, wenn die fragliche Zahlung ZTE tatsächlich zum Kauf von mehr Einheiten des MDM6200-Chips veranlasst hätte, der implizite Rabatt je Einheit niedriger und die Feststellung eines Preises unterhalb der „Kosten“ unwahrscheinlicher gewesen. 375    Die Klägerin macht viertens geltend, dass die Kommission, obwohl sie im angefochtenen Beschluss einräume, dass die aufgeblähte Zahl auf die geringe Nachfrage von ZTE für den MDM6200-Chip zurückgehe, dann mutmaße, dass die geringere Nachfrage einer der Gründe dafür gewesen sein könne, dass Qualcomm bei der [vertraulich] Besprechung vom 24. Mai 2010 einer Änderung der Zahlungsbedingungen zugestimmt habe. Qualcomm habe jedoch einen Schriftverkehr vom Mai 2010 ausgemacht, dem zufolge ZTE für jenes Jahr einen Bedarf von 475 000 Einheiten des MDM6200-Chips vorgesehen habe. Nach Ansicht von Qualcomm hätte diese Zahl, wenn sie auf die Zahlung von [vertraulich] USD angewandt worden wäre, zu einem hypothetischen Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit zum Zeitpunkt der Bewilligung im Mai 2010 geführt, und die von ZTE für den MDM6200-Chip gezahlten Preise lägen konsequent oberhalb der LRAIC des angefochtenen Beschlusses. 376    Fünftens wäre, selbst wenn Qualcomm mit der NWK-Zahlung einen Rabatt je Einheit in Höhe von [vertraulich] USD hätte gewähren wollen, dies jedenfalls aus wirtschaftlicher Sicht nicht relevant gewesen, denn die Zahlung habe ZTE zu keinem Zeitpunkt dazu veranlasst, MDM6200-Chips zu kaufen, statt Chips von einem Wettbewerber zu beziehen, da der Betrag des finanziellen Anreizes im Voraus festgelegt worden sei und sich nicht entsprechend der Menge an gekauften Chips erhöht habe. 377    Sechstens sei durch den Umstand, dass Qualcomm im Februar 2011 der Bitte von ZTE, die Frist für den Erwerb der Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip bis zum 30. Juni 2011 zu verlängern, nachgekommen sei, einen entsprechenden Antrag für Geräte mit einem MDM6200-Chip jedoch abgelehnt habe, der Nachweis erbracht, dass die Pauschalzahlung vertraglich und tatsächlich an den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, was auch durch den internen Schriftverkehr von Qualcomm belegt werde. 378    Als Drittes rügt die Klägerin einen Widerspruch im angefochtenen Beschluss zwischen erstens den Feststellungen zur Verdrängung und zweitens der Feststellung einer Erhöhung des Preises und der Marge für die an ZTE verkauften MDM6200-Chips. Auch bei der Aufteilung der angeblichen FuE‑Kosten zwischen den MDM6200-Chips und den MDM6600-Chips im Jahr 2010 liege eine Unregelmäßigkeit vor, da die Preise, die die Kommission bei der Berechnung für die an ZTE verkauften MDM6200-Chips verwendet habe, nicht um den Rabatt aus den NWK-Kosten reduziert worden seien. 379    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 380    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 677 bis 693 des angefochtenen Beschlusses die Berechnung der von ZTE und Huawei gezahlten Preise vornimmt und im Einklang mit den Erwägungen insbesondere in den Abschnitten 12.4.2.3, 12.4.2.4, 12.4.2.6 und 12.4.2.11 des angefochtenen Beschlusses die zwei Rabatte neu zuweist, die Qualcomm diesen beiden Kunden aufgrund der NWK-Kosten gewährt hatte. Die Kommission stellt fest, dass, auch wenn jeder Rabatt formal als ein Rabatt verbucht worden sei, der für die an ZTE und Huawei verkauften MDM8200A-Chips gelte, Beweise aus dem betreffenden Zeitraum belegten, dass Qualcomm in Wahrheit zum einen beabsichtigt habe, eine für die Verkäufe im Jahr 2010 geltende Pauschalzahlung in Höhe von [vertraulich] USD (ursprünglich in Höhe von [vertraulich] USD) an ZTE zu leisten, um Letztere dazu zu bewegen, Lösungen einzukaufen und zu erarbeiten, die auf dem MDM6200-Chip basierten, und zum anderen, Huawei einen rückwirkenden Rabatt in Form einer Pauschalzahlung in Höhe von [vertraulich] USD zu gewähren, um den Preis für die Einheiten des MDM8200-Chips zu senken, die Huawei bei Qualcomm erworben hatte und die sich jedoch als so kostspielig erwiesen hatten, dass es Huawei nicht möglich gewesen sei, den Zuschlag für Ausschreibungen auf dem nachgelagerten Markt zu erhalten. 381    Was die NWK-Zahlung an ZTE betrifft, beruft sich die Kommission, um zu ihrem Ergebnis zu gelangen, in den Abschnitten 12.4.2.4, 12.4.2.6 und 12.4.2.11 des angefochtenen Beschlusses auf interne Dokumente von Qualcomm, die ihrer Meinung nach belegen, dass Qualcomm ZTE keinen niedrigeren Preis als Huawei habe anbieten können und befürchtet habe, den Preis für den MDM6200-Chip, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt gewesen sei, zu früh zu senken. Folglich sei ab Dezember 2009 vorgeschlagen worden, die Frage der Preisfestsetzung in Form von einmaligen Rabatten infolge von NWK-Kosten anzugehen, wobei ein Teil an die Bedingung geknüpft gewesen sei, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip erhalte, und der andere Teil an die Bedingung, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM6200-Chip erhalte, und zwar beides vor dem 31. Dezember 2010 (die Frist wurde später im Hinblick auf die Zertifizierung des MDM8200A-Chips auf den 30. Juni 2011 verschoben). Diese Zahlung habe in Wirklichkeit dazu gedient, für jeden MDM6200-Chip, den Qualcomm ZTE 2010 habe verkaufen wollen, den Preis um [vertraulich] USD je Chip zu senken. Nach einem erheblichen Rückgang der Bestellungen von ZTE verglichen mit den Prognosen von Qualcomm habe sich der tatsächlich gewährte Preisnachlass auf [vertraulich] USD je Chip belaufen. 382    Als Erstes ist festzustellen, dass die Tatsache, dass eine Reihe von Anreizen für verschiedene Chips, einschließlich Chips, die nicht für das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips verwendet wurden, von Qualcomm im Hinblick auf ZTE eingeführt wurden, nicht bedeutet, dass nicht einige dieser Anreize bei der zur Beurteilung der Verdrängung durchzuführenden Preis-Kosten-Analyse berücksichtigt werden können. 383    Als Zweites ist der Darstellung der Klägerin zu entnehmen, dass der Unterschied zwischen dem im Dezember 2009 und dem im Mai 2010 bewilligten Anreiz darin besteht, dass der erste Anreiz eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD beinhaltete, zahlbar bei Unterzeichnung der Vereinbarung, sowie eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD, die an die Bedingung geknüpft war, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip erhielt, und der zweite Anreiz eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD beinhaltete, die an die Bedingung geknüpft war, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM6200-Chip erhielt. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern der Umstand, dass sich „die Voraussetzungen für die Bewilligung zwischen Dezember … und Mai … verändert [hätten]“, Ausdruck „einer wohlüberlegten Neubewertung“ gewesen sein soll, und erläutert auch nicht, wie dieser Umstand ihr im Rahmen der Beurteilung der Verdrängung nutzen könnte. 384    Vielmehr ist, wie in den Erwägungsgründen 501 und 502 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, der internen Kommunikation zwischen leitenden Mitarbeitern (wie dem Leiter des Produktmanagements QCT und den Vizepräsidenten für Finanzen und Vertrieb) im Dezember 2009 zu entnehmen, dass erstens die Preise, die ZTE für den MDM6200-Chip angeboten wurden, nicht niedriger sein konnten als die Preise, die Huawei angeboten wurden, und Qualcomm keine „starke Abweichung der Preise“ wünschte, zweitens Qualcomm Verluste in Bezug auf den MDM6200-Chip aufgrund der Zusammenarbeit von ZTE und Icera befürchtete und drittens die geplante Lösung aus einer NWK-Zahlung in Verbindung mit den Chips MDM6200 oder MDM8200A bestand, „um zu verhindern, dass Icera ihren Umsatz stark erhöht“. Um diese Sorge auszuräumen, wurde im Vorschlag „ZTE MDM6200 Price Proposal“ vom Dezember 2009 eine Lösung ausgearbeitet, die in gewisser Hinsicht keine „starke Abweichung der Preise“ darstellte, da es sich nicht um eine preisliche Abweichung handelte, sondern um einen finanziellen Anreiz, der eine Zahlung beinhaltete, die an die Qualifikation als Betreiber von Geräten für den MDM8200A-Chip und an den Kauf einer bestimmten Anzahl von Einheiten des MDM6200-Chips gebunden war, und die Möglichkeit vorsah, die Zahlung zurückzuhalten, wenn eine der Bedingungen nicht erfüllt war. 385    Außerdem ist der Präsentation bei dem Treffen [vertraulich] vom 8. Februar 2010, d. h. nach der Bewilligung im Dezember 2009, zu entnehmen, dass die Zahlung, die damals offiziell sowohl für den MDM8200A-Chip als auch für den MDM6200-Chip bestimmt sein sollte, in Wirklichkeit ausschließlich dazu diente, den Preis für den MDM6200-Chip zu senken. 386    Ferner ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass die ursprünglich vorgeschlagene Bedingung, die vorsah, dass ZTE 2010 [vertraulich] MDM6200-Chip-Einheiten kaufte (was den damaligen Prognosen für die Nachfrage von ZTE entsprach), in der Bewilligung von [vertraulich] nicht förmlich geregelt wurde. Im Mai 2010 wurde jedoch aufgrund des Umstands, dass die Prognosen für die Nachfrage von ZTE auf 475 000 Einheiten gesunken waren, durch [vertraulich] die Struktur der NWK-Zahlungen geändert. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin deutet außerdem nichts darauf hin, dass diese Änderungen mit einer veränderten Zielsetzung der Zahlungen einhergingen, die ZTE zum Einkauf von MDM6200-Chips bewegen sollten. Wäre nämlich ursprünglich, im Dezember 2009, oder im Mai 2010 beabsichtigt gewesen, den Verkauf des MDM8200A-Chips zu fördern, wäre es nicht erforderlich oder logisch gewesen, den Rabatt für MDM8200A-Chips um [vertraulich] auf [vertraulich] USD (d. h. um 60 %) zu senken. Dagegen war es, als die Prognosen für ZTEs Bedarf an MDM6200-Chips erheblich korrigiert wurden, da der Bedarf von [vertraulich] Einheiten auf unter [vertraulich] Einheiten gesunken war, aus Sicht von Qualcomm nicht mehr gerechtfertigt, ZTE den ursprünglich vorgesehenen Rabatt von [vertraulich] USD anzubieten. 387    Die veränderte Struktur der NWK-Zahlungen erlaubte es jedoch, eine Zahlung beizubehalten, die einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit entsprach und formal an MDM8200A-Chips gebunden war (in Wirklichkeit jedoch für MDM6200-Chips bestimmt war), und gleichzeitig die Verdopplung der Zahlung (die dann auf [vertraulich] gestiegen wäre) für den Fall vorzuschlagen, dass der Kunde vor Ende 2010 eine Zertifizierung als Betreiber für den MDM6200-Chip erhalten würde, d. h. wenn sich ZTE im Lauf des Jahres 2010 für die Entwicklung einer MDM6200-Lösung einsetzen würde. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass die Weigerung von Qualcomm, die Frist für die Qualifikation als Betreiberin für MDM6200-Chips im Februar 2011 zu verlängern, mit dieser Struktur und der Feststellung von Qualcomm im Einklang stehe, wonach der Einsatz von ZTE für den MDM6200-Chip im Jahr 2010 nicht ausreiche, um sich den Rest der Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Kosten verdient zu haben. 388    Zum Vorbringen der Klägerin, wonach der Umstand, dass es Qualcomm im Februar 2011 abgelehnt habe, die Frist für den Erwerb der Qualifikation als Betreiber von Geräten für den MDM6200-Chip zu verlängern, beweise, dass die NWK-Zahlung vertraglich und tatsächlich an den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, ist festzustellen, dass dieser Umstand und somit die Tatsache, dass Qualcomm ZTE nicht den damit verbundenen Betrag von [vertraulich] USD auszahlte, völlig im Einklang mit der ursprünglichen Absicht von Qualcomm stehen, einen Rückforderungsmechanismus für einen Teil der NWK-Zahlung vorzusehen, falls ZTE nicht die geplanten Mengen an MDM6200-Chips kaufen würde. 389    Was den Umstand betrifft, dass die NWK-Zahlung an ZTE als Rabatt pro Einheit behandelt wurde, lässt sich kein Fehler der Kommission ausmachen, weder in Bezug auf die Verbuchung dieser Zahlung bei den entsprechenden Einheiten noch in Bezug auf die Berechnung des Rabatts oder die Beurteilung des Kontextes. 390    Um die Höhe der NWK-Zahlung an ZTE zu quantifizieren, müssen zunächst alle Zahlungen im Zusammenhang mit bestellten und gelieferten MDM6200-Chips, d. h. 145 775 Einheiten, erfasst werden, indem der Gesamtbetrag der Zahlungen durch den Gesamtbetrag der bestellten und gekauften Einheiten geteilt wird. 391    Dass die NWK-Zahlung an ZTE letztlich zu einem Rabatt pro Einheit führt, der dreimal höher ist als der ursprünglich vorgesehene Rabatt, beruht lediglich darauf, dass sich die Anzahl der von ZTE bestellten und gekauften MDM6200-Chips verglichen mit der von Qualcomm vorgesehenen Menge, nämlich [vertraulich] Einheiten, erheblich verringert hat. Da der Betrag des finanziellen Anreizes im Voraus festgelegt worden war, erhielt jeder Chip einen viel höheren Preisnachlass als ursprünglich geplant. Mit anderen Worten ist diese Erhöhung des pro Chip gewährten Rabatts nur ein Nebeneffekt der fehlerhaften Verkaufsprognose von Qualcomm in Bezug auf ZTE. 392    Was den Umstand betrifft, dass ZTE nicht gewusst habe, dass die für sie bestimmte NWK-Zahlung als Rabatt pro Einheit behandelt werden würde, ist es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Kunde eines Unternehmens in beherrschender Stellung die Methode kennt, die verwendet wird, um einen Preis unterhalb der Kosten anzuwenden. Es genügt nämlich, dass zum einen die Preis-Kosten-Analyse einen höheren Preis als den gewählten Kostenmaßstab aufweist und zum anderen die Absicht besteht, einen bestimmten Wettbewerber zu verdrängen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72). 393    Ferner ist in Bezug auf das Argument, die Zahlung habe ZTE nicht dazu veranlasst, mehr Chips zu kaufen, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a. (C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung), festgestellt hat, dass die Einstufung einer Praxis eines Unternehmens in beherrschender Stellung als missbräuchlich nicht von dem Nachweis abhängt, dass, wenn die Praxis eines solchen Unternehmens auf die Verdrängung seiner Wettbewerber vom betreffenden Markt angelegt ist, dies auch erreicht worden ist und es folglich auf dem Markt zu einer konkreten Verdrängungswirkung gekommen ist. Art. 102 AEUV soll nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen ahnden, unabhängig davon, ob sich eine solche Ausnutzung als erfolgreich erwiesen hat oder nicht. 394    Als Drittes ist das Vorbringen der Klägerin zu Widersprüchen im angefochtenen Beschluss nur grob skizziert, so dass sich schwer nachvollziehen lässt, inwieweit etwaige Widersprüche die Rechtmäßigkeit des Beschlusses beeinträchtigen könnten. Aus diesem Grund ist das Vorbringen für unzulässig zu erklären. Jedenfalls steht die Erklärung der Kommission, dass die Erhöhung des Preises und der Marge der im maßgeblichen Zeitraum an ZTE verkauften MDM6200-Chips auf die Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Zahlungen zurückzuführen sei, völlig im Einklang mit der übrigen Argumentation der Kommission. Was die behauptete Unregelmäßigkeit bei der Aufteilung der FuE‑Kosten zwischen den MDM6200-Chips und den MDM6600-Chips im Jahr 2010 betrifft, genügt der Hinweis, dass die Gründe, die die Kommission zu diesem Vorgehen veranlasst haben und die von der Klägerin im Übrigen nur pauschal bestritten werden, im 841. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführlich und glaubhaft erläutert werden. 395    Nach alledem ist der erste Teil des sechsten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: NWK-Zahlung an Huawei 396    Die Klägerin macht geltend, dass, selbst wenn man davon ausgehe, dass sie die NWK-Zahlung an Huawei als „Ausgleich“ für die bei Huawei bereits angesammelten MDM8200-Chipbestände angesehen habe, sich die Zahlung auf bereits gekaufte Chips bezogen habe und daher Huawei nicht dazu habe veranlassen können, mehr von diesen Chips zu kaufen. Wie zudem der Antwort von Huawei auf ein Auskunftsverlangen der Kommission zu entnehmen sei, hätten die Bedingungen der mit Huawei geschlossenen Vereinbarung über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und diese Zahlung im Zusammenhang mit der Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip keinen Anreiz für Huawei gesetzt, MDM8200-Chips zu kaufen, sondern vielmehr einen Anreiz für den Kauf von MDM8200A-Chips, und zwar für unbestimmte Zeit. 397    Ganz allgemein beanstandet die Klägerin, die Kommission habe im 1142. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Satz aus der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte gestrichen, der eine ausdrückliche „Quasi-Behauptung“ der „Verschleierung“ in Bezug auf die NWK-Zahlungen an ZTE und Huawei enthalte, auf die Qualcomm im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingegangen sei, während der Rest des Erwägungsgrundes in Bezug auf die NWK-Zahlungen unverändert geblieben sei. Die Streichung des Satzes stelle einen Begründungsmangel dar, der zudem erkennen lasse, dass die Kommission nicht den Nachweis dafür erbringen könne, dass Qualcomm den Marktausschluss von Icera beabsichtigt habe. 398    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 399    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission in Bezug auf die NWK-Zahlung an Huawei in Abschnitt 12.4.2.3 des angefochtenen Beschlusses auf interne Dokumente von Qualcomm verweist, die ihrer Ansicht nach belegen, dass, da sich mehrere leitende Mitarbeiter von Qualcomm dagegen ausgesprochen hatten, dem Druck von Huawei nachzugeben, die erhebliche Preisnachlässe für MDM8200-Chips forderte, Qualcomm schließlich einen rückwirkenden Preisnachlass für Lieferungen des MDM8200-Chips nach dem 23. November 2009 gewährte sowie einen „MDM8200A NWK“ bewilligte, d. h. eine Zahlung, die offiziell dazu diente, NWK-Kosten zu decken, die mit der Zertifizierung eines bestimmten Endgeräts mit dem MDM8200A-Chip zusammenhingen, in Höhe von [vertraulich] (später [vertraulich]) USD. Nach Auffassung der Kommission stand die NWK-Zahlung, obwohl sie formal an den Erhalt einer Zertifizierung als Betreiber für den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, in ausdrücklichem Zusammenhang mit dem MDM8200-Bestand von Huawei und ermöglichte die Anwendung eines rückwirkenden Preisnachlasses pro Einheit. 400    Was als Erstes das Vorbringen der Klägerin betrifft, Huawei habe die MDM8200-Chips bereits gekauft gehabt und daher nicht durch die an sie gerichtete NWK-Zahlung dazu veranlasst werden können, mehr von diesen Chips zu kaufen, so kann dem nicht gefolgt werden. Aus den Dokumenten und Schreiben, die u. a. in den Erwägungsgründen 480 bis 486 des angefochtenen Beschlusses erwähnt sind, ergibt sich nämlich, dass dieser Anreiz Huawei gewährt wurde, um ihr zu helfen, sich der überschüssigen MDM8200-Chips zu entledigen, und zwar in einem Kontext, in dem sich Huawei zunehmend auf den Wettbewerbsdruck durch Icera berief, insbesondere durch den ICE8042-Chip, um günstigere Konditionen zu erhalten. 401    Außerdem ist den Dokumenten und Schreiben, die u. a. in den Erwägungsgründen 480 bis 486 des angefochtenen Beschlusses erwähnt sind, zu entnehmen, dass Qualcomm sich nicht in einer Position befand, in der sie die Forderungen von Huawei ignorieren konnte, was belegt, dass die Preisverhandlungen noch zu dem Zeitpunkt stattfanden, als Qualcomm beschloss, Huawei die NWK-Zahlung zuzugestehen, und die Verkaufsbedingungen für die MDM8200-Chips zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig festgelegt waren. 402    Zum Vorbringen der Klägerin, die Bedingungen der Vereinbarung über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und die NWK-Zahlung an Huawei hätten keinen Anreiz für Huawei gesetzt, MDM8200-Chips zu kaufen, sondern einen Anreiz für den Kauf von MDM8200A-Chips, ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Antworten von Huawei auf die Fragen der Kommission nicht belegen, dass Huawei davon ausging, dass sich die Zahlung auf MDM8200A-Chips beziehe. Vielmehr beschränkt sich, wie dem 681. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, die Antwort von Huawei darauf, die Bedingungen der Vereinbarung wiederzugeben, und diese stellen keinen Nachweis in Bezug auf den tatsächlichen Zweck der Zahlung dar. Aus den Beweisen, die in den Erwägungsgründen 482 und 679 des angefochtenen Beschlusses genannt sind, und dem Eingeständnis von Qualcomm in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geht jedoch hervor, dass die Zahlung als rückwirkender Rabatt für MDM8200-Chips dienen sollte. Außerdem wird die Behauptung von Qualcomm, Huawei sei davon ausgegangen, dass sich die fragliche Zahlung auf MDM8200A-Chips beziehe, durch die Beweise aus dem betreffenden Zeitraum widerlegt, die in den Erwägungsgründen 491, 527 und 543 des angefochtenen Beschlusses genannt sind und denen zufolge Huawei Qualcomm gebeten hatte, die Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Kosten anzupassen, um einem von ihr identifizierten zusätzlichen Bestand an MDM8200-Chipeinheiten Rechnung zu tragen. Aus diesen Beweisen ergibt sich, dass Huawei durchaus bekannt war, dass die NWK-Zahlung in Wahrheit als Rabatt für MDM8200-Chips – und nicht für MDM8200A-Chips – dienen sollte. 403    Was schließlich die ausdrückliche „Quasi-Behauptung“ der „Verschleierung“ in Bezug auf die NWK-Zahlungen an ZTE und Huawei betrifft, die in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgestellt worden sein soll, ist es zwar zutreffend, dass zum einen im letzten Satz von Rn. 771 der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte danach gefragt wurde, ob der Umstand, dass Qualcomm die NWK-Kosten für die Chips nicht richtig verbucht habe, einen Versuch darstelle, den mit der Zahlung dieser Kosten verbundenen Rabatt zu verschleiern, und zum anderen diese Frage im angefochtenen Beschluss nicht wieder aufgegriffen wurde. Allerdings kann der Kritik der Klägerin, wonach die Streichung des Satzes einen Begründungsmangel darstelle, der zudem erkennen lasse, dass die Kommission nicht den Nachweis dafür erbringen könne, dass Qualcomm den Marktausschluss von Icera beabsichtigt habe, nicht gefolgt werden. 404    Insoweit genügt nämlich der Hinweis, dass die Kommission im Licht der oben in Rn. 307 angeführten Rechtsprechung nicht verpflichtet war, im angefochtenen Beschluss im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente einzugehen. Wie zudem die Kommission zu Recht geltend macht, beweist die Streichung des letzten Satzes von Rn. 771 der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission die Antwort von Qualcomm im Verwaltungsverfahren berücksichtigte, ohne dass sich dies jedoch auf den Nachweis von Qualcomms Absicht, Icera vom relevanten Markt auszuschließen, ausgewirkt hätte. 405    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der zweite Teil des sechsten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 395), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“ 406    Der siebte Klagegrund besteht aus drei Teilen, erstens Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo, zweitens die Rüge, dass das LRAIC‑Kriterium kein angemessener Vergleichsmaßstab sei, und drittens der Vorwurf, dass die von der Kommission errechneten LRAIC nicht den „echten“ LRAIC entsprächen, und mit diesem Klagegrund wird geltend gemacht, dass die Behandlung der Kosten im angefochtenen Beschluss mit zahlreichen Fehlern behaftet sei und Verstöße gegen allgemeine Rechtsgrundsätze vorlägen. Vorbemerkungen 407    In Abschnitt 12.6 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission in Bezug auf die untersuchungsgegenständlichen Chips die Gründe, aus denen sie der Ansicht war, dass die LRAIC den für die Preis-Kosten-Analyse am besten geeigneten Kostenmaßstab bildeten. Bei der Berechnung der LRAIC berücksichtigte die Kommission zum einen die Herstellungskosten, die je nach Menge der produzierten Chips variierten und somit die relevante variable Komponente der LRAIC darstellten (Abschnitt 12.6.2 des Beschlusses), und zum anderen die FuE‑Kosten von Qualcomm, wie sie in der Datenbank zu den FuE‑Kosten von Qualcomm [vertraulich] verbucht waren, wodurch der größte feste Bestandteil der Grenzkosten für die Herstellung eines Chips erfasst wurde (Abschnitt 12.6.3 des Beschlusses). Die Kommission fügte hinzu, dass andere Arten von Fixkosten, wie die Vertriebskosten, nicht einbezogen worden seien, weshalb die von ihr errechneten LRAIC unter den ATC von Qualcomm lägen. 408    Angesichts der vom Unionsrichter in diesem Bereich aufgestellten Kriterien seien die LRAIC im vorliegenden Fall der Kostenmaßstab, der sich am besten eigne, um den Mindestkostendeckungsgrad für Qualcomm in Bezug auf die fraglichen Produkte zu berechnen. Da es sich bei Qualcomm um ein Unternehmen handle, das verschiedene Produkte anbiete und Verbundvorteile nutzen könne, könnten mehrere Produkte die gleichen Produktionstätigkeiten erfordern, so dass sich die Zahl der gelieferten Produkte nicht auf die relevanten Kosten auswirke (im Folgenden: Gemeinkosten). Folglich würden diese Kosten im Rahmen der LRAIC nicht berücksichtigt, da die LRAIC nur die Produktionskosten enthielten, die den untersuchungsgegenständlichen Produkten eigen seien. Daher liege auch der Durchschnitt aller von Qualcomm getragenen variablen und fixen Kosten im Zusammenhang mit der Herstellung eines spezifischen Produkts, d. h. die LRAIC, für jedes Produkt unter den ATC. 409    Die Kommission vertritt im angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass die Aussage, die LRAIC lägen für jedes Produkt unter den ATC, nicht dadurch in Frage gestellt werde, dass jeder Chip möglicherweise Übertragungseffekte im Bereich FuE zugunsten künftiger Chips auslöse oder von diesen profitiere. Die Übertragungseffekte, von denen ein konkreter Chip profitiere, würden möglicherweise in etwa ausgeglichen durch die Übertragungseffekte, die dieser Chip selbst wieder zugunsten künftiger Chips auslöse. Daher seien die FuE‑Kosten für einen Chip nicht um die Übertragungseffekte reduziert worden, die dieser Chip möglicherweise zugunsten künftiger Chips auslöse. In Bezug auf die Chips MDM8200 und MDM8200A habe die Kommission ihre Aufteilung der Entwicklungskosten jedoch angepasst, da sie berücksichtigt habe, dass den Akten zufolge der MDM8200-Chip viel mehr Übertragungseffekte für den MDM8200A-Chip ausgelöst habe, als ihm selbst zugutegekommen seien. 410    Konkret stützte sich die Kommission bei der Berechnung der AVC auf den Parameter der „durchschnittlichen Stückkosten“, die den Angaben von Qualcomm entnommen wurden und nach zwei Buchführungskriterien dargestellt werden konnten: Das erste Kriterium entsprach den durchschnittlichen Stückkosten der in einem bestimmten Quartal verkauften Chips und das zweite Kriterium entsprach den Stückkosten der Chips, die Qualcomm (bei Fertigungsbetrieben) im Lauf eines bestimmten Quartals gekauft hatte. Ursprünglich hatte die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte das erste Kriterium angewandt. Später verwendete sie in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss das zweite Kriterium, wobei sie einige Anpassungen vornahm, die vor allem dazu dienten, ein Problem bei der Bestandsbuchführung zu lösen. 411    Bei der Berechnung der FuE‑Kosten, die Qualcomm für jeden Chip entstanden, bezeichnete die Kommission dagegen bestimmte Kostenelemente in der [vertraulich], die Qualcomm zur Verbuchung und Zuordnung bestimmter Fixkosten zu einzelnen Chips verwendete, als „inkrementell“ in Bezug auf den betreffenden Chip. Die Bezeichnung als „inkrementell“ erfolgte auf der Grundlage eines internen Dokuments von Qualcomm, in dem dieser Begriff verwendet worden war, und zwar in der internen Präsentation „[vertraulich]“ in Bezug auf [vertraulich] (im Folgenden: der [vertraulich]), sowie basierend auf Erklärungen von Qualcomm im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, die die Kostenkategorien betrafen, die in diesem Dokument als „inkrementell“ angesehen worden seien. Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo 412    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo verletzt, als sie zwei unterschiedliche Ansätze – zum einen Top-down und zum anderen Bottom-up – verwendet habe, um die Gesamtinvestitionen von Qualcomm im Bereich FuE zum einen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und zum anderen in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss zu bewerten. Insbesondere habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt, dass die [vertraulich] für eine Preis-Kosten-Analyse ungeeignet sei. Dessen ungeachtet habe die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss Daten aus dieser Datenbank verwendet, und die darin angewandte Methode führe zu Margen, die sich zwischen Chips und von Quartal zu Quartal stark von den Margen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterschieden. 413    Da in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zum einen sowie der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem angefochtenen Beschluss zum anderen unterschiedliche Methoden verwendet worden seien, habe die Klägerin, als sie ihre relevanten Entscheidungen in Bezug auf die Preisgestaltung für Chips und FuE‑Investitionen getroffen habe, nicht vorhersehen können, welche Methode die Kommission letztlich verwenden werde und zu welchen Ergebnissen sie gelangen werde. Selbst die Kommission sei nach einer Untersuchung von mehr als fünf Jahren nicht in der Lage gewesen, die grundlegenden Elemente der schließlich im angefochtenen Beschluss verwendeten Methode oder ihre Ergebnisse vorherzusehen. 414    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 415    Vorab ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen oben in den Rn. 364 bis 366 festzustellen, dass die Vorwürfe der Klägerin zum Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo als unzulässig anzusehen sind, da sie nicht hinreichend substantiiert sind, um ihre Begründetheit beurteilen zu können. 416    Zudem ist als Erstes zum Vorbringen der Klägerin, mit dem diese im Wesentlichen geltend macht, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zum einen sowie der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem angefochtenen Beschluss zum anderen seien unterschiedliche Methoden verwendet worden, darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern kann oder umgekehrt beschließen kann, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen. Dies gilt ebenso für die Methode, die die Kommission in ihrer Preis-Kosten-Analyse verwendet. 417    Es ist nämlich daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Rechtssicherheit zwar verlangt, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen und die unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen voraussehbar sein müssen (vgl. Urteil vom 15. September 2005, Irland/Kommission, C‑199/03, EU:C:2005:548, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 29. März 2012, Spanien/Kommission, T‑398/07, EU:T:2012:173, Rn. 107), doch ergibt sich aus der vorläufigen Natur der Methode, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Bestimmung des für die Preis-Kosten-Analyse am besten geeigneten Kostenmaßstabs verwendet wurde, dass der endgültige Beschluss der Kommission nicht allein deshalb für nichtig erklärt werden kann, weil die Ergebnisse im Zusammenhang mit der Anwendung einer anderen Methode in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss nicht mit den Ergebnissen identisch sind, die bei der ursprünglich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgesehenen Methode erzielt worden wären (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 43). 418    Zudem bestreitet die Klägerin im vorliegenden Fall nicht, dass sie im Verwaltungsverfahren und insbesondere nach dem Versand der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte Gelegenheit hatte, sich zu der im angefochtenen Beschluss anzuwendenden Methode zu äußern. 419    Darüber hinaus begnügt sich die Klägerin mit dem Hinweis auf den „Top-down“- und „Bottom-up“-Charakter der von der Kommission angewandten Methoden sowie auf einen Unterschied zwischen den erforderlichen Margen zwischen Chips und von Quartal zu Quartal, ohne – abgesehen von einem Verweis auf ihre im Verwaltungsverfahren eingereichten und der Klageschrift beigefügten Schriftsätze – näher darzulegen, was genau der Unterschied zwischen dem „Top-down“- und dem „Bottom-up“-Ansatz ist und welche praktischen Auswirkungen diese Ansätze haben. Insoweit ist mit der Kommission festzustellen, dass die Methode, die im angefochtenen Beschluss (und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte) angewandt wurde, auf den tatsächlichen FuE‑Kosten beruht, die Qualcomm selbst für jeden Chip verbucht hat. Aus diesem Grund war die Kommission der Ansicht, dass diese Methode die FuE‑Kosten, die tatsächlich bei der Entwicklung jedes Chips anfielen, getreuer abbilde als die Methode, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angewandt worden war. 420    Selbst wenn man daher annimmt, dass die von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angewandten Analysemethoden und die von ihr in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss angewandten Analysemethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, wie die Klägerin behauptet, lässt dies im vorliegenden Fall nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie im angefochtenen Beschluss eine Methode anwandte, die auf den tatsächlichen FuE‑Kosten beruhte, die Qualcomm selbst für jeden Chip verbucht hatte. Das Argument kann daher nicht durchgreifen. 421    Was als Zweites das ausschließlich zur Stützung des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend gemachte Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe, als sie ihre Entscheidungen über den Preis der Chips und die FuE‑Investitionen getroffen habe, nicht wissen können, welche Methode die Kommission zur Festlegung des relevanten Kostenmaßstabs verwenden werde, hatte die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte erläutert, dass die Berechnung der LRAIC geändert worden sei, um Einwänden der Klägerin Rechnung zu tragen, die diese in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommenen Berechnung der LRAIC vorgebracht habe. 422    Insoweit ist festzustellen, dass zwar die Berücksichtigung der Kosten des beherrschenden Unternehmens es diesem erlaubt, angesichts der besonderen Verantwortung, die ihm nach Art. 102 AEUV obliegt, die Rechtmäßigkeit seines eigenen Verhaltens zu beurteilen, und somit im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit steht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 202, und vom 17. Februar 2011, Teliasonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 44), dies jedoch nicht dazu führt, dass die Kommission keine Anpassungen vornehmen kann, die auf den Preis- und Kostenaufstellungen des beherrschenden Unternehmens sowie allen sonstigen von ihm bereitgestellten relevanten Informationen beruhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 131 bis 137; vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, EU:T:2008:101, Rn. 208 bis 211, und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 220 bis 235). 423    Folglich verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, dass dem beherrschenden Unternehmen detaillierte Prognosen vorliegen, welche Methode die Kommission zur Berechnung seiner Kosten genau anwenden wird. Die von der Kommission gewählte Methode muss nämlich den besonderen Umständen des Einzelfalls und insbesondere den Informationen Rechnung tragen, die ihm das beherrschende Unternehmen zur Verfügung stellt. 424    Nach alledem ist der erste Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Rüge, das LRAIC‑Kriterium sei kein angemessener Kostenmaßstab 425    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission davon ausgehen müssen, dass die AVC oder die durchschnittlichen vermeidbaren Kosten (average avoidable costs, im Folgenden: AAC) und nicht die LRAIC der angemessenste Kostenmaßstab für die Preis-Kosten-Analyse in der vorliegenden Rechtssache seien. 426    Als Erstes basierten die Preisentscheidungen auf den Wettbewerbsbedingungen, wie sie zu einem Zeitpunkt vorgelegen hätten, zu dem die FuE‑Kosten von Qualcomm bereits „versunken“ (sunk costs) gewesen seien, d. h. die Kosten hätten nicht mehr vermieden werden können. Preise unterhalb der LRAIC ermöglichten häufig eine kurzfristige Gewinnmaximierung und brächten keine Gewinneinbußen mit sich. 427    Als Zweites seien die LRAIC für eine statische Welt konzipiert, da sie auf ein bestimmtes Produkt ausgerichtet seien und bisherige oder künftige verwandte Produkte nicht berücksichtigt würden. In einem dynamischen Sektor wie dem Halbleitersektor mit zeitübergreifenden Übertragungseffekten sei ihre Verwendung jedoch nicht angemessen. 428    Als Drittes habe der Umstand, dass die Missbrauchsvorwürfe in der vorliegenden Rechtssache äußerst begrenzt seien (nur der Verkauf von drei Chips an zwei Kunden in einigen Quartalen sei betroffen) nämlich zur Folge, dass die „echten“ LRAIC den AAC oder AVC entsprächen oder sehr nah daran lägen. 429    Die Kommission sei insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Produkte des relevanten Marktes lediglich geringe Grenzkosten oder variable Kosten verursacht hätten, obwohl sie selbst mehrfach erklärt habe, dass die AVC ein wichtiger Wettbewerbsparameter seien. 430    Als Viertes sei die Entscheidung der Kommission, ihre Analyse auf die LRAIC und nicht auf die ATC zu stützen, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht günstiger für die Klägerin. Es sei unwahrscheinlich, dass die – korrekt berechneten – ATC höher seien als die LRAIC, da die LRAIC auch Gemeinkosten umfassten, ihre Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft außer Acht ließen und nachträglich manipuliert worden seien, was die LRAIC des MDM8200A-Chips erheblich aufgebläht habe. 431    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 432    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, wenn bei ihm gemäß Art. 263 AEUV eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung gemäß Art. 102 AEUV erhoben wird, grundsätzlich aufgrund der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen hat, ob die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsvorschriften erfüllt sind, und bei dieser Kontrolle nicht auf den Wertungsspielraum verweisen kann, über den die Kommission aufgrund der ihr im Bereich der Wettbewerbspolitik durch den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag übertragenen Rolle verfügt, um von einer eingehenden rechtlichen wie tatsächlichen Kontrolle abzusehen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 155 und 156). 433    Außerdem ist der Umstand, dass die Kommission eine Methode verwendete, die auf Preisen oberhalb der AVC und unterhalb der ATC beruhte, nur eine Folge der Rechtsprechung. Dem Gerichtshof zufolge sind nämlich Preise, die unter den AVC liegen und mit deren Hilfe ein beherrschendes Unternehmen versucht, einen Konkurrenten auszuschalten, als missbräuchlich anzusehen. Ein beherrschendes Unternehmen hat nämlich nur dann ein Interesse, derartige Preise zu praktizieren, wenn es seine Konkurrenten ausschalten will, um danach unter Ausnutzung seiner Monopolstellung seine Preise wieder anzuheben, denn jeder Verkauf bringt für das Unternehmen einen Verlust in Höhe seiner gesamten Fixkosten (d. h. der Kosten, die ungeachtet der produzierten Mengen konstant bleiben) und zumindest eines Teils der variablen Kosten je produzierte Einheit mit sich. Auch Preise, die unter den ATC – d. h. Fixkosten plus variable Kosten –, jedoch über den AVC liegen, sind als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans festgesetzt wurden, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat. Diese Preise können nämlich Unternehmen vom Markt verdrängen, die vielleicht ebenso leistungsfähig sind wie das beherrschende Unternehmen, wegen ihrer geringeren Finanzkraft jedoch nicht dem auf sie ausgeübten Konkurrenzdruck standhalten können (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72). 434    Diese Rechtsprechung ist in mehreren späteren Urteilen bestätigt worden, in denen durchgängig zum einen festgestellt worden ist, dass Preise, die unter den AVC liegen, grundsätzlich als missbräuchlich anzusehen sind, da bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung davon auszugehen ist, dass es mit der Anwendung solcher Preise kein anderes wirtschaftliches Ziel als die Ausschaltung seiner Mitbewerber verfolgt. Zum anderen sind Preise, die unter den ATC, jedoch über den AVC liegen, nur dann als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans zur Verdrängung eines Mitbewerbers festgesetzt werden (Urteile vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission, C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 41, und vom 2. April 2009, France Télécom/Kommission, C‑202/07 P, EU:C:2009:214, Rn. 109). 435    Im Licht der auf das Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72), zurückgehenden Rechtsprechung war die Kommission somit im vorliegenden Fall bei der Feststellung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung verpflichtet, zum einen festzustellen, dass die Preise der Klägerin unter den ATC lagen, und zum anderen zu beweisen, dass die Klägerin die Absicht hatte, einen Mitbewerber auszuschließen. Wie oben in den Rn. 408 und 409 dargelegt, stellte die Kommission im angefochtenen Beschluss fest, dass die LRAIC von Qualcomm für jedes Produkt unter ihren ATC lägen. 436    Insoweit ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Rahmen ihrer vierten Rüge festzustellen, dass es im Wesentlichen ausgeschlossen ist, dass die ATC unter den LRAIC liegen, da die ATC u. a. alle Gemeinkosten beinhalten, während die LRAIC nur die mit den betreffenden spezifischen Produkten verbundenen Kosten erfassen. Selbst wenn die Kommission bestimmte Gemeinkosten zu Unrecht als produktspezifische Kosten angesehen hätte, könnte die Klägerin nämlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass die LRAIC höher sein könnten als die ATC. 437    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 12.7.5.2 des angefochtenen Beschlusses die ATC berechnete und feststellte, dass sie höher seien als die LRAIC. Qualcomm hat diesen Abschnitt nicht in Frage gestellt und auch keine andere Berechnungsmethode vorgeschlagen. Somit kann, da die LRAIC für die Klägerin günstiger sind als die ATC, nicht beanstandet werden, dass die Kommission für ihre Preis-Kosten-Analyse die LRAIC und nicht die ATC verwendete. Wie zudem die Streithelferin zu Recht hervorhebt, musste die Kommission nicht feststellen, ob die Preise der Klägerin auch unter den AVC oder den LRAIC lagen, da sie sich dafür entschieden hatte, zu prüfen, ob Qualcomm die Absicht hatte, einen Mitbewerber auszuschließen. Daraus folgt, dass die vierte Rüge der Klägerin keinen Erfolg haben kann. 438    Was die drei anderen Rügen betrifft, mit denen die Klägerin geltend macht, dass die LRAIC als Kostenmaßstab ungeeignet seien, ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass eine Preisberechnung, die ausschließlich auf den variablen Kosten beruht, ungeeignet ist, um das Vorliegen von Verdrängungspreisen in einem Sektor festzustellen, in dem, wie insbesondere aus den Erwägungsgründen 109 bis 119 und 280 bis 284 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die FuE‑Tätigkeiten und die starke Präsenz geistiger Eigentumsrechte erhöhte FuE‑Kosten mit sich bringen, die bei einer nur auf variablen Kosten beruhenden Berechnung nicht berücksichtigt wären. 439    Insbesondere wird nicht bestritten, dass, wie die Kommission im 787. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführte, die Halbleiterindustrie durch geringe variable Kosten (z. B. im Zusammenhang mit der Herstellung von Chips) und hohe Fixkosten (z. B. im Zusammenhang mit den erforderlichen FuE‑Investitionen für die Konzeption und Entwicklung von Chips) gekennzeichnet ist, die zum Zeitpunkt der Vermarktung der Produkte größtenteils versunken sind. Würden die produktspezifischen versunkenen Kosten, wie z. B. FuE‑Investitionen, nicht berücksichtigt, wäre für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Markteintritt und dem Wettbewerb auf dem Markt entstehen, der Markt nicht realistisch abgebildet, so dass es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich wäre, einen Fall der Verdrängung mit dem Ziel der Ausschaltung eines Mitbewerbers aufzudecken. 440    Da die LRAIC die produktspezifischen fixen und variablen Kosten umfassen, die sowohl vor als auch während des Zeitraums des missbräuchlichen Verhaltens anfielen, sind sie der Kostenmaßstab, der im vorliegenden Fall am besten geeignet war, um den Mindestkostendeckungsgrad in Bezug auf die untersuchungsgegenständlichen Produkte zu berechnen (780. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 441    Darüber hinaus kann dem Argument der Klägerin, der Verkauf zu einem Preis oberhalb der AVC, jedoch unterhalb der LRAIC könne eine kurzfristige Gewinnmaximierung darstellen, nicht gefolgt werden. Es ist nämlich in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung ein Preis, der über den AVC, jedoch unter den ATC liegt (die im vorliegenden Fall über den LRAIC liegen), nur dann missbräuchlich ist, wenn damit die Absicht verfolgt wird, einen Mitbewerber auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72). Wie im 785. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, hat die Kommission genau das nachgewiesen. Die Klägerin wandte nämlich zum einen Preise an, die unter den LRAIC lagen, und zum anderen verfolgte sie damit den Plan, Icera auszuschließen. Folglich wird durch das Vorbringen, dass mit Preisen oberhalb der AVC legitime Zwecke verfolgt werden könnten, lediglich die von der einschlägigen Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung anerkannt und nicht nachgewiesen, dass die LRAIC im vorliegenden Fall als Kostenmaßstab ungeeignet seien. 442    Was die Behauptung der Klägerin betrifft, die LRAIC seien im vorliegenden Fall ein ungeeigneter Kostenmaßstab, da die Zuwiderhandlung nur von begrenzter Tragweite sei, ist festzustellen, dass in Bezug auf eine Verdrängungspraxis mit einer Dauer von zwei Jahren in einem Sektor, der, wie die Klägerin selbst bestätigt hat (vgl. u. a. Rn. 333 und 337 der Antwort der Klägerin auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, Anlagen A.2.2 und A.2.4 der Klageschrift sowie Rn. 715 bis 723 der Antwort der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte), durch kurze Innovationszyklen gekennzeichnet ist, die hohe FuE‑Investitionen erfordern, das Außerachtlassen jeglicher Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung der Produkte, auf die sich die mutmaßliche Verdrängungspraxis bezieht, dazu führen würde, dass ein erheblicher Teil der Kosten, die sowohl die Preisentscheidungen des beherrschenden Unternehmens als auch diejenigen seiner Konkurrenten bestimmen, unberücksichtigt bliebe. Wenn es tatsächlich zuträfe, dass, wie die Klägerin behauptet, in Sektoren mit „hoher FuE‑Intensität“ Unternehmen die optimalen Preise auf einem Niveau festlegen könnten, das keine Deckung sämtlicher, mit einem bestimmten Produkt verbundener FuE‑Kosten ermöglicht, würde dies die Rentabilität ihrer Aktivitäten ernsthaft in Frage stellen. Diese Kosten spielen jedoch eine wichtige Rolle bei der Strategie der Preisgestaltung, vor allem auf Märkten, die durch eine rasche Abfolge von Produkten gekennzeichnet sind, bei der ältere Produkte innerhalb relativ kurzer Zeit durch innovativere Produkte ersetzt werden. Dabei hat der Umstand, dass eine FuE‑Aktivität von früheren Ergebnissen profitieren kann bzw. künftige Entwicklungen oder Entdeckungen erleichtern kann, nicht zur Folge, dass diese Investitionen nicht berücksichtigt werden können, sondern, dass die Kosten sorgfältig zwischen verschiedenen Produkten aufzuteilen sind. 443    Im Licht dieser Erwägungen sind die Rügen der Klägerin zu der von ihr behaupteten Ungeeignetheit der LRAIC als Kostenmaßstab zurückzuweisen. Denn auch wenn die Kommission im Bereich der Wettbewerbspolitik über einen Wertungsspielraum verfügt, der Gegenstand einer eingehenden rechtlichen wie tatsächlichen Kontrolle durch das Gericht ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 156), lässt das Vorbringen der Klägerin nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie sich dafür entschied, nicht die AVC oder AAC als Kostenmaßstab zu verwenden. 444    Nach alledem ist der zweite Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Rüge, die von der Kommission errechneten LRAIC entsprächen nicht den „echten“ LRAIC 445    Die Klägerin stützt den dritten Teil auf acht Rügen. 446    Als Erstes wirft sie der Kommission vor, bei der Definition der LRAIC einen Fehler begangen zu haben, da nicht berücksichtigt worden sei, dass aufgrund der Übertragungseffekte von einem Chip auf den anderen die Kosten, die für diese Klassifikation in Betracht kämen, aufgrund ihrer unspezifischen Natur nicht einem bestimmten Chip zugeordnet werden könnten und deshalb gar nicht in die Berechnung der LRAIC einbezogen werden könnten. 447    Als Zweites beanstandet die Klägerin einen Widerspruch zwischen den Begründungen, die die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte für ihre Berechnungen angegeben habe, und den entsprechenden Begründungen im angefochtenen Beschluss. In der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte berufe sich die Kommission darauf, dass die in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten „durch das Buchführungssystem verursachten Verzerrungen“ beseitigt werden müssten, während sie im angefochtenen Beschluss behaupte, es müsse auf die erhobenen Kritikpunkte eingegangen werden. Die Klägerin beanstandet insbesondere, dass die Rekonstruktion der AVC durch die Kommission im angefochtenen Beschluss zu kompliziert sei und die Kommission den Parameter der durchschnittlichen Stückkosten (average unit costs, im Folgenden: AUC) in ihren Berechnungen nicht angepasst habe, was im Widerspruch zu der Methode stehe, die sie in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte befürwortet habe. 448    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die [vertraulich] sei nicht geeignet, um ihre inkrementellen FuE‑Kosten zu ermitteln, da die [vertraulich] nur für die interne Verwaltung und die Buchführung verwendet werde und nicht für die Analyse der Kommission entwickelt oder angepasst worden sei. 449    Als Viertes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe bestimmte, in der [vertraulich] verbuchte Kosten, nämlich die Kosten der Kategorien [vertraulich] und [vertraulich], als „inkrementelle“ Kosten behandelt, obwohl es sich nicht um inkrementelle Kosten handle, da sie nur aus Gründen der [vertraulich] Zuordnung einem bestimmten Chip zugewiesen worden seien und nicht, weil sie speziell mit diesem Chip verbunden seien. 450    Hierzu trägt die Klägerin erstens vor, es sei zu unterscheiden zwischen Kosten, die einem Chip direkt zugeordnet würden, und Kosten, die durch nachträgliche Zuweisung zugeordnet würden, d. h. bei Letzteren erfolge die Zuordnung nicht deshalb, weil davon ausgegangen werde, dass sie mit einem bestimmten Chip verbunden seien, sondern nur aufgrund eines einfachen internen Zuweisungsmechanismus. Der Klägerin zufolge hätten die Mitarbeiter von QCT [vertraulich]. 451    Somit seien Hardwarekosten, die nicht direkt einem Chip zugeordnet würden, d. h. die [vertraulich] in der Kategorie [vertraulich], die [vertraulich]. 452    Ebenso ergäben sich Softwarekosten ab September 2009 aus [vertraulich]. 453    Angesichts der Besonderheiten von FuE im Halbleitersektor sei es selbst bei den in der [vertraulich] direkt bei einem Chip verbuchten Kosten möglich, dass sie nicht wirklich spezifisch für diesen Chip seien. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission jedenfalls keine Verdrängung feststellen können, wenn sie nur die einem Chip direkt zugeordneten FuE‑Kosten als „inkrementelle“ oder „produktspezifische“ Kosten angesehen hätte. 454    Konkret liefere die Kommission keine stichhaltige Begründung in Bezug auf die Einstufung der Kosten der Kategorien [vertraulich] und [vertraulich] als „inkrementell“ und beschränke sich darauf, zum einen die Verwendung des englischen Wortes „incremental“ in einem einzigen, ihr vorliegenden Dokument von Qualcomm, nämlich dem [vertraulich], anzuführen und zum anderen sich auf Erläuterungen zu berufen, die Qualcomm im Verwaltungsverfahren abgegeben habe, was beweise, dass sie keine unabhängige Bewertung vorgenommen habe. 455    Zweitens macht die Klägerin in Bezug auf den [vertraulich], den die Kommission verwendet habe, um unter den Kategorien der von der Klägerin getragenen Kosten die Kategorie der inkrementellen Kosten zu ermitteln, geltend, dass sich dieses Dokument auf einen bestimmten Chip bezogen habe, den [vertraulich], der nicht Gegenstand der Untersuchung sei, nicht im selben Zeitraum wie die untersuchungsgegenständlichen Chips entwickelt worden sei und im Gegensatz zu diesen kein „Slim“-Modem sei. Andererseits enthielten mehrere im Besitz der Kommission befindliche Dokumente, einschließlich derjenigen, die die untersuchungsgegenständlichen Chips beträfen, keinen Hinweis auf inkrementelle Kosten. 456    Zudem sei der [vertraulich] auf April 2011 datiert, d. h. die wichtigsten Entscheidungen über FuE‑Investitionen in Bezug auf die betreffenden Chips seien vor diesem Zeitpunkt getroffen worden. 457    Darüber hinaus verkenne die Kommission im 847. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine im [vertraulich] enthaltene Stelle, an der sich ein Verweis auf die als „inkrementell“ eingestuften FuE‑Kosten befinde, und lege sie falsch aus. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission auch den in jenem Dokument enthaltenen Verweis auf den Begriff „inkrementelle Portfoliomarge“ berücksichtigen müssen, was ein besseres Verständnis des englischen Wortes „incremental“ ermöglicht hätte. Außerdem macht die Klägerin geltend, sie habe niemals erklärt, dass, wie die Kommission im 848. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses behaupte, der Ausdruck [vertraulich] bei Qualcomm allgemeiner verwendet werde als in diesem Dokument. 458    Drittens habe sie mehrfach erklärt, dass mehr als [vertraulich] der [vertraulich] USD, die zu Unrecht bei den Kosten [vertraulich] und [vertraulich] verbucht worden seien und von der Kommission als „inkrementell“ für die Chips MDM8200 und MDM8200A angesehen worden seien, in Wirklichkeit mit der Entwicklung von [vertraulich] zusammenhingen, die in keinerlei Hinsicht spezifisch für einen Chip sei. Insoweit, [vertraulich], weise darauf hin, dass [vertraulich], was belege, dass diese [vertraulich] USD nicht spezifisch für einen bestimmten Chip seien. 459    Zudem seien die Begründungen, mit denen ihre dazu vorgetragenen Argumente im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen worden seien, nicht plausibel. 460    Als Fünftes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie Qualcomms Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft nicht berücksichtigt habe. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Kommission hätte die mit den betreffenden Chips verbundenen FuE‑Kosten ausschließen müssen, da sie im Zusammenhang mit der Erlangung von Patenten entstanden seien, die Qualcomm in ihr Portfolio lizenzierter Patente aufgenommen habe, und somit nicht als spezifisch für die betreffenden Chips angesehen werden könnten. Die Kommission habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass zum einen [vertraulich] und zum anderen die durch diese Lizenzen erzielten inkrementellen Einnahmen nicht den geringsten messbaren Einfluss auf die Einnahmen aus dieser Tätigkeit haben könnten. 461    Dagegen habe die Kommission in Fn. 1238 des angefochtenen Beschlusses selbst festgestellt, dass [vertraulich]. Es gehe nicht darum, ob die Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft mehr oder weniger messbare Auswirkungen auf die Einnahmen aus dem Technologielizenzgeschäft haben könnten. Vielmehr sei zu prüfen, ob die fragliche FuE wirklich „inkrementell“ im Hinblick auf die drei betreffenden Chips sei und zu Patenten führe, die anschließend angemeldet würden, mit der Folge, dass diese FuE nicht spezifisch für diese Chips sei. 462    Ebenso wenig könne man einen direkten Zusammenhang zwischen den betreffenden Chips und den Softwarepatenten herstellen, da die mit den Softwarepatenten verbundenen Kosten nicht direkt mit einem bestimmten Chip verbunden seien. 463    Als Sechstes macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss stütze sich auf einen Auszug aus dem [vertraulich], der keine der dort genannten Kosten bestimmten Kunden zuordne. Dennoch sei die Kommission der Ansicht, dass es sich bei den mit der Entwicklung der betreffenden Chips verbundenen FuE‑Kosten um „inkrementelle“ Kosten für Huawei und ZTE gehandelt habe. Eine Preis-Kosten-Analyse, die sich nur auf Huawei und ZTE beziehe, müsse jedoch alle FuE‑Kosten ausschließen, was letztlich für die Verwendung der AVC oder AAC spreche. 464    Insbesondere lasse sich erstens aus dem Umstand, dass die Verkäufe an andere Kunden als ZTE und Huawei die Entwicklung der fraglichen Chips nicht gerechtfertigt hätten, nicht folgern, dass die Verkäufe an Huawei und ZTE ausgereicht hätten, um die Entwicklung dieser Chips zu rechtfertigen. Zweitens habe die Kommission in den Erwägungsgründen 131, 132 und 354 des angefochtenen Beschlusses selbst eingeräumt, dass der MDM8200-Chip in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen als ZTE und Huawei entwickelt worden sei. Drittens werde die Behauptung, dass die mit dem MDM8200A-Chip verbundene FuE als spezifisch für ZTE und Huawei anzusehen sei, schwerlich durch die Daten zu den Verkäufen des MDM8200A-Chips an ZTE und Huawei gestützt, wie sie im 980. Erwägungsgrund und in der Tabelle 58 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben seien. Viertens stützten die von der Kommission in Fn. 1277 des Beschlusses genannten Dokumente keinesfalls die Auffassung der Kommission. Fünftens sei Qualcomm [vertraulich]. 465    Als Siebtes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe nachträgliche Manipulationen vorgenommen, indem sie die in der [vertraulich] erfassten Kosten anderen Chips zugeordnet habe, u. a. durch Zuweisung der Kosten des MDM8200-Chips an den MDM8200A-Chip, wodurch die LRAIC für den MDM8200A-Chip von [vertraulich] auf [vertraulich] USD gestiegen seien; nach Auffassung der Klägerin lägen die Preise für den MDM8200A-Chip ohne diese Manipulation nicht unterhalb der Kosten. Die Klägerin macht erstens im Wesentlichen geltend, es sei unstreitig, dass Qualcomm die Entscheidung, den MDM8200A-Chip zu entwickeln, unabhängig von und nach ihrer Entscheidung, den Chip MDM8200 zu entwickeln, getroffen habe und die beiden Chips kein gemeinsames Projekt gewesen seien, wie sich aus der Tabelle in Buchst. a des 880. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ergebe. 466    Zweitens weist die Klägerin darauf hin, dass sie zahlreiche Chips nach dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip entwickelt habe, die ebenfalls mit der HSPA+-Technologie und fortschrittlicheren Technologien kompatibel gewesen seien. Darüber hinaus gebe es nichts, was die Beziehung zwischen dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip „einzigartig“ machen würde: Es sei nicht einzigartig oder ungewöhnlich, dass zwei Chips auf technischer Ebene eng miteinander verbunden seien. 467    Drittens sei es zwar zutreffend, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, zwischen 2013 und 2015, [vertraulich], dies sei jedoch nur einem Schreibfehler geschuldet, der damals nicht sonderlich problematisch gewesen sei. Außerdem sei der angefochtene Beschluss widersprüchlich in Bezug auf die Behandlung der MDM8200-Chips und MDM8200A-Chips einerseits und andererseits des MDM6200-Chips, bei dem es sich ebenfalls um einen angeblichen „Spitzenchip“ handle, der eng mit anderen Chips von Qualcomm verbunden sei, insbesondere mit dem zuvor entwickelten QSC6295-Chip. 468    Viertens habe die Kommission keine Anstrengungen unternommen, um die fragliche Technologie und die betreffenden FuE‑Tätigkeiten zu untersuchen oder ihre Manipulationen bestimmten Einträgen oder Kostenkategorien in der [vertraulich] zuzuordnen. 469    Als Achtes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe die „inkrementellen“ Kosten zu Unrecht auf der Grundlage der Einnahmen und nicht auf der Grundlage des Verkaufsvolumens aufgeteilt. 470    Zunächst einmal sei die fragliche Methode in keiner Weise durch die rechts- oder wirtschaftswissenschaftliche Literatur gedeckt. Außerdem führe sie dazu, dass den Verkäufen aufgrund der bloßen Tatsache, dass die Preise in einem bestimmten Zeitraum relativ hoch seien, zusätzliche Kosten zugewiesen würden, was der Feststellung von – tatsächlich nicht vorliegenden – Verdrängungspreisen erheblich Vorschub leiste. Schließlich sei bei einem echten Verdrängungstest zu prüfen, ob das Unternehmen seine Preise anschließend erhöhe (was die Klägerin nicht getan habe), und dies führe nach der genannten Methode dazu, dass weniger FuE‑Kosten den angeblich auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufen zugeordnet würden, da sie stattdessen in den Zeitraum des Verlustausgleichs übertragen würden. Dies ergebe in wirtschaftlicher Hinsicht keinen Sinn und sei nicht mit dem Begriff „Verlustausgleich“ vereinbar. 471    Darüber hinaus habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie die fragliche Methode als eine „Schätzung der Preisentwicklung eines Chips“ definiert habe und dabei außer Acht gelassen habe, dass es sich bei den LRAIC um einen Kostenmaßstab und keinen Preismaßstab handle. 472    Zudem verfolge die fragliche Methode ein „bewegliches Ziel“, dem zufolge sie, wenn sie ihre Preise erhöht hätte, um den Vorwurf der Verdrängung auszuräumen, zugleich höhere Einnahmen erzielt hätte, mit der Folge, dass jedem Quartal höhere FuE‑Kosten zugeordnet worden wären, so dass sie in jedem Fall der Verdrängung bezichtigt worden wäre. Ferner beanstandet die Klägerin die „unvorhersehbaren und paradoxen Ergebnisse“, zu denen die angepasste Methode der Kommission führe. Eine am Volumen orientierte Aufteilung hätte nach Auffassung der Klägerin zu praktisch keinen Preisen unterhalb der Kosten geführt. 473    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 474    Was die erste Rüge betrifft, mit der ein Fehler bei der Definition der LRAIC beanstandet wird, erkannte die Kommission im angefochtenen Beschluss an, dass es in der Chipbranche im Zuge der Optimierung von Produkten zu Übertragungseffekten kommen könne. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Klägerin Kosten entstanden sind, die speziell mit der Entwicklung eines bestimmten Chips zusammenhängen, und dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, den Chip auf den Markt zu bringen, ohne diese Kosten zu tragen. Folglich beging die Kommission trotz der Übertragungseffekte keinen Fehler, als sie sich dafür entschied, die inkrementellen Entwicklungskosten zu berücksichtigen, die konkret mit dem fraglichen Produkt verbunden waren. 475    Außerdem wurden von der Kommission, da sie sich bei der Bemessung der Kosten auf die [vertraulich] stützte, wie dem 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, nur die Kosten berücksichtigt, die die Klägerin unmittelbar oder mittelbar für die Entwicklung der betreffenden Chips verbucht hatte. Soweit konkrete Beweise für Übertragungseffekte vorlagen, wurden sie von der Kommission berücksichtigt, wie in Abschnitt 12.6.3.2 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Übertragungseffekte bei den FuE‑Kosten zwischen den Chips MDM8200 und MDM8200A dargelegt. 476    Was etwaige Übertragungseffekte in allgemeinerer Hinsicht betrifft, stellte die Kommission im 783. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass es mangels Informationen, die ihr die Quantifizierung der Übertragungseffekte hätten ermöglichen können, am vernünftigsten sei, davon auszugehen, dass die einem bestimmten Chip zugutegekommenen Übertragungseffekte durch die Übertragungseffekte, die dieser bestimmte Chip auf andere Chips habe, in etwa ausgeglichen würden. Daher hatten die durch diesen Chip erzeugten Übertragungseffekte nicht zur Folge, dass die mit ihm verbundenen Entwicklungskosten unberücksichtigt blieben. 477    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 478    Was die zweite Rüge betrifft, mit der die Klägerin einen Widerspruch zwischen den Begründungen, die die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte für ihre Berechnungen angegeben habe, und den entsprechenden Begründungen im angefochtenen Beschluss beanstandet, genügt die Feststellung, dass diese Rüge, selbst wenn sie begründet wäre, nicht zur Rechtswidrigkeit der fraglichen Methode führen könnte. Sie ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen. 479    Zur dritten Rüge, mit der die Klägerin geltend macht, die [vertraulich] sei nicht geeignet, um ihre inkrementellen FuE‑Kosten zu ermitteln, ist festzustellen, dass die Klägerin in dieser Datenbank die Kosten – Chip für Chip – für die Zwecke der internen Verwaltung und der Buchführung erfasst. In Anbetracht dessen, dass die Kosten pro Chip zugeordnet werden und Qualcomm die Datenbank für interne Zwecke verwendet, ist die Klägerin eine Erklärung schuldig geblieben, aus welchem Grund die Datenbank für die Rekonstruktion der Kosten durch die Kommission ungeeignet sein soll. Wie zudem im 845. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, hat die Klägerin selbst Informationen aus dieser Datenbank entnommen, um die Auskunftsverlangen zur Quantifizierung der Kosten zu beantworten. 480    Was außerdem das Vorbringen von Qualcomm betrifft, sämtliche in der [vertraulich] enthaltenen Daten seien nicht für die Berechnung der LRAIC für die Zwecke des Wettbewerbsrechts angelegt, genügt der Hinweis, dass dies die Kommission nicht daran hindert, sich auf die Datenbank zu stützen, soweit sie Informationen enthält, die für ihre Untersuchung relevant sind. 481    Selbst wenn man annimmt, dass die Kommission zunächst beschlossen hatte, die [vertraulich] nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu verwenden, und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Erklärung für ihren Meinungswechsel abgab, genügt der Hinweis, dass sich die Klägerin im Licht der oben in Rn. 367 angeführten Rechtsprechung nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente einging. Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen. 482    Was die vierte Rüge betrifft, wonach bestimmte, in der [vertraulich] verbuchte Kosten zu Unrecht als „inkrementelle“ Kosten behandelt worden seien, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss in Abschnitt 12.6.3.1 eine Erläuterung enthält, wie der feste Bestandteil der Qualcomm bei der Produktion jedes Chips entstandenen Kosten bemessen wurde, der in die Berechnung der LRAIC einfloss. Im 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sind nämlich die verschiedenen Kategorien von FuE‑Kosten aufgeführt, die in der genannten Datenbank jedem Chip – entweder unmittelbar in Bezug auf die Entwicklung eines bestimmten Produkts oder nachträglich – zugeordnet sind. 483    Wie außerdem oben in Rn. 411 dargelegt, wird im angefochtenen Beschluss in den Erwägungsgründen 836 und 837 darauf hingewiesen, dass die Kommission bei der Auswahl der Elemente, die als „inkrementelle“ Kosten in die Kostenanalyse einzubeziehen seien, die Verwendung des englischen Worts „incremental“ im [vertraulich] zugrunde gelegt habe und in diesem Zusammenhang Qualcomm in Frage 8.3 des Auskunftsverlangens gemäß Beschluss vom 30. Januar 2017 aufgefordert habe, für die fraglichen Chips die gleichen Informationen zur inkrementellen FuE zu liefern wie für die [vertraulich]. Die in der Antwort übermittelten Informationen finden sich in der Anlage A.15.1 zur Klageschrift. 484    Schließlich wurden die inkrementellen Kosten von der Kommission rekonstruiert, indem sie die Kosten [vertraulich] und die Kosten [vertraulich] zusammenrechnete, d. h. alle Komponenten der Kosten, die in der Datenbank in Anlage A.15.1 zur Klageschrift enthalten waren, mit Ausnahme derjenigen, die als Kosten [vertraulich] verbucht waren, da Qualcomm diese Kosten, obwohl sie in der genannten Datenbank aufgeführt waren, vom Gesamtbetrag der Kosten „Incremental (d. h. nach derselben [Methode] des [vertraulich])“ in dieser Datenbank abgezogen hatte. 485    Insoweit ist festzustellen, dass die Elemente, die in dem von der Klägerin beanstandeten Datenbankauszug enthalten sind, im 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst wurden und von der Kommission auf der Grundlage der von Qualcomm gelieferten Informationen ermittelt wurden. 486    Die Klägerin hat nämlich als Erstes in ihrer Antwort vom Dezember 2013 auf das Auskunftsverlangen vom 10. Juli 2013 und insbesondere in ihrer Antwort auf Frage 19 zu den wichtigsten Etappen bei der Entwicklung der ersten MDM-Chips und den damit verbundenen Kosten, als Zweites in ihrer Antwort auf die Fragen 8 und 9 des Auskunftsverlangens vom 13. Oktober 2014 (Anlage A.4.8.b zur Klageschrift), Rn. 38 ff., und als Drittes in ihrer Antwort auf Frage 8.3 des Auskunftsverlangens gemäß Beschluss vom 30. Januar 2017 (Anlage A.4.10.b zur Klageschrift) stets die gleichen Elemente vorgelegt, unabhängig davon, ob sie nach [vertraulich] eingestuft werden sollten oder nicht. 487    Anders gesagt werden die verschiedenen Kostenkategorien in den Antworten der Klägerin gleichbleibend identifiziert und einem bestimmten Chip zugeordnet, und da sich die in den verschiedenen Antworten befindlichen Tabellen nicht widersprechen (außer in Bezug auf die Kosten [vertraulich]), können diese Kategorien somit als Kosten angesehen werden, die für diesen Chip „inkrementell“ sind. Der einzige Unterschied zwischen der Anwendung und der Nichtanwendung der Methode besteht nämlich aus der Berücksichtigung bzw. fehlenden Berücksichtigung des letztgenannten Kostenelements, das die Kommission jedenfalls von ihren Berechnungen ausgenommen hat. 488    Unter diesen Umständen kann der bloße Umstand, dass das englische Wort „incremental“ im [vertraulich] in Bezug auf bestimmte Kosten verwendet oder nicht verwendet wird, nicht das entscheidende Kriterium für die Frage sein, ob diese Kosten in die Berechnung der LRAIC einbezogen werden können. Vielmehr sind das Wesen der Kosten selbst (d. h., ob sie einer Kategorie von Kosten angehören, die im Allgemeinen als inkrementelle Kosten angesehen werden) sowie die von der Klägerin in ihren Antworten angewandte Klassifikationsmethode zu berücksichtigen. 489    Folglich ist festzustellen, dass die für die Berechnung der LRAIC zu berücksichtigenden Elemente im angefochtenen Beschluss auf der Grundlage der Antworten und Erläuterungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren korrekt rekonstruiert wurden. Zudem ist zu beachten, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf Frage 19 des Auskunftsverlangens vom 10. Juli 2013 (die erste insoweit relevante Antwort vom Dezember 2013) (Anlage A.4.3 zur Klageschrift) in keiner Weise auf die Kostenzuordnung Bezug genommen hatte oder darauf, dass in der Praxis einige der Kosten keinen bestimmten Chips zuzuordnen seien. 490    Außerdem wies die Klägerin im Zusammenhang mit den Kosten der Softwareentwicklung in den Rn. 90 und 92 der Antwort auf Frage 19 des Auskunftsverlangens vom 10. Juli 2013 (Anlage A.4.3 zur Klageschrift) im Wesentlichen darauf hin, dass die Lebensdauer einer Software eng mit der Lebensdauer eines bestimmten Chips verbunden sei und die damit zusammenhängenden Kosten an die wirtschaftliche Lebensdauer dieses Chips gebunden seien, womit sie die Feststellung im 860. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigte, wonach dieser Teil der [vertraulich] eine solide Grundlage für die Ermittlung der einem bestimmten Chip zuzuordnenden FuE‑Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Software darstelle. Dies schließt im Übrigen nicht aus, dass ein Teil einer Software später für nachfolgende Chips verwendet werden kann. 491    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren und in der Klageschrift ihren Vorbehalt in Bezug auf die Kostenzuordnung relativ ungenau formuliert hat. 492    Diese Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Kostenkategorien, die nicht inkrementell seien, untergräbt die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin, zumal so gut wie keine FuE‑Kosten einem bestimmten Chip zugeordnet werden könnten, wenn man ihrer Argumentation folgte. 493    Was den Beweiswert der von der Kommission herangezogenen Beweise betrifft, hängen die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteile vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 1053 und 1838, sowie vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 70). 494    Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission bei der Rekonstruktion der Preise auf die von der Klägerin selbst vorgelegten Tabellen und Antworten, einschließlich der Zahlen aus der [vertraulich], und darüber hinaus wandte sie nur Klassifikationskriterien an, die die Klägerin bereits selbst verwendet hatte. Da diese Daten von der Klägerin selbst stammen, ist davon auszugehen, dass sie hinreichend glaubhaft sind, um die Rekonstruktion der Preise durch die Kommission zu stützen. 495    Unter diesen Umständen genügt es nicht, dass das betroffene Unternehmen auf einen Umstand hinweist, der den Beweiswert dieser Beweismittel erschüttern könnte. Vielmehr muss das betroffene Unternehmen rechtlich hinreichend nachweisen, dass zum einen der von ihm angeführte Umstand vorliegt und zum anderen dieser Umstand den Beweiswert der Beweismittel, auf die sich die Kommission stützt, in Frage stellt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 65 bis 67). 496    In der vorliegenden Rechtssache wiederholt die Klägerin jedoch lediglich die Argumente, die sie im Verwaltungsverfahren geltend machte, indem sie ihre Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014 zugrunde legt und darauf beharrt, dass die bereitgestellten Daten nicht für eine Antitrust-Analyse verwendet werden könnten, ohne zur Stützung ihres Vorbringens ein weiteres Dokument als Nachweis dafür vorzulegen, dass eine andere Klassifikationsmethode geeigneter gewesen sei als die von der Kommission gewählte Methode. Mangels eines solchen Nachweises ist festzustellen, dass sowohl bei einer direkten als auch bei einer indirekten Verbuchung die Kosten, die die Klägerin selbst in ihrer Antwort auf die Frage der Kommission ermittelte, grundsätzlich in Bezug auf jeden der fraglichen Chips als inkrementell anzusehen sind. 497    Zudem ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass sich die Wahl einer bestimmten Buchungsmethode (direkt oder indirekt, d. h. durch Zuordnung) seitens des beherrschenden Unternehmens auf die Analyse seiner Kosten auswirken könnte. Selbst wenn nämlich ein bestimmtes Kostenelement tatsächlich auf einer Zuordnung beruhen sollte, könnte dies für sich genommen nicht seiner Einbeziehung in die LRAIC‑Berechnung entgegenstehen. Andernfalls könnte sich ein beherrschendes Unternehmen jederzeit einer Preis-Kosten-Analyse entziehen, indem es sich darauf beriefe, dass Zuordnungen zu spezifischen Kosten nicht möglich seien. Zudem bilden die Zuordnungen in der vorliegenden Rechtssache ab, wie die Klägerin selbst die Kosten beurteilt, die mit einem bestimmten Chip in Zusammenhang zu bringen sind. 498    Was die FuE‑Kosten in Höhe von [vertraulich] USD betrifft, die für den MDM8200-Chip verbucht worden seien, sich in Wirklichkeit jedoch auf [vertraulich] bezögen, trug die Klägerin diesen Gesichtspunkt erstmals in der Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vor. Bis dahin hatte die Kommission keinen Grund, die Richtigkeit der empfangenen Daten in Frage zu stellen, zumal Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 die betroffenen Unternehmen verpflichtet, vollständige, sachlich richtige und nicht irreführende Auskünfte zu erteilen. 499    Denn dass diese Kosten in Bezug auf den MDM8200-Chip verbucht worden waren, geht eindeutig aus der [vertraulich] und den Antworten der Klägerin hervor, die grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen sind, da sie den Interessen der Erklärenden zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 54 und 75). Vor diesem Hintergrund gibt es nur einen von der Klägerin vorgelegten Beweis, und zwar das Dokument „[vertraulich]“ vom 9. Juli 2009 (Anlage A.18.1 zur Klageschrift), dessen Fn. 20 den Ausschluss des Betrags von [vertraulich] USD betrifft, da er [vertraulich] entspreche. Wie die Kommission im 851. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststellte, enthält dieses Dokument eine Tabelle, in der die FuE‑Kosten des MDM8200-Chips mit den FuE‑Kosten des MDM8200A-Chips verglichen werden, der in Bezug auf die Kosten als nicht wettbewerbsfähig („not cost competitive“) angesehen wird. Die Tabelle weist jedoch offenbar nur nach, dass der genannte Betrag für den [vertraulich] beim Vergleich der Kosten der zwei Chips in der Präsentation nicht berücksichtigt wird, sie beweist aber nicht, dass diese spezifischen Kosten bei der Berechnung der Kosten in Bezug auf den MDM8200-Chip nicht berücksichtigt wurden oder nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Davon abgesehen werden die Argumente der Klägerin durch kein Dokument untermauert und können für sich genommen die zuvor von der Klägerin selbst vorgelegten Beweise nicht in Frage stellen. Unter diesen Umständen sind sie zurückzuweisen. Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 500    Zur fünften Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie Qualcomms Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft nicht berücksichtigt habe, ist festzustellen, dass, selbst wenn man annimmt, dass die Klägerin ihr Lizenzvergabesystem geändert hatte, dies nicht bedeutet, dass sie im maßgeblichen Zeitraum keine Lizenz in Bezug auf ihr gesamtes Patentportfolio gewährte. Jedenfalls stellt die Klägerin nicht in Frage, dass [vertraulich], wie Fn. 1238 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist. 501    Zudem ist festzustellen, dass die Klägerin einerseits behauptet, ungefähr [vertraulich] Patente und Patentanmeldungen ermittelt zu haben, von denen „viele“ „ganz oder teilweise“ durch Arbeiten entstanden sein „könnten“, die nach Ansicht der Kommission spezifisch für die fraglichen Chips seien. Andererseits werden von der Klägerin weder diese Patente und Patentanmeldungen identifiziert noch die damit erzielten Einnahmen quantifiziert. Vielmehr beschränkt sie sich auf die Behauptung, dass es vor allem bei den softwarebezogenen Patenten nicht möglich sei, diejenigen zu identifizieren, die mit den fraglichen Chips in Zusammenhang stünden. Unter diesen Umständen reicht das Vorbringen der Klägerin nicht aus, um die Feststellungen der Kommission in Frage zu stellen. Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 502    Was die sechste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen Fehler bei der Berücksichtigung der mit der Entwicklung der Qualcomm-Chips verbundenen FuE‑Kosten beanstandet werden, ist festzustellen, dass, wie aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere seinem 862. Erwägungsgrund und allgemein Abschnitt 12.6.3 des Beschlusses, eindeutig hervorgeht, die Verkäufe an Huawei und ZTE für den Ausgleich der FuE‑Kosten von grundlegender Bedeutung waren. 503    Zudem war es, wie im 888. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, angemessen, die mit FuE verbundenen inkrementellen Kosten bei der Bemessung der Kosten im Rahmen der Beurteilung, ob die Verkäufe an Huawei und ZTE zu nicht kostendeckenden Preisen erfolgt waren, zu berücksichtigen, da die Verkaufsprognosen in Bezug auf Huawei und ZTE einen bedeutenden Anteil der erwarteten Nachfrage ausmachten, die die Entwicklung der Chips in erster Linie rechtfertigte. Darüber hinaus beliefen sich, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, die Prognosen für die Verkäufe der Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A an andere Kunden auf eine Größenordnung, die, auch wenn diese Verkäufe ebenfalls zum Ausgleich der inkrementellen Entwicklungskosten beitrugen, die Entwicklung dieser Produkte nicht gerechtfertigt hätte. Dieses Ergebnis wird auch durch die Dokumente bestätigt, die in Fn. 1277 des angefochtenen Beschlusses genannt sind. 504    Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 505    Was die siebte Rüge betrifft, wonach die Kommission nachträgliche Manipulationen vorgenommen habe, indem sie die in der [vertraulich] erfassten Kosten anderen Chips zugeordnet habe, hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass bis Dezember 2013 bei den mit der Software für die Chips MDM8200 und MDM8200A verbundenen Kosten, so wie in der genannten [vertraulich] verbucht, nicht danach unterschieden worden sei, ob sie mit dem einen oder dem anderen dieser beiden Chips zusammenhingen (Fn. 78 der Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014). 506    Außerdem sind, obwohl die Entwicklung des MDM8200A-Chips im April 2009 begann, in der Tabelle aus der [vertraulich], die in Anlage A.15.1 zur Klageschrift enthalten ist, diesem Chip vor dem letzten Quartal des Jahres 2009 keine Kosten zugewiesen, und auch ab diesem Zeitpunkt bleiben die Kosten für diesen Chip auf niedrigem Niveau verglichen mit den Kosten der Chips MDM8200 und MDM6200. Angesichts der technischen Ähnlichkeit der beiden Chips und ihrer gemeinsamen Vermarktung bestätigt dieser Umstand die Argumente der Kommission im 880. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die das Bestehen einer einzigartigen Beziehung zwischen dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip belegen, die nicht mit der Beziehung vergleichbar ist, die zwischen dem MDM8200-Chip und einem beliebigen anderen, die HSPA+-Technologie unterstützenden Chip hätte existieren können. 507    Darüber hinaus weist die Streithelferin zu Recht darauf hin, dass der angefochtene Beschluss eine „Lebensdauer-Rentabilitätsanalyse“ enthält, die die Rentabilität aller Verkäufe des MDM8200-Chips und des MDM8200A-Chips während ihrer gesamten Lebensdauer und in Bezug auf alle Kunden untersucht und der zu entnehmen ist, dass die während der Lebensdauer dieser beiden Chips erzielten Einnahmen nicht ausgereicht haben, um ihre FuE‑Herstellungs- und -Entwicklungskosten zu decken. Folglich hätte die Preisgestaltung von Qualcomm für diese beiden Chips es einem ebenso leistungsfähigen Lieferanten niemals ermöglicht, seine Kosten für einen konkurrierenden Chip zu decken. 508    Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 509    Zur achten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe die „inkrementellen“ Kosten zu Unrecht auf der Grundlage der Einnahmen und nicht auf der Grundlage des Verkaufsvolumens aufgeteilt, ist erstens festzustellen, dass die Kommission zwar nur eine Quelle anführt, die für die gewählte Methode spricht, nämlich die Verrechnungspreisleitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen von 2017 in Fn. 1293 des angefochtenen Beschlusses, doch führt die Klägerin überhaupt keine Studien oder Leitlinien zur Stützung der von ihr vorgeschlagenen alternativen Methode an. Soweit die Klägerin außerdem mit dem Argument, die Methode der Kommission leiste der Feststellung von – tatsächlich nicht vorliegenden – Verdrängungspreisen erheblich Vorschub, geltend macht, dass die Methode zu einer künstlichen Feststellung von Verdrängungspreisen führe, trägt sie nichts vor, was diese Behauptung stützen könnte. 510    Zweitens genügt die Feststellung, dass, wie die Kommission zu Recht hervorhebt, das Vorbringen der Klägerin, die Methode der Kommission führe dazu, dass weniger FuE‑Kosten den angeblich auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufen zugeordnet würden, da sie stattdessen in den Zeitraum des Verlustausgleichs übertragen würden, die genannte Methode nicht ungeeignet erscheinen lässt. Die Methode der Kommission hat nämlich zur Folge, dass die Zuordnung dieser Kosten aufgrund des Umstands erfolgt, dass die Preise in einem bestimmten Zeitraum, insbesondere in der ersten Zeit der Vermarktung der Chips, relativ hoch sind und daher die Einnahmen ebenfalls hoch sind. Hingegen führt die von der Klägerin vorgeschlagene Methode zu einer anteiligen einheitlichen Zuordnung der Kosten, so dass jede Einheit (unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Lebensdauer eines Chips sie verkauft wird) den gleichen Kostenbetrag ausgleichen muss. Wie die Kommission im 917. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellt, war dieser Ansatz in Anbetracht der Entwicklung der Chippreise für den vorliegenden Fall nicht geeignet, da er dazu geführt hätte, dass ein erheblicher Teil der Entwicklungskosten auf das Ende des Produktlebenszyklus und somit auf einen Zeitpunkt, zu dem die Preise und Margen tendenziell niedrig sind, übertragen worden wäre, was zu einer großen Zahl falsch positiver Ergebnisse beim Preis-Kosten-Kriterium geführt hätte. 511    Was drittens den von der Kommission verwendeten Ausdruck „proxy for the price evolution of a chipset“ zur Definition der von ihr gewählten Methode betrifft, kann dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe damit außer Acht gelassen, dass es sich bei den LRAIC um einen Kostenmaßstab und keinen Preismaßstab handle, nicht gefolgt werden, da sich der Ausdruck nur darauf bezieht, dass mit dieser Methode das Preisprofil im Zeitverlauf berücksichtigt werden soll, so dass Zeiträume, für die angenommen wird, dass mit den Chips höhere Einnahmen erzielt werden, auch einen größeren Anteil der Kosten zugewiesen bekommen. 512    Viertens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Methode der Kommission verfolge ein „bewegliches Ziel“, festzustellen, dass, wie im 935. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, diese Problematik auch bei der von der Klägerin vorgeschlagenen Methode auftritt, da jedes Mal, wenn die Preise in einigen oder allen Quartalen des Lebenszyklus eines Produkts steigen, das Verkaufsvolumen dieses Produkts sinkt, so dass jede verkaufte Einheit einen größeren Anteil der festen Entwicklungskosten des Produkts tragen muss. Dementsprechend kann es sein, dass höhere Preise nicht hoch genug sind, um die Referenzkosten zu übersteigen, die sich im Wege einer mengenbasierten Zuordnung der Entwicklungskosten ergeben. 513    Fünftens ist das Vorbringen der Klägerin, eine am Volumen orientierte Aufteilung hätte zu praktisch keinen Preisen unterhalb der Kosten geführt, nicht stichhaltig. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist Tabelle 13 in Anlage A.2.4.5 zur Klageschrift nämlich zu entnehmen, dass dies zwar für MDM8200A-Chips zutrifft, nicht jedoch für MDM8200-Chips oder MDM6200-Chips. Denn die auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufe der MDM6200-Chips von Qualcomm an ZTE erfolgten zu einem so niedrigen – unterhalb der AVC liegenden – Preis, dass eine einfache Aufteilung der Kosten anhand des Volumens und nicht der Einnahmen nichts daran ändern würde, dass Qualcomm Preise unterhalb der Kosten anwandte (891. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Gleiches gilt für die MDM8200-Chips. Die Aufteilung der Kosten anhand der Menge und nicht der Einnahmen führt für Qualcomm nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen. Mithin ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 514    Nach alledem ist der dritte Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Rn. 424 und 444), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum neunten Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, die von der Klägerin praktizierten Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt 515    Der vorliegende Klagegrund besteht aus vier Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe den sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber nicht analysiert. Im zweiten Teil wird beanstandet, es bestehe ein Widerspruch zwischen der Feststellung einer Abschottung im angefochtenen Beschluss und den tatsächlichen Ergebnissen von Icera im maßgeblichen Zeitraum. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, es sei kein Beweis für die angebliche finanzielle Verdrängung erbracht worden, da Icera im maßgeblichen Zeitraum zusätzliche Mittel beschafft habe, von Nvidia übernommen worden und weiterhin auf dem Markt tätig gewesen sei. Mit dem vierten Teil wird vorgetragen, es sei der Klägerin nicht möglich gewesen, den von Iceras Technologie ausgehenden Wettbewerb auszuschalten. 516    Da der zweite, der dritte und der vierte Teil im Wesentlichen das Argument fehlender Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens betreffen, werden sie gemeinsam geprüft. Zum ersten Teil: keine Analyse des sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durch die Kommission 517    Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission den sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber weder auf dem relevanten Markt noch im Spitzensegment dieses Marktes analysiert und insofern die einschlägige Rechtsnorm nicht beachtet, wie sich aus dem Vorbringen im Rahmen des dritten Klagegrundes ergebe. Dabei habe die Kommission außerdem nicht geprüft, ob der Umfang der Markterfassung durch das beanstandete Verhalten groß genug gewesen sei, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können, wie es der Gerichtshof im Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), verlangt habe. 518    Zudem sei Icera jedenfalls keine „ebenso leistungsfähige“ Wettbewerberin gewesen, denn da sie außerhalb des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips nicht wettbewerbsfähig gewesen sei, wäre es ihr nicht möglich gewesen, einen erheblichen Teil der Nachfrage auf dem betreffenden Markt zu befriedigen. Ein „ebenso leistungsfähiger“ Wettbewerber müsse zumindest in der Lage sein, das gesamte Angebot des beherrschenden Unternehmens zu reproduzieren. 519    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 520    Nach der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen sind Preise, die unter den AVC liegen, als missbräuchlich anzusehen, da ein beherrschendes Unternehmen nur dann ein Interesse hat, derartige Preise zu praktizieren, wenn es seine Konkurrenten ausschalten will. Auch Preise, die unter den ATC, jedoch über den AVC liegen, sind als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans festgesetzt wurden, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat, da diese Preise Unternehmen vom Markt verdrängen können, die vielleicht ebenso leistungsfähig sind wie das beherrschende Unternehmen, wegen ihrer geringeren Finanzkraft jedoch nicht dem auf sie ausgeübten Konkurrenzdruck standhalten können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72). 521    Daraus ergibt sich zum einen, dass eine Missbrauchsvermutung besteht, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise anwendet, die unter den AVC liegen, und die Kommission ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, eine andere Analyse als den Vergleich der Preise des beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens durchzuführen. Zum anderen ist die Kommission, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise anwendet, die unter den ATC, aber über den AVC liegen, verpflichtet, im Rahmen des Nachweises eines Missbrauchs die Preise des beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens zu vergleichen und zu beweisen, dass ein Plan existiert, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat, da derartige Preise als solche im Wesentlichen geeignet sind, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt zu verdrängen. Folglich ist die Kommission keineswegs verpflichtet, zusätzlich zu diesem Nachweis weitere Analysen vorzunehmen, insbesondere um wettbewerbswidrige Auswirkungen der beanstandeten Praxis zu beweisen. 522    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Kommission somit im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können. Im vorliegenden Fall kann der Kommission daher nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie diese Prüfung nicht vornahm. 523    Insoweit ergibt sich außerdem aus den Rn. 72 und 73 der Mitteilung der Kommission in Bezug auf Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen (ABl. 2009, C 45, S. 7, im Folgenden: Mitteilung über die Prioritäten), dass es für das marktbeherrschende Unternehmen möglicherweise leichter ist, Kampfpreise anzuwenden, wenn es mit den niedrigen Preisen selektiv auf bestimmte Abnehmer zugeht, da dies seine eigenen Verluste in Grenzen hält, und eine Kampfpreisstrategie des marktbeherrschenden Unternehmens hingegen weniger wahrscheinlich ist, wenn ein niedriger Preis allgemein über lange Zeit angewandt wird. Daraus folgt, dass bei Verdrängungspreisen der Umfang der Markterfassung durch das beanstandete Verhalten im Allgemeinen gering ist und dass, wenn nur Verdrängungspraktiken sanktioniert werden könnten, die einen hinreichend großen Teil des Marktes betreffen, sich jede selektive Verdrängungspraxis dem Verbot des Art. 102 AEUV entziehen könnte, obwohl sie zur Ausschaltung eines ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers führen könnte. Nach der Rechtsprechung muss die Anwendung auf Verdrängung ausgerichteter Preise jedoch geahndet werden können, sobald die Gefahr einer Ausschaltung der Konkurrenten besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission, C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 44). 524    Darüber hinaus geht ebenfalls aus der Rechtsprechung hervor, dass die Anwendung des Kriteriums des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers in der Prüfung besteht, ob die Preispolitik eines Unternehmens in beherrschender Stellung einen Wettbewerber, der genauso leistungsfähig ist wie dieses Unternehmen, vom Markt zu verdrängen droht, und dass dieses Kriterium auf einem Vergleich der von einem Unternehmen in beherrschender Stellung angewandten Preise mit bestimmten Kosten, die diesem Unternehmen entstanden sind, und einer Analyse der Strategie dieses Unternehmens beruht (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 28, und vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 53 und 54). 525    Im Rahmen einer Untersuchung zu potenziellen Verdrängungspreisen ist daher die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten, mit der die Kommission die Preise eines Unternehmens in beherrschender Stellung mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC angewandt hat. 526    Soweit nämlich das Unternehmen in beherrschender Stellung seine Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC festsetzt, ist es einem „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber aufgrund seiner geringeren Finanzkraft grundsätzlich nicht möglich, mit diesen Preisen zu konkurrieren, ohne langfristig untragbare Verluste zu erleiden. Solche Preise sind daher geeignet, einen „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber auszuschließen, was dem Nachweis entspricht, den die Kommission im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers erbringen muss, um das Verdrängungspotenzial einer wettbewerbswidrigen Praxis zu beweisen. 527    Wenn die Kommission also, wie im vorliegenden Fall, ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung Preise angewandt hat, die unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC lagen, hat sie damit implizit das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers angewandt, was ausreicht, um den ersten Teil des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. Zu den anderen Teilen, mit denen im Wesentlichen fehlende Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens geltend gemacht werden 528    Im Rahmen des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, Icera habe in Wirklichkeit im maßgeblichen Zeitraum floriert, wodurch die Behauptung der Kommission widerlegt werde, der zufolge das beanstandete Verhalten Icera in einem entscheidenden Stadium ihrer Entwicklung daran gehindert habe, Zugang zu Huawei oder ZTE zu erhalten, von denen ihre Entwicklungschancen im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips abgehangen hätten. 529    Zur Stützung des dritten Teils macht die Klägerin geltend, Icera habe im maßgeblichen Zeitraum zusätzliche Mittel erhalten, u. a. aufgrund der Übernahme durch Nvidia, was die Behauptung der Kommission entkräfte, Icera sei aufgrund des beanstandeten Verhaltens gezwungen gewesen, Verlustverkäufe durchzuführen und ihr Risikokapital aufzubrauchen. 530    Zur Stützung des vierten Teils trägt die Klägerin vor, das beanstandete Verhalten habe nicht dazu führen können, den von Iceras Technologie ausgehenden Wettbewerb auszuschalten. Dass sich Icera vom Markt zurückgezogen habe, habe nur begrenzte bis keine Auswirkungen auf die von ihr für ihre „Spitzen“-UMTS-Chips oder jegliche anderen UMTS-Chips berechneten Preise gehabt, insbesondere weil die Technologie und das Know-how von Icera übertragbar gewesen seien, so dass Iceras Verschwinden vom Markt den Wettbewerb nicht beeinträchtigt habe. 531    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 532    Es ist festzustellen, dass die Kommission, wie sie in ihren Schriftsätzen ausführt, nur der Vollständigkeit halber in Abschnitt 12.7.4 des angefochtenen Beschlusses nachwies, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrige Auswirkungen gehabt habe, was die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Teile bestreitet. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch die Rüge einer angeblich über die Sache hinausgehenden Begründung der Entscheidung ohne Weiteres als unbeachtlich zurückzuweisen, da sie nicht zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen kann (Urteile vom 8. Mai 2003, T. Port/Kommission, C‑122/01 P, EU:C:2003:259, Rn. 17, und vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, EU:T:2004:220, Rn. 146), so dass diese Teile jedenfalls ins Leere gehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 283). 533    Daher sind die Teile zwei bis vier des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 527), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zehnten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe 534    Der zehnte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die „Schadenstheorie“, die die Kommission anhand der im angefochtenen Beschluss genannten Dokumente entwickelt habe, sei widersprüchlich. Mit dem zweiten Teil wird beanstandet, einige interne Dokumente, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss gestützt habe, um die Absicht, einen Wettbewerber auszuschalten, nachzuweisen, seien falsch interpretiert und fehlerhaft dargestellt. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, dass der Mitarbeiter der Klägerin, der mehrere interne Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission zum Nachweis des Vorliegens einer Verdrängungsstrategie berufen habe, eine untergeordnete Position einnehme und nicht befugt sei, über Preise zu entscheiden. 535    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 536    Im 1118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass sie sich zum Nachweis der Absicht der Klägerin, einen Wettbewerber auszuschalten, nicht nur auf die Dokumente gestützt habe, die ausdrücklich in dem speziell diese Absicht betreffenden Abschnitt 12.8 des Beschlusses genannt seien, sondern auch auf andere in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses genannte Beweise und auf die Zusammenhänge, die sie zwischen diesen Beweisen und ihrer Preis-Kosten-Analyse in dem Beschluss in Bezug auf den MDM8200-Chip (Erwägungsgründe 954 bis 956 des angefochtenen Beschlusses), den MDM6200-Chip (Erwägungsgründe 968 bis 971 des angefochtenen Beschlusses) und den MDM8200A-Chip (Erwägungsgründe 977 bis 978 des angefochtenen Beschlusses) habe herstellen können. Sie erklärte insoweit im 1118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ohne dass ihr die Klägerin in diesem Punkt widersprochen hat, alle diese Beweise und Erwägungsgründe seien Bestandteil ihrer auf den Nachweis der Verdrängungsabsicht der Klägerin gerichteten Analyse. 537    Sodann wies die Kommission anhand von direkten Beweisen, d. h. internen Dokumenten der Klägerin (Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses), und indirekten Beweisen, d. h. Begleitumständen (Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses), nach, dass die Klägerin mit der Anwendung von Verdrängungspreisen in Bezug auf Huawei und ZTE für die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A beabsichtigt hatte, einen Wettbewerber auszuschalten. 538    Was insbesondere die direkten Beweise betrifft, ist dem 1120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Kommission aus den in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses zusammengefassten Beweisen neun interne E‑Mail-Korrespondenzen auswählte, die ihrer Meinung nach besonders gut veranschaulichten, dass das obere Management der Klägerin einen Plan zur Ausschaltung von Icera verfolgt habe, und die sie in den Erwägungsgründen 1121 bis 1137 des angefochtenen Beschlusses darlegte. 539    Es handelt sich konkret um folgende E‑Mail-Korrespondenzen: –        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008, in dem es u. a. heißt: „Wir sollten Icera bei Huawei strategisch keine Chance geben“, „[f]alls Icera ZTE bekommt, können wir ZTE zurückdrängen, indem wir auf dem Markt mit Huawei arbeiten“, und „[b]itte erwägen Sie einen zusätzlichen [Preisnachlass] in Höhe von 2 % bis 3 %, um sicherzugehen, dass wir bei Huawei einen Anteil von 100 % haben“ (1121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 mit den folgenden Inhalten: Präventivmaßnahmen, die verhindern sollten, dass Icera ein ausreichendes Volumen erreicht; ein Preiskrieg; die von Icera ausgehende Bedrohung und dass Icera bei einem der wichtigsten Hersteller von Originalgeräten kein Durchbruch gelingen dürfe; sowie „Icera bei ZTE plattzumachen“ (1122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 in Bezug auf eine Preissenkung für den MDM6200-Chip für ZTE sowie den Umstand, dass die Klägerin nicht zulassen dürfe, dass Icera der Abschluss vieler Verträge gelinge und sie damit ihre Position ausbaue (1124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009, in dem es darum geht, dem Preis keine Bedeutung zukommen zu lassen, damit der MDM8200-Chip „die Lücke schließt“ (1125. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Januar 2010, in dem der Icera-Chip 8042 als größte Bedrohung für die Klägerin dargestellt wird und u. a. eine Zusammenarbeit mit Huawei vorgeschlagen wird, um Icera mit dem MDM6200-Chip zu besiegen, das begrenzte Risikokapital von Icera zu verbrauchen und den ICE8042-Chip bei ZTE „plattzumachen“ (1127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Januar 2010, in dem es heißt: „Wir müssen unsere Positionierung bei wichtigen Kunden schützen“, „ZTE und Huawei haben oberste Priorität, und das chinesische Team arbeitet an Problemen, die bei diesen Kunden auftreten“ und „kurzfristig muss eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A erfolgen, um den Anstieg des Volumens bei Icera 2010 einzudämmen“; ferner ist diesem E‑Mail-Austausch eine Präsentation beigefügt, in der vorgeschlagen wird, Icera etwa sechs Monate auszupressen, um ihr sehr begrenztes Risikokapital [Venture Capital] aufzubrauchen (1128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 mit der Aussage: „Die Strategie, mit den beiden Chips MDM6200 und MDM8200A Druck auf den ICE8042-Chip auszuüben, hat sich bewährt“ (1132. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 zur Strategie für den MDM8200A-Chip bei Huawei und ZTE, in dem eine Schätzung des Verkaufsvolumens von Icera in Bezug auf ZTE für den Fall vorgenommen wird, dass die Klägerin nichts unternimmt und ZTE, abgesehen von normalen Preisanpassungen, keine besondere Unterstützung zukommen lässt (1134. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); –        ein E‑Mail-Austausch vom Mai 2011, in dem ein leitender Angestellter der Klägerin angesichts der finanziellen Schwierigkeiten von Icera sein Zögern in Bezug auf zusätzliche Preisnachlässe für den MDM8200A-Chip zum Ausdruck bringt (1136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 540    Was die indirekten Beweise betrifft, stützte sich die Kommission auf die folgenden fünf Begleitumstände: das äußerst zielgerichtete Vorgehen im Rahmen des beanstandeten Verhaltens, das erhebliche Ausmaß der Verlustverkäufe der Klägerin in dem strategisch ausgesprochen wichtigen Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips, die ununterbrochene Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens im maßgeblichen Zeitraum, die zwei NWK-Zahlungen zur Verschleierung eines Preisnachlasses für die Chips MDM8200 und MDM6200 sowie die finanziellen Opfer der Klägerin in Bezug auf Preise und Beschaffung. Die Kommission stellte insoweit im 1138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass diese indirekten Beweise für sich genommen ausreichten, um nachzuweisen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera vom relevanten Markt zu verdrängen. 541    Sofern bestimmte Gründe einer Entscheidung für sich genommen diese rechtlich hinreichend rechtfertigen können, wirken sich etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts nach gefestigter Rechtsprechung keinesfalls auf dessen verfügenden Teil aus (Urteile vom 21. September 2005, EDP/Kommission, T‑87/05, EU:T:2005:333, Rn. 144, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 283). 542    In der vorliegenden Rechtssache ist daher zu prüfen, ob der zehnte Klagegrund nicht ins Leere geht, soweit die Klägerin beanstandet, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe. 543    Zunächst ist zu den direkten Beweisen festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes ausdrücklich nur die von der Kommission vorgenommene Auslegung von vier der neun E‑Mail-Korrespondenzen beanstandet, zu denen im angefochtenen Beschluss festgestellt wurde, dass sie die Absicht, Icera zu verdrängen, besonders gut veranschaulichten, d. h. der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 (der zweite direkte Beweis), die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (der fünfte und sechste direkte Beweis) und der E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (der siebte direkte Beweis). 544    Was den Mitarbeiter betrifft, der im dritten Teil des vorliegenden Klagegrundes erwähnt wird und der eine untergeordnete Position eingenommen haben soll, ist dieser nur an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Februar 2009 (d. h. am zweiten direkten Beweis), am zweiten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. am vierten direkten Beweis) und an den zwei E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (d. h. am fünften und sechsten direkten Beweis), nicht jedoch an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. am ersten direkten Beweis), am ersten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. am dritten direkten Beweis), am E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (d. h. am siebten direkten Beweis), am E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 (d. h. am achten direkten Beweis) und am E‑Mail-Austausch vom Mai 2011 (d. h. am neunten direkten Beweis) beteiligt. 545    Folglich erhebt die Klägerin in der Klageschrift zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes keinen Vorwurf in Bezug auf die im angefochtenen Beschluss durch die Kommission vorgenommene Auslegung der E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. des ersten direkten Beweises), des ersten E‑Mail-Austausches vom Dezember 2009 (d. h. des dritten direkten Beweises), des E‑Mail-Austausches vom Dezember 2010 (d. h. des achten direkten Beweises) und des E‑Mail-Austausches vom Mai 2011 (d. h. des neunten direkten Beweises). 546    Die vorgenannten E‑Mail-Korrespondenzen bestätigen jedoch für sich genommen, dass die Klägerin eine Strategie zur Ausschaltung von Icera verfolgte. 547    Wie nämlich oben in Rn. 539 dargelegt, bezieht sich der E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008 (d. h. der erste direkte Beweis) darauf, dass Icera bei Huawei keine „Chance“ gegeben werden solle; dass für den Fall, dass Icera ZTE erhalte, ZTE durch eine Zusammenarbeit mit Huawei zurückgedrängt werden solle; und dass Huawei ein zusätzlicher Preisnachlass in Höhe von 2 % oder 3 % gewährt werden solle, um einen 100 %igen Anteil in Bezug auf diese Kundin sicherzustellen. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen in Bezug auf Icera zu ergreifen, und zwar durch eine Zusammenarbeit der Klägerin mit Huawei und die Gewährung eines zusätzlichen Preisnachlasses zugunsten von Huawei, damit Icera keine „Chance“ bei dieser Kundin habe. 548    Ferner war die Kommission berechtigt, sich auf den E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008 zu stützen, auch wenn er einige Monate vor dem Beginn des maßgeblichen Zeitraums stattfand. Nach der Rechtsprechung kann die Kommission nämlich Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Zuwiderhandlungszeitraums festgestellt worden sind, wenn diese Umstände Teil des Bündels von Indizien sind, auf das sich die Kommission zum Beweis dieser Zuwiderhandlung beruft (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:48, Rn. 193, und vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 178). Im Übrigen ist es durchaus denkbar, dass die konkrete Umsetzung einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers gewisse Zeit erfordern kann und daher einige Monate nach Ausarbeitung der Strategie stattfindet. 549    Der erste E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. der dritte direkte Beweis) bezieht sich auf einen Preisnachlass für den MDM6200-Chip zugunsten von ZTE und darauf, dass die Klägerin nicht zulassen dürfe, dass Icera der Abschluss vieler Verträge gelinge und sie damit ihre Position ausbaue. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen in Bezug auf Icera zu ergreifen, und zwar durch einen Preisnachlass für ZTE, um zu verhindern, dass Icera ihre Position ausbaue und insbesondere mit dieser Kundin Verträge abschließe. 550    Im E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 (d. h. das achte direkte Beweismittel) wird auf eine besondere Unterstützung von ZTE hingewiesen, bei der es sich nicht um normale Preisanpassungen handle. Zudem wird in diesem E‑Mail-Austausch Icera eindeutig genannt, ebenso wie Prognosen für die Lieferungen von Icera an ZTE für den Fall, dass ZTE, abgesehen von normalen Preisanpassungen, keine besondere Unterstützung gewährt werde. 551    Der E‑Mail-Austausch vom Mai 2011 (d. h. das neunte direkte Beweismittel) betrifft finanzielle Schwierigkeiten von Icera, die bei einem leitenden Angestellten der Klägerin Zweifel aufkommen ließen, ob zusätzliche Preisnachlässe für den MDM8200A-Chip zu gewähren seien, was belegt, dass die finanzielle Lage von Icera die Preispolitik der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum beeinflusst hatte. 552    Da die Klägerin die Auslegung der oben in Rn. 545 genannten E‑Mail-Korrespondenzen durch die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht in Frage stellt, geht der vorliegende Klagegrund ins Leere, soweit sie geltend macht, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe. Selbst wenn der Klägerin nämlich in Bezug auf die Kritik an der von der Kommission vorgenommenen Auslegung einiger, von der Kommission als direkte Beweise angeführter E‑Mail-Korrespondenzen zu folgen wäre, lässt sich jedoch anhand der Beweise, die die Klägerin nicht beanstandet, für sich genommen belegen, dass sie beabsichtigte, Icera zu verdrängen. 553    Jedenfalls stützte sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auch auf indirekte Beweise, um die Verdrängungsabsicht der Klägerin nachzuweisen. 554    Wie dem von der Klägerin nicht beanstandeten 1138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, reichen die indirekten Beweise aus, um nachzuweisen, dass die Klägerin die Verdrängung von Icera beabsichtigte. 555    Zudem stützt sich die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes auf drei Teile, von denen keiner das Bündel indirekter Beweise beanstandet, auf das sich Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses bezieht, denn der erste Teil betrifft die von der Kommission entwickelte „Schadenstheorie“, der zweite stellt die Auslegung und Darstellung einiger direkter Beweise, d. h. bestimmter interner Dokumente der Klägerin, durch die Kommission in Frage und der dritte bezieht sich auf die untergeordnete Position eines Mitarbeiters, der einige Dokumente verfasst hat, die die Kommission als direkte Beweise heranzog. 556    Da das Bündel indirekter Beweise, auf das sich die Kommission in Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses stützt, für sich genommen ausreicht, um nachzuweisen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen, hat der Umstand, dass die Klägerin diese Beweise im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht in Frage stellt, zur Folge, dass dieser Klagegrund ins Leere geht, soweit die Klägerin geltend macht, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe. 557    Jedenfalls muss nach der Rechtsprechung im Fall der Anwendung von Preisen unterhalb der ATC durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Kommission für den Nachweis des Missbrauchs eine Reihe gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darlegen, die die Feststellung ermöglichen, dass das Unternehmen beabsichtigte, einen Wettbewerber zu verdrängen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 151, und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 197). Es muss, gestützt auf genaue und konkrete Analyse- und Beweiselemente, der Nachweis dafür erbracht werden, dass das Verhalten zumindest geeignet war, Verdrängungswirkungen zu erzeugen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 130). 558    Angesichts eines auf den ersten Blick ausreichenden Bündels an Indizien obliegt es der Klägerin, in der Klageschrift eine andere, vollständige und schlüssige Erklärung vorzutragen, die den verschiedenen, im angefochtenen Beschluss angeführten Gesichtspunkten eine andere Bedeutung zu verleihen vermag (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission, T‑410/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:676, Rn. 145). 559    Im vorliegenden Fall hat die Kommission der Klägerin u. a. die Anwendung von Preisen unterhalb der LRAIC, aber oberhalb der AVC zur Last gelegt. Um in diesem Fall eine Zuwiderhandlung nachzuweisen, musste die Kommission daher u. a. gewichtige Anhaltspunkte dafür vorlegen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen, was in Abschnitt 12.8 des angefochtenen Beschlusses erfolgte. 560    Wie oben in Rn. 538 dargelegt, beruft sich die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses auf mehrere interne Dokumente der Klägerin, und zwar neun E‑Mail-Korrespondenzen, die ihrer Meinung nach besonders gut veranschaulichen, dass eine Strategie existierte, Icera vom relevanten Markt zu verdrängen. 561    Wie oben in Rn. 545 dargelegt, hat die Klägerin in der Klageschrift zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes keinen Vorwurf in Bezug auf die im angefochtenen Beschluss durch die Kommission vorgenommene Auslegung der E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. des ersten direkten Beweises), des ersten E‑Mail-Austausches vom Dezember 2009 (d. h. des dritten direkten Beweises), des E‑Mail-Austausches vom Dezember 2010 (d. h. des achten direkten Beweises) und des E‑Mail-Austausches vom Mai 2011 (d. h. des neunten direkten Beweises) erhoben. Wie jedoch oben in Rn. 546 festgestellt, belegen diese E‑Mail-Korrespondenzen für sich genommen, dass eine Strategie zur Verdrängung von Icera bestand, insbesondere im Licht der in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses genannten Dokumente. 562    Was die fünf weiteren E‑Mail-Korrespondenzen betrifft, deren Auslegung durch die Kommission in der Klageschrift ausdrücklich beanstandet wird, stellen sie eine Reihe gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte dar, die die Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen. 563    Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit den in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten direkten Beweisen die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, und nicht die – in anderen Abschnitten des Beschlusses behandelten – übrigen Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung nachweisen wollte, wie u. a. das Vorliegen von Verdrängungspreisen in Bezug auf die drei betreffenden Chips. Folglich ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die internen Dokumente, auf die sich die Kommission stützt, tatsächlich ein Bündel gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darstellen, die in der Gesamtschau die Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin die Verdrängung von Icera beabsichtigte, und jegliche anderen Erwägungen sind insoweit nicht relevant. 564    Dabei sind die Formulierungen, die in jeder dieser E‑Mail-Korrespondenzen verwendet wurden, besonders aufschlussreich in Bezug auf die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen. 565    Als Erstes enthält der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass Icera eine „Bedrohung“ darstelle, sowie eine Aufstellung von Präventivmaßnahmen, um zu verhindern, dass Icera ein ausreichendes Volumen erreicht und ihr bei den wichtigsten Herstellern von Originalgeräten der Durchbruch gelingt. Darüber hinaus wird in diesem E‑Mail-Austausch davon gesprochen, Icera bei ZTE „plattzumachen“ und ihr bei Huawei keine „Chance“ zu geben. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass sie ein ausreichendes Volumen erreicht, und um sie insbesondere bei den zwei Kunden Huawei und ZTE zu verdrängen. 566    Die Klägerin wendet sich gegen die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus dem E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 gezogen hat, und macht geltend, der Austausch habe drei Monate vor Beginn der Zuwiderhandlung stattgefunden, nehme nicht auf die Preisgestaltung für die drei betreffenden Chips Bezug und widerlege die „Theorie der indirekten Verdrängung“. 567    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der oben in Rn. 548 angeführten Rechtsprechung Umstände berücksichtigen kann, die außerhalb des Zuwiderhandlungszeitraums festgestellt worden sind, wenn diese Umstände Teil des Bündels von Indizien sind, auf das sich die Kommission zum Beweis dieser Zuwiderhandlung beruft. Zudem kann die Absicht, einen Wettbewerber zu verdrängen, durchaus mehrere Monate vor der konkreten Umsetzung einer solchen Verdrängungsstrategie zum Ausdruck gebracht werden. Außerdem ist es nicht relevant, dass der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 nicht auf die Preisgestaltung für die drei betreffenden Chips Bezug nimmt und nach Auffassung der Klägerin die „Theorie der indirekten Verdrängung“ widerlegt, da diese Gesichtspunkte die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, nicht in Frage stellen können. Zwar enthält der E‑Mail-Austausch keine detaillierten Angaben in Bezug auf die gegenüber Icera zu ergreifenden Maßnahmen, gleichwohl werden Präventivmaßnahmen gegenüber Icera ausdrücklich vorgeschlagen. 568    Als Zweites werden im ersten E‑Mail-Austausch vom Januar 2010 (d. h. dem fünften direkten Beweis) erneut Icera und konkret ihr Chip ICE8042 als größte Bedrohung für die Klägerin genannt, und es werden Maßnahmen aufgeführt, die die Klägerin zur Verdrängung von Icera durchzuführen habe, nämlich mit Huawei zusammenzuarbeiten und das begrenzte Risikokapital von Icera aufzubrauchen. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu verdrängen, insbesondere bei Huawei. 569    Im zweiten E‑Mail-Austausch vom Januar 2010 (d. h. dem sechsten direkten Beweis) werden Maßnahmen genannt, die den Anstieg des Volumens bei Icera eindämmen und die Positionierung der Klägerin bei ihren wichtigen Kunden – Huawei und ZTE wird insoweit „Priorität“ eingeräumt – schützen sollen, insbesondere durch eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A. Darüber hinaus wird in einer dem E‑Mail-Austausch beigefügten Präsentation vorgeschlagen, Icera sechs Monate „auszupressen“, um ihr begrenztes Kapital aufzubrauchen. Somit wird Icera auch in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu treffen, um sie bei Huawei und ZTE zu verdrängen, u. a. durch eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A. 570    Die Klägerin versucht, die Schlussfolgerungen der Kommission zu den E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 in Frage zu stellen, indem sie eine lange Reihe verschiedener Behauptungen aufstellt, z. B. dass die Kommission bei der von ihr entwickelten „Schadenstheorie“ den von HiSilicon ausgeübten Wettbewerb, obwohl er in der E‑Mail vom 1. Januar 2010 thematisiert werde, nicht berücksichtigt habe, der Chip MDM8200 nicht erwähnt werde und die E‑Mails vorwiegend die Konkurrenz durch Vodafone zum Gegenstand gehabt hätten. Diese Behauptungen sind jedoch als nicht relevant anzusehen, da sie die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, nicht in Frage stellen können. 571    Zudem bestreitet die Klägerin nicht, dass die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 Maßnahmen – insbesondere auf dem Gebiet der Preisgestaltung – benennen, die in Bezug auf Huawei und ZTE zu ergreifen seien, um das Wachstum von Icera einzudämmen und sie dazu zu bringen, ihre begrenzten Mittel aufzubrauchen. Zwar wendet sich die Klägerin in diesem Zusammenhang gegen die Auslegung des Begriffs „auspressen“ durch die Kommission, der ihrer Meinung nach nicht bedeute, „den Geldhahn zuzudrehen“, nichtsdestoweniger bezieht sich jedoch der Satz, in dem diese Formulierung verwendet wird, nämlich „Icera etwa [sechs] Monate auszupressen, um ihr sehr begrenztes Risikokapital [Venture Capital] aufzubrauchen“, eindeutig auf eine Strategie, die das finanzielle Ausbluten von Icera zum Ziel hatte. Die Klägerin bietet auch keine andere Auslegung des Begriffs „auspressen“ an, mit der sich die Schädlichkeit dieser Strategie für Icera widerlegen ließe. 572    Als Drittes nimmt der E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (d. h. der siebte direkte Beweis) ausdrücklich darauf Bezug, dass der Chip ICE8042 von Icera bei Huawei und ZTE an Bedeutung verliere und die „Strategie, mit den beiden Chips MDM6200 und MDM8200A Druck auf den ICE8042-Chip auszuüben, … sich bewährt“ habe. Folglich hatte die Klägerin sehr wohl eine Strategie in Bezug auf Huawei und ZTE umgesetzt, die auf den Chips MDM6200 und MDM8200A beruhte und gegen Icera gerichtet war. 573    Die Klägerin stützt sich insoweit auf eine Reihe verschiedener Behauptungen, die nicht relevant sind, da sie das Vorliegen ihrer Absicht, Icera zu verdrängen, an sich nicht in Frage stellen können, und beruft sich etwa darauf, dass der Chip MDM8200, die Vereinbarung mit ZTE über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und die von Icera im Mai 2010 angekündigte zusätzliche Eigenkapitalfinanzierung nicht erwähnt worden seien. Damit bestreitet die Klägerin jedoch nicht, dass im E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 von einer gegen Icera gerichteten Strategie in Bezug auf Huawei und ZTE die Rede ist, die die Chips MDM6200 und MDM8200A betraf und auch tatsächlich umgesetzt wurde, da sie sich bewährt habe. 574    Als Viertes macht die Klägerin zur Stützung des dritten Teils des vorliegenden Klagegrundes geltend, die Kommission berufe sich auf Dokumente, die von einem Mitarbeiter in untergeordneter Position erstellt worden seien, der in Bezug auf die Preise über keine Befugnisse oder Einflussmöglichkeiten verfügt habe und daher keine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der Strategie zur Verdrängung von Icera habe spielen können. Insoweit geht aus Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass dieser Mitarbeiter an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Februar 2009, Dezember 2009 und Januar 2010 beteiligt war. 575    In Bezug auf den E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 (d. h. den zweiten direkten Beweis) ist dem 1122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass der betreffende Mitarbeiter seine „Analyse der von Icera ausgehenden Bedrohung“ einem Mitglied des oberen Managements der Klägerin zukommen ließ, das die Analyse genehmigte und an andere Mitglieder des oberen Managements weiterleitete. 576    Was den zweiten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. den vierten direkten Beweis) betrifft, bestreitet die Klägerin nicht, dass ein Mitglied ihres oberen Managements vorschlug, dem Preis keine Bedeutung zukommen zu lassen, damit der MDM8200-Chip „die Lücke schließt“. 577    In Bezug auf die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (d. h. der fünfte und der sechste direkte Beweis) und den darin enthaltenen Vorschlag des betreffenden Mitarbeiters, Icera „auszupressen“, um ihr begrenztes Kapital aufzubrauchen, steht fest, dass diese E‑Mails an mehrere Mitglieder des oberen Managements der Klägerin gerichtet waren. Außerdem wurde der Vorschlag in einer Präsentation dieses Mitarbeiters wiederholt, die einem Bericht über die „Prüfung von Icera“ beigefügt war, den ein Mitglied des oberen Managements der Unternehmensleitung der Klägerin übermittelt hatte. 578    Somit waren sehr wohl Mitglieder des oberen Managements der Klägerin, die in Bezug auf die Preise über Befugnisse und Einflussmöglichkeiten verfügten, in diese E‑Mail-Korrespondenzen involviert, aus denen hervorgeht, dass die Verdrängung von Icera beabsichtigt war. 579    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses anhand von direkten Beweisen, die ein Bündel gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darstellen, rechtlich hinreichend nachwies, dass die Klägerin die Absicht hatte, Icera zu verdrängen, und daher hat die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt. 580    Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass die Kommission den Anspruch auf rechtliches Gehör und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzte, als sie feststellte, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe. 581    Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. Zum elften Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von der Klägerin vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe 582    Zur Stützung des elften Klagegrundes trägt die Klägerin die folgenden Argumente vor. 583    Als Erstes macht sie geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass sie, als sie die beanstandeten Preissenkungen eingeräumt habe, sich lediglich den „aggressiven“ Preisen ihrer Konkurrentin Icera angepasst habe, und außer Acht gelassen, dass die von ihr praktizierten Preise oberhalb ihrer AVC gelegen hätten und somit rentabel und gerechtfertigt gewesen seien. In Bezug auf den vierten und den achten bis zehnten Klagegrund trägt sie erneut vor, dass sie jedenfalls keinen „Plan“ zur Verdrängung von Icera umgesetzt habe. 584    Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass die Preissenkungen für den MDM8200-Chip Huawei aufgrund des von ihr ausgeübten erheblichen Drucks gewährt worden seien und dazu gedient hätten, erstens Huawei zu helfen, ihre nicht ausgeführten Bestellungen sowie ihre überschüssigen und veralteten Lagerbestände abzuverkaufen, und zweitens auf der Preisebene mit Geräten von ZTE zu konkurrieren, die einen Chip von Icera enthielten. 585    Als Drittes trägt die Klägerin vor, sie habe der Kommission im Verwaltungsverfahren ausführlich erläutert, dass sie ihre eigenen MDM8200-Chipbestände als überschüssig und veraltet betrachte. Daher habe sie für alle wichtigen Kunden den Preis für diesen Chip gesenkt, was Huawei benachteiligt habe und sie schließlich dazu bewogen habe, Huawei für frühere Bestellungen einen Preisnachlass zu gewähren. Dass die Bestellungen dieser Chips 2010 und 2011 erfolgt seien, ändere nichts daran, dass ihre Entscheidung, den Chippreis zur Ankurbelung der Nachfrage zu senken, objektiv gerechtfertigt gewesen sei. Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe sie sehr wohl allen anderen wichtigen Kunden Preisnachlässe gewährt, und diese Kunden hätten in der Tat von Preisen profitiert, die den durchschnittlichen Verkaufspreisen entsprochen hätten, die Huawei zugestanden worden seien. 586    Angesichts dieser Umstände sei das beanstandete Verhalten objektiv gerechtfertigt gewesen und habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie im angefochtenen Beschluss eine gegenteilige Auffassung ohne stichhaltige Begründung vertreten habe. 587    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 588    Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass in allen Verfahren zur Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen der Partei oder der Behörde obliegt, die diesen Vorwurf erhebt, und die Beweislast für eine objektive Rechtfertigung dem Unternehmen obliegt, das sich darauf beruft. 589    Zudem ergibt sich im Wesentlichen aus dem 5. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003, dass es zwar der Partei oder Behörde, die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 oder 102 AEUV erhebt, obliegt, diese Zuwiderhandlung nachzuweisen, andererseits jedoch das Unternehmen, das sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung auf eine Rechtfertigung berufen möchte, im Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Anforderungen den Nachweis zu erbringen hat, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind. 590    Folglich muss ein Unternehmen wie die Klägerin, das sich auf eine objektive Rechtfertigung, einschließlich Effizienzsteigerungen, in Bezug auf ein Verhalten beruft, das a priori gegen Art. 102 AEUV verstößt, selbst den rechtlich hinreichenden Nachweis dafür erbringen. 591    Im vorliegenden Fall obliegt es somit der Klägerin, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass dieses Verhalten dennoch als objektiv gerechtfertigt anzusehen ist. 592    Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verhalten nicht missbräuchlich, wenn es durch wettbewerbsfördernde Vorteile gerechtfertigt ist oder berechtigten Interessen dient. Das Unternehmen in beherrschender Stellung kann dazu insbesondere den Nachweis erbringen, dass entweder sein Verhalten objektiv notwendig ist oder dass die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden kann, die auch dem Verbraucher zugutekommen. Insoweit hat das beherrschende Unternehmen erstens nachzuweisen, dass durch sein Verhalten Effizienzvorteile erzielt werden können, indem es das Vorliegen und den Umfang der Effizienzvorteile nachweist, zweitens, dass die Effizienzvorteile die wahrscheinlich negativen Auswirkungen seines Verhaltens auf den Wettbewerb und die Interessen der Verbraucher auf dem betroffenen Markt oder den betroffenen Märkten ausgleichen, drittens, dass dieses Verhalten für das Erreichen der Effizienzvorteile notwendig ist, und viertens, dass es einen wirksamen Wettbewerb nicht ausschaltet, indem es alle oder die meisten bestehenden Quellen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs zum Versiegen bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 40 bis 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Anhand dieser Grundsätze sind die von der Klägerin vorgebrachten Rechtfertigungen zu beurteilen. 593    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin in keiner Weise erläutert, inwiefern, im Sinne der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung, die ihr vorgeworfene Anwendung von Kampfpreisen „objektiv notwendig“ gewesen sein soll oder mit Vorteilen für Verbraucher verbunden gewesen sein soll, die den tatsächlichen oder potenziellen Marktausschluss von Icera als Folge der Kampfpreise hätten ausgleichen können, oder inwieweit das Verhalten für das Erzielen der behaupteten Effizienzvorteile für die Verbraucher „notwendig“ gewesen sein soll. 594    Die drei Rechtfertigungen, die die Klägerin für ihre Anwendung von Kampfpreisen anführt, nämlich erstens eine Anpassung an die „aggressiven“ Preise von Icera und die Anwendung von Preisen oberhalb der AVC, zweitens die Huawei zugestandenen Preissenkungen für den Chip MDM8200, um Huawei zu helfen, ihre überschüssigen und veralteten Lagerbestände von diesem Chip abzuverkaufen, und drittens die Huawei eingeräumten Preissenkungen für diesen Chip, um ihre eigenen überschüssigen und veralteten Lagerbestände von dem Chip abzuverkaufen, sind kein Nachweis dafür, dass das beanstandete Verhalten objektiv notwendig war oder die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung in Bezug auf Icera durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden konnte, die auch dem Verbraucher zugutekamen. 595    Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Klägerin lediglich darauf hingewiesen, dass Huawei Druck ausgeübt habe, um niedrigere Preise für den MDM8200-Chip angeboten zu bekommen, und die Gefahr bestanden habe, dass Huawei, gegebenenfalls auf gerichtlichem Weg, bestimmte Bestellungen stornieren würde. Im Licht der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung sind diese Umstände jedoch keine objektive Rechtfertigung für einen Missbrauch, der unter das Verbot des Art. 102 AEUV fällt. 596    Folglich hat die Klägerin keinen hinreichenden Beweis im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung dafür erbracht, dass das beanstandete Verhalten objektiv gerechtfertigt war, was genügt, um den elften Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass geprüft werden muss, ob die Kommission Tatsachen‑, Rechts- und Beurteilungsfehler begangen und gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat, als sie die Rechtfertigungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zurückwies. 597    Jedenfalls sind die Ausführungen in Abschnitt 12.9 des angefochtenen Beschlusses hinreichend begründet und nicht mit Beurteilungs- oder Tatsachenfehlern behaftet. 598    In Bezug auf die Anpassung an die „aggressiven“ Preise von Icera genügt der Hinweis, dass die Rechtsprechung kein generelles Recht eines beherrschenden Unternehmens, sich an die Preise der Konkurrenz anzupassen, anerkennt; dies gilt insbesondere dann, wenn dieses Recht dazu führen würde, den Rückgriff auf Verdrängungspreise zu rechtfertigen, die im Übrigen nach dem Vertrag verboten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 182). 599    Überdies ist ein solches Verhalten nicht deshalb, weil es für die Klägerin „vernünftig“ gewesen sein soll, sich den Preisen von Icera anzupassen, objektiv „gerechtfertigt“ im Sinne der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung bezüglich der Erzielung von Effizienzvorteilen. Nur weil ein Verhalten aus Sicht des sich so verhaltenden Unternehmens als wirtschaftlich „vernünftig“ angesehen werden kann, ist es nicht zwangsläufig objektiv gerechtfertigt im Sinne des Wettbewerbsrechts. 600    Was die Anwendung von Preisen oberhalb der AVC betrifft, liegt nach der Rechtsprechung, die auf das Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72), zurückgeht, ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung vor, wenn ein beherrschendes Unternehmen Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und dies im Rahmen eines Plans geschieht, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat. Wird eine solche Verdrängungsstrategie verfolgt, wie vorliegend der Fall, ist es somit unerheblich, dass die praktizierten Preise „rentabel und gerechtfertigt“ gewesen sein sollen, da sie oberhalb der AVC gelegen hätten. 601    In Bezug auf die Preissenkungen für den Chip MDM8200, die Huawei gewährt wurden, um ihr beim Abverkauf der überschüssigen und veralteten Lagerbestände dieses Chips zu helfen, ist festzustellen, dass sie nur die Preise betreffen, die Huawei für den MDM8200-Chip angeboten wurden. Somit versucht die Klägerin mit ihren Erklärungen nicht, die Verdrängungspreise, die ZTE gewährt wurden, oder die Verdrängungspreise für die Chips MDM6200 und MDM8200A zu rechtfertigen. 602    Was außerdem die Preissenkungen für den MDM8200-Chip betrifft, die Huawei gewährt wurden, um ihr beim Abverkauf ihrer überschüssigen und veralteten Bestände an diesem Chip zu helfen, ist festzustellen, dass, wie die Kommission im 1185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführt, Huawei in den Jahren 2010 und 2011 bei Qualcomm neue Bestellungen für diesen Chip aufgab und die Klägerin dies auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Folglich beging die Kommission keinen Fehler, als sie feststellte, es sei wenig glaubhaft, dass die Preissenkungen gewährt worden seien, um Huawei beim Abverkauf überschüssiger Bestände in Bezug auf einen veralteten Chip zu helfen. 603    Ebenso ist es im Hinblick auf die Preissenkungen, die die Klägerin Huawei gewährte, um ihren eigenen überschüssigen und veralteten Bestand an diesem Chip abzuverkaufen, wenig glaubhaft, dass die Preissenkungen diesem Zweck dienten. Denn wäre dies der Fall gewesen, hätte die Klägerin, wie die Kommission zu Recht geltend macht, allen Kunden Preisnachlässe für diesen Chip gewährt. Tabelle 74 des angefochtenen Beschlusses ist jedoch zu entnehmen, dass diese Preisnachlässe nur Huawei gewährt wurden und ihr Preise angeboten wurden, die wesentlich niedriger waren als die Preise, die die Klägerin ihren anderen Hauptkunden anbot. Außerdem geht aus dem 1185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Klägerin im August 2010 neue Einheiten des MDM8200-Chips herstellen musste, um die Nachfrage von Huawei zu decken, was die Klägerin auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung ebenfalls bestätigt hat. Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, die Preissenkungen für Huawei hätten auch dazu gedient, den mit einem Icera-Chip versehenen Geräten von ZTE die Stirn zu bieten, nur eine Bestätigung der von der Kommission festgestellten indirekten Verdrängung. 604    Folglich ist der elfte Klagegrund in jedem Fall zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“ 605    Der dritte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, es lägen ein „offensichtlicher Rechtsfehler“ und ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauens in die Rechtsvorschriften vor, da die Klägerin nicht die in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegte „richtige Rechtsnorm“ angewandt habe. Im zweiten Teil wird eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung gerügt. Mit dem dritten Teil wird ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit beanstandet. Zum ersten Teil: Nichtanwendung der in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten „richtigen Rechtsnorm“ 606    Die Klägerin ist der Auffassung, der Mitteilung über die Prioritäten sei zu entnehmen, dass es bei der Untersuchung einer potenziellen Verdrängungspraxis eines Unternehmens in beherrschender Stellung um die Frage gehe, ob die Praxis zur Verdrängung eines „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers führen könne. Gemäß dieser Mitteilung müsse die Kommission bei der Untersuchung außerdem nachweisen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung zum einen bei dieser Praxis bewusst Verluste erlitten oder auf kurzfristige Gewinne verzichtet habe und es zum anderen habe hoffen können, die Verluste nach dem Zeitraum der mutmaßlichen Verdrängung wieder auszugleichen. Da sich die Kommission öffentlich verpflichtet habe, die Bestimmungen der Mitteilung einzuhalten, habe sie bei den betroffenen Unternehmen berechtigte Erwartungen geweckt. 607    Außerdem ermächtige die Mitteilung über die Prioritäten die Kommission nicht dazu, ein Unternehmen zu bestrafen, das gutgläubig ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das sich schlussendlich als weniger rentabel erwiesen habe als ursprünglich angenommen. Schließlich sei Rn. 66 der Mitteilung über die Prioritäten zu entnehmen, dass sich die Kommission nur ausnahmsweise auf schriftliche Beweise stützen dürfe, wenn diese die Existenz einer Kampfpreisstrategie hinreichend klar belegten. 608    Im vorliegenden Fall habe die Kommission die Mitteilung über die Prioritäten nicht angewandt, was dadurch belegt sei, dass weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder im Sachverhaltsschreiben auf die Mitteilung über die Prioritäten Bezug genommen werde. Anknüpfend an den vierten und den achten bis zehnten Klagegrund macht die Klägerin außerdem geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss in keiner Weise dargelegt, dass sie bewusst Verluste hingenommen habe, keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen und Beweise außer Acht gelassen, die belegten, dass Huawei und ZTE ohne das beanstandete Verhalten jedenfalls nicht bei Icera eingekauft hätten. Unter Verweis auf den elften Klagegrund trägt die Klägerin ferner vor, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungs- und Tatsachenfehler begangen, als sie die objektive Rechtfertigung der Klägerin zurückgewiesen habe. Schließlich macht sie unter Bezugnahme auf den zehnten und den elften Klagegrund geltend, sie habe das beanstandete Verhalten in gutem Glauben an den Tag gelegt, da sie nicht habe vorhersehen können, welche Methode die Kommission im angefochtenen Beschluss zur Aufteilung der FuE‑Kosten verwenden werde, und vernünftigerweise davon habe ausgehen können, dass sich ihre Preispolitik rentieren werde. 609    Folglich habe die Kommission einen „offensichtlichen Rechtsfehler“ begangen und gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung sowie die Begründungspflicht verstoßen. 610    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 611    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in der Mitteilung über die Prioritäten lediglich die Vorgehensweise der Kommission bei der Auswahl der Fälle, die sie vorrangig zu behandeln beabsichtigt, umrissen wird und dass die Verwaltungspraxis der Kommission für die nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichte keine Bindungswirkung entfaltet (Urteil vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 52) und keine Aussage über die Rechtslage getroffen werden soll (Urteil vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 114). 612    Folglich beschränkt die Mitteilung über die Prioritäten das Ermessen der Kommission, genau wie jedes andere Dokument, das, auch wenn es nicht verbindlich ist, den allgemeinen Prüfungsrahmen festlegt, den die Kommission bei der Entscheidung über eine Intervention anwendet. Dementsprechend kann die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen davon abweichen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 289 und die dort angeführte Rechtsprechung). 613    Somit ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin behauptet, im vorliegenden Fall von dem in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen abwich und dies nicht begründete. 614    Was als Erstes das Argument der Klägerin betrifft, mit dem sie im Wesentlichen geltend macht, die Kommission habe nicht geprüft, ob die beanstandete Praxis zum Ausschluss eines „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers im Sinne der Mitteilung über die Prioritäten habe führen können, ergibt sich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und die Kommission, wenn sie, wie vorliegend der Fall, nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, was genügt, um das Argument zurückzuweisen. 615    Im Übrigen geht aus Rn. 26 der Mitteilung über die Prioritäten hervor, dass die fehlende Deckung der LRAIC, die vorliegend im angefochtenen Beschluss durch die Kommission nachgewiesen wurde, darauf hindeutet, dass das Unternehmen nicht alle (zurechenbaren) fixen Kosten für die Herstellung der Ware bzw. die Erbringung der Dienstleistungen deckt und dass ein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber vom Markt ausgeschlossen werden könnte, was bestätigt, dass die Kommission beim Vergleich der Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens implizit, jedoch zwangsläufig eine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen hat. 616    Was als Zweites das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe gemäß der Mitteilung über die Prioritäten nachweisen müssen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung bewusst Verluste erlitten oder auf kurzfristige Gewinne verzichtet habe, ist Rn. 66 der Mitteilung zu entnehmen, dass die Kommission zum Nachweis der bewusst erlittenen Verluste in manchen Fällen die Existenz einer Kampfpreisstrategie anhand von direkten Beweisen wie Schriftstücken des marktbeherrschenden Unternehmens nachweisen kann (z. B. präziser Plan, Verluste hinzunehmen, um einen Wettbewerber vom Markt auszuschließen). 617    Wie die Prüfung des zehnten Klagegrundes ergeben hat, hat sich die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses in der Tat auf Dokumente der Klägerin gestützt, die eindeutig belegen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera auszuschließen, und sie diesen Plan durch die Huawei und ZTE gewährten Preisnachlässe umsetzte, was genügt, um das vorliegende Argument zurückzuweisen, mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wird, der Plan, Verluste hinzunehmen, sei im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist Rn. 66 der Mitteilung über die Prioritäten keineswegs zu entnehmen, dass sich die Kommission nur ausnahmsweise auf schriftliche Beweise zum Nachweis der Existenz einer Kampfpreisstrategie stützen dürfe. Vielmehr verwendet die Kommission in dieser Randnummer den Ausdruck „in manchen Fällen“ und nicht „in manchen Ausnahmefällen“ oder „ausnahmsweise“ und erst recht nicht die Formulierung „unter außergewöhnlichen Umständen“, die sich in Fn. 50 der Mitteilung über die Prioritäten findet. In Fn. 44 der Mitteilung, die sich auf deren Rn. 66 bezieht, führt die Kommission außerdem zwei Urteile an, in denen das Gericht bestätigt hat, dass sich die Kommission auf solche schriftlichen Beweise stützen durfte, und zwar die Urteile vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission (T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 151 und 171), und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission (T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 198 bis 215). 618    Was als Drittes das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission sei nach der Mitteilung über die Prioritäten verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung habe hoffen können, die im Verdrängungszeitraum hingenommenen Verluste nach diesem Zeitraum wieder auszugleichen, ist Rn. 70 der Mitteilung lediglich zu entnehmen, dass das marktbeherrschende Unternehmen davon ausgehen kann, dass seine Marktmacht nach der Anwendung von Kampfpreisen größer sein wird, als wenn es auf ein solches Verhalten verzichtet, d. h., wenn davon auszugehen ist, dass sich das erbrachte Opfer für das Unternehmen lohnt. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung ein Verhalten missbräuchlich sein, ohne dass gesondert festgestellt werden müsste, dass das betreffende Unternehmen vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass es die erzielten Verluste wieder ausgleichen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 150), was genügt, um das vorliegende Argument zurückzuweisen. 619    Als Viertes ist in Bezug auf das Argument der Klägerin, gemäß der Mitteilung über die Prioritäten dürfe sie nicht von der Kommission bestraft werden, da sie nicht habe vorhersehen können, welche Methode die Kommission im angefochtenen Beschluss zur Aufteilung der FuE‑Kosten verwenden werde, und daher in gutem Glauben gehandelt habe, darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Prüfung des zehnten Klagegrundes festgestellt worden ist, dass die Kommission keinen Fehler beging, als sie feststellte, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe, was ausreicht, um das vorliegende Argument zurückzuweisen. 620    Was als Fünftes das Argument der Klägerin betrifft, weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder im Sachverhaltsschreiben werde auf die Mitteilung über die Prioritäten Bezug genommen, legt die Klägerin nicht dar, inwiefern dies darauf schließen lasse, dass die Kommission den in der Mitteilung festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen für die Entscheidung über eine Intervention verkannt habe. Außerdem ist die Kommission nach der Mitteilung über die Prioritäten keineswegs verpflichtet, sich bei ihren Entscheidungen über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung ausdrücklich auf die Mitteilung zu beziehen. Folglich ist das vorliegende Argument zurückzuweisen. 621    Als Sechstes ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass Huawei und ZTE ohne das beanstandete Verhalten jedenfalls nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, und die von der Klägerin vorgetragenen objektiven Rechtfertigungsgründe für ihr Verhalten außer Acht gelassen, festzustellen, dass die Klägerin nicht darlegt, inwiefern die Kommission dadurch den in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen für die Entscheidung über eine Intervention verkannt haben soll. 622    Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung 623    Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kommission die Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung verkenne, d. h. die Rechtsprechung zur anwendbaren Rechtsnorm. Zur Stützung dieser Behauptung legt sie mehrere Urteilsauszüge vor, die sie für relevant hält, und macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen, obwohl die Analyse nach der Rechtsprechung geboten sei. 624    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 625    Die Klägerin beschränkt sich darauf, Auszüge aus der Rechtsprechung wiederzugeben, ohne darzulegen, inwiefern der angefochtene Beschluss von der dort festgelegten Rechtsnorm abweichen soll, abgesehen von der Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers, auf die sie sich beruft, um der Kommission nach Anführung des Urteils vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EUC:2017:632), zum einen vorzuwerfen, diese Analyse nicht vorgenommen zu haben, und zum anderen, den Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis nicht geprüft zu haben. 626    Aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und dass, da die Kommission im vorliegenden Fall nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, und dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, dies genügt, um den Vorwurf der Klägerin, die Analyse sei im angefochtenen Beschluss nicht vorgenommen worden, zurückzuweisen. 627    Darüber hinaus ist die Kommission, wie oben in den Rn. 521 bis 523 dargelegt, nach der oben in Rn. 520 angeführten Rechtsprechung im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, auch zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können, was genügt, um das Argument der Klägerin, diese Prüfung sei nicht durchgeführt worden, zurückzuweisen. 628    Folglich ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit 629    Unter Bezugnahme auf den siebten und den achten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eine künstliche und neuartige Preis-Kosten-Analyse vorgenommen, die sich in Bezug auf zwei der betreffenden Chips von der Preis-Kosten-Analyse in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterscheide und in Bezug auf den dritten Chip unvorhersehbar gewesen sei. Dadurch habe die Kommission gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit verstoßen. 630    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 631    Zur Stützung des vorliegenden Teils beschränkt sich die Klägerin darauf, Behauptungen, die sie im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes und des siebten und achten Klagegrundes, auf die sie ausdrücklich Bezug nimmt, vorgetragen hat, pauschal zu wiederholen, ohne konkrete Ausführungen zu machen. 632    Folglich ist der dritte Teil des dritten Klagegrundes als unzulässig zurückzuweisen. 633    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“ 634    Der vierte Klagegrund besteht aus 13 Teilen. Mit dem ersten Teil wird beanstandet, dass die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen. Der zweite Teil enthält den Vorwurf, die „Kampfpreis-Theorie“ sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe. Im vierten Teil trägt die Klägerin vor, ihre Preise seien höher gewesen als die Preise von Icera und daher liege keine Marktabriegelung vor. Mit dem fünften Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt. Der sechste Teil betrifft den Vorwurf, es sei kein Beweis für die finanzielle Verdrängung erbracht worden. Mit dem siebten Teil wird geltend gemacht, die „Kampfpreis-Theorie“ sei neu, fehlerhaft und nicht begründet. Der achte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011. Mit dem neunten Klagegrund wird geltend gemacht, die Kommission habe die wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip verkannt. Mit dem zehnten Teil wird beanstandet, die „Kampfpreis-Theorie“ sei unlogisch und widerspreche den Grundregeln der Wirtschaft. Mit dem elften Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe. Mit dem zwölften Teil wird geltend gemacht, dass das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte. Mit dem 13. Teil rügt die Klägerin, die Kommission habe einen Fehler begangen, indem echter Wettbewerb verurteilt werde. Vorbemerkungen 635    Abschnitt 12 des angefochtenen Beschlusses enthält die Analyse der Kommission in Bezug auf den Missbrauch, den sie der Klägerin vorwirft. 636    Im Einzelnen beginnt die Kommission in Abschnitt 12.1 des angefochtenen Beschlusses damit, die einschlägigen allgemeinen Grundsätze in Erinnerung zu rufen, insbesondere in Bezug auf Verdrängungspreise. Anschließend fasst sie in Abschnitt 12.2 des Beschlusses zusammen, wie sie diese allgemeinen Grundsätze in den Abschnitten 12.3 bis 12.11 des Beschlusses angewandt hat, was die Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnet. 637    Insoweit erläutert die Kommission im 334. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass Qualcomm zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 30. Juni 2011 bestimmte Mengen von dreien ihrer UMTS-Chips, den Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A, an zwei ihrer Hauptkunden, Huawei und ZTE, zu Preisen geliefert habe, die unterhalb ihrer Kosten gelegen hätten, um Icera zu verdrängen, ihre Hauptkonkurrentin im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips. Mit diesem Vorgehen habe die Klägerin verhindern wollen, dass Icera, ein kleines Start-up mit finanziellen Einschränkungen, den Ruf und die Größe erlange, die notwendig gewesen seien, um Qualcomm in ihrer beherrschenden Stellung auf dem genannten Markt herauszufordern. Da die Klägerin für ihr Verhalten keine stichhaltige objektive Rechtfertigung vorgetragen habe, liege insofern im genannten Zeitraum ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung unter Verstoß gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens vor. Zum ersten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen 638    Die Klägerin macht unter Verweis auf den zehnten Klagegrund geltend, dass das beanstandete Verhalten weder zielgerichtet noch selektiv gewesen sei und die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission von der Definition des relevanten Marktes losgelöst sei, da die Theorie, die sich nur auf das – im Übrigen schlecht definierte – Spitzensegment dieses Marktes beziehe, einige Chips, die die Klägerin als „Spitzenchips“ betrachte, vom Spitzensegment ausnehme. 639    Zudem habe die Kommission die „Kampfpreis-Theorie“ als Hilfskonstruktion entwickelt, denn die Theorie stehe in keinem Zusammenhang mit der Beschwerde. Die Chips MDM8200 und MDM8200A seien vor und nach dem maßgeblichen Zeitraum an andere Kunden als Huawei und ZTE zu Preisen verkauft worden, die unter den von der Kommission berechneten LRAIC lägen, was die Theorie in Frage stelle. 640    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 641    Was zunächst die Behauptung der Klägerin betrifft, das beanstandete Verhalten sei weder zielgerichtet noch selektiv gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den von der Kommission zugrunde gelegten direkten Beweisen, die oben in den Rn. 538 und 539 im Rahmen der Prüfung des zehnten Klagegrundes näher untersucht worden sind, ergibt, dass die Klägerin Huawei und ZTE, die in den Dokumenten eindeutig genannt werden, Preisnachlässe gewährte, um Icera daran zu hindern, diese zwei wichtigen Kunden zu gewinnen, und dadurch vom Markt auszuschließen. Daher kann die Klägerin nicht mit Recht geltend machen, dass ihr Verhalten weder zielgerichtet noch selektiv gewesen sei. 642    Ebenso wenig Erfolg haben kann das Vorbringen der Klägerin, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, die sich nur auf das Spitzensegment beziehe, sei von der Definition des Marktes losgelöst. Rn. 64 der Mitteilung über die Prioritäten ist nämlich zu entnehmen, dass im Bereich der Verdrängung ein marktbeherrschendes Unternehmen durch sein Verhalten dann ein Opfer erbringt, wenn es für seine gesamte oder einen Teil seiner Produktion die Preise senkt. Folglich kann sich das auf Verdrängung ausgerichtete Verhalten durchaus nur auf ein begrenztes Segment des betreffenden Marktes statt auf den gesamten Markt beziehen. Insoweit kann nach der Rechtsprechung das auf Verdrängung gerichtete Verhalten sogar auf einem anderen als dem betreffenden Markt stattfinden, der seinerseits nicht streng definiert wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 35 und 45). 643    Folglich war die Kommission zum einen berechtigt, im angefochtenen Beschluss ein Verhalten zu ahnden, das auf ein Segment des relevanten Marktes beschränkt war, und zum anderen nicht verpflichtet, dieses Segment genau einzugrenzen, so wie sie dies in Bezug auf den relevanten Markt tun musste, um das Vorliegen einer beherrschenden Stellung zu prüfen. 644    Was außerdem den Vorwurf betrifft, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission stehe in keinem Zusammenhang mit der Beschwerde, ist Rn. 55 der Bekanntmachung der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission gemäß Artikel [101] und [102 AEUV] (ABl. 2004, C 101, S. 65) zu entnehmen, dass in der ersten Phase, die sich an die Einreichung der Beschwerde anschließt, die Kommission die Beschwerde prüft und gegebenenfalls weitere Informationen einholt, um zu entscheiden, wie mit der Beschwerde zu verfahren ist, es in dieser Phase zu einem informellen Meinungsaustausch zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer kommen kann, um die sachlichen und rechtlichen Fragen der Beschwerde abzuklären, und die Kommission dem Beschwerdeführer eine erste Reaktion zukommen lassen kann, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, sein Vorbringen unter Berücksichtigung dieser Reaktion zu präzisieren. 645    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 11 bis 13 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass nach der Aktualisierung und Überarbeitung der Beschwerde mehrere Kontakte zwischen Icera und der Kommission stattfanden, was schließlich im Juni 2012 dazu führte, dass Icera den Vorwurf der Verdrängung erhob, was die Klägerin selbst einräumt. Im Licht von Rn. 55 der Bekanntmachung der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission nach Artikel [101] und [102 AEUV] ist es als übliche Praxis anzusehen, dass ein Beschwerdeführer, wie im vorliegenden Fall, sein Vorbringen aus der Beschwerde präzisiert, um der ersten Reaktion der Kommission Rechnung zu tragen. Zudem ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Anwendung der Wettbewerbsregeln wirksam zu überwachen, dass die Kommission nicht an den Rahmen und an die rechtlichen Beurteilungen gebunden sein kann, die vom Beschwerdeführer vorgetragen wurden. Jedenfalls legt die Klägerin nicht dar, inwiefern der Umstand, dass Icera ihre Verdrängungsvorwürfe erst relativ spät vorgebracht hat, die von der Kommission nach einer eingehenden Untersuchung im angefochtenen Beschluss vertretene, von der Klägerin so genannte „Kampfpreis-Theorie“ in Frage stellen könnte. 646    Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe vor und nach dem maßgeblichen Zeitraum für die Chips MDM8200 und MDM8200A bei anderen Kunden als Huawei und ZTE Preise unterhalb der LRAIC angewandt, hat die Klägerin in keiner Weise erläutert, inwiefern die von ihr als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung im angefochtenen Beschluss dadurch in Frage gestellt werden könnte. Vielmehr scheint es, dass die Kommission, wenn sie Beweise dafür gefunden hätte, dass die Klägerin außerhalb des maßgeblichen Zeitraums gegenüber anderen Kunden Verdrängungspreise anwandte, dies hätte berücksichtigen können, um ihre Theorie zu untermauern oder zeitlich auszudehnen. 647    Nach alledem ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet 648    Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss enthalte mehrere Widersprüche und Unstimmigkeiten. 649    Sie trägt als Erstes vor, dass die „Kampfpreis-Theorie“, die sich auch aus dem 993. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergebe, wonach sie zunächst die MDM8200-Chips verwendet habe, um ihre Kunden Huawei und ZTE von diesen Chips zu den fortschrittlicheren Chips MDM6200 und MDM8200A zu migrieren, und anschließend ihre Preisstrategie auf den MDM8200A-Chip konzentriert habe, da sie mit dem MDM6200-Chip zu Beginn nicht erfolgreich gewesen sei, nicht mit einer auf den Verdrängungspreisen basierenden „Schadenstheorie“ vereinbar sei, da eine solche Feststellung lediglich veranschauliche, dass von der Klägerin ein starker Wettbewerbsdruck durch die Einführung neuer Produkte ausgegangen sei. 650    Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission werfe ihr im angefochtenen Beschluss vor, sie habe das streitige Verhalten an den Tag gelegt, um Icera daran zu hindern, sich einen guten Ruf aufzubauen, obwohl aus einem internen Dokument, das in dem Beschluss erwähnt werde, hervorgehe, dass sie der Ansicht gewesen sei, dass es Icera mehrere Monate nach dem maßgeblichen Zeitraum gelungen sei, die reputationsbedingten Hürden zu überwinden, was die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission in Frage stelle. 651    Als Drittes könne die Kommission nicht, ohne sich zu widersprechen, zum einen in den Erwägungsgründen 411 bis 419 des angefochtenen Beschlusses feststellen, dass der MDM6200-Chip im maßgeblichen Zeitraum kommerziell nicht erfolgreich gewesen sei, und zum anderen im 420. Erwägungsgrund des Beschlusses behaupten, dass sie sich in ihrer Strategie gegenüber ZTE auf diesen Chip gestützt habe. Ebenso wenig könne die Kommission zum einen im 959. Erwägungsgrund des Beschlusses feststellen, dass der MDM8200-Chip auch nach dem Inverkehrbringen des MDM8200A-Chips seine Bedeutung für den Wettbewerb behalten habe, und zum anderen im 420. Erwägungsgrund des Beschlusses behaupten, dass der MDM8200A-Chip das maßgebliche Produkt geworden sei, auf das sie sich bei der Umsetzung ihrer Strategie in den Jahren 2010 und 2011 gestützt habe. 652    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 653    Vorab ist festzustellen, dass der vorliegende Teil als ins Leere gehend zurückzuweisen ist, denn selbst wenn die drei Argumente, die zu seiner Stützung vorgetragen worden sind, begründet wären, würde dies die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht beeinträchtigen. 654    Die Feststellung der Kommission, dass die Klägerin Kampfpreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um einen Missbrauch durch die Klägerin nachzuweisen (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 und 71), wird nämlich nicht dadurch widerlegt, dass von der Klägerin ein starker Wettbewerbsdruck durch die Einführung neuer Produkte ausgegangen sein soll, Icera sich einen guten Ruf aufgebaut habe oder die Klägerin ihre Verdrängungsstrategie weder auf den MDM6200-Chip wegen seines mangelnden kommerziellen Erfolgs noch auf den MDM8200-Chip nach der Einführung des MDM8200A-Chips habe stützen können. 655    Daher ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil: fehlender Nachweis der Kommission, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe 656    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen, dass ihr Verhalten, abgesehen von dem Wunsch, Icera zu verdrängen, irrational gewesen sei, oder dass ihre Preise der Durchführung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient hätten. Die wenigen Dokumente, auf die sich die Kommission stütze, um das Bestehen eines solchen Plans nachzuweisen, stammten von Mitarbeitern in untergeordneter Position, die nicht befugt gewesen seien, über die Preise zu entscheiden. Die Kommission habe keinen einzigen Beweis für ein Opfer der Klägerin erbracht, obwohl sie nach der Mitteilung über die Prioritäten verpflichtet sei, das Vorliegen eines Opfers nachzuweisen. 657    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 658    Im Rahmen des vorliegenden Teils wiederholt die Klägerin lediglich Argumente, die sie im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes in Bezug auf den Vorwurf, es sei kein Nachweis für ein Opfer der Klägerin erbracht worden, oder im Rahmen des zehnten Klagegrundes in Bezug auf den Vorwurf, es sei nicht nachgewiesen worden, dass eine Strategie zur Verdrängung von Icera bestanden habe, vorgetragen hat. 659    Diese Argumente sind im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des dritten Klagegrundes und des zehnten Klagegrundes zurückgewiesen worden und sind, soweit sie zur Stützung des dritten Teils des vierten Klagegrundes geltend gemacht werden, aus denselben Gründen zurückzuweisen, was genügt, um den vorliegenden Teil zurückzuweisen. Zum vierten Teil, wonach die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten 660    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss zum einen eingeräumt, dass die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten, und zum anderen behauptet, dass die Chips von Icera qualitativ hochwertiger gewesen seien. Insoweit vertritt die Klägerin die Auffassung, dass es, wenn dies zutreffe, für sie folgerichtig gewesen sei, ihre Chippreise zu senken, um die geringere Qualität ihrer Produkte auszugleichen, was die Kommission außer Acht gelassen habe. 661    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 662    Es sei daran erinnert, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese Position missbraucht, wenn es Preise unterhalb der AVC oder Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und diese Preise im Rahmen einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers festgesetzt werden (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72). 663    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch die Klägerin nachzuweisen. 664    Zudem ergibt sich aus der Prüfung des elften Klagegrundes, dass die Kommission bei der Zurückweisung der von der Klägerin vorgebrachten objektiven Rechtfertigungsgründe, einschließlich der Behauptung der Klägerin, ihre Verdrängungspreise seien eine Reaktion auf die aggressiven Preise von Icera, keinen Fehler beging und nicht gegen ihre Begründungspflicht verstieß. 665    Somit kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe außer Acht gelassen, dass die Verdrängungspreise der Klägerin durch die niedrigeren Preise von Icera oder die geringere Qualität der Produkte der Klägerin gerechtfertigt gewesen seien. Außerdem werden bei der Beurteilung der Frage, ob Verdrängungspreise vorliegen, nicht die Preise und Kosten des Unternehmens, gegen das sich die Verdrängungspreise richten, oder die Qualität der betreffenden Produkte zugrunde gelegt, sondern die Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens. 666    Folglich ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum fünften Teil, wonach die Kommission entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt habe 667    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe mehrere „entscheidende“ Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt, nämlich erstens, dass Huawei und ZTE erklärt hätten, dass sie auch ohne das beanstandete Verhalten nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, zweitens, dass die Chips von Icera technisch veraltet gewesen seien und Icera jedenfalls nicht schneller als sie einen LTE‑Chip habe entwickeln können, und drittens, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum nicht vom Markt verdrängt worden sei, da es ihr gelungen sei, bedeutende externe Investitionen anzuziehen und sie von Nvidia übernommen worden sei. 668    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 669    Nach der Rechtsprechung missbraucht ein Unternehmen in beherrschender Stellung seine Position, wenn es Preise unterhalb der AVC oder Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und diese Preise im Rahmen einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers festgesetzt werden (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72). Im vorliegenden Fall ergibt sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch die Klägerin nachzuweisen. 670    Folglich konnte das Ergebnis der Kommission, es liege ein Missbrauch vor, das auf der Feststellung beruhte, die Klägerin habe Preise unterhalb ihrer Kosten angewandt, um ihre Konkurrentin Icera zu verdrängen, nicht durch die Umstände, selbst wenn sie erwiesen wären, beeinflusst werden, dass die zwei von dem beanstandeten Verhalten betroffenen Kunden auch ohne dieses Verhalten in jedem Fall nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, die Technologie von Icera veraltet gewesen sein soll und Icera im maßgeblichen Zeitraum externe Finanzierungen erhalten habe und übernommen worden sei. Dies gilt umso mehr, als die drei Umstände, auf die sich die Klägerin beruft, außerhalb von ihr lagen und von ihr nicht beeinflusst werden konnten, so dass sie nicht zur Folge haben können, dass die Klägerin von einer Sanktion für ihre Zuwiderhandlung befreit wird. 671    Jedenfalls beschränkt sich die Klägerin darauf, die drei fraglichen Umstände als „entscheidend“ zu bezeichnen, ohne jedoch darzulegen, inwiefern sie, wenn sie von der Kommission berücksichtigt worden wären, die von der Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung hätten in Frage stellen können. 672    Folglich ist der fünfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum sechsten Teil: kein Nachweis einer finanziellen Verdrängung 673    Die Klägerin macht geltend, die im angefochtenen Beschluss beanstandete Verdrängung werde nicht durch glaubhafte Beweise untermauert und vielmehr dadurch widerlegt, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum von Nvidia übernommen worden sei. Sie habe das Vorliegen einer „finanziellen Verdrängung“ im Verwaltungsverfahren bestritten, was die Kommission dazu veranlasst habe, diesen Vorwurf im angefochtenen Beschluss aufzugeben und sich auf den Vorwurf einer „herkömmlichen Verdrängung“ zu beschränken. 674    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 675    Für die Zurückweisung des vorliegenden Teils genügt die Feststellung, dass die Kommission, wie die Klägerin selbst einräumt, den angefochtenen Beschluss nicht auf den Vorwurf einer finanziellen Verdrängung gestützt hat, sondern auf eine herkömmliche Verdrängung, d. h. auf einen Fall, in dem ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise unterhalb seiner Kosten anwendet, um einen Konkurrenten zu verdrängen. 676    Folglich geht das Vorbringen der Klägerin zum fehlenden Nachweis einer finanziellen Verdrängung ins Leere, und der sechste Teil des vierten Klagegrundes ist zurückzuweisen. Zum siebten Teil: Neuheit, Fehlerhaftigkeit und Unbegründetheit der „Kampfpreis-Theorie“ 677    Die Klägerin ist der Auffassung, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, wonach sie Huawei MDM8200-Chips zu Verdrängungspreisen geliefert habe, damit Huawei die Mobilfunkbetreiber davon überzeugen könne, ihre mit den Chips der Klägerin ausgestatteten Geräte gegenüber den mit Icera-Chips ausgestatteten Geräten von ZTE zu bevorzugen, sei unhaltbar. 678    Die Kommission habe sich die „Kampfpreis-Theorie“ nur deshalb ausgedacht, weil sie für den Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 2010 nur in Bezug auf Huawei und nicht auf ZTE Beweise für Verdrängungspreise bei MDM8200-Chips gefunden habe. 679    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 680    Es ist daran zu erinnern, dass sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin u. a. in Bezug auf Huawei Verdrängungspreise für den MDM8200-Chip anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils nicht bestreitet. 681    Das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die Feststellung der Kommission, sie habe zunächst nur Huawei und noch nicht ZTE Verdrängungspreise angeboten, damit die mit ihrem Chip ausgestatteten Geräte von Huawei gegenüber den mit Icera-Chips ausgestatteten Geräten von ZTE bevorzugt würden, geht ins Leere, da es nicht geeignet ist, die von der Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung in Frage zu stellen. 682    Die Klägerin macht außerdem geltend, die Kommission habe die „Kampfpreis-Theorie“ nur deshalb entwickelt, weil sie für den Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 2010 nur in Bezug auf Huawei und nicht auf ZTE Beweise für Verdrängungspreise bei MDM8200-Chips gefunden habe. Für den Nachweis eines Missbrauchs reichte es jedoch aus, die Anwendung von Verdrängungspreisen gegenüber Huawei mit der Absicht, Icera zu verdrängen, darzulegen. Die Sanktionierung der Klägerin setzte somit keineswegs voraus, dass die Kommission nachwies, dass Verdrängungspreise auch gegenüber ZTE vorlagen. 683    Folglich ist der siebte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum achten Teil: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011 684    Unter Bezugnahme auf den sechsten und den siebten Klagegrund macht die Klägerin drei Fehler der Kommission geltend, wobei zwei die Zuordnung der FuE‑Kosten betreffen und einer die Zuweisung der NWK-Zahlung an ZTE betrifft. 685    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 686    Das Vorbringen ist im Rahmen der Prüfung des sechsten und des siebten Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden, was genügt, um den achten Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum neunten Teil: Verkennung der wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip durch die Kommission 687    Die Klägerin macht geltend, beim MDM8200-Chip seien technische Probleme aufgetreten, was dazu geführt habe, dass Huawei überschüssige Bestände an diesem Chip angehäuft habe, und daher sei es für sie völlig vernünftig gewesen, Preissenkungen für diesen Chip zu gewähren. Die Preisnachlässe seien nicht mit der Absicht, eine Konkurrentin zu verdrängen, gewährt worden. 688    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 689    Wie sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, hat die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten. Zudem ergibt sich aus der Prüfung des elften Klagegrundes, dass die Kommission bei der Zurückweisung der von der Klägerin vorgebrachten objektiven Rechtfertigungsgründe, einschließlich der Behauptung der Klägerin, sie habe die Verdrängungspreise angewandt, um Huawei zu helfen, ihren überschüssigen Bestand an MDM8200-Chips aufzulösen, keinen Fehler beging und nicht gegen ihre Begründungspflicht verstieß. Wie die Kommission außerdem in ihren Schriftsätzen zu Recht feststellt, bedeutet der Umstand, dass ein auf Verdrängung gerichtetes Verhalten möglicherweise vernünftig ist, nicht, dass dieses Verhalten rechtmäßig ist. 690    Folglich kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie die wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip, d. h. die technischen Probleme dieses Produkts, außer Acht gelassen habe. 691    Daher ist der neunte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zehnten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche 692    Um nachzuweisen, dass die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche, weist die Klägerin darauf hin, dass ihre Preise über den Preisen von Icera gelegen hätten und die von ihr zu Verdrängungspreisen verkauften Chipmengen im maßgeblichen Zeitraum im Vergleich zu den Chipmengen, die auf dem relevanten Markt und im Spitzensegment dieses Marktes verkauft worden seien, zu vernachlässigen gewesen seien. 693    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 694    Wie sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, hat die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen, dass die Klägerin Verdrängungspreise im Sinne des Urteils vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286), anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was für den Nachweis eines Missbrauchs durch die Klägerin genügt. Wie bereits oben im Rahmen der Prüfung des vierten Teils dieses Klagegrundes festgestellt, kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe außer Acht gelassen, dass die Verdrängungspreise der Klägerin über den Preisen von Icera lagen. 695    Zudem ist die Kommission, wie oben der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere den Rn. 521 bis 523 zu entnehmen ist, im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können. 696    Folglich ist der zehnte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum elften Teil: wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben habe, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe 697    Unter Bezugnahme auf den dritten Klagegrund macht die Klägerin als Erstes geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie ihre Verluste in der Zeit nach dem Zeitraum der Zuwiderhandlung ausgeglichen habe, obwohl ihr gemäß der Mitteilung über die Prioritäten dieser Nachweis obliege. Als Zweites wirft sie der Kommission vor, sie habe im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen, wann ihre angebliche Verdrängungsabsicht geendet habe. 698    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 699    Wie sich aus der Prüfung des dritten Klagegrundes und insbesondere aus Rn. 618 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die Kommission insbesondere nach der Mitteilung über die Prioritäten nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass das beherrschende Unternehmen die Verluste aus dem Zeitraum der Verdrängung ausgeglichen hat. 700    Außerdem ist die Kommission nicht verpflichtet, einen Endpunkt zu bestimmen, der das Ende der Verdrängung markiert, und der Umstand, dass sie im angefochtenen Beschluss für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2011 keine Analyse mehr vornahm, bedeutet lediglich, dass sie ab diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Beweise mehr für ein Verdrängungsverhalten der Klägerin gefunden hat. 701    Der elfte Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum zwölften Teil: wonach das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte 702    Unter Bezugnahme auf den neunten Klagegrund macht die Klägerin zunächst geltend, die Kommission habe keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durchgeführt. Sodann führt sie aus, die Kommission habe Beweise außer Acht gelassen, die belegten, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum nicht vom Markt ausgeschlossen worden sei und sogar sehr gute Ergebnisse erzielt habe, was die „Kampfpreis-Theorie“ in Frage stelle. 703    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 704    Zunächst ergibt sich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und dass, da die Kommission im vorliegenden Fall nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, und dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, dies genügt, um den Vorwurf der Klägerin, die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers sei im angefochtenen Beschluss nicht vorgenommen worden, zurückzuweisen. 705    Sodann ist festzustellen, dass die Kommission, wie oben in den Rn. 520 und 521 dargelegt, nicht nachweisen muss, dass ein Verdrängungsverhalten tatsächlich wettbewerbswidrige Auswirkungen hatte, was genügt, um die Rüge zurückzuweisen, Icera sei im maßgeblichen Zeitraum nicht wirksam verdrängt worden. 706    Folglich ist der zwölfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum 13. Teil: Fehler der Kommission durch Verurteilung echten Wettbewerbs 707    Die Klägerin macht geltend, sie habe lediglich an einem intensiven, jedoch normalen „Leistungswettbewerb“ teilgenommen und die – im vorliegenden Fall geahndeten – niedrigen Preise seien in Wirklichkeit wettbewerbsfördernd. Dies sei der erste Fall, in dem die Kommission eine Verdrängung wegen mangelnder Deckung der FuE‑Kosten feststelle. 708    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 709    Wie sich aus der Prüfung des zehnten Klagegrundes ergibt, wies die Kommission im angefochtenen Beschluss ordnungsgemäß nach, dass die Klägerin in Bezug auf Huawei und ZTE für die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A Verdrängungspreise anwandte, um Icera auszuschließen, und die Kommission stützte sich dabei sowohl auf direkte Beweise, nämlich interne Dokumente der Klägerin, als auch auf indirekte Beweise, d. h. Begleitumstände. Folglich kann die Klägerin nicht mit Recht geltend machen, dass sie in Wirklichkeit zugunsten des Wettbewerbs gehandelt habe. 710    Darüber hinaus ist zum Vorbringen der Klägerin, dies sei der erste Fall, in dem die Kommission eine Verdrängung wegen mangelnder Deckung der FuE‑Kosten feststelle, darauf hinzuweisen, dass dieses Argument im Rahmen des siebten Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden ist und, soweit es zur Stützung des vorliegenden Teils geltend gemacht wird, aus den dort genannten Gründen zurückzuweisen ist. 711    Folglich ist der 13. Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die zwölf anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind, ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“ 712    Der achte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Der erste Teil betrifft den Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse. Die zweite Teil bezieht sich auf die grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse. Der dritte Teil betrifft die unterlassene Berichtigung dieser Fehler im angefochtenen Beschluss. 713    Da der zweite und der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes beide im Wesentlichen Fehler betreffen, die die Kommission bei der Preis-Kosten-Analyse begangen haben soll und im angefochtenen Beschluss nicht berichtigt habe, werden sie gemeinsam geprüft. Vorbemerkungen 714    In Abschnitt 12.7.1 des angefochtenen Beschlusses nahm die Kommission eine quartalsbezogene Preis-Kosten-Analyse für die drei genannten Chips in Bezug auf die zwei betroffenen Kunden vor, um zu prüfen, ob die Klägerin Preise unterhalb der AVC oder LRAIC angewandt hatte. 715    In Abschnitt 12.7.1.1 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission zunächst, dass die AVC eines Chips zu Beginn seines Lebenszyklus besonders hoch seien und sich erst stabilisierten, wenn der Chip in das Stadium der Massenproduktion eintrete. Aus diesem Grund habe die Kommission bei ihrer Preis-Kosten-Analyse die Quartale außer Acht gelassen, die dem Stadium der Massenproduktion vorausgingen, und dieser Ansatz sei für die Klägerin vorteilhaft, da die Preis-Kosten-Analyse für die früheren Quartale angesichts der künstlich erhöhten Produktionskosten zu Beginn des Handelskreislaufs zur Feststellung von Verdrängungspreisen geführt hätte (940. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich bestimmte die Kommission das Quartal, in dem jeder der drei betreffenden Chips ihrer Ansicht nach das Stadium der Massenproduktion erreicht hatte, das den Ausgangspunkt ihrer Analyse bilden würde, d. h. das dritte Quartal 2009 für den Chip MDM8200 und das dritte Quartal 2010 für die Chips MDM6200 und MDM8200A (Erwägungsgründe 941 bis 943 des angefochtenen Beschlusses). 716    Anschließend führte die Kommission ihre Preis-Kosten-Analyse durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2011 für die drei genannten Chips und im Hinblick auf die beiden betroffenen Kunden Verdrängungspreise angewandt habe, wie sich insbesondere aus den Tabellen 55 bis 57 des angefochtenen Beschlusses ergibt. Zum ersten Teil: Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse 717    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse falsch bestimmt und unzureichend begründet. 718    Konkret wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe willkürlich und ohne angemessene Begründung die Auffassung vertreten, dass ein Chip zu dem Zeitpunkt, zu dem ein signifikanter Anstieg seines Produktionsvolumens zu beobachten sei, in das Stadium der Massenproduktion eintrete. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission stattdessen den Zeitpunkt berücksichtigen müssen, zu dem ein signifikanter und dauerhafter Rückgang der AVC des Chips zu verzeichnen sei, denn erst wenn sich die AVC stabilisiert hätten, habe der Chip seine volle Produktionskapazität erreicht. 719    Die Klägerin macht geltend, gemäß ihrem Ansatz auf der Grundlage eines signifikanten Rückgangs der AVC habe der MDM8200-Chip erst im zweiten Quartal 2010 das Stadium der Massenproduktion erreicht, während die Chips MDM8200A und MDM6200 dieses Stadium erst im ersten Quartal 2011 erreicht hätten. 720    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 721    Vorab ist festzustellen, dass die Parteien nicht bestreiten, dass die AVC eines Chips im Allgemeinen zu Beginn seines Lebenszyklus sehr hoch sind, anschließend mit steigender Produktion erheblich zurückgehen und sich im letzten Abschnitt seines Lebenszyklus stabilisieren. Die Parteien vertreten jedoch unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ab welchem Zeitpunkt des Lebenszyklus eines Chips die Kommission ihre Preis-Kosten-Analyse ordnungsgemäß durchführen kann, um festzustellen, ob Verdrängungspreise angewandt wurden. 722    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin darauf beschränkt, einen anderen Ansatz vorzuschlagen, ohne jedoch darzulegen, inwiefern der Ansatz der Kommission im angefochtenen Beschluss fehlerhaft sein soll oder warum der Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse auf den Zeitpunkt fallen soll, an dem sich ein signifikanter und dauerhafter Rückgang der AVC eines Chips beobachten lässt. Außerdem führt der Umstand, dass die von der Kommission angewandte Methode für die Klägerin nicht günstiger ist als die von der Klägerin vorgeschlagene Methode oder sich die zwei Methoden nicht ähnlich sind, nicht dazu, dass die Feststellungen der Kommission fehlerhaft sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 225), was genügt, um diesen ersten Teil zurückzuweisen. 723    Nach alledem ist der erste Teil zurückzuweisen. Zu den übrigen Teilen: die im angefochtenen Beschluss nicht berichtigten grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse 724    Zur Stützung des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, wenn die grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse korrigiert würden, würde die Preis-Kosten-Analyse nur noch zur Feststellung von Preisen unterhalb der LRAIC für den MDM8200-Chip führen, und zwar in Bezug auf Huawei in drei Quartalen und in Bezug auf ZTE in einem einzigen Quartal. Die Klägerin verweist auf den vierten, den sechsten und den siebten Klagegrund und erklärt, dass die grundlegendsten Fehler die „Kampfpreis-Theorie“, die Berechnung der Preise und die Berechnung der Kosten beträfen. 725    Zur Stützung des dritten Teils macht sie geltend, die Kommission habe die von ihr vorgeschlagenen Berichtigungen in Bezug auf die grundlegendsten Fehler der Preis-Kosten-Analyse zu Unrecht und ohne hinreichende Begründung zurückgewiesen. Konkret wirft sie der Kommission zum einen unter Bezugnahme auf den neunten Klagegrund vor, keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen zu haben, was ihre Preis-Kosten-Analyse verfälsche, und zum anderen wendet sie sich unter Bezugnahme auf den sechsten und den siebten Klagegrund gegen die Feststellungen in den Erwägungsgründen 994 ff. des angefochtenen Beschlusses. 726    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 727    Die Klägerin trägt zur Stützung des zweiten und des dritten Teils des achten Klagegrundes nichts Neues vor und beschränkt sich darauf, relativ vage auf einige andere Klagegründe zu verweisen, u. a. in Bezug auf Fehler bei der Entwicklung der „Kampfpreis-Theorie“ im angefochtenen Beschluss, die Berechnung der Preise und Kosten durch die Kommission sowie die fehlende Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers. Diese Argumente sind jedoch im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes in Bezug auf die beanstandeten Fehler der im angefochtenen Beschluss entwickelten „Kampfpreis-Theorie“, im Rahmen der Prüfung des sechsten und des siebten Klagegrundes in Bezug auf die beanstandeten Fehler bei der Berechnung der Preise und Kosten durch die Kommission und im Rahmen des ersten Teils des neunten Klagegrundes in Bezug auf die fehlende Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers zurückgewiesen worden, was genügt, um den zweiten und den dritten Teil des achten Klagegrundes zurückzuweisen. 728    Folglich sind der zweite und der dritte Teil des achten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 723), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zwölften Klagegrund: unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses 729    Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta und Art. 296 AEUV wegen unzureichender Begründung des angefochtenen Beschlusses geltend. 730    Konkret beanstandet sie als Erstes, dass der angefochtene Beschluss widersprüchlich sei sowie unvollständige Bewertungen und vage Erklärungen enthalte, und die Klägerin verweist insoweit auf Anlage A.12 zur Klageschrift, in der sie ein Verzeichnis der Unstimmigkeiten erstellt habe. 731    Als Zweites trägt die Klägerin vor, die Kommission gebe im angefochtenen Beschluss Erklärungen ab, die nicht fundiert seien, und übernehme die Behauptungen der Beschwerdeführerin, ohne sie kritisch zu hinterfragen. 732    Als Drittes beruft sich die Klägerin auf Beispiele, in denen die Kommission bestimmte, im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Argumente außer Acht gelassen und erst recht nicht ernsthaft geprüft habe, nämlich erstens das Argument in Bezug auf die Ungeeignetheit der Fragen, die im Rahmen von Auskunftsverlangen zur Abgrenzung des relevanten Marktes gestellt worden seien, zweitens das Argument in Bezug auf die nicht marginale Bedeutung der Entwicklungskosten der fraglichen Chips für Huawei und ZTE, drittens das Argument, dass keines der Dokumente, die die Kommission zum Nachweis der Verdrängungsabsicht der Klägerin verwendet habe, einen Hinweis auf den MDM8200-Chip enthalte, viertens das Argument in Bezug auf die indirekte Verdrängung und fünftens das Argument, die Klägerin habe lediglich ihre Preise den Preisen von Icera angeglichen. 733    Als Viertes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die Methode zur Berechnung der Referenzkosten, die sie im Verwaltungsverfahren vorgeschlagen habe, nicht erwähnt und sie, ohne dies zu erläutern, nicht im angefochtenen Beschluss berücksichtigt. 734    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 735    Gemäß Art. 41 Abs. 1 Buchst. c der Charta ist die Verwaltung verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen. Ebenso bestimmt Art. 296 AEUV, dass die Rechtsakte der Union mit einer Begründung zu versehen sind. 736    Nach gefestigter Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission, C‑247/14 P, EU:C:2016:149, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). 737    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer Begründung von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist. Folglich gehen Rügen und Argumente, die sich gegen die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses richten, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, ins Leere (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2018, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑449/14, EU:T:2018:456, Rn. 164). 738    Was die erste Rüge betrifft, mit der Widersprüche, unvollständige Bewertungen und vage Erklärungen im angefochtenen Beschluss beanstandet werden, ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht mit den in Anlage A.12 zur Klageschrift aufgeführten Widersprüchen, unvollständigen Bewertungen und vagen Erklärungen behaftet ist, was genügt, um diese Rüge zurückzuweisen. 739    In Bezug auf die zweite Rüge, mit der nicht fundierte Erklärungen und unkritisch übernommene Behauptungen der Beschwerdeführerin im angefochtenen Beschluss beanstandet werden, ist festzustellen, dass diese Rüge die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt und daher im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ins Leere geht. 740    Was die dritte Rüge betrifft, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe bestimmte, im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Argumente außer Acht gelassen, so hat die Klägerin im Rahmen des zweiten Klagegrundes (in Bezug auf die Fragen im Rahmen von Auskunftsverlangen zur Abgrenzung des relevanten Marktes), des vierten Klagegrundes (in Bezug auf die indirekte Verdrängung), des siebten Klagegrundes (in Bezug auf die Entwicklungskosten), des zehnten Klagegrundes (in Bezug auf die Verdrängungsabsicht) und des elften Klagegrundes (in Bezug auf die Anpassung an die Preise von Icera) alle diese Argumente vorgetragen, und das Gericht hat diese Argumente im Rahmen der Prüfung der genannten Klagegründe gesondert untersucht und zurückgewiesen, was genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen. 741    Was zudem die Rüge der Klägerin betrifft, die Kommission habe die fraglichen Argumente nicht ernsthaft geprüft, ist festzustellen, dass diese Rüge die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt und daher im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ins Leere geht. 742    Zur vierten Rüge, wonach die Kommission die Methode zur Berechnung der Referenzkosten, die sie im Verwaltungsverfahren vorgeschlagen habe, nicht im angefochtenen Beschluss erwähnt habe und außer Acht gelassen habe, ist festzustellen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht nicht dadurch verletzte, dass sie im vorliegenden Fall ihre eigene Methode zur Berechnung der Referenzkosten anwandte, ohne die Methode zu berücksichtigen, die die Klägerin vorgeschlagen haben will. Außerdem erläuterte die Kommission im vorliegenden Fall in Abschnitt 12.6 des angefochtenen Beschlusses klar und eindeutig ihre Methode zur Berechnung der Referenzkosten sowie die Gründe, aus denen sie diese Methode für die geeignetste hielt. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen. 743    Folglich ist der zwölfte Klagegrund zurückzuweisen. Zum 13. Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung 744    Im Rahmen des 13. Klagegrundes beanstandet die Klägerin sowohl den von der Kommission festgelegten Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung als auch den von ihr festgelegten Zeitpunkt des Endes der Zuwiderhandlung. 745    In Bezug auf den Beginn der Zuwiderhandlung bezieht sich die Klägerin auf die im Rahmen des achten Klagegrundes vorgetragenen Argumente und macht geltend, die Kommission könne den Beginn nicht auf den 1. Juli 2009 datieren, da der MDM8200-Chip erst im zweiten Quartal 2010 das Stadium der Massenproduktion erreicht habe und die Chips MDM8200A und MDM6200 dieses Stadium erst im ersten Quartal 2011 erreicht hätten. 746    Was das Ende der Zuwiderhandlung betrifft, knüpft die Klägerin an ihr Vorbringen zum vierten und zum zehnten Klagegrund an und macht geltend, die Kommission könne diesen Zeitpunkt nicht auf den 30. Juni 2011 datieren. 747    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 748    Die Klägerin verweist im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes lediglich auf ihr Vorbringen zum vierten, zum achten und zum zehnten Klagegrund. Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Klägerin ausdrücklich bestätigt, dass sich der vorliegende Klagegrund auf kein gesondertes, nicht zur Begründung eines anderen Klagegrundes vorgebrachtes Argument stütze. 749    Die Argumente zur Stützung des vierten, des achten und des zehnten Klagegrundes, auf die die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes verweist, sind alle zurückgewiesen worden, was genügt, um den 13. Klagegrund zurückzuweisen. Zum 14. Klagegrund: „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße 750    Dieser Klagegrund besteht aus sieben Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Zuwiderhandlung sei nicht vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden. Mit dem zweiten Teil werden Beurteilungs- und Rechtsfehler, ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und ein Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze gerügt. Der dritte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und offensichtliche Rechtsfehler und beanstandet insoweit, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung seien nicht beurteilt worden. Der vierte Teil betrifft Beurteilungs- und Rechtsfehler sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung. Der fünfte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und offensichtliche Rechtsfehler sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf den Zusatzbetrag der Geldbuße. Der sechste Teil betrifft Beurteilungs- und Rechtsfehler in Bezug auf fehlende mildernde Umstände nach den Leitlinien von 2006 sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Mit dem siebten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt. Vorbemerkungen 751    Im angefochtenen Beschluss entschied die Kommission, eine Geldbuße gegen die Klägerin zu verhängen, die anhand der in den Leitlinien von 2006 aufgestellten Grundsätze berechnet wurde. 752    Sie ermittelte zunächst auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Daten den Wert der direkten und indirekten Verkäufe von UMTS-Chips, d. h. der von der Zuwiderhandlung betroffenen Güter, im EWR durch die Klägerin. Sie stützte sich insoweit auf den tatsächlichen Wert der betreffenden Umsätze, indem sie den Wert der von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum realisierten Umsätze von UMTS-Chips zusammenrechnete, d. h. im zweiten Quartal 2009, im gesamten Jahr 2010 und im ersten Quartal 2011. Bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße wandte sie einen Schweregrad von [vertraulich] an, wobei sie die Gesichtspunkte, die sie bei der Festlegung dieses Prozentsatzes berücksichtigt hatte, im angefochtenen Beschluss erläuterte. 753    Sodann erhöhte die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße um einen Zusatzbetrag zwecks Abschreckung in Höhe von [vertraulich] der durchschnittlichen Umsätze der Klägerin mit UMTS-Chips im EWR im maßgeblichen Zeitraum, d. h. [vertraulich] der Hälfte des tatsächlichen Werts der betreffenden Umsätze, wie zuvor ermittelt. In den Erwägungsgründen 1274 bis 1278 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission die Faktoren, die sie bei der Festsetzung dieses Prozentsatzes berücksichtigt hatte. 754    Schließlich gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass mangels erschwerender oder mildernder Umstände der Betrag der Geldbuße nicht angepasst werden müsse. 755    In Anbetracht dieser Erwägungen setzte die Kommission die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße auf 242 042 000 Euro fest und wies darauf hin, dass angesichts des Umsatzes in Höhe von 19 105 Mio. Euro, den die Klägerin im letzten Wirtschaftsjahr vor Erlass des angefochtenen Beschlusses erzielt habe, die Geldbuße die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze von 10 % nicht überschreite. 756    Im vorliegenden Fall hält es das Gericht für zweckmäßig, mit der Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes zu beginnen. Zum zweiten Teil: Beurteilungs- und Rechtsfehler, Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze 757    Zur Stützung des zweiten Teils trägt die Klägerin drei Argumente vor. Als Erstes macht sie geltend, die Kommission sei bei der Bewertung ihrer indirekten Verkäufe von UMTS-Chips im EWR von Ziff. 15 der Leitlinien von 2006 abgewichen, da sie Daten verwendet habe, die das Kalenderjahr und nicht das letzte Steuerjahr beträfen. 758    Als Zweites rügt die Klägerin, die Kommission sei von den Ziff. 13 und 24 der Leitlinien von 2006 abgewichen, da sie die Umsätze zugrunde gelegt habe, die im gesamten maßgeblichen Zeitraum realisiert worden seien, und nicht die Umsätze des letzten vollständigen Steuerjahrs, und dies noch nicht einmal begründet habe. 759    Drittens beanstandet die Klägerin, sie habe keine Gelegenheit erhalten, der Kommission ihre Stellungnahme zu der von der Kommission geplanten Methode zur Schätzung ihrer Umsätze zukommen zu lassen. 760    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie erwidert als Erstes, dass sie zur Bestimmung des Werts der Umsätze der Klägerin die Daten habe verwenden müssen, die die Klägerin ihr 2015, d. h. in tempore non suspecto, als es noch nicht um die Berechnung der Geldbuße gegangen sei, für das Kalenderjahr vorgelegt habe, statt der von der Klägerin 2019 gelieferten Daten zum letzten Steuerjahr, die anschließend mehrfach aufgrund zahlreicher Fehler berichtigt worden seien und daher als wenig verlässlich erachtet worden seien. Es sei ihr nicht möglich gewesen, die Umsätze im letzten Steuerjahr auf der Grundlage der für das Kalenderjahr vorgelegten Daten zu schätzen, da die Klägerin ihr zu keinem Zeitpunkt eine Aufschlüsselung dieser Umsätze nach Quartalen übermittelt habe, was ihr die Schätzung ermöglicht hätte. 761    Als Zweites erläutert die Kommission in der Gegenerwiderung in Bezug auf die Heranziehung der Umsätze für den gesamten maßgeblichen Zeitraum, dass sie ihre Berechnungen nicht auf das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung habe stützen können, da die von der Klägerin übermittelten Daten zur Rekonstruktion des Marktes aggregierte Zahlen für das Kalenderjahr enthalten hätten. Seit dem ersten Auskunftsverlangen vom 5. Februar 2019 habe sie die Klägerin aufgefordert, ihr die Umsätze mit UMTS-Chips für jedes vollständige Wirtschaftsjahr von 2009 bis 2011 mitzuteilen, d. h. für den gesamten Zeitraum, und es sei für die Klägerin somit ersichtlich gewesen, dass sie den gesamten Zeitraum und nicht nur das letzte Wirtschaftsjahr habe heranziehen wollen. 762    Als Drittes macht die Kommission geltend, die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, zu der von ihr geplanten Methode Stellung zu nehmen, da sie die Klägerin am 13. Juni 2019 darüber informiert habe, so dass sie es ihr möglich gewesen sei, eine Stellungnahme zu übermitteln. 763    Was das erste Argument der Klägerin betrifft, die Kommission habe Daten verwendet, die das Kalenderjahr und nicht das letzte Steuerjahr beträfen, ist Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 zu entnehmen, dass die Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen verwendet, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen, und im Regelfall der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zugrunde zu legen ist. 764    Gemäß Ziff. 15 der Leitlinien von 2006 bestimmt die Kommission den Umsatz eines Unternehmens mittels der zuverlässigsten Daten, die von diesem Unternehmen verfügbar sind, und gemäß Ziff. 16 der Leitlinien kann die Kommission, wenn die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig sind, den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen. 765    Folglich ist die Kommission nicht verpflichtet, die Umsätze im letzten Steuerjahr zugrunde zu legen, da es sich dabei nur um eine Möglichkeit und keine Verpflichtung handelt, wie aus der Formulierung „im Regelfall“ in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 hervorgeht, die das Bestehen einer Möglichkeit bestätigt. Außerdem sieht Ziff. 16 der Leitlinien vor, dass die Kommission bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit der vom betreffenden Unternehmen vorgelegten Daten jede andere von ihr als einschlägig oder geeignet erachtete Information verwenden kann, um den Umsatz des fUnternehmens zu bestimmen. 766    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße die Angaben zu den Umsätzen der Klägerin je Kalenderjahr und nicht die Angaben zu den Umsätzen je Steuerjahr zugrunde legte und in den Erwägungsgründen 1246 bis 1266 des angefochtenen Beschlusses ausführlich begründete, warum sie so vorgegangen war, nämlich u. a. weil sie die Zuverlässigkeit der Angaben der Klägerin zu ihren Umsätzen je Steuerjahr anzweifelte. 767    Außerdem wäre die Klägerin, als die Kommission ihr am 13. Juni 2019 mitteilte, dass sie die Daten zu den Umsätzen je Kalenderjahr zugrunde legen wolle, durchaus in der Lage gewesen, die – nach Quartalen aufgeschlüsselten – Daten zu den Umsätzen je Kalenderjahr vorzulegen, was der Kommission ermöglicht hätte, anhand dieser Informationen die Umsätze der Klägerin im Steuerjahr 2010 zu berechnen. Die Klägerin hat dies versäumt und kann der Kommission daher nicht mit Erfolg vorwerfen, Daten nicht verwendet zu haben, die ihr nicht vorlagen. 768    Folglich beging die Kommission keinen Fehler und keinen Verstoß gegen ihre Begründungspflicht, als sie sich dafür entschied, die Angaben der Klägerin zu ihren Umsätzen je Kalenderjahr und nicht je Steuerjahr zu verwenden. 769    Was das zweite Argument der Klägerin betrifft, die Kommission habe die Umsätze während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung verwendet und nicht die Umsätze im letzten Steuerjahr, ist Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 zu entnehmen, dass, um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit der Anzahl der Jahre multipliziert wird, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. 770    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße berechnete, indem sie die Umsätze der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum, d. h. im zweiten Halbjahr 2009, im Jahr 2010 und im ersten Halbjahr 2011, zusammenrechnete, und nicht, indem sie die Umsätze im letzten Kalenderjahr mit der Anzahl der Jahre multiplizierte, an denen das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, d. h. zwei Jahre. 771    Anders als Ziff. 13 der Leitlinien, die der Kommission die Möglichkeit einräumt, andere Umsätze als die des letzten Steuerjahrs heranzuziehen, sieht Ziff. 24 der Leitlinien keine Ausnahme vor. 772    Zwar erlaubt Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 der Kommission grundsätzlich, von der in den Leitlinien vorgesehenen Methode abzuweichen, doch muss sie in einem solchen Fall besonders begründen, warum sie von der Methode abweicht. 773    Nach der Rechtsprechung ergibt sich nämlich zum einen, dass, wenn die Kommission beschließt, von der in den Leitlinien von 2006 dargelegten allgemeinen Methodik, durch die sie sich in der Ausübung ihres Ermessens bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen selbst gebunden hat, abzuweichen, indem sie sich auf Ziff. 37 der Leitlinien stützt, das Begründungserfordernis umso strenger zu beachten ist, und zum anderen, dass die Leitlinien Verhaltensnormen darstellen, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthalten, von der die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind. Diese Begründung muss umso genauer sein, als Ziff. 37 der Leitlinien sich nur vage auf die „besonderen Umstände eines Falles“ bezieht und der Kommission einen weiten Ermessensspielraum einräumt, um eine ausnahmsweise Anpassung der Grundbeträge der Geldbußen der betroffenen Unternehmen vorzunehmen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 774    Die Kommission erläutert zwar in der Tat, warum sie die Umsätze des Kalenderjahrs 2010 und nicht die des letzten Steuerjahrs zugrunde legte, doch liefert sie keine Begründung dafür, dass sie die während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung erzielten Umsätze verwendete (und nicht die – angesichts der zweijährigen Dauer der Zuwiderhandlung mit zwei multiplizierten – Umsätze im letzten Jahr der Zuwiderhandlung), denn sie beschränkt sich auf die Erklärung, dass sie ihre Berechnungen nicht auf das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung habe stützen können, da ihr nur aggregierte Zahlen für das Kalenderjahr vorgelegen hätten. Die Kommission hätte nämlich durchaus die Umsätze im letzten Kalenderjahr der Zuwiderhandlung zugrunde legen können, die ihr vorlagen und die sie für zuverlässig hielt, und diesen Wert mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung, d. h. zwei, multiplizieren können. 775    Nach der Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen außerdem grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149; vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46). Daraus folgt, dass die von der Kommission im vorliegenden Verfahren und konkret in der Gegenerwiderung abgegebene Erklärung hinsichtlich der Gründe, aus denen sie von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 abwich, selbst wenn sie überzeugen sollte, jedenfalls die insoweit fehlende Begründung im angefochtenen Beschluss nicht heilen könnte. 776    Somit wich die Kommission im angefochtenen Beschluss ungerechtfertigterweise von der in den Leitlinien von 2006 vorgeschriebenen Methode ab, indem sie sich im vorliegenden Verfahren und in der Gegenerwiderung auf eine unzureichende Begründung gestützt hat. 777    Was das dritte Argument der Klägerin betrifft, sie habe keine Gelegenheit gehabt, sich zu der Methode zu äußern, die die Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße habe anwenden wollen, steht fest, dass die Klägerin am 13. Juni 2019 über diese Methode informiert wurde und ihr insbesondere mitgeteilt wurde, dass die Kommission die Angaben zu den Umsätzen je Kalenderjahr verwenden wollte. Die Klägerin hatte daher die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. 778    Entgegen dem Vorbringen der Kommission konnte die Klägerin jedoch nicht allein deshalb, weil die Kommission sie aufgefordert hatte, ihr die Umsätze mit UMTS-Chips für jedes vollständige Wirtschaftsjahr zwischen 2009 und 2011 zu übermitteln, d. h. für den gesamten maßgeblichen Zeitraum, damit rechnen, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße anhand der im gesamten maßgeblichen Zeitraum erzielten Umsätze berechnen würde. 779    Nach alledem ist dem vorliegenden Teil und damit dem 14. Klagegrund teilweise stattzugeben. Folglich ist Art. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen Teile des vorliegenden Klagegrundes geprüft zu werden brauchen, da sie alle auf die Nichtigerklärung dieser Bestimmung gerichtet sind. Zum 15. Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle 780    Der vorliegende Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Kommission sei für die Anwendung von Art. 102 AEUV nicht zuständig. Der zweite Teil betrifft die Frage, ob das beanstandete Verhalten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigte. Zum ersten Teil: fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV 781    Die Klägerin ist der Auffassung, die Kommission habe sich im angefochtenen Beschluss zu Unrecht für zuständig erklärt, Art. 102 AEUV anzuwenden, und sie begründet dies wie folgt. 782    Als Erstes macht sie geltend, das beanstandete Verhalten sei nicht im EWR durchgeführt worden, da keine Direktverkäufe der betreffenden Chips im oder in den EWR erfolgt seien. 783    Als Zweites trägt sie vor, aus den im Rahmen des neunten Klagegrundes dargelegten Gründen sei das beanstandete Verhalten nicht geeignet gewesen, im EWR wettbewerbswidrige Verdrängungswirkungen zu entfalten. Und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wären die Verdrängungswirkungen jedenfalls nicht erheblich, unmittelbar und vorherzusehen gewesen. 784    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 785    In Bezug auf eine außerhalb des EWR gezeigte Verhaltensweise lässt sich die Zuständigkeit der Kommission zur Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV völkerrechtlich entweder mit dem Kriterium der Durchführung oder mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 40 bis 47; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 95 bis 97). 786    Insoweit ist auch zu beachten, dass die Kriterien der Durchführung und der qualifizierten Auswirkungen alternativ und nicht kumulativ sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 62 bis 64, und vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 98). 787    Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission in Abschnitt 13 des angefochtenen Beschlusses zur völkerrechtlichen Begründung ihrer Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV sowohl auf das Kriterium der Durchführung (1203. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) als auch auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen (Erwägungsgründe 1204 bis 1210 des angefochtenen Beschlusses). 788    In Bezug auf das Kriterium der Durchführung stellte die Kommission im 1203. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass es erfüllt sei, da die Klägerin gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass die von Huawei und ZTE montierten Geräte, die einen ihrer Basisband-Chips enthielten, auch im EWR in den Verkehr gebracht würden, was durch mehrere Beweise aus der Zeit des zur Last gelegten Sachverhalts und insbesondere eine Antwort der Klägerin im Verwaltungsverfahren sowie einige interne Dokumente der Klägerin bestätigt werde. 789    Die Klägerin bestreitet nicht, dass Huawei und ZTE, an die sie Chips zu Verdrängungspreisen verkauft hatte, die Chips in Geräte einbauten, die im EWR in den Verkehr gebracht wurden, und sie bestreitet auch nicht, dass sie dies wusste oder hätte wissen müssen, was der Grund dafür ist, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss feststellte, dass das Kriterium der Durchführung erfüllt sei. 790    Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im EWR keine Direktverkäufe stattgefunden hätten, da dieser Umstand von der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht für den Nachweis, dass das Kriterium der Durchführung erfüllt sei, herangezogen wird. 791    Folglich beging die Kommission keinen Fehler, als sie feststellte, dass das Kriterium der Durchführung im vorliegenden Fall erfüllt sei. 792    Da das Kriterium der Durchführung und das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen alternative Kriterien sind, wie sich aus der oben in Rn. 786 angeführten Rechtsprechung ergibt, muss, da die Klägerin die Feststellung der Kommission, wonach das Kriterium der Durchführung erfüllt sei, nicht widerlegen konnte, nicht geprüft werden, ob die Kommission zu Recht der Auffassung war, dass das andere Kriterium, d. h. das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen, ebenfalls erfüllt sei, da das Kriterium der Durchführung für sich genommen die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV begründen kann. 793    Nach alledem ist der erste Teil des 15. Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten 794    Die Klägerin bezieht sich auf ihr Vorbringen zum neunten Klagegrund und macht geltend, die Kommission sei im 1216. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass das beanstandete Verhalten nennenswerte Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gehabt habe. 795    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 796    Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Frage, ob der Missbrauch einer beherrschenden Stellung zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten führen kann, die Auswirkungen auf die Struktur eines wirksamen Wettbewerbs im Binnenmarkt zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 4. Mai 1988, Bodson, 30/87, EU:C:1988:225, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). 797    Danach sind Praktiken, die auf die Verdrängung des größten im Binnenmarkt ansässigen Wettbewerbers vom Markt gerichtet sind, ihrer Art nach geeignet, die Wettbewerbsstruktur im Binnenmarkt und damit den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 102 AEUV zu beeinträchtigen (Urteil vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, EU:T:1996:139, Rn. 203). 798    Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine wettbewerbswidrige Praxis, die ein Zwischenerzeugnis betrifft, geeignet ist, den Handel im Binnenmarkt zu beeinträchtigen, auch wenn das Zwischenerzeugnis selbst nicht Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten ist, sondern nur den Ausgangsstoff für ein anderes Erzeugnis darstellt, das anderswo in der Union vertrieben wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 1985, Clair, 123/83, EU:C:1985:33, Rn. 29). 799    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass das beanstandete Verhalten darauf gerichtet war, Icera auszuschalten, die größte Wettbewerberin der Klägerin, die zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Union ansässig war, was die Streithelferin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat. Ferner betraf das Verhalten UMTS-Chips, d. h. Zwischenerzeugnisse, die für MBB-Geräte bestimmt waren, die u. a. in der Union vertrieben wurden, was die Klägerin nicht wirksam bestritten hat. 800    Folglich beging die Kommission keinen Fehler und keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht, als sie im angefochtenen Beschluss feststellte, dass das beanstandete Verhalten geeignet gewesen sei, Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu haben. Der zweite Teil des 15. Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. 801    Nach alledem ist der 15. Klagegrund zurückzuweisen. Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße 802    Die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ermächtigt das Gericht, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus, die nur die Abweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und insbesondere den Betrag der Geldbuße herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 61 und 62, sowie vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 86). 803    Im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat das Gericht die Höhe der Geldbuße unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls festzusetzen. Dies setzt nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung unter Wahrung der Grundsätze u. a. der Verhältnismäßigkeit und der individuellen Sanktionsfestsetzung voraus (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung). 804    Im Rahmen seiner Begründungspflicht hat das Gericht auch ausführlich darzulegen, welche Faktoren es bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C‑519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 52). 805    Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung des Gerichts bei der Bestimmung des Betrags der Geldbuße, die gegen die Klägerin zu verhängen ist, weil sie zwei Jahre lang selektive Verdrängungspreise anwandte, um ihre größte Konkurrentin auszuschalten, unter Berücksichtigung der Prüfung des zweiten Teils des 14. Klagegrundes wie folgt vorzugehen. Vorbemerkung 806    Auch wenn das Gericht nicht an die Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gebunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C‑519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 52 bis 55), ist im vorliegenden Fall die Methode anzuwenden, die in den Leitlinien von 2006 vorgesehen ist und von der Klägerin nicht beanstandet wird. Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße 807    Da Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 keine Verpflichtung enthält, den Umsatz im letzten Steuerjahr zugrunde zu legen, wie oben in den Rn. 763 bis 765 dargelegt, ist im vorliegenden Fall der Umsatz zu berücksichtigen, den die Klägerin im letzten Kalenderjahr der Zuwiderhandlung auf dem Markt für UMTS-Chips im EWR erzielte, d. h. im Kalenderjahr 2010. Die Wahl dieses Kalenderjahrs ist nämlich dadurch gerechtfertigt, dass im vorliegenden Fall die von der Klägerin für jedes Steuerjahr vorgelegten Daten aus den in den Erwägungsgründen 1246 bis 1266 des angefochtenen Beschlusses erläuterten Gründen nicht verlässlich sind. 808    Insoweit geht aus der von den Parteien nicht beanstandeten Tabelle 75 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich der Umsatz der Klägerin mit UMTS-Chips im Kalenderjahr 2010 im EWR auf [vertraulich] belief. Schwere der Zuwiderhandlung 809    Was den zu berücksichtigenden Anteil am Umsatz betrifft, ist allen maßgeblichen Umständen des Falls Rechnung zu tragen, insbesondere der weltweiten wirtschaftlichen Bedeutung des UMTS-Marktes, der Art der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung, dem Umstand, dass sich die beanstandete Praxis gegen die einzige Wettbewerberin richtete, die die Klägerin im Spitzensegment dieses Marktes herausfordern konnte, dem Umstand, dass das Verhalten auch andere potenzielle neue Marktteilnehmer abschrecken konnte, und der geografischen Reichweite der Zuwiderhandlung, die weltweite Bedeutung hatte und den gesamten EWR einschloss. 810    Daher ist ein Schweregrad von 11 % anzuwenden, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt. Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung 811    Aus Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 ergibt sich, dass, um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit der Anzahl der Jahre multipliziert wird, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. 812    Da die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall zwei Jahre andauerte (1295. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ist der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit zwei zu multiplizieren, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt. Zusatzbetrag 813    Gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 kann ein Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes dem Grundbetrag der Geldbuße hinzugefügt werden, um Unternehmen gleicher Größe, die über identische Ressourcen verfügen, davon abzuhalten, ähnliche wettbewerbswidrige Verhaltensweisen wie das im betreffenden Fall geahndete Verhalten an den Tag zu legen. 814    Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Auffassung, dass das Ziel der Abschreckung durch einen Betrag gewährleistet werden kann, der unter dem in Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 genannten Prozentsatz liegt, dem lediglich Hinweischarakter zukommt. 815    Daher ist dem Grundbetrag der Geldbuße ein Zusatzbetrag in Höhe von 11 % des Umsatzes der Klägerin mit UMTS-Chips im EWR im Kalenderjahr 2010, so wie er der von den Parteien nicht beanstandeten Tabelle 75 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, hinzuzufügen, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt. Mildernde oder erschwerende Umstände 816    Im vorliegenden Fall kann keiner der Umstände, auf die die Klägerin allgemein verweist, zu einer Verringerung der Geldbuße nach Ziff. 29 der Leitlinien führen, und in Anbetracht sämtlicher einschlägigen Umstände ist eine Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße nicht angemessen. 817    Darüber hinaus ist das Gericht ebenso wie die Kommission im angefochtenen Beschluss der Ansicht, dass eine Erhöhung der Geldbuße wegen erschwerender Umstände im vorliegenden Fall nicht angezeigt ist. 818    Folglich ist der Betrag der Geldbuße nicht wegen mildernder oder erschwerender Umstände anzupassen. Ergebnis zum Betrag der Geldbuße 819    Nach alledem wird der Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 238 732 659,33 Euro festgesetzt. Kosten 820    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner trägt nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 821    Im vorliegenden Fall sind sowohl die Klägerin als auch die Kommission teilweise unterlegen. 822    Unter diesen Umständen sind der Klägerin neun Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie neun Zehntel der Kosten der Kommission und sämtliche Kosten der Streithelferin aufzuerlegen. Die Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten und ein Zehntel der Kosten der Klägerin. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Art. 2 des Beschlusses C(2019) 5361 final der Kommission vom 18. Juli 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39711 – Qualcomm [Verdrängungspreise]) wird für nichtig erklärt. 2.      Die in Art. 2 dieses Beschlusses gegen die Qualcomm Inc. verhängte Geldbuße wegen des von ihr begangenen, in Art. 1 des Beschlusses festgestellten Verstoßes wird auf 238 732 659,33 Euro festgesetzt. 3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4.      Qualcomm trägt neun Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie neun Zehntel der Kosten der Europäischen Kommission und sämtliche Kosten der Nvidia Corp. 5.      Die Europäische Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie ein Zehntel der Kosten von Qualcomm. Spielmann Mastroianni Gâlea Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2024. Der Kanzler Der Präsident V. Di Bucci D. Spielmann Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Hintergrund der Rechtssache Verwaltungsverfahren Inhalt des angefochtenen Beschlusses Betroffene Produkte Relevanter Markt Beherrschende Stellung Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Keine Rechtfertigung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Zuständigkeit der Kommission – Sanktion Verfahren und Anträge der Parteien Verfahren Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Verfahrensfehler Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Vorbemerkungen – Zur ersten Rüge: überlange Dauer der Untersuchung – Zur zweiten Rüge: Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der Akten – Zur dritten Rüge: parteiische Untersuchung Zum zweiten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit – Vorbemerkungen – Zur ersten Rüge: unzureichende Akteneinsicht – Zur zweiten Rüge: unzureichender Inhalt der übermittelten Akten Zum zweiten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum Zum ersten Teil: Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes – Vorbemerkungen – Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie sich auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Fragen gestützt habe – Zur zweiten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie das Vorliegen einer Substitutionskette nicht geprüft habe – Zur dritten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission bei der Schlussfolgerung, dass sie den SSNIP-Test nicht anwenden müsse Zum zweiten Teil: direkter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt Zum dritten Teil: indirekter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt Zum vierten Teil: beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum Zum fünften Teil: Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, auf dem die Analyse der Kommission beruhe Zum fünften Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion „tatsächlich gezahlter“ Preise Zum ersten Teil: unnötige „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss Zum zweiten Teil: Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“ Zum sechsten Klagegrund: „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“ Zum ersten Teil: NWK-Zahlung an ZTE Zum zweiten Teil: NWK-Zahlung an Huawei Zum siebten Klagegrund: „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“ Vorbemerkungen Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo Zum zweiten Teil: Rüge, das LRAIC Kriterium sei kein angemessener Kostenmaßstab Zum dritten Teil: Rüge, die von der Kommission errechneten LRAIC entsprächen nicht den „echten“ LRAIC Zum neunten Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, die von der Klägerin praktizierten Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt Zum ersten Teil: keine Analyse des sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durch die Kommission Zu den anderen Teilen, mit denen im Wesentlichen fehlende Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens geltend gemacht werden Zum zehnten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe Zum elften Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von der Klägerin vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe Zum dritten Klagegrund: „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“ Zum ersten Teil: Nichtanwendung der in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten „richtigen Rechtsnorm“ Zum zweiten Teil: fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“ Vorbemerkungen Zum ersten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen Zum zweiten Teil: Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet Zum dritten Teil: fehlender Nachweis der Kommission, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe Zum vierten Teil, wonach die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten Zum fünften Teil, wonach die Kommission entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt habe Zum sechsten Teil: kein Nachweis einer finanziellen Verdrängung Zum siebten Teil: Neuheit, Fehlerhaftigkeit und Unbegründetheit der „Kampfpreis-Theorie“ Zum achten Teil: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011 Zum neunten Teil: Verkennung der wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip durch die Kommission Zum zehnten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche Zum elften Teil: wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben habe, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe Zum zwölften Teil: wonach das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte Zum 13. Teil: Fehler der Kommission durch Verurteilung echten Wettbewerbs Zum achten Klagegrund: „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“ Vorbemerkungen Zum ersten Teil: Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse Zu den übrigen Teilen: die im angefochtenen Beschluss nicht berichtigten grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse Zum zwölften Klagegrund: unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses Zum 13. Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung Zum 14. Klagegrund: „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße Vorbemerkungen Zum zweiten Teil: Beurteilungs- und Rechtsfehler, Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze Zum 15. Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle Zum ersten Teil: fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV Zum zweiten Teil: Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße Vorbemerkung Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße Schwere der Zuwiderhandlung Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung Zusatzbetrag Mildernde oder erschwerende Umstände Ergebnis zum Betrag der Geldbuße Kosten *      Verfahrenssprache: Englisch. 1 Unkenntlich gemachte vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 5. Februar 2025.#Ryanair DAC gegen Europäische Kommission.#Rechtssache T-743/21.
62021TJ0743
ECLI:EU:T:2025:135
2025-02-05T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 4. Oktober 2024.#Europäische Kommission und Rat der Europäischen Union gegen Front populaire pour la libération de la Saguia el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario).#Rechtsmittel – Auswärtiges Handeln – Internationale Übereinkünfte – Partnerschaftliches Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko über nachhaltige Fischerei – Beschluss über den Abschluss dieses Abkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls – Geltend gemachte Verstöße gegen das Völkerrecht wegen der Anwendbarkeit des Abkommens auf die an die Westsahara angrenzenden Gewässer – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Parteifähigkeit – Klagebefugnis – Voraussetzung, wonach ein Kläger in bestimmten Fällen von der streitigen Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen sein muss – Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen – Grundsatz der Selbstbestimmung – Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung – Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen – Ermessen des Rates der Europäischen Union – Völkergewohnheitsrecht – Allgemeine Grundsätze des Unionsrechts – Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, als eines an einer internationalen Übereinkunft nicht beteiligten Dritten.#Verbundene Rechtssachen C-778/21 P und C-798/21 P.
62021CJ0778
ECLI:EU:C:2024:833
2024-10-04T00:00:00
Gerichtshof, Ćapeta
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62021CJ0778 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 4. Oktober 2024 (*1) [Text berichtigt mit Beschluss vom 15. Januar 2025] „Rechtsmittel – Auswärtiges Handeln – Internationale Übereinkünfte – Partnerschaftliches Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko über nachhaltige Fischerei – Beschluss über den Abschluss dieses Abkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls – Geltend gemachte Verstöße gegen das Völkerrecht wegen der Anwendbarkeit des Abkommens auf die an die Westsahara angrenzenden Gewässer – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Parteifähigkeit – Klagebefugnis – Voraussetzung, wonach ein Kläger in bestimmten Fällen von der streitigen Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen sein muss – Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen – Grundsatz der Selbstbestimmung – Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung – Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen – Ermessen des Rates der Europäischen Union – Völkergewohnheitsrecht – Allgemeine Grundsätze des Unionsrechts – Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, als eines an einer internationalen Übereinkunft nicht beteiligten Dritten“ In den verbundenen Rechtssachen C‑778/21 P und C‑798/21 P betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 14. Dezember 2021, Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Bouquet, F. Castillo de la Torre und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte, dann durch A. Bouquet, D. Calleja Crespo und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte, Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑778/21 P, andere Parteien des Verfahrens: Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario), vertreten durch G. Devers, Avocat, Kläger im ersten Rechtszug, Rat der Europäischen Union, Beklagter im ersten Rechtszug, Königreich Spanien, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte, Französische Republik, zunächst vertreten durch J.‑L. Carré, A.‑L. Desjonquères und T. Stéhelin als Bevollmächtigte, dann durch G. Bain, B. Herbaut, T. Stéhelin und B. Travard als Bevollmächtigte, Chambre des pêches maritimes de la Méditerranée, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Nord, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Centre, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Sud, vertreten durch N. Angelet, G. Forwood und A. Hublet, Avocats, sowie N. Forwood, BL, Streithelfer im ersten Rechtszug, und Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch F. Naert und V. Piessevaux als Bevollmächtigte, dann durch F. Naert, A. Nowak-Salles und V. Piessevaux als Bevollmächtigte, Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑798/21 P, unterstützt durch Königreich Belgien, zunächst vertreten durch J.‑C. Halleux, C. Pochet und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte, dann durch C. Pochet und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte, Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte, Portugiesische Republik, vertreten durch P. Barros da Costa und A. Pimenta als Bevollmächtigte, Slowakische Republik, zunächst vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte, dann durch S. Ondrášiková als Bevollmächtigte, Streithelfer im Rechtsmittelverfahren, andere Parteien des Verfahrens: Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario), vertreten durch G. Devers, Avocat, Kläger im ersten Rechtszug, Königreich Spanien, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte, Französische Republik, zunächst vertreten durch J.‑L. Carré, A.‑L. Desjonquères und T. Stéhelin als Bevollmächtigte, dann durch G. Bain, B. Herbaut, T. Stéhelin und B. Travard als Bevollmächtigte, Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Bouquet, F. Castillo de la Torre und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte, dann durch A. Bouquet, D. Calleja Crespo und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte, Chambre des pêches maritimes de la Méditerranée, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Nord, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Centre, Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Sud, vertreten durch N. Angelet, G. Forwood und A. Hublet, Avocats, sowie N. Forwood, BL, Streithelfer im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, C. Lycourgos, E. Regan und Z. Csehi, der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, der Richter S. Rodin, I. Jarukaitis, A. Kumin und N. Jääskinen (Berichterstatter), der Richterin M. L. Arastey Sahún und des Richters M. Gavalec, Generalanwältin: T. Ćapeta, Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. und 24. Oktober 2023, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. März 2024 folgendes Urteil 1 Mit ihren jeweiligen Rechtsmitteln begehren die Europäische Kommission (Rechtssache C‑778/21 P) und der Rat der Europäischen Union (Rechtssache C‑798/21 P) die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑344/19 und T‑356/19, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:640), mit dem das Gericht den Beschluss (EU) 2019/441 des Rates vom 4. März 2019 über den Abschluss des partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko, des dazugehörigen Durchführungsprotokolls und des Briefwechsels zu dem Abkommen (ABl. 2019, L 77, S. 4, im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt hat. 2 In der Rechtssache C‑798/21 P beantragt der Rat ferner, hilfsweise, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Verkündung des zu erlassenden Urteils aufrechtzuerhalten. Rechtlicher Rahmen Völkerrecht Charta der Vereinten Nationen 3 In Art. 1 der am 26. Juni 1945 in San Francisco unterzeichneten Charta der Vereinten Nationen (im Folgenden: Charta der Vereinten Nationen) heißt es: „Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele: … 2. freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen; …“ 4 Kapitel XI („Erklärung über Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung“) der Charta der Vereinten Nationen enthält ihren Art. 73, der bestimmt: „Mitglieder der Vereinten Nationen, welche die Verantwortung für die Verwaltung von Hoheitsgebieten haben oder übernehmen, deren Völker noch nicht die volle Selbstregierung erreicht haben, bekennen sich zu dem Grundsatz, dass die Interessen der Einwohner dieser Hoheitsgebiete Vorrang haben; sie übernehmen als heiligen Auftrag die Verpflichtung, im Rahmen des durch diese Charta errichteten Systems des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit das Wohl dieser Einwohner aufs Äußerste zu fördern … …“ Wiener Übereinkommen 5 Im letzten Absatz der Präambel des am 23. Mai 1969 in Wien geschlossenen Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331, im Folgenden: Wiener Übereinkommen) bekräftigen die Vertragsstaaten des Übereinkommens den Grundsatz, dass „die Sätze des Völkergewohnheitsrechts weiterhin für Fragen gelten, die in diesem Übereinkommen nicht geregelt sind“. 6 In Art. 3 („Nicht in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende internationale Übereinkünfte“) des Wiener Übereinkommens heißt es: „Der Umstand, dass dieses Übereinkommen weder auf die zwischen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten oder zwischen solchen anderen Völkerrechtssubjekten geschlossenen internationalen Übereinkünfte noch auf nicht schriftliche internationale Übereinkünfte Anwendung findet, berührt nicht … b) die Anwendung einer der in diesem Übereinkommen niedergelegten Regeln auf sie, denen sie auch unabhängig von diesem Übereinkommen auf Grund des Völkerrechts unterworfen wären; …“ 7 Art. 29 („Räumlicher Geltungsbereich von Verträgen“) des Wiener Übereinkommens lautet: „Sofern keine abweichende Absicht aus dem Vertrag hervorgeht oder anderweitig festgestellt ist, bindet ein Vertrag jede Vertragspartei hinsichtlich ihres gesamten Hoheitsgebiets.“ 8 Art. 34 („Allgemeine Regel betreffend Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens bestimmt: „Ein Vertrag begründet für einen Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte.“ 9 Art. 35 („Verträge zu Lasten von Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens lautet: „Ein Drittstaat wird durch eine Vertragsbestimmung verpflichtet, wenn die Vertragsparteien beabsichtigen, durch die Vertragsbestimmung eine Verpflichtung zu begründen, und der Drittstaat diese Verpflichtung ausdrücklich in Schriftform annimmt.“ 10 Art. 36 („Verträge zugunsten von Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens bestimmt: „(1)   Ein Drittstaat wird durch eine Vertragsbestimmung berechtigt, wenn die Vertragsparteien beabsichtigen, durch die Vertragsbestimmung dem Drittstaat oder einer Staatengruppe, zu der er gehört, oder allen Staaten ein Recht einzuräumen, und der Drittstaat dem zustimmt. Sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht, wird die Zustimmung vermutet, solange nicht das Gegenteil erkennbar wird. (2)   Ein Staat, der ein Recht nach Absatz 1 ausübt, hat die hierfür in dem Vertrag niedergelegten oder im Einklang mit ihm aufgestellten Bedingungen einzuhalten.“ Resolution III der Schlussakte der Dritten Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen 11 Die Resolution III der Schlussakte der Dritten Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen vom 30. April 1982 sieht vor, dass „im Fall eines Gebiets, dessen Bevölkerung nicht die volle Unabhängigkeit oder ein anderes von den Vereinten Nationen anerkanntes Autonomiestatut erlangt hat, oder im Fall eines Gebiets unter kolonialer Herrschaft die Vorschriften des [am 10. Dezember 1982 in Montego Bay geschlossenen Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (im Folgenden: Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen)] über Rechte oder Interessen … zugunsten der Bevölkerung dieses Gebiets angewendet [werden], um deren Wohlstand und Entwicklung zu fördern“. Assoziierungsabkommen 12 Am 1. März 2000 trat das am 26. Februar 1996 in Brüssel unterzeichnete Europa‑Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2000, L 70, S. 2, im Folgenden: Assoziierungsabkommen) in Kraft. 13 Art. 1 Abs. 1 des Assoziierungsabkommens lautet: „Zwischen der [Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl] und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Marokko andererseits wird eine Assoziation gegründet.“ 14 Art. 94 des Assoziierungsabkommens lautet: „Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl angewendet werden, und nach Maßgabe jener Verträge einerseits sowie für das Gebiet des Königreichs Marokko andererseits.“ Fischereiabkommen von 2006 15 Am 22. Mai 2006 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 764/2006 über den Abschluss des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko (ABl. 2006, L 141, S. 1). Art. 1 dieser Verordnung bestimmt: „Das partnerschaftliche Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko wird im Namen der Gemeinschaft genehmigt.“ 16 Mit dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko (ABl. 2006, L 141, S. 4, im Folgenden: Fischereiabkommen von 2006) soll nach seiner Präambel und seinen Art. 1 und 3 die u. a. im Rahmen des Assoziierungsabkommens begründete Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko in der Fischerei durch die Förderung einer verantwortungsvollen Fischerei in den marokkanischen Fischereizonen und die wirksame Umsetzung der marokkanischen Fischereipolitik vertieft werden. 17 Art. 11 des Fischereiabkommens von 2006 sieht vor, dass es hinsichtlich des Königreichs Marokko „für das Gebiet Marokkos und die Gewässer unter der Gerichtsbarkeit Marokkos“ gilt. 18 Gemäß Art. 2 Buchst. a des Fischereiabkommens von 2006 bezeichnet der Ausdruck „marokkanische Fischereizone“ im Sinne dieses Abkommens, des ihm beigefügten Protokolls sowie seines Anhangs „die Gewässer unter der Hoheit oder der Gerichtsbarkeit Marokkos“. Vorgeschichte des Rechtsstreits 19 Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens kann die u. a. in den Rn. 1 bis 72 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt zusammengefasst werden. Internationaler Kontext 20 Die Westsahara ist ein Gebiet im Nordwesten des afrikanischen Kontinents; sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom Königreich Spanien kolonisiert und später eine spanische Provinz. Im Jahr 1963 nahm die Organisation der Vereinten Nationen sie als ein vom Königreich Spanien verwaltetes Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung im Sinne von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen in die „Vorläufige Liste der Gebiete, auf die die Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker [(Resolution 1514 [XV] der Generalversammlung der Vereinten Nationen)] anwendbar ist“, auf. Sie ist bis heute in der Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung verzeichnet, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf der Grundlage der ihm gemäß Art. 73 Buchst. e ihrer Charta übermittelten Informationen erstellt hat. 21 Am 20. Dezember 1966 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 1500. Plenarsitzung die Resolution 2229 (XXI) zur Frage der Gebiete Ifni und Spanisch-Sahara, in der sie das „unveräußerliche Recht de[s] [Volkes] … von Spanisch-Sahara auf Selbstbestimmung gemäß der Resolution 1514 (XV) der Generalversammlung [der Vereinten Nationen]“ bekräftigte und das Königreich Spanien als Verwaltungsmacht aufforderte, „so bald wie möglich … die Modalitäten für die Organisation eines Referendums festzulegen, das unter der Aufsicht der Organisation der Vereinten Nationen durchgeführt wird, damit die einheimische Bevölkerung dieses Gebiets ihr Recht auf Selbstbestimmung frei ausüben kann“. 22 Am 24. Oktober 1970 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 1883. Plenarsitzung die Resolution 2625 (XXV), mit der sie die „Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen“ billigte, deren Wortlaut der Resolution als Anlage beigefügt ist. Diese Erklärung „verkündet feierlich“ insbesondere den „Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker“. 23 Der Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario) ist eine am 10. Mai 1973 in der Westsahara gegründete Organisation. Gemäß Art. 1 seiner Satzung versteht er sich als „nationale Befreiungsbewegung“, deren Mitglieder „für die völlige Unabhängigkeit und die Wiedererlangung der Souveränität des sahrauischen Volkes über das gesamte Gebiet der Demokratischen Arabischen Republik Sahara kämpfen“. 24 Am 20. August 1974 übersandte das Königreich Spanien dem Generalsekretär der Vereinten Nationen ein Schreiben mit der Ankündigung, dass es beabsichtige, unter der Aufsicht der Vereinten Nationen ein Referendum zu organisieren, damit das Volk der Westsahara sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben könne. 25 Am 16. Oktober 1975 erstattete der Internationale Gerichtshof (IGH) in seiner Eigenschaft als Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen im Anschluss an ein von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Rahmen ihrer Arbeiten zur Entkolonialisierung der Westsahara an ihn gerichtetes Ersuchen ein Gutachten zur Westsahara (ICJ Reports 1975, S. 12, im Folgenden: Westsahara-Gutachten). In Rn. 162 dieses Gutachtens kommt der IGH zu folgendem Ergebnis: „Nach den dem [IGH] vorgelegten Unterlagen und den ihm erteilten Auskünften bestanden während der spanischen Kolonialherrschaft zwischen dem Sultan von Marokko und bestimmten im Gebiet der Westsahara lebenden Stämmen Rechtsbeziehungen in Form von Treueverhältnissen, gab es auch Rechte, u. a. bestimmte Rechte an Grund und Boden, die Rechtsbeziehungen zwischen der mauretanischen Einheit, so wie der [IGH] sie versteht, und dem Gebiet der Westsahara begründeten, bestand zwischen dem Gebiet der Westsahara und dem Königreich von Marokko bzw. der mauretanischen Einheit aber kein Verhältnis einer territorialen Souveränität. Der [IGH] hat also nicht das Vorliegen von Rechtsbeziehungen festgestellt, die geeignet wären, die Anwendung der Resolution 1514 (XV) [der Generalversammlung der Vereinten Nationen] auf die Entkolonialisierung der Westsahara, insbesondere die Anwendung des Grundsatzes der Selbstbestimmung auf der Basis eines frei und unverfälscht geäußerten Willens der Bevölkerung des Gebiets zu ändern. …“ 26 In Rn. 163 des Westsahara-Gutachtens führte der IGH insbesondere aus: „[Der IGH ist der Auffassung], hinsichtlich der Frage I …, dass die Westsahara (Rio de Oro und Sakiet El Hamra) zum Zeitpunkt der Kolonisierung durch Spanien kein Niemandsland (terra nullius) war; hinsichtlich der Frage II …, dass das Gebiet zum Königreich Marokko Rechtsbeziehungen hatte, die die in Rn. 162 des vorliegenden Gutachtens genannten Merkmale aufwiesen, [und] dass das Gebiet zur mauretanischen Einheit Rechtsbeziehungen hatte, die die in Rn. 162 des vorliegenden Gutachtens genannten Merkmale aufwiesen.“ 27 In einer am Tag der Veröffentlichung des Westsahara-Gutachtens gehaltenen Rede erklärte der König von Marokko, dass „alle Welt … anerkannt [hat], dass die [Westsahara] [zum Königreich Marokko] gehört“, und es „[seine] Sache [ist], dieses Gebiet friedlich zurückzuerlangen“; er rief deshalb zu einem Marsch auf. 28 Am 6. November 1975 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner 1854. Sitzung die Resolution 380 (1975) zur Westsahara, in der er „mit Bedauern zur Kenntnis [nahm], dass es zu dem … angekündigten Marsch gekommen ist“, und „[das Königreich] Marokko auf[forderte], alle Teilnehmer des Marsches unverzüglich aus dem Gebiet der Westsahara zurückzuziehen“. 29 Am 26. Februar 1976 setzte das Königreich Spanien den Generalsekretär der Vereinten Nationen davon in Kenntnis, dass es ab diesem Tag seine Präsenz in der Westsahara beenden werde und sich nicht mehr als international verantwortlich für die Verwaltung dieses Gebiets betrachte. 30 In der Zwischenzeit war in dieser Region ein bewaffneter Konflikt zwischen dem Königreich Marokko, der Islamischen Republik Mauretanien und dem Front Polisario ausgebrochen. In diesem Kontext floh ein Teil der Bevölkerung der Westsahara, mehrheitlich Angehörige des sahrauischen Volkes, aus der Westsahara und fand Zuflucht in Lagern auf algerischem Hoheitsgebiet, nahe der Grenze zur Westsahara. 31 Einen Tag, nachdem das Königreich Spanien die Westsahara verlassen hatte, kündigte der Front Polisario die Errichtung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) an. Bislang hat weder die Europäische Union noch einer ihrer Mitgliedstaaten die DARS anerkannt. 32 Am 14. April 1976 schloss das Königreich Marokko mit der Islamischen Republik Mauretanien einen Vertrag über die Aufteilung des Gebiets der Westsahara und annektierte den ihm durch den Vertrag zuerkannten Teil dieses Gebiets. Die Islamische Republik Mauretanien schloss am 10. August 1979 mit dem Front Polisario einen Friedensvertrag, in dem sie hinsichtlich der Westsahara auf jegliche Gebietsansprüche verzichtete. Im Anschluss daran übernahm das Königreich Marokko die Kontrolle über das von den mauretanischen Kräften geräumte Gebiet. 33 Am 21. November 1979 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 75. Plenarsitzung die Resolution 34/37 über die Frage der Westsahara, in der sie „das unveräußerliche Recht des Volkes der Westsahara auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit gemäß der [Charta der Vereinten Nationen] … sowie der Ziele [ihrer] Resolution 1514 (XV) [bekräftigte]“, „die Verschärfung der Lage, die durch die anhaltende Besetzung der Westsahara durch Marokko … entstanden ist[, zutiefst bedauerte]“, „Marokko eindringlich [bat], sich an den Friedensbemühungen zu beteiligen und die Besetzung des Gebiets der Westsahara zu beenden“, und „zu diesem Zweck [empfahl], dass [der Front Polisario] als Vertreter des Volkes der Westsahara ohne Einschränkungen an allen Bemühungen um eine gerechte, dauerhafte und endgültige politische Lösung der Frage der Westsahara gemäß den Resolutionen und Erklärungen der Organisation der Vereinten Nationen … mitwirken sollte“. Auf diese Resolution folgte die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 56. Plenarsitzung am 11. November 1980 verabschiedete Resolution 35/19, in deren Punkt 10 die Generalversammlung „Marokko und den Front Polisario als den Vertreter des Volkes der Westsahara eindringlich auf[forderte], direkte Verhandlungen aufzunehmen, um zu einer endgültigen Regelung der Frage der Westsahara zu gelangen“. 34 Der Konflikt zwischen dem Königreich Marokko und dem Front Polisario dauerte an, bis die Parteien am 30. August 1988 den u. a. vom Generalsekretär der Vereinten Nationen unterbreiteten Vorschlägen für die Konfliktbeilegung, die insbesondere einen Waffenstillstand und die Organisation eines Referendums über die Selbstbestimmung unter der Aufsicht der Vereinten Nationen vorsahen, grundsätzlich zustimmten. Mangels einer politischen Lösung flammten die Feindseligkeiten jedoch im Jahr 2020 wieder auf. 35 Um u. a. den Waffenstillstand zu überwachen und zur Organisation des Referendums beizutragen, richtete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im April 1991 die Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in der Westsahara (Minurso) ein, deren Mandat jährlich verlängert wird und bis heute fortbesteht. In Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen wurde regelmäßig bekräftigt, dass jede politische Lösung „die Selbstbestimmung des Volkes [der] Westsahara im Rahmen von Regelungen …, die mit den Grundsätzen und Zielen der Charta der Vereinten Nationen im Einklang stehen“, ermöglichen muss (vgl. zuletzt Resolution 2703 [2023] des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 30. Oktober 2023, Nr. 4). 36 Am 6. Dezember 1995 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 82. Plenarsitzung die Resolution 50/33 („Aktivitäten ausländischer wirtschaftlicher und sonstiger Interessen, welche die Verwirklichung der Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker in unter Kolonialherrschaft stehenden Gebieten behindern“), in der es u. a. heißt: „Die Generalversammlung … bekräftigt das unveräußerliche Recht der Völker der Kolonialgebiete und der Gebiete ohne Selbstregierung auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit und auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen ihrer Gebiete sowie ihr Recht, über diese Ressourcen zu ihrem eigenen Wohl zu verfügen“, „bestätigt den Wert ausländischer Wirtschaftsinvestitionen, die in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung der Gebiete ohne Selbstregierung und entsprechend ihren Wünschen mit dem Ziel erfolgen, einen wertvollen Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung dieser Gebiete zu leisten“, „erklärt erneut, dass die in Verletzung der einschlägigen Resolutionen der Organisation der Vereinten Nationen erfolgende missbräuchliche Ausbeutung und Plünderung der Meeres- und der sonstigen natürlichen Ressourcen der Kolonialgebiete und Gebiete ohne Selbstregierung durch ausländische Wirtschaftsinteressen eine Bedrohung der Unversehrtheit und des Wohlstands dieser Gebiete darstellt“, und „bittet alle Regierungen und Organisationen des Systems der Vereinten Nationen, sicherzustellen, dass die ständige Souveränität der Völker der Kolonialgebiete und der Gebiete ohne Selbstregierung über ihre natürlichen Ressourcen voll respektiert und geschützt wird“. 37 Bislang hat noch kein solches Referendum stattgefunden, und das Königreich Marokko kontrolliert den größten Teil des Gebiets der Westsahara, den ein von seiner Armee errichteter und überwachter Sandwall von dem übrigen Teil trennt, der vom Front Polisario kontrolliert wird. Assoziierungsabkommen, Liberalisierungsabkommen und die verschiedenen zwischen der Union und dem Königreich Marokko geschlossenen Fischereiabkommen sowie ihre rechtlichen Folgen 38 Im Rahmen des Assoziierungsabkommens wurde am 13. Dezember 2010 in Brüssel das Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko mit Maßnahmen zur gegenseitigen Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, Fisch und Fischereierzeugnissen, zur Ersetzung der Protokolle Nrn. 1, 2 und 3 und ihrer Anhänge sowie zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2012, L 241, S. 4, im Folgenden: Liberalisierungsabkommen) unterzeichnet. Dieses Abkommen wurde durch den Beschluss 2012/497/EU des Rates vom 8. März 2012 (ABl. 2012, L 241, S. 2) im Namen der Union genehmigt. 39 Im Bereich der Fischerei übernahm die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1985 die Verantwortung für die bestehenden, vom Königreich Spanien und von der Portugiesischen Republik mit dem Königreich Marokko geschlossenen Fischereiabkommen für die Zeit ab ihrem Beitritt zur damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. Beschluss 87/442/EWG des Rates vom 13. August 1987 zum Abschluss des Abkommens in Form eines Briefwechsels über die Fischereiregelungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko mit einstweiliger Geltung in der Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1987 [ABl. 1987, L 232, S. 18] und Abkommen in Form eines Briefwechsels über die Fischereiregelung zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko mit einstweiliger Geltung in der Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1987 [ABl. 1987, L 232, S. 19]). 40 In den Jahren 1988, 1992 und 2006 schloss die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ihre eigenen Fischereiabkommen mit dem Königreich Marokko, und zwar das Abkommen über die Fischereibeziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko (ABl. 1988, L 99, S. 49, im Folgenden: Abkommen von 1988), das Abkommen über die Fischereibeziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko (ABl. 1992, L 407, S. 3, im Folgenden: Abkommen von 1992) und das Fischereiabkommen von 2006. 41 Der Geltungsbereich dieser Abkommen erstreckte sich auf das „Gebiet Marokkos und die Gewässer unter der Gerichtsbarkeit Marokkos“, ohne die Grenze der einbezogenen Meeresgebiete im Einzelnen festzulegen (vgl. in diesem Sinne Art. 1 des Abkommens von 1988, Art. 1 des Abkommens von 1992 und Art. 11 des Fischereiabkommens von 2006). 42 Ein Schlüsselelement all dieser Abkommen war die Zahlung finanzieller Beiträge an das Königreich Marokko als teilweise Gegenleistung für die Erteilung von Lizenzen an Fischereifahrzeuge der Union durch die marokkanischen Behörden (vgl. in diesem Sinne Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 des Abkommens von 1988, Art. 2 Abs. 2 und Art. 7 des Abkommens von 1992 sowie die Art. 6 und 7 des Fischereiabkommens von 2006). 43 In gesonderten Protokollen, die jeweils für einen Zeitraum von vier Jahren galten und fester Bestandteil dieser Abkommen waren, wurden außerdem die Fangmöglichkeiten für Fischereifahrzeuge der Union, die Laufzeit und die Nutzungsbedingungen festgelegt (Art. 5 und 7 des Abkommens von 1988 und Protokoll Nr. 1 zur Festsetzung der von Marokko eingeräumten Fangmöglichkeiten und der von der Gemeinschaft gewährten Gegenleistung für den Zeitraum vom 1. März 1988 bis 29. Februar 1992 [ABl. 1988, L 99, S. 61], Art. 7 und 9 des Abkommens von 1992 und Protokoll zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der von der Gemeinschaft eingeräumten finanziellen Gegenleistung und Unterstützungen [ABl. 1992, L 407, S. 15] sowie Art. 5 bis 7 des Fischereiabkommens von 2006 und Protokoll zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko [ABl. 2006, L 141, S. 9]). 44 Nach den Angaben im zweiten Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses endete die Geltungsdauer des letzten Protokolls zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der Finanzbeiträge – des Protokolls zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen den beiden Vertragsparteien (ABl. 2013, L 328, S. 2, im Folgenden: Protokoll von 2013), das dem Fischereiabkommen von 2006 beigefügt war – am 14. Juli 2018. 45 Am 19. November 2012 erhob der Front Polisario beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/497 und machte geltend, der Rat habe dadurch, dass er mit diesem Beschluss die Anwendung des Liberalisierungsabkommens auf das Gebiet der Westsahara genehmigt habe, eine Reihe von Verstößen gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen begangen. Mit Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), erklärte das Gericht den Beschluss 2012/497, soweit mit ihm die Anwendung des Liberalisierungsabkommens auf die Westsahara genehmigt wurde, mit der Begründung für nichtig, der Rat habe seine Verpflichtung verletzt, vor dem Erlass dieses Beschlusses alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen, weil er nicht untersucht habe, ob die Nutzung der in die Union ausgeführten Erzeugnisse mit Ursprung in diesem Gebiet zum Nachteil von dessen Bevölkerung erfolge und Grundrechte der Betroffenen verletzt würden. 46 Auf das vom Rat am 19. Februar 2016 eingelegte Rechtsmittel hin hob der Gerichtshof mit Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), das Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), auf und wies die vom Front Polisario beim Gericht erhobene Klage als unzulässig ab. Dabei gab der Gerichtshof dem zweiten Rechtsmittelgrund statt, mit dem ein Rechtsfehler des Gerichts bei der Prüfung der Klagebefugnis des Front Polisario geltend gemacht wurde, und insbesondere der Rüge, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass das Liberalisierungsabkommen auf die Westsahara Anwendung finde. Der Gerichtshof befand u. a., dass die Westsahara nach dem Grundsatz der Selbstbestimmung, der in den Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko Anwendung findet, und dem daraus resultierenden Recht auf Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara, eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung im Sinne von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen, einen gegenüber jedem Staat einschließlich des Königreichs Marokko gesonderten und unterschiedlichen Status hat. Er schloss daraus, dass der Ausdruck „Gebiet des Königreichs Marokko“ in Art. 94 des Assoziierungsabkommens nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Westsahara in den räumlichen Geltungsbereich dieses Abkommens fällt. 47 Der Gerichtshof stützte diese Schlussfolgerung in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), auch darauf, dass das Volk der Westsahara als „Dritter“ im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen anzusehen ist. Im Fall der Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens wäre aber die Zustimmung dieses Dritten erforderlich, damit die Durchführung des Abkommens ihm gegenüber Wirkungen entfalten kann, ohne dass geklärt werden müsste, ob dessen Durchführung ihm schaden oder im Gegenteil nützen könnte. Aus dem Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), war aber nicht ersichtlich, dass das Volk der Westsahara eine solche Zustimmung zum Assoziierungsabkommen erklärt hätte. 48 Im Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), führte der Gerichtshof u. a. erstens aus, dass das Fischereiabkommen von 2006 zu einer ganzen Reihe von internationalen Übereinkünften gehört, die im Rahmen des Assoziierungsabkommens geschlossen wurden. Seines Erachtens ist angesichts der Existenz dieses Bündels internationaler Übereinkünfte der Begriff „Gebiet Marokkos“ in Art. 11 des Fischereiabkommens von 2006 ebenso zu verstehen wie der Begriff „Gebiet des Königreichs Marokko“ in Art. 94 des Assoziierungsabkommens, so dass das Gebiet der Westsahara nicht unter den Begriff „Gebiet Marokkos“ im Sinne von Art. 11 des Fischereiabkommens von 2006 fällt. 49 Zweitens stellte der Gerichtshof zur Auslegung des Ausdrucks „Gewässer unter der Hoheit oder der Gerichtsbarkeit Marokkos“ fest, dass nach Art. 2 Abs. 1 sowie den Art. 55 und 56 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen der Küstenstaat seine Souveränität oder Hoheitsbefugnisse lediglich über die angrenzenden Gewässer seines Küstenmeers bzw. seiner ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ausüben darf. Demnach sind, da das Gebiet der Westsahara nicht zum Gebiet des Königreichs Marokko gehört, die daran angrenzenden Gewässer nicht Teil der marokkanischen Fischereizone im Sinne von Art. 2 Buchst. a des Fischereiabkommens von 2006. 50 Drittens wäre es mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung und dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen nicht zu vereinbaren, die unmittelbar an die Küste des Gebiets der Westsahara angrenzenden Gewässer als „Gewässer unter der Hoheit … Marokkos“ im Sinne von Art. 2 Buchst. a des Fischereiabkommens von 2006 in dessen Geltungsbereich einzubeziehen. 51 Viertens hatten der Rat und die Kommission, was den Ausdruck „Gewässer unter … der Gerichtsbarkeit Marokkos“ in Art. 2 Buchst. a des Fischereiabkommens von 2006 angeht, u. a. in Betracht gezogen, dass das Königreich Marokko als „De-facto-Verwaltungsmacht“ oder als Besatzungsmacht des Gebiets der Westsahara anzusehen und eine solche Einstufung für die Bestimmung des Geltungsbereichs des Abkommens relevant sein könnte. Ohne dass geprüft zu werden brauchte, ob eine etwaige gemeinsame Absicht der Parteien des Abkommens, dem genannten Ausdruck besondere Bedeutung beizumessen, um solchen Umständen Rechnung zu tragen, mit den für die Union bindenden Regeln des Völkerrechts vereinbar wäre, konnte eine solche gemeinsame Absicht hier jedenfalls nicht festgestellt werden, weil das Königreich Marokko kategorisch ausgeschlossen hatte, Besatzungs- oder Verwaltungsmacht des Gebiets der Westsahara zu sein. 52 Fünftens wurde zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs des Protokolls von 2013 sowohl im Fischereiabkommen von 2006 als auch in diesem Protokoll der Ausdruck „marokkanische Fischereizone“ verwendet. Mit diesem Ausdruck waren die Gewässer unter der Hoheit oder der Gerichtsbarkeit des Königreichs Marokko gemeint, so dass die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer nicht darunterfielen. 53 Sechstens wurden die in den Bestimmungen des Protokolls von 2013 angesprochenen geografischen Koordinaten der Basislinien und der Fischereizone des Königreichs Marokko erst am 16. Juli 2014 übermittelt. Da das Protokoll am 15. Juli 2014 in Kraft trat, gehörten diese geografischen Koordinaten nicht zu dem von den Vertragsparteien vereinbarten Text des Protokolls. Selbst wenn sie vor dem Inkrafttreten des Protokolls übermittelt worden wären, hätten sie jedenfalls die in Rn. 79 des Urteils vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), vorgenommene Auslegung des Ausdrucks „marokkanische Fischereizone“ nicht in Frage stellen und den Geltungsbereich des Protokolls nicht auf die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer ausdehnen können. 54 Unter diesen Umständen entschied der Gerichtshof, dass seine Prüfung, bei der festgestellt wurde, dass weder das Fischereiabkommen von 2006 noch das Protokoll von 2013 auf die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer Anwendung fand, nichts ergeben hatte, was die Gültigkeit der Rechtsakte, mit denen diese Abkommen geschlossen wurden, im Licht von Art. 3 Abs. 5 EUV berühren könnte. Streitiges Abkommen und streitiger Beschluss 55 Im Anschluss an das Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), ermächtigte der Rat mit Beschluss vom 16. April 2018 die Kommission, im Namen der Union Verhandlungen mit dem Königreich Marokko aufzunehmen, um das Fischereiabkommen von 2006 zu ändern und insbesondere die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer in dessen Geltungsbereich einzubeziehen. Am Ende dieser Verhandlungen wurden am 24. Juli 2018 ein neues partnerschaftliches Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der Union und dem Königreich Marokko, ein neues Protokoll zur Durchführung dieses Abkommens nebst Anhang und Anlagen sowie der Briefwechsel zu dem Abkommen paraphiert. 56 Am 14. Januar 2019 unterzeichneten die Union und das Königreich Marokko in Brüssel das partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko (ABl. 2019, L 77, S. 8, im Folgenden: Fischereiabkommen), das dazugehörige Durchführungsprotokoll (ABl. 2019, L 77, S. 18, im Folgenden: Durchführungsprotokoll) und den Briefwechsel zu dem Abkommen (ABl. 2019, L 77, S. 53, im Folgenden: Briefwechsel) (im Folgenden zusammen: streitiges Abkommen). 57 Nach Art. 1 Buchst. h des Fischereiabkommens bezeichnet für die Zwecke dieses Abkommens der Ausdruck „Fischereizone“„die Gewässer des östlichen Mittelatlantiks zwischen 35°47′18″ und 20°46′13″ nördlicher Breite, einschließlich der angrenzenden Gewässer der Westsahara, die sich über alle Bewirtschaftungsgebiete erstrecken“. Weiter heißt es dort, dass „diese Begriffsbestimmung … nicht die möglichen Verhandlungen über die Abgrenzung der Gewässer von Küstenstaaten [berührt], die an die Fischereizone angrenzen, und generell die Rechte von Drittländern“. 58 Art. 5 Abs. 1 und 2 des Fischereiabkommens sieht vor: „(1)   Unionsschiffe dürfen in der unter das vorliegende Abkommen fallenden Fischereizone nur Fischfang betreiben, wenn sie im Besitz einer gemäß diesem Abkommen erteilten Fanggenehmigung sind. Jede Fischereitätigkeit in der Fischereizone außerhalb des Rahmens dieses Abkommens ist verboten. (2)   Die Behörden des Königreichs Marokko erteilen Unionsschiffen nur gemäß diesem Abkommen Fanggenehmigungen. Die Ausstellung von Fanggenehmigungen an Unionsschiffe außerhalb des Rahmens dieses Abkommens, insbesondere in Form direkter Fanggenehmigungen, ist verboten.“ 59 In Art. 6 Abs. 1 des Fischereiabkommens heißt es: „Um einen Rechtsrahmen für nachhaltige Fischerei zu gewährleisten, müssen Unionsschiffe, die in der Fischereizone tätig sind, die marokkanischen Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften für die Fischereitätigkeiten in diesem Gebiet einhalten, sofern in diesem Abkommen nichts anderes festgelegt ist. …“ 60 Art. 12 Abs. 1 bis 4 des Fischereiabkommens lautet: „(1)   Die finanzielle Gegenleistung ist im [Durchführungsprotokoll] festgelegt. (2)   Die finanzielle Gegenleistung gemäß Absatz 1 umfasst: a) Ausgleichszahlungen für den Zugang von Unionsschiffen zu der Fischereizone; b) von den Reedern der Unionsschiffe entrichtete Gebühren; c) eine Unterstützung des Fischereisektors durch die Union für die Durchführung einer nachhaltigen Fischereipolitik und der Meerespolitik, die einer jährlichen und mehrjährigen Programmplanung unterliegt. (3)   Die Zahlung der finanziellen Gegenleistung der Union erfolgt jährlich gemäß dem [Durchführungsprotokoll]. (4)   Die Vertragsparteien prüfen die ausgewogene geografische und soziale Verteilung des sich aus diesem Abkommen ergebenden sozioökonomischen Nutzens, insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur, die grundlegenden sozialen Dienste, die Gründung von Unternehmen, die Berufsbildung und Projekte für die Entwicklung und Modernisierung des Fischereisektors, um sicherzustellen, dass diese Verteilung den betreffenden Bevölkerungsgruppen entsprechend der Fischereitätigkeiten zugutekommt.“ 61 Art. 13 Abs. 1 des Fischereiabkommens lautet: „Es wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt, der sich aus Vertretern der Vertragsparteien zusammensetzt. Er ist für die Überwachung der Anwendung dieses Abkommens verantwortlich und kann Änderungen des [Durchführungsprotokolls] verabschieden.“ 62 Art. 14 des Fischereiabkommens bestimmt: „Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen einerseits der [EU-Vertrag] und der [AEU-Vertrag] [sowie andererseits] die in Artikel 6 Absatz 1 dieses Abkommens genannten Gesetze und Rechtsvorschriften angewandt werden.“ 63 In Art. 16 des Fischereiabkommens heißt es: „Das [Durchführungsprotokoll] und der [Briefwechsel] sind integraler Bestandteil dieses Abkommens …“ 64 Art. 6 Abs. 1 und 2 des Durchführungsprotokolls sieht vor: „(1)   Die finanzielle Gegenleistung gemäß Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a des Fischereiabkommens und die Gebühren gemäß Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b des Fischereiabkommens unterliegen einer gerechten geografischen und sozialen Verteilung des sozioökonomischen Nutzens, um sicherzustellen, dass sie den betreffenden Bevölkerungsgruppen nach Artikel 12 Absatz 4 des Fischereiabkommens zugutekommt. (2)   Die Behörden des Königreichs Marokko legen spätestens drei Monate nach Beginn der Anwendung dieses Protokolls die Methode für die geografische und soziale Verteilung nach Absatz 1 und den Schlüssel für die Aufteilung der zugewiesenen Beträge vor, die vom Gemischten Ausschuss geprüft wird.“ 65 Der zweite Absatz des Briefwechsels lautet: „Nach Abschluss der Verhandlungen kamen die [Union] und das Königreich Marokko wie folgt überein: 1. In Bezug auf die Westsahara bekräftigen die Vertragsparteien ihre Unterstützung für den [Prozess der Vereinten Nationen] und für die Bemühungen des [Generalsekretärs der Vereinten Nationen], im Einklang mit den Grundsätzen und Zielen der Charta der Vereinten Nationen und auf der Grundlage der Resolutionen des [Sicherheitsrates der Vereinten Nationen] eine endgültige politische Lösung zu finden. 2. Das Fischereiabkommen wird unbeschadet der jeweiligen Standpunkte geschlossen: – Für die [Union] berührt die Bezugnahme auf die Gesetze und Vorschriften Marokkos im Fischereiabkommen nicht ihren Standpunkt zum Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung der Westsahara, dessen angrenzende Gewässer von der Fischereizone im Sinne von Artikel 1 Buchstabe h des Fischereiabkommens erfasst werden, und dessen Recht auf Selbstbestimmung; – für das Königreich Marokko ist die Region der Sahara fester Bestandteil seines nationalen Hoheitsgebiets, in dem es seine Hoheitsgewalt wie im übrigen nationalen Hoheitsgebiet vollständig ausübt. Marokko ist der Auffassung, dass jede Lösung für diesen regionalen Streit auf der Grundlage seiner Autonomieinitiative erfolgen sollte.“ 66 Am 4. März 2019 erließ der Rat den streitigen Beschluss. Dessen Art. 1 Abs. 1 bestimmt: „Das [Fischereiabkommen], das … Durchführungsprotokoll und der Briefwechsel … werden im Namen der Union genehmigt.“ 67 In den Erwägungsgründen 3 bis 5 und 7 bis 12 des streitigen Beschlusses heißt es: „(3) In seinem Urteil in der Rechtssache C‑266/16 hat der Gerichtshof in seiner Antwort auf eine Vorlagefrage zur Vorabentscheidung über die Gültigkeit und Auslegung des [Fischereiabkommens von 2006] und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls festgestellt, dass weder [dieses] Abkommen noch das dazugehörige Durchführungsprotokoll auf die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer Anwendung findet. (4) Die Union greift dem Ergebnis des politischen Prozesses über den endgültigen Status der Westsahara, der unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindet, nicht vor und hat ihr Engagement für die Beilegung des Streits in der Westsahara – die derzeit von den Vereinten Nationen in der Liste der nichtselbstverwalteten Gebiete geführt und heute weitgehend vom Königreich Marokko verwaltet wird – wiederholt bekräftigt. Sie unterstützt voll und ganz die Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und seines Persönlichen Gesandten, den Parteien dabei zu helfen, zu einer gerechten, dauerhaften und für beide Seiten annehmbaren politischen Lösung zu gelangen, die der Bevölkerung der Westsahara im Rahmen von Vereinbarungen gemäß den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Zielen und Grundsätzen und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des [Sicherheitsrats der Vereinten Nationen] … die Selbstbestimmung ermöglicht. (5) Die Unionsflotten sollten ihre seit Inkrafttreten des [Fischereiabkommens von 2006] ausgeübten Fangtätigkeiten fortsetzen können, und der Geltungsbereich [dieses] Abkommens sollte so festgelegt werden, dass auch die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer einbezogen werden. Die Fortsetzung der Fischereipartnerschaft ist ebenfalls von wesentlicher Bedeutung, um sicherzustellen, dass dieses Gebiet weiterhin die im Rahmen des [Fischereiabkommens von 2006] gewährte sektorale Unterstützung, im Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, einschließlich der Menschenrechte, und zugunsten der betreffenden Bevölkerung, erhalten kann. … (7) Ziel des Fischereiabkommens ist es, der Union und dem Königreich Marokko eine engere Zusammenarbeit bei der Förderung einer nachhaltigen Fischereipolitik, einer verantwortungsvollen Nutzung der Fischereiressourcen in dem im Fischereiabkommen festgelegten Fanggebiet sowie zur Unterstützung der Bemühungen des Königreichs Marokko zur Entwicklung des Fischereisektors und der Blauen Wirtschaft zu ermöglichen. Es trägt zum Erreichen der Ziele der Union nach Artikel 21 [EUV] bei. (8) Die Kommission hat die potenziellen Auswirkungen des Fischereiabkommens auf die nachhaltige Entwicklung, insbesondere hinsichtlich der Vorteile für die betreffende Bevölkerung und der Nutzung der natürlichen Ressourcen der betroffenen Gebiete, bewertet. (9) Aus dieser Bewertung geht hervor, dass das Fischereiabkommen aufgrund der positiven sozioökonomischen Auswirkungen – insbesondere im Hinblick auf Beschäftigung und Investitionen – und seiner Auswirkungen auf die Entwicklung des Fischereisektors und des Fischverarbeitungssektors für die betreffende Bevölkerung der Westsahara von großem Nutzen sein dürfte. (10) Ebenso geht daraus hervor, dass das Fischereiabkommen auch die beste Garantie für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen der an die Westsahara angrenzenden Gewässer ist, da die Fangtätigkeit auf der Einhaltung der besten wissenschaftlichen Gutachten und Empfehlungen auf diesem Gebiet beruht und von geeigneten Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen flankiert wird. (11) Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Urteil [vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118),] hat die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst [(EAD)] in diesem Zusammenhang alle angemessenen und durchführbaren Maßnahmen ergriffen, um die betreffende Bevölkerung in geeigneter Weise einzubeziehen, um sich deren Zustimmung zu vergewissern. Umfangreiche Konsultationen wurden in der Westsahara und im Königreich Marokko durchgeführt, und die daran beteiligten sozioökonomischen und politischen Akteure sprachen sich eindeutig für den Abschluss des Fischereiabkommens aus. Allerdings haben [der] Front Polisario und andere Beteiligte einer Teilnahme am Konsultationsprozess nicht zugestimmt. (12) Diejenigen, die einer Teilnahme an Konsultationen nicht zustimmten, haben die Anwendung des Fischereiabkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls auf die an die Westsahara angrenzenden Gewässer abgelehnt, da sie im Wesentlichen der Auffassung waren, dass solche Rechtsakte den Standpunkt des Königreichs Marokko bezüglich des Gebiets der Westsahara [bekräftigten]. In den Bestimmungen des Fischereiabkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls deutet jedoch nichts darauf hin, dass mit ihm die Souveränität oder Hoheitsrechte des Königreichs Marokko über die Westsahara und die an sie angrenzenden Gewässer anerkannt würden. Darüber hinaus wird die Union ihre Anstrengungen zur Unterstützung des unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eingeleiteten Prozesses der friedlichen Beilegung des Streits verstärken.“ 68 Gemäß Art. 17 des Fischereiabkommens traten dieses Abkommen, das Durchführungsprotokoll und der Briefwechsel am 18. Juli 2019 in Kraft (ABl. 2019, L 195, S. 1). 69 Das Durchführungsprotokoll, das die Bedingungen für den Zugang zu den an die Westsahara angrenzenden Fischereizonen regelt, lief am 17. Juli 2023, vier Jahre nach seinem Inkrafttreten, aus. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 70 Mit Klageschriften, die am 10. und 12. Juni 2019 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen wurden, erhob der Front Polisario zwei Klagen, mit denen er in der Rechtssache T‑344/19 beantragte, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, und in der Rechtssache T‑356/19, für den Fall, dass das Gericht die Verordnung (EU) 2019/440 des Rates vom 29. November 2018 über die Aufteilung der Fangmöglichkeiten im Rahmen des partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls (ABl. 2019, L 77, S. 1) als eine der unmittelbaren Betroffenheit des Front Polisario durch den streitigen Beschluss entgegenstehende Durchführungsmaßnahme ansehen sollte, diese Verordnung für nichtig zu erklären. 71 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht u. a. den streitigen Beschluss für nichtig erklärt und entschieden, dass seine Wirkungen bis zum Ablauf der Frist gemäß Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt wird, bis zur Verkündung des Urteils des Gerichtshofs, mit dem über das Rechtsmittel entschieden wird, aufrechterhalten werden. 72 Zunächst hat das Gericht das vom Rat mit Unterstützung des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, der Kommission sowie der Chambre des pêches maritimes de la Méditerranée, der Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Nord, der Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Centre und der Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Sud (im Folgenden zusammen: CPMM) in erster Linie gerügte Fehlen von zwei Prozessvoraussetzungen, und zwar der mangelnden Parteifähigkeit des Front Polisario vor den Unionsgerichten und seiner fehlenden Klagebefugnis in Bezug auf den streitigen Beschluss, geprüft und diese beiden Rügen in den Rn. 132 bis 159 bzw. den Rn. 171 bis 268 des angefochtenen Urteils verworfen. 73 Sodann hat es nach der Zurückweisung des ersten vom Front Polisario zur Stützung seiner Anträge geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Unzuständigkeit des Rates für den Erlass des streitigen Beschlusses in den Rn. 276 bis 364 des angefochtenen Urteils den dritten Nichtigkeitsgrund geprüft, mit dem der Sache nach geltend gemacht wurde, der Rat habe gegen seine Verpflichtung verstoßen, den Anforderungen zu entsprechen, die der Gerichtshof in den Urteilen vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), und vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung und dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen abgeleitet habe. In Rn. 364 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt und zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass er über einen Wertungsspielraum bei der Entscheidung darüber verfüge, ob dem Erfordernis nachzukommen sei, dass das Volk dieses Gebiets als ein am streitigen Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des Abkommens für dieses Gebiet hätte zum Ausdruck bringen müssen. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien 74 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. Februar 2022 sind die Rechtssachen C‑778/21 P und C‑798/21 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamem Urteil verbunden worden. 75 Durch Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Mai 2022 sind Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates in der Rechtssache C‑798/21 P zugelassen worden. 76 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Juni 2022 ist auch das Königreich Belgien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates in der Rechtssache C‑798/21 P zugelassen worden. Es hat letztlich jedoch nicht am schriftlichen Verfahren teilgenommen. 77 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission (Rechtssache C‑778/21 P), – die Nrn. 1 und 2 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben, – die vom Front Polisario erhobene Klage abzuweisen oder die Sache, falls der Gerichtshof sie nicht für entscheidungsreif hält, an das Gericht zurückzuverweisen und – dem Front Polisario sämtliche Kosten beider Rechtszüge einschließlich der Kosten der Rechtsmittelführerin aufzuerlegen. 78 Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rat (Rechtssache C‑798/21 P), der Gerichtshof möge – das angefochtene Urteil aufheben, soweit mit ihm der streitige Beschluss für nichtig erklärt wird, – über die Fragen, die Gegenstand seines Rechtsmittels sind, endgültig entscheiden und die Klage des Front Polisario in der Rechtssache T‑344/19 abweisen, – dem Front Polisario die durch das vorliegende Rechtsmittel und die Rechtssache T‑344/19 entstandenen Kosten auferlegen und, – hilfsweise, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Urteilsverkündung aufrechterhalten. 79 Der Front Polisario beantragt, – die Rechtsmittel zurückzuweisen, – der Kommission sämtliche ihm im Rahmen der vorliegenden Rechtssache entstandenen Kosten aufzuerlegen und – dem Rat sämtliche ihm im Rahmen der vorliegenden Rechtssache und im ersten Rechtszug vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen. 80 Die Französische Republik beantragt, der Gerichtshof möge – das angefochtene Urteil aufheben, soweit mit ihm der streitige Beschluss für nichtig erklärt wird, – über die Fragen, die Gegenstand der vorliegenden Rechtsmittel sind, endgültig entscheiden und die Klage des Front Polisario abweisen oder die Sache, falls der Gerichtshof sie nicht für entscheidungsreif hält, an das Gericht zurückverweisen und, – hilfsweise, aus den vom Rat und von der Kommission angeführten Gründen die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von 18 Monaten ab dem Tag der Verkündung des zu erlassenden Urteils aufrechterhalten. 81 Die CPMM beantragen, – das angefochtene Urteil aufzuheben, – die Klage des Front Polisario für unzulässig, zumindest aber für unbegründet zu erklären und – dem Front Polisario die Kosten aufzuerlegen. 82 Das Königreich Spanien beantragt, dem Rechtsmittel der Kommission in der Rechtssache C‑778/21 P und dem Rechtsmittel des Rates in der Rechtssache C‑798/21 P stattzugeben. Das Königreich Belgien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik beantragen, dem Rechtsmittel des Rates stattzugeben. Zu den Rechtsmitteln 83 Zur Stützung ihrer Rechtsmittel führen die Kommission – die Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑778/21 P – und der Rat – der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑798/21 P – fünf bzw. vier Rechtsmittelgründe an. Mit den ersten drei Rechtsmittelgründen in der Rechtssache C‑778/21 P und den ersten beiden Rechtsmittelgründen in der Rechtssache C‑798/21 P werden Rechtsfehler des Gerichts in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage des Front Polisario gerügt, während der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P sowie der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P Rechtsfehler betreffen, die das Gericht im Rahmen seiner Prüfung der Begründetheit dieser Klage begangen haben soll. Zum ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P: mangelnde Parteifähigkeit des Front Polisario Vorbringen der Parteien 84 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund werfen der Rat und die Kommission dem Gericht vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es in den Rn. 142 bis 158 des angefochtenen Urteils die Parteifähigkeit des Front Polisario vor den Unionsgerichten bejaht habe. 85 Diese beiden Organe sowie die Französische Republik und die CPMM machen im Wesentlichen geltend, der Front Polisario besitze weder nach dem Völkerrecht noch nach dem Unionsrecht Rechtspersönlichkeit. Außerdem stellen sie in Abrede, dass der Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes angeführt werden könne, um dem Front Polisario die Fähigkeit zuzuerkennen, zur Verteidigung des Rechts auf Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara beim Gericht eine Klage zu erheben, da sonst die Gefahr bestünde, dass jede vor den Unionsgerichten als „interne“ Gerichte erhobene Klage zulässig wäre, auch wenn sie eine internationale, dem Völkerrecht unterliegende und von einem Völkerrechtssubjekt anhängig gemachte Streitigkeit betreffe, die keinem internationalen Gericht unterbreitet werden könne. Der Rat führt aus, das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz impliziere keinen universellen Zugang zu den Unionsgerichten, bei dem die in Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen außer Acht gelassen würden. 86 Die Kommission fügt hinzu, der Front Polisario wirke zwar, wie in den Rn. 143 und 144 des angefochtenen Urteils dargelegt werde, an einer „politischen Lösung“ der Frage des endgültigen Status des Gebiets der Westsahara mit, doch müsse die Bedeutung der vom Gericht angeführten und oben in Rn. 33 erwähnten Resolution 34/37 der Generalversammlung der Vereinten Nationen relativiert werden. In dieser Resolution werde zwar empfohlen, dass der Front Polisario als „Vertreter“ des Volkes der Westsahara an der politischen Lösung des dieses Gebiet betreffenden Konflikts mitwirken sollte. Sie habe jedoch keinen bindenden Charakter, und mittlerweile sei durch allgemeine unmittelbare Wahlen eine gewisse Form lokaler Repräsentativität des Volkes der Westsahara entstanden. Die Union habe den Front Polisario immer nur als eine der „Parteien“ eines Friedensprozesses auf der Ebene der Vereinten Nationen anerkannt, und es bleibe recht ungewiss, welcher genaue Anteil des Volkes der Westsahara ihn derzeit als ihren Vertreter ansehe. 87 Der Rat trägt vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es den Begriff der juristischen Person im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV weit ausgelegt habe, ohne den Grenzen der Rolle und der Repräsentativität des Front Polisario im Völkerrecht Rechnung zu tragen, und als es in Rn. 155 des angefochtenen Urteils und in Rn. 103 des Urteils vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, EU:T:2021:639), sein Vorbringen hierzu zurückgewiesen habe. Das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Repräsentativität des Front Polisario im Rahmen des Prozesses für eine politische Lösung auf der Ebene der Vereinten Nationen es rechtfertige, ihn als „juristische Person“ einzustufen, damit er die Gültigkeit eines Beschlusses über den Abschluss eines Abkommens anfechten könne, das keine Auswirkung auf die Lösung dieser Streitigkeit habe. Die Rolle des Front Polisario auf internationaler Ebene beschränke sich auf seine Befähigung, als Vertreter des Volkes der Westsahara an den unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindenden Verhandlungen über den endgültigen Status der Westsahara im Einklang mit der oben in Rn. 33 erwähnten Resolution 34/37 der Generalversammlung der Vereinten Nationen mitzuwirken. Die Anerkennung des Vorliegens einer Streitigkeit, die Gegenstand von Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen sei, durch die Unionsorgane bedeute nicht, dass die Union oder deren Organe den Front Polisario als ihren Ansprechpartner ansähen, da die Union nicht an diesen Verhandlungen beteiligt sei. 88 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 89 Wie das Gericht in den Rn. 135 und 136 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen dargelegt hat, kann zwar gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben, doch hat der Gerichtshof Entitäten bereits die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten unabhängig davon zuerkannt, ob sie nach nationalem Recht als juristische Person gegründet wurden. 90 Wie das Gericht in Rn. 137 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, war dies u. a. dann der Fall, wenn die betreffende Entität zum einen hinreichend repräsentativ für die Personen war, deren aus dem Unionsrecht fließende Rechte sie zu verteidigen behauptete, und über die nötige Autonomie und Verantwortlichkeit zum Handeln im Rahmen durch dieses Recht bestimmter Rechtsbeziehungen verfügte und wenn sie zum anderen von den Organen als Ansprechpartner bei Verhandlungen über diese Rechte anerkannt worden war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Oktober 1974, Gewerkschaftsbund – Europäischer Öffentlicher Dienst u. a./Rat, 175/73, EU:C:1974:95, Rn. 9 bis 17, und vom 8. Oktober 1974, Allgemeine Gewerkschaft der Europäischen Beamten/Kommission,18/74, EU:C:1974:96, Rn. 5 bis 13). 91 Ferner war dies nach den Ausführungen des Gerichts in Rn. 138 des angefochtenen Urteils dann der Fall, wenn die Unionsorgane diese Entität als ein gesondertes Subjekt mit eigenen Rechten und Pflichten behandelt hatten. Denn es ist ein Gebot der Kohärenz und der Gerechtigkeit, einer solchen Entität die Parteifähigkeit zuzuerkennen, damit sie die ihre Rechte beschränkenden Maßnahmen der Organe oder die von diesen ihr gegenüber erlassenen nachteiligen Entscheidungen anfechten kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Oktober 1982, Groupement des Agences de voyages/Kommission, 135/81, EU:C:1982:371, Rn. 9 bis 11, vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 107 bis 112, und vom 15. Juni 2017, Al-Faqih u. a./Kommission,C‑19/16 P, EU:C:2017:466, Rn. 40). 92 Überdies hat das Gericht in Rn. 139 des angefochtenen Urteils zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Begriff der juristischen Person im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht restriktiv ausgelegt werden darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat [Betroffenheit eines Drittstaats], C‑872/19 P, EU:C:2021:507, Rn. 44). 93 Im vorliegenden Fall ist den Ausführungen der Generalanwältin in Nr. 82 ihrer Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen Kommission/Front Polisario und Rat/Front Polisario (C‑779/21 P und C‑799/21 P, EU:C:2024:260) beizupflichten, wonach der Front Polisario eine selbsternannte Befreiungsbewegung ist, die entstanden ist, um für ein bestimmtes Modell der künftigen Regierung des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara zu kämpfen, und zwar für das Modell der Unabhängigkeit dieses Gebiets, derzeit vom Königreich Marokko, sowie der Gründung eines souveränen sahrauischen Staates. Diese Bewegung ist daher bestrebt, im Rahmen der Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung des Volkes des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara einen unabhängigen Staat zu errichten. 94 Da diese Bewegung gerade bemüht ist, gestützt auf das Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara eine staatliche Rechtsordnung für dieses Gebiet zu schaffen, kann im Rahmen der Frage, ob ihr die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten zuzuerkennen ist, nicht verlangt werden, dass sie nach einer bestimmten nationalen Rechtsordnung als juristische Person gegründet wurde. 95 Überdies ist der Front Polisario einer der legitimen Ansprechpartner im Rahmen des unter der Schirmherrschaft des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, dessen Entscheidungen alle Mitgliedstaaten und die Unionsorgane binden, stattfindenden Prozesses zur Bestimmung der Zukunft der Westsahara (siehe oben, Rn. 35); dabei spielt es keine Rolle, dass ihm weder von den Vereinten Nationen noch von der Union und ihren Mitgliedstaaten je der Status einer „nationalen Befreiungsbewegung“ zuerkannt wurde. 96 Daraus folgt, dass der Front Polisario, der auch an verschiedenen, insbesondere afrikanischen internationalen Foren mitwirkt und auf internationaler Ebene bilaterale Rechtsbeziehungen unterhält, über eine hinreichende rechtliche Existenz verfügt, um vor den Unionsgerichten parteifähig zu sein. 97 Die Frage, ob der Front Polisario ein legitimer Vertreter der Interessen des Volkes der Westsahara sein kann, betrifft seine Klagebefugnis im Rahmen einer gegen den streitigen Beschluss gerichteten Nichtigkeitsklage und nicht seine Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten. 98 Schließlich geht das Vorbringen zur fehlenden Anerkennung der Rechtspersönlichkeit des Front Polisario in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sowie dazu, dass kein Gericht eines Mitgliedstaats ihm die Parteifähigkeit zuerkannt hat, ins Leere. Wie das Gericht in Rn. 136 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, setzt nämlich der Begriff der juristischen Person im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zwar grundsätzlich das Bestehen von Rechtspersönlichkeit voraus, was anhand des nationalen Rechts zu prüfen ist, nach dem die in Rede stehende juristische Person gegründet wurde; er stimmt jedoch nicht unbedingt mit den Begriffen überein, die in den verschiedenen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verwendet werden. Ferner hat der Gerichtshof insoweit anerkannt, dass ein über völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit verfügender Drittstaat als „juristische Person“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat [Betroffenheit eines Drittstaats], C‑872/19 P, EU:C:2021:507, Rn. 53). 99 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es dem Front Polisario die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zuerkannt hat. 100 Infolgedessen sind der erste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und der erste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P: mangelnde unmittelbare und individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss 101 Die Kommission (zweiter und dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P) und der Rat (erster und zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑798/21 P) machen geltend, das Gericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen sei (Rn. 259 des angefochtenen Urteils) und dass er von dem Beschluss im Sinne dieser Bestimmung individuell betroffen sei (Rn. 268 des angefochtenen Urteils). Zum zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑798/21 P: mangelnde unmittelbare Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss – Vorbringen der Parteien 102 Der Rat und die Kommission tragen vor, das Gericht sei in Rn. 259 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss unmittelbar betroffen sei. 103 Die Kommission macht u. a. geltend, das Gericht habe gegen das Unionsrecht verstoßen, als es entschieden habe, dass bestimmte Wirkungen des streitigen Beschlusses und des streitigen Abkommens die Voraussetzungen erfüllten, aus denen geschlossen werden könne, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss unmittelbar betroffen sei, obwohl sich das streitige Abkommen, das mit diesem Beschluss im Namen der Union genehmigt werde, darauf beschränke, Zugang zu den an die Westsahara angrenzenden Gewässern zu gewähren und als finanzielle Gegenleistung Ausgleichszahlungen für den Zugang, von den Reedern entrichtete Gebühren und eine Unterstützung des Fischereisektors vorzusehen, wobei der gesonderte Status dieses Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung anerkannt und der Ausgang des insoweit auf der Ebene der Vereinten Nationen stattfindenden Prozesses völlig offengelassen werde. 104 Die Erwägungen, aus denen das Gericht in den Rn. 197 bis 235 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Organe zurückgewiesen habe, beträfen in Wirklichkeit nicht den Nachweis der unmittelbaren Betroffenheit des Front Polisario von dem streitigen Beschluss, sondern die Anwendbarkeit des streitigen Abkommens auf das Gebiet der Westsahara sowie die daran angrenzenden Gewässer und somit seine möglichen Auswirkungen auf das Volk der Westsahara. Das Gericht habe in den Rn. 201 bis 216 sowie den Rn. 255 bis 258 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, denn bestimmte Maßnahmen seien für eine Nutzung von Ressourcen oder eine Inanspruchnahme der finanziellen Gegenleistung erforderlich. Ohne sie könne die Westsahara nicht von einer Nutzung dieser Ressourcen oder einer finanziellen Gegenleistung profitieren. Die bloße Tatsache, dass die Durchführungsmaßnahmen im Abkommen selbst vorgesehen seien, bedeute nicht, dass die Rechtsstellung des Volkes der Westsahara unmittelbar geändert werde. Auch Rn. 217 des angefochtenen Urteils sei mit einem Rechtsfehler behaftet, da die Wirtschaftsbeteiligten von dem streitigen Abkommen nicht unmittelbar, ohne den Erlass einer Reihe von Maßnahmen durch die zuständigen Stellen, betroffen seien. 105 Der Rat fügt u. a. hinzu, die Schlussfolgerung in Rn. 196 des angefochtenen Urteils, wonach in Anbetracht der Natur eines Beschlusses über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft und der ihm eigenen Rechtswirkungen nicht von vornherein auszuschließen sei, dass der streitige Beschluss aufgrund des Inhalts des streitigen Abkommens unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Front Polisario habe, beruhe auf Gründen, die mit Rechtsfehlern behaftet seien. 106 Das Gericht habe in den Rn. 184 und 192 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass ein Beschluss über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft Bestandteil dieser Übereinkunft sei und Rechtswirkungen gegenüber den anderen Parteien entfalte, „da er die Zustimmung der Union zu den von ihr im Rahmen dieser Übereinkunft eingegangenen Verpflichtungen gegenüber diesen Parteien formalisiert“. Der streitige Beschluss entfalte nur in der internen Rechtsordnung der Union Rechtswirkungen. Mit ihm bringe die Union, entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 192 des angefochtenen Urteils, in der internen Rechtsordnung der Union ihre Zustimmung zum Ausdruck. 107 Der Front Polisario hätte vor dem Gericht gegen den sowohl in Art. 17 des Fischereiabkommens und in Art. 15 des Durchführungsprotokolls als auch in Art. 2 des streitigen Beschlusses ausdrücklich erwähnten Notifizierungsakt der Union vorgehen müssen – sofern alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt seien. Dies sei hier nicht der Fall. 108 Fehlerhaft sei auch der vom Gericht in Rn. 250 des angefochtenen Urteils gezogene Schluss, dass sich der streitige Beschluss unmittelbar auf die Rechtsstellung des Front Polisario als Vertreter des Volkes der Westsahara auswirke, da der Abschluss des streitigen Abkommens dieses Volk betreffe und seiner Zustimmung bedürfe. 109 Die Französische Republik trägt vor, das Gericht habe erstens in Bezug auf die Rechtswirkungen eines Beschlusses des Rates über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft eine Reihe von Rechtsfehlern begangen. Sie hebt wie der Rat hervor, dass die Schlussfolgerung in Rn. 184 des angefochtenen Urteils, wonach ein Beschluss über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft das Einverständnis der Union, an diese Übereinkunft gebunden zu sein, zum Ausdruck bringe, zwar in der Rechtsordnung der Union zutreffe; auf internationaler Ebene drücke jedoch erst die Notifizierung des Abschlusses der internen Verfahren an die betreffende Partei die Zustimmung zur Bindung an eine Übereinkunft aus. Überdies habe das Gericht zweitens eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es davon ausgegangen sei, dass die Rechtsstellung des Front Polisario durch das streitige Abkommen selbst unmittelbar geändert werde. 110 Desgleichen unterstützen die CPMM erstens das Vorbringen des Rates in Bezug auf Rechtsfehler des Gerichts in den Rn. 185 bis 190 des angefochtenen Urteils, da der Beschluss, ein Abkommen zu schließen, nicht dessen Inkrafttreten impliziere. Außerdem solle der Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht die Handlungsmöglichkeiten eines außerhalb Europas ansässigen Klägers bei der Verteidigung kollektiver, dem Völkerrecht entstammender Rechte erweitern. Zweitens habe das Gericht, als es die „unmittelbare“ Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss bejaht habe, ihn mit dem Volk der Westsahara verwechselt. 111 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. – Würdigung durch den Gerichtshof 112 Wie oben in Rn. 89 ausgeführt, kann gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben. 113 Wie das Gericht in Rn. 179 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, liegt die Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von dem mit ihrer Klage angefochtenen Beschluss unmittelbar betroffen sein muss, nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind. Zum einen muss sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung dieser Person auswirken, und zum anderen darf sie ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lassen; ihre Umsetzung muss vielmehr rein automatisch erfolgen und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. Juli 2022, Nord Stream 2/Parlament und Rat, C‑348/20 P, EU:C:2022:548, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). 114 Im vorliegenden Fall zielte die vom Front Polisario vor dem Gericht erhobene Nichtigkeitsklage auf den Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Volkes der Westsahara ab, das der Gerichtshof bereits in den Rn. 88, 91 und 105 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), anerkannt hat. Im Licht der Auswirkungen des streitigen Beschlusses und damit des streitigen Abkommens auf die Rechtsstellung dieses Volkes, das im Rahmen der vorliegenden Rechtssachen vom Front Polisario vertreten wird, ist zu prüfen, ob Letzterer von diesem Beschluss im Sinne der in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Rechtsprechung unmittelbar betroffen ist. 115 Auch wenn der Front Polisario nicht offiziell als ausschließlicher Vertreter des Volkes der Westsahara anerkannt wurde, ist er nämlich nach den Resolutionen der höchsten Gremien der Vereinten Nationen, u. a. den oben in Rn. 35 angeführten Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, ein bevorzugter Ansprechpartner im Rahmen des unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindenden Prozesses zur Bestimmung des künftigen Status der Westsahara. Er beteiligt sich auch an anderen internationalen Foren, um das Recht dieses Volkes auf Selbstbestimmung zu verteidigen. 116 Diese besonderen Umstände lassen den Schluss zu, dass der Front Polisario vor den Unionsgerichten die Rechtmäßigkeit einer Unionshandlung anfechten kann, die unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Volkes der Westsahara in seiner Eigenschaft als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hat, wenn die betreffende Handlung es individuell betrifft oder im Fall eines Rechtsakts mit Verordnungscharakter keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht. 117 In Anbetracht dessen ist die in Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgestellte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von dem Beschluss, der Gegenstand ihrer Klage ist, unmittelbar betroffen sein muss, unter Berücksichtigung von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen und des Grundsatzes des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes anhand der Rechtsstellung des Volkes der Westsahara zu beurteilen, das im Rahmen der vorliegenden Rechtssachen vom Front Polisario vertreten wird. 118 Im vorliegenden Fall erfüllen der streitige Beschluss und damit auch das streitige Abkommen aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara die oben in Rn. 113 angeführten Voraussetzungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario, C‑104/16 P, EU:C:2016:973, Rn. 106). 119 Zum einen ist nämlich Gegenstand dieses Beschlusses der Abschluss einer internationalen Übereinkunft, die in Gewässern Anwendung finden soll, die an ein Gebiet angrenzen, für das dem Volk der Westsahara das Recht auf Selbstbestimmung zusteht. Er hat daher zwangsläufig Auswirkungen auf die Rechte, die diesem Volk in Bezug auf das betreffende Gebiet zustehen, einschließlich des Rechts auf Nutzung seiner natürlichen Ressourcen, das sich aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen und aus dem Grundsatz der ständigen Souveränität über die natürlichen Ressourcen ergibt, der ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts ist (vgl. in diesem Sinne IGH, Rechtssache betreffend die bewaffneten Aktivitäten im Gebiet des Kongo [Demokratische Republik Kongo/Uganda], Urteil vom 19. Dezember 2005, ICJ Reports 2005, S. 168, Rn. 244). 120 Insbesondere erkennt die Union zwar im streitigen Abkommen nicht die vom Königreich Marokko in Bezug auf die Souveränität über das Gebiet der Westsahara geltend gemachten Ansprüche an, doch werden darin gleichwohl unionsrechtliche Auswirkungen von Handlungen anerkannt, die für dieses Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung von den zuständigen Behörden des Königreichs Marokko hinsichtlich der „Fischereizone“ im Sinne des Abkommens vorgenommen werden. Diese umfasst, wie das Gericht in Rn. 111 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, nach der Definition in Art. 1 Buchst. h des Abkommens sowohl die unter der Hoheit oder der Gerichtsbarkeit des Königreichs Marokko stehenden als auch die an die Westsahara angrenzenden Gewässer. Außerdem betrifft die im Abkommen enthaltene Regelung, mit der ein nicht von Bedingungen abhängiges Recht auf eine finanzielle Gegenleistung für den Zugang der Unionsschiffe zur Fischereizone unter Einbeziehung der an die Westsahara angrenzenden Gewässer geschaffen wird, die einem anderen Völkerrechtssubjekt als dem Volk des betreffenden Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung zufließt und nicht in dessen Namen und zu dessen Gunsten bezogen wird, dieses Volk unmittelbar, da sie seine Hoheit über die natürlichen Ressourcen des fraglichen Gebiets beeinträchtigt. 121 Da die Westsahara ein Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung ist, fällt die Nutzung ihrer Naturschätze nämlich unter Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsatz der ständigen Souveränität über die natürlichen Ressourcen. Insoweit sieht die oben in Rn. 11 erwähnte Resolution III der Schlussakte der Dritten Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen vor, dass „im Fall eines Gebiets, dessen Bevölkerung nicht die volle Unabhängigkeit oder ein anderes von den Vereinten Nationen anerkanntes Autonomiestatut erlangt hat, oder im Fall eines Gebiets unter kolonialer Herrschaft die Vorschriften des [Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen] über Rechte oder Interessen … zugunsten der Bevölkerung dieses Gebiets angewendet [werden], um deren Wohlstand und Entwicklung zu fördern“. In diesem Kontext muss die Nutzung der natürlichen Ressourcen eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, einschließlich der Nutzung der Fischereiressourcen in den an dieses Gebiet angrenzenden Gewässern, dessen Bevölkerung zugutekommen. 122 Die von den CPMM angeführte Tatsache, dass das streitige Abkommen die Westsahara nicht binde, falls sie unabhängig werde, und dass es jedenfalls der Westsahara oder dem Front Polisario nicht entgegengehalten werden könne, stellt die Einschätzung, dass das Volk der Westsahara vom streitigen Beschluss und damit auch vom streitigen Abkommen unmittelbar betroffen ist, nicht in Frage, da die Rechte der Völker von Hoheitsgebieten ohne Selbstregierung nach der Charta der Vereinten Nationen, dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und dem Völkergewohnheitsrecht schon vor der Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung existieren. 123 Zum anderen ist die Union nach dem Inkrafttreten des streitigen Abkommens verpflichtet, Entscheidungen über die von den marokkanischen Behörden erteilten Fanggenehmigungen hinsichtlich der an die Westsahara angrenzenden Gewässer als gültig anzuerkennen. Insoweit dürfen Unionsschiffe nach Art. 5 des Fischereiabkommens in der unter dieses Abkommen fallenden Fischereizone nur Fischfang betreiben, wenn sie im Besitz einer gemäß dem Abkommen erteilten Fanggenehmigung sind, und die Behörden des Königreichs Marokko erteilen Unionsschiffen nur gemäß dem Abkommen Fanggenehmigungen. 124 Im Rahmen des streitigen Abkommens wird das Verfahren zur Erlangung einer Fanggenehmigung für ein Unionsschiff im Durchführungsprotokoll geregelt, dessen Anhang vorsieht, dass die Unionsbehörden bei der Abteilung Seefischerei des Ministeriums für Landwirtschaft, Seefischerei, ländliche Entwicklung, Wasser- und Forstangelegenheiten des Königreichs Marokko die Listen der Unionsschiffe einreichen, die innerhalb der Fischereizone, zu der die an die Westsahara angrenzenden Gewässer gehören, Fischereitätigkeiten betreiben wollen. 125 Diese Regelung bindet die Union, ohne dass es des Erlasses eines zusätzlichen Rechtsakts, der einen Ermessensspielraum der mit der Umsetzung des Abkommens betrauten Behörden implizieren würde, neben dem streitigen Beschluss bedarf, so dass dessen Umsetzung insoweit rein automatisch erfolgt. 126 In diesem Kontext ist das gegen die Rn. 184 und 192 des angefochtenen Urteils gerichtete Vorbringen des Rates und der Französischen Republik zurückzuweisen, wonach sich die Klage des Front Polisario vor dem Gericht nicht gegen den Beschluss über den Abschluss des streitigen Abkommens hätte richten müssen, sondern gegen den Rechtsakt, mit dem die Union dem Königreich Marokko ihre Genehmigung dieses Abkommens notifiziert habe. 127 Der Beschluss über den Abschluss eines internationalen Abkommens stellt nämlich einen endgültigen Rechtsakt in der internen Rechtsordnung der Union dar, der den Willen der Union zum Ausdruck bringt, an das Abkommen gebunden zu sein (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/00 [Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit] vom 6. Dezember 2001, EU:C:2001:664, Rn. 5). Dieser Beschluss stellt nach ständiger Rechtsprechung eine anfechtbare Handlung dar, da der Gerichtshof nicht zur Nichtigerklärung einer internationalen Übereinkunft befugt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK, C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 45 bis 51). Dagegen handelt es sich bei der an die andere Vertragspartei gerichteten Notifizierung der Genehmigung einer solchen Übereinkunft um eine Durchführungsmaßnahme, die grundsätzlich keine anfechtbare Handlung ist. 128 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat das Gericht in Rn. 259 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass der Front Polisario vom streitigen Beschluss unmittelbar betroffen ist. 129 Infolgedessen sind der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑798/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑798/21 P: mangelnde individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss – Vorbringen der Parteien 130 Der Rat und die Kommission sowie die Französische Republik und die CPMM sind der Auffassung, das Gericht sei in Rn. 268 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sei. 131 Die Kommission führt u. a. aus, in Rn. 265 des angefochtenen Urteils habe sich das Gericht darauf beschränkt, auf die Erwägungen zur Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit des Front Polisario von dem streitigen Beschluss zu verweisen, die – wie sie im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑779/21 P geltend gemacht habe – mit Rechtsfehlern behaftet seien. Desgleichen macht der Rat geltend, die vom Gericht begangenen Rechtsfehler hätten sich auch auf die Schlussfolgerung erstreckt, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sei. 132 Überdies rügen sowohl der Rat als auch die Kommission, dass das Gericht in Rn. 266 des angefochtenen Urteils die Relevanz des Urteils vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), verneint habe, in dem der Gerichtshof ausgeführt habe, dass das allgemeine Interesse, das ein überseeisches Land oder Hoheitsgebiet (ÜLG) als die für die in seinem Gebiet auftretenden Wirtschafts- und Sozialfragen zuständige Einheit an einem für den Wohlstand dieses Gebiets günstigen Ergebnis haben könne, für sich genommen nicht ausreiche, um das ÜLG als im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen anzusehen. 133 Die Kommission bezeichnet insoweit die vom Gericht vorgenommene Differenzierung zwischen dem Sachverhalt dieses Urteils und dem hier in Rede stehenden Sachverhalt als künstlich und rechtsfehlerhaft, da die dort beanstandete Maßnahme nur die ÜLG betroffen habe, von denen einige Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung seien oder gewesen seien. Es könne nicht richtig sein, dass die Regierung der Niederländischen Antillen nicht befugt sei, einen Rechtsakt der Union, der ihr Gebiet wirtschaftlich betreffe, anzufechten, wohl aber der Front Polisario, denn sonst würden Bewegungen, die für die Unabhängigkeit eines Gebiets einträten oder in Konflikt mit einem Staat stünden, über mehr Garantien verfügen als regionale Regierungen. 134 Der Rat trägt vor, die vom Gericht angeführten Gründe gingen nicht auf das von ihm dem Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), entnommene Argument ein; er habe in seiner Gegenerwiderung geltend gemacht, aus diesem Urteil ergebe sich, dass der Front Polisario, selbst wenn er für wirtschaftliche Fragen der Westsahara zuständig sein sollte – was nicht der Fall sei –, nicht als vom streitigen Abkommen individuell betroffen anzusehen wäre. 135 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. – Würdigung durch den Gerichtshof 136 Nach ständiger Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nur dann geltend machen, im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen zu sein, wenn sie von der Handlung, deren Nichtigerklärung beantragt wird, wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten (Urteil vom 18. Oktober 2018, Internacional de Productos Metálicos/Kommission, C‑145/17 P, EU:C:2018:839, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 137 Angesichts der oben in den Rn. 114 bis 118 angestellten Erwägungen ist festzustellen, dass das Volk der Westsahara, das in den vorliegenden Rechtssachen durch den Front Polisario vertreten wird, von dem streitigen Beschluss individuell betroffen ist, da eine ausdrückliche Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des streitigen Abkommens, das die Union gemäß dem streitigen Beschluss bindet, die Rechtsstellung dieses Volkes in seiner Eigenschaft als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hinsichtlich dieses Gebiets verändert. Diese Eigenschaft hebt sie nämlich aus dem Kreis aller übrigen Personen oder Entitäten, einschließlich jedes anderen Völkerrechtssubjekts, heraus. 138 Die Argumentation der Kommission und des Rates zum Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, dass das allgemeine Interesse, das ein ÜLG als die für die in seinem Gebiet auftretenden Fragen wirtschaftlicher und sozialer Art zuständige Einheit an einem für den wirtschaftlichen Wohlstand dieses Gebiets günstigen Ergebnis haben kann, für sich genommen nicht ausreicht, um das ÜLG als im Sinne von Art. 173 Abs. 4 EG-Vertrag (nunmehr Art. 263 Abs. 4 AEUV) individuell betroffen anzusehen, ist zurückzuweisen. Das Gericht hat nämlich die individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss und damit vom streitigen Abkommen nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Abkommens gestützt, sondern darauf, dass diese Organisation das Volk der Westsahara als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hinsichtlich dieses Gebiets vertritt. 139 Infolgedessen ist der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Desgleichen sind der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑798/21 P und damit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P: Rechtsfehler hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle und der Zustimmung des Volkes der Westsahara zu dem streitigen Abkommen Vorbringen der Parteien 140 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund werfen der Rat und die Kommission dem Gericht vor, eine Reihe von Rechtsfehlern im Zusammenhang mit der fehlerhaften Auslegung und Anwendung des Völkerrechts, dem Umfang des Ermessens des Rates im Bereich der auswärtigen Beziehungen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara im vorliegenden Fall, der Verletzung der Beweiskraft von Urkunden, der Verfälschung des Vorbringens des Rates und einem Verstoß gegen Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit deren Art. 53 Abs. 1 begangen zu haben. 141 Die Kommission macht geltend, in den Rn. 304 bis 365 des angefochtenen Urteils habe das Gericht dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Recht auf Selbstbestimmung unter Verstoß gegen das Unionsrecht absolute und uneingeschränkte Geltung beigemessen; dabei habe es das Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), falsch ausgelegt und die Rechtsprechung zu dem Ermessen verkannt, über das der Rat im Bereich der auswärtigen Beziehungen, insbesondere in Bezug auf das Völkergewohnheitsrecht, verfüge. 142 Diese Fehler ließen sich in vier Hauptrügen untergliedern, und zwar erstens Rechtsfehler hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle, des Ermessens der Organe und des Erfordernisses, das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers zu bejahen, um die Ungültigkeit des streitigen Beschlusses wegen seiner Unvereinbarkeit mit Regeln des Völkerrechts festzustellen, zweitens Rechtsfehler, die darauf beruhten, dass es im besonderen Kontext der Rechtssache keiner Zustimmung des Volkes der Westsahara bedürfe, drittens – unterstellt, eine solche Zustimmung des Volkes der Westsahara wäre Voraussetzung für die Gültigkeit des streitigen Beschlusses – Rechtsfehler in Form der zu engen Auslegung des Begriffs der Zustimmung durch das Gericht und viertens Rechtsfehler, weil der Front Polisario in Anbetracht seines begrenzten Status und seiner begrenzten Repräsentativität zu Unrecht als Entität eingestuft worden sei, die eine solche Zustimmung erteilen müsse. Im Rahmen dieser vier Aspekte habe das Gericht das Völkergewohnheitsrecht nicht ordnungsgemäß ermittelt, obwohl es dazu in der vorliegenden Rechtssache verpflichtet gewesen wäre. 143 Jeder Beschluss über den Abschluss eines Abkommens mit einem Drittland impliziere, die Interessen der Union im Rahmen der Beziehungen zu dem betreffenden Drittland unter Beachtung der in Art. 21 EUV aufgeführten Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns zu bewerten und einen Ausgleich zwischen den bei diesen Beziehungen bestehenden divergierenden Interessen vorzunehmen. Der Rat verfüge über ein weites Ermessen bei der Abwägung des Ziels, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte zu fördern, gegen die übrigen Ziele, von denen sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene leiten lasse, und die übrigen Interessen der Union. Die gerichtliche Kontrolle müsse sich insoweit zwangsläufig darauf beschränken, ob die Unionsorgane beim Erlass des fraglichen Rechtsakts offensichtliche Beurteilungsfehler hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Grundsätze begangen hätten. 144 Das Gericht habe das Ermessen des Rates aber auf null reduziert, indem es der Voraussetzung einer ausdrücklichen Zustimmung des Front Polisario, deren völkerrechtliche Grundlage nicht dargelegt werde, absoluten Wert beigemessen habe. Es habe nicht auf Art. 21 EUV Bezug genommen und somit den Umfang und die Vielfalt der vom Rat in dessen Rahmen zu berücksichtigenden Ziele verkannt. Dadurch habe es den Umfang seiner gerichtlichen Kontrolle überschritten. 145 Das Gericht habe insoweit die falschen Konsequenzen aus dem Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), gezogen. Aus dem in diesem Urteil bestätigten Recht auf Selbstbestimmung der Westsahara könne nicht abgeleitet werden, dass die ausdrückliche und allein vom Front Polisario zu erteilende Zustimmung des Volkes dieses Gebiets erforderlich sei, damit sich ein von der Union mit einem Staat, der die Verwaltungsmacht über dieses Gebiet ausübe und dazu befugt sei, geschlossenes internationales Abkommen auf ein solches Gebiet erstrecken könne. 146 Bei den Begriffen „Volk“ und „Zustimmung“ müsse im vorliegenden Fall dem rechtlichen und tatsächlichen Kontext des Erlasses des streitigen Beschlusses und des Abschlusses des streitigen Abkommens Rechnung getragen werden, aus dem sich ergebe, dass die letztlich gewählte Lösung mit allen einschlägigen Regeln des Völkerrechts im Einklang stehe, insbesondere mit Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen, der darauf abziele, den Wohlstand der Bewohner von Hoheitsgebieten ohne Selbstregierung zu fördern, sowie mit Art. 21 Abs. 2 Buchst. d und e EUV. In Rn. 310 des angefochtenen Urteils werde zwar unter Bezugnahme auf die Rn. 311 und 312 des Urteils vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, EU:T:2021:639), bestätigt, dass das für Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung geltende Recht bislang in verschiedener Hinsicht ungeklärt sei, doch im Anschluss an diese Randnummer des angefochtenen Urteils habe das Gericht eine Reihe von Rechtsfehlern begangen (siehe oben, Rn. 141, 142, 144 und 145). 147 Der Rat trägt vor, entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 364 des angefochtenen Urteils hätten die Konsultationen, die von der Kommission und vom EAD mit den marokkanischen Behörden durchgeführt worden seien, es ermöglicht, die Zustimmung des Volkes der Westsahara einzuholen. Diese Randnummer sowie die Rn. 307 bis 363 des angefochtenen Urteils, die den in Rn. 364 gezogenen Schluss stützten, seien mit Rechtsfehlern behaftet, da das Gericht den Inhalt des Begriffs der Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung sowie das Erfordernis der Einholung dieser Zustimmung falsch ausgelegt und überdies die Beweiskraft der vom Rat vorgelegten Schriftstücke verletzt oder sein Vorbringen verfälscht habe. Das Gericht habe ferner gegen seine Begründungspflicht verstoßen. 148 Der Front Polisario meint, diese Rechtsmittelgründe seien zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof – Vorbemerkungen 149 Wie sich aus Rn. 276 des angefochtenen Urteils ergibt, hat der Front Polisario im Rahmen seines dritten Klagegrundes geltend gemacht, der Rat habe entgegen seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV, den Urteilen des Gerichtshofs Folge zu leisten, ohne Zustimmung des Front Polisario mit dem Königreich Marokko ein ausdrücklich für das Gebiet der Westsahara und die daran angrenzenden Gewässer geltendes internationales Abkommen geschlossen. Der Gerichtshof habe nämlich befunden, dass die stillschweigende Einbeziehung dieses Gebiets in den Geltungsbereich der Übereinkünfte zwischen der Union und dem Königreich Marokko aufgrund des Grundsatzes der Selbstbestimmung und des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen rechtlich nicht möglich sei. Folglich sei eine ausdrückliche Anwendung solcher Übereinkünfte auf dieses Gebiet erst recht ausgeschlossen. Insbesondere stehe der Abschluss des streitigen Abkommens im Widerspruch zur Rechtsprechung, weil der gesonderte und unterschiedliche Status der Westsahara sowie das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets nicht beachtet würden. 150 Wie das Gericht in Rn. 295 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, gliederte sich dieser Klagegrund der Sache nach in drei Teile, mit denen geltend gemacht wurde, erstens könnten die Union und das Königreich Marokko keine für die Westsahara geltende Übereinkunft abschließen, zweitens werde der gesonderte und unterschiedliche Status dieses Gebiets unter Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbestimmung verletzt, und drittens werde das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets als eines an dem streitigen Abkommen nicht beteiligten Dritten im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen verletzt. 151 Das Gericht hat den ersten Teil des dritten Klagegrundes zurückgewiesen, aber seinem dritten Teil stattgegeben. Es ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass der streitige Beschluss für nichtig zu erklären sei, ohne dass der zweite Teil dieses Klagegrundes sowie die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchten. 152 Das Gericht hat seine Erwägungen zum dritten Teil des dritten Klagegrundes des Front Polisario in Rn. 364 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst: „[D]er Rat [hat] mit dem Erlass des [streitigen] Beschlusses nicht alle relevanten Gesichtspunkte betreffend die Situation der Westsahara hinreichend berücksichtigt … und [war] zu Unrecht der Auffassung …, er verfüge über einen Wertungsspielraum für die Entscheidung, ob dem Erfordernis nachzukommen war, dass das Volk dieses Gebiets als an diesem Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des streitigen Abkommens für dieses Gebiet zum Ausdruck bringen musste. Im Einzelnen [war der Rat] erstens zu Unrecht der Ansicht, dass die gegenwärtige Situation dieses Gebiets es nicht zulasse, sich des Vorliegens dieser Zustimmung, insbesondere unter Einschaltung des [Front Polisario], zu vergewissern. Zweitens hat der Rat mit der Auffassung, dass mit den von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in seiner Auslegung durch den Gerichtshof in Rn. 106 des Urteils [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] entsprochen worden sei, sowohl die Tragweite dieser Konsultationen als auch die des in dieser Randnummer aufgestellten Erfordernisses verkannt. Drittens war der Rat zu Unrecht der Ansicht, dass er an die Stelle dieses Erfordernisses die von ihm dem Schreiben des [Rechtsberaters, des Stellvertretenden Generalsekretärs für Rechtsfragen der Organisation der Vereinten Nationen, vom 29. Januar 2002 (im Folgenden: Schreiben des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002)] entnommenen Kriterien setzen könne.“ 153 Zunächst sind die Rügen der Rechtsmittelführer zu prüfen, die die Zustimmung des Volkes der Westsahara im Wege der Konsultation von Vertretern der Bevölkerung der Westsahara sowie den Umfang der gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses und damit auch des streitigen Abkommens hinsichtlich dieser Zustimmung betreffen, einschließlich ihres Vorbringens zur Tragweite des Schreibens des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002. Sodann sind ihre Rügen zu prüfen, die das Erfordernis einer solchen Zustimmung und die Einstufung des Front Polisario als die für ihre Erteilung zuständige Entität betreffen. – Zu den Rügen betreffend die Zustimmung des Volkes der Westsahara im Wege der Konsultation von Vertretern der Bevölkerung der Westsahara sowie den Umfang der gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses 154 In Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), hat der Gerichtshof im Kontext der Auslegung des Ausdrucks „Gebiet des Königreichs Marokko“ in Art. 94 des Assoziierungsabkommens ausgeführt, dass das Volk der Westsahara als „Dritter“ im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen anzusehen war und im Fall der Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens als ein solcher Dritter von der Durchführung des Abkommens betroffen sein konnte, ohne dass ermittelt werden musste, ob diese ihr schaden oder vielmehr nützen könnte. In beiden Fällen müsste die Durchführung des Abkommens nämlich mit Zustimmung des Dritten erfolgen. Aus dem angefochtenen Urteil in der Rechtssache, in der das Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), ergangen ist, war aber nicht ersichtlich, dass das Volk der Westsahara eine solche Zustimmung erklärt hatte. 155 Die Erwägungsgründe 11 und 12 des streitigen Beschlusses lauten: „(11) Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Urteil [vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118),] hat die Kommission in Zusammenarbeit mit dem [EAD] in diesem Zusammenhang alle angemessenen und durchführbaren Maßnahmen ergriffen, um die betreffende Bevölkerung in geeigneter Weise einzubeziehen, um sich deren Zustimmung zu vergewissern. Umfangreiche Konsultationen wurden in der Westsahara und im Königreich Marokko durchgeführt, und die daran beteiligten sozioökonomischen und politischen Akteure sprachen sich eindeutig für den Abschluss des Fischereiabkommens aus. Allerdings haben die Front Polisario und andere Beteiligte einer Teilnahme am Konsultationsprozess nicht zugestimmt. (12) Diejenigen, die einer Teilnahme an Konsultationen nicht zustimmten, haben die Anwendung des Fischereiabkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls auf die an die Westsahara angrenzenden Gewässer abgelehnt, da sie im Wesentlichen der Auffassung waren, dass solche Rechtsakte den Standpunkt des Königreichs Marokko bezüglich des Gebiets der Westsahara bekräftigten. In den Bestimmungen des Fischereiabkommens und des dazugehörigen Durchführungsprotokolls deutet jedoch nichts darauf hin, dass mit ihm die Souveränität oder Hoheitsrechte des Königreichs Marokko über die Westsahara und die an sie angrenzenden Gewässer anerkannt würden. Darüber hinaus wird die Union ihre Anstrengungen zur Unterstützung des unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eingeleiteten Prozesses der friedlichen Beilegung des Streits verstärken.“ 156 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts zwischen u. a. dem Königreich Marokko und dem Front Polisario in den 1970er Jahren ein großer Teil der Bevölkerung der Westsahara vor diesem Konflikt floh und Zuflucht im algerischen Hoheitsgebiet fand (siehe oben, Rn. 30). Der Vertreter des Front Polisario hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof unwidersprochen angegeben, dass bis heute etwa 250000 von insgesamt etwa 500000 Sahrauis in Flüchtlingslagern in Algerien lebten, ein Viertel in der unter marokkanischer Kontrolle stehenden Zone der Westsahara und der Rest von etwa einem Viertel über die übrige Welt verteilt. 157 Daraus folgt, dass der überwiegende Teil der aktuellen Bevölkerung der Westsahara nicht zu dem Volk gehört, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, und zwar dem Volk der Westsahara. Letzteres, das zum großen Teil vertrieben wurde, ist aber der alleinige Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung für das Gebiet der Westsahara. Das Recht auf Selbstbestimmung steht nämlich dem betreffenden Volk zu und nicht der Bevölkerung dieses Gebiets im Allgemeinen, die nach den von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgelegten Schätzungen nur zu 25 % sahrauischer Herkunft ist. 158 [Berichtigt mit Beschluss vom 15. Januar 2025] Wie in Rn. 129 des Urteils vom heutigen Tag, Kommission und Rat/Front Polisario (C‑779/21 P und C‑799/21 P), ausgeführt wird, besteht insoweit ein Unterschied zwischen der „Bevölkerung“ eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung und dem „Volk“ dieses Gebiets. Der Begriff „Volk“ verweist nämlich auf eine politische Einheit, die Inhaberin des Rechts auf Selbstbestimmung ist, während mit dem Begriff „Bevölkerung“ die Bewohner eines Gebiets bezeichnet werden. 159 Im vorliegenden Fall haben die Kommission und der EAD Konsultationen mit der „betreffenden Bevölkerung“ durchgeführt, bei der es sich nach den Feststellungen des Gerichts in Rn. 329 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen um die Bevölkerungsgruppen handelt, die sich gegenwärtig im Gebiet der Westsahara befinden, unabhängig davon, ob sie zum Volk dieses Gebiets gehören oder nicht. Wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 354 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat, entsprechen diese Konsultationen daher nicht einer Einholung der Zustimmung des „Volkes“ des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara. 160 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass zu den einschlägigen Regeln, die im Rahmen der Beziehungen zwischen den Parteien eines Abkommens zwischen der Union und einem Drittland geltend gemacht werden können, der völkerrechtliche Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen gehört, wonach die Verträge Dritten weder schaden noch nutzen dürfen (pacta tertiis nec nocent nec prosunt). Dieser völkerrechtliche Grundsatz findet eine besondere Ausprägung in Art. 34 des Wiener Übereinkommens, wonach ein Vertrag für einen Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte begründet (Urteil vom 25. Februar 2010, Brita, C‑386/08, EU:C:2010:91, Rn. 44). 161 Der genannte Grundsatz, der auch in Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), angesprochen wird, geht über eine bloße Regel für die Auslegung internationaler Übereinkünfte hinaus. Auch wenn, wie die Rechtsmittelführer zutreffend geltend machen, eine Übereinkunft, die die Rechte oder Pflichten eines Dritten berührt, diesem Dritten nach dem Völkervertragsrecht ohne seine Zustimmung nicht entgegengehalten werden kann, kann er nämlich gleichwohl von ihrer Durchführung betroffen sein, wenn in ihren Geltungsbereich ein Gebiet einbezogen wird, das von ihm beherrscht wird oder für das er der Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist. Eine solche Durchführung ist insoweit geeignet, entweder die Souveränität eines Staates über sein Hoheitsgebiet oder das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung über das Gebiet, auf das sich dieses Recht bezieht, zu verletzen. Wie der Gerichtshof in der oben genannten Rn. 106 ausgeführt hat, muss das Volk der Westsahara daher der Durchführung eines internationalen Abkommens zwischen der Union und dem Königreich Marokko über das Gebiet der Westsahara zustimmen. 162 Folglich ist die fehlende Zustimmung dieses Volkes zu einem solchen Abkommen, dessen Durchführung sich auf das genannte Gebiet oder die daran angrenzenden Gewässer erstreckt, geeignet, die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union zu berühren, der wie der streitige Beschluss den Abschluss dieses Abkommens betrifft. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 5 und Art. 21 Abs. 1 EUV das Handeln der Union auf internationaler Ebene einen Beitrag namentlich zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, leistet. 163 Dieses Ergebnis wird durch den Wertungsspielraum, über den der Rat verfügt, nicht berührt. Denn wie das Gericht in dem in den verbundenen Rechtssachen C‑779/21 P und C‑799/21 P angefochtenen Urteil vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, EU:T:2021:639), in Rn. 349, auf die in Rn. 335 des hier angefochtenen Urteils verwiesen wird, ausgeführt hat, wird dieser Wertungsspielraum rechtlich zum einen durch die aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung abgeleitete Verpflichtung, im Rahmen der Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko den gesonderten und unterschiedlichen Status der Westsahara zu achten, begrenzt und zum anderen durch das aus dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen abgeleitete Erfordernis, wonach das Volk dieses Gebiets einem Abkommen zwischen der Union und dem Königreich Marokko, das in diesem Gebiet durchgeführt werden soll, zustimmen muss. 164 Das Gericht ist somit in Rn. 335 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar Sache des Rates war, zu beurteilen, ob die gegenwärtige Situation des Gebiets der Westsahara eine Anpassung der Modalitäten des Ausdrucks der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets rechtfertigte und ob die Voraussetzungen erfüllt waren, um davon auszugehen, dass dieses Volk seine Zustimmung zum Ausdruck gebracht hatte, aber dem Rat stand, wollte er nicht gegen das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets zu einem solchen Abkommen verstoßen, nicht die Entscheidung darüber zu, ob von der Zustimmung abgesehen werden konnte. 165 Infolgedessen trifft der Vorwurf nicht zu, das Gericht habe hinsichtlich der Beurteilung der im Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara bestehenden Voraussetzung die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Grenzen überschritten, die es im Licht des Völkergewohnheitsrechts für die gerichtliche Kontrolle von Rechtsakten der Union im Bereich ihres auswärtigen Handelns gebe. 166 Drittens ist das Vorbringen, das sich auf die Tragweite des Schreibens des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002 in Bezug auf das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara stützt, als unbegründet zurückzuweisen. 167 Das Gericht hat nämlich zutreffend in Rn. 362 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen dargelegt, dass dieses Schreiben keine Quelle des Unionsrechts darstellt, die vor den Unionsgerichten angeführt werden kann, da es als solches weder einer für die Union bindenden Regel des Völkervertragsrechts noch einer Regel des Völkergewohnheitsrechts gleichkommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2020, Kommission/Ungarn [Hochschulausbildung], C‑66/18, EU:C:2020:792, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). 168 Überdies ist das Vorbringen der Kommission zu dem vom Gericht in Rn. 330 des angefochtenen Urteils angestellten Vergleich zwischen den in Rede stehenden, von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen und den umfangreichen Anhörungen der Betroffenen im Sinne von Art. 11 Abs. 3 EUV und Art. 2 des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit als ins Leere gehend zurückzuweisen. Insoweit genügt die Feststellung, dass sich solche, insbesondere vor der Vorlage von Vorschlägen für Rechtsetzungsakte durch die Kommission durchzuführende Konsultationen, wie das Gericht im Wesentlichen ausgeführt hat, jedenfalls in ihrem Wesen und ihrem Gegenstand grundlegend von dem aus dem Völkergewohnheitsrecht abgeleiteten Erfordernis unterscheiden, dass ein Volk, dem ein Recht auf Selbstbestimmung zusteht, der Anwendung eines internationalen Abkommens, in Bezug auf das es die Eigenschaft eines Dritten hat, auf das Gebiet, das Gegenstand dieses Rechts ist, zustimmt. 169 Somit war das Gericht zu dem von ihm in Rn. 364 des angefochtenen Urteils gezogenen Schluss berechtigt, dass der Rat mit seiner Auffassung, dass durch die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in seiner Auslegung durch den Gerichtshof in Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), entsprochen worden sei, die Tragweite sowohl dieser Konsultationen als auch des in Rn. 106 aufgestellten Erfordernisses verkannt und zu Unrecht geglaubt habe, sich auf das Schreiben des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002 stützen zu können, um an die Stelle dieses Erfordernisses die von ihm dem Schreiben entnommenen Kriterien zu setzen. – Zu den Rügen betreffend das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara und die Einstufung des Front Polisario als die für die Erteilung dieser Zustimmung zuständige Entität 170 Wie oben in Rn. 152 dargelegt, ist das Gericht in Rn. 364 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt habe und zu Unrecht der Auffassung gewesen sei, über einen Wertungsspielraum für die Entscheidung zu verfügen, ob dem Erfordernis nachzukommen sei, dass das Volk der Westsahara als an dem streitigen Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des Abkommens für die Westsahara hätte zum Ausdruck bringen müssen. Insbesondere seien der Rat und die Kommission zu Unrecht der Ansicht gewesen, dass die gegenwärtige Situation des Gebiets der Westsahara es nicht zulasse, sich des Vorliegens der Zustimmung zu vergewissern. 171 Im Einzelnen hat es in Rn. 317 des angefochtenen Urteils ausgeführt, das Königreich Marokko nehme die ihm im streitigen Abkommen zugewiesenen Aufgaben und Zuständigkeiten bezüglich des Gebiets der Westsahara und der daran angrenzenden Gewässer nicht mit dem Ziel wahr, die Rechte des Volkes dieses Gebiets zu dessen Nutzen auszuüben. Das Königreich Marokko beabsichtige nämlich nicht, diesem Volk Rechte „hinsichtlich der Nutzung der Fischereiressourcen in diesen Gewässern und der Aufteilung der daraus fließenden Vorteile“ zuzuerkennen. Zudem beträfen die Rechte, die mit dem streitigen Abkommen möglicherweise für die Wirtschaftsbeteiligten mit Sitz in diesem Gebiet geschaffen würden, Einzelpersonen und nicht einen Dritten, der dem Abkommen zustimmen müsse. Bei dem sich daraus möglicherweise für die Bevölkerung dieses Gebiets ergebenden Nutzen handele es sich „um rein sozioökonomische und überdies mittelbare rechtliche Auswirkungen, die Rechten nicht gleichgestellt werden können“. Weiter heißt es in Rn. 318 des angefochtenen Urteils: „Dagegen erlegt das streitige Abkommen, da mit ihm einer der Vertragsparteien eine Zuständigkeit für das Gebiet eines Dritten eingeräumt wird, die dieser somit nicht selbst ausüben oder deren Ausübung er nicht delegieren kann, dem in Rede stehenden Dritten, wie der Kläger hervorhebt, eine Verpflichtung auf, unabhängig vom Vorbringen des Rates, dass dieser gegenwärtig nicht in der Lage sei, diese Zuständigkeiten selbst oder durch seinen Vertreter auszuüben. Seine Zustimmung zu dem streitigen Abkommen muss demnach ausdrücklich erklärt werden …“ 172 Die Erwägungen des Gerichts in Rn. 318 des angefochtenen Urteils sind aber mit einem Rechtsfehler behaftet. 173 Insoweit ist das Gericht zwar, wie oben in den Rn. 161 bis 164 und 169 festgestellt, zutreffend im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass auf der Grundlage des Rechts auf Selbstbestimmung und des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof die Zustimmung des Volkes der Westsahara zur Durchführung des streitigen Abkommens in diesem Gebiet eine Voraussetzung für die Gültigkeit des streitigen Beschlusses war und dass die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen nicht geeignet waren, die Zustimmung dieses Volkes zu belegen. 174 Dagegen hat es das streitige Abkommen fehlerhaft ausgelegt, als es in Rn. 318 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, dass das Abkommen dazu geführt habe, dem Volk der Westsahara eine Verpflichtung aufzuerlegen, da den Behörden des Königreichs Marokko bestimmte Zuständigkeiten eingeräumt worden seien, die im Gebiet der Westsahara ausgeübt werden sollten. 175 Die Durchführung des streitigen Abkommens impliziert zwar, dass die von den marokkanischen Behörden im Gebiet der Westsahara vorgenommenen Handlungen die oben in den Rn. 119 bis 125 beschriebenen rechtlichen Wirkungen haben, wodurch die Rechtsstellung des Volkes dieses Gebiets verändert wird, doch lässt der Umstand, dass diesen Behörden durch das streitige Abkommen bestimmte in diesem Gebiet auszuübende Verwaltungszuständigkeiten übertragen werden, nicht den Schluss zu, dass dem betreffenden Volk als Völkerrechtssubjekt rechtliche Verpflichtungen auferlegt werden. 176 Insoweit impliziert das streitige Abkommen, wie im Briefwechsel hervorgehoben wird, nicht die Anerkennung der vom Königreich Marokko beanspruchten Souveränität über die Westsahara. Das Volk der Westsahara ist überdies weder der Adressat der Fanggenehmigungen oder anderer von ihm anzuerkennender Verwaltungshandlungen der marokkanischen Behörden im Rahmen der Durchführung dieses Abkommens noch von Maßnahmen der Unionsbehörden oder der Mitgliedstaaten ihm gegenüber. 177 Folglich hat das Gericht seine Feststellung in Rn. 318 des angefochtenen Urteils, dass das Volk der Westsahara ausdrücklich seine Zustimmung zu dem streitigen Abkommen hätte erklären müssen, auf eine fehlerhafte Prämisse gestützt. 178 Allerdings kann eine Verletzung des Unionsrechts in einer Entscheidung des Gerichts, wenn zwar deren Gründe eine solche Verletzung enthalten, ihr Tenor sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen, und die Gründe sind durch andere zu ersetzen (Urteil vom 17. Januar 2023, Spanien/Kommission, C‑632/20 P, EU:C:2023:28, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 179 Daher ist zu prüfen, ob sich die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses im Tenor des angefochtenen Urteils nicht aus anderen Rechtsgründen als denen, die mit dem oben in den Rn. 174 bis 177 dargelegten Rechtsfehler behaftet sind, als richtig erweist. 180 Hierzu ist festzustellen, dass das Völkergewohnheitsrecht keine besondere Form dafür vorsieht, wie ein Dritter, der nicht an einer Übereinkunft beteiligt ist, die ihm ein Recht verleiht, seine Zustimmung zum Ausdruck bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs vom 7. Juni 1932, Rechtssache „Freizonen Haute-Savoie und Pays de Gex“, PCIJ 1932, Serie A/B, Nr. 46, S. 148). Folglich schließt das Völkergewohnheitsrecht nicht aus, dass eine solche Zustimmung unter gewissen Umständen implizit erteilt werden kann. In der besonderen Situation des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung kann daher dessen Zustimmung zu einer internationalen Übereinkunft, in Bezug auf die es die Eigenschaft eines Dritten hat und die für das Gebiet gelten soll, auf das sich sein Selbstbestimmungsrecht bezieht, vermutet werden, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind. 181 Zum einen darf die fragliche Übereinkunft keine Verpflichtung für dieses Volk schaffen. Zum anderen muss sie vorsehen, dass dem betreffenden Volk selbst – das durch die Bevölkerung des Gebiets, auf das sich sein Selbstbestimmungsrecht bezieht, nicht adäquat vertreten werden kann – aus der Nutzung der natürlichen Ressourcen des Gebiets ein präziser, konkreter, substanzieller und überprüfbarer Vorteil erwächst, der in angemessenem Verhältnis zum Ausmaß der Nutzung steht. Der Vorteil muss mit Garantien dafür verbunden sein, dass die Nutzung unter Bedingungen stattfindet, die mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung im Einklang stehen, damit sichergestellt ist, dass nicht erneuerbare natürliche Ressourcen in reichem Maß verfügbar bleiben und dass sich erneuerbare natürliche Ressourcen wie die Fischbestände fortlaufend neu bilden. Schließlich muss die fragliche Übereinkunft auch einen Mechanismus für die regelmäßige Kontrolle vorsehen, der die Prüfung ermöglicht, ob der dem betreffenden Volk in Anwendung der Übereinkunft gewährte Vorteil tatsächlich besteht. 182 Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist erforderlich, um die Vereinbarkeit einer solchen Übereinkunft mit dem aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen folgenden und im Völkergewohnheitsrecht verankerten Grundsatz des Vorrangs der Interessen der Völker von Hoheitsgebieten ohne Selbstregierung sicherzustellen. Sie leistet damit einen Beitrag dazu, dass das Handeln der Union auf internationaler Ebene im Einklang mit Art. 21 Abs. 1 EUV auf den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts beruht. 183 Sofern die beiden oben in Rn. 181 dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind, ist davon auszugehen, dass das betreffende Volk seine Zustimmung erteilt hat. Der Umstand, dass eine Bewegung, die als legitimer Vertreter dieses Volkes auftritt, der Übereinkunft entgegentritt, kann als solcher nicht ausreichen, um das Vorliegen einer solchen vermuteten Zustimmung in Frage zu stellen. 184 [Berichtigt mit Beschluss vom 15. Januar 2025] Die Vermutung der Zustimmung kann gleichwohl widerlegt werden, sofern legitime Vertreter dieses Volkes nachweisen, dass die vorteilhafte Regelung, in deren Genuss es durch die fragliche Übereinkunft kommt, oder der mit ihr verbundene Mechanismus regelmäßiger Kontrolle nicht den oben in Rn. 181 dargestellten Voraussetzungen entspricht. Mit dieser Frage haben sich gegebenenfalls die Unionsgerichte zu befassen, um insbesondere zu beurteilen, ob die Übereinkunft das Recht des betreffenden Volkes auf Selbstbestimmung oder seine aus diesem Recht sowie aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen folgende ständige Souveränität über die natürlichen Ressourcen in adäquater Weise wahrt. Ferner steht es der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Parlament und jedem Mitgliedstaat frei, schon vor der Unterzeichnung oder dem Abschluss einer Übereinkunft zwischen der Union und dem Königreich Marokko, die eine solche Regelung vorsieht, ein Gutachten des Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der geplanten Übereinkunft mit den Bestimmungen der Verträge, insbesondere mit Art. 21 Abs. 1 EUV, einzuholen. 185 Im vorliegenden Fall ist die erste der beiden oben in Rn. 181 genannten Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Aus den oben in den Rn. 175 und 176 dargelegten Gründen wird nämlich die unionsrechtliche Stellung des Volkes des Gebiets der Westsahara durch das streitige Abkommen im Hinblick auf das ihm für dieses Gebiet zustehende Selbstbestimmungsrecht zwar geändert, doch erlegt es diesem Volk als Völkerrechtssubjekt keine rechtlichen Verpflichtungen auf. 186 Zur zweiten Voraussetzung ist festzustellen, dass das streitige Abkommen offenkundig keinen Vorteil zugunsten des Volkes der Westsahara enthält, der den oben in Rn. 181 genannten Merkmalen entspricht. 187 Insbesondere werden, wie das Gericht in den Rn. 312 bis 314 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, durch das streitige Abkommen dem Volk der Westsahara als an diesem Abkommen nicht beteiligtem Dritten keine Rechte eingeräumt. Zum einen werden die durch das Fischereiabkommen in den an die Westsahara angrenzenden Gewässern eingeräumten Rechte nämlich der Union und den Mitgliedstaaten gewährt. Zudem wird gemäß Art. 6 Abs. 1 des Abkommens die Bewirtschaftung der Fischereitätigkeiten in diesen Gewässern, u. a. im Rahmen der für sie geltenden Definition der Bewirtschaftungsgebiete, durch die marokkanischen Behörden im Rahmen ihrer nationalen Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften ausgeübt. Zum anderen werden die einzelnen Bestandteile der finanziellen Gegenleistung gemäß Art. 4 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 3 des Durchführungsprotokolls sowie Kapitel I Abschnitt E seines Anhangs an die marokkanischen Behörden gezahlt. 188 Insoweit wird, wie die Generalanwältin in den Nrn. 145 und 147 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, der Geltungsbereich des streitigen Abkommens unter Bezugnahme auf eine einzige „Fischereizone“ festgelegt, die im Wesentlichen die Gesamtheit der an das Königreich Marokko und das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer umfasst. Bei der Definition dieser „Fischereizone“ wird jedoch nicht zwischen den an das Gebiet des Königreichs Marokko angrenzenden Gewässern und den an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässern unterschieden. 189 Somit wird im streitigen Abkommen nicht klargestellt, welcher Teil der Fischereirechte der Union die an das Königreich Marokko angrenzenden Gewässer betrifft und welcher Teil von ihnen die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer. 190 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 161 und 162 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, sieht dieses Abkommen zwar das Erfordernis einer „gerechten geografischen und sozialen Aufteilung“ des sozioökonomischen Nutzens vor, der sich aus den Ausgleichszahlungen der Union an das Königreich Marokko ergibt. 191 Wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 316 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, ohne dass diese Feststellung inhaltlich in Frage gestellt wurde, lässt sich den Bestimmungen des streitigen Abkommens jedoch nicht entnehmen, inwiefern der Grundsatz der ausgewogenen geografischen und sozialen Aufteilung der finanziellen Gegenleistung im Gebiet der Westsahara und im Gebiet des Königreichs Marokko in differenzierter Weise angewandt wird. Das Abkommen sieht jedenfalls nicht vor, dass eine finanzielle Gegenleistung speziell dem Volk der Westsahara zugutekommt. 192 Folglich kann nicht vermutet werden, dass das Volk der Westsahara seine Zustimmung zur Anwendung des streitigen Abkommens auf die an das Gebiet der Westsahara angrenzenden Gewässer erteilt hat. 193 Hinzuzufügen ist, dass die Möglichkeit einer im Einklang mit den Rn. 180 bis 183 des vorliegenden Urteils vermuteten Zustimmung nicht dadurch in Frage gestellt werden kann, dass in dem die Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung betreffenden Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen von „Völkern“ und „Einwohnern“ dieser Gebiete die Rede ist, so dass sich die dort als „heiliger Auftrag“ bezeichnete Verpflichtung, ihr Wohl aufs Äußerste zu fördern, im Fall der Westsahara auf einen Teil der „Einwohner“ dieses Gebiets erstreckt, die nicht zum „Volk“ der Westsahara gehören. Insoweit werden in der oben in Rn. 35 erwähnten Resolution 2703 (2023) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Fortschritte bei den Verhandlungen als unerlässlich dafür angesehen, alle Aspekte der Lebensqualität der Menschen in der Westsahara zu verbessern. Sollte künftig ein Abkommen dem Volk der Westsahara im Einklang mit den oben in Rn. 181 aufgestellten Anforderungen zugutekommen, stünde die Möglichkeit, dass es auch den Einwohnern dieses Gebiets im Allgemeinen zugutekommt, der Feststellung einer vermuteten Zustimmung dieses Volkes nicht entgegen. 194 [Berichtigt mit Beschluss vom 15. Januar 2025] Berücksichtigt man überdies die oben in Rn. 173 getroffene Feststellung, wonach die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen nicht geeignet waren, eine solche Zustimmung dieses Volkes zu belegen, hat das Gericht in Rn. 364 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt hatte und dass der Rat und die Kommission zu Unrecht der Ansicht waren, dass die gegenwärtige Situation dieses Gebiets es nicht zulasse, sich des Vorliegens einer Zustimmung des Volkes der Westsahara zum streitigen Abkommen zu vergewissern. 195 Der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P sind daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P: Rechtsfehler hinsichtlich der Möglichkeit, sich auf das Völkerrecht zu berufen Vorbringen der Parteien 196 Die Kommission (fünfter Rechtsmittelgrund) und der Rat (dritter Rechtsmittelgrund) werfen dem Gericht vor, Rechtsfehler in Bezug darauf begangen zu haben, ob es möglich sei, sich im Rahmen einer die Gültigkeit eines Beschlusses über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch die Union betreffenden Klage auf Völkerrechtsnormen zu berufen. Diese Rechtsmittelgründe richten sich gegen Rn. 294 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden hat, dass sich der Front Polisario auf den Grundsatz der Selbstbestimmung und den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen berufen könne, so dass sein dritter Klagegrund nicht wirkungslos sei. 197 Diese beiden Organe verweisen u. a. darauf, dass ein Bürger nach der Rechtsprechung die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union durch den Gerichtshof nur geltend machen könne, wenn durch diese Grundsätze die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts in Frage gestellt werden könne und wenn durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Bürgers aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder unionsrechtliche Verpflichtungen begründet werden könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 107). 198 Der Rat fügt hinzu, wenn es möglich sei, sich auf Regeln des Völkerrechts zu berufen, beschränke sich die Kontrolle durch den Gerichtshof nach dem Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 107), jedenfalls auf das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler der Organe hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regeln. Im vorliegenden Fall könnten die Grundsätze der Selbstbestimmung und der relativen Wirkung von Verträgen die Zuständigkeit der Union nicht in Frage stellen, denn der Gerichtshof habe bereits implizit zu erkennen gegeben, dass das Völkerrecht es nicht ausschließe, dass ein Staat, abweichend von der Grundregel, hinsichtlich eines anderen Gebiets durch einen Vertrag gebunden sein könne; dies habe das Gericht ausdrücklich bestätigt, indem es den Klagegrund der Unzuständigkeit des Rates für den Abschluss des streitigen Abkommens zurückgewiesen habe. Der Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen betreffe jedenfalls nicht die Gültigkeit einer Übereinkunft, sondern die Frage, wem sie entgegengehalten werden könne. 199 Die Französische Republik führt hierzu aus, selbst wenn es möglich wäre, sich auf den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen zu berufen, und wenn er im vorliegenden Fall verletzt worden wäre, würde eine solche Verletzung nicht zur Ungültigkeit des streitigen Beschlusses führen, da nach dem genannten Grundsatz die Gültigkeit des betreffenden Vertrags nicht von der Zustimmung eines Dritten abhänge. 200 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 201 Das Gericht hat in Rn. 290 des angefochtenen Urteils unter Verweis auf die Rn. 282 bis 291 des Urteils vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, EU:T:2021:639), ausgeführt, dass der Front Polisario zur Verteidigung der Rechte, die dem Volk der Westsahara aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung und dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen erwüchsen, die Möglichkeit haben müsse, einen Verstoß des Beschlusses, der in der mit diesem Urteil entschiedenen Rechtssache angefochten wurde, gegen die klaren, bestimmten und unbedingten, im Rahmen der Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko zu beachtenden Verpflichtungen geltend zu machen, die der Gerichtshof im Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), aus der Auslegung des Assoziierungsabkommens im Licht der Grundsätze der Selbstbestimmung und der relativen Wirkung von Verträgen abgeleitet habe, da der behauptete Verstoß dieses Volk als nicht beteiligten Dritten an einem Abkommen zwischen der Union und dem Königreich Marokko betreffen könne. 202 Zudem hat das Gericht darauf hingewiesen, dass nach den von ihm in dem genannten Urteil angestellten Erwägungen die Rechtsprechung zur Möglichkeit der Berufung auf die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts in den Rn. 107 bis 109 des Urteils vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864), dieser Schlussfolgerung nicht entgegenstehe. Die Erwägungen in diesen Randnummern beruhten auf einer Beurteilung der besonderen Umstände jener Rechtssache in Bezug auf die Art der geltend gemachten Grundsätze des Völkerrechts und des beanstandeten Rechtsakts sowie die Rechtsstellung der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die nicht mit denen der Rechtssache vergleichbar seien, in der das Urteil vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, EU:T:2021:639), ergangen sei. 203 Diese Erwägungen seien auf die Möglichkeit, den Grundsatz der Selbstbestimmung und den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen dem streitigen Beschluss entgegenzuhalten, übertragbar, da der Gerichtshof in den Rn. 63 bis 72 des Urteils vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), festgestellt habe, dass diese Grundsätze im Rahmen eines Fischereiabkommens zwischen der Union und dem Königreich Marokko anwendbar seien. 204 Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern. 205 Die Union muss nämlich nach ständiger Rechtsprechung ihre Befugnisse unter Beachtung des gesamten Völkerrechts ausüben, einschließlich der Regeln und Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts und des Völkergewohnheitsrechts sowie der Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die sie binden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK, C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 206 Folglich ist der Gerichtshof befugt, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage zu beurteilen, ob eine von der Union geschlossene internationale Übereinkunft mit den für sie nach den Verträgen bindenden Regeln des Völkerrechts vereinbar ist. Die Kontrolle der Gültigkeit des Rechtsakts, mit dem die Union eine solche internationale Übereinkunft geschlossen hat, durch den Gerichtshof kann sich auch darauf erstrecken, ob der Rechtsakt in Anbetracht des Inhalts der fraglichen internationalen Übereinkunft rechtmäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK, C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 48 bis 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 207 Somit war das Gericht zu der Annahme berechtigt, dass der Grundsatz der Selbstbestimmung und der Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen im Rahmen der Kontrolle der Gültigkeit des streitigen Beschlusses herangezogen werden konnten. 208 Daher kann das Argument der Kommission und des Rates, aus dem Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864), sei abzuleiten, dass es nicht möglich sei, sich im Rahmen der Kontrolle der Gültigkeit des streitigen Beschlusses auf diese Grundsätze zu berufen, keinen Erfolg haben. 209 Das Vorbringen des Rates, die Kontrolle der Vereinbarkeit eines Rechtsakts der Union mit solchen Regeln des Völkerrechts durch die Unionsgerichte müsse sich auf offensichtliche Beurteilungsfehler beschränken, stimmt im Wesentlichen mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes überein, mit dem gerügt wird, das Gericht habe das Ermessen außer Acht gelassen, über das der Rat im Bereich der auswärtigen Beziehungen verfüge. Es ist daher aus den oben in Rn. 163 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 210 Infolgedessen sind der fünfte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑778/21 P und der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑798/21 P als unbegründet zurückzuweisen. 211 Da keiner der von der Kommission und vom Rat zur Stützung der Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑778/21 P und C‑798/21 P angeführten Gründe durchgreift, sind sie in vollem Umfang zurückzuweisen. Zu den vom Rat und von der Kommission hilfsweise gestellten Anträgen Vorbringen der Parteien 212 Hilfsweise hebt der Rat hervor, im Fall der Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses bestünde die Gefahr schwerwiegender negativer Folgen für das auswärtige Handeln der Union, und die Rechtssicherheit der von ihr eingegangenen, für die Organe und die Mitgliedstaaten bindenden internationalen Verpflichtungen würde in Frage gestellt. Daher sei es, sofern der Gerichtshof das Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil zurückweisen sollte, erforderlich, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten aufrechtzuerhalten. 213 Die Kommission trägt vor, sofern der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses aus anderen als den im angefochtenen Urteil genannten Gründen gerechtfertigt sei, und den Feststellungen des Gerichtshofs entnommen werden könnte, dass es eine realistische Möglichkeit gebe, mit dem Königreich Marokko gleichwohl ein Abkommen unter Einbeziehung der Westsahara zu schließen, wäre es wünschenswert, die Wirkungen dieses Beschlusses für einen Zeitraum von anderthalb Jahren aufrechtzuerhalten, damit die zum Erlass der Beschlüsse des Rates über die Unterzeichnung und den Abschluss eines solchen Abkommens nötigen Verhandlungen stattfinden könnten. 214 Der Front Polisario tritt diesen Anträgen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 215 Gemäß Art. 264 Abs. 2 AEUV kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, die Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. 216 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirkungen einer solchen Handlung insbesondere dann aufrechterhalten werden können, wenn die unmittelbaren Auswirkungen ihrer Nichtigerklärung schwerwiegende negative Folgen für die Betroffenen hätten (Urteil vom 1. März 2022, Kommission/Rat [Abkommen mit der Republik Korea], C‑275/20, EU:C:2022:142, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 217 Im vorliegenden Fall wurden gemäß Rn. 369 des angefochtenen Urteils, die nicht Gegenstand eines Anschlussrechtsmittels ist, die Wirkungen des streitigen Beschlusses bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechterhalten. Wie oben in Rn. 69 ausgeführt, lief das Durchführungsprotokoll am 17. Juli 2023 aus. Ohne in Kraft befindliches Protokoll gestattet das Fischereiabkommen den Unionsschiffen keinen Zugang zur „Fischereizone“ im Sinne des Abkommens. 218 Daher ist festzustellen, dass die hilfsweise gestellten Anträge der Kommission und des Rates angesichts des Auslaufens des Durchführungsprotokolls gegenstandslos geworden sind. 219 Infolgedessen ist über diese hilfsweise gestellten Anträge nicht zu entscheiden. Kosten 220 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. 221 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 222 Da im vorliegenden Fall der Front Polisario die Verurteilung des Rates und der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten die dem Front Polisario im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen. 223 Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 224 Im vorliegenden Fall tragen das Königreich Belgien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik als Streithelfer im Rechtsmittelverfahren in der Rechtssache C‑798/21 P sowie das Königreich Spanien und die Französische Republik als Streithelfer im ersten Rechtszug ihre eigenen Kosten. 225 Schließlich kann der Gerichtshof nach Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, u. a. entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat oder ein Organ seine eigenen Kosten trägt. 226 Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass die CPMM ihre eigenen Kosten tragen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen. 2. Über die Anträge auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses (EU) 2019/441 des Rates vom 4. März 2019 über den Abschluss des partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko, des dazugehörigen Durchführungsprotokolls und des Briefwechsels zu dem Abkommen ist nicht zu entscheiden. 3. Die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten sowie die dem Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario) im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel entstandenen Kosten. 4. Das Königreich Belgien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik sowie das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Chambre des pêches maritimes de la Méditerranée, die Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Nord, die Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Centre und die Chambre des pêches maritimes de l’Atlantique Sud tragen ihre eigenen Kosten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 4. Oktober 2024.#Europäische Kommission und Rat der Europäischen Union gegen Front populaire pour la libération de la Saguia el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario).#Rechtsmittel – Auswärtiges Handeln – Internationale Übereinkünfte – Europa‑Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits – Abkommen zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 dieses Abkommens – Abschlussakt – Geltend gemachte Verstöße gegen das Völkerrecht wegen der Anwendbarkeit des zweiten Abkommens auf das Gebiet der Westsahara – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Parteifähigkeit – Klagebefugnis – Voraussetzung, wonach ein Kläger in bestimmten Fällen von der streitigen Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen sein muss – Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen – Grundsatz der Selbstbestimmung – Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung – Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen – Ermessen des Rates der Europäischen Union – Völkergewohnheitsrecht – Allgemeine Grundsätze des Unionsrechts – Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, als eines an einer internationalen Übereinkunft nicht beteiligten Dritten.#Verbundene Rechtssachen C-779/21 P und C-799/21 P.
62021CJ0779
ECLI:EU:C:2024:835
2024-10-04T00:00:00
Gerichtshof, Ćapeta
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62021CJ0779 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 4. Oktober 2024 (*1) „Rechtsmittel – Auswärtiges Handeln – Internationale Übereinkünfte – Europa‑Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits – Abkommen zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 dieses Abkommens – Abschlussakt – Geltend gemachte Verstöße gegen das Völkerrecht wegen der Anwendbarkeit des zweiten Abkommens auf das Gebiet der Westsahara – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Parteifähigkeit – Klagebefugnis – Voraussetzung, wonach ein Kläger in bestimmten Fällen von der streitigen Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen sein muss – Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen – Grundsatz der Selbstbestimmung – Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung – Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen – Ermessen des Rates der Europäischen Union – Völkergewohnheitsrecht – Allgemeine Grundsätze des Unionsrechts – Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, als eines an einer internationalen Übereinkunft nicht beteiligten Dritten“ In den verbundenen Rechtssachen C‑779/21 P und C‑799/21 P betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 14. Dezember 2021 und am 16. Dezember 2021, Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Bouquet, F. Castillo de la Torre, F. Clotuche-Duvieusart und B. Eggers als Bevollmächtigte, dann durch A. Bouquet D. Calleja Crespo, F. Clotuche-Duvieusart und B. Eggers als Bevollmächtigte, Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑779/21 P, unterstützt durch Königreich Spanien, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte, Streithelfer im Rechtsmittelverfahren, andere Parteien des Verfahrens: Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario), vertreten durch G. Devers, Avocat, Kläger im ersten Rechtszug, Rat der Europäischen Union, Beklagter im ersten Rechtszug, Französische Republik, zunächst vertreten durch J.‑L. Carré, A.‑L. Desjonquères und T. Stéhelin als Bevollmächtigte, dann durch G. Bain, B. Herbaut, T. Stéhelin und B. Travard als Bevollmächtigte, Confédération marocaine de l’agriculture et du développement rural (Comader), vertreten durch N. Angelet, G. Forwood und A. Hublet, Avocats, sowie N. Forwood, BL, Streithelfer im ersten Rechtszug, und Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch F. Naert und V. Piessevaux als Bevollmächtigte, dann durch F. Naert, A. Nowak-Salles und V. Piessevaux als Bevollmächtigte, Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑799/21 P, unterstützt durch Königreich Belgien, zunächst vertreten durch J.‑C. Halleux, C. Pochet und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte, dann durch C. Pochet und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte, Königreich Spanien, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte, Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte, Portugiesische Republik, vertreten durch P. Barros da Costa und A. Pimenta als Bevollmächtigte, Slowakische Republik, zunächst vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte, dann durch S. Ondrášiková als Bevollmächtigte, Streithelfer im Rechtsmittelverfahren, andere Parteien des Verfahrens: Front populaire pour la libération de la Saguia el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario), vertreten durch G. Devers, Avocat, Kläger im ersten Rechtszug, Französische Republik, zunächst vertreten durch J.‑L. Carré, A.‑L. Desjonquères und T. Stéhelin als Bevollmächtigte, dann durch G. Bain, B. Herbaut, T. Stéhelin und B. Travard als Bevollmächtigte, Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Bouquet, F. Castillo de la Torre, F. Clotuche-Duvieusart und B. Eggers als Bevollmächtigte, dann durch A. Bouquet D. Calleja Crespo, F. Clotuche-Duvieusart und B. Eggers als Bevollmächtigte, Confédération marocaine de l’agriculture et du développement rural (Comader), vertreten durch N. Angelet, G. Forwood und A. Hublet, Avocats, sowie N. Forwood, BL, Streithelfer im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, C. Lycourgos, E. Regan und Z. Csehi, der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, der Richter S. Rodin, I. Jarukaitis, A. Kumin und N. Jääskinen (Berichterstatter), der Richterin M. L. Arastey Sahún und des Richters M. Gavalec, Generalanwältin: T. Ćapeta, Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. und 24. Oktober 2023, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. März 2024 folgendes Urteil 1 Mit ihren jeweiligen Rechtsmitteln begehren die Europäische Kommission (Rechtssache C‑779/21 P) und der Rat der Europäischen Union (Rechtssache C‑799/21 P) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Front Polisario/Rat (T‑279/19, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:639), mit dem das Gericht den Beschluss (EU) 2019/217 des Rates vom 28. Januar 2019 über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union einerseits und dem Königreich Marokko andererseits zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa‑Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2019, L 34, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt hat. 2 In der Rechtssache C‑799/21 P beantragt der Rat ferner, hilfsweise, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Verkündung des zu erlassenden Urteils aufrechtzuerhalten. Rechtlicher Rahmen Völkerrecht Charta der Vereinten Nationen 3 In Art. 1 der am 26. Juni 1945 in San Francisco unterzeichneten Charta der Vereinten Nationen (im Folgenden: Charta der Vereinten Nationen) heißt es: „Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele: … 2. freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen; …“ 4 Kapitel XI („Erklärung über Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung“) der Charta der Vereinten Nationen enthält ihren Art. 73, der bestimmt: „Mitglieder der Vereinten Nationen, welche die Verantwortung für die Verwaltung von Hoheitsgebieten haben oder übernehmen, deren Völker noch nicht die volle Selbstregierung erreicht haben, bekennen sich zu dem Grundsatz, dass die Interessen der Einwohner dieser Hoheitsgebiete Vorrang haben; sie übernehmen als heiligen Auftrag die Verpflichtung, im Rahmen des durch diese Charta errichteten Systems des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit das Wohl dieser Einwohner aufs Äußerste zu fördern … …“ Wiener Übereinkommen 5 Im letzten Absatz der Präambel des am 23. Mai 1969 in Wien geschlossenen Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331, im Folgenden: Wiener Übereinkommen) bekräftigen die Vertragsstaaten des Übereinkommens den Grundsatz, dass „die Sätze des Völkergewohnheitsrechts weiterhin für Fragen gelten, die in diesem Übereinkommen nicht geregelt sind“. 6 In Art. 3 („Nicht in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende internationale Übereinkünfte“) des Wiener Übereinkommens heißt es: „Der Umstand, dass dieses Übereinkommen weder auf die zwischen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten oder zwischen solchen anderen Völkerrechtssubjekten geschlossenen internationalen Übereinkünfte noch auf nicht schriftliche internationale Übereinkünfte Anwendung findet, berührt nicht … b) die Anwendung einer der in diesem Übereinkommen niedergelegten Regeln auf sie, denen sie auch unabhängig von diesem Übereinkommen auf Grund des Völkerrechts unterworfen wären; …“ 7 Art. 29 („Räumlicher Geltungsbereich von Verträgen“) des Wiener Übereinkommens lautet: „Sofern keine abweichende Absicht aus dem Vertrag hervorgeht oder anderweitig festgestellt ist, bindet ein Vertrag jede Vertragspartei hinsichtlich ihres gesamten Hoheitsgebiets.“ 8 Art. 34 („Allgemeine Regel betreffend Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens bestimmt: „Ein Vertrag begründet für einen Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte.“ 9 Art. 35 („Verträge zu Lasten von Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens lautet: „Ein Drittstaat wird durch eine Vertragsbestimmung verpflichtet, wenn die Vertragsparteien beabsichtigen, durch die Vertragsbestimmung eine Verpflichtung zu begründen, und der Drittstaat diese Verpflichtung ausdrücklich in Schriftform annimmt.“ 10 Art. 36 („Verträge zugunsten von Drittstaaten“) des Wiener Übereinkommens bestimmt: „(1)   Ein Drittstaat wird durch eine Vertragsbestimmung berechtigt, wenn die Vertragsparteien beabsichtigen, durch die Vertragsbestimmung dem Drittstaat oder einer Staatengruppe, zu der er gehört, oder allen Staaten ein Recht einzuräumen, und der Drittstaat dem zustimmt. Sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht, wird die Zustimmung vermutet, solange nicht das Gegenteil erkennbar wird. (2)   Ein Staat, der ein Recht nach Absatz 1 ausübt, hat die hierfür in dem Vertrag niedergelegten oder im Einklang mit ihm aufgestellten Bedingungen einzuhalten.“ Assoziierungsabkommen 11 Am 1. März 2000 trat das am 26. Februar 1996 in Brüssel unterzeichnete Europa‑Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2000, L 70, S. 2, im Folgenden: Assoziierungsabkommen) in Kraft. 12 Art. 1 Abs. 1 und 2 des Assoziierungsabkommens lautet: „(1)   Zwischen der [Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl] und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Marokko andererseits wird eine Assoziation gegründet. (2)   Ziel dieses Abkommens ist es, – einen geeigneten Rahmen für den politischen Dialog zwischen den Vertragsparteien zu schaffen, der die Stärkung ihrer Beziehungen in allen Bereichen ermöglicht, die sie im Rahmen dieses Dialogs als geeignet ansehen; – die Bedingungen für eine schrittweise Liberalisierung des Waren‑, des Dienstleistungs- und des Kapitalverkehrs festzulegen; – den Handel auszuweiten und die Entwicklung ausgewogener Wirtschafts- und Sozialbeziehungen zwischen den Vertragsparteien insbesondere im Wege des Dialogs und der Zusammenarbeit zu fördern und so die Entwicklung und den Wohlstand Marokkos und des marokkanischen Volkes zu begünstigen; – die Integration der Maghreb-Länder durch Begünstigung des Handels und der Zusammenarbeit zwischen Marokko und den Ländern der Region zu fördern; – die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Kultur und Finanzen zu fördern.“ 13 Art. 16 des Assoziierungsabkommens lautet: „Die [Europäische Gemeinschaft und die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl] und Marokko nehmen schrittweise eine stärkere Liberalisierung ihres Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Fischereierzeugnissen vor.“ 14 Art. 94 des Assoziierungsabkommens sieht vor: „Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl angewendet werden, und nach Maßgabe jener Verträge einerseits sowie für das Gebiet des Königreichs Marokko andererseits.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits 15 Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens kann die u. a. in den Rn. 1 bis 53 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt zusammengefasst werden. Internationaler Kontext 16 Die Westsahara ist ein Gebiet im Nordwesten des afrikanischen Kontinents; sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom Königreich Spanien kolonisiert und später eine spanische Provinz. Im Jahr 1963 nahm die Organisation der Vereinten Nationen sie als ein vom Königreich Spanien verwaltetes Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung im Sinne von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen in die „Vorläufige Liste der Gebiete, auf die die Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker [(Resolution 1514 [XV] der Generalversammlung der Vereinten Nationen)] anwendbar ist“, auf. Sie ist bis heute in der Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung verzeichnet, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf der Grundlage der ihm gemäß Art. 73 Buchst. e ihrer Charta übermittelten Informationen erstellt hat. 17 Am 20. Dezember 1966 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 1500. Plenarsitzung die Resolution 2229 (XXI) zur Frage der Gebiete Ifni und Spanisch-Sahara, in der sie das „unveräußerliche Recht de[s] [Volkes] … von Spanisch-Sahara auf Selbstbestimmung gemäß der Resolution 1514 (XV) der Generalversammlung [der Vereinten Nationen]“ bekräftigte und das Königreich Spanien als Verwaltungsmacht aufforderte, „so bald wie möglich … die Modalitäten für die Organisation eines Referendums festzulegen, das unter der Aufsicht der Organisation der Vereinten Nationen durchgeführt wird, damit die einheimische Bevölkerung dieses Gebiets ihr Recht auf Selbstbestimmung frei ausüben kann“. 18 Am 24. Oktober 1970 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 1883. Plenarsitzung die Resolution 2625 (XXV), mit der sie die „Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen“ billigte, deren Wortlaut der Resolution als Anlage beigefügt ist. Diese Erklärung „verkündet feierlich“ insbesondere den „Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker“. 19 Der Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario) ist eine am 10. Mai 1973 in der Westsahara gegründete Organisation. Gemäß Art. 1 seiner Satzung versteht er sich als „nationale Befreiungsbewegung“, deren Mitglieder „für die völlige Unabhängigkeit und die Wiedererlangung der Souveränität des sahrauischen Volkes über das gesamte Gebiet der Demokratischen Arabischen Republik Sahara kämpfen“. 20 Am 20. August 1974 übersandte das Königreich Spanien dem Generalsekretär der Vereinten Nationen ein Schreiben mit der Ankündigung, dass es beabsichtige, unter der Aufsicht der Vereinten Nationen ein Referendum zu organisieren, damit das Volk der Westsahara sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben kann. 21 Am 16. Oktober 1975 erstattete der Internationale Gerichtshof (IGH) in seiner Eigenschaft als Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen im Anschluss an ein von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Rahmen ihrer Arbeiten zur Entkolonialisierung der Westsahara an ihn gerichtetes Ersuchen ein Gutachten zur Westsahara (ICJ Reports 1975, S. 12, im Folgenden: Westsahara-Gutachten). In Rn. 162 dieses Gutachtens kommt der IGH zu folgendem Ergebnis: „Nach den dem [IGH] vorgelegten Unterlagen und den ihm erteilten Auskünften bestanden während der spanischen Kolonialherrschaft zwischen dem Sultan von Marokko und bestimmten im Gebiet der Westsahara lebenden Stämmen Rechtsbeziehungen in Form von Treueverhältnissen, gab es auch Rechte, u. a. bestimmte Rechte an Grund und Boden, die Rechtsbeziehungen zwischen der mauretanischen Einheit, so wie der [IGH] sie versteht, und dem Gebiet der Westsahara begründeten, bestand zwischen dem Gebiet der Westsahara und dem Königreich von Marokko bzw. der mauretanischen Einheit aber kein Verhältnis einer territorialen Souveränität. Der [IGH] hat also nicht das Vorliegen von Rechtsbeziehungen festgestellt, die geeignet wären, die Anwendung der Resolution 1514 (XV) [der Generalversammlung der Vereinten Nationen] auf die Entkolonialisierung der Westsahara, insbesondere die Anwendung des Grundsatzes der Selbstbestimmung auf der Basis eines frei und unverfälscht geäußerten Willens der Bevölkerung des Gebiets zu ändern. …“ 22 In Rn. 163 des Westsahara-Gutachtens führte der IGH insbesondere aus: „[Der IGH ist der Auffassung], hinsichtlich der Frage I …, dass die Westsahara (Rio de Oro und Sakiet El Hamra) zum Zeitpunkt der Kolonisierung durch Spanien kein Niemandsland (terra nullius) war; hinsichtlich der Frage II …, dass das Gebiet zum Königreich Marokko Rechtsbeziehungen hatte, die die in Rn. 162 des vorliegenden Gutachtens genannten Merkmale aufwiesen, [und] dass das Gebiet zur mauretanischen Einheit Rechtsbeziehungen hatte, die die in Rn. 162 des vorliegenden Gutachtens genannten Merkmale aufwiesen.“ 23 In einer am Tag der Veröffentlichung des Westsahara-Gutachtens gehaltenen Rede erklärte der König von Marokko, dass „alle Welt … anerkannt [hat], dass die [Westsahara] [zum Königreich Marokko] gehört“, und es „[seine] Sache [ist], dieses Gebiet friedlich zurückzuerlangen“; er rief deshalb zu einem Marsch auf. 24 Am 6. November 1975 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner 1854. Sitzung die Resolution 380 (1975) zur Westsahara, in der er „mit Bedauern zur Kenntnis [nahm], dass es zu dem … angekündigten Marsch gekommen ist“, und „[das Königreich] Marokko auf[forderte], alle Teilnehmer des Marsches unverzüglich aus dem Gebiet der Westsahara zurückzuziehen“. 25 Am 26. Februar 1976 setzte das Königreich Spanien den Generalsekretär der Vereinten Nationen davon in Kenntnis, dass es ab diesem Tag seine Präsenz in der Westsahara beenden werde und sich nicht mehr als international verantwortlich für die Verwaltung dieses Gebiets betrachte. 26 In der Zwischenzeit war in dieser Region ein bewaffneter Konflikt zwischen dem Königreich Marokko, der Islamischen Republik Mauretanien und dem Front Polisario ausgebrochen. In diesem Kontext floh ein Teil der Bevölkerung der Westsahara, mehrheitlich Angehörige des sahrauischen Volkes, aus der Westsahara und fand Zuflucht in Lagern auf algerischem Hoheitsgebiet, nahe der Grenze zur Westsahara. 27 Einen Tag, nachdem das Königreich Spanien die Westsahara verlassen hatte, kündigte der Front Polisario die Errichtung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) an. Bislang hat weder die Europäische Union noch einer ihrer Mitgliedstaaten die DARS anerkannt. 28 Am 14. April 1976 schloss das Königreich Marokko mit der Islamischen Republik Mauretanien einen Vertrag über die Aufteilung des Gebiets der Westsahara und annektierte den ihm durch den Vertrag zuerkannten Teil dieses Gebiets. Die Islamische Republik Mauretanien schloss am 10. August 1979 mit dem Front Polisario einen Friedensvertrag, in dem sie hinsichtlich der Westsahara auf jegliche Gebietsansprüche verzichtete. Im Anschluss daran übernahm das Königreich Marokko die Kontrolle über das von den mauretanischen Kräften geräumte Gebiet. 29 Am 21. November 1979 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 75. Plenarsitzung die Resolution 34/37 über die Frage der Westsahara, in der sie „das unveräußerliche Recht des Volkes der Westsahara auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit gemäß der [Charta der Vereinten Nationen] … sowie der Ziele [ihrer] Resolution 1514 (XV) [bekräftigte]“, „die Verschärfung der Lage, die durch die anhaltende Besetzung der Westsahara durch Marokko … entstanden ist[, zutiefst bedauerte]“, „Marokko eindringlich [bat], sich an den Friedensbemühungen zu beteiligen und die Besetzung des Gebiets der Westsahara zu beenden“, und „zu diesem Zweck [empfahl], dass [der Front Polisario] als Vertreter des Volkes der Westsahara ohne Einschränkungen an allen Bemühungen um eine gerechte, dauerhafte und endgültige politische Lösung der Frage der Westsahara gemäß den Resolutionen und Erklärungen der Organisation der Vereinten Nationen … mitwirken sollte“. Auf diese Resolution folgte die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 56. Plenarsitzung am 11. November 1980 verabschiedete Resolution 35/19, in deren Punkt 10 die Generalversammlung „Marokko und den Front Polisario als den Vertreter des Volkes der Westsahara eindringlich auf[forderte], direkte Verhandlungen aufzunehmen, um zu einer endgültigen Regelung der Frage der Westsahara zu gelangen“. 30 Der Konflikt zwischen dem Königreich Marokko und dem Front Polisario dauerte an, bis die beiden Parteien am 30. August 1988 den u. a. vom Generalsekretär der Vereinten Nationen unterbreiteten Vorschlägen für die Konfliktbeilegung, die insbesondere einen Waffenstillstand und die Organisation eines Referendums über die Selbstbestimmung unter der Aufsicht der Vereinten Nationen vorsahen, grundsätzlich zustimmten. Mangels einer politischen Lösung flammten die Feindseligkeiten jedoch im Jahr 2020 wieder auf. 31 Um u. a. den Waffenstillstand zu überwachen und zur Organisation des Referendums beizutragen, richtete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im April 1991 die Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in der Westsahara (Minurso) ein, deren Mandat jährlich verlängert wird und bis heute fortbesteht. In Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen wurde regelmäßig bekräftigt, dass jede politische Lösung „die Selbstbestimmung des Volkes [der] Westsahara im Rahmen von Regelungen …, die mit den Grundsätzen und Zielen der Charta der Vereinten Nationen im Einklang stehen“, ermöglichen muss (vgl. zuletzt Resolution 2703 [2023] des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 30. Oktober 2023, Nr. 4). 32 Bislang hat noch kein solches Referendum stattgefunden, und das Königreich Marokko kontrolliert den größten Teil des Gebiets der Westsahara, den ein von seiner Armee errichteter und überwachter Sandwall von dem übrigen Teil trennt, der vom Front Polisario kontrolliert wird. Assoziierungsabkommen, Liberalisierungsabkommen und ihre rechtlichen Folgen 33 Im Anschluss an das Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens am 1. März 2000 wurden mehrere Protokolle zu dem Abkommen geschlossen und geändert. So wurde am 13. Dezember 2010 in Brüssel das Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko mit Maßnahmen zur gegenseitigen Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, Fisch und Fischereierzeugnissen, zur Ersetzung der Protokolle Nrn. 1, 2 und 3 und ihrer Anhänge sowie zur Änderung des Europa‑Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2012, L 241, S. 4, im Folgenden: Liberalisierungsabkommen) unterzeichnet. Dieses Abkommen wurde durch den Beschluss 2012/497/EU des Rates vom 8. März 2012 (ABl. 2012, L 241, S. 2) im Namen der Union genehmigt. 34 Am 19. November 2012 erhob der Front Polisario beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses und machte geltend, der Rat habe dadurch, dass er mit dem Beschluss die Anwendung des Liberalisierungsabkommens auf das Gebiet der Westsahara genehmigt habe, eine Reihe von Verstößen gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen begangen. Mit Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), erklärte das Gericht den Beschluss 2012/497, soweit mit ihm die Anwendung des Liberalisierungsabkommens auf die Westsahara genehmigt wurde, mit der Begründung für nichtig, der Rat habe seine Verpflichtung verletzt, vor dem Erlass dieses Beschlusses alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen, weil er nicht untersucht habe, ob die Nutzung der in die Union ausgeführten Erzeugnisse mit Ursprung in diesem Gebiet zum Nachteil von dessen Bevölkerung erfolge und Grundrechte der Betroffenen verletzt würden. 35 Auf das vom Rat am 19. Februar 2016 eingelegte Rechtsmittel hin hob der Gerichtshof mit Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), das Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), auf und wies die vom Front Polisario beim Gericht erhobene Klage als unzulässig ab. Dabei gab der Gerichtshof dem zweiten Rechtsmittelgrund statt, mit dem ein Rechtsfehler des Gerichts bei der Prüfung der Klagebefugnis des Front Polisario geltend gemacht wurde, und insbesondere der Rüge, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass das Liberalisierungsabkommen auf die Westsahara Anwendung finde. Der Gerichtshof befand u. a., dass die Westsahara nach dem Grundsatz der Selbstbestimmung, der in den Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko Anwendung findet, und dem daraus resultierenden Recht auf Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara, eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung im Sinne von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen, einen gegenüber jedem Staat einschließlich des Königreichs Marokko gesonderten und unterschiedlichen Status hat. Er schloss daraus, dass der Ausdruck „Gebiet des Königreichs Marokko“ in Art. 94 des Assoziierungsabkommens nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Westsahara in den räumlichen Geltungsbereich dieses Abkommens fällt. 36 Der Gerichtshof stützte diese Schlussfolgerung in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), auch darauf, dass das Volk der Westsahara als „Dritter“ im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen anzusehen ist. Im Fall der Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens wäre aber die Zustimmung dieses Dritten erforderlich, damit die Durchführung des Abkommens ihm gegenüber Wirkungen entfalten kann, ohne dass geklärt werden müsste, ob dessen Durchführung ihm schaden oder im Gegenteil nützen könnte. Aus dem Urteil vom 10. Dezember 2015, Front Polisario/Rat (T‑512/12, EU:T:2015:953), war aber nicht ersichtlich, dass das Volk der Westsahara eine solche Zustimmung zum Assoziierungsabkommen erklärt hätte. Streitiges Abkommen und streitiger Beschluss 37 Im Anschluss an das Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), ermächtigte der Rat mit Beschluss vom 29. Mai 2017 die Kommission, im Namen der Union Verhandlungen mit dem Königreich Marokko im Hinblick auf den Abschluss eines internationalen Abkommens zur Änderung des Protokolls Nr. 1 über die Regelung der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, Fisch und Fischereierzeugnissen mit Ursprung im Königreich Marokko in die Europäische Union und des Protokolls Nr. 4 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“ und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen des Assoziierungsabkommens aufzunehmen. Im Rahmen der Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen forderte der Rat diese auf, zum einen dafür zu sorgen, dass die von dem geplanten internationalen Abkommen betroffenen Bevölkerungsgruppen angemessen einbezogen werden, und zum anderen die möglichen Auswirkungen des Abkommens auf die nachhaltige Entwicklung der Westsahara zu bewerten, insbesondere die Vorteile für die lokalen Bevölkerungsgruppen und die Auswirkung der Nutzung der natürlichen Ressourcen auf die betroffenen Gebiete. 38 Nachdem die Kommission das Ergebnis der Konsultationen und der von ihr durchgeführten Analyse in ihrem Bericht vom 11. Juni 2018 über die Vorteile der Ausdehnung von Zollpräferenzen auf Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara für deren Bevölkerung und über die Konsultation dieser Bevölkerung dargestellt hatte, wurde am 25. Oktober 2018 in Brüssel das Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2019, L 34, S. 4) unterzeichnet (im Folgenden: streitiges Abkommen). 39 Die Abs. 3 bis 9 jedes der beiden Briefe, deren Austausch die Grundlage des streitigen Abkommens bildet, lauten: „Das vorliegende Abkommen gilt unbeschadet der Standpunkte der [Union] bzw. des Königreichs Marokko zum Status der Westsahara. Die beiden Vertragsparteien bekräftigen ihre Unterstützung für den Prozess im Rahmen der Vereinten Nationen und unterstützen die Bemühungen des [Generalsekretärs der Vereinten Nationen] um eine endgültige politische Lösung im Einklang mit den Grundsätzen und Zielen der Charta der Vereinten Nationen und auf der Grundlage der Resolutionen des [Sicherheitsrats der Vereinten Nationen]. Die [Union] und das Königreich Marokko haben vereinbart, nach Protokoll Nr. 4 die folgende gemeinsame Erklärung … einzufügen. ,Gemeinsame Erklärung über die Anwendung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des [Assoziierungsabkommens] 1. Für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara, die der Kontrolle der Zollbehörden des Königreichs Marokko unterliegen, gelten die gleichen Handelspräferenzen wie die, die von der [Union] für unter das [Assoziierungsabkommen] fallende Erzeugnisse gewährt werden. 2. Das Protokoll Nr. 4 gilt sinngemäß für die Zwecke der Bestimmung der Ursprungseigenschaft der in Absatz 1 genannten Erzeugnisse, auch in Bezug auf die Ursprungsnachweise. 3. Die Zollbehörden der Mitgliedstaaten der [Union] und des Königreichs Marokko sind damit betraut, die Anwendung des Protokolls Nr. 4 auf diese Erzeugnisse sicherzustellen.‘ Die [Union] und das Königreich Marokko bekräftigen ihre Zusage, die Protokolle entsprechend den Bestimmungen des [Assoziierungsabkommens] bezüglich der Achtung der Grundfreiheiten und der Menschenrechte anzuwenden. Die Einfügung dieser gemeinsamen Erklärung basiert auf der seit Langem bestehenden privilegierten Partnerschaft zwischen der [Union] und dem Königreich Marokko, die insbesondere dadurch besiegelt wird, dass dem Königreich Marokko der fortgeschrittene Status zuerkannt wurde, sowie auf den gemeinsamen Bestrebungen der Vertragsparteien, diese Partnerschaft zu vertiefen und auszuweiten. Im Sinne dieser Partnerschaft und um es den Vertragsparteien zu ermöglichen, die Auswirkungen dieses Abkommens insbesondere auf die nachhaltige Entwicklung zu bewerten, und zwar vor allem hinsichtlich der Vorteile für die betroffene Bevölkerung und der Nutzung der natürlichen Ressourcen der betreffenden Gebiete, haben die [Union] und das Königreich Marokko vereinbart, im Rahmen des Assoziationsausschusses mindestens einmal jährlich untereinander Informationen auszutauschen. Die spezifischen Modalitäten für diese Bewertung werden mit Blick auf ihre spätestens zwei Monate nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens erfolgende Annahme durch den Assoziationsausschuss zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt.“ 40 Am 28. Januar 2019 erließ der Rat den streitigen Beschluss. 41 In den Erwägungsgründen 3 bis 10 des streitigen Beschlusses heißt es: „(3) Die Union beeinträchtigt nicht das Ergebnis des politischen Prozesses unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen über den endgültigen Status der Westsahara und hat immer wieder ihr Engagement für die Beilegung der Streitigkeiten in der Westsahara, die gegenwärtig von den Vereinten Nationen in die Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung aufgenommen ist und derzeit in weiten Teilen durch das Königreich Marokko verwaltet wird, bekräftigt. … (4) Seit dem Inkrafttreten des [Assoziierungsabkommens] wurden aus der Westsahara stammende Erzeugnisse mit marokkanischem Ursprungszeugnis unter Inanspruchnahme der in den einschlägigen Bestimmungen dieses Abkommens vorgesehenen Zollpräferenzen in die Union eingeführt. (5) In seinem Urteil [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] hat der Gerichtshof jedoch klargestellt, dass das [Assoziierungsabkommen] nur für das Gebiet des Königreichs Marokko und nicht für die Westsahara, ein Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung, gilt. (6) Es muss dafür gesorgt werden, dass die Handelsströme, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben, nicht gestört werden, wobei gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz des internationalen Rechts, einschließlich der Menschenrechte, und die nachhaltige Entwicklung der betroffenen Gebiete vorgesehen werden. Der Rat hat die Kommission am 29. Mai 2017 ermächtigt, mit dem Königreich Marokko Verhandlungen im Hinblick auf die im Einklang mit dem Urteil [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] erfolgende Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Gewährung der im Rahmen des [Assoziierungsabkommens] vorgesehenen Zollpräferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara aufzunehmen. Ein Abkommen zwischen der [Union] und dem Königreich Marokko ist das einzige Mittel, um sicherzustellen, dass bei der Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in der Westsahara ein präferenzieller Ursprung gewährt wird, da die marokkanischen Behörden als einzige dafür sorgen können, dass die für die Gewährung solcher Präferenzen erforderlichen Vorschriften eingehalten werden. (7) Die Kommission hat die möglichen Auswirkungen eines solchen Abkommens auf die nachhaltige Entwicklung bewertet, insbesondere im Hinblick auf die Vor- und Nachteile, die sich durch die für die Erzeugnisse der Westsahara gewährten Zollpräferenzen für die betroffene Bevölkerung ergeben, sowie die Auswirkungen auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen der betroffenen Gebiete. … (8) … [A]us dieser Bewertung [ergibt sich], dass die Vorteile für die Wirtschaft in der Westsahara, die sich durch die Gewährung der im Rahmen des [Assoziierungsabkommens] vorgesehenen Zollpräferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara ergeben, insbesondere die starke wirtschaftliche Hebelwirkung und die damit verbundene soziale Entwicklung, die im Rahmen der Konsultationen genannten Nachteile – darunter die extensive Nutzung der natürlichen Ressourcen … – insgesamt überwiegen. (9) Es wurde die Auffassung vertreten, dass die Ausdehnung der Zollpräferenzen auf Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara insgesamt positive Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung [hat]. … (10) Unter Berücksichtigung der Erwägungen über die Zustimmung im Urteil [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] hat die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst [(EAD)] alle im aktuellen Kontext sinnvollen und möglichen Maßnahmen zur angemessenen Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung getroffen, um sich deren Zustimmung zum Abkommen zu vergewissern. Es wurde ein breites Spektrum an Konsultationen durchgeführt, und die sozialen, ökonomischen und politischen Akteure, die an den Konsultationen teilgenommen haben, sprachen sich mehrheitlich für die Ausdehnung der Zollpräferenzen des [Assoziierungsabkommens] auf die Westsahara aus. Diejenigen, die diese Ausdehnung abgelehnt haben, waren im Wesentlichen der Auffassung, dass ein solches Abkommen den Standpunkt Marokkos bezüglich des Gebiets der Westsahara bekräftige. In den Bestimmungen des Abkommens lässt jedoch nichts darauf schließen, dass mit ihm die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkannt würde. Darüber hinaus wird die Union ihre Anstrengungen zur Unterstützung des unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eingeleiteten und fortgesetzten Prozesses der friedlichen Beilegung der Streitigkeiten verstärken.“ 42 Durch Art. 1 Abs. 1 des streitigen Beschlusses wird das streitige Abkommen im Namen der Union genehmigt. Es trat am 19. Juli 2019 in Kraft (ABl. 2019, L 197, S. 1). Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 43 Mit Klageschrift, die am 27. April 2019 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen wurde, erhob der Front Polisario Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. 44 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht den streitigen Beschluss für nichtig erklärt und entschieden, dass seine Wirkungen bis zum Ablauf der Frist gemäß Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt wird, bis zur Verkündung des Urteils des Gerichtshofs, mit dem über das Rechtsmittel entschieden wird, aufrechterhalten werden. 45 Zunächst hat das Gericht das vom Rat mit Unterstützung der Französischen Republik, der Kommission und der Confédération marocaine de l’agriculture et du développement rural (Comader) in erster Linie gerügte Fehlen von zwei Prozessvoraussetzungen, und zwar der mangelnden Parteifähigkeit des Front Polisario vor den Unionsgerichten und seiner fehlenden Klagebefugnis in Bezug auf den streitigen Beschluss, geprüft und diese beiden Rügen in den Rn. 79 bis 114 bzw. den Rn. 133 bis 238 des angefochtenen Urteils verworfen. 46 Sodann hat es nach der Zurückweisung des ersten vom Front Polisario zur Stützung seiner Anträge geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Unzuständigkeit des Rates für den Erlass des streitigen Beschlusses in den Rn. 251 bis 391 des angefochtenen Urteils den dritten Nichtigkeitsgrund geprüft, mit dem der Sache nach geltend gemacht wurde, der Rat habe gegen seine Verpflichtung verstoßen, den Anforderungen zu entsprechen, die der Gerichtshof in den Urteilen vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), und vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK (C‑266/16, EU:C:2018:118), aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung und dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen abgeleitet habe. In Rn. 391 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt und zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass er über einen Wertungsspielraum bei der Entscheidung darüber verfüge, ob dem Erfordernis nachzukommen sei, dass das Volk dieses Gebiets als ein am streitigen Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des Abkommens für dieses Gebiet hätte zum Ausdruck bringen müssen. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien 47 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. Februar 2022 sind die Rechtssachen C‑779/21 P und C‑799/21 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamem Urteil verbunden worden. 48 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Mai 2022 ist das Königreich Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der Rechtssache C‑779/21 P zugelassen worden. 49 Durch Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Mai 2022 sind das Königreich Spanien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates in der Rechtssache C‑799/21 P zugelassen worden. 50 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 13. Juni 2022 ist auch das Königreich Belgien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates in der Rechtssache C‑799/21 P zugelassen worden. Es hat letztlich jedoch nicht am schriftlichen Verfahren teilgenommen. 51 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission (Rechtssache C‑779/21 P), – das angefochtene Urteil aufzuheben, – die vom Front Polisario erhobene Klage abzuweisen oder die Sache, falls der Gerichtshof sie nicht für entscheidungsreif hält, an das Gericht zurückzuverweisen und – dem Front Polisario sämtliche Kosten beider Rechtszüge einschließlich der Kosten der Rechtsmittelführerin aufzuerlegen. 52 Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rat (Rechtssache C‑799/21 P), der Gerichtshof möge – das angefochtene Urteil aufheben, – über die Fragen, die Gegenstand seines Rechtsmittels sind, endgültig entscheiden und die Klage des Front Polisario abweisen, – dem Front Polisario die durch das vorliegende Rechtsmittel und die Rechtssache T‑279/19 entstandenen Kosten auferlegen und, – hilfsweise, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Urteilsverkündung aufrechterhalten. 53 Der Front Polisario beantragt, – die Rechtsmittel zurückzuweisen, – der Kommission sämtliche ihm im Rahmen der vorliegenden Rechtssache entstandenen Kosten aufzuerlegen und – dem Rat sämtliche ihm im Rahmen der vorliegenden Rechtssache und im ersten Rechtszug vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen. 54 Die Französische Republik beantragt, der Gerichtshof möge – das angefochtene Urteil aufheben, – über die Fragen, die Gegenstand der vorliegenden Rechtsmittel sind, endgültig entscheiden und die Klage des Front Polisario abweisen oder die Sache, falls der Gerichtshof sie nicht für entscheidungsreif hält, an das Gericht zurückverweisen und, – hilfsweise, aus den vom Rat und von der Kommission angeführten Gründen die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von 18 Monaten ab dem Tag der Verkündung des zu erlassenden Urteils aufrechterhalten. 55 Die Comader beantragt, – das angefochtene Urteil aufzuheben, – die Klage des Front Polisario für unzulässig, zumindest aber für unbegründet zu erklären und – dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. 56 Das Königreich Spanien beantragt, dem Rechtsmittel der Kommission in der Rechtssache C‑779/21 P und dem Rechtsmittel des Rates in der Rechtssache C‑799/21 P stattzugeben. Das Königreich Belgien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik beantragen, dem Rechtsmittel des Rates stattzugeben. Zu den Rechtsmitteln 57 Zur Stützung ihrer Rechtsmittel führen die Kommission – die Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑779/21 P – und der Rat – der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑799/21 P – fünf bzw. vier Rechtsmittelgründe an. Mit den ersten drei Rechtsmittelgründen in der Rechtssache C‑779/21 P und den ersten beiden Rechtsmittelgründen in der Rechtssache C‑799/21 P werden Rechtsfehler des Gerichts in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage des Front Polisario gerügt, während der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P sowie der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P Rechtsfehler betreffen, die das Gericht im Rahmen seiner Prüfung der Begründetheit dieser Klage begangen haben soll. Zum ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P: mangelnde Parteifähigkeit des Front Polisario Vorbringen der Parteien 58 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund werfen der Rat und die Kommission dem Gericht vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es in den Rn. 90 bis 114 des angefochtenen Urteils die Parteifähigkeit des Front Polisario vor den Unionsgerichten bejaht habe. 59 Diese beiden Organe sowie die Französische Republik und die Comader machen im Wesentlichen geltend, der Front Polisario besitze weder nach dem Völkerrecht noch nach dem Unionsrecht Rechtspersönlichkeit. Außerdem stellen sie in Abrede, dass der Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes angeführt werden könne, um dem Front Polisario die Fähigkeit zuzuerkennen, zur Verteidigung des Rechts auf Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara beim Gericht eine Klage zu erheben, da sonst die Gefahr bestünde, dass jede vor den Unionsgerichten als „interne“ Gerichte erhobene Klage zulässig wäre, auch wenn sie eine internationale, dem Völkerrecht unterliegende und von einem Völkerrechtssubjekt anhängig gemachte Streitigkeit betreffe, die keinem internationalen Gericht unterbreitet werden könne. Der Rat führt aus, das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz impliziere keinen universellen Zugang zu den Unionsgerichten, bei dem die in Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen außer Acht gelassen würden. 60 Die Kommission fügt hinzu, der Front Polisario wirke zwar, wie in den Rn. 91 und 92 des angefochtenen Urteils dargelegt werde, an einer „politischen Lösung“ der Frage des endgültigen Status des Gebiets der Westsahara mit, doch müsse die Bedeutung der vom Gericht angeführten und oben in Rn. 29 erwähnten Resolution 34/37 der Generalversammlung der Vereinten Nationen relativiert werden. In dieser Resolution werde zwar empfohlen, dass der Front Polisario als „Vertreter“ des Volkes der Westsahara an der politischen Lösung des dieses Gebiet betreffenden Konflikts mitwirken sollte. Sie habe jedoch keinen bindenden Charakter, und mittlerweile sei durch allgemeine unmittelbare Wahlen eine gewisse Form lokaler Repräsentativität des Volkes der Westsahara entstanden. Die Union habe den Front Polisario immer nur als eine der „Parteien“ eines Friedensprozesses auf der Ebene der Vereinten Nationen anerkannt, und es bleibe ungewiss, welcher genaue Anteil des Volkes der Westsahara ihn derzeit als ihren Vertreter ansehe. 61 Der Rat trägt vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es den Begriff der juristischen Person im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV weit ausgelegt habe, ohne den Grenzen der Rolle und der Repräsentativität des Front Polisario im Völkerrecht Rechnung zu tragen, und als es in Rn. 103 des angefochtenen Urteils sein Vorbringen hierzu zurückgewiesen habe. Das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Repräsentativität des Front Polisario im Rahmen des Prozesses für eine politische Lösung auf der Ebene der Vereinten Nationen es rechtfertige, ihn als „juristische Person“ einzustufen, damit er die Gültigkeit eines Beschlusses über den Abschluss eines Abkommens anfechten könne, das keine Auswirkung auf die Lösung dieser Streitigkeit habe. Die Rolle des Front Polisario auf internationaler Ebene beschränke sich auf seine Befähigung, als Vertreter des Volkes der Westsahara an den unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindenden Verhandlungen über den endgültigen Status der Westsahara im Einklang mit der oben in Rn. 29 erwähnten Resolution 34/37 der Generalversammlung der Vereinten Nationen mitzuwirken. Die Anerkennung des Vorliegens einer Streitigkeit, die Gegenstand von Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen sei, durch die Unionsorgane bedeute nicht, dass die Union oder deren Organe den Front Polisario als ihren Ansprechpartner ansähen, da die Union nicht an diesen Verhandlungen beteiligt sei. 62 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 63 Wie das Gericht in den Rn. 82 und 83 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen dargelegt hat, kann zwar gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben, doch hat der Gerichtshof Entitäten bereits die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten unabhängig davon zuerkannt, ob sie nach nationalem Recht als juristische Person gegründet wurden. 64 Wie das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, war dies u. a. dann der Fall, wenn die betreffende Entität zum einen hinreichend repräsentativ für die Personen war, deren aus dem Unionsrecht fließende Rechte sie zu verteidigen behauptete, und über die nötige Autonomie und Verantwortlichkeit zum Handeln im Rahmen durch dieses Recht bestimmter Rechtsbeziehungen verfügte und wenn sie zum anderen von den Organen als Ansprechpartner bei Verhandlungen über diese Rechte anerkannt worden war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Oktober 1974, Gewerkschaftsbund – Europäischer Öffentlicher Dienst u. a./Rat, 175/73, EU:C:1974:95, Rn. 9 bis 17, und vom 8. Oktober 1974, Allgemeine Gewerkschaft der Europäischen Beamten/Kommission,18/74, EU:C:1974:96, Rn. 5 bis 13). 65 Ferner war dies nach den Ausführungen des Gerichts in Rn. 85 des angefochtenen Urteils dann der Fall, wenn die Unionsorgane diese Entität als ein gesondertes Subjekt mit eigenen Rechten und Pflichten behandelt hatten. Denn es ist ein Gebot der Kohärenz und der Gerechtigkeit, einer solchen Entität die Parteifähigkeit zuzuerkennen, damit sie die ihre Rechte beschränkenden Maßnahmen der Organe oder die von diesen ihr gegenüber erlassenen nachteiligen Entscheidungen anfechten kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Oktober 1982, Groupement des Agences de voyages/Kommission,135/81, EU:C:1982:371, Rn. 9 bis 11, vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 107 bis 112, und vom 15. Juni 2017, Al-Faqih u. a./Kommission,C‑19/16 P, EU:C:2017:466, Rn. 40). 66 Überdies hat das Gericht in Rn. 86 des angefochtenen Urteils zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Begriff der juristischen Person in Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht restriktiv ausgelegt werden darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat [Betroffenheit eines Drittstaats], C‑872/19 P, EU:C:2021:507, Rn. 44). 67 Im vorliegenden Fall ist den Ausführungen der Generalanwältin in Nr. 82 ihrer Schlussanträge beizupflichten, wonach der Front Polisario eine selbsternannte Befreiungsbewegung ist, die entstanden ist, um für ein bestimmtes Modell der künftigen Regierung des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara zu kämpfen, und zwar für das Modell der Unabhängigkeit dieses Gebiets, derzeit vom Königreich Marokko, sowie der Gründung eines souveränen sahrauischen Staates. Diese Bewegung ist daher bestrebt, im Rahmen der Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung des Volkes des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara einen unabhängigen Staat zu errichten. 68 Da diese Bewegung gerade bemüht ist, gestützt auf das Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara eine staatliche Rechtsordnung für dieses Gebiet zu schaffen, kann im Rahmen der Frage, ob ihr die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten zuzuerkennen ist, nicht verlangt werden, dass sie nach einer bestimmten nationalen Rechtsordnung als juristische Person gegründet wurde. 69 Überdies ist der Front Polisario einer der legitimen Ansprechpartner im Rahmen des unter der Schirmherrschaft des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, dessen Entscheidungen alle Mitgliedstaaten und die Unionsorgane binden, stattfindenden Prozesses zur Bestimmung der Zukunft der Westsahara (siehe oben, Rn. 31); dabei spielt es keine Rolle, dass ihm weder von den Vereinten Nationen noch von der Union und ihren Mitgliedstaaten je der Status einer „nationalen Befreiungsbewegung“ zuerkannt wurde. 70 Daraus folgt, dass der Front Polisario, der auch an verschiedenen, insbesondere afrikanischen internationalen Foren mitwirkt und auf internationaler Ebene bilaterale Rechtsbeziehungen unterhält, über eine hinreichende rechtliche Existenz verfügt, um vor den Unionsgerichten parteifähig zu sein. 71 Die Frage, ob der Front Polisario ein legitimer Vertreter der Interessen des Volkes der Westsahara sein kann, betrifft seine Klagebefugnis im Rahmen einer gegen den streitigen Beschluss gerichteten Nichtigkeitsklage und nicht seine Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten. 72 Schließlich geht das Vorbringen zur fehlenden Anerkennung der Rechtspersönlichkeit des Front Polisario in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sowie dazu, dass kein Gericht eines Mitgliedstaats ihm die Parteifähigkeit zuerkannt hat, ins Leere. Wie das Gericht in Rn. 83 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, setzt nämlich der Begriff der juristischen Person im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zwar grundsätzlich das Bestehen von Rechtspersönlichkeit voraus, was anhand des nationalen Rechts zu prüfen ist, nach dem die in Rede stehende juristische Person gegründet wurde; er stimmt jedoch nicht unbedingt mit den Begriffen überein, die in den verschiedenen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verwendet werden. Ferner hat der Gerichtshof insoweit anerkannt, dass ein über völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit verfügender Drittstaat als „juristische Person“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat [Betroffenheit eines Drittstaats], C‑872/19 P, EU:C:2021:507, Rn. 53). 73 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es dem Front Polisario die Parteifähigkeit vor den Unionsgerichten im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zuerkannt hat. 74 Infolgedessen sind der erste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und der erste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P: mangelnde unmittelbare und individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss 75 Die Kommission (zweiter und dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P) und der Rat (erster und zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑799/21 P) machen geltend, das Gericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen sei (Rn. 224 des angefochtenen Urteils) und dass er von dem Beschluss im Sinne dieser Bestimmung individuell betroffen sei (Rn. 238 des angefochtenen Urteils). Zum zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑799/21 P: mangelnde unmittelbare Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss – Vorbringen der Parteien 76 Der Rat und die Kommission tragen vor, das Gericht sei in Rn. 224 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss unmittelbar betroffen sei. 77 Die Kommission macht u. a. geltend, das Gericht habe gegen das Unionsrecht verstoßen, als es entschieden habe, dass bestimmte Wirkungen des streitigen Beschlusses und des streitigen Abkommens die Voraussetzungen erfüllten, aus denen geschlossen werden könne, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss unmittelbar betroffen sei, obwohl sich das streitige Abkommen, das mit diesem Beschluss im Namen der Union genehmigt werde, darauf beschränke, mittels einer Änderung der Ursprungsregeln bestimmten aus der Westsahara stammenden Erzeugnissen einen präferenziellen Zugang zur Union zu gewähren, wobei der gesonderte Status dieses Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung anerkannt und der Ausgang des insoweit auf der Ebene der Vereinten Nationen stattfindenden Prozesses völlig offengelassen werde. Daher seien es die Importeure, die gegebenenfalls die durch dieses Abkommen verliehenen „Rechte“ geltend machen und im Fall ihrer Verletzung die Entscheidungen zu dessen Durchführung durch die Zollbehörden vor den Gerichten der Mitgliedstaaten anfechten könnten. Die Zollanmelder müssten aber in der Regel in der Union ansässig sein. Die Erzeuger des Drittlands, für das das streitige Abkommen gelte, könnten zwar von einer größeren Öffnung des europäischen Marktes profitieren, aber dabei würde es sich um eine „wirtschaftliche“ Auswirkung des streitigen Abkommens handeln. Die „unionsexternen“ Auswirkungen seien somit nicht rechtlicher Art und unterlägen auch nicht dem Unionsrecht. 78 Die Erwägungen, aus denen das Gericht das Vorbringen der Organe zurückgewiesen habe, beträfen in Wirklichkeit nicht den Nachweis der unmittelbaren Betroffenheit des Front Polisario von dem streitigen Beschluss, sondern die Anwendbarkeit des streitigen Abkommens auf das Gebiet der Westsahara und somit seine Auswirkungen auf das Volk dieses Gebiets. Dass die marokkanischen Zollbehörden durch die Erteilung der Ursprungszeugnisse an der Durchführung des streitigen Abkommens mitwirkten, dass die Exporteure bestimmte Voraussetzungen einhalten müssten, damit die Importeure in den Genuss von Zollpräferenzen kämen, oder dass das Abkommen Auswirkungen auf die Erzeugnisse der Westsahara habe, bedeute nicht, dass es rechtliche Wirkungen in einem Drittland entfalte. 79 Der Rat fügt u. a. hinzu, die Schlussfolgerung in Rn. 171 des angefochtenen Urteils, wonach in Anbetracht der Natur eines Beschlusses über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft und der ihm eigenen Rechtswirkungen nicht von vornherein auszuschließen sei, dass der streitige Beschluss aufgrund des Inhalts des streitigen Abkommens unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Front Polisario habe, beruhe auf Gründen, die mit Rechtsfehlern behaftet seien. 80 Das Gericht habe in den Rn. 150 und 162 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass ein Beschluss über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft Bestandteil dieser Übereinkunft sei und Rechtswirkungen gegenüber den anderen Parteien entfalte, „da er die Zustimmung der Union zu den von ihr im Rahmen dieser Übereinkunft eingegangenen Verpflichtungen gegenüber diesen Parteien formalisiert“. Der streitige Beschluss entfalte nur in der internen Rechtsordnung der Union Rechtswirkungen. Mit ihm bringe die Union, entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 162 des angefochtenen Urteils, in der internen Rechtsordnung der Union ihre Zustimmung zum Ausdruck. 81 Der Front Polisario hätte vor dem Gericht gegen den sowohl im letzten Absatz des streitigen Abkommens als auch in Art. 2 des streitigen Beschlusses ausdrücklich erwähnten Notifizierungsakt der Union vorgehen müssen – sofern alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt seien. Dies sei hier nicht der Fall. 82 Fehlerhaft sei auch der vom Gericht in Rn. 215 des angefochtenen Urteils gezogene Schluss, dass sich der streitige Beschluss unmittelbar auf die Rechtsstellung des Front Polisario als Vertreter des Volkes der Westsahara auswirke, da der Abschluss des streitigen Abkommens dieses Volk betreffe und seiner Zustimmung bedürfe. 83 Die Französische Republik trägt vor, das Gericht habe erstens in Bezug auf die Rechtswirkungen eines Beschlusses des Rates über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft eine Reihe von Rechtsfehlern begangen. Sie hebt wie der Rat hervor, dass die Schlussfolgerung in Rn. 150 des angefochtenen Urteils, wonach ein Beschluss über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft das Einverständnis der Union, an diese Übereinkunft gebunden zu sein, zum Ausdruck bringe, zwar in der Rechtsordnung der Union zutreffe; auf internationaler Ebene drücke jedoch erst die Notifizierung des Abschlusses der internen Verfahren an die betreffende Partei die Zustimmung zur Bindung an eine Übereinkunft aus. Überdies habe das Gericht zweitens eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es davon ausgegangen sei, dass die Rechtsstellung des Front Polisario durch das streitige Abkommen selbst unmittelbar geändert werde. 84 Desgleichen unterstützt die Comader erstens das Vorbringen des Rates in Bezug auf Rechtsfehler des Gerichts in den Rn. 149 bis 159 des angefochtenen Urteils, da der Beschluss, ein Abkommen zu schließen, nicht dessen Inkrafttreten impliziere. Außerdem solle der Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht die Handlungsmöglichkeiten eines außerhalb Europas ansässigen Klägers bei der Verteidigung kollektiver, dem Völkerrecht entstammender Rechte erweitern. Zweitens habe das Gericht, als es in Rn. 215 des angefochtenen Urteils die „unmittelbare“ Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss bejaht habe, ihn mit dem Volk der Westsahara verwechselt. 85 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. – Würdigung durch den Gerichtshof 86 Wie oben in Rn. 63 ausgeführt, kann gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben. 87 Wie das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, liegt die Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von dem mit ihrer Klage angefochtenen Beschluss unmittelbar betroffen sein muss, nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind. Zum einen muss sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung dieser Person auswirken, und zum anderen darf sie ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lassen; ihre Umsetzung muss vielmehr rein automatisch erfolgen und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. Juli 2022, Nord Stream 2/Parlament und Rat, C‑348/20 P, EU:C:2022:548, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 Im vorliegenden Fall zielte die vom Front Polisario vor dem Gericht erhobene Nichtigkeitsklage auf den Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Volkes der Westsahara ab, das der Gerichtshof bereits in den Rn. 88, 91 und 105 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), anerkannt hat. Im Licht der Auswirkungen des streitigen Beschlusses und damit des streitigen Abkommens auf die Rechtsstellung dieses Volkes, das im Rahmen der vorliegenden Rechtssachen vom Front Polisario vertreten wird, ist zu prüfen, ob Letzterer von diesem Beschluss im Sinne der in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Rechtsprechung unmittelbar betroffen ist. 89 Auch wenn der Front Polisario nicht offiziell als ausschließlicher Vertreter des Volkes der Westsahara anerkannt wurde, ist er nämlich nach den Resolutionen der höchsten Gremien der Vereinten Nationen, u. a. den oben in Rn. 31 angeführten Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, ein bevorzugter Ansprechpartner im Rahmen des unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfindenden Prozesses zur Bestimmung des künftigen Status der Westsahara. Er beteiligt sich auch an anderen internationalen Foren, um das Recht dieses Volkes auf Selbstbestimmung zu verteidigen. 90 Diese besonderen Umstände lassen den Schluss zu, dass der Front Polisario vor den Unionsgerichten die Rechtmäßigkeit einer Unionshandlung anfechten kann, die unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Volkes der Westsahara in seiner Eigenschaft als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hat, wenn die betreffende Handlung es individuell betrifft oder im Fall eines Rechtsakts mit Verordnungscharakter keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht. 91 In Anbetracht dessen ist die in Art. 263 Abs. 4 AEUV aufgestellte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von dem Beschluss, der Gegenstand ihrer Klage ist, unmittelbar betroffen sein muss, unter Berücksichtigung von Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen und des Grundsatzes des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes anhand der Rechtsstellung des Volkes der Westsahara zu beurteilen, das im Rahmen der vorliegenden Rechtssachen vom Front Polisario vertreten wird. 92 Im vorliegenden Fall erfüllen der streitige Beschluss und damit auch das streitige Abkommen aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Selbstbestimmungsrecht des Volkes der Westsahara die oben in Rn. 87 angeführten Voraussetzungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario,C‑104/16 P, EU:C:2016:973, Rn. 106). 93 Zum einen ist nämlich, wie die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 75 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, Gegenstand dieses Beschlusses der Abschluss einer internationalen Übereinkunft, die in einem Großteil des Gebiets Anwendung finden soll, für das dem Volk der Westsahara das Recht auf Selbstbestimmung zusteht. Er hat daher zwangsläufig Auswirkungen auf die Rechte, die diesem Volk in Bezug auf das betreffende Gebiet zustehen, einschließlich des Rechts auf Nutzung seiner natürlichen Ressourcen, das sich aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen und aus dem Grundsatz der ständigen Souveränität über die natürlichen Ressourcen ergibt, der ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts ist (vgl. in diesem Sinne IGH, Rechtssache betreffend die bewaffneten Aktivitäten im Gebiet des Kongo [Demokratische Republik Kongo/Uganda], Urteil vom 19. Dezember 2005, ICJ Reports 2005, S. 168, Rn. 244). 94 Insbesondere erkennt die Union zwar im streitigen Abkommen nicht die vom Königreich Marokko in Bezug auf die Souveränität über das Gebiet der Westsahara geltend gemachten Ansprüche an, doch werden darin gleichwohl unionsrechtliche Auswirkungen von Handlungen anerkannt, die für dieses Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung von den zuständigen Behörden des Königreichs Marokko, insbesondere den Zollbehörden, vorgenommen werden, etwa bei der Erteilung von Ursprungszeugnissen für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara. 95 Insoweit ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, wonach die Tatsache, dass das streitige Abkommen Auswirkungen auf die aus der Westsahara stammenden Erzeugnisse habe, rechtlich keine „Anwendung des streitigen Abkommens auf das Gebiet der Westsahara“ impliziere. Die Durchführung dieses Abkommens setzt nämlich die Anwesenheit der marokkanischen Behörden im Gebiet der Westsahara und die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch sie in diesem Gebiet im Rahmen der Vornahme bestimmter im Abkommen vorgesehener Handlungen voraus. Der streitige Beschluss erzeugt somit, indem er solchen Handlungen der marokkanischen Behörden Rechtswirkungen im Unionsrecht beimisst, unmittelbar Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Volkes der Westsahara in seiner Eigenschaft als Inhaber des Selbstbestimmungsrechts, unabhängig davon, ob das streitige Abkommen diesem Volk in Anbetracht des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen völkerrechtlich entgegengehalten werden kann. 96 Zum anderen besteht nach dem Inkrafttreten des streitigen Abkommens eine die Union bindende Verpflichtung, den aus der Westsahara stammenden Erzeugnissen mit einem von den marokkanischen Zollbehörden ausgestellten Ursprungszeugnis Zollpräferenzen zu gewähren, ohne dass es des Erlasses eines zusätzlichen Rechtsakts, der einen Ermessensspielraum der mit der Umsetzung des Abkommens betrauten Behörden implizieren würde, neben dem streitigen Beschluss bedarf, so dass dessen Umsetzung insoweit rein automatisch erfolgt. 97 In diesem Kontext ist das gegen die Rn. 150 und 162 des angefochtenen Urteils gerichtete Vorbringen des Rates und der Französischen Republik zurückzuweisen, wonach sich die Klage des Front Polisario vor dem Gericht nicht gegen den Beschluss über den Abschluss des streitigen Abkommens hätte richten müssen, sondern gegen den Rechtsakt, mit dem die Union dem Königreich Marokko ihre Genehmigung dieses Abkommens notifiziert habe. 98 Der Beschluss über den Abschluss eines internationalen Abkommens stellt nämlich einen endgültigen Rechtsakt in der internen Rechtsordnung der Union dar, der den Willen der Union zum Ausdruck bringt, an das Abkommen gebunden zu sein (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/00 [Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit] vom 6. Dezember 2001, EU:C:2001:664, Rn. 5). Dieser Beschluss stellt nach der in Rn. 135 des angefochtenen Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung eine anfechtbare Handlung dar, da der Gerichtshof nicht zur Nichtigerklärung einer internationalen Übereinkunft befugt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK,C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 45 bis 51). Dagegen handelt es sich bei der an die andere Vertragspartei gerichteten Notifizierung der Genehmigung einer solchen Übereinkunft um eine Durchführungsmaßnahme, die grundsätzlich keine anfechtbare Handlung ist. 99 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat das Gericht in Rn. 224 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass der Front Polisario vom streitigen Beschluss unmittelbar betroffen ist. 100 Infolgedessen sind der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑799/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑799/21 P: mangelnde individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss – Vorbringen der Parteien 101 Der Rat und die Kommission sowie die Französische Republik und die Comader sind der Auffassung, das Gericht sei in Rn. 238 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sei. 102 Die Kommission führt u. a. aus, in Rn. 230 des angefochtenen Urteils habe sich das Gericht darauf beschränkt, auf die Erwägungen zur Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit des Front Polisario von dem streitigen Beschluss zu verweisen, die – wie sie im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑779/21 P geltend gemacht habe – mit Rechtsfehlern behaftet seien. Desgleichen macht der Rat geltend, die vom Gericht begangenen Rechtsfehler hätten sich auch auf die Schlussfolgerung erstreckt, dass der Front Polisario von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sei. 103 Überdies rügen sowohl der Rat als auch die Kommission, dass das Gericht in Rn. 235 des angefochtenen Urteils die Relevanz des Urteils vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), verneint habe, in dem der Gerichtshof ausgeführt habe, dass das allgemeine Interesse, das ein überseeisches Land oder Hoheitsgebiet (ÜLG) als die für die in seinem Gebiet auftretenden Wirtschafts- und Sozialfragen zuständige Einheit an einem für den Wohlstand dieses Gebiets günstigen Ergebnis haben könne, für sich genommen nicht ausreiche, um das ÜLG als im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen anzusehen. 104 Die Kommission bezeichnet insoweit die vom Gericht in den Rn. 234 und 235 des angefochtenen Urteils vorgenommene Differenzierung zwischen dem Sachverhalt des Urteils vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), und dem hier in Rede stehenden Sachverhalt als künstlich und rechtsfehlerhaft, da die dort beanstandete Maßnahme nur die ÜLG betroffen habe, von denen einige Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung seien oder gewesen seien. Es könne nicht richtig sein, dass die Regierung der Niederländischen Antillen nicht befugt sei, einen Rechtsakt der Union, der ihr Gebiet wirtschaftlich betreffe, anzufechten, wohl aber der Front Polisario, denn sonst würden Bewegungen, die für die Unabhängigkeit eines Gebiets einträten oder in Konflikt mit einem Staat stünden, über mehr Garantien verfügen als regionale Regierungen. 105 Der Rat trägt vor, die vom Gericht angeführten Gründe gingen nicht auf das von ihm dem Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), entnommene Argument ein; er habe in seiner Gegenerwiderung geltend gemacht, aus diesem Urteil ergebe sich, dass der Front Polisario, selbst wenn er für wirtschaftliche Fragen der Westsahara zuständig sein sollte – was nicht der Fall sei –, nicht als vom streitigen Abkommen individuell betroffen anzusehen wäre. 106 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. – Würdigung durch den Gerichtshof 107 Nach ständiger Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nur dann geltend machen, im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen zu sein, wenn sie von der Handlung, deren Nichtigerklärung beantragt wird, wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten (Urteil vom 18. Oktober 2018, Internacional de Productos Metálicos/Kommission,C‑145/17 P, EU:C:2018:839, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108 Angesichts der oben in den Rn. 88 bis 92 angestellten Erwägungen ist festzustellen, dass das Volk der Westsahara, das in den vorliegenden Rechtssachen durch den Front Polisario vertreten wird, von dem streitigen Beschluss individuell betroffen ist, da eine ausdrückliche Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des streitigen Abkommens, das die Union gemäß dem streitigen Beschluss bindet, die Rechtsstellung dieses Volkes in seiner Eigenschaft als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hinsichtlich dieses Gebiets verändert. Diese Eigenschaft hebt sie nämlich aus dem Kreis aller übrigen Personen oder Entitäten, einschließlich jedes anderen Völkerrechtssubjekts, heraus. 109 Die Argumentation der Kommission und des Rates zum Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Nederlandse Antillen (C‑142/00 P, EU:C:2003:217), in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, dass das allgemeine Interesse, das ein ÜLG als die für die in seinem Gebiet auftretenden Fragen wirtschaftlicher und sozialer Art zuständige Einheit an einem für den wirtschaftlichen Wohlstand dieses Gebiets günstigen Ergebnis haben kann, für sich genommen nicht ausreicht, um das ÜLG als im Sinne von Art. 173 Abs. 4 EG-Vertrag (nunmehr Art. 263 Abs. 4 AEUV) individuell betroffen anzusehen, ist zurückzuweisen. Das Gericht hat nämlich die individuelle Betroffenheit des Front Polisario vom streitigen Beschluss und damit vom streitigen Abkommen nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Abkommens gestützt, sondern darauf, dass diese Organisation das Volk der Westsahara als Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung hinsichtlich dieses Gebiets vertritt. 110 Infolgedessen ist der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P als unbegründet zurückzuweisen. Desgleichen sind der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑799/21 P und damit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P: Rechtsfehler hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle und der Zustimmung des Volkes der Westsahara zu dem streitigen Abkommen Vorbringen der Parteien 111 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund werfen der Rat und die Kommission dem Gericht vor, eine Reihe von Rechtsfehlern im Zusammenhang mit der fehlerhaften Auslegung und Anwendung des Völkerrechts, dem Umfang des Ermessens des Rates im Bereich der auswärtigen Beziehungen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara im vorliegenden Fall, der Verletzung der Beweiskraft von Urkunden, der Verfälschung des Vorbringens des Rates und einem Verstoß gegen Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit deren Art. 53 Abs. 1 begangen zu haben. 112 Die Kommission macht geltend, in den Rn. 307 bis 392 des angefochtenen Urteils habe das Gericht dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Recht auf Selbstbestimmung unter Verstoß gegen das Unionsrecht absolute und uneingeschränkte Geltung beigemessen; dabei habe es das Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), falsch ausgelegt und die Rechtsprechung zu dem Ermessen verkannt, über das der Rat im Bereich der auswärtigen Beziehungen, insbesondere in Bezug auf das Völkergewohnheitsrecht, verfüge. 113 Diese Fehler ließen sich in vier Hauptrügen untergliedern, und zwar erstens Rechtsfehler hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle, des Ermessens der Organe und des Erfordernisses, das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers zu bejahen, um die Ungültigkeit des streitigen Beschlusses wegen seiner Unvereinbarkeit mit Regeln des Völkerrechts festzustellen, zweitens Rechtsfehler, die darauf beruhten, dass es im besonderen Kontext der Rechtssache keiner Zustimmung des Volkes der Westsahara bedürfe, drittens – unterstellt, eine solche Zustimmung des Volkes der Westsahara wäre Voraussetzung für die Gültigkeit des streitigen Beschlusses – Rechtsfehler in Form der zu engen Auslegung des Begriffs der Zustimmung durch das Gericht und viertens Rechtsfehler, weil der Front Polisario in Anbetracht seines begrenzten Status und seiner begrenzten Repräsentativität zu Unrecht als Entität eingestuft worden sei, die eine solche Zustimmung erteilen müsse. Im Rahmen dieser vier Aspekte habe das Gericht das Völkergewohnheitsrecht nicht ordnungsgemäß ermittelt, obwohl es dazu in der vorliegenden Rechtssache verpflichtet gewesen wäre. 114 Jeder Beschluss über den Abschluss eines Abkommens mit einem Drittland impliziere, die Interessen der Union im Rahmen der Beziehungen zu dem betreffenden Drittland unter Beachtung der in Art. 21 EUV aufgeführten Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns zu bewerten und einen Ausgleich zwischen den bei diesen Beziehungen bestehenden divergierenden Interessen vorzunehmen. Der Rat verfüge über ein weites Ermessen bei der Abwägung des Ziels, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte zu fördern, gegen die übrigen Ziele, von denen sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene leiten lasse, und die übrigen Interessen der Union. Die gerichtliche Kontrolle müsse sich insoweit zwangsläufig darauf beschränken, ob die Unionsorgane beim Erlass des fraglichen Rechtsakts offensichtliche Beurteilungsfehler hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Grundsätze begangen hätten. 115 Das Gericht habe das Ermessen des Rates aber auf null reduziert, indem es der Voraussetzung einer ausdrücklichen Zustimmung des Front Polisario, deren völkerrechtliche Grundlage nicht dargelegt werde, absoluten Wert beigemessen habe. Es habe in den Rn. 277 und 278 des angefochtenen Urteils lediglich auf Art. 21 Abs. 1 EUV Bezug genommen, nicht aber auf dessen Abs. 2, und somit den Umfang und die Vielfalt der vom Rat im Rahmen von Art. 21 EUV zu berücksichtigenden Ziele verkannt. Dadurch habe es den Umfang seiner gerichtlichen Kontrolle überschritten. 116 Das Gericht habe insoweit die falschen Konsequenzen aus dem Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), gezogen. Aus dem in diesem Urteil bestätigten Recht auf Selbstbestimmung der Westsahara könne nicht abgeleitet werden, dass die ausdrückliche und allein vom Front Polisario zu erteilende Zustimmung des Volkes dieses Gebiets erforderlich sei, damit sich ein von der Union mit einem Staat, der die Verwaltungsmacht über dieses Gebiet ausübe und dazu befugt sei, geschlossenes internationales Abkommen, das Zollpräferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in dem betreffenden Gebiet vorsehe, auf ein solches Gebiet erstrecken könne. 117 Bei den Begriffen „Volk“ und „Zustimmung“ müsse im vorliegenden Fall dem rechtlichen und tatsächlichen Kontext des Erlasses des streitigen Beschlusses und des Abschlusses des streitigen Abkommens Rechnung getragen werden, aus dem sich ergebe, dass die letztlich gewählte Lösung mit allen einschlägigen Regeln des Völkerrechts im Einklang stehe, insbesondere mit Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen, der darauf abziele, den Wohlstand der Bewohner von Hoheitsgebieten ohne Selbstregierung zu fördern, sowie mit Art. 21 Abs. 2 Buchst. d und e EUV. In den Rn. 311 und 312 des angefochtenen Urteils werde zwar bestätigt, dass das für Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung geltende Recht bislang in verschiedener Hinsicht ungeklärt sei, doch im Anschluss habe das Gericht in den Rn. 313 bis 390 dieses Urteils eine Reihe von Rechtsfehlern begangen (siehe oben, Rn. 112, 113, 115 und 116). 118 Der Rat trägt vor, entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 391 des angefochtenen Urteils hätten die Konsultationen, die von der Kommission und vom EAD mit den marokkanischen Behörden durchgeführt worden seien, es ermöglicht, die Zustimmung des Volkes der Westsahara einzuholen. Diese Randnummer sowie die Rn. 307 bis 390 des angefochtenen Urteils, die den in Rn. 391 gezogenen Schluss stützten, seien mit Rechtsfehlern behaftet, da das Gericht den Inhalt des Begriffs der Zustimmung des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung sowie das Erfordernis der Einholung dieser Zustimmung falsch ausgelegt und überdies die Beweiskraft der vom Rat vorgelegten Schriftstücke verletzt oder sein Vorbringen verfälscht habe. Das Gericht habe ferner gegen seine Begründungspflicht verstoßen. 119 Der Front Polisario meint, diese Rechtsmittelgründe seien zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof – Vorbemerkungen 120 Wie sich aus Rn. 251 des angefochtenen Urteils ergibt, hat der Front Polisario im Rahmen seines dritten Klagegrundes geltend gemacht, der Rat habe entgegen seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV, den Urteilen des Gerichtshofs Folge zu leisten, ohne Zustimmung des Front Polisario mit dem Königreich Marokko ein ausdrücklich für das Gebiet der Westsahara geltendes internationales Abkommen geschlossen. Der Gerichtshof habe nämlich befunden, dass die stillschweigende Einbeziehung dieses Gebiets in den Geltungsbereich der Übereinkünfte zwischen der Union und dem Königreich Marokko aufgrund des Grundsatzes der Selbstbestimmung und des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen rechtlich nicht möglich sei. Folglich sei eine ausdrückliche Anwendung solcher Übereinkünfte auf dieses Gebiet erst recht ausgeschlossen. Insbesondere stehe der Abschluss des streitigen Abkommens im Widerspruch zur Rechtsprechung, weil der gesonderte und unterschiedliche Status der Westsahara und das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets nicht beachtet würden. 121 Wie das Gericht in Rn. 298 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, gliederte sich dieser Klagegrund der Sache nach in drei Teile, mit denen geltend gemacht wurde, erstens könnten die Union und das Königreich Marokko keine für die Westsahara geltende Übereinkunft abschließen, zweitens werde der gesonderte und unterschiedliche Status dieses Gebiets unter Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbestimmung verletzt, und drittens werde das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets als eines an dem streitigen Abkommen nicht beteiligten Dritten im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen verletzt. 122 Das Gericht hat den ersten Teil des dritten Klagegrundes zurückgewiesen, aber seinem dritten Teil stattgegeben. Es ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass der streitige Beschluss für nichtig zu erklären sei, ohne dass der zweite Teil dieses Klagegrundes sowie die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchten. 123 Das Gericht hat seine Erwägungen zum dritten Teil des dritten Klagegrundes des Front Polisario in Rn. 391 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst: „[D]er Rat [hat] mit dem Erlass des [streitigen] Beschlusses nicht alle relevanten Gesichtspunkte betreffend die Situation der Westsahara hinreichend berücksichtigt … und [war] zu Unrecht der Auffassung …, er verfüge über einen Wertungsspielraum für die Entscheidung, ob dem Erfordernis nachzukommen war, dass das Volk dieses Gebiets als an diesem Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des streitigen Abkommens in diesem Gebiet zum Ausdruck bringen musste. Im Einzelnen waren der Rat und die Kommission erstens zu Unrecht der Ansicht, dass die gegenwärtige Situation dieses Gebiets es nicht zulasse, sich des Vorliegens dieser Zustimmung, insbesondere unter Einschaltung des [Front Polisario], zu vergewissern. Zweitens hat der Rat mit der Auffassung, dass mit den von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen, die nicht die Einholung einer solchen Zustimmung zum Gegenstand hatten und nicht bezweckten, sich an die für dieses Volk ‚repräsentativen Instanzen‘ zu wenden, dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in seiner Auslegung durch den Gerichtshof in Rn. 106 des Urteils [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] entsprochen worden sei, sowohl die Tragweite dieser Konsultationen als auch die des in dieser Randnummer aufgestellten Erfordernisses verkannt. Drittens war der Rat zu Unrecht der Ansicht, dass er sich auf das Schreiben des [Rechtsberaters, des Stellvertretenden Generalsekretärs für Rechtsfragen der Organisation der Vereinten Nationen, vom 29. Januar 2002 (im Folgenden: Schreiben des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002)] stützen könne, um an die Stelle dieses Erfordernisses die diesem Schreiben von ihm entnommenen Kriterien zu setzen.“ 124 Zunächst sind die Rügen der Rechtsmittelführer zu prüfen, die die Zustimmung des Volkes der Westsahara im Wege der Konsultation von Vertretern der Bevölkerung der Westsahara sowie den Umfang der gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses und damit auch des streitigen Abkommens hinsichtlich dieser Zustimmung betreffen, einschließlich ihres Vorbringens zur Tragweite des Schreibens des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002. Sodann ist auf ihre Rügen einzugehen, die das Erfordernis einer solchen Zustimmung und die Einstufung des Front Polisario als die für ihre Erteilung zuständige Entität betreffen. – Zu den Rügen betreffend die Zustimmung des Volkes der Westsahara im Wege der Konsultation von Vertretern der Bevölkerung der Westsahara sowie den Umfang der gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses 125 In Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), hat der Gerichtshof im Kontext der Auslegung des Ausdrucks „Gebiet des Königreichs Marokko“ in Art. 94 des Assoziierungsabkommens ausgeführt, dass das Volk der Westsahara als „Dritter“ im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen anzusehen war und im Fall der Einbeziehung des Gebiets der Westsahara in den Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens als ein solcher Dritter von der Durchführung des Abkommens betroffen sein konnte, ohne dass ermittelt werden musste, ob diese ihr schaden oder vielmehr nützen könnte. In beiden Fällen müsste die Durchführung des Abkommens nämlich mit Zustimmung des Dritten erfolgen. Aus dem angefochtenen Urteil in der Rechtssache, in der das Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), ergangen ist, war aber nicht ersichtlich, dass das Volk der Westsahara eine solche Zustimmung erklärt hatte. 126 Im zehnten Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses heißt es: „Unter Berücksichtigung der Erwägungen über die Zustimmung im Urteil [vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973),] hat die Kommission gemeinsam mit dem [EAD] alle im aktuellen Kontext sinnvollen und möglichen Maßnahmen zur angemessenen Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung getroffen, um sich deren Zustimmung zum Abkommen zu vergewissern. Es wurde ein breites Spektrum an Konsultationen durchgeführt, und die sozialen, ökonomischen und politischen Akteure, die an den Konsultationen teilgenommen haben, sprachen sich mehrheitlich für die Ausdehnung der Zollpräferenzen des [Assoziierungsabkommens] auf die Westsahara aus. Diejenigen, die diese Ausdehnung abgelehnt haben, waren im Wesentlichen der Auffassung, dass ein solches Abkommen den Standpunkt Marokkos bezüglich des Gebiets der Westsahara bekräftige. In den Bestimmungen des Abkommens lässt jedoch nichts darauf schließen, dass mit ihm die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkannt würde. …“ 127 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts zwischen u. a. dem Königreich Marokko und dem Front Polisario in den 1970er Jahren ein großer Teil der Bevölkerung der Westsahara vor diesem Konflikt floh und Zuflucht im algerischen Hoheitsgebiet fand (siehe oben, Rn. 26). Der Vertreter des Front Polisario hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof unwidersprochen angegeben, dass bis heute etwa 250000 von insgesamt etwa 500000 Sahrauis in Flüchtlingslagern in Algerien lebten, ein Viertel in der unter marokkanischer Kontrolle stehenden Zone der Westsahara und der Rest von etwa einem Viertel über die übrige Welt verteilt. 128 Daraus folgt, dass der überwiegende Teil der aktuellen Bevölkerung der Westsahara nicht zu dem Volk gehört, das Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist, und zwar dem Volk der Westsahara. Letzteres, das zum großen Teil vertrieben wurde, ist aber der alleinige Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung für das Gebiet der Westsahara. Das Recht auf Selbstbestimmung steht nämlich dem betreffenden Volk zu und nicht der Bevölkerung dieses Gebiets im Allgemeinen, die nach den von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgelegten Schätzungen nur zu 25 % sahrauischer Herkunft ist. 129 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 123 und 124 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, besteht insoweit ein Unterschied zwischen der „Bevölkerung“ eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung und dem „Volk“ dieses Gebiets. Der Begriff „Volk“ verweist nämlich auf eine politische Einheit, die Inhaberin des Rechts auf Selbstbestimmung ist, während mit dem Begriff „Bevölkerung“ die Bewohner eines Gebiets bezeichnet werden. 130 Im vorliegenden Fall haben die Kommission und der EAD Konsultationen mit der „betreffenden Bevölkerung“ durchgeführt, bei der es sich nach den Feststellungen des Gerichts in Rn. 337 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen um die Bevölkerungsgruppen handelt, die sich gegenwärtig im Gebiet der Westsahara befinden, unabhängig davon, ob sie zum Volk dieses Gebiets gehören oder nicht. Wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 373 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat, entsprechen diese Konsultationen daher nicht einer Einholung der Zustimmung des „Volkes“ des Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung der Westsahara. 131 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass zu den einschlägigen Regeln, die im Rahmen der Beziehungen zwischen den Parteien eines Abkommens zwischen der Union und einem Drittland geltend gemacht werden können, der völkerrechtliche Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen gehört, wonach die Verträge Dritten weder schaden noch nutzen dürfen (pacta tertiis nec nocent nec prosunt). Dieser völkerrechtliche Grundsatz findet eine besondere Ausprägung in Art. 34 des Wiener Übereinkommens, wonach ein Vertrag für einen Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte begründet (Urteil vom 25. Februar 2010, Brita,C‑386/08, EU:C:2010:91, Rn. 44). 132 Der genannte Grundsatz, der auch in Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), angesprochen wird, geht über eine bloße Regel für die Auslegung internationaler Übereinkünfte hinaus. Auch wenn, wie die Rechtsmittelführer zutreffend geltend machen, eine Übereinkunft, die die Rechte oder Pflichten eines Dritten berührt, diesem Dritten nach dem Völkervertragsrecht ohne seine Zustimmung nicht entgegengehalten werden kann, kann er nämlich gleichwohl von ihrer Durchführung betroffen sein, wenn in ihren Geltungsbereich ein Gebiet einbezogen wird, das von ihm beherrscht wird oder für das er der Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung ist. Eine solche Durchführung ist insoweit geeignet, entweder die Souveränität eines Staates über sein Hoheitsgebiet oder das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung über das Gebiet, auf das sich dieses Recht bezieht, zu verletzen. Wie der Gerichtshof in der oben genannten Rn. 106 ausgeführt hat, muss das Volk der Westsahara daher der Durchführung eines internationalen Abkommens zwischen der Union und dem Königreich Marokko über das Gebiet der Westsahara zustimmen. 133 Folglich ist die fehlende Zustimmung dieses Volkes zu einem solchen Abkommen, dessen Durchführung sich auf das genannte Gebiet erstreckt, geeignet, die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union zu berühren, der wie der streitige Beschluss den Abschluss dieses Abkommens betrifft. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 5 und Art. 21 Abs. 1 EUV das Handeln der Union auf internationaler Ebene einen Beitrag namentlich zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, leistet und dass nach Art. 207 Abs. 1 AEUV die gemeinsame Handelspolitik im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet wird (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/15 [Freihandelsabkommen mit Singapur] vom 16. Mai 2017, EU:C:2017:376, Rn. 142 bis 147). 134 Dieses Ergebnis wird durch den Wertungsspielraum, über den der Rat verfügt, nicht berührt. Denn wie das Gericht in Rn. 349 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, wird dieser Wertungsspielraum rechtlich zum einen durch die aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung abgeleitete Verpflichtung, im Rahmen der Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko den gesonderten und unterschiedlichen Status der Westsahara zu achten, begrenzt und zum anderen durch das aus dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen abgeleitete Erfordernis, wonach das Volk dieses Gebiets einem Abkommen zwischen der Union und dem Königreich Marokko, das in diesem Gebiet durchgeführt werden soll, zustimmen muss. 135 Das Gericht ist somit in Rn. 349 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar Sache des Rates war, zu beurteilen, ob die gegenwärtige Situation des Gebiets der Westsahara eine Anpassung der Modalitäten des Ausdrucks der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets rechtfertigte und ob die Voraussetzungen erfüllt waren, um davon auszugehen, dass dieses Volk seine Zustimmung zum Ausdruck gebracht hatte, aber dem Rat stand, wollte er nicht gegen das Erfordernis der Zustimmung des Volkes dieses Gebiets zu einem solchen Abkommen verstoßen, nicht die Entscheidung darüber zu, ob von der Zustimmung abgesehen werden konnte. 136 Infolgedessen trifft der Vorwurf nicht zu, das Gericht habe hinsichtlich der Beurteilung der im Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara bestehenden Voraussetzung die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Grenzen überschritten, die es im Licht des Völkergewohnheitsrechts für die gerichtliche Kontrolle von Rechtsakten der Union im Bereich ihres auswärtigen Handelns gebe. 137 Drittens ist das Vorbringen, das sich auf die Tragweite des Schreibens des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002 in Bezug auf das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara stützt, als unbegründet zurückzuweisen. 138 Das Gericht hat nämlich zutreffend in Rn. 385 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen dargelegt, dass dieses Schreiben keine Quelle des Unionsrechts darstellt, die vor den Unionsgerichten angeführt werden kann, da es als solches weder einer für die Union bindenden Regel des Völkervertragsrechts noch einer Regel des Völkergewohnheitsrechts gleichkommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2020, Kommission/Ungarn [Hochschulausbildung], C‑66/18, EU:C:2020:792, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). 139 Überdies ist das Vorbringen der Kommission zu dem vom Gericht in den Rn. 338 und 339 des angefochtenen Urteils angestellten Vergleich zwischen den in Rede stehenden, von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen und den umfangreichen Anhörungen der Betroffenen im Sinne von Art. 11 Abs. 3 EUV und Art. 2 des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit als ins Leere gehend zurückzuweisen. Insoweit genügt die Feststellung, dass sich solche, insbesondere vor der Vorlage von Vorschlägen für Rechtsetzungsakte durch die Kommission durchzuführende Konsultationen, wie das Gericht im Wesentlichen ausgeführt hat, jedenfalls in ihrem Wesen und ihrem Gegenstand grundlegend von dem aus dem Völkergewohnheitsrecht abgeleiteten Erfordernis unterscheiden, dass ein Volk, dem ein Recht auf Selbstbestimmung zusteht, der Anwendung eines internationalen Abkommens, in Bezug auf das es die Eigenschaft eines Dritten hat, auf das Gebiet, das Gegenstand dieses Rechts ist, zustimmt. 140 Somit war das Gericht zu dem von ihm in Rn. 391 des angefochtenen Urteils gezogenen Schluss berechtigt, dass der Rat mit seiner Auffassung, dass durch die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen in seiner Auslegung durch den Gerichtshof in Rn. 106 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), entsprochen worden sei, die Tragweite sowohl dieser Konsultationen als auch des in Rn. 106 aufgestellten Erfordernisses verkannt und zu Unrecht geglaubt habe, sich auf das Schreiben des Rechtsberaters der Organisation der Vereinten Nationen vom 29. Januar 2002 stützen zu können, um an die Stelle dieses Erfordernisses die von ihm dem Schreiben entnommenen Kriterien zu setzen. – Zu den Rügen betreffend das Erfordernis der Zustimmung des Volkes der Westsahara und die Einstufung des Front Polisario als die für die Erteilung dieser Zustimmung zuständige Entität 141 Wie oben in Rn. 123 dargelegt, ist das Gericht in Rn. 391 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt habe und zu Unrecht der Auffassung gewesen sei, über einen Wertungsspielraum für die Entscheidung zu verfügen, ob dem Erfordernis nachzukommen sei, dass das Volk der Westsahara als an dem streitigen Abkommen nicht beteiligter Dritter gemäß der Auslegung des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung durch den Gerichtshof seine Zustimmung zur Geltung des Abkommens für die Westsahara hätte zum Ausdruck bringen müssen. Insbesondere seien der Rat und die Kommission zu Unrecht der Ansicht gewesen, dass die gegenwärtige Situation des Gebiets der Westsahara es nicht zulasse, sich des Vorliegens der Zustimmung zu vergewissern. 142 Im Einzelnen hat es in Rn. 321 des angefochtenen Urteils ausgeführt, das streitige Abkommen könne zwar Rechte für die Exporteure mit Sitz in der Westsahara begründen, doch beträfen diese Wirkungen nur Einzelpersonen und nicht einen an dem Abkommen nicht beteiligten Dritten, der ihm zustimmen könne. Bei dem Nutzen, den die Bevölkerung dieses Gebiets in ihrer Gesamtheit möglicherweise aus dem Abkommen ziehen könne, handele es sich jedenfalls um rein sozioökonomische, nicht aber um rechtliche Auswirkungen, so dass dieser, im Übrigen mittelbare, Nutzen den einem Dritten eingeräumten Rechten im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen nicht gleichgestellt werden könne. Weiter heißt es in Rn. 322 des angefochtenen Urteils: „Dagegen bewirkt das streitige Abkommen, dass dem in Rede stehenden Dritten eine Verpflichtung auferlegt wird, da damit einer der Parteien des Abkommens eine Zuständigkeit für sein Gebiet eingeräumt wird, die er somit nicht selbst ausüben oder deren Ausübung er nicht delegieren kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2010, Brita,C‑386/08, EU:C:2010:91, Rn. 52). Das Vorbringen [des Rates], dass dieser Dritte gegenwärtig aufgrund seines Status als Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung nicht in der Lage sei, diese Zuständigkeiten auszuüben, kann weder diese Feststellung noch die Notwendigkeit der Zustimmung des Dritten in Frage stellen.“ 143 Das Gericht hat daraus in Rn. 323 des angefochtenen Urteils gefolgert, dass der in Art. 36 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens niedergelegte Grundsatz, wonach die Zustimmung eines an einem Vertrag nicht beteiligten Dritten, wenn dieser durch den Vertrag berechtigt werde, vermutet werden könne, solange nicht das Gegenteil erkennbar werde, im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei und dass diese Zustimmung demnach ausdrücklich hätte erklärt werden müssen. 144 Die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 322 und 323 des angefochtenen Urteils sind aber mit einem Rechtsfehler behaftet. 145 Insoweit ist das Gericht zwar, wie oben in den Rn. 132 bis 135 und 140 festgestellt, zutreffend im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass auf der Grundlage des Rechts auf Selbstbestimmung und des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof die Zustimmung des Volkes der Westsahara zur Durchführung des streitigen Abkommens in diesem Gebiet eine Voraussetzung für die Gültigkeit des streitigen Beschlusses war und dass die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen nicht geeignet waren, die Zustimmung dieses Volkes zu belegen. 146 Dagegen hat es das streitige Abkommen fehlerhaft ausgelegt, als es in Rn. 322 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, dass das Abkommen dazu geführt habe, dem Volk der Westsahara eine Verpflichtung aufzuerlegen, da den Behörden des Königreichs Marokko bestimmte Zuständigkeiten eingeräumt worden seien, die im Gebiet der Westsahara ausgeübt werden sollten. 147 Die Durchführung des streitigen Abkommens impliziert zwar, dass die von den marokkanischen Behörden im Gebiet der Westsahara vorgenommenen Handlungen die oben in den Rn. 94 bis 96 beschriebenen rechtlichen Wirkungen haben, wodurch die Rechtsstellung des Volkes dieses Gebiets verändert wird, doch lässt der Umstand, dass diesen Behörden durch das streitige Abkommen bestimmte in diesem Gebiet auszuübende Verwaltungszuständigkeiten übertragen werden, nicht den Schluss zu, dass mit ihm dem betreffenden Volk als Völkerrechtssubjekt rechtliche Verpflichtungen auferlegt werden. 148 Insoweit impliziert das streitige Abkommen, wie darin hervorgehoben wird, nicht die Anerkennung der vom Königreich Marokko beanspruchten Souveränität über die Westsahara. Das Volk der Westsahara ist überdies weder der Adressat der Ursprungszeugnisse oder anderer von ihm anzuerkennender Verwaltungshandlungen der marokkanischen Behörden im Rahmen der Durchführung dieses Abkommens noch von Maßnahmen der Unionsbehörden oder der Mitgliedstaaten ihm gegenüber. Außerdem geht aus dem streitigen Abkommen hervor, dass es nur für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara gilt, die der Kontrolle der Zollbehörden des Königreichs Marokko unterliegen, so dass sein Abschluss die Union nicht daran hindert, gegebenenfalls gesonderte Modalitäten für Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara vorzusehen, die nicht der Kontrolle dieser Behörden unterliegen, insbesondere für Erzeugnisse, die aus dem vom Front Polisario kontrollierten Teil des Gebiets der Westsahara stammen. 149 Folglich hat das Gericht seine Feststellung in Rn. 323 des angefochtenen Urteils, dass das Volk der Westsahara ausdrücklich seine Zustimmung zu dem streitigen Abkommen hätte erklären müssen, auf eine fehlerhafte Prämisse gestützt. 150 Allerdings kann eine Verletzung des Unionsrechts in einer Entscheidung des Gerichts, wenn zwar deren Gründe eine solche Verletzung enthalten, ihr Tenor sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen, und die Gründe sind durch andere zu ersetzen (Urteil vom 17. Januar 2023, Spanien/Kommission,C‑632/20 P, EU:C:2023:28, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 151 Daher ist zu prüfen, ob sich die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses im Tenor des angefochtenen Urteils nicht aus anderen Rechtsgründen als denen, die mit dem oben in den Rn. 146 bis 149 dargelegten Rechtsfehler behaftet sind, als richtig erweist. 152 Hierzu ist festzustellen, dass das Völkergewohnheitsrecht keine besondere Form dafür vorsieht, wie ein Dritter, der nicht an einer Übereinkunft beteiligt ist, die ihm ein Recht verleiht, seine Zustimmung zum Ausdruck bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs vom 7. Juni 1932, Rechtssache „Freizonen Haute-Savoie und Pays de Gex“, PCIJ 1932, Serie A/B, Nr. 46, S. 148). Folglich schließt das Völkergewohnheitsrecht nicht aus, dass eine solche Zustimmung unter gewissen Umständen implizit erteilt werden kann. In der besonderen Situation des Volkes eines Hoheitsgebiets ohne Selbstregierung kann daher dessen Zustimmung zu einer internationalen Übereinkunft, in Bezug auf die es die Eigenschaft eines Dritten hat und die für das Gebiet gelten soll, auf das sich sein Selbstbestimmungsrecht bezieht, vermutet werden, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind. 153 Zum einen darf die fragliche Übereinkunft keine Verpflichtung für dieses Volk schaffen. Zum anderen muss sie vorsehen, dass dem betreffenden Volk selbst – das durch die Bevölkerung des Gebiets, auf das sich sein Selbstbestimmungsrecht bezieht, nicht adäquat vertreten werden kann – aus der Nutzung der natürlichen Ressourcen des Gebiets ein präziser, konkreter, substanzieller und überprüfbarer Vorteil erwächst, der in angemessenem Verhältnis zum Ausmaß der Nutzung steht. Der Vorteil muss mit Garantien dafür verbunden sein, dass die Nutzung unter Bedingungen stattfindet, die mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung im Einklang stehen, damit sichergestellt ist, dass nicht erneuerbare natürliche Ressourcen in reichem Maß verfügbar bleiben und dass sich erneuerbare natürliche Ressourcen wie die Fischbestände fortlaufend neu bilden. Schließlich muss die fragliche Übereinkunft auch einen Mechanismus für die regelmäßige Kontrolle vorsehen, der die Prüfung ermöglicht, ob der dem betreffenden Volk in Anwendung der Übereinkunft gewährte Vorteil tatsächlich besteht. 154 Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist erforderlich, um die Vereinbarkeit einer solchen Übereinkunft mit dem aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen folgenden und im Völkergewohnheitsrecht verankerten Grundsatz des Vorrangs der Interessen der Völker von Hoheitsgebieten ohne Selbstregierung sicherzustellen. Sie leistet damit einen Beitrag dazu, dass das Handeln der Union auf internationaler Ebene im Einklang mit Art. 21 Abs. 1 EUV auf den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts beruht. 155 Sofern die beiden oben in Rn. 153 dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind, ist davon auszugehen, dass das betreffende Volk seine Zustimmung erteilt hat. Der Umstand, dass eine Bewegung, die als legitimer Vertreter dieses Volkes auftritt, der Übereinkunft entgegentritt, kann als solcher nicht ausreichen, um das Vorliegen einer solchen vermuteten Zustimmung in Frage zu stellen. 156 Die Vermutung der Zustimmung kann gleichwohl widerlegt werden, sofern legitime Vertreter dieses Volkes nachweisen, dass die vorteilhafte Regelung, in deren Genuss es durch die fragliche Übereinkunft kommt, oder der mit ihr verbundene Mechanismus regelmäßiger Kontrolle nicht den oben in Rn. 153 dargestellten Voraussetzungen entspricht. Mit dieser Frage haben sich gegebenenfalls die Unionsgerichte zu befassen, um insbesondere zu beurteilen, ob die Übereinkunft das Recht des betreffenden Volkes auf Selbstbestimmung oder seine aus diesem Recht sowie aus Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen folgende ständige Souveränität über die natürlichen Ressourcen in adäquater Weise wahrt. Ferner steht es der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Parlament und jedem Mitgliedstaat frei, schon vor der Unterzeichnung oder dem Abschluss einer Übereinkunft zwischen der Union und dem Königreich Marokko, die eine solche Regelung vorsieht, ein Gutachten des Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der geplanten Übereinkunft mit den Bestimmungen der Verträge, insbesondere mit Art. 21 Abs. 1 EUV, einzuholen. 157 Im vorliegenden Fall ist die erste der beiden oben in Rn. 153 genannten Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Aus den oben in den Rn. 147 und 148 dargelegten Gründen wird nämlich die unionsrechtliche Stellung des Volkes des Gebiets der Westsahara durch das streitige Abkommen im Hinblick auf das ihm für dieses Gebiet zustehende Selbstbestimmungsrecht zwar geändert, doch erlegt es diesem Volk als Völkerrechtssubjekt keine rechtlichen Verpflichtungen auf. 158 Zur zweiten Voraussetzung ist festzustellen, dass das streitige Abkommen offenkundig keinen Vorteil zugunsten des Volkes der Westsahara enthält, der den oben in Rn. 153 genannten Merkmalen entspricht; dies geht vor allem aus den Antworten der Kommission auf Fragen des Gerichtshofs während der mündlichen Verhandlung hervor. 159 Insbesondere sollen, wie das Gericht in den Rn. 318 und 319 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, durch das streitige Abkommen dem Volk der Westsahara als an diesem Abkommen nicht beteiligtem Dritten keine Rechte eingeräumt werden. Die von der Union für die Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara gewährten Zollpräferenzen werden dem Königreich Marokko als Partei des streitigen Abkommens eingeräumt. Außerdem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof erläutert, dass dieses Abkommen den Effekt gehabt habe, die aus der Westsahara stammenden Erzeugnisse in den Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens einzubeziehen und sie dadurch in Bezug auf die Zollpräferenzen den marokkanischen Erzeugnissen sowie den Erzeugnissen aus Algerien und Mauretanien, die ebenfalls in den Genuss von Zollpräferenzen kommen, gleichzustellen. 160 Folglich kann nicht vermutet werden, dass das Volk der Westsahara seine Zustimmung zur Anwendung des streitigen Abkommens auf dieses Gebiet erteilt hat. 161 Hinzuzufügen ist, dass die Möglichkeit einer im Einklang mit den Rn. 152 bis 155 des vorliegenden Urteils vermuteten Zustimmung nicht dadurch in Frage gestellt werden kann, dass in dem die Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung betreffenden Art. 73 der Charta der Vereinten Nationen von „Völkern“ und „Einwohnern“ dieser Gebiete die Rede ist, so dass sich die dort als „heiliger Auftrag“ bezeichnete Verpflichtung, ihr Wohl aufs Äußerste zu fördern, im Fall der Westsahara auf einen Teil der „Einwohner“ dieses Gebiets erstreckt, die nicht zum „Volk“ der Westsahara gehören. Insoweit werden in der oben in Rn. 31 erwähnten Resolution 2703 (2023) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Fortschritte bei den Verhandlungen als unerlässlich dafür angesehen, alle Aspekte der Lebensqualität der Menschen in der Westsahara zu verbessern. Sollte künftig ein Abkommen dem Volk der Westsahara im Einklang mit den oben in Rn. 153 aufgestellten Anforderungen zugutekommen, stünde die Möglichkeit, dass es auch den Einwohnern dieses Gebiets im Allgemeinen zugutekommt, der Feststellung einer vermuteten Zustimmung dieses Volkes nicht entgegen. 162 Berücksichtigt man überdies die oben in Rn. 145 getroffene Feststellung, wonach die von der Kommission und vom EAD durchgeführten Konsultationen nicht geeignet waren, eine solche Zustimmung dieses Volkes zu belegen, hat das Gericht in Rn. 391 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass der Rat beim Erlass des streitigen Beschlusses nicht alle die Situation der Westsahara betreffenden relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt hatte und dass der Rat und die Kommission zu Unrecht der Ansicht waren, dass die gegenwärtige Situation dieses Gebiets es nicht zulasse, sich des Vorliegens einer Zustimmung des Volkes der Westsahara zum streitigen Abkommen zu vergewissern. 163 Der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P sind daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und zum dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P: Rechtsfehler hinsichtlich der Möglichkeit, sich auf das Völkerrecht zu berufen Vorbringen der Parteien 164 Die Kommission (fünfter Rechtsmittelgrund) und der Rat (dritter Rechtsmittelgrund) werfen dem Gericht vor, Rechtsfehler in Bezug darauf begangen zu haben, ob es möglich sei, sich im Rahmen einer die Gültigkeit eines Beschlusses über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch die Union betreffenden Klage auf Völkerrechtsnormen zu berufen. Diese Rechtsmittelgründe richten sich gegen Rn. 297 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden hat, dass sich der Front Polisario auf den Grundsatz der Selbstbestimmung und den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen berufen könne, so dass sein dritter Klagegrund nicht wirkungslos sei. 165 Diese beiden Organe verweisen u. a. darauf, dass ein Bürger nach der Rechtsprechung die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union durch den Gerichtshof nur geltend machen könne, wenn durch diese Grundsätze die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts in Frage gestellt werden könne und wenn durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Bürgers aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder unionsrechtliche Verpflichtungen begründet werden könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a.,C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 107). 166 Der Rat fügt hinzu, wenn es möglich sei, sich auf Regeln des Völkerrechts zu berufen, beschränke sich die Kontrolle durch den Gerichtshof nach dem Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 107), jedenfalls auf das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler der Organe hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regeln. Im vorliegenden Fall könnten die Grundsätze der Selbstbestimmung und der relativen Wirkung von Verträgen die Zuständigkeit der Union nicht in Frage stellen, denn der Gerichtshof habe bereits implizit zu erkennen gegeben, dass das Völkerrecht es nicht ausschließe, dass ein Staat, abweichend von der Grundregel, hinsichtlich eines anderen Gebiets durch einen Vertrag gebunden sein könne; dies habe das Gericht ausdrücklich bestätigt, indem es den Klagegrund der Unzuständigkeit des Rates für den Abschluss des streitigen Abkommens zurückgewiesen habe. Der Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen betreffe jedenfalls nicht die Gültigkeit einer Übereinkunft, sondern die Frage, wem sie entgegengehalten werden könne. 167 Die Französische Republik führt hierzu aus, selbst wenn es möglich wäre, sich auf den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen zu berufen, und wenn er im vorliegenden Fall verletzt worden wäre, würde eine solche Verletzung nicht zur Ungültigkeit des streitigen Beschlusses führen, da nach dem genannten Grundsatz die Gültigkeit des betreffenden Vertrags nicht von der Zustimmung eines Dritten abhänge. 168 Der Front Polisario tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 169 Das Gericht hat in Rn. 284 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Gerichtshof in Rn. 107 des Urteils vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864), entschieden habe, dass ein Bürger die in Rn. 103 dieses Urteils genannten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union durch den Gerichtshof nur insoweit geltend machen könne, als zum einen durch diese Grundsätze die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts in Frage gestellt werden könne und zum anderen durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Bürgers aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder Verpflichtungen des Bürgers aus dem Unionsrecht begründet werden könnten. In jener Rechtssache habe es sich um den Grundsatz gehandelt, dass jeder Staat über seinem Hoheitsgebiet die volle und ausschließliche Lufthoheit besitze, den Grundsatz, dass kein Staat den Anspruch erheben dürfe, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen, und den Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See. 170 Insbesondere hat es in Rn. 276 des angefochtenen Urteils zur Möglichkeit einer Berufung auf die vom Gerichtshof ausgelegten Grundsätze des Völkerrechts, insbesondere den Grundsatz der Selbstbestimmung und den Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen, zunächst festgestellt, dass der Unionsrichter für die Beurteilung der Vereinbarkeit eines Beschlusses über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft u. a. mit den Regeln des Völkerrechts zuständig sei, da die Union ihre Befugnisse unter Beachtung dieser für sie nach den Verträgen bindenden Regeln ausüben müsse. Sodann hat es in Rn. 279 des angefochtenen Urteils auf die Feststellung des Gerichtshofs in den Rn. 88 und 89 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario (C‑104/16 P, EU:C:2016:973), hingewiesen, dass „das Recht auf Selbstbestimmung erga omnes gilt und ein Grundprinzip des Völkerrechts ist und dass dieser Grundsatz deshalb zu den in den Beziehungen zwischen der Union und dem Königreich Marokko anwendbaren einschlägigen Völkerrechtssätzen gehört, [die] der Unionsrichter berücksichtigen muss“. 171 In Rn. 291 des angefochtenen Urteils ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass „im vorliegenden Fall die Frage, ob die Geltendmachung des Grundsatzes der Selbstbestimmung und des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen möglich ist, nicht anhand der Erwägungen in den Rn. 107 bis 109 des Urteils vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864), beurteilt werden kann, da diese Erwägungen auf einer Beurteilung der besonderen Umstände jener Rechtssache beruhten, die sich aus der Art der geltend gemachten Grundsätze des Völkerrechts und des beanstandeten Rechtsakts sowie aus der Rechtsstellung der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens ergaben und die mit denen des vorliegenden Falles nicht vergleichbar sind. Insbesondere kann die Möglichkeit der Geltendmachung der beiden genannten Grundsätze im vorliegenden Fall nicht darauf beschränkt sein, der Union die Zuständigkeit für den Erlass des [streitigen] Beschlusses abzusprechen, denn zum einen beruft sich der [Front Polisario] auf klare, bestimmte und unbedingte Verpflichtungen der Union im Rahmen des Erlasses dieses Beschlusses und zum anderen soll mit dieser Berufung die Achtung der Rechte eines an dem Abkommen nicht beteiligten Dritten, die von einem Verstoß gegen diese Verpflichtungen betroffen sein können, sichergestellt werden.“ 172 Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern. 173 Die Union muss nämlich nach ständiger Rechtsprechung ihre Befugnisse unter Beachtung des gesamten Völkerrechts ausüben, einschließlich der Regeln und Grundsätze des allgemeinen Völkerrechts und des Völkergewohnheitsrechts sowie der Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die sie binden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK,C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 174 Folglich ist der Gerichtshof befugt, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage zu beurteilen, ob eine von der Union geschlossene internationale Übereinkunft mit den für sie nach den Verträgen bindenden Regeln des Völkerrechts vereinbar ist. Die Kontrolle der Gültigkeit des Rechtsakts, mit dem die Union eine solche internationale Übereinkunft geschlossen hat, durch den Gerichtshof kann sich auch darauf erstrecken, ob der Rechtsakt in Anbetracht des Inhalts der fraglichen internationalen Übereinkunft rechtmäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Western Sahara Campaign UK,C‑266/16, EU:C:2018:118, Rn. 48 bis 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 175 Somit war das Gericht zu der Annahme berechtigt, dass der Grundsatz der Selbstbestimmung und der Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen im Rahmen der Kontrolle der Gültigkeit des streitigen Beschlusses herangezogen werden konnten. 176 Daher kann das Argument der Kommission und des Rates, aus dem Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864), sei abzuleiten, dass es nicht möglich sei, sich im Rahmen der Kontrolle der Gültigkeit des streitigen Beschlusses auf diese Grundsätze zu berufen, keinen Erfolg haben. 177 Das Vorbringen des Rates, die Kontrolle der Vereinbarkeit eines Rechtsakts der Union mit solchen Regeln des Völkerrechts durch die Unionsgerichte müsse sich auf offensichtliche Beurteilungsfehler beschränken, stimmt im Wesentlichen mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes überein, mit dem gerügt wird, das Gericht habe das Ermessen außer Acht gelassen, über das der Rat im Bereich der auswärtigen Beziehungen verfüge. Es ist daher aus den oben in Rn. 134 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 178 Infolgedessen sind der fünfte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑779/21 P und der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑799/21 P als unbegründet zurückzuweisen. 179 Da keiner der von der Kommission und vom Rat zur Stützung der Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑779/21 P und C‑799/21 P angeführten Gründe durchgreift, sind sie in vollem Umfang zurückzuweisen. Zu den vom Rat und von der Kommission hilfsweise gestellten Anträgen Vorbringen der Parteien 180 Hilfsweise hebt der Rat hervor, im Fall der Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses bestünde die Gefahr schwerwiegender negativer Folgen für das auswärtige Handeln der Union, und die Rechtssicherheit der von ihr eingegangenen, für die Organe und die Mitgliedstaaten bindenden internationalen Verpflichtungen würde in Frage gestellt. Daher sei es, sofern der Gerichtshof das Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil zurückweisen sollte, erforderlich, die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten aufrechtzuerhalten. 181 Die Kommission trägt vor, sofern der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses aus anderen als den im angefochtenen Urteil genannten Gründen gerechtfertigt sei, und den Feststellungen des Gerichtshofs entnommen werden könnte, dass es eine realistische Möglichkeit gebe, mit dem Königreich Marokko gleichwohl ein Abkommen unter Einbeziehung der Westsahara zu schließen, wäre es wünschenswert, die Wirkungen dieses Beschlusses für einen Zeitraum von anderthalb Jahren aufrechtzuerhalten, damit die zum Erlass der Beschlüsse des Rates über die Unterzeichnung und den Abschluss eines solchen Abkommens nötigen Verhandlungen stattfinden könnten. 182 Der Front Polisario tritt diesen Anträgen entgegen. Würdigung durch den Gerichtshof 183 Gemäß Art. 264 Abs. 2 AEUV kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, die Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. 184 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirkungen einer solchen Handlung insbesondere dann aufrechterhalten werden können, wenn die unmittelbaren Auswirkungen ihrer Nichtigerklärung schwerwiegende negative Folgen für die Betroffenen hätten (Urteil vom 1. März 2022, Kommission/Rat [Abkommen mit der Republik Korea], C‑275/20, EU:C:2022:142, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 185 Im vorliegenden Fall wäre die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses ohne eine zeitlich begrenzte Aufrechterhaltung seiner Wirkungen geeignet, schwerwiegende negative Folgen für das auswärtige Handeln der Union herbeizuführen und die Rechtssicherheit der von ihr eingegangenen und für die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten bindenden internationalen Verpflichtungen zu gefährden. Der streitige Beschluss diente nämlich zur Genehmigung des streitigen Abkommens, das am 19. Juli 2019 in Kraft trat, im Namen der Union. 186 Infolgedessen sind aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirkungen des streitigen Beschlusses für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechtzuerhalten. Kosten 187 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. 188 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 189 Da im vorliegenden Fall der Front Polisario die Verurteilung des Rates und der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten die dem Front Polisario im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen. 190 Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 191 Im vorliegenden Fall tragen das Königreich Belgien, Ungarn, die Portugiesische Republik und die Slowakische Republik als Streithelfer im Rechtsmittelverfahren in der Rechtssache C‑799/21 P, das Königreich Spanien als Streithelfer im Rechtsmittelverfahren in den Rechtssachen C‑779/21 P und C‑799/21 P sowie die Französische Republik als Streithelfer im ersten Rechtszug ihre eigenen Kosten. 192 Schließlich kann der Gerichtshof nach Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, u. a. entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat oder ein Organ seine eigenen Kosten trägt. 193 Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass die Comader ihre eigenen Kosten trägt. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen. 2. Die Wirkungen des Beschlusses (EU) 2019/217 des Rates vom 28. Januar 2019 über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union einerseits und dem Königreich Marokko andererseits zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits werden für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechterhalten. 3. Die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten sowie die dem Front populaire pour la libération de la Saguia-el-Hamra et du Rio de oro (Front Polisario) im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel entstandenen Kosten. 4. Das Königreich Belgien, das Königreich Spanien, Ungarn, die Portugiesische Republik, die Slowakische Republik, die Französische Republik und die Confédération marocaine de l’agriculture et du développement rural (Comader) tragen ihre eigenen Kosten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 2. Oktober 2024 (Auszüge).#IP gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Vertragsbedienstete – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Fristlose Kündigung des Vertrags – Untersuchung des OLAF – Erstattung von Krankheitskosten – Art. 266 AEUV – In Durchführung eines Urteils des Gerichts ergangene Entscheidung – Sich aus einem Aufhebungsurteil ergebende Maßnahmen – Rechtskraft – Verfahrensfehler – Art. 12 des Anhangs IX des Statuts – Befassung des Disziplinarrats – Verteidigungsrechte – Haftung – Materieller und immaterieller Schaden.#Rechtssache T-669/22.
62022TJ0669
ECLI:EU:T:2024:669
2024-10-02T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62022TJ0669 URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer) 2. Oktober 2024 (*1) „Öffentlicher Dienst – Vertragsbedienstete – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Fristlose Kündigung des Vertrags – Untersuchung des OLAF – Erstattung von Krankheitskosten – Art. 266 AEUV – In Durchführung eines Urteils des Gerichts ergangene Entscheidung – Sich aus einem Aufhebungsurteil ergebende Maßnahmen – Rechtskraft – Verfahrensfehler – Art. 12 des Anhangs IX des Statuts – Befassung des Disziplinarrats – Verteidigungsrechte – Haftung – Materieller und immaterieller Schaden“ In der Rechtssache T‑669/22, IP, vertreten durch Rechtsanwalt J. Martins, Kläger, gegen Europäische Kommission, vertreten durch M. Brauhoff als Bevollmächtigte, Beklagte, erlässt DAS GERICHT (Neunte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot (Berichterstatter), des Richters H. Kanninen und der Richterin R. Frendo, Kanzler: V. Di Bucci, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, folgendes Urteil (1 ) 1 Mit seiner Klage nach Art. 270 AEUV beantragt der Kläger IP zum einen die Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 18. Januar 2022, gegen ihn die Disziplinarstrafe der fristlosen Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) zu verhängen, und zum anderen den Ersatz des durch diese Entscheidung erlittenen Schadens. I. Vorgeschichte des Rechtsstreits [nicht wiedergegeben] C. Zum ursprünglichen Urteil 13 Mit Klageschrift, die am 21. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Kläger Klage auf Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019. 14 Mit Urteil vom 6. Oktober 2021, IP/Kommission (T‑121/20, im Folgenden: ursprüngliches Urteil, EU:T:2021:665), hob das Gericht diese Entscheidung auf, nachdem es dem sechsten Klagegrund, mit dem der Kläger einen Verstoß gegen Art. 10 Buchst. h des Anhangs IX des Statuts geltend gemacht hatte, wonach bei der Feststellung, wie schwer das Dienstvergehen wiegt und welche Disziplinarstrafe angemessen ist, insbesondere der Frage Rechnung getragen werden muss, „ob das Dienstvergehen mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist“, stattgegeben hatte, ohne die anderen Klagegründe zu prüfen. 15 Das Gericht stellte hierzu fest, dass Art. 26 des Statuts eine Reihe von Garantien zum Schutz des Beamten vorsieht, mit denen verhindert wird, dass Entscheidungen der Verwaltung, die sein Dienstverhältnis betreffen, auf Tatsachen gestützt werden, die keinen Eingang in seine Personalakte gefunden haben. In Anbetracht der wesentlichen Rolle der Personalakte bei Schutz und Unterrichtung des Beamten befand es, dass eine Disziplinarentscheidung, auch wenn sie zuvor in die Personalakte eines Beamten aufgenommen wurde, diesem nicht entgegengehalten werden oder gegen ihn verwendet werden darf, wenn sämtliche diese Entscheidung betreffenden Vorgänge aus der Personalakte entfernt worden sind. 16 Das Gericht fügte hinzu, dass das Recht der Verwaltung, sich auf eine Disziplinarentscheidung zu stützen, die aus der Personalakte eines Beamten entfernt wurde, um auf eine wiederholte Handlung im Sinne von Art. 10 des Anhangs IX des Statuts zu schließen, darauf hinausliefe, Art. 27 dieses Anhangs in dieser Hinsicht seine praktische Wirksamkeit zu nehmen. 17 Daraus folgerte das Gericht, dass die Entscheidung vom 21. August 2019, die sich unter dem Gesichtspunkt der wiederholten Handlung auf eine Disziplinarstrafe stützte, die aus der Personalakte des betroffenen Beamten entfernt worden war, nachdem einem vom Kläger nach Art. 27 des Anhangs IX des Statuts gestellten Antrag auf Entfernung dieser Entscheidung aus dieser Personalakte stattgegeben worden war, die Rechte verletzte, die das Statut den Beamten garantieren. D. Zur Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens nach dem ursprünglichen Urteil und zum Vorverfahren 18 Zur Durchführung des ursprünglichen Urteils wurde der Kläger zu einer erneuten Anhörung vor dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde geladen, das sich aus der Generaldirektorin der GD „Humanressourcen und Sicherheit“, dem Generaldirektor der GD „Wirtschaft und Finanzen“ und dem stellvertretenden Generaldirektor der GD „Regionalpolitik“ der Kommission (im Folgenden: Dreiergremium der Einstellungsbehörde) zusammensetzte. 19 Am 3. Dezember 2021 fand die Anhörung per Videokonferenz statt. Der Kläger wurde dort durch seinen Rechtsanwalt vertreten. 20 Am 18. Januar 2022 erließ das Dreiergremium der Einstellungsbehörde die angefochtene Entscheidung, mit der es gegen den Kläger die Disziplinarstrafe der fristlosen Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses verhängte. 21 In der angefochtenen Entscheidung führte das Dreiergremium der Einstellungsbehörde aus, dass dem Kläger vorgeworfen werde, beim Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche der Kommission (im Folgenden: PMO) zwei Anträge auf Erstattung von Krankheitskosten gestellt zu haben, die nicht den tatsächlich bezahlten Beträgen oder den tatsächlich erhaltenen Behandlungen entsprächen (Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung). Dies wurde als „versuchter Betrug am Haushalt der Europäischen Union“ gewertet, was aus Sicht des Dreiergremiums der Einstellungsbehörde eine besonders schwere Verfehlung darstellte (Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich setzte das Dreiergremium der Einstellungsbehörde die zu verhängende Disziplinarstrafe gemäß den Kriterien von Art. 10 des Anhangs IX des Statuts fest (Rn. 39 bis 52 der angefochtenen Entscheidung). [nicht wiedergegeben] II. Anträge der Parteien 24 Der Kläger beantragt, – die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben; – die Kommission zu verurteilen, ihm als Schadensersatz einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag zu bezahlen; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 25 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Aufhebungsklage [nicht wiedergegeben] 3. Zur Begründetheit [nicht wiedergegeben] a) Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Rechtskraft und Verstoß gegen die Grundsätze der guten Verwaltung, des Vertrauensschutzes und ne bis in idem nach Art. 50 der Charta, sowie Verletzung der Fürsorge- und Begründungspflicht [nicht wiedergegeben] 2) Zur Verletzung der Rechtskraft sowie zum Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und ne bis in idem [nicht wiedergegeben] i) Zur Verletzung der Rechtskraft 53 Der Kläger macht geltend, dass aus dem Rechtsfehler, auf den sich die Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019 durch das ursprüngliche Urteil gegründet habe, die Aufhebung des gesamten Disziplinarverfahrens folge. Im Wesentlichen führt er dazu aus, das Dreiergremium der Einstellungsbehörde habe die Rechtskraft des ursprünglichen Urteils verletzt, indem es das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen habe und sich dabei auf dieselben Tatsachen und Gründe wie das dem Erlass der Entscheidung vom 21. August 2019 zugrunde liegende Disziplinarverfahren gestützt habe. Die Kommission habe das ursprüngliche Urteil bei dessen Durchführung rechtsfehlerhaft dahin ausgelegt, dass das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen werden könne, obwohl dies ohne das Vorliegen neuer Tatsachen nicht möglich sei. 54 Die Kommission bestreitet das klägerische Vorbringen. 55 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob das gesamte oder nur ein Teil des Verfahrens von der Rechtswidrigkeit betroffen ist, die zur Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019 geführt hat, von der Frage unabhängig ist, auf die sich der vorliegende Teil des ersten Klagegrundes gründet, nämlich, ob das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen werden durfte. Soweit die Prüfung des zweiten Klagegrundes, der die fehlende erneute Befassung des Disziplinarrats zum Gegenstand hat, die Feststellung erlaubt, ab welchem Stadium das Disziplinarverfahren – sofern eine Wiederaufnahme möglich ist – wieder aufgenommen werden konnte, ergibt sich daraus die Antwort auf die erste dieser Fragen. Sie wird daher im Rahmen des zweiten Klagegrundes geprüft. 56 Nach ständiger Rechtsprechung erlangen die von den Unionsgerichten erlassenen Nichtigkeitsurteile Rechtskraft, sobald sie unanfechtbar geworden sind. Diese erstreckt sich nicht nur auf den Tenor des Nichtigkeitsurteils, sondern auch auf die Gründe, die den Tenor tragen und daher von diesem nicht zu trennen sind (vgl. Urteil vom 29. November 2018, National Iranian Tanker Company/Rat, C‑600/16 P, EU:C:2018:966, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 13. Dezember 2018, Kakol/Kommission, T‑641/16 RENV und T‑137/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:958, Rn. 74). 57 Die Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich jedoch lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der Entscheidung waren (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Kakol/Kommission, T‑641/16 RENV und T‑137/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:958, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58 Ein Organ, dessen Handlung vom Gericht für nichtig erklärt wurde, hat nach Art. 266 Abs. 1 AEUV die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 56). 59 Art. 266 AEUV konkretisiert jedoch nicht, welche Maßnahmen das betreffende Organ insoweit zu ergreifen hat, so dass es dem Organ obliegt, sie zu bestimmen (vgl. Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 60 Um seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV nachzukommen, hat das Organ, dem das vom Unionsrichter für nichtig erklärte Handeln anzulasten ist, nach dem ihm zustehenden Ermessen und unter Beachtung sowohl des Tenors und der Gründe des durchzuführenden Urteils als auch der Bestimmungen des Unionsrechts festzulegen, welche Maßnahmen zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils erforderlich sind. Insbesondere ist das Organ verpflichtet, nicht nur den Tenor des Urteils zu beachten, sondern auch die Gründe, die zu diesem geführt haben und die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung der genauen Bedeutung des Tenors unerlässlich sind. Diese Gründe lassen nämlich die spezifischen Gründe der im Tenor festgestellten Rechtswidrigkeit erkennen, die das betroffene Organ bei der Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes zu beachten hat (vgl. Urteil vom 10. November 2021, Di Bernardo/Kommission, T‑41/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:778, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 61 Außerdem verpflichtet Art. 266 AEUV das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln anzulasten ist, nur innerhalb der Grenzen dessen, was erforderlich ist, um das Nichtigkeitsurteil durchzuführen (vgl. Urteil vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 62 Im vorliegenden Fall hat das Gericht im ursprünglichen Urteil entschieden, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde einen Rechtsfehler begangen hatte, als es sich in seiner Entscheidung vom 21. August 2019 unter dem Gesichtspunkt der wiederholten Handlung auf einen Verweis stützte, der gegen den Kläger vor den Handlungen ausgesprochen worden war, die den Gegenstand dieser Entscheidung bilden, obwohl einem Antrag des Klägers stattgegeben worden war, sämtliche diese Strafe betreffenden Vorgänge aus seiner Personalakte zu entfernen. Nach Ansicht des Gerichts hat dieser Rechtsfehler das Dreiergremium der Einstellungsbehörde dazu veranlasst, diese Disziplinarstrafe rechtsfehlerhaft unter dem Gesichtspunkt der wiederholten Handlung nach Art. 10 Buchst. h des Anhangs IX des Statuts als erschwerenden Umstand zu werten, der bei der Festlegung der Disziplinarstrafe eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Daher stellte das Gericht fest, dass der fragliche Rechtsfehler zur Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019 führte. 63 Aus dem ursprünglichen Urteil geht hervor, dass das Gericht die Entscheidung vom 21. August 2019 deshalb aufgehoben hat, weil das Dreiergremium der Einstellungsbehörde Handlungen rechtsfehlerhaft unter dem Gesichtspunkt der wiederholten Handlung berücksichtigt hatte, die vor den vorgeworfenen Handlungen begangen worden waren und von denen es aufgrund eines Dokuments Kenntnis erlangt hatte, das in der Personalakte des Klägers enthalten war, obwohl es daraus hätte entfernt werden müssen. Die Berücksichtigung dieser Handlungen hatte Einfluss auf die Festlegung der Disziplinarstrafe, die diese Behörde gegen den Kläger verhängte. Dagegen äußerte sich das Gericht weder zur Richtigkeit des dem Kläger vorgeworfenen Sachverhalts, der Gegenstand der beiden nacheinander verhängten Disziplinarstrafen war, noch über die Rechtmäßigkeit der weiteren Gründe dieser Entscheidung. 64 Das Gericht hat daher die Rechtswidrigkeit der Begründung dieser Entscheidung nur insoweit festgestellt, als sich die Kommission auf das Kriterium der wiederholten Handlung gestützt hatte. 65 Daraus folgt, dass der rechtskräftige Tenor dieses Urteils und die ihn tragenden rechtskräftigen Gründe einer Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens und der erneuten Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht entgegenstanden, die sich auf Handlungsvorwürfe gründet, die von diesem Urteil nicht in Frage gestellt wurden. 66 Dagegen war es dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde für den Fall, dass eine neue Entscheidung erlassen wird, durch das ursprüngliche Urteil verwehrt, diese auf dieselben oben in Rn. 63 angeführten Gründe zu stützen, die auf dem Kriterium der wiederholten Handlung beruhten. 67 Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch nicht hervor, dass sich das Dreiergremium der Einstellungsbehörde auf solche Gründe gestützt hat. Wie aus Rn. 21 oben hervorgeht, wurde dem Kläger in der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen, beim PMO zwei Anträge auf Erstattung von Krankheitskosten gestellt zu haben, die nicht den tatsächlich bezahlten Beträgen oder den tatsächlich erhaltenen Behandlungen entsprachen. Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde wertete dies als „versuchten Betrug am Haushalt der Europäischen Union“, was seiner Ansicht nach eine besonders schwere Verfehlung darstellte. Die Disziplinarstrafe setzte es anhand der in Art. 10 des Anhangs IX des Statuts festgelegten Kriterien fest, wobei es das Kriterium der wiederholten Handlung ausdrücklich mit der Begründung unberücksichtigt ließ, dass die Entscheidung vom 19. November 2010 nicht mehr in der Personalakte des Klägers enthalten sei. 68 Mithin hat das Dreiergremium der Einstellungsbehörde die gegen den Kläger vor den vorgeworfenen Handlungen verhängte Disziplinarstrafe des Verweises nicht gewertet. 69 Daher kann festgestellt werden, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde durch die Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens die Rechtskraft des ursprünglichen Urteils nicht verletzt hat. Die Rüge des Klägers, das Dreiergremium der Einstellungsbehörde habe das ursprüngliche Urteil missachtet, ist daher zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] b) Zum zweiten Klagegrund: keine erneute Befassung des Disziplinarrats 93 Mit seinem zweiten Klagegrund wirft der Kläger der Kommission vor, sie habe es versäumt, im Anschluss an die Verkündung des ursprünglichen Urteils und der Wiederaufnahme des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens den Disziplinarrat durch die Übermittlung eines neuen Berichts zu befassen. Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde habe dadurch, dass es die angefochtene Entscheidung auf die Stellungnahme des Disziplinarrats vom 27. April 2018 gestützt habe, in der die nichtige Entscheidung vom 19. November 2010 über den Ausspruch eines Verweises gewertet worden sei, das ursprüngliche Urteil fehlerhaft durchgeführt und gegen mehrere Bestimmungen der Charta und des EU-Vertrags verstoßen. 94 Hilfsweise, für den Fall, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde entschieden habe, das in Rede stehende Disziplinarverfahren auf der Grundlage von Art. 11 des Anhangs IX des Statuts wieder aufzunehmen, wonach keine Befassung des Disziplinarrats erforderlich sei, macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das Dreiergremium der Einstellungsbehörde habe gegen ihn die Disziplinarstrafe der Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht verhängen, sondern nur eine schriftliche Verwarnung oder einen Verweis aussprechen dürfen. 95 Die Kommission erwidert, dass eine erneute Befassung des Disziplinarrats nicht erforderlich gewesen sei. Zunächst habe sich der Disziplinarrat bereits zum Sachverhalt geäußert, ohne dass dieser durch das ursprüngliche Urteil in Frage gestellt worden sei. Sodann seien nach Erlass der Entscheidung vom 21. August 2019 keine neuen Tatsachen eingetreten. Schließlich sei es ihr nach dem ursprünglichen Urteil im Hinblick auf die Festlegung der angemessenen Disziplinarstrafe lediglich verwehrt worden, die gegen den Kläger verhängte Disziplinarstrafe des Verweises zu werten. [nicht wiedergegeben] 1) Zur fehlerhaften Durchführung des ursprünglichen Urteils 99 Wie aus Rn. 93 oben hervorgeht, wirft der Kläger der Kommission vor, das ursprüngliche Urteil fehlerhaft durchgeführt zu haben, weil der Disziplinarrat nicht erneut befasst worden sei. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger mit dieser Rüge im Wesentlichen einen Verstoß gegen Art. 266 AEUV geltend macht, da dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde ein Verfahrensfehler unterlaufen sei. 100 Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 11 des Anhangs IX des Statuts, der das Disziplinarverfahren ohne Befassung des Disziplinarrats betrifft, Folgendes bestimmt: „Die Anstellungsbehörde kann ohne Befassung des Disziplinarrates über Strafen wie die Verhängung einer schriftlichen Verwarnung oder eines Verweises beschließen. Bevor eine solche Disziplinarstrafe von der Anstellungsbehörde verhängt wird, ist der betreffende Beamte zu hören.“ 101 Nach Art. 12 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts betreffend die Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Übermittlung eines Berichts an den Disziplinarrat wird „[d]er Disziplinarrat … durch einen Bericht der Anstellungsbehörde befasst, in dem die zur Last gelegten Handlungen und gegebenenfalls die Tatumstände, darunter auch etwaige erschwerende oder mildernde Umstände, eindeutig anzugeben sind.“ 102 Nach Art. 49 Abs. 1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB), auf den sich die Disziplinarstrafe gegen den Kläger teilweise stützt, kann „[d]as Beschäftigungsverhältnis … nach Abschluss des Disziplinarverfahrens gemäß Anhang IX des Statuts, der entsprechend gilt, aus disziplinarischen Gründen fristlos gekündigt werden, wenn der Bedienstete auf Zeit vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten gröblich verletzt.“ 103 Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde hat dadurch, dass es in der angefochtenen Entscheidung eine fristlose Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers ausgesprochen hat, eine Disziplinarstrafe verhängt, die nicht zu denjenigen in Art. 11 des Anhangs IX des Statuts gehört, die es ohne Befassung des Disziplinarrats aussprechen kann. Zudem scheint die Stellungnahme des Disziplinarrats in den Bezugsvermerken der angefochtenen Entscheidung auf. 104 Daher ist festzustellen, dass sich das Dreiergremium der Einstellungsbehörde beim Erlass der angefochtenen Entscheidung auf Art. 12 und nicht auf Art. 11 des Anhangs IX des Statuts gestützt hat. 105 Folglich ist der Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 266 AEUV zu prüfen, wonach das Dreiergremium der Einstellungsbehörde den Disziplinarrat nicht gemäß Art. 12 des Anhangs IX des Statuts befasst habe. 106 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren zur Ersetzung einer für nichtig erklärten Handlung genau an dem Punkt wieder aufzunehmen, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist, während die Nichtigerklärung die vorbereitenden Handlungen nicht notwendigerweise berührt. Die Nichtigerklärung einer Handlung, die ein Verwaltungsverfahren abschließt, das mehrere Phasen umfasst, hat nicht notwendig und unabhängig von den materiellen oder formellen Gründen des Nichtigkeitsurteils die Nichtigkeit des gesamten Verfahrens zur Folge, auf dem die angefochtene Handlung beruht. Bei dem Erlass des ersetzenden Rechtsakts hat das Organ daher auf den Zeitpunkt zurückzugehen, an dem es den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hatte (vgl. Urteil vom 10. November 2021, Di Bernardo/Kommission, T‑41/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:778, Rn. 89 und 90 und die dort angeführte Rechtsprechung). 107 Da der Kläger geltend macht, dass das Verfahren zur Ersetzung der Entscheidung vom 21. August 2019 nicht genau an dem Punkt wieder aufgenommen worden sei, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten sei, ist zu bestimmen, an welchem Punkt diese eingetreten ist, und zu prüfen, ob das Verfahren dort wieder aufgenommen wurde. Zu diesem Zweck muss untersucht werden, ob die Stellungnahme des Disziplinarrats und der Bericht, der diesem übermittelt wurde, von der Rechtswidrigkeit betroffen war, die zur Aufhebung dieser Entscheidung geführt hatte. 108 … Am 25. Juli 2017 befasste die Einstellungsbehörde den Disziplinarrat und übermittelte diesem gemäß Art. 12 des Anhangs IX des Statuts einen Bericht. Mit seiner Stellungnahme vom 16. April 2018 empfahl der Disziplinarrat die fristlose Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers. Am 21. Mai 2019 wurde der Kläger zu einer Anhörung vor dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde geladen, bevor die erste Disziplinarstrafe am 21. August verhängt wurde … 109 Nach Verkündung des ursprünglichen Urteils am 6. Oktober 2021 lud das Dreiergremium der Einstellungsbehörde – wie oben in den Rn. 18 bis 20 ausgeführt geworden ist – zum Zweck der Urteilsdurchführung den Kläger zu einer erneuten Anhörung. Der Kläger reichte mit Schreiben vom 24. November 2021 eine Stellungnahme ein. Am 3. Dezember 2021 fand die Anhörung des Klägers, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, per Videokonferenz statt. Am 18. Januar 2022 erließ die Einstellungsbehörde die angefochtene Entscheidung. 110 In Rn. 6 dieser Entscheidung nimmt das Dreiergremium der Einstellungsbehörde auf die Stellungnahme des Disziplinarrats vom 16. April 2018 Bezug, die es in dieser Randnummer irrtümlich auf den 27. April 2018 datiert. In Rn. 49 der angefochtenen Entscheidung lässt es das vom Disziplinarrat noch angewandte, in Anhang IX des Statuts enthaltene Kriterium der wiederholten Handlung unberücksichtigt und begründet dies damit, dass „die Entscheidung über den Verweis vom 19. November 2010 nicht mehr in der Personalakte [des Klägers] enthalten ist“. 111 Somit hat das Dreiergremium der Einstellungsbehörde nach Verkündung des ursprünglichen Urteils das Disziplinarverfahren im Stadium der Anhörung des Klägers wieder aufgenommen, ohne den Disziplinarrat erneut zu befassen. 112 Wie sich aus Rn. 62 oben ergibt, hat das Gericht im ursprünglichen Urteil entschieden, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde in seiner Entscheidung vom 21. August 2019 einen Rechtsfehler begangen hatte, als es sich unter dem Gesichtspunkt der wiederholten Handlung auf einen Verweis stützte, der gegen den Kläger vor den Handlungen ausgesprochen worden war, die den Gegenstand dieser Entscheidung bilden, obwohl einem Antrag des Klägers stattgegeben worden war, sämtliche diese Strafe betreffenden Vorgänge aus seiner Personalakte zu entfernen. Dieser Rechtsfehler hatte das Dreiergremium der Einstellungsbehörde dazu veranlasst, diese Disziplinarstrafe rechtsfehlerhaft als erschwerenden Umstand zu werten. 113 Aus dem ursprünglichen Urteil ergibt sich, dass der die Entscheidung vom 21. August 2019 betreffende Rechtsfehler, auf dem ihre Aufhebung gründete, vom Dreiergremium der Einstellungsbehörde begangen worden war. 114 Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die fragliche Rechtswidrigkeit erst im letzten Stadium des Verfahrens eingetreten ist, an dem das Dreiergremium der Einstellungsbehörde beteiligt war, d. h. bei Erlass der Entscheidung vom 21. August 2019 (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Oktober 2008, Tzirani/Kommission, F‑46/07, EU:F:2008:129, Rn. 68). 115 Hierzu ist zum einen festzustellen, dass in dem Bericht, den die Einstellungsbehörde dem Disziplinarrat zum Zweck seiner Befassung übermittelt hatte, der mit der Entscheidung vom 19. November 2010 gegen den Kläger ausgesprochene Verweis erwähnt wurde. Die genannte Entscheidung war dem Bericht beigefügt, in dem das Dreiergremium der Einstellungsbehörde dieser Fragestellung fünf Absätze widmete, da sie ihres Erachtens die disziplinarrechtliche Vergangenheit des Klägers darstellte. Es wies darin darauf hin, dass der Umstand, dass der Kläger im vorliegenden Fall in ähnlicher Weise gehandelt habe, zeige, dass er aus dieser früheren Disziplinarstrafe nichts gelernt habe und seine persönlichen Interessen weiterhin über die Interessen des Organs stelle. Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde kam zu dem Ergebnis, dass diese Handlung einen erschwerenden Umstand darstelle. 116 Nach der Schlussfolgerung des Berichts hatte der Kläger, indem er zwei Anträge auf Erstattung von Krankheitskosten gestellt habe, die nicht den tatsächlich bezahlten Beträgen oder den tatsächlich erhaltenen Behandlungen entsprächen, schwerwiegend gegen die Art. 11 und 12 des Statuts verstoßen und durch dieses Verhalten, beurteilt im Licht eines ihm zuvor vorgeworfenen Disziplinarvergehens, das notwendige persönliche Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Anstellungsorgan endgültig zerstört. Somit beruhte die Schlussfolgerung des Berichts nicht nur auf der Schwere der Handlungen, sondern auch auf der Feststellung der wiederholten Handlung. 117 Zum anderen geht aus der Stellungnahme des Disziplinarrats hervor, dass dieser die mit der Entscheidung vom 19. November 2010 gegen den Kläger verhängte Disziplinarstrafe berücksichtigt hat. In den Rn. 94 und 95 dieser Stellungnahme hielt der Disziplinarrat nämlich fest, dass mit dieser Entscheidung gegen den Kläger ein Verweis aufgrund eines mit den hier verfahrensgegenständlichen Handlungen gleichartigen Betrugs ausgesprochen worden sei, und wertete diesen Umstand als wiederholte Handlung. Wie sich aus den Rn. 97 und 98 der Stellungnahme des Disziplinarrats ergibt, hatte der Kläger nach Einschätzung des Disziplinarrats das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Kommission zerstört, weshalb im vorliegenden Fall die fristlose Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses die angemessene Disziplinarstrafe sei. 118 Der Bericht zur Befassung des Disziplinarrats und dessen Stellungnahme sind daher von der Rechtswidrigkeit betroffen, die zur Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019 geführt hatte. 119 Daraus folgt, dass die Rechtswidrigkeit im Stadium der Übermittlung des Berichts der Einstellungsbehörde an den Disziplinarrat eingetreten ist. 120 Die Kommission macht jedoch geltend, dass die Stellungnahme des Disziplinarrats für das Dreiergremium der Einstellungsbehörde nicht verbindlich sei. Sie führt dazu im Wesentlichen aus, dass der Umstand, dass diese Stellungnahme das Kriterium der wiederholten Handlung berücksichtige, keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung habe. Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde verfüge im vorliegenden Fall, in dem seit Erlass der Entscheidung vom 21. August 2019 keine neuen Tatsachen eingetreten seien und in dem es aufgrund der Aufhebung dieser Entscheidung lediglich das Kriterium der wiederholten Handlung nicht habe werten dürfen, über einen Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Zweckmäßigkeit einer erneuten Befassung des Disziplinarrats. Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde könne vor diesem Hintergrund die angemessene Disziplinarstrafe allein festlegen. 121 Wie eine systematische Auslegung des Statuts, insbesondere der Art. 18, 22 und 25 des Anhangs IX des Statuts ergibt, handelt es sich beim Disziplinarrat um ein beratendes Organ, und seine Stellungnahme ist für die Disziplinarbehörde im Hinblick auf die Richtigkeit der vorgeworfenen Tatsachen nicht bindend (Urteile vom 3. Juni 2015, Bedin/Kommission, F‑128/14, EU:F:2015:51, Rn. 23 bis 29, und vom 10. Juni 2016, HI/Kommission, F‑133/15, EU:F:2016:127, Rn. 147 und 148; vgl. auch Urteil vom 29. Januar 1985, F./Kommission, 228/83, EU:C:1985:28, Rn. 16). 122 Darüber hinaus liegt es im Ermessen der Einstellungsbehörde, die Verantwortlichkeit des Beamten anders als der Disziplinarrat zu beurteilen und anschließend die Disziplinarstrafe zu wählen, die sie zur Ahndung der festgestellten disziplinarischen Verfehlungen für angemessen hält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2019, DK/EAD, T‑217/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:571, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). 123 Folglich ist die Stellungnahme des Disziplinarrats für das Dreiergremium der Einstellungsbehörde nicht bindend. 124 Gleichwohl stellt die Befassung des Disziplinarrats für die Einstellungsbehörde eine Verfahrenspflicht dar. 125 Als Erstes ist daran zu erinnern, dass, wenn das Disziplinarverfahren die Beteiligung des Disziplinarrats vorsieht, d. h., wenn die Einstellungsbehörde unter Berücksichtigung der Art. 3 und 11 des Anhangs IX des Statuts ein Disziplinarverfahren einleitet und dabei in Betracht zieht, dass es zur Verhängung einer höheren Strafe als einer schriftlichen Verwarnung oder eines Verweises führen könnte, diese Beteiligung ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens ist, weil es zum einen – eventuell unter Durchführung einer ergänzenden Untersuchung – der Zeitpunkt für eine eingehende kontradiktorische Erörterung ist, und zum anderen, weil die Einstellungsbehörde anschließend unter Berücksichtigung der Arbeit des Disziplinarrats entscheidet, d. h. unter Berücksichtigung seiner mit Mehrheit verabschiedeten, mit Gründen versehenen Stellungnahme sowie der möglicherweise geäußerten abweichenden Meinung bestimmter Mitglieder, wie es sich aus den Art. 12 bis 18 des genannten Anhangs ergibt. Wenn die Einstellungsbehörde von der Stellungnahme des Disziplinarrats abweicht, muss sie daher die Gründe dafür substantiiert darlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2021, HG/Kommission, T‑693/16 P RENV‑RX, EU:T:2021:895, Rn. 170 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass die Stellungnahme des Disziplinarrats selbst Gegenstand eines zulässigen Aufhebungsantrags sein kann (Urteil vom 29. Januar 1985, F./Kommission, 228/83, EU:C:1985:28, Rn. 16). 126 Somit ist die Beteiligung des Disziplinarrats, wenn dieser wie im vorliegenden Fall angerufen werden muss, eine wesentliche Formvorschrift des Verfahrens; der am Ende dieses Verfahrens mit einer Strafe belegte Beamte muss dessen Stellungnahme grundsätzlich anfechten können, wenn die Anstellungsbehörde die Beurteilung der Tatsachen durch den Disziplinarrat für ihre Zwecke übernimmt (Urteil vom 15. Dezember 2021, HG/Kommission, T‑693/16 P RENV‑RX, EU:T:2021:895, Rn. 170). 127 Als Zweites stellt das Recht jedes Bediensteten auf Prüfung seiner Disziplinarakte durch den Disziplinarrat und darauf, dass diesem sämtliche vorgeworfene Handlungen und die Umstände, in denen diese begangen wurden, zur Kenntnis gebracht werden, eine wesentliche Garantie für die Wahrung der Verteidigungsrechte dar (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Januar 1995, D/Kommission, T‑549/93, EU:T:1995:15, Rn. 48). 128 Das Bestehen eines solchen Rechts wird durch mehrere im Statut vorgesehene Garantien bestätigt, die einem Bediensteten im Rahmen des Disziplinarverfahrens zustehen. 129 Erstens ist der Disziplinarrat nach Art. 6 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts ein paritätisch besetztes Organ (Urteil vom 26. Januar 1995, D/Kommission, T‑549/93, EU:T:1995:15, Rn. 48). Zudem bestimmt Art. 6 Abs. 5 des Anhangs IX des Statuts, dass der „betreffende Beamte ein Mitglied des Disziplinarrates ablehnen [kann].“ 130 Zweitens ist der Disziplinarrat eine Einrichtung, vor dem sich der Bedienstete verteidigen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Januar 1995, D/Kommission, T‑549/93, EU:T:1995:15, Rn. 48). Hierfür stehen ihm Verfahrensgarantien zu. Nach Art. 16 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts wird der Bedienstete nämlich „vom Disziplinarrat gehört; dabei kann er sich schriftlich oder mündlich äußern, entweder persönlich oder durch einen von ihm bestimmten Vertreter“ und „[e]r kann Zeugen benennen.“ 131 Zudem steht dem Bediensteten nach Art. 13 Abs. 2 des Anhangs IX des Statuts vom Zeitpunkt des Erhalts des Berichts an, mit dem das in Art. 12 Abs. 2 dieses Anhangs geregelte Disziplinarverfahren eröffnet wird, zur Vorbereitung seiner Verteidigung eine Frist von mindestens 15 Tagen zur Verfügung. In diesem Zusammenhang hat er Anspruch auf vollständige Einsicht in seine Personalakte (Art. 13 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts) und auf Beistand einer von ihm gewählten Person (Art. 13 Abs. 3 des Anhangs IX des Statuts). 132 Im vorliegenden Fall hat das Dreiergremium der Einstellungsbehörde den Disziplinarrat nicht erneut befasst, obwohl es ihn ursprünglich angerufen und ihm einen Bericht übermittelt hatte, der von der vom Gericht im ursprünglichen Urteil festgestellten Rechtswidrigkeit betroffen war. Indem sich das Dreiergremium der Einstellungsbehörde darauf beschränkte, den Inhalt dieser Stellungnahme außer Betracht zu lassen, obwohl es aus diesem Urteil ableiten konnte, dass sie gleichermaßen von der Rechtswidrigkeit, die zur Aufhebung der Entscheidung vom 21. August 2019 geführt hatte, betroffen war, verwehrte das Dreiergremium der Einstellungsbehörde dem Disziplinarrat die Möglichkeit, bei der Abgabe seiner Stellungnahme zu berücksichtigen, dass die Entscheidung vom 19. November 2010 aus der Personalakte des Klägers entfernt worden war. Durch dieses Vorgehen nahm dieses Gremium daher dem Disziplinarrat die Möglichkeit, nur jene Umstände zu berücksichtigen, unter denen die dem Kläger vorgeworfenen Handlungen begangen worden waren, und deren Schwere zu beurteilen. 133 Folglich ließ zum einen das Dreiergremium der Einstellungsbehörde es nicht zu, dass die eingehende kontradiktorische Erörterung, zur der das Verfahren vor dem Disziplinarrat berechtigt, in voller Kenntnis der für diesen verfügbaren Informationen stattfindet, und nahm dem Kläger die Garantien, die es ihm ermöglichen, die Wahrung seiner Verteidigungsrechte zu gewährleisten. 134 Zum anderen nahm das Dreiergremium der Einstellungsbehörde dem Disziplinarrat die Möglichkeit, eine Disziplinarstrafe zu empfehlen, die auf einer Wertung der spezifischen faktischen Umstände beruht, aufgrund deren er befasst worden war. Dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde konnte daher vom Disziplinarrat keine Disziplinarstrafe empfohlen werden, bei der die Gründe des ursprünglichen Urteils und die genannten Umstände berücksichtigt wurden. 135 Die Wahrung der Verteidigungsrechte ist ein tragender Grundsatz des Unionsrechts, der für alle Personen gilt und in allen Verfahren gewahrt werden muss, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2021, Bernaldo de Quirós/Kommission, C‑583/19 P, EU:C:2021:844, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung); die Befassung des Disziplinarrats stellt eine wesentliche Formvorschrift dar. Daher ist es für die dem Dreiergremium der Einstellungsbehörde obliegende Pflicht, zur Durchführung des ursprünglichen Urteils und nach den Bestimmungen des Anhangs IX des Statuts den Disziplinarrat durch Übermittlung eines neuen Berichts zu befassen, in dessen Inhalt die Gründe des ursprünglichen Urteils berücksichtigt werden, unerheblich, dass die Stellungnahme an das Dreiergremium der Einstellungsbehörde keinen verbindlichen Charakter hat (siehe oben, Rn. 123). Das Dreiergremium der Einstellungsbehörde verfügte insoweit über kein Ermessen. 136 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Einstellungsbehörde bei der Durchführung des ursprünglichen Urteils verpflichtet war, das Verfahren im Stadium der Befassung des Disziplinarrats wieder aufzunehmen. Sie durfte daher nicht, wie im vorliegenden Fall geschehen, das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen. 137 Daraus folgt, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde eine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Art. 12 des Anhangs IX des Statuts verletzt hat, indem es den Disziplinarrat nicht erneut angerufen hat. Aufgrund dieser Verletzung hat es somit die ihm durch Art. 266 AEUV obliegende Pflicht zur Durchführung des ursprünglichen Urteils nicht erfüllt und folglich gegen diese Bestimmung verstoßen. 138 Die Kommission macht jedoch geltend, dass nach der Rechtsprechung ein Verfahrensfehler die Aufhebung einer Entscheidung nur dann rechtfertigen könne, wenn das betreffende Verwaltungsverfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Der Kläger habe jedoch nicht nachgewiesen, dass eine erneute Befassung des Disziplinarrats geeignet gewesen wäre, den Ausgang des in Rede stehenden Disziplinarverfahrens zu ändern. 139 Wie sich jedoch aus Rn. 126 des vorliegenden Urteils ergibt, hat die Beteiligung des Disziplinarrats im Disziplinarverfahren den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift. 140 Nach der Rechtsprechung führt die Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift aber unabhängig von der Frage, ob diese Verletzung der Partei, die einen solchen Verstoß geltend macht, einen Schaden zugefügt hat oder ob das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, zur Nichtigerklärung des fehlerhaften Rechtsakts (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Gordon/Kommission, C‑198/07 P, EU:C:2008:761, Rn. 73 und 74, vom 23. März 2000, Gogos/Kommission, T‑95/98, EU:T:2000:85, Rn. 53 und 54, sowie vom 11. November 2014, De Nicola/EIB, F‑52/11, EU:F:2014:243, Rn. 145; vgl. auch entsprechend Urteil vom 6. April 2022, Mead Johnson Nutrition [Asia Pacific] u. a./Kommission, T‑508/19, EU:T:2022:217, Rn. 290). 141 Daher war der Kläger nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass eine erneute Anhörung des Disziplinarrats geeignet gewesen wäre, den Ausgang des in Rede stehenden Disziplinarverfahrens zu ändern. 142 Daraus folgt, dass das Dreiergremium der Einstellungsbehörde gegen Art. 266 AEUV und Art. 12 des Anhangs IX des Statuts verstoßen hat. Dem zweiten Klagegrund ist stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass der dritte Klagegrund geprüft zu werden braucht. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Neunte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 18. Januar 2022, gegen IP die Disziplinarstrafe der fristlosen Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses zu verhängen, wird aufgehoben. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Truchot Kanninen Frendo Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. Oktober 2024. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Portugiesich. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Zehnte erweiterte Kammer) vom 18. September 2024.#Google LLC und Alphabet Inc. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Alleinbezugsverpflichtung – Vertragliche Beschränkungen.#Rechtssache T-334/19.
62019TJ0334
ECLI:EU:T:2024:634
2024-09-18T00:00:00
Gericht
Vorläufige Fassung URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer) 18. September 2024(*) „ Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Alleinbezugsverpflichtung – Vertragliche Beschränkungen “ In der Rechtssache T‑334/19, Google LLC mit Sitz in Mountain View, Kalifornien (Vereinigte Staaten), Alphabet, Inc. mit Sitz in Mountain View, vertreten durch Rechtsanwältin C. Jeffs sowie J. Holmes, KC, und J. Williams, Barrister, Klägerinnen, unterstützt durch Surfboard Holding BV mit Sitz in Zeist (Niederlande), vertreten durch E. Batchelor, Solicitor, und Rechtsanwältin G. de Vasconcelos Lopes, und durch Vinden.NL BV mit Sitz in Rijseen (Niederlande), vertreten durch Rechtsanwälte B. Nijhof und N. Strous, Streithelferinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan, A. Dawes, T. Franchoo und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Beklagte, erlässt DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer), zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov, des Richters E. Buttigieg, der Richterin K. Kowalik-Bańczyk (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Hesse und D. Petrlík, Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, auf die mündliche Verhandlung vom 2., 3. und 4. Mai 2022 folgendes Urteil 1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragen die Google LLC (vormals Google Inc.) und ihre Muttergesellschaft, die Alphabet Inc. (im Folgenden zusammen: Google), in erster Linie die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2019) 2173 final der Kommission vom 20. März 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.40411 – Google Search [AdSense]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) und hilfsweise die Aufhebung oder Herabsetzung der in diesem Beschluss verhängten Geldbuße. I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits 2        Google ist ein Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche, das auf Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Internet spezialisiert und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) tätig ist. Sie ist vor allem für ihre allgemeine Suchmaschine bekannt, die es den Internetnutzern ermöglicht, mit dem von ihnen benutzten Browser und mittels Hyperlinks die Internetseiten zu finden und zu erreichen, die ihren Bedürfnissen entsprechen. 3        Die unter der Adresse www.google.com oder unter ähnlichen Adressen mit landesspezifischer Erweiterung zugängliche Suchmaschine von Google liefert Suchergebnisse auf Seiten, die auf den Bildschirmen der Internetnutzer angezeigt werden. Die Suchmaschine wählt diese Ergebnisse entweder anhand allgemeiner Kriterien aus, ohne dass die Websites, auf die sie verweisen, an Google eine Vergütung dafür zahlen, dass sie angezeigt werden, oder nach einer speziellen Logik für die jeweilige Art der durchgeführten Suche, wobei letztere Ergebnisse auch unabhängig von Zahlungen der Websites sein können, auf die sie verweisen. 4        Auf den Ergebnisseiten von Google erscheinen auch Ergebnisse, die von Zahlungen der Websites, auf die sie verweisen, abhängig sind. Diese Ergebnisse, die üblicherweise als „Anzeigen“ (oder auf Englisch abgekürzt als „ads“) bezeichnet werden, weisen ebenfalls einen Bezug zu der vom Internetnutzer durchgeführten Suche auf und werden von den natürlichen Ergebnissen einer allgemeinen oder spezialisierten Suchabfrage unterschieden, z. B. durch die Wörter „Anzeige“ oder „gesponsert“. Ihre Einblendung ist an Zahlungsverpflichtungen der Werbetreibenden gebunden, die diese im Rahmen von Auktionen eingehen, die über die Auktionsplattform von Google abgewickelt werden. A.      Zu den Dienstleistungen und Verträgen von Google für die Online-Suchmaschinenwerbung 5        Seit 2003 betreibt Google auch eine Plattform für die Vermittlung von Werbung namens AdSense. Google hat in diesem Zusammenhang verschiedene Dienste entwickelt, darunter insbesondere einen Dienst zur Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung, der AdSense for Search (im Folgenden: AFS) genannt wird. AFS ermöglicht es Drittanbietern, die von Google unabhängig sind und Websites betreiben, die integrierte Suchmaschinen enthalten, Werbung im Zusammenhang mit der Online-Suche von Google zu schalten, wenn Nutzer auf ihren Internetseiten suchen. 6        So ermöglichen die Anbieter von Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung (im Folgenden „Vermittler“) den Website-Betreibern die Anzeige von Werbung im Zusammenhang mit Online-Suchen, die Nutzer auf Websites mit einer integrierten Suchmaschine durchführen. Auf diese Weise können die Vermittler und die Website-Betreiber die Einnahmen aus der Einblendung dieser Werbung untereinander aufteilen. 7        Bei AFS mussten die Werbetreibenden ihre Werbung mit Stichwörtern verknüpfen, von denen anzunehmen war, dass die Nutzer der betreffenden Websites sie bei einer Online-Suche verwenden würden. Um zu bestimmen, welche Werbetreibenden ihre Werbung als Antwort auf eine Online-Suche anzeigen lassen konnten, berücksichtigte Google hauptsächlich zum einen den Preis, den zu zahlen sich jeder dieser Werbetreibenden in einer hierfür vorgesehenen Auktion bereit erklärt hatte, und zum anderen die Relevanz dieser Werbung für die Suchanfrage und damit die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzer diese Werbung anklickt. Der Werbetreibende zahlte den Preis, der sich aus der Einblendung seiner Werbung ergab, nämlich grundsätzlich nur dann, wenn der Nutzer diese Werbung tatsächlich anklickte, so dass die durch eine solche Einblendung erzielten Werbeeinnahmen nicht ausschließlich von der Höhe des jeweiligen Gebots abhingen. 8        Um AFS zu nutzen, hatten die Website-Betreiber mit Google insbesondere zwei Arten von Verträgen geschlossen. 9        Einerseits konnten sie für eine oder mehrere ihrer Websites einen „Online-Vertrag“ abschließen, d. h. einen nicht verhandelbaren Standardvertrag. Google bezeichnete Website-Betreiber, die einen solchen Vertrag abschlossen, als „Online-Partner“. 10      Andererseits konnten die Website-Betreiber für eine oder mehrere ihrer Websites einen „Google-Dienstleistungsvertrag“ (Google Services Agreement, im Folgenden: GSA) abschließen. Im Unterschied zu den Online-Verträgen wurden die GSA mit jedem Website-Betreiber einzeln ausgehandelt. Google bezeichnete die Website-Betreiber, die sich für den Abschluss eines GSA entschieden hatten, als „direkte Partner“. 11      Google erstellte Mustervorlagen für GSA, obwohl es sich bei den GSA um Verträge handelte, die individuell mit den direkten Partnern ausgehandelt wurden. Diese Mustervorlagen wurden mehrfach geändert, unter anderem im März 2009. Außerdem mussten die direkten Partner zum Abschluss eines GSA ein Bestellformular ausfüllen, in dem sie angaben, ob sie AFS oder einen anderen AdSense-Dienst nutzen wollten, und die Adressen der Websites auflisteten, für die sie den oder die gewünschten Dienste nutzen wollten. 12      Bis März 2009 enthielt die GSA-Mustervorlage unter anderem zwei Klauseln. Die erste Klausel (im Folgenden: Ausschließlichkeitsklausel) sah vor, dass der direkte Partner auf den im Bestellformular aufgeführten Websites keinen Dienst verwenden durfte, der mit den von Google im Rahmen des GSA bereitgestellten Diensten identisch oder diesen im Wesentlichen ähnlich war oder mit diesen Diensten in unmittelbarem Wettbewerb stand. Die zweite Klausel (im Folgenden: englische Klausel) sah vor, dass sich – vorbehaltlich der Ausschließlichkeitsklausel – der direkte Partner und Google zu bemühen hatten, einen neues Bestellformular auszuhandeln, bevor sie Kontakt zu einem anderen Anbieter von Online-Suchdiensten oder Werbung aufnahmen. Für den Fall, dass sich der direkte Partner und Google nicht auf ein neues Bestellformular einigen konnten und der direkte Partner beschloss, sich an einen solchen Anbieter zu wenden, sah diese Klausel außerdem vor, dass Google ein Angebot vorlegen konnte, das den von diesem Anbieter angebotenen Bedingungen entsprach. 13      Ab März 2009 enthielt die GSA-Mustervorlage weder die Ausschließlichkeitsklausel noch die englische Klausel. Stattdessen gab es zwei neue Klauseln. Die erste Klausel (im Folgenden: Platzierungsklausel) sah vor, dass der direkte Partner auf Websites, die AFS verwendeten, eine Mindestzahl von Google stammender Online-Suchmaschinenwerbeanzeigen einblenden musste und keine von anderen Vermittlern stammende Werbung (im Folgenden: konkurrierende Werbung) über der von Google stammenden Werbung oder direkt an diese angrenzend einblenden durfte. Die zweite Klausel (im Folgenden: Vorabgenehmigungsklausel) verpflichtete den direkten Partner, vor jeder Änderung der Anzeige von Online-Suchmaschinenwerbung, einschließlich der Anzeige konkurrierender Werbung, auf seinen Ergebnisseiten die Zustimmung von Google einzuholen. Ferner wurde klargestellt, dass Google die Zustimmung nur aus bestimmten Gründen verweigern durfte und die Zustimmung als erteilt galt, wenn Google nicht innerhalb von 15 Werktagen antwortete. 14      Alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, enthielten auch die Platzierungsklausel. Dagegen enthielten nicht alle GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, zwangsläufig auch die Vorabgenehmigungsklausel. 15      Schließlich sah das der GSA-Mustervorlage vom März 2009 entsprechende Bestellformular vor, dass ihm Bildschirmausdrucke der Ergebnisseiten (im Folgenden: Mockups) der in diesem Formular für die Verwendung von AFS aufgelisteten Websites beizufügen waren. Die Mockups mussten die Zahl, das Format und die Platzierung der von Google stammenden Online-Suchmaschinenwerbeanzeigen auf diesen Seiten widerspiegeln. B.      Zum Verwaltungsverfahren 16      Im Januar 2010 leitete das Bundeskartellamt (Deutschland) eine von der Ciao GmbH gegen Google eingereichte Beschwerde an die Europäische Kommission weiter. 17      Am 30. November 2010 leitete die Kommission gegen Google ein Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) ein. 18      Am 31. März 2011, am 30. März 2012 bzw. am 30. Januar 2013 reichten die Microsoft Corporation, die Expedia Inc. und die Initiative for a Competitive Online Marketplace jeweils eine Beschwerde gegen Google ein. 19      Am 13. März 2013 nahm die Kommission eine vorläufige Beurteilung im Sinne von Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) an, die sich u. a. auf die vertraglichen Verpflichtungen bezog, die Google in Bezug auf Werbekampagnen im Zusammenhang mit Online-Suchen auferlegt hatte. 20      Am 3. April 2013, 21. Oktober 2013 und 31. Januar 2014 bot Google der Kommission Verpflichtungszusagen an, um die in der vorläufigen Beurteilung geäußerten Bedenken auszuräumen. 21      Am 16. Mai 2014 bzw. 2. Juli 2015 reichten die Deutsche Telekom AG sowie [vertraulich](1) und ihre Tochtergesellschaft, [vertraulich], jeweils eine Beschwerde gegen Google ein. 22      Am 21. April 2016 wurden die Beschwerden von Microsoft und Ciao gegen Google zurückgezogen. 23      Am 14. Juli 2016 beschloss die Kommission, das Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 in Bezug auf die in den GSA vorgesehenen Ausschließlichkeits‑, Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln einzuleiten. Am selben Tag nahm sie eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gemäß Art. 10 dieser Verordnung an, in der sie Google mitteilte, dass diese Klauseln einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen und folglich gegen Art. 102 AEUV verstoßen könnten. 24      Am 9. September 2016 teilte Google der Kommission mit, dass sie alle direkten Partner angeschrieben und ihnen mitgeteilt habe, dass sie auf die Anwendung der Ausschließlichkeits- und Vorabgenehmigungsklauseln insgesamt sowie auf einige Bestimmungen der Platzierungsklausel verzichte. 25      Am 20. März 2019 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss. C.      Zum angefochtenen Beschluss 26      Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass Google drei verschiedene Zuwiderhandlungen gegen Art. 102 AEUV begangen habe, die zusammen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung darstellten. Daher verurteilte sie die Google LLC – zum Teil gesamtschuldnerisch mit der Alphabet Inc. – zur Zahlung einer Geldbuße. 1.      Zur Marktabgrenzung 27      Die Kommission war der Ansicht, dass die nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung und der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR für die Zwecke ihrer Analyse getrennte relevante Märkte darstellen. a)      Zu den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung 1)      Zum Produktmarkt 28      Die Kommission war der Ansicht, dass die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung, d. h. von Online-Anzeigen, die im Anschluss an Suchanfragen von Nutzern auf mit einer Suchmaschine ausgestatteten Websites eingeblendet werden, einen eigenständigen Produktmarkt darstelle. 29      Die Kommission erklärte, dass dieser Markt dadurch gekennzeichnet sei, dass die Plattformen für Online-Suchmaschinenwerbung die von den Nutzern durchgeführten Suchanfragen mit relevanter, auf diese Suchanfragen bezogener Werbung verknüpften. Sie stellte außerdem fest, dass auf diesem Markt die Nachfrageseite aus Nutzern und Werbetreibenden bestehe und die Angebotsseite aus den Betreibern von Plattformen für Online-Suchmaschinenwerbung. Diese Plattformen benötigten den Erläuterungen der Kommission zufolge einen allgemeinen Suchdienst, die Technologie, um die Suchanfragen der Nutzer mit relevanten Werbeanzeigen zu verknüpfen, die sich auf diese Suchanfragen bezogen, und einen ausreichend großen Stamm von Werbetreibenden, um mit anderen Plattformen für Online-Suchmaschinenwerbung in Wettbewerb zu treten. 30      Um zu dem Schluss zu kommen, dass der Markt für Online-Suchmaschinenwerbung ein separater Produktmarkt war, unterschied die Kommission die Online-Suchmaschinenwerbung von drei anderen Arten von Werbung. 31      Erstens war die Kommission der Ansicht, dass Online-Werbung nicht durch Offline-Werbung, wie z. B. im Fernsehen, im Rundfunk oder in Zeitungen geschaltete Werbung, ersetzt werden könne. 32      Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass Online-Suchmaschinenwerbung nicht durch Online-Werbung ersetzt werden könne, die sich nicht auf Online-Suchen beziehe, d. h. durch Werbung, die unmittelbar auf einer Seite einer Website platziert werde und nicht mit einer von den Nutzern durchgeführten Stichwortsuche im Zusammenhang stehe. 33      Drittens war die Kommission der Ansicht, dass Online-Suchmaschinenwerbung nicht durch die Ergebnisse spezialisierter Online-Suchdienste ersetzt werden könne, die kostenpflichtige Verweise auf Produkte und Dienstleistungen von Werbetreibenden enthielten, z. B. auf den allgemeinen Suchseiten von Google über die Dienste „Google Shopping“ und „Google Hotel Finder“. 2)      Zum räumlich relevanten Markt 34      In räumlicher Hinsicht sah die Kommission den Markt für Online-Suchmaschinenwerbung als national an, indem sie nationale Märkte innerhalb des EWR identifizierte. b)      Zum Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR 1)      Zum Produktmarkt 35      Die Kommission stellte fest, dass die Bereitstellung von Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung, d. h. von Diensten, die es wie AFS den Website-Betreibern ermöglichten, Werbeflächen auf ihren Websites an Werbetreibende zu „verkaufen“, die Online-Suchmaschinenwerbung einblenden lassen wollten, einen separaten Produktmarkt darstelle. 36      Erstens war die Kommission der Ansicht, dass zwischen dem – wie es im angefochtenen Beschluss heißt – „Verkauf“ von Online-Werbung im Wege der Vermittlung und dem Verkauf von Online-Werbung unmittelbar durch die Website-Betreiber nur eine begrenzte Substituierbarkeit bestehe. 37      Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass auch zwischen Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung und denen für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung nur eine begrenzte Substituierbarkeit bestehe. 2)      Zum räumlich relevanten Markt 38      Aus geografischer Sicht ging die Kommission davon aus, dass der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung den gesamten EWR umfasste. 2.      Zur beherrschenden Stellung 39      Die Kommission stellte fest, dass Google zum einen auf 30 der 31 nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR in verschiedenen Zeiträumen zwischen 2006 bis 2016 und zum anderen auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR von 2006 bis 2016 eine beherrschende Stellung innegehabt habe. a)      Zu den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung 40      Die Kommission war der Ansicht, dass Google während verschiedener Zeiträume zwischen 2006 und 2016 auf allen nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal eine marktbeherrschende Stellung innegehabt habe, und zwar angesichts der Marktzutritts- und Expansionsschranken und des Fehlens einer kompensierenden Nachfragemacht der Werbetreibenden. 1)      Zu den Marktanteilen 41      Erstens berechnete die Kommission die Marktanteile von Google sowohl auf der Grundlage der Brutto- als auch der Nettoeinnahmen dieses Unternehmens. Sie stellte fest, dass Google von 2006 bis 2016 auf allen nationalen Märkten im EWR, zu denen ihr Informationen vorgelegen hätten, mit Ausnahme der Tschechischen Republik, Portugals, Sloweniens, Finnlands, Schwedens und Norwegens, über einen Marktanteil von mehr als [vertraulich] % verfügt habe. Sie fügte hinzu, dass Google 2016 auf allen nationalen Märkten im EWR, zu denen ihr Informationen vorgelegen hätten, einschließlich der Tschechischen Republik, Sloweniens, Finnlands und Schwedens, über einen Marktanteil von mehr als [vertraulich] % auf der Grundlage ihrer Bruttoeinnahmen und von mehr als [vertraulich] % auf der Grundlage ihrer Nettoeinnahmen verfügt habe. 42      Zweitens berechnete die Kommission die Marktanteile von Google auf der Grundlage der Zahl der Online-Suchanfragen. Sie stellte fest, dass sich der Marktanteil von Google zwischen 2010 und 2013 auf allen nationalen Märkten im EWR, zu denen ihr Informationen vorgelegen hätten, auf mehr als [vertraulich] % belaufen habe. 43      Drittens stellte die Kommission fest, dass Google von 2006 bis 2016 nur einem begrenzten Wettbewerb durch andere Anbieter von Online-Suchmaschinenwerbung, darunter Microsoft und Yahoo!, ausgesetzt gewesen sei, obwohl Yahoo! 2003 den damaligen Vorreiter und Marktführer in diesem Bereich, das Unternehmen Overture Services Inc., übernommen habe. 2)      Zu den Marktzutritts- und Expansionsschranken 44      Die Kommission war der Ansicht, dass auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zahlreiche Hindernisse für den Markteintritt und die Expansion bestanden hätten. 45      Erstens stellte die Kommission fest, dass hohe Investitionen erforderlich seien, damit sich ein Anbieter von Online-Suchmaschinenwerbung etablieren könne, und dass diese Feststellung auch für Anbieter von nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung gelte. 46      Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass die nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung durch Netzwerkeffekte gekennzeichnet gewesen seien. 47      Zum einen stellte die Kommission fest, dass ein Anbieter von Online-Suchmaschinenwerbung eine Auswahl aus einer umso größeren Vielzahl derartiger Werbeanzeigen habe treffen und so die Relevanz der als Antwort auf die Online-Suche eines Nutzers eingeblendeten Werbung habe erhöhen können, je mehr Werbetreibende seinen Dienst nutzten. 48      Zum anderen stellte die Kommission fest, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Online-Suchmaschinenwerbung einem an dieser Werbung interessierten Nutzer angezeigt werde, umso höher sei, je größer die Zahl der Nutzer eines allgemeinen Suchdienstes sei. 49      Drittens war die Kommission der Ansicht, dass sich die „Stärke“ des allgemeinen Suchdienstes von Google und die „Interaktion“ dieses Dienstes mit der Online-Suchmaschinenwerbung durch konkurrierende Anbieter solcher Werbung nicht leicht erreichen ließen. Hierzu stellte sie fest, dass der allgemeine Suchdienst von Google 2016 in jedem EWR-Mitgliedstaat einen Marktanteil von über [vertraulich] % gehabt habe, mit Ausnahme der Tschechischen Republik, wo der Marktanteil gleichwohl mehr als [vertraulich] % betragen habe. 50      Viertens stellte die Kommission fest, dass fast alle Werbetreibenden die Auktionsplattform von Google, AdWords, genutzt hätten, die mit deren allgemeinem Suchdienst verbunden sei. 51      Fünftens stellte die Kommission fest, dass seit 2006 und der Einführung von adCenter durch Microsoft auf keinem der nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ein nennenswerter Markteintritt stattgefunden habe. 52      Sechstens stellte die Kommission fest, dass Google ihre marktbeherrschende Stellung im Oktober 2015 durch den Abschluss eines Vertrages mit der Yahoo! Inc. gestärkt habe, der die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung, allgemeinen Suchdiensten und speziellen Bildersuchdiensten für Yahoo! vorgesehen habe. 3)      Zum Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht 53      Die Kommission war der Ansicht, dass die nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR durch das Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht der Werbetreibenden gekennzeichnet gewesen seien. 54      Erstens stellte die Kommission fest, dass zum einen jeder Werbetreibende nur einen kleinen Teil der Nachfrage auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht habe und zum anderen die Werbetreibenden sich nicht damit hätten begnügen können, lediglich die Werbeplattformen der Wettbewerber von Google zu nutzen. 55      Zweitens stellte die Kommission fest, dass die Werbetreibenden nicht in der Lage gewesen seien, die Bedingungen ihrer Vereinbarungen mit Google über die Bereitstellung von Dienstleistungen für die Online-Suchmaschinenwerbung auszuhandeln, und dass Google ihnen hohe Preise aufgezwungen habe. b)      Zum Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR 56      Die Kommission war der Ansicht, dass Google von 2006 bis 2016 auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR in Anbetracht ihrer Marktanteile, der Marktzutritts- und Expansionsschranken und des Fehlens einer kompensierenden Nachfragemacht der Website-Betreiber eine marktbeherrschende Stellung innegehabt habe. 1)      Zu den Marktanteilen 57      Erstens stellte die Kommission auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen von Google zum einen anhand der von dieser stammenden Daten fest, dass der Marktanteil von Google zwischen 2006 und 2016 stets über [vertraulich] % gelegen und im letzten dieser Jahre [vertraulich] % erreicht habe, und zum anderen anhand der von Google, Microsoft und Yahoo! stammenden Daten, dass Google im Jahr 2006 über einen Marktanteil von mehr als [vertraulich] % verfügt habe, der sich zwischen 2007 und 2014 stets auf über [vertraulich] % belaufen habe. 58      Zweitens stellte die Kommission auf der Grundlage der Nettoeinnahmen von Google zum einen anhand der von dieser stammenden Daten fest, dass Google 2006 über einen Marktanteil von mehr als [vertraulich] % und zwischen 2007 und 2016 über Marktanteile von mehr als [vertraulich] % verfügt habe, und zum anderen anhand der von Google und Yahoo! stammenden Daten, dass Google zwischen 2006 und 2011 über einen Marktanteil von stets mehr als [vertraulich] % verfügt habe, der im letzten dieser Jahre mehr als [vertraulich] % erreicht habe. 59      Drittens leitete die Kommission aus den Marktanteilen von Google ab, dass diese nur einem begrenzten Wettbewerb durch andere Vermittler ausgesetzt gewesen sei. 2)      Zu den Marktzutritts- und Expansionsschranken 60      Die Kommission war der Ansicht, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zahlreiche Marktzutritts- und Expansionsschranken bestanden hätten. 61      Erstens stellte die Kommission fest, dass erhebliche Investitionen erforderlich seien, um eine „Plattform für Online-Suchmaschinenwerbung“ zu schaffen, zu erhalten und kontinuierlich zu verbessern. 62      Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch Netzwerkeffekte gekennzeichnet gewesen sei. Insoweit stellte sie fest, dass der Erfolg eines Vermittlers von der Zahl der Werbetreibenden und der Website-Betreiber abhänge, die er anziehen könne, sowie von der Größe seines Portfolios an Online-Suchmaschinenwerbung. Sie stellte klar, dass diese verschiedenen Faktoren miteinander verbunden seien, so dass ein Vermittler, der nicht genügend Website-Betreiber anziehe, auch nicht genügend Werbetreibende anziehen werde. Darüber hinaus stellte sie fest, dass ein Vermittler von Online-Suchmaschinenwerbung eine Auswahl aus einer umso größeren Vielzahl derartiger Werbeanzeigen habe treffen und so die Relevanz der als Antwort auf die Online-Suche eines Nutzers eingeblendeten Werbung habe erhöhen können, je mehr Werbetreibende seinen Dienst nutzten. 63      Drittens stellte die Kommission fest, dass seit der im Dezember 2009 von Microsoft et Yahoo! eingegangenen Partnerschaft kein nennenswerter Eintritt in den Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR stattgefunden habe. Sie fügte hinzu, dass seit 2007 „mehrere“ mit Google im Wettbewerb stehende Vermittler an den Rand gedrängt worden oder aus dem Markt ausgeschieden seien. 3)      Zum Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht 64      Die Kommission war der Ansicht, dass der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR durch das Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht der Website-Betreiber gekennzeichnet gewesen sei. 65      Erstens stellte die Kommission fest, dass zum einen jeder Website-Betreiber nur einen kleinen Teil der Nachfrage auf dem Markt für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht habe, und zum anderen, dass die Website-Betreiber sich nicht damit hätten begnügen können, lediglich die Dienste konkurrierender Vermittler zu nutzen, weil AFS ihnen die höchsten Einnahmen erbracht habe. 66      Zweitens stellte die Kommission fest, dass Google zum einen den Website-Betreibern seit 2013 keine Mindesteinnahmen mehr garantiert und zweitens zwischen 2007 und 2016 den Anteil der an die Website-Betreiber ausgeschütteten Einnahmen im Durchschnitt verringert habe. 3.      Zur Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner „typischerweise“ alle ihre Websites einbezogen hatten 67      Nach Auffassung der Kommission stellte die Ausschließlichkeitsklausel vom 1. Januar 2006 bis zum 31. März 2016 einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar, sofern die Klausel in GSA enthalten war, in die die direkten Partner „typischerweise“ alle ihre Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt wurde, einbezogen hatten. In erster Linie war sie der Ansicht, dass diese Klausel unter diesen Umständen diesen direkten Partnern eine Alleinbezugsverpflichtung auferlegt habe, die als solche gegen Art. 102 AEUV verstoße. Hilfsweise sah sie diese Klausel, soweit sie eine solche Verpflichtung auferlegte, als einen Verstoß gegen diese Bestimmung an, weil sie geeignet sei, den Wettbewerb zu beschränken. Als „direkte All-Site-Partner“ stufte sie die direkten Partner ein, die typischerweise alle ihre Websites in mindestens einen ihrer GSA einbezogen hatten. a)      Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als Alleinbezugsverpflichtung, die als solche gegen Art. 102 AEUV verstoße 68      Zum einen wies die Kommission auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs hin, die sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36, Rn. 89) ergibt, wonach „[e]in Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, … seine Stellung im Sinne des Art. [102 AEUV] missbräuchlich aus[nützt]“. 69      Zum anderen stellte die Kommission fest, dass die Ausschließlichkeitsklausel im vorliegenden Fall eine Alleinbezugsverpflichtung darstelle, weil sie die direkten All-Site-Partner verpflichtet habe, ihren gesamten Bedarf an Vermittlungsdienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung oder einen beträchtlichen Teil davon von Google zu beziehen. In diesem Zusammenhang stellte sie erstens fest, dass die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA enthalten sei, „typischerweise“ für alle Websites dieser Partner gegolten habe, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt worden sei, zweitens, dass diese direkten Partner vor Ablauf ihrer GSA nicht von dieser Klausel hätten abweichen dürfen, und drittens, dass die mit zweien dieser direkten Partner, nämlich [vertraulich] und [vertraulich], geschlossenen GSA diese Partner verpflichtet hätten, alle ihre Websites, auf denen solche Werbung angezeigt werde, dieser Klausel zu unterwerfen. 70      Somit vertrat die Kommission in erster Linie die Auffassung, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe, ohne dass geprüft werden müsse, ob diese Klausel angesichts der Gesamtheit der Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. b)      Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als Alleinbezugsverpflichtung, die geeignet sein soll, den Wettbewerb im Sinne von Art. 102 AEUV zu beschränken 71      Hilfsweise sah die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als eine Alleinbezugsverpflichtung an, die in Anbetracht aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken. 72      Die Kommission stellte fest, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA erstens diese direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. Darüber hinaus stellte sie fest, dass die englische Klausel die Eignung dieser Klausel, den Wettbewerb zu beschränken, verstärkt habe. 73      Die Kommission fügte hinzu, dass sie bei der Prüfung der relevanten Umstände erstens das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR (mit Ausnahme von Portugal) einerseits und auf den Märkten für die Vermittlung solcher Werbung im EWR andererseits, zweitens den Anteil des letztgenannten Marktes, der durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA erfasst worden sei, und drittens die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt habe. c)      Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 74      Die Kommission wies die objektiven Rechtfertigungen, die Google im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, zurück. 75      Google hatte im Verwaltungsverfahren erstens geltend gemacht, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA notwendig gewesen sei, um ihr ein Ertragsniveau zu sichern, das ausreiche, um zum einen ihre Investitionen in den Betrieb und die Verbesserung ihrer Vermittlungsdienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung und zum anderen die spezifischen Investitionsvorhaben zugunsten dieser direkten Partner zu unterstützen. 76      Zweitens hatte Google geltend gemacht, dass AFS sich wettbewerbsfördernd ausgewirkt habe, indem es die Qualität der Nutzererfahrung, die Werbeeinnahmen, den Nutzen der Suchseiten für die Website-Betreiber und die Präsenz der Werbetreibenden bei Nutzern, die an deren Produkten interessiert seien, erhöht habe. 77      Die Kommission vertrat zum einen die Auffassung, Google habe nicht nachgewiesen, dass die von ihr geltend gemachten Investitionen ohne die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA nicht getätigt worden wären. Insoweit führte sie im Wesentlichen aus, die Tatsache, dass Google die genannte Klausel durch die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln ersetzt habe, zeige, dass Google diese Investitionen auch mit weniger restriktiven Klauseln hätte tätigen können. Zum anderen stellte sie fest, dass die von Google behaupteten wettbewerbsfördernden Wirkungen nicht relevant seien, um zu bestimmen, ob die Ausschließlichkeitsklausel objektiv gerechtfertigt gewesen sei. 4.      Zur Platzierungsklausel 78      Die Kommission war der Ansicht, dass die Platzierungsklausel vom 31. März 2009 bis zum 6. September 2016 einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dargestellt habe, weil diese Klausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, und Google nicht nachgewiesen habe, dass diese Klausel objektiv gerechtfertigt gewesen sei. a)      Zur Tragweite der Platzierungsklausel 79      Erstens stellte die Kommission fest, dass die Platzierungsklausel den am besten sichtbaren Bereich auf den von dieser Klausel erfassten Websites der Partner der von Google stammenden Online-Suchmaschinenwerbung vorbehalten habe. 80      Zweitens stellte die Kommission fest, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner verpflichtet habe, zum einen in den am besten sichtbaren Bereichen der von dieser Klausel erfassten Websites einen „Block“ von drei „großformatigen“ Anzeigen der von Google stammenden Online-Suchmaschinenwerbung einzublenden, wenn die Suche über einen PC erfolgte, und zum anderen mindestens eine von Google stammende Online-Suchmaschinenwerbeanzeige, wenn die Suche über ein mobiles Gerät erfolgte. b)      Zur Beschränkung des Wettbewerbs durch die Platzierungsklausel 81      Die Kommission stellte fest, dass die Platzierungsklausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. Darüber hinaus stellte sie fest, dass der verbindliche Charakter der Mockups die Eignung dieser Klausel, den Wettbewerb zu beschränken, verstärkt habe. 82      Die Kommission fügte hinzu, dass sie bei der Prüfung der relevanten Umstände erstens das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR (mit Ausnahme von Portugal) einerseits und auf den Märkten für die Vermittlung solcher Werbung im EWR andererseits, zweitens den Anteil des letztgenannten Marktes, der durch die Platzierungsklausel in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA erfasst werde, und drittens die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt habe. c)      Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 83      Die Kommission wies die objektiven Rechtfertigungen, die Google im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, zurück. 84      Google hatte im Verwaltungsverfahren erstens geltend gemacht, dass die Platzierungsklausel notwendig gewesen sei, um ihr in gewissem Umfang Einnahmen zu sichern, die ausreichten, um die zugunsten der direkten Partner getätigten Investitionen zu rechtfertigen und deren Einnahmen zu maximieren (siehe oben, Rn. 75). 85      Zweitens hatte Google geltend gemacht, dass ein gewisses Maß an Stabilität bei der Anzeige von Online-Suchmaschinenwerbung notwendig sei, um die Relevanz der Online-Suchen aufrechtzuerhalten. 86      Die Kommission stellte fest, dass Google nicht nachgewiesen habe, dass die von ihr geltend gemachten Investitionen ohne die Platzierungsklausel nicht getätigt worden wären. Darüber hinaus stellte sie fest, dass der von Google behauptete Umstand, dass diese Klausel eine Erhöhung der Werbeeinnahmen der direkten Partner ermöglicht habe, für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV nicht relevant sei. Schließlich war sie der Ansicht, dass Google die Relevanz der Online-Suchmaschinenwerbung auch durch weniger restriktive Mittel, wie z. B. Empfehlungen, hätte aufrechterhalten können. Sie führte in diesem Zusammenhang aus, dass die Tatsache, dass Google 2016 auf die Anwendung einiger Bestimmungen der in Rede stehenden Klausel verzichtet habe (siehe oben, Rn. 24), bestätige, dass Google auch weniger restriktive Mittel hätte wählen können. 5.      Zur Vorabgenehmigungsklausel 87      Die Kommission war der Ansicht, dass die Vorabgenehmigungsklausel vom 31. März 2009 bis zum 6. September 2016 einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dargestellt habe, weil diese Klausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, und Google nicht nachgewiesen habe, dass diese Klausel objektiv gerechtfertigt gewesen sei. a)      Zur Beschränkung des Wettbewerbs durch die Vorabgenehmigungsklausel 88      Die Kommission stellte fest, dass die Vorabgenehmigungsklausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. 89      Die Kommission fügte hinzu, dass sie bei der Prüfung der relevanten Umstände erstens das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal einerseits und auf den Märkten für die Vermittlung solcher Werbung im EWR andererseits, zweitens den Anteil des letztgenannten Marktes, der durch die Vorabgenehmigungsklausel erfasst worden sei, und drittens die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt habe. b)      Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 90      Die Kommission wies die objektiven Rechtfertigungen, die Google im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, zurück. 91      Google hatte im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, dass die Vorabgenehmigungsklausel notwendig gewesen sei, um den direkten Partnern die Möglichkeit zu geben, konkurrierende Werbung anzuzeigen, die den Qualitätsanforderungen von Google entspreche, insbesondere um die Anzeige von Werbung zu verhindern, die sich als eine solche von Google ausgebe und für unangemessene Inhalte werbe oder zur Installation von Schadsoftware auf dem Computer des Nutzers führe. 92      Die Kommission war der Ansicht, dass Google weder erklärt habe, warum die direkten Partner konkurrierende Werbung hätten anzeigen sollen, die den Qualitätsanforderungen von Google entspreche, noch wie die Vorabgenehmigungsklausel irreführende Praktiken auf den betreffenden Websites habe verhindern können. Darüber hinaus war sie der Ansicht, dass Google die Durchsetzung ihrer Qualitätsanforderungen und den Schutz ihrer Marke auch mit weniger restriktiven Mitteln hätte erreichen können. Außerdem führte sie in diesem Zusammenhang aus, dass die Tatsache, dass Google 2016 auf die Anwendung dieser Klausel verzichtet habe (siehe oben, Rn. 24), bestätige, dass Google auch weniger restriktive Mittel hätte wählen können. 6.      Zur einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung 93      Die Kommission sah die drei Missbräuche einer marktbeherrschenden Stellung, die sich aus der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, aus der Platzierungsklausel und aus der Vorabgenehmigungsklausel ergäben, zusammen als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV an, die vom 1. Januar 2006 bis zum 6. September 2016 angedauert habe. 94      In dieser Hinsicht vertrat die Kommission erstens die Auffassung, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel dasselbe Ziel verfolgt hätten, nämlich den Ausschluss mit Google im Wettbewerb stehender Vermittler, um die Position von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung und auf den Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung und damit auch ihre Position auf dem Markt für allgemeine Suchdienste zu erhalten und zu verstärken. 95      Zweitens war die Kommission der Auffassung, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel einander insofern ergänzt hätten, als diese Klauseln darauf abzielten, die direkten Partner vom Bezug konkurrierender Werbung abzuhalten und mit Google im Wettbewerb stehende Vermittler daran zu hindern, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. Hierzu führte die Kommission unter anderem aus, dass Google selbst die Platzierungsklausel als „gelockerte Ausschließlichkeitsklausel“ bezeichnet habe und dass alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel enthalten hätten. 7.      Zur Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten 96      Die Kommission war der Auffassung, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel sowohl jede für sich als auch zusammen geeignet gewesen seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. 8.       Zur Geldbuße 97      Die Kommission verhängte gegen die Google LLC eine Geldbuße in Höhe von 1 494 459 000 Euro, von denen 130 135 475 Euro gesamtschuldnerisch mit der Alphabet Inc. zu zahlen waren. II.    Anträge der Parteien 98      Google beantragt, –        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, –        hilfsweise, die Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten auferlegen. 99      Die Surfboard Holding BV (im Folgenden: Surfboard) und die Vinden.NL BV (im Folgenden: Vinden) beantragen unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Letztgenannten zum Sitzungsbericht, –        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; –        der Kommission die Kosten auferlegen. 100    Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        Google die Kosten aufzuerlegen; –        Surfboard und Vinden die mit ihrer jeweiligen Streithilfe verbundenen Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung 101    Google stützt ihre Klage auf fünf Gründe: Erstens habe die Kommission den Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung falsch definiert und folglich die beherrschende Stellung von Google auf diesem Markt nicht nachgewiesen, zweitens stelle die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung dar, drittens und viertens stellten die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln keinen solchen Missbrauch dar, und fünftens habe ihr die Kommission zu Unrecht eine Geldbuße auferlegt. A.      Einleitung 102    Nach Art. 102 AEUV ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten. 103    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs soll dieser Artikel verhindern, dass der Wettbewerb zulasten des Allgemeininteresses, der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher beeinträchtigt wird, indem Verhaltensweisen von Unternehmen in beherrschender Stellung geahndet werden, die den Leistungswettbewerb beschränken und somit geeignet sind, Letzteren einen unmittelbaren Schaden zuzufügen, oder die diesen Wettbewerb verhindern oder verfälschen und somit geeignet sind, ihnen einen mittelbaren Schaden zuzufügen (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 124; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 20). Der Begriff „missbräuchliche Ausnutzung“ im Sinne dieser Bestimmung ist somit auf die Ahndung von Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung gerichtet, die auf einem Markt, auf dem der Grad an Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, die Aufrechterhaltung einer wirksamen Wettbewerbsstruktur behindern (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 104    Daher tragen Unternehmen, die eine beherrschende Stellung innehaben, unabhängig von den Ursachen einer solchen Stellung eine besondere Verantwortung dafür, dass sie durch ihr Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigen (vgl. Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 135, und vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C680/20, EU:C:2023:33, Rn.38). 105    Dagegen soll Art. 102 AEUV weder verhindern, dass die Unternehmen auf einem oder mehreren Märkten durch eigene Leistung eine beherrschende Stellung erlangen, noch gewährleisten, dass sich Wettbewerber, die weniger effizient als die Unternehmen in beherrschender Stellung sind, weiterhin auf dem Markt halten (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 126; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 21). Der Wettbewerb wird nämlich nicht unbedingt durch jede Verdrängungswirkung verzerrt, denn Leistungswettbewerb kann definitionsgemäß dazu führen, dass Wettbewerber, die weniger effizient und daher für die Verbraucher im Hinblick insbesondere auf Preise, Auswahl, Qualität oder Innovation weniger interessant sind, vom Markt verschwinden oder bedeutungslos werden (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 133 und 134). 106    So kann ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung insbesondere dann nachgewiesen werden, wenn das vorgeworfene Verhalten für ebenso leistungsfähige Wettbewerber wie den Urheber dieses Verhaltens in Bezug auf die Kostenstruktur, die Innovationsfähigkeit oder die Qualität Verdrängungswirkung entfaltet hat oder wenn dieses Verhalten auf der Nutzung anderer Mittel als derjenigen beruhte, die zu einem „normalen“ Wettbewerb, d. h. einem Leistungswettbewerb, gehören (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). 107    Insoweit obliegt es der Kommission, die Missbräuchlichkeit eines Verhaltens unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände des fraglichen Verhaltens nachzuweisen, was diejenigen einschließt, die durch die vom Unternehmen in beherrschender Stellung zur Verteidigung vorgelegten Beweise hervorgehoben werden (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108    Um die Missbräuchlichkeit eines Verhaltens nachzuweisen, muss die Kommission zwar nicht notwendigerweise beweisen, dass dieses Verhalten tatsächlich wettbewerbswidrige Wirkungen erzeugt hat. Art. 102 AEUV soll nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen ahnden, unabhängig davon, ob sich eine solche Ausnutzung als erfolgreich erwiesen hat oder nicht. Daher kann die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV feststellen, indem sie nachweist, dass das in Rede stehende Verhalten in dem Zeitraum, in dem es stattgefunden hat, unter den Umständen des konkreten Falls trotz seiner fehlenden Wirkung in der Lage war, den Leistungswettbewerb zu beschränken (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). 109    Dieser Nachweis muss jedoch grundsätzlich auf greifbare Beweise gestützt sein, die, indem sie über eine bloße Annahme hinausgehen, die tatsächliche Eignung der in Rede stehenden Praxis zeigen, solche Wirkungen zu entfalten, wobei, falls Zweifel daran bestehen, diese dem Unternehmen, das eine solche Praxis anwendet, zugutekommen müssen (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). 110    Anders als z. B. bei einer vorausschauenden Analyse, die für die Prüfung eines geplanten Zusammenschlusses notwendig ist und eine Prognose der Ereignisse erfordert, die mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit in der Zukunft eintreten werden, sofern keine Entscheidung erlassen wird, die den geplanten Zusammenschluss untersagt oder die Bedingungen dafür festlegt, geht es nämlich für die Kommission, wenn sie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ahndet, zumeist darum, vergangene Ereignisse zu prüfen, in Bezug auf die in der Regel zahlreiche Anhaltspunkte vorliegen, die es ermöglichen, ihre Ursachen zu verstehen und ihre Auswirkungen auf einen wirksamen Wettbewerb zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval, C‑12/03 P, EU:C:2005:87, Rn. 42). 111    Zu diesem Zweck kann die Kommission insbesondere gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 von den Unternehmen verlangen, alle für ihre Untersuchung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Wie die Kommission geltend macht, ist den nach dieser Bestimmung erteilten ausführlichen Antworten auf eine direkte Frage ein hoher Beweiswert beizumessen, weil gegen Unternehmen, die auf eine solche Frage eine unrichtige oder irreführende Auskunft erteilen, nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung eine Geldbuße verhängt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. September 2013, Galp Energía España u. a./Kommission, T‑462/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:459, Rn. 123, und vom 26. Januar 2022, Intel Corporation/Kommission, T‑286/09 RENV, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2022:19, Rn. 376). 112    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren unter Vorlage von Beweisen geltend machen kann, dass sein Verhalten nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken und insbesondere die beanstandeten Verdrängungswirkungen zu erzeugen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 138). Es ist dann Sache des Gerichts, das gesamte Vorbringen der Klagepartei zu prüfen, mit dem die Richtigkeit der Feststellungen der Kommission zu der der fraglichen Praxis innewohnenden Eignung zur Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber in Frage gestellt werden soll (Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 356; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 141). 113    Was die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle betrifft, hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich deren Umfang auf sämtliche Bestandteile der Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV erstreckt, deren eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle das Gericht sicherstellt, und zwar auf der Grundlage der von der klagenden Partei geltend gemachten Klagegründe und unter Berücksichtigung aller von ihr vorgebrachten Umstände – aus der Zeit vor oder nach der ergangenen Entscheidung –, unabhängig davon, ob sie vorab im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht oder zum ersten Mal im Rahmen der Klage, mit der das Gericht befasst ist, vorgebracht wurden, soweit diese Umstände für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission maßgeblich sind (vgl. Urteile vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 72, und vom 25. Juli 2018, Orange Polska/Kommission, C‑123/16 P, EU:C:2018:590, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung). B.      Erster Klagegrund: Die Kommission habe die in Rede stehenden relevanten Märkte und die marktbeherrschende Stellung von Google falsch definiert 114    Mit dem ersten Klagegrund macht Google, unterstützt von Surfboard und Vinden, geltend, dass die Kommission die Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung und für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung falsch definiert habe. Dieser Fehler bedeute, dass die Kommission die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR nicht nachgewiesen habe, so dass sie im angefochtenen Beschluss nicht zu Recht auf einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV auf diesem Markt habe schließen können. 115    Das Vorbringen von Google gliedert sich in zwei Teile. 116    Im ersten Teil ihres ersten Klagegrundes macht Google geltend, dass die Kommission für die Zwecke der Definition der nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung fälschlicherweise zu dem Schluss gekommen sei, dass sich Online-Suchmaschinenwerbung nicht durch Online-Werbung ersetzen lasse, die nicht suchmaschinengebunden sei. 117    Im zweiten Teil ihres ersten Klagegrundes macht Google geltend, dass die Kommission für die Zwecke der Definition des europäischen Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung fälschlicherweise zu dem Schluss gekommen sei, dass sich der Verkauf von Online-Werbung im Wege der Vermittlung nicht durch den Verkauf von Online-Werbung ersetzen lasse, der unmittelbar von den Website-Betreibern durchgeführt werde. 1.      Erster Teil des ersten Klagegrundes: Substituierbarkeit von Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung 118    Wie oben in Rn. 27 ausgeführt, hat die Kommission im angefochtenen Beschluss zwei relevante Märkte definiert. Der erste dieser Märkte war der oben in Rn. 28 und 29 beschriebene Markt für Online-Suchmaschinenwerbung. Der im angefochtenen Beschluss festgestellte Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung soll zwar auf dem zweiten in diesem Beschluss definierten relevanten Markt stattgefunden haben, nämlich auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung; die Kommission hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Definition des ersten Marktes ein notwendiger Zwischenschritt für die Definition des zweiten Marktes sei, der ohne vorherige Definition des ersten Marktes nicht als eigenständiger Markt definiert werden könne. 119    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission insbesondere die Auffassung vertreten, dass sich die Online-Suchmaschinenwerbung nicht durch die oben in Rn. 32 beschriebene nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen lasse. 120    Die Kommission hat ihre Analyse, in der sie zwischen Online-Suchmaschinenwerbung und nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung (im Folgenden: die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung) unterschied, in den Erwägungsgründen 135 bis 169 des angefochtenen Beschlusses erstens auf die Aktivierung und die Platzierung der in Rede stehenden Werbung gestützt, zweitens auf deren Formate, drittens auf deren Fähigkeit, auf das unmittelbare Interesse des Nutzers einzugehen, viertens auf deren Fähigkeit, den Nutzer zu einem Kauf zu veranlassen, fünftens auf deren Klick- und Konversionsraten, sechstens auf deren Fähigkeit, die Investitionsrendite der Werbetreibenden zu messen, siebtens auf die Stellungnahmen eines Verbands, der Werbetreibende vertritt (World Federation of Advertisers), achtens auf die Antworten von Werbetreibenden, Website-Betreibern und Medienagenturen auf die Auskunftsverlangen der Kommission zu den Auswirkungen einer Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung, neuntens auf einen Branchenbericht des Betreibers einer Online-Datenbank mit statistischen Daten und Untersuchungen (Statista) und zehntens auf die die Investitionen, die für die Bereitstellung von Diensten für Online-Suchmaschinenwerbung erforderlich sind. 121    Google ist der Ansicht, die Kommission sei im angefochtenen Beschluss fälschlicherweise zu dem Schluss gekommen, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht Teil desselben Marktes seien. 122    Das dahin gehende Vorbringen von Google lässt sich wie folgt zusammenfassen. Erstens trägt sie vor, dass sich die Kommission fälschlicherweise auf die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Werbetreibenden statt aus der Sicht der Website-Betreiber konzentriert habe. Zweitens habe die Kommission nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt, sondern sich auf angebliche Unterschiede in den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung konzentriert. Drittens habe die Kommission keine angemessene Preisanalyse durchgeführt, z. B. durch einen Test, der die Auswirkungen einer signifikanten, nicht vorübergehenden Preiserhöhung von 5 bis 10 % für Online-Suchmaschinenwerbung analysiere (im Folgenden: SSNIP-Test), und die Antworten der Website-Betreiber, Werbetreibenden und Medienagenturen im Rahmen der von ihr durchgeführten Analyse falsch interpretiert. Viertens seien diese angeblichen Unterschiede in den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht erwiesen und reichten überdies nicht aus, um zu dem Schluss zu kommen, dass diese nicht austauschbar seien. Fünftens habe die Kommission Beispiele für Website-Betreiber, die zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung wechselten oder gewechselt hätten, nicht berücksichtigt. Sechstens habe die Kommission die Erklärungen bestimmter Vertreter von Google falsch interpretiert. Siebtens stehe die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Analyse der Austauschbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung im Wesentlichen im Widerspruch zu früheren Entscheidungen der Kommission. 123    Surfboard und Vinden unterstützen die Argumente von Google und machen ebenfalls geltend, dass die Kommission die Sichtweise der Website-Betreiber nicht angemessen berücksichtigt habe. a)      Vorbemerkungen 124    Zunächst ist festzustellen, dass die Abgrenzung des relevanten Marktes im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV grundsätzlich eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung des betreffenden Unternehmens ist und darauf abzielt, zu ermitteln, für welchen Bereich zu beurteilen ist, ob das betreffende Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung). 125    Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Begriff des relevanten Marktes die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den zu ihm gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen voraussetzt, so dass ein hinreichender Grad an Austauschbarkeit zwischen allen zum gleichen Markt gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen im Hinblick auf die gleiche Verwendung erforderlich ist. Die Austauschbarkeit oder Substituierbarkeit beurteilt sich nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen. Es müssen auch die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt in Betracht gezogen werden (vgl. Urteil vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 126    Auch nach der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5, im Folgenden: Bekanntmachung über die Marktdefinition) umfasst ein „Produktmarkt … sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden“. Aus wirtschaftlicher Sicht – im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes – stellt die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt, vor allem was ihre Preisentscheidungen anbetrifft. Ferner kann auch die Angebotssubstituierbarkeit zur Bestimmung des relevanten Marktes bei solchen Umsätzen berücksichtigt werden, bei denen sie Auswirkungen hat, die denen der Nachfragesubstituierbarkeit in Unmittelbarkeit und Wirksamkeit gleichwertig sind. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anbieter in Reaktion auf kleine, dauerhafte Änderungen bei den relativen Preisen in der Lage sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder Risiken zu gewärtigen (Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 113). 127    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Definition des relevanten Marktes, wie aus Nr. 25 der Bekanntmachung über die Marktdefinition und aus der Rechtsprechung hervorgeht, nicht erfordert, dass die Kommission einer starren Rangordnung für die verschiedenen Informationsquellen und Nachweisformen folgt (Urteil vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82), weil die Frage der Substituierbarkeit von Waren anhand einer Reihe von Anhaltspunkten beantwortet werden kann, zu denen unterschiedliche Nachweise, oft auch solche empirischer Natur, gehören, wobei die Kommission alle verfügbaren relevanten Informationen berücksichtigen muss (Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 85). b)      Zur Berücksichtigung der Sichtweise der Website-Betreiber 128    Google macht geltend, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen habe, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Website-Betreiber zu unterschiedlichen Märkten gehörten. Nach Auffassung von Google hätte die Kommission die Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite der Website-Betreiber eingehender untersuchen müssen, weil der von der Kommission im angefochtenen Beschluss behauptete Missbrauch die Einschränkung der Möglichkeit der Website-Betreiber betreffe, Alternativen zum Vermittlungsdienst von Google, d. h. zu AFS, zu wählen. Die Kommission habe sich daher im angefochtenen Beschluss zu Unrecht auf die Substituierbarkeit aus der Sicht der Werbetreibenden und nicht aus der Sicht der Website-Betreiber konzentriert. 129    Surfboard und Vinden unterstützen dieses Vorbringen. 130    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 131    Erstens ist festzustellen, dass die Substituierbarkeit generell aus der Sicht der Nachfrage zu betrachten ist (siehe oben, Rn. 126). 132    Google hat jedoch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Website-Betreiber nicht die Nachfrageseite für die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung darstellen. Ferner hat Google nicht die Behauptung der Kommission im 121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestritten, dass auf dem Markt für Online-Suchmaschinenwerbung die Nachfrageseite aus den Nutzern und Werbetreibenden bestehe und das Angebot aus den Betreibern von Werbeplattformen. Daraus folgt, dass Google nicht dargetan hat, dass die Sichtweise der Website-Betreiber, die nicht Teil der Nachfrageseite sind, bei der Analyse der Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite hätte berücksichtigt werden müssen. 133    Unter diesen Umständen können Google, Surfboard und Vinden der Kommission allein schon deshalb nicht vorwerfen, in ihre Analyse der Definition des relevanten Marktes mehr Aspekte einbezogen zu haben, die sich auf die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Werbetreibenden als aus der Sicht der Website-Betreiber beziehen, weil der im angefochtenen Beschluss festgestellte Missbrauch die Wahlmöglichkeiten der Website-Betreiber auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung einschränkt, der ohnehin ein separater Markt ist. 134    Zweitens ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss bei ihrer Analyse der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung die Sichtweise der Website-Betreiber berücksichtigt hat. 135    So hat sich die Kommission bei ihrer Beurteilung der Definition des relevanten Marktes auf die von den Website-Betreibern auf ihr Auskunftsverlangen erteilten Antworten gestützt, um ihre Schlussfolgerungen zu den Unterschieden zwischen den Merkmalen und der Nutzung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu untermauern. Eine solche Berücksichtigung ergibt sich aus den Erwägungen der Kommission zur Platzierung und zum Format der Online-Suchmaschinenwerbung (vgl. Erwägungsgründe 136 und 137 des angefochtenen Beschlusses), zu deren inhärenter Eignung, auf ein unmittelbares Interesse des Nutzers einzugehen (vgl. Erwägungsgründe 138 und 139 des angefochtenen Beschlusses), und zu deren überlegener Fähigkeit, die bestehende Nachfrage in einen Kauf umzuwandeln (siehe insbesondere Erwägungsgründe 142 und 143 des angefochtenen Beschlusses). Diese Feststellung zeigt, dass die Analyse der Merkmale und der Nutzung dieser Werbeanzeigen sowohl die Website-Betreiber als auch die Werbetreibenden betraf. Darüber hinaus hat sich die Kommission auf die Erklärungen der Website-Betreiber bezogen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass diese die auf ihren Websites angezeigte Online-Suchmaschinenwerbung im Fall einer Verringerung der daraus erzielten Einnahmen um 5 bis 10 % wahrscheinlich nicht ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden (vgl. hierzu 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Ansichten und das Verhalten von Website-Betreibern, die auf ihren Websites Online-Suchmaschinenwerbung anzeigen, sind auch in den Erwägungsgründen 156 bis 158, 160, 162 und 164 des angefochtenen Beschlusses angesprochen worden. 136    Google hat daher nicht nachgewiesen, dass die Kommission die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Website-Betreiber nur unzureichend untersucht hat. c)      Zur Berücksichtigung aller relevanten Faktoren 137    Google macht geltend, dass sich die Kommission zu Unrecht auf angebliche Unterschiede in den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung konzentriert und es unterlassen habe, alle für die Website-Betreiber relevanten Faktoren zu berücksichtigen, wie es nach der Bekanntmachung über die Marktdefinition erforderlich sei. Google wirft der Kommission unter Berufung auf die Nrn. 38 bis 43 dieser Bekanntmachung insbesondere vor, sich im angefochtenen Beschluss nicht auf reale Beispiele von Produktsubstitutionen, quantitative Tests zur Messung der Preiselastizität, sachkundige Stellungnahmen von Kunden und Wettbewerbern sowie auf die mit einem Produktwechsel verbundenen Hindernisse und Kosten für Website-Betreiber gestützt zu haben. 138    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 139    Wie aus der oben in Rn. 125 und 126 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, beurteilt sich die Substituierbarkeit nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen. Auch wenn die Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen für diese Beurteilung relevant sind, müssen nämlich die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt ebenfalls in Betracht gezogen werden (vgl. Urteil vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Bekanntmachung über die Marktdefinition, auf die sich Google bezieht, wiederholt diesen Grundsatz im Wesentlichen in ihrer Nr. 36, in der es heißt, dass „Produktmerkmale und Verwendungszweck … jedoch nicht aus[reichen], um zu entscheiden, ob zwei Produkte Nachfragesubstitute sind“. 140    Anders als Google in ihren Schriftsätzen offenbar meint, ist die Kommission hingegen weder verpflichtet, bei der Definition eines Produktmarktes alle in der Bekanntmachung über die Marktdefinition aufgeführten Beurteilungsgesichtspunkte zu prüfen, noch einer starren Rangordnung von Indizien zu folgen, wie sich aus Nr. 25 dieser Bekanntmachung selbst und aus der oben in Rn. 127 angeführten Rechtsprechung ergibt. 141    Auch wenn die Kommission im angefochtenen Beschluss zwar einen großen Teil ihrer Analyse den Merkmalen und Verwendungszwecken der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung und den Unterschieden zwischen ihnen gewidmet hat, ist jedenfalls festzustellen, dass sie sich bei der Schlussfolgerung, dass diese Arten der Werbung nicht austauschbar seien, nicht auf die Feststellung dieser Aspekte beschränkt hat, sondern in einer Gesamtbewertung eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigt hat, einschließlich derer, die Google angeführt hat und die oben in Rn. 137 dargelegt sind. 142    So hat die Kommission im angefochtenen Beschluss auch Faktoren wie den Preis der in Rede stehenden Werbung (Erwägungsgründe 148 und 149), die für die Bereitstellung der Dienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung erforderlichen Investitionen (Erwägungsgründe 150 bis 154) und – in ihrer Antwort auf die von Google im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente – das Verhalten von Website-Betreibern, die ihre Nutzung von Online-Suchmaschinenwerbung verringert haben sollen (Erwägungsgründe 162, 164 und 165), sowie die Wahrnehmung des Marktes durch Vertreter von Google (Erwägungsgründe 156 und 169) untersucht. Darüber hinaus hat die Kommission, wie sie in ihren Schriftsätzen geltend macht, im angefochtenen Beschluss implizit auch die Frage der Hindernisse angesprochen, denen die Website-Betreiber und die Werbetreibenden gegenüberstehen, wenn sie die Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen wollen. Im 148. Erwägungsgrund hat die Kommission nämlich festgestellt, dass alle Website-Betreiber und die Mehrheit der Werbetreibenden es in ihren Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission als unwahrscheinlich bezeichnet hätten, dass sie die Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls entweder – soweit es um die Website-Betreiber geht – die Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung nicht nur vorübergehend um 5 bis 10 % reduziert würden oder – soweit es um die Werbetreibenden geht – die Preise für diese Werbung entsprechend erhöht würden. 143    Außerdem hat die Kommission, anders als Google offenbar behauptet, sehr wohl sachkundige Stellungnahmen von Marktteilnehmern eingeholt, insbesondere im Anschluss an Auskunftsverlangen, die sie an Website-Betreiber, an Werbetreibende und an Medienagenturen, die Werbekampagnen für Unternehmen organisieren, gerichtet hatte. Die Kommission hat sich zur Definition des relevanten Marktes auf diese Stellungnahmen gestützt, wie aus den Fn. 105, 109, 110, 112 bis 115, 119, 120, 122 bis 125, 128, 132 bis 138, 140, 141, 145, 169, 171, 172 und 176 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. 144    Daraus folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission bei ihrer Gesamtbeurteilung der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung bestimmte relevante Faktoren außer Acht gelassen hat oder dass sie einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie einen großen Teil ihrer Analyse den Unterschieden zwischen den Merkmalen und der Nutzung dieser Arten von Werbung gewidmet hat. d)      Zu den Argumenten von Google, die den SSNIP-Test betreffen 145    Google macht geltend, dass die Kommission besonderes Gewicht darauf hätte legen müssen, beispielsweise durch einen SSNIP-Test zu untersuchen, ob sich die Website-Betreiber und die Werbetreibenden im Fall einer wesentlichen Änderung des Preises für Online-Suchmaschinenwerbung für die Verwendung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung entschieden hätten. In einem solchen Fall würden die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung Wettbewerbsdruck aufeinander ausüben und somit einen einzigen Markt bilden. Google ist der Ansicht, dass die von der Kommission durchgeführte und im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Preisanalyse keinen echten SSNIP-Test darstelle und dass die Kommission darüber hinaus falsche Schlussfolgerungen aus dieser Analyse gezogen habe. 146    Als Erstes sind die Argumente von Google zu prüfen, die die Angemessenheit der von der Kommission durchgeführten Preisanalyse bestreiten, und als Zweites die Argumente von Google, die sich auf die Schlussfolgerungen beziehen, die die Kommission aus dieser Analyse gezogen hat. 1)      Zur Angemessenheit der von der Kommission durchgeführten Preisanalyse 147    Im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission erstens festgestellt, dass „die Mehrheit der Werbetreibenden, alle Website-Betreiber und die Hälfte der Medienagenturen angegeben [hätten], es sei unwahrscheinlich, dass sie die Online-Suchmaschinenwerbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls sich der Preis für die Online-Suchmaschinenwerbung nicht nur vorübergehend um 5 bis 10 % erhöhen sollte“. Zweitens hat die Kommission im selben Erwägungsgrund hinzugefügt, dass bestimmte Website-Betreiber dies auch damit begründet hätten, dass die Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung deutlich höher seien als die Einnahmen aus nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung. 148    Google macht geltend, dass die Kommission keinen echten SSNIP-Test durchgeführt habe. Insoweit behauptet Google einerseits, dass die Kommission nicht untersucht habe, ob es für ein Unternehmen in einer hypothetischen Monopolstellung rentabel wäre, die Preise für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % zu erhöhen. Die Kommission hätte mit anderen Worten untersuchen müssen, ob eine genügende Zahl gerade noch rentabler Kunden ihre Nachfrage so stark ändern würde, dass eine Preiserhöhung unrentabel wäre. Andererseits macht sie geltend, dass sich die Kommission nicht ausschließlich auf die Antworten von Website-Betreibern, Werbetreibenden und Medienagenturen auf eine in den Auskunftsverlangen an sie gerichtete Frage habe stützen dürfen, zumal diese Antworten nicht durch Fakten untermauert worden seien. 149    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 150    Zunächst ist festzustellen, dass aus dem 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen hervorgeht, dass die Kommission den Werbetreibenden, Website-Betreibern und Medienagenturen die Frage gestellt hat, wie sie reagieren würden, falls die Preise für Online-Suchmaschinenwerbung steigen oder, im Fall von Website-Betreibern, die Einnahmen aus dieser Werbung sinken sollten. Dies wird offenbar durch die Fn. 135 bis 138 bestätigt, in denen die Antworten bestimmter Unternehmen auf Frage 2.2 des Auskunftsverlangens zu AdWords vom 22. Dezember 2010, auf Frage 2 des an die Website-Betreiber gerichteten Auskunftsverlangens der Kommission vom 26. Juli 2013, auf Frage 12 des an die Werbetreibenden gerichteten Auskunftsverlangens vom 11. Januar 2016 und auf Frage 9 des an die Medienagenturen gerichteten Auskunftsverlangens vom selben Tag angeführt sind. 151    In diesem Zusammenhang ist zunächst der Inhalt dieser in den Auskunftsverlangen der Kommission enthaltenen Fragen (im Folgenden zusammen: die die Preise betreffende Frage) zu untersuchen. 152    So ergibt sich in Bezug auf die Werbetreibenden aus Frage 2.2 des Auskunftsverlangens zu AdWords vom 22 Dezember 2010 und aus Frage 12 des an die Werbetreibenden gerichteten Auskunftsverlangens vom 11. Januar 2016, zu denen einige Antworten in den Anlagen B.3 und B.4 zur Klagebeantwortung wiedergegeben sind, dass die Kommission die Werbetreibenden, sofern diese Online-Suchmaschinenwerbung verwendeten, aufgefordert hatte, zu erklären, ob sie einen Teil oder die Gesamtheit dieser Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls der Preis für Online-Suchmaschinenwerbung – aufgrund des bestehenden Preismechanismus und nicht aufgrund eines Unterschieds bei der Konversionsrate – um 5 bis 10 % steigen sollte, während der Preis für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung unverändert bliebe, und ob sie bei dieser Entscheidung andere Faktoren als den Preis berücksichtigen würden. 153    In Bezug auf die Medienagenturen ergibt sich aus Frage 9 des an diese gerichteten Auskunftsverlangens vom 11. Januar 2016, zu der einige Antworten in den Anlagen B.3 und B.4 zur Klagebeantwortung wiedergegeben sind, dass die Kommission die Medienagenturen, sofern diese für ihre Kunden Online-Suchmaschinenwerbung schalteten, aufgefordert hatte, zu erklären, ob sie einen Teil oder die Gesamtheit dieser Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls der Preis für Online-Suchmaschinenwerbung – aufgrund des bestehenden Preismechanismus und nicht aufgrund eines Unterschieds bei der Konversionsrate – um 5 bis 10 % steigen sollte, während der Preis für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung unverändert bliebe, und ob sie bei dieser Entscheidung andere Faktoren als den Preis berücksichtigen würden. 154    In Bezug auf die Website-Betreiber ergibt sich aus Frage 2 Satz 2 des an diese gerichteten Auskunftsverlangens vom 26. Juli 2013, zu der einige Antworten in Anlage B.6 zur Klagebeantwortung wiedergegeben sind, dass die Kommission sie auffordert hatte, zu erklären, ob sie einen Teil oder die Gesamtheit der Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls die Einnahmen aus der Anzeige von Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % zurückgehen sollten, während die Einnahmen aus der Anzeige nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung unverändert blieben. 155    Als Erstes ist im Hinblick auf die von Google hierzu vorgebrachten Argumente darauf hinzuweisen, dass ein SSNIP-Test gemäß Nr. 17 der Bekanntmachung über die Marktdefinition darin besteht, zu untersuchen, ob die Kunden der Parteien als Reaktion auf eine angenommene kleine, bleibende Erhöhung der relativen Preise (im Bereich zwischen 5 und 10 %) für die betreffenden Produkte und Gebiete auf leicht verfügbare Substitute ausweichen würden. Ist die Substitution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrückgang eine Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werden in den relevanten Markt weitere Produkte und Gebiete einbezogen. 156    Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keinen SSNIP-Test im Sinne von Nr. 17 der Bekanntmachung über die Marktdefinition durchgeführt hat, da sie nicht untersucht hat, ob es für ein Unternehmen rentabel wäre, den Preis für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % zu erhöhen. Stattdessen hat sie die oben in Rn. 150 bis 154 beschriebene Preisanalyse durchgeführt. 157    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, bei der Definition des Marktes in einer Entscheidung zur Anwendung der Wettbewerbsregeln systematisch einen SSNIP-Test durchzuführen, auch wenn dieser Test der Bekanntmachung über die Marktdefinition zufolge ein anerkanntes Instrument für diesen Zweck darstellt. 158    Das Gericht hat nämlich bereits entschieden, dass die Kommission nicht verpflichtet war, den SSNIP-Test anzuwenden, indem es festgestellt hat, dass diese Art wirtschaftlicher Prüfung zwar tatsächlich eine anerkannte Methode zur Definition des relevanten Marktes darstellt, aber nicht die einzige Methode ist, die der Kommission zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes auch andere Erkenntnisquellen berücksichtigen kann, wie etwa Marktstudien oder eine Bewertung der Ansichten von Kunden und Wettbewerbern (Urteil vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82). 159    Dieser Grundsatz spiegelt sich in Nr. 15 der Bekanntmachung über die Marktdefinition wider, in der es heißt, dass die Durchführung eines SSNIP-Tests nur „[e]ine Möglichkeit“ darstellt, die Substituierbarkeit von Produkten zu beurteilen. Ebenso heißt es in Nr. 25 dieser Bekanntmachung, dass „[e]s … eine ganze Reihe von Nachweisen [gibt], anhand deren sich beurteilen lässt, in welchem Maß Substitution stattfinden würde“, und dass die Kommission in dieser Hinsicht „allen Formen des empirischen Nachweises gegenüber offen [und] bestrebt [ist], alle verfügbaren Angaben zu nutzen, die im Einzelfall von Bedeutung sein können[,] also keiner starren Rangordnung für die verschiedenen Informationsquellen und Nachweisformen [folgt]“. 160    Darüber hinaus gibt es nach der Rechtsprechung bestimmte Fälle, in denen ein SSNIP-Test sogar ungeeignet sein kann, z. B. beim Vorliegen des als „cellophane fallacy“ bezeichneten Phänomens, einer Situation, in der das betreffende Unternehmen bereits eine Quasi-Monopolstellung innehat oder die Marktpreise bereits über dem Wettbewerbsniveau liegen, oder auch bei Produkten, die kostenlos sind oder deren Kosten nicht von denjenigen getragen werden, die die Nachfrage bestimmen (Urteil vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82). 161    Daraus folgt, dass der SSNIP-Test zwar ein anerkanntes Instrument ist, dessen Ergebnisse zusammen mit anderen Aspekten bei einer Gesamtbewertung der Marktdefinition berücksichtigt werden können, dass aber die systematische Verwendung eines solchen Tests für die Zwecke der Marktdefinition nicht zwingend erforderlich ist. 162    Daher ist das Argument von Google zurückzuweisen, dass die von der Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses durchgeführte Preisanalyse im Wesentlichen nicht angemessen sei, weil sie keinen „echten“ SSNIP-Test darstelle. 163    Als Zweites ist zu prüfen, ob, wie die Kommission geltend macht, die von ihr durchgeführte Preisanalyse gleichwohl ein geeignetes Mittel zur Definition des relevanten Marktes ist. 164    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Kommission aus den Antworten der Werbetreibenden, der Medienagenturen und der Website-Betreiber auf die die Preise betreffende Frage nicht hervorging, dass allein eine Erhöhung der Preise der Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % für Werbetreibende und Medienagenturen oder allein ein Rückgang der Einnahmen der Website-Betreiber aus solcher Werbung um 5 bis 10 % diese Marktteilnehmer wahrscheinlich dazu veranlassen würde, die Online-Suchmaschinenwerbung vollständig oder auch nur teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung zu ersetzen. Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen erklärt, dass die Antworten, die sie auf die die Preise betreffende Frage erhalten habe, gezeigt hätten, dass eine solche Preis- oder Einkommensänderung für sich allein kein ausschlaggebender Faktor für die Wahl dieser Marktteilnehmer zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung sei. Nach Ansicht der Kommission sahen die Unternehmen, die auf diese Frage geantwortet hatten, für die Wahl der zu verwendenden Werbung andere Faktoren als den Preis als ebenso wichtig oder sogar wichtiger an, wie z. B. die Klickrate, die Konversionsrate, die Gesamtrendite der Investitionen in Werbekampagnen oder die Relevanz der Werbung für den Nutzer. 165    Unter der Voraussetzung, dass die Kommission den Inhalt der Antworten auf die die Preise betreffende Frage richtig interpretiert hat, was in den nachfolgenden Rn. 168 ff. untersucht wird, ist jedoch mit der Kommission und entgegen der Behauptung von Google festzustellen, dass die von der Kommission durchgeführte Preisanalyse ein nützliches Mittel war, um zu verstehen, wie die Werbetreibenden und die Medienagenturen auf eine Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung – bzw. die Website-Betreiber auf eine Verringerung der Einnahmen aus dieser Werbung – reagieren würden, und somit zu bewerten, ob diese Akteure die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung möglicherweise als austauschbar hätten wahrnehmen können. Solche Antworten von Marktteilnehmern, die wie im vorliegenden Fall mit einer Begründung ihrer Aussagen versehen waren, gehören nämlich zu den Anhaltspunkten, die für die Marktdefinition ausdrücklich als relevant angesehen werden, weil sie eine Bewertung der Ansichten von Kunden und Wettbewerbern ermöglichen und somit nach der oben in Rn. 158 angeführten Rechtsprechung und gemäß Nr. 40 der Bekanntmachung über die Marktdefinition eine Erkenntnisquelle darstellen, die bei der Definition des relevanten Marktes berücksichtigt werden kann. 166    Solche Erkenntnisse können daher grundsätzlich für die Beurteilung der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Werbetreibenden, der Medienagenturen und der Website-Betreiber sachdienlich sein, insbesondere wenn sie, wie im vorliegenden Fall, die Sichtweise einer erheblichen Zahl dieser Werbetreibenden, Website-Betreiber und Medienagenturen widerspiegeln. Sie können somit im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Marktdefinition ein Indiz neben anderen dafür sein, dass diese Arten der Werbung im Einklang mit dem Vorbringen der Kommission nicht austauschbar sind. 167    Daher ist im Licht der Argumente von Google zu prüfen, ob die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus ihrer Preisanalyse gezogen hat, stichhaltig sind. 2)      Zur Stichhaltigkeit der Schlussfolgerungen, die die Kommission aus der von ihr durchgeführten Preisanalyse gezogen hat 168    Google macht erstens geltend, dass die Schlussfolgerungen, die die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus ihrer Preisanalyse gezogen habe, auf einer fehlerhaften Interpretation der Antworten der Unternehmen auf die die Preise betreffende Frage beruhten. Die Kommission habe nämlich einige der in den Fußnoten zu diesem Erwägungsgrund erwähnten Antworten falsch verstanden und Antworten anderer Unternehmen ignoriert, die eine den in diesem Erwägungsgrund dargelegten Schlussfolgerungen der Kommission widersprechende Ansicht vertreten hätten und im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt worden seien. 169    Zweitens macht Google geltend, dass die in Rede stehenden Schlussfolgerungen der Kommission im Wesentlichen auf einer irreführenden Darstellung der Antworten der Unternehmen auf die die Preise betreffende Frage beruhten. 170    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 171    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass die „Mehrheit“ der Werbetreibenden, „alle“ Website-Betreiber und „die Hälfte“ der Medienagenturen angegeben hätten, es sei unwahrscheinlich, dass sie die Online-Suchmaschinenwerbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls sich der Preis für die Online-Suchmaschinenwerbung nicht nur vorübergehend um 5 bis 10 % erhöhen sollte. 172    Um diese Feststellung in Bezug auf die Website-Betreiber zu untermauern, hat die Kommission in Fn. 136 des angefochtenen Beschlusses die Antworten von sechs Website-Betreibern auf Frage 2 der Auskunftsverlangen vom 26. Juli 2013 angeführt. In Bezug auf die Werbetreibenden hat sie in Fn. 135 des angefochtenen Beschlusses die Antworten von fünf Werbetreibenden auf Frage 12 des Auskunftsverlangens vom 11. Januar 2016 und die von zehn weiteren Werbetreibenden auf Frage 2.2 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 zu AdWords aufgelistet. In Bezug auf die Medienagenturen hat sie in Fn. 137 dieses Beschlusses die Antworten von vier Medienagenturen auf Frage 9 des Auskunftsverlangens vom 11. Januar 2016 und die von sechs weiteren Medienagenturen auf Frage 2.2 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 zu AdWords erwähnt. 173    Als Erstes sind die Argumente von Google zu prüfen, die sich auf die nach ihrer Ansicht falsche Interpretation der Antworten der Unternehmen durch die Kommission beziehen, indem diese Argumente erstens in Bezug auf die Website-Betreiber, zweitens auf die Werbetreibenden und drittens auf die Medienagenturen beurteilt werden. Als Zweites wird das Gericht die Argumente von Google zu der nach ihrer Ansicht irreführenden Darstellung dieser Antworten im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses prüfen. i)      Zur Interpretation der Antworten auf die die Preise betreffende Frage –       Zur Interpretation der Antworten der Website-Betreiber 174    Erstens ist festzustellen, dass Google von den Antworten, die in Fn. 136 des angefochtenen Beschlusses zur Stützung der Behauptung der Kommission im 148. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannt werden, in ihren Schriftsätzen nur die Interpretation der Antwort von [vertraulich] (im Folgenden: [vertraulich]) beanstandet. Google stellt daher weder die Interpretation der fünf anderen Antworten der dort aufgeführten Website-Betreiber, nämlich [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], der Gruppe [vertraulich] (zu der die Websites von [vertraulich] gehören) und [vertraulich], noch die Verlässlichkeit dieser Antworten in Frage und beschränkt sich auf den Hinweis, dass zwei dieser Antworten von den Beschwerdeführern im Verfahren stammten. Dies allein ist jedoch in keiner Weise relevant, um darzutun, dass die Kommission diese Antworten falsch interpretiert habe. Google erläutert nicht, warum die beiden in Rede stehenden Antworten – insbesondere im Hinblick auf die oben in Rn. 111 angeführte Rechtsprechung – allein deshalb weniger verlässlich oder weniger glaubhaft sein sollen, weil sie von den Beschwerdeführern stammen. 175    Soweit es um die Antwort von [vertraulich] geht, deren vollständiger Wortlaut in Dokument 4 der Anlage B.6 zur Klagebeantwortung wiedergegeben ist, geht daraus hervor, dass der in Rede stehende Website-Betreiber erklärt hat, dass sich die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung in mehrfacher Hinsicht unterschieden, dass er auf seinen Websites nur Online-Suchmaschinenwerbung einblende, da diese für ihn einen weit höheren Wert habe (sein Geschäft bestehe im Betrieb einer Suchmaschine), und dass er nicht wisse, ob ein „typischerer“ Website-Betreiber auf einen Rückgang der Einnahmen aus Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % mit einer Umstellung von Werbeflächen auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung reagieren würde. Angesichts des Inhalts dieser Antwort konnte die Kommission vernünftigerweise davon ausgehen, dass das in Rede stehende Unternehmen im Fall einer Verringerung der Einnahmen aus Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % die Art der Werbung wahrscheinlich nicht ändern würde. 176    Zweitens ist zum Vorbringen von Google, die Kommission habe die Antworten von [vertraulich] und [vertraulich] ignoriert, festzustellen, dass auch diese Antworten die im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegte und oben in Rn. 171 wiedergegebene Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich der Reaktion der Website-Betreiber auf eine Verringerung der Einnahmen aus Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % nicht entkräften. 177    Die Erklärungen von [vertraulich] und [vertraulich], die auszugsweise in Anlage A.13 bzw. in Dokument 24 der Anlage A.12 zur Klageschrift wiedergegeben sind, wurden nämlich als Antwort auf die Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 zu AdWords abgegeben. Diese Marktteilnehmer haben somit – im Gegensatz zu allen in Fn. 136 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Antworten – nicht auf das an die Website-Betreiber gerichtete Auskunftsverlangen vom 26. Juli 2013 geantwortet. Mithin haben diese Marktteilnehmer eine Frage beantwortet, die sich darauf bezog, wie sie auf einen Anstieg der Preise für Online-Suchmaschinenwerbung reagieren würden – einen Fall, der die Werbetreibenden betroffen hätte –, und nicht auf den Fall sinkender Einnahmen, der die Website-Betreiber betroffen hätte. Darüber hinaus ist in Bezug auf [vertraulich] festzustellen, dass dieses Unternehmen in seiner Antwort zwar auch auf spezifische Entwicklungen eingegangen ist, die eine Tochtergesellschaft betrafen, die laut den Erwägungsgründen 348 und 355 des angefochtenen Beschlusses als Website-Betreiberin einen GSA mit Google geschlossen hatte, dass diese Antwort aber gleichwohl die Sichtweise eines Werbetreibenden wiedergibt und darüber hinaus angibt, dass eine Preiserhöhung um 5 bis 10 % nicht zwangsläufig zu einer Verlagerung des Werbebudgets auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung führen würde. 178    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Google nichts vorbringt, was belegen könnte, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Antworten der Website-Betreiber auf die die Preise betreffende Frage falsch interpretiert hat. –       Zur Interpretation der Antworten der Werbetreibenden 179    Als Erstes ist festzustellen, dass Google nur die Interpretation von vier der fünfzehn Antworten beanstandet, die die Kommission in Fn. 135 des angefochtenen Beschlusses zur Stützung ihrer Behauptung im 148. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnt hat, nämlich der Antworten von [vertraulich] „[vertraulich]“ und [vertraulich] sowie von [vertraulich]. Sie stellt daher weder die Interpretation der Antworten der elf anderen dort aufgeführten Unternehmen, nämlich [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], durch die Kommission noch die Verlässlichkeit dieser Antworten in Frage. 180    Zu den vier Antworten, deren Interpretation Google beanstandet, ist erstens festzustellen, dass [vertraulich] und „[vertraulich]“ zwar angegeben haben, dass sie möglicherweise eine Verlagerung eines Teils ihres Budgets auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung in Erwägung ziehen würden, falls der Preis für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % steigen sollte, dass diese Werbetreibenden jedoch nicht angegeben haben, dass eine solche Verlagerung wahrscheinlich wäre. [vertraulich] hat nämlich in ihrer – in Dokument 2 der Anlage B.3 zur Klagebeantwortung vollständig wiedergegebenen – Antwort ausgeführt, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht „vollständig austauschbar“ seien und dass sie die Investitionsrendite der Online-Suchmaschinenwerbung bewerten würde, bevor sie Investitionen in diese Art der Werbung streiche. „[vertraulich]“ hat ihrerseits zu Beginn ihrer in Dokument 3 der Anlage A.12 zur Klageschrift wiedergegebenen Antwort auf die die Preise betreffende Frage darauf hingewiesen, dass die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung nicht in gleicher Weise auf das Interesse des Verbrauchers eingehe wie die Online-Suchmaschinenwerbung, was es nahelegt, dass eine solche Verlagerung durch dieses Unternehmen im Fall einer Preiserhöhung nicht wahrscheinlich wäre. Zweitens hat [vertraulich] in ihrer in Dokument 4 der Anlage A.12 zur Klageschrift wiedergegebenen Antwort auf die die Preise betreffende Frage zwar angegeben, dass sie ihre Investitionen in Online-Suchmaschinenwerbung wahrscheinlich senken würde, zugleich aber auch erklärt, dass sie ihre Nutzung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung gleichwohl nicht „notwendigerweise“ erhöhen würde, was darauf hindeutet, dass eine solche Verlagerung durch dieses Unternehmen ebenfalls nicht wahrscheinlich wäre. Drittens hat [vertraulich] in ihrer Antwort, die in Dokument 1 der Anlage B.3 zur Klagebeantwortung vollständig wiedergegeben ist, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Strategie zwar bei jeder Preisänderung neu bewerten würde, eine Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % aber nicht groß genug wäre, um sie zu veranlassen, die Art der Werbung zu ändern. 181    Daraus folgt, dass diese Antworten die Schlussfolgerung der Kommission – wonach diese Unternehmen es als unwahrscheinlich bezeichnet hätten, dass sie im Fall einer nicht nur vorübergehenden Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis10 % diese Werbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden – nicht entkräften, weil keiner dieser Werbetreibenden erklärt hat, dass eine solche Umstellung wahrscheinlich wäre. 182    Als Zweites trägt Google vor, dass einige der Werbetreibenden, die auf die die Preise betreffende Frage geantwortet hätten und deren Antworten im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt worden seien, eine Auffassung vertreten hätten, die der Schlussfolgerung der Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zuwiderlaufe, und dass die Kommission diese Antworten schlicht ignoriert habe. 183    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die „Mehrheit“ der Werbetreibenden es als unwahrscheinlich bezeichnet habe, dass sie die Online-Suchmaschinenwerbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls sich der Preis für die Online-Suchmaschinenwerbung nicht nur vorübergehend um 5 bis 10 % erhöhen sollte. Das bedeutet, dass die Kommission selbst implizit anerkannt hat, dass einige Antworten die Möglichkeit einer Umstellung im Fall eines Preisanstiegs nicht völlig ausgeschlossen haben. 184    Darüber hinaus ist festzustellen, dass die von Google in Tabelle Nr. 4 der Anlage A.12 zur Klageschrift angeführten Antworten, die sowohl Werbetreibende als auch Medienagenturen betreffen und belegen sollen, dass die Marktteilnehmer im Rahmen der von der Kommission durchgeführten Analyse unterschiedliche Ansichten vertreten hätten, nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Marktteilnehmer, die diese Antworten verfasst haben, bei einer Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % diese Art ihrer Werbung wahrscheinlich ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden. 185    Erstens geht aus dem Inhalt der von Google angeführten Antworten dieser Unternehmen hervor, dass keines von ihnen klar zu erkennen gegeben hat, dass es allein aufgrund einer Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % diese Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würde. 186    Zweitens hat die Mehrheit der erwähnten Unternehmen – in einigen Fällen nur implizit – angegeben, dass sie im Fall einer solchen Preiserhöhung zwar prüfen würden, ob es zweckmäßig wäre, die Art der verwendeten Werbung zu ändern; gleichwohl haben diese Unternehmen jedoch deutlich gemacht, dass diese Entscheidung von anderen Faktoren als dem Preis abhängig wäre, z. B. von der Wirksamkeit der jeweiligen Werbung, den Zielen der in Rede stehenden Werbekampagnen, der Konversionsrate und der Investitionsrendite. Diese Feststellung wird durch die Antworten von [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] veranschaulicht, die in Anlage A.12 zur Klageschrift auszugsweise wiedergegeben sind. 187    Drittens haben [vertraulich] und [vertraulich], deren Antworten in Dokument 6 der Anlage B.3 bzw. Dokument 1 der Anlage B.4 zur Klagebeantwortung vollständig wiedergegeben sind, zwar angegeben, dass sie wahrscheinlich die Art ihrer Werbung ändern würden; zugleich haben beide Unternehmen ihre Aussagen aber durch die Erklärung eingeschränkt, dass eine solche Änderung auch von anderen Faktoren abhängig wäre. Darüber hinaus ist festzustellen, dass [vertraulich] klargestellt hat, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Antwort keine Online-Suchmaschinenwerbung verwende und eine Preiserhöhung für diese Werbung daher keine Auswirkungen auf ihre Werbeausgaben hätte, was die Relevanz ihrer Antwort einschränken kann. 188    Viertens haben [vertraulich] und [vertraulich], deren Antworten in den Dokumenten 24 bzw. 27 der Anlage A.12 zur Klageschrift auszugsweise wiedergegeben sind, die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zwar als austauschbar bezeichnet, aber die Frage nach den Auswirkungen einer Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung nicht ausdrücklich beantwortet. Außerdem hat [vertraulich] angegeben, dass der Preis der Online-Suchmaschinenwerbung keinen Einfluss auf deren Austauschbarkeit gegen nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung habe. 189    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die von Google angeführten Antworten tendenziell bestätigen, dass ein Anstieg des Preises für Online-Suchmaschinenwerbung für sich allein wahrscheinlich nicht dazu führen würde, dass die Werbetreibenden diese Werbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen. Diese Antworten können daher den Inhalt der von der Kommission in Fn. 135 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Antworten der Werbetreibenden nicht aufwiegen. 190    Folglich trägt Google keine Anhaltspunkte vor, die belegen könnten, dass die Kommission die Antworten der Werbetreibenden auf die die Preise betreffende Frage im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses falsch interpretiert hat. –       Zur Interpretation der Antworten der Medienagenturen 191    In Bezug auf die Interpretation der Antworten der Medienagenturen beanstandet Google erstens die Interpretation von sieben der zehn Antworten, die die Kommission in Fn. 137 des angefochtenen Beschlusses zur Stützung ihrer Behauptung im 148. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnt hat, nämlich der Antworten von [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und „[vertraulich]“. Sie stellt daher weder die Interpretation der Antworten der drei anderen dort aufgeführten Medienagenturen, nämlich [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], noch die Verlässlichkeit dieser Antworten in Frage. 192    Was die sieben Antworten betrifft, deren Interpretation Google beanstandet, geht erstens aus fünf dieser sieben Antworten hervor, dass die betreffenden Medienagenturen für den Fall eines Anstiegs des Preises für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % die Möglichkeit einer Verlagerung zu nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung nicht kategorisch ausgeschlossen haben. Zum einen haben [vertraulich] und [vertraulich] die Frage, ob sie eine solche Verlagerung vornehmen würden, zwar verneint, zugleich aber in ihren in den Dokumenten 8 bzw. 10 der Anlage A.12 zur Klageschrift wiedergegebenen Antworten auf die die Preise betreffende Frage angegeben, dass es ihnen möglich wäre, einen begrenzten Teil ihrer Online-Suchmaschinenwerbung auf andere Arten von Online-Werbung zu verlagern. Zum anderen haben [vertraulich], „[vertraulich]“ und [vertraulich] in ihren jeweils in Dokument 6, 7 bzw. 10 der Anlage A.12 zur Klageschrift wiedergegebenen Antworten auf die die Preise betreffende Frage angegeben, sie hielten eine Verlagerung für möglich, wenn sie sich durch andere Faktoren wie etwa die Investitionsrendite hierzu veranlasst sähen, aber ihre Antworten deuten nicht darauf hin, dass eine solche Verlagerung in der Praxis wahrscheinlich wäre. 193    Auch wenn diese fünf Antworten hinsichtlich der möglichen Reaktion der Unternehmen auf eine Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung relativiert wurden, ändert dies somit nichts daran, dass diese Unternehmen nicht angegeben haben, dass sie eine Preiserhöhung um 5 bis 10 %, für sich allein betrachtet, wahrscheinlich zum Anlass nehmen würden, einen Teil oder die Gesamtheit dieser Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung zu ersetzen. 194    Was zweitens die Antworten von [vertraulich] und [vertraulich] betrifft, können weder der Hinweis von Google, dass [vertraulich] eine andere im Rahmen des Auskunftsverlangens erteilte Antwort (Dokument 9 der Anlage A.12 zur Klageschrift) schlicht kopiert und eingefügt habe, noch die Klarstellung von [vertraulich], sie nutze keine Online-Suchmaschinenwerbung (Dokument 11 der Anlage A.12 zur Klageschrift), etwas daran ändern, dass diese beiden Medienagenturen die Frage, ob sie im Fall einer Preiserhöhung für Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % diese Art der Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, gleichwohl verneint haben. Mithin konnte die Kommission diese Antworten zu Recht zur Unterstützung ihrer die Medienagenturen betreffenden Schlussfolgerung im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses heranziehen. 195    Als Zweites weist Google darauf hin, dass viele der Medienagenturen, die auf die die Preise betreffende Frage geantwortet hätten, eine Auffassung vertreten hätten, die der Schlussfolgerung der Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zuwiderlaufe, und dass die Kommission diese Antworten schlicht ignoriert habe. 196    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die Hälfte der Medienagenturen es als unwahrscheinlich bezeichnet hätten, dass sie die Online-Suchmaschinenwerbung ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, falls sich der Preis für die Online-Suchmaschinenwerbung nicht nur vorübergehend um 5 bis 10 % erhöhen sollte. Die Kommission hat daher – in ähnlicher Weise wie oben in Rn. 183 in Bezug auf die Werbetreibenden dargelegt – implizit anerkannt, dass die andere Hälfte der Medienagenturen diese Aussage nicht bestätigt hat und somit die Auffassungen der Medienagenturen geteilt sind. 197    Hinsichtlich der Interpretation der von Google angeführten Antworten, die die Kommission ignoriert haben soll, ist auf die oben in Rn. 184 bis 189 dargestellte Analyse zu verweisen, die sich sowohl auf die Werbetreibenden als auch auf die Medienagenturen bezieht. Wie in den oben genannten Randnummern erläutert, deuten die von Google angeführten Antworten darauf hin, dass eine solche Preiserhöhung allein nicht dazu führen würde, dass sich die Werbetreibenden und die Medienagenturen von Online-Suchmaschinenwerbung auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung umstellen würden. Somit sind diese Antworten nicht geeignet, die Schlussfolgerung der Kommission zu entkräften, dass die Hälfte der Medienagenturen im Fall einer Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % diese Art der Werbung wahrscheinlich nicht ganz oder teilweise durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würde. 198    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Google nichts vorbringt, was belegen könnte, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Antworten der Medienagenturen auf die die Preise betreffende Frage falsch interpretiert hat. –       Ergebnis zur Interpretation der Antworten auf die die Preise betreffende Frage durch die Kommission 199    Aus der vorstehenden Analyse der Antworten der Website-Betreiber, der Werbetreibenden und der Medienagenturen auf die die Preise betreffende Frage ergibt sich – ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des in den Anlagen A.12 zur Klageschrift und C.3 zur Erwiderung enthaltenen Vorbringens von Google bedarf –, dass Google nicht nachgewiesen hat, dass die Kommission diese Antworten falsch ausgelegt hat. Ihr Vorbringen ist daher nicht geeignet, die Schlussfolgerungen, die die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus diesen Antworten gezogen hat, in Frage zu stellen. ii)    Zur nach Auffassung von Google irreführenden Darstellung der Antworten auf die die Preise betreffende Frage 200    Google macht ferner geltend, dass die Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Inhalt der Antworten der Unternehmen auf die die Preise betreffende Frage insofern falsch dargestellt habe, als ihre Schlussfolgerungen auf den Antworten von nur 15 Werbetreibenden, sechs Website-Betreibern und zehn Medienagenturen beruhten, die in den Fn. 135 bis 137 des angefochtenen Beschlusses aufgelistet seien. Die Schlussfolgerungen der Kommission seien daher im Wesentlichen fehlerhaft oder irreführend, weil sie auf Antworten von weniger als 10 % der im angefochtenen Beschluss erwähnten Werbetreibenden sowie von weniger als 20 % der Werbetreibenden bzw. einem Drittel der Medienagenturen beruhten, die im Verwaltungsverfahren um Auskunft ersucht worden seien. 201    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 202    Als Erstens ist festzustellen, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen erläutert hat, dass es sich bei den Antworten, die sie in den Fn. 135 bis 137 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt habe, um die Schlussfolgerungen im 148. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zu untermauern, nicht um eine erschöpfende Liste der Unternehmen handele, die Antworten erteilt hätten. Sie weist nämlich darauf hin, dass – über die Antworten der in diesen Fußnoten genannten Unternehmen hinaus – erstens sechs weitere Website-Betreiber auf die die Preise betreffende Frage im Auskunftsverlangen vom 26. Juli 2013 geantwortet hätten, zweitens sieben weitere Website-Betreiber auf die in einem anderen Auskunftsverlangen vom 18. März 2016 gestellte, ebenfalls die Preise betreffende Frage geantwortet hätten, drittens 43 weitere Werbetreibende die in den Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 und 11. Januar 2016 enthaltene Frage, ob sie im Fall einer nicht nur vorübergehenden Preiserhöhung für Online-Suchmaschinenwerbung um 5 bis 10 % diese Werbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen würden, verneint hätten, und viertens, dass sieben weitere Medienagenturen ebenfalls in diesem Sinne geantwortet hätten. Darüber hinaus hat die Kommission in ihren Schriftsätzen präzisiert, dass sie auf die die Preise betreffende Frage Antworten von insgesamt 19 Website-Betreibern, 87 Werbetreibenden und 34 Medienagenturen erhalten habe. 203    Diese Informationen fehlen jedoch im angefochtenen Beschluss. Die Kommission hat nämlich in diesem Beschluss nicht klargestellt, dass die Antworten, die sie dort in den Fn. 135 bis 137 angeführt hat, um ihre Schlussfolgerungen im 148. Erwägungsgrund zu untermauern, nicht erschöpfend sind. 204    Die bloße Tatsache, dass diese Antworten nicht die Gesamtheit der bei der Kommission eingegangenen Antworten darstellen, bedeutet jedoch für sich genommen nicht, dass die im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gezogenen Schlussfolgerungen falsch sind. 205    Google hat nämlich bei ihrer Akteneinsicht Kenntnis von allen Antworten nehmen können, die die Kommission auf die Auskunftsverlangen erhalten hatte, einschließlich der Antworten, auf die die Kommission ihre Schlussfolgerungen im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gestützt hatte. Bei dieser Gelegenheit war Google in der Lage, die von den Unternehmen übermittelten Antworten zu prüfen, und hatte Gelegenheit zu der Feststellung, dass die Kommission über mehr Antworten von Marktteilnehmern verfügte als diejenigen, die in den Fußnoten zum 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aufgeführt sind. Dies wird im Übrigen durch die Tatsache belegt, dass Google im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die Interpretation bestimmter Antworten in Frage stellt, die in diesem Beschluss nicht erwähnt sind. Abgesehen von den Antworten, die Google im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes (siehe oben, Rn. 168 bis 199) angeführt und beanstandet hat, leitet sie aus den übrigen Antworten jedoch keine konkreten Argumente ab, was dafür spricht, dass auch diese Antworten die Schlussfolgerungen der Kommission im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht entkräften können. 206    Aus denselben Gründen ist das Vorbringen von Google zurückzuweisen, dass die Zahl der im angefochtenen Beschluss erwähnten Antworten begrenzt gewesen sei, denn Google war bekannt, dass eine höhere Zahl von Unternehmen auf die die Preise betreffende Frage geantwortet hatte. 207    Daher konnte die Kommission ihre Schlussfolgerungen im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht auf die Antworten auf die die Preise betreffende Frage stützen, auch wenn sie es unterlassen hat, alle von ihr zu diesem Zweck herangezogenen Antworten der Unternehmen anzuführen. 208    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google weder nachweist, dass die von der Kommission im angefochtenen Beschluss durchgeführte Preisanalyse für die Zwecke der Marktdefinition irrelevant war, noch dass die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus dieser Analyse gezogen hat, falsch oder irreführend waren. e)      Zur Richtigkeit der Analyse der Kommission bezüglich der Unterschiede zwischen den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 209    Google macht geltend, dass die Kommission die Merkmale der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung falsch analysiert habe und dass alle Unterschiede zwischen den Merkmalen dieser Werbearten nicht ausreichten, um zu dem Schluss zu gelangen, dass diese weder aus Sicht der Werbetreibenden noch aus Sicht der Website-Betreiber austauschbar seien. 210    In einem ersten Schritt sind die Argumente von Google zu prüfen, mit denen das Vorliegen der einzelnen im angefochtenen Beschluss angeführten Unterschiede zwischen den Merkmalen bestritten wird, bevor in einem zweiten Schritt deren Relevanz für die Marktdefinition bestimmt wird. 1)      Zur Aktivierung und Platzierung der der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 211    Im 136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission in Bezug auf die Anzeige der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung festgestellt, dass die Online-Suchmaschinenwerbung nur im Anschluss an eine Stichwortsuche angezeigt und entweder direkt über, unter oder auch neben den Ergebnissen einer solchen Suche platziert worden sei. Im Gegensatz dazu hat sie festgestellt, dass die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung auf jeder beliebigen Internetseite angezeigt werden und sowohl kontextbezogen (d. h. mit dem Inhalt der Internetseite verbunden) als auch nicht kontextbezogen (d. h. eine Werbeeinblendung) sein könne. 212    Google bestreitet die Erheblichkeit dieser Unterschiede, indem sie geltend macht, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung auf denselben Seiten wie die Suchergebnisse in austauschbaren Platzierungen hätten angezeigt werden können, was bedeute, dass es sich nicht um unterschiedliche Werbeflächen handele. 213    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 214    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass sich die Feststellungen der Kommission im 136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Antworten von acht Website-Betreibern auf Auskunftsverlangen und auf einen Auszug aus der Aussage eines Vertreters von Google, [vertraulich], vor der Federal Trade Commission (Bundesbehörde für Wettbewerb, Vereinigte Staaten, im Folgenden: FTC) im Mai 2012 stützen. Darüber hinaus geht aus dem 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch hervor, dass die World Federation of Advertisers ebenfalls darauf hingewiesen hat, dass dieser Unterschied in der Platzierung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung und die Tatsache, dass die Online-Suchmaschinenwerbung durch die Suche eines Nutzers ausgelöst werde, wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung darstellten. Google hat jedoch weder die Richtigkeit und Verlässlichkeit noch die Kohärenz dieser Beurteilungsgesichtspunkte in Frage gestellt. 215    Als Zweites hat Google nicht bestritten, dass selbst dann, wenn die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung tatsächlich auf denselben Internetseiten erscheinen kann wie die Online-Suchmaschinenwerbung, der Nutzer anhand ihrer Platzierung und ihres Inhalts leicht zwischen diesen beiden in Rede stehenden Arten der Werbung unterscheiden kann. Zum einen befindet sich die Online-Suchmaschinenwerbung nämlich in der Regel direkt unter der Suchleiste (und manchmal an diese angrenzend), und zwar in Form einer Liste, wenn es sich um Textwerbung handelt, und mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es sich um Werbung handelt. Zum anderen steht ihr Inhalt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Stichwortsuche, die der Nutzer durchführt. Nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung kann hingegen an verschiedenen Stellen der Internetseite angezeigt werden, ohne dass die vom Nutzer durchgeführte Suche Einfluss darauf hat, welche Produkte oder Dienstleistungen dort beworben werden. 216    Google hat daher nicht nachgewiesen, dass die Feststellung der Kommission im 136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die sich auf die Unterschiede zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung hinsichtlich ihrer Aktivierung und Platzierung bezieht, falsch ist. 2)      Zu den Formaten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 217    Im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission in Bezug auf die Formate der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung festgestellt, dass Online-Suchmaschinenwerbung „in der Regel ausschließlich“ textbasiert sei, während nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung eine Vielzahl von Text‑, Grafik- und Videoformaten annehmen könne. 218    Google beanstandet diese Feststellung, indem sie geltend macht, dass Online-Suchmaschinenwerbung tatsächlich ebenfalls in angereicherten Formaten erscheinen oder Bilder enthalten könne und dass nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung häufig ein Textelement enthalte. 219    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 220    Hierzu ist festzustellen, dass Google nicht in Abrede stellt, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung tendenziell unterschiedliche Formate annehmen. Google bestreitet auch nicht, dass die 13 Werbetreibenden und Medienagenturen sowie [vertraulich], auf die die Kommission im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses verweist (vgl. Fn. 110), in ihren Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission tatsächlich auf diesen Unterschied hingewiesen haben und dass die World Federation of Advertisers, wie im 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, in einer Erklärung vom 18. Februar 2011 ebenfalls auf diesen Unterschied hingewiesen hat. 221    Andererseits ist der von Google in Rn. 54 (Abbildung 3) der Klageschrift vorgelegte Bildschirmausdruck, der belegen soll, dass Online-Suchmaschinenwerbung häufig grafische Elemente aufweise, in dieser Hinsicht irrelevant, weil er eine andere Art von Online-Werbung zeigt, nämlich die oben in Rn. 33 beschriebenen Ergebnisse spezialisierter Online-Suchdienste. Die einzige Frage, die Google dem Gericht im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes zur Prüfung vorlegt, ist nämlich, ob die Kommission zu Recht zu dem Schluss kommen konnte, dass sich Online-Suchmaschinenwerbung nicht durch Online-Werbung ersetzen lasse, die nicht suchmaschinengebunden sei. Dies ist die einzige Frage, die sowohl in der Überschrift des ersten Teils des ersten Klagegrundes, die sich ausschließlich auf die Analyse des Wettbewerbs zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung bezieht, als auch in seinem Inhalt, der sich tatsächlich nur mit der dieselbe Frage betreffenden Beurteilung der Kommission in den Erwägungsgründen 135 bis 169 des angefochtenen Beschlusses befasst, aufgeworfen wird. Somit hat Google – entgegen ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung – in diesem Teil des ersten Klagegrundes kein Argument vorgebracht, das die Beurteilung der Kommission in den Erwägungsgründen 170 bis 183 des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt, in der zwischen Online-Suchmaschinenwerbung und den Ergebnissen spezialisierter Online-Suchdienste unterschieden wird. 222    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Google keine Gesichtspunkte vorträgt, die die Feststellung im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses widerlegen könnten, dass Online-Suchmaschinenwerbung und nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung in der Regel in unterschiedlichen Formaten angezeigt würden. 3)      Zu den Kosten der Gestaltung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 223    Im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission hinzugefügt, dass sich aus den oben erwähnten unterschiedlichen Formaten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung ergebe, dass den Werbetreibenden für Online-Suchmaschinenwerbung im Vergleich zu den Gestaltungskosten für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung, insbesondere solche mit grafischen Elementen und angereicherten Formaten, nur geringe oder gar keine Gestaltungskosten entstünden. 224    Google bestreitet die Richtigkeit dieser Feststellung. Sie trägt vor, dass die Kosten für die Gestaltung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung nicht zwangsläufig hoch seien, und weist darauf hin, dass diese Werbung auch in Textform erscheinen oder andere, ebenfalls sehr einfache Formate annehmen könne. 225    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 226    Wie oben in Rn. 220 bis 222 festgestellt, hat Google keine Gesichtspunkte vorgetragen, die geeignet wären, die im angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung in Frage zu stellen, dass Online-Suchmaschinenwerbung im Allgemeinen ausschließlich aus Text bestehe, während nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung häufig eine komplexere Darstellung aufweise, die ein grafisches Element oder ein Video enthalte, auch wenn sie manchmal einfachere Formen annehme. Daher konnte die Kommission davon ausgehen, dass die Kosten der Gestaltung von Online-Suchmaschinenwerbung in der Regel geringer seien als die Kosten der Gestaltung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung. 227    Darüber hinaus hat Google auch nicht die Richtigkeit, Verlässlichkeit oder Kohärenz der in Fn. 112 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Antworten in Frage gestellt, die von vier Unternehmen auf die Auskunftsverlangen erteilt wurden und auf die sich die Kommission zur Begründung ihrer Feststellung im 137. Erwägungsgrund dieses Beschlusses gestützt hat. 228    Google weist daher nicht nach, dass die Kommission im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt hat, dass die Kosten der Gestaltung von Online-Suchmaschinenwerbung im Vergleich zu den Kosten der Gestaltung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung im Allgemeinen gering seien. 4)      Zu den Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, Nutzer gezielt anzusprechen 229    In den Erwägungsgründen 138 bis 141 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass sich die Online-Suchmaschinenwerbung – weil sie als Reaktion auf eine Stichwortsuche des Nutzers angezeigt werde – von Natur aus besser dazu eigne, auf ein unmittelbares Interesse des Nutzers einzugehen, als nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung. Obwohl die Kommission im angefochtenen Beschluss anerkannt hat, dass bestimmte, nicht suchmaschinengebundene Arten der Werbung – wie kontextbezogene Werbung (die sich an die vom Nutzer besuchte Internetseite anpasst), verhaltensorientierte Werbung (die sich an den Browsererlauf des Nutzers anpasst) und in sozialen Netzwerken platzierte Werbung (die sich an das Netzwerkprofil des Nutzers anpasst) – in der Lage sein können, Nutzer gezielt anzusprechen, hat sie die Auffassung vertreten, dass diese Formen der gezielten Ansprache nicht denselben Grad an Relevanz für den Nutzer erreichten wie die Online-Suchmaschinenwerbung. 230    Google widerspricht dieser Analyse und macht geltend, dass zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung kein signifikanter Unterschied in der Fähigkeit bestehe, Nutzer gezielt anzusprechen. Sie verweist darauf, dass es auf dem Markt anderer Produkte gebe, die eine gezielte Ansprache von Nutzern ermöglichten, wie die von sozialen Netzwerken vermarkteten Produkte und die Retargeting-Technologie, mit der Nutzer, die eine Website schon einmal besucht hätten, gezielt angesprochen werden könnten. Die Kommission habe diese Beweise ignoriert, obwohl ihr bestimmte Werbetreibende in ihren Antworten auf die Auskunftsverlangen mitgeteilt hätten, dass nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung eine sehr ausgeklügelte gezielte Ansprache ermögliche. 231    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 232    Als Erstes ist zum Vorbringen von Google, die Kommission habe bei ihrer Analyse der Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, Nutzer gezielt anzusprechen, bestimmte relevante Tatsachen nicht berücksichtigt, darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass die Online-Suchmaschinenwerbung eine höhere Zielgenauigkeit erreichen könne, in den Erwägungsgründen 138 bis 141 des angefochtenen Beschlusses auf ein Bündel unterschiedlicher Gesichtspunkte gestützt hat. So hat die Kommission auf die Antworten verwiesen, die sie auf ihre Auskunftsverlangen von 14 Unternehmen, darunter von Werbetreibenden, Medienagenturen und Website-Betreibern, aber auch von [vertraulich] erhalten hatte (Fn. 113 bis 115, 119 und 120), sowie auf Informationen, die ein Vertreter von Google vor der FTC erteilt hatte (vgl. 139. Erwägungsgrund), auf den Bereich „AdWords Help“ der Google-Website aus dem Jahr 2012 (vgl. 140. Erwägungsgrund) und auf einen Bericht der französischen Wettbewerbsbehörde aus dem Jahr 2010 über Online-Werbung (vgl. 141. Erwägungsgrund). Darüber hinaus hat die Kommission im 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch festgestellt, dass die World Federation of Advertisers auf die unterschiedliche Fähigkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zur gezielten Ansprache hingewiesen habe. 233    Google bringt jedoch keine substanziierten Argumente vor, mit denen sie die Richtigkeit, Verlässlichkeit und Kohärenz der oben genannten Informationen in Frage stellt. Sie macht auch nicht geltend, dass diese Informationen für die Analyse der Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, Nutzer gezielt anzusprechen, irrelevant seien. 234    Als Zweites weist Google nicht nach, dass die Kommission es unterlassen hat, andere relevante Beweise zu untersuchen, die die in ihrer Analyse gezogene Schlussfolgerung hätten ändern können. 235    Erstens ist in Bezug auf die Fähigkeiten zu gezielter Ansprache, die die von Google angeführten Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, LinkedIn und Snap anbieten, darauf hinzuweisen, dass Google nicht bestreitet, dass die von diesen Betreibern vermarkteten neuen Dienste, wie von der Kommission vorgetragen, entweder gegen Ende des Zeitraums der im angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung, wie im Fall von Facebook Audience Network im Jahr 2014, oder nach diesem Zeitraum, wie im Fall von LinkedIn Audience Network und Snap Audience Network, auf den Markt gebracht wurden. Daher war der erste oben erwähnte Dienst für die Definition des relevanten Marktes von begrenzter Relevanz, während die beiden anderen Dienste insoweit irrelevant waren. Außerdem bestreitet Google nicht die Richtigkeit der im 163. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffenen Feststellung der Kommission, dass die vom Facebook Audience Network angebotenen Fähigkeiten, Nutzer gezielt anzusprechen, es nicht ermöglichten, Werbung anzuzeigen, die auf die Interessen des Nutzers ebenso häufig einging wie die Online-Suchmaschinenwerbung. 236    Darüber hinaus hat Google nicht nachgewiesen, dass die oben in Rn. 235 erwähnten Produkte und die anderen Produkte, auf die sich Google in Rn. 10 der Anlage C.3 zur Erwiderung bezieht, nämlich Criteo, ValueClick und Millennial Media, den Werbetreibenden die Möglichkeit boten, Werbeanzeigen zu präsentieren, die ebenso unmittelbar auf ein vom Nutzer geäußertes Interesse reagieren, wie dies bei der Online-Suchmaschinenwerbung der Fall ist. Der Verweis in Tabelle 7 der Anlage C.3 zur Erwiderung auf ein Informationsblatt des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2017 zu einer Untersuchung gegen das Unternehmen Facebook, in dem ohne weitere Details festgestellt wird, dass Facebook „die Fähigkeit zur Verbesserung ihrer Ad-Targeting-Aktivitäten“ habe, kann nicht belegen, dass Facebook während des Zeitraums der beanstandeten Zuwiderhandlung über ein Produkt oder einen Dienst verfügte, mit dem das unmittelbare Interesse eines Internetnutzers in derselben Weise hätte angesprochen werden können, wie dies bei der Online-Suchmaschinenwerbung geschieht. 237    Was zweitens die Retargeting-Möglichkeiten bestimmter nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung betrifft, die es Werbetreibenden ermöglichen soll, Nutzer auf der Grundlage ihrer früheren Internetnutzung anzusprechen, ist festzustellen, dass die Kommission diesen Aspekt entgegen dem Vorbringen von Google nicht außer Acht gelassen hat. Im 141. Erwägungsgrund Nr. 2 des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission nämlich mit den Möglichkeiten der Werbetreibenden befasst, einen Nutzer anzusprechen, der in der Vergangenheit bestimmte Internetseiten besucht hat. Sie hat jedoch unter Hinweis auf die von sechs in Fn. 120 genannten Werbetreibenden auf das Auskunftsverlangen vom 11. Januar 2016 erteilten Antworten, deren Interpretation von Google nicht beanstandet wird, die Auffassung vertreten, dass sich diese als „verhaltensorientierte Werbung“ bezeichnete Art der Werbung weiterhin weniger dazu eigne, ein zum Zeitpunkt ihrer Anzeige bestehendes Interesse des Nutzers anzusprechen, und daher weniger wahrscheinlich zu einem Kauf oder zu einer anderen für den Werbetreibenden günstigen Handlung des Nutzers führen werde. 238    Drittens ist in Bezug auf die Entscheidung K(2008) 927 endg. der Kommission vom 11. März 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.4731 – Google/DoubleClick) (im Folgenden: Entscheidung Google/DoubleClick) zum einen darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht an die in ihren früheren Entscheidungen vorgenommenen Beurteilungen der relevanten Märkte gebunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, EU:T:2005:456, Rn. 118 bis 120, und vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 93). Die Kommission muss nämlich die Umstände des Einzelfalls individuell prüfen, ohne dabei durch frühere Entscheidungen gebunden zu sein, die andere Wirtschaftsteilnehmer, andere Produkt‑ oder Dienstleistungsmärkte und andere räumliche Märkte zu anderen Zeiten betrafen. So kann eine klagende Partei gegen die Feststellungen der Kommission nicht einwenden, dass sie von früher in einer anderen Sache getroffenen Feststellungen abweichen; dies gilt selbst dann, wenn die betreffenden Märkte in den beiden Fällen ähnlich oder sogar identisch sind (vgl. Urteil vom 25. März 2015, Slovenská pošta/Kommission, T‑556/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:189, Rn. 197 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen hat die Kommission im 52. Erwägungsgrund der Entscheidung Google/DoubleClick zwar festgestellt, dass sich – den im Rahmen ihrer Marktuntersuchung erteilten Antworten der Werbetreibenden zufolge – die Fähigkeiten nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung zu gezielter Ansprache verbesserten, und im 12. Erwägungsgrund dieser Entscheidung, dass sich diese Fähigkeiten durch auf das Nutzungsverhalten abgestimmte Werbung („behavioural targeting“) denen der Online-Suchmaschinenwerbung annäherten; sie ist jedoch in dieser Entscheidung nicht zu dem Schluss gelangt, dass sich daraus ergebe, dass diese Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung gleichwertig seien. 239    Was viertens die von vier Werbetreibenden auf das Auskunftsverlangen vom 11. Januar 2016 erteilten Antworten betrifft, die auszugsweise in Tabelle 7 der Anlage C.3 zur Erwiderung wiedergegeben sind und die laut Google die Fähigkeiten nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung zu gezielter Ansprache veranschaulichen, trifft es zwar zu, dass drei dieser Werbetreibenden, nämlich [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], in ihren Antworten den Nutzen der Fähigkeiten nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung zu gezielter Ansprache hervorgehoben haben. Diesen Antworten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Fähigkeiten nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung zu gezielter Ansprache es ermöglichten, in derselben Weise auf das unmittelbare Interesse des Nutzers einzugehen und ihn somit zu einem Kauf zu veranlassen, wie dies bei Online-Suchmaschinenwerbung der Fall ist. Diese Antworten sind daher nicht geeignet, die im angefochtenen Beschluss dargelegten und oben in Rn. 232 zusammengefassten Erwägungen aufzuwiegen, die die Unterschiede zwischen den Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu gezielter Ansprache betreffen. 240    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des in Anlage C.3 zur Erwiderung enthaltenen Vorbringens von Google bedarf, ist daher festzustellen, dass Google keine Gesichtspunkte vorträgt, die die in den Erwägungsgründen 138 bis 141 des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung der Kommission in Frage stellen könnten, dass Online-Suchmaschinenwerbung besser geeignet sei, auf ein unmittelbares Interesse des Nutzers einzugehen. 5)      Zu den Zwecken der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 241    In den Erwägungsgründen 142 bis 144 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission in Bezug auf die Zwecke der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung festgestellt, dass Online-Suchmaschinenwerbung eher geeignet sei, einen Kauf zu bewirken, während nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung wirksamer für eine Marke werben könne. 242    Google macht geltend, dass die Kommission einen wesentlichen Unterschied zwischen den Zwecken der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht nachgewiesen habe und diese Arten der Werbung im Wesentlichen letztlich denselben Zweck verfolgten. 243    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 244    Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission ihre Beurteilung in den Erwägungsgründen 142 bis 144 des angefochtenen Beschlusses auf mehrere Gesichtspunkte gestützt hat. So hat sie sich erstens auf die Antworten von Website-Betreibern und Werbetreibenden auf ihre Auskunftsverlangen bezogen, wobei sie sich in den Fn. 122 bis 124 insbesondere auf sechs bei ihr eingegangene Antworten stützte, zweitens auf eine Marktstudie aus dem Jahr 2010, die von der Beratungsfirma Econsultancy und der Organisation SEMPO durchgeführt wurde und auf einer Umfrage unter Werbetreibenden und Medienagenturen beruhte, und drittens auf eine E‑Mail von [vertraulich] bei Google vom September 2008. 245    Google bringt jedoch keine Argumente vor, die die Richtigkeit, Verlässlichkeit oder Kohärenz dieser Beweise in Frage stellen, mit Ausnahme des behaupteten selektiven Charakters der Anführung der E‑Mail von [vertraulich]. Auch dieses zuletzt genannte Argument überzeugt jedoch nicht, weil Google lediglich erklärt, dass die E‑Mail von [vertraulich] eine Reaktion auf einen Artikel im Wall Street Journal gewesen sei, der die Feststellung enthalten habe, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung praktikable Mittel seien, um die Kunden anzusprechen. Google erklärt somit weder, inwiefern die Kommission diese E‑Mail dadurch, dass sie sie angeführt habe, aus ihrem Zusammenhang gerissen haben soll, noch warum die zitierten Aussagen nicht verlässlich sein sollen. 246    Was als Zweites das Argument von Google betrifft, dass der in Anlage A.3 zur Klageschrift wiedergegebene und im November 2016 im Auftrag von Google erstellte Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RBB über den von Facebook ausgehenden Wettbewerb in der Online-Werbung zeige, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung letztlich dasselbe Ziel verfolgten, nämlich die Nachfrage in eine Transaktion umzuwandeln, wird in Abschnitt 3.3 dieses Berichts zwar ausgeführt, dass Facebook den Werbetreibenden die Möglichkeit biete, Kriterien auszuwählen, um den Internetnutzer, der sich die Werbung ansehe, zu einer positiven Handlung zu bewegen (z. B. sich durch Klicks auf die Werbung zur Internetseite des Werbetreibenden weiterleiten zu lassen). Dieser Bericht belegt jedoch nicht, dass die Werbung im sozialen Netzwerk Facebook – anders als Online-Suchmaschinenwerbung – hauptsächlich darauf abzielt, den Nutzer direkt zu einem Kauf zu veranlassen, indem sie auf sein aktuelles Interesse an einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung eingeht. 247    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit der von Google in der Erwiderung vorgebrachten Argumente bedarf, ist daher festzustellen, dass diese Argumente von Google nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 142 bis 144 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht davon ausgegangen sei, die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung verfolgten unterschiedliche Zwecke. 6)      Zur Klick- und Konversionsrate der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 248    Im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass Online-Suchmaschinenwerbung bessere Klick- und Konversionsraten erziele als nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung. Mit anderen Worten war die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer auf eine Werbung klickt und einen Kauf oder eine andere Handlung vornimmt, die dem Werbetreibenden einen Vorteil bringt, nach Ansicht der Kommission beim Betrachten von Online-Suchmaschinenwerbung höher als beim Betrachten einer nicht suchmaschinengebundenen Online-Werbung. 249    Google macht geltend, dass die Kommission hätte untersuchen müssen, ob die von ihr festgestellte bessere Konversionsrate der Online-Suchmaschinenwerbung mit einem Preisunterschied einhergegangen sei. In diesem Fall sei es immer noch möglich gewesen, dass die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung einen Wettbewerbsdruck auf die Online-Suchmaschinenwerbung ausgeübt habe, so dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung Teil desselben Marktes seien. 250    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 251    Erstens ist festzustellen, dass Google nicht bestreitet, dass Online-Suchmaschinenwerbung bessere Klick- und Konversionsraten erzielt als nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung. Somit stellt Google die insoweit von der Kommission im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung zum Unterschied zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht in Frage. 252    Was zweitens das Argument von Google betrifft, dass die Kommission hätte untersuchen müssen, ob dieser Unterschied unmittelbar durch einen Preisunterschied ausgeglichen worden sei, so dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung noch Teil desselben Marktes sein könnten, trifft es zwar zu, dass die Kommission diese Frage im angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich geprüft hat, und zwar trotz der von Google angeführten Tatsache, dass die Kommission im 149. Erwägungsgrund dieses Beschlusses den Bericht von Statista erwähnt hat, der ausdrücklich auf den erheblichen Preisunterschied zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung hingewiesen hatte. Gleichwohl hat die Kommission im angefochtenen Beschluss eine Analyse der Preise der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung vorgenommen. Wie oben in Rn. 145 bis 208 beschrieben, hat die Kommission nämlich geprüft, ob es aus der Sicht der Website-Betreiber, der Werbetreibenden und der Medienagenturen im Fall eines dauerhaften Anstiegs des von den Werbetreibenden für Online-Suchmaschinenwerbung gezahlten Preises um 5 bis 10 % oder einer Verringerung der von den Website-Betreibern aus dieser Werbung erzielten Einnahmen um denselben Prozentsatz eine Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung geben könne. Wie im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, haben die Mehrheit der Werbetreibenden, die Hälfte der Medienagenturen und alle Website-Betreiber es jedoch als unwahrscheinlich bezeichnet, dass eine solche Änderung sie dazu veranlassen würde, sich auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung umzustellen. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, hat diese Analyse auch gezeigt, dass der von den Werbetreibenden und den Medienagenturen zu zahlende Preis für die in Rede stehende Werbung bzw. die aus ihr erzielten Einnahmen der Website-Betreiber nicht der entscheidende Faktor für die Wahl war, die diese Marktteilnehmer insoweit zu treffen hatten, weil diese den Gesamtwert betrachteten, den ihnen die Werbung einbringen konnte und der von einer Reihe von Faktoren und nicht nur vom Preis dieser Werbung oder von den aus ihr erzielten Einnahmen bestimmt wurde. 253    Google weist daher nicht nach, dass die Kommission im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt hat, dass zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung ein Unterschied in der Klick- und Konversionsrate bestehe. 7)      Zu den Möglichkeiten, die Leistung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu messen 254    Im 146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Online-Suchmaschinenwerbung es den Werbetreibenden erleichtere, die Investitionsrendite einzuschätzen. Insoweit hat die Kommission erläutert, dass es möglich sei, die Anzahl der Klicks auf solche Werbung sowie die nachfolgenden Käufe der Nutzer zu verfolgen, was bei nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung nicht möglich sei, weil dort typischerweise keine direkte Verbindung zwischen dem Betrachten der Werbung und dem Kauf des betreffenden Produkts bestehe. 255    Google tritt dieser Beurteilung entgegen und macht geltend, dass die Werbetreibenden zahlreiche Möglichkeiten hätten, die Leistung nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung hinsichtlich der Konversion zu verfolgen (Conversion Tracking) und die Rendite ihrer Investitionen zu bewerten, u. a. auch mit Hilfe von Werkzeugen, die Google auf den Markt gebracht habe. Darüber hinaus habe die Kommission zu Unrecht auf eine Studie der Beratungsfirma Econsultancy in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ExactTarget verwiesen. 256    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 257    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihre Feststellung im 146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass Online-Suchmaschinenwerbung besser geeignet sei, die Investitionsrendite einzuschätzen, auf die Antworten von fünf Werbetreibenden und drei Medienagenturen sowie von [vertraulich] gestützt hat, die sie auf Auskunftsverlangen erhalten und in Fn. 132 dieses Beschlusses erwähnt hat. Google bringt jedoch keine Argumente zu diesen Antworten vor und bestreitet somit weder deren Richtigkeit noch deren Verlässlichkeit oder Kohärenz. 258    Zweitens ist zur Kritik von Google an der Bezugnahme der Kommission auf die Studie von Econsultancy im 146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass aus dieser Studie vom Februar 2010, die auf einer Umfrage unter 1 123 Werbetreibenden und Medienagenturen beruht, sehr wohl hervorgeht, dass deren Antworten gezeigt haben, dass die Online-Suchmaschinenwerbung den besten aller „Kanäle“ darstellt, um die Investitionsrendite von Online-Werbung zu messen. In Abschnitt 4.3.3 (S. 42 und 43) dieser Studie, die in Anlage B.1 zur Klagebeantwortung wiedergegeben ist, heißt es nämlich, dass 54 % der Werbetreibenden und 35 % der Medienagenturen, die an der Umfrage teilgenommen haben, angegeben hätten, dass sich diese Art der Werbung „gut“ für die Messung der Investitionsrendite eigne, während nur 37 % der Werbetreibenden und 23 % der Medienagenturen angegeben hätten, dass Display-Werbung in dieser Hinsicht „gut“ sei.  Obwohl die in dieser Umfrage gestellte Frage die Marktteilnehmer nicht aufgefordert hatte, die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung in dieser Hinsicht zu vergleichen, geht aus dieser Studie gleichwohl hervor, dass die Antworten die Feststellung der Kommission stützen, dass die Online-Suchmaschinenwerbung es den Werbetreibenden leichter mache, die Investitionsrendite zu messen, als die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung. Die letztgenannte Feststellung wird in keiner Weise durch das Vorbringen von Google in Frage gestellt, dass 46 % der Werbetreibenden und 65 % der Medienagenturen der Meinung gewesen seien, dass der „digitale Marketingkanal“, in dem sie die Investitionsrendite am besten hätten bewerten können, „ein anderer“ als der Marketingkanal der Online-Suchmaschinenwerbung gewesen sei, da nicht aufgezeigt wurde, dass diese anderen Kanäle auch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung umfassten. Daher ist dieses Vorbringen von Google für die Frage der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung irrelevant. 259    Was als Drittes das Argument von Google betrifft, dass während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Werkzeuge zur Verfügung gestanden hätten, um die Investitionsrendite von nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung zu messen, ist festzustellen, dass die von Google vorgelegten Informationen zeigen, dass diese Werkzeuge Möglichkeiten zur Messung der Investitionsrendite boten, aber nicht den Schluss zulassen, dass sie in dieser Hinsicht die gleichen Möglichkeiten geboten hätten wie die Online-Suchmaschinenwerbung. 260    Erstens geht in Bezug auf Google Ads aus Auszügen aus dem Google-eigenen Blog Inside AdWords hervor, dass die Werkzeuge von Google es Werbetreibenden ermöglicht haben sollen, neben der Berechnung der Zahl der Klicks auf nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung auch die Zunahme der Besuche einer Internetseite und der Suchanfragen im Anschluss an eine Display-Werbekampagne zu messen. Es wird jedoch nicht angegeben, dass diese Funktionen es den Werbetreibenden ermöglicht hätten, ihre Werbeausgaben mit den generierten Verkäufen zu verknüpfen, wie dies bei der Online-Suchmaschinenwerbung der Fall ist, zu der die Kommission im angefochtenen Beschluss ausgeführt hat – ohne dass Google dem widersprochen hätte –, dass es möglich sei, die mit einem Suchbegriff verbundenen Ausgaben mit den aus den Klicks resultierenden Käufen zu vergleichen. 261    Zweitens ist in Bezug auf die sozialen Netzwerke LinkedIn, Twitter und Pinterest sowie die Analysewerkzeuge von Adobe und Salesforce, die ebenfalls Tracking-Möglichkeiten für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung geboten haben sollen, festzustellen, dass Google, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, weder angegeben hat, ob diese Werkzeuge während des Zeitraums der Zuwiderhandlung verfügbar waren, noch erklärt hat, inwiefern diese Tracking-Möglichkeiten im Hinblick auf die Messung der Investitionsrendite mit denen der Online-Suchmaschinenwerbung im Wettbewerb standen. 262    Was drittens das soziale Netzwerk Facebook betrifft, beschreibt der in Anlage A.3 zur Klageschrift enthaltene RBB-Bericht (siehe oben, Rn. 246) in seinem Abschnitt 3.5 die Werkzeuge, mit denen sich das Nutzerverhalten im Zusammenhang mit der nicht suchmaschinengebundenen Online-Werbung auf diesem Netzwerk bis hin zu verschiedenen Arten der Konversion, einschließlich Käufen, nachverfolgen lässt. Unabhängig von der Frage, ob diese Funktionen den Werbetreibenden während des Zeitraums der Zuwiderhandlung zur Verfügung standen (siehe oben, Rn. 235, in Bezug auf Facebook Audience Network), weist Google jedoch nicht nach, dass dieses Werkzeug von Facebook in der Lage war, die Investitionsrendite ebenso effizient zu messen wie die Online-Suchmaschinenwerbung, weil Google sich auf keine der Antworten der Werbetreibenden und Medienagenturen auf die diesbezüglichen Auskunftsverlangen der Kommission bezieht. 263    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit der in Anlage C.3 zur Erwiderung enthaltenen Argumente von Google bedarf, ist daher festzustellen, dass diese Argumente nicht belegen, dass die Kommission im 146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht zu dem Schluss gelangt ist, dass die Online-Suchmaschinenwerbung es den Werbetreibenden leichter mache, die Investitionsrendite zu messen, als die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung. 8)      Zur Relevanz der Unterschiede in den Merkmalen und Verwendungszwecken für die Marktdefinition 264    Aus den vorstehenden Rn. 211 bis 263 ergibt sich, dass es Google nicht gelungen ist, die Richtigkeit der Analyse der Kommission im angefochtenen Beschluss in Frage zu stellen, die die Unterschiede zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung in Bezug auf ihre Aktivierung und Platzierung, ihre Formate, die Kosten ihrer Gestaltung, ihre Fähigkeit zu gezielter Ansprache, ihre Verwendungszwecke, ihre Klick- und Konversionsraten sowie die Möglichkeiten zur Messung ihrer Investitionsrendite hervorhebt. Diese Feststellungen stützten sich auf verschiedene Beweismittel, deren Richtigkeit, Verlässlichkeit und Kohärenz die Argumente von Google nicht haben in Frage stellen können. 265    In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass diese Unterschiede im Rahmen der von der Kommission vorgenommenen Gesamtbeurteilung der Marktdefinition relevante Anhaltspunkte dafür waren, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht austauschbar sind. 266    Nach der Rechtsprechung und der Bekanntmachung über die Marktdefinition, die oben in Rn. 125 und 126 angeführt wurden, sind die Merkmale und Verwendungszwecke der Produkte nämlich für die Marktdefinition relevant, weil ein Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse umfasst, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden. 267    Darüber hinaus hat die Kommission entgegen dem Vorbringen von Google aufgezeigt, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung sehr wohl unterschiedliche Zwecke verfolgten, wie aus den vorstehenden Rn. 241 bis 247 hervorgeht. 268    Google macht jedoch geltend, dass diese Unterschiede nicht ausreichten, um auf die fehlende Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu schließen, weil keine Analyse der Substituierbarkeit auf der Grundlage der Preise der in Rede stehenden Werbung durchgeführt worden sei. 269    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 155 bis 161 dargelegt, eine preisbasierte Analyse der Substituierbarkeit, wie etwa ein SSNIP-Test, im Rahmen der von der Kommission vorgenommenen Marktdefinition nicht zwingend erforderlich war. Sie ist weder von der Rechtsprechung noch von der Kommission in der Bekanntmachung über die Marktdefinition vorgeschrieben. 270    Abgesehen davon hat die Kommission im angefochtenen Beschluss jedenfalls untersucht, ob es aus der Sicht der Website-Betreiber, der Werbetreibenden und der Medienagenturen im Fall eines dauerhaften Anstiegs des von den Werbetreibenden für Online-Suchmaschinenwerbung gezahlten Preises um 5 bis 10 % oder einer Verringerung der von den Website-Betreibern aus dieser Werbung erzielten Einnahmen um denselben Prozentsatz eine Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung geben konnte. 271    Diese Analyse hat es der Kommission ermöglicht, nützliche Erkenntnisse für die Definition des relevanten Marktes zu gewinnen, die im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst sind und oben in Rn. 145 bis 208 bestätigt wurden. 272    Darüber hinaus hat die Kommission, wie bereits oben in Rn. 141 bis 144 festgestellt, bei ihrer Analyse der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung auch andere Faktoren herangezogen, wie z. B die für die Bereitstellung der Dienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung erforderlichen Investitionen (Erwägungsgründe 150 bis 154 des angefochtenen Beschlusses) und das Marktverhalten bestimmter Website-Betreiber (Erwägungsgründe 162, 164 und 165 dieses Beschlusses). Daraus folgt, dass Google der Kommission nicht vorwerfen kann, ihre Analyse der Marktdefinition allein auf angebliche Merkmale der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung gestützt zu haben. 273    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Unterschiede in den Merkmalen und der Verwendung von Online-Suchmaschinenwerbung und nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung, die für die Definition des betreffenden Marktes relevant waren, Teil eines Bündels von Aspekten sind, die die Kommission bei ihrer Gesamtbeurteilung der Marktdefinition berücksichtigt hat. f)      Zur Berücksichtigung der Beispiele für das tatsächliche Verhalten von Website-Betreibern, die Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzt haben sollen oder ersetzen würden 274    In den Erwägungsgründen 162 und 164 des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die von Google angeführten Beispiele für Website-Betreiber wie [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], die Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzt haben sollen, nicht belegten, dass diese beiden Arten der Werbung austauschbar seien. 275    Google macht geltend, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Unrecht zu dem Schluss gekommen sei, dass die Beispiele für das tatsächliche Verhalten von Website-Betreibern wie [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], die die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung austauschbar verwendet hätten oder noch verwendeten, kein Beleg für die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung seien. Diese Substituierbarkeit werde sogar durch die Tatsache bestätigt, dass die Einnahmen aus der Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zwischen 2012 und 2016 erheblich zurückgegangen seien, während die Gesamtausgaben der Werbetreibenden für Online-Werbung deutlich gestiegen seien. 276    Surfboard ist der Ansicht, dass die Kommission die von Google vorgelegten Beweise für die von den Website-Betreibern vorgenommene Substitution von Online-Suchmaschinenwerbung durch andere Online-Werbeformate ignoriert habe. 277    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Surfboard entgegen. 278    Erstens wird in Bezug auf die Beispiele von [vertraulich] und [vertraulich] im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erläutert, dass diese Website-Betreiber im Januar 2014 bzw. im Januar 2015 ihre Nutzung von AFS für ihre Websites auf mobilen Geräten und infolgedessen auch die Online-Suchmaschinenwerbung auf ihren Internetseiten verringert hätten, nachdem Google den Anteil an den Einnahmen, den sie ihnen für die Anzeige der betreffenden Werbung gewährte, reduziert habe. Aus dem angefochtenen Beschluss geht auch hervor, dass sich diese Website-Betreiber zu einem späteren Zeitpunkt dafür entschieden, ihre Nutzung von Online-Suchmaschinenwerbung wieder zu verstärken, als Google ihnen einen höheren Prozentsatz der Einnahmen einräumte. 279    Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, sind diese Beispiele jedoch nicht geeignet, die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu belegen. Zum einen ist nicht erwiesen, dass [vertraulich] und [vertraulich] nach der Reduzierung ihres prozentualen Anteils an den Einnahmen anstelle von Online-Suchmaschinenwerbung nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung eingesetzt haben. Zum anderen trat diese Verringerung der Nutzung von AFS nach einer sehr erheblichen Reduzierung des prozentualen Anteils an den Einnahmen ein, den [vertraulich] und [vertraulich] erhielten. Der Anteil dieser Einnahmen, der an die Website-Betreiber weitergegeben wurde, sank nämlich auf [vertraulich] %, während er sich, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen erläutert, ohne dass Google dem widersprochen hätte, vor dieser Änderung für [vertraulich] auf zwischen [vertraulich] % und [vertraulich] % sowie für [vertraulich] auf [vertraulich] % belief. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Einnahmen der Website-Betreiber erheblich zurückgegangen waren. Ein solcher Rückgang ist weit bedeutender als derjenige, der bei einer hypothetischen Preiserhöhung im Rahmen des SSNIP-Tests, wie er in den Nrn. 17 und 18 der Bekanntmachung über die Marktdefinition beschrieben wird, in Betracht gezogen wird. 280    Was zweitens die in Anlage A.16 zur Klageschrift aufgeführten Beispiele von [vertraulich] und [vertraulich] betrifft, die im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt sind, zeigen die von Google vorgelegten Bildschirmausdrucke, dass deren Websites nach einer Suche und je nach den verwendeten Stichwörtern entweder Online-Suchmaschinenwerbung oder nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung anzeigen können. Somit sollen die betreffenden Website-Betreiber ihre Wahl zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nach Ansicht von Google davon abhängig gemacht haben, welche Stichwörter der Nutzer bei seiner Suche verwendet. 281    Der bloße Umstand, dass [vertraulich] und [vertraulich] beide in Rede stehenden Arten der Werbung auf ihren Websites angezeigt haben, bedeutet jedoch für sich genommen nicht, dass diese Arten der Werbung austauschbar sind. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, lässt sich die Wahl dieser beiden Website-Betreiber nämlich auch schlicht durch die verschiedenen Möglichkeiten der Monetarisierung von Suchanfragen durch Werbung erklären. Während bestimmte Stichwörter die Werbetreibenden dazu veranlassen konnten, Online-Suchmaschinenwerbung zu schalten und so diesen beiden Website-Betreibern Einnahmen zu verschaffen, erweckten andere Stichwörter bei den Werbetreibenden möglicherweise weniger oder gar kein Interesse, so dass die Website-Betreiber höhere Einnahmen erzielten, wenn sie ihre Werbefläche nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung vorbehielten. 282    Was drittens das im 164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geprüfte Beispiel von [vertraulich] betrifft, zeigt der von Google in Anlage A.16 zur Klageschrift vorgelegte Bildschirmausdruck, dass dieser Website-Betreiber nicht suchmaschinengebundene grafische Online-Werbung verwendet. Google hat nicht nachgewiesen, dass dieser Website-Betreiber in der Vergangenheit für die gleiche Werbefläche Online-Suchmaschinenwerbung verwendet und beschlossen hatte, diese durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung zu ersetzen. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hat Google, wie die Kommission im 164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, nichts vorgetragen, was Aufschluss über die Gründe für die Entscheidung dieses Betreibers geben könnte. Daher kann der Bildschirmausdruck nicht als Beweis für die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung angesehen werden. 283    Was viertens die in Anlage A.16 zur Klageschrift bzw. in Anlage C.3 zur Erwiderung dargestellten Bildschirmausdrucke der Website „[vertraulich]“ und der Website von [vertraulich] betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Beispiele Online-Suchmaschinenwerbung zeigen, die auf derselben Internetseite angezeigt wird, auf der auch die Ergebnisse spezialisierter Online-Suchdienste erscheinen. Diese Beispiele sind daher ohne Relevanz für die Frage, ob sich Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzen lässt. Wie oben in Rn. 221 festgestellt, ist diese Frage jedoch die einzige, um deren Prüfung Google das Gericht im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes ersucht. 284    Was fünftens den Rückgang der Einnahmen aus der Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zwischen 2012 und 2016 betrifft, genügt die Feststellung, dass Google nicht nachweist, dass es in diesem Zeitraum zu einem entsprechenden Anstieg der Einnahmen aus nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung gekommen ist und somit ein Umschwung zugunsten dieser letzteren Art von Werbung stattgefunden hat. Selbst wenn ein solcher Umschwung festzustellen wäre, erklärt Google außerdem nicht, warum dieser Umstand mit der Substituierbarkeit der der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung gleichzusetzen sein soll. 285    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit der in Anlage C.3 zur Erwiderung enthaltenen Argumentation von Google bedarf, ist daher festzustellen, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die von Google vorgelegten Beispiele dafür, dass bestimmte Website-Betreiber die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung austauschbar verwendet hätten oder verwenden würden, falsch beurteilt hat. Google weist auch nicht nach, dass die Kommission bei ihrer Analyse der Substituierbarkeit Aspekte, die hierfür relevant gewesen wären, nicht berücksichtigt hat. g)      Zur Interpretation der Erklärungen bestimmter Vertreter von Google 286    In den Erwägungsgründen 139, 144 und 156 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission Äußerungen bestimmter Vertreter von Google zitiert, die auf Unterschiede zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung hingewiesen haben. Im 139. Erwägungsgrund hat sie sich bei ihrer Analyse der Fähigkeit der Werbung zu gezielter Ansprache auf eine Aussage bezogen, die [vertraulich], der damalige [vertraulich] von Google, im Juni 2012 vor der FTC gemacht hatte. Im 144. Erwägungsgrund hat die Kommission in ihrer Analyse der Zwecke der Werbeanzeigen eine interne E‑Mail von [vertraulich] vom September 2008 zitiert (siehe hierzu oben, Rn. 245). Im 156. Erwägungsgrund hat die Kommission als Antwort auf ein Argument von Google zum Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung die Aussage erwähnt, die [vertraulich], der damalige [vertraulich] von Google, im Mai 2012 vor der FTC gemacht hatte. 287    Google macht geltend, dass die Kommission diese Erklärungen aus ihrem Zusammenhang gerissen habe und dass sich diese Erklärungen nicht auf die Frage der marginalen Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung bezogen hätten. 288    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 289    Erstens ist in Bezug auf die im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zitierte Aussage von [vertraulich] festzustellen, dass dieser in seiner Aussage, die auszugsweise in Anlage A.29 zur Klageschrift wiedergegeben ist, eindeutig angegeben hat, dass Online-Suchmaschinenwerbung die beste Online-Werbung sei, um Käufe mit der höchsten Investitionsrendite zu bewirken, weil sie unmittelbar auf ein vom Nutzer geäußertes Interesse eingehe. Er hat ferner bestätigt, dass die Werbetreibenden daher Online-Suchmaschinenwerbung bevorzugten. Er hat allerdings darauf hingewiesen, dass einige Personen mit dieser letzten Feststellung nicht einverstanden seien, nämlich diejenigen, die den Bekanntheitsgrad einer Marke steigern wollten, ein Ziel, das sich mit nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung wirksamer verfolgen lasse. 290    Daraus folgt, dass die Erwähnung dieser Aussage durch die Kommission im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses – in dem Teil ihrer Analyse, der sich mit der Fähigkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu gezielter Ansprache befasst – weder selektiv noch irreführend ist. 291    Zweitens ist zur Erwähnung der in Anlage A.31 zur Klageschrift wiedergegeben internen E‑Mail von [vertraulich] im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hinzuweisen, dass diese E‑Mail als Reaktion auf einen Artikel im Wall Street Journal verfasst wurde, der die Feststellung enthielt, dass ein Nutzer ein Produkt im Anschluss an die Anzeige einer Online-Suchmaschinenwerbung eher kaufen würde, wenn er zuvor dasselbe Produkt betreffende Werbeeinblendungen (nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung) gesehen hätte. Der Artikel betonte somit die Komplementarität der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung und nicht ihre Substituierbarkeit. In dieser E‑Mail stimmte [vertraulich] dieser Analyse im Wesentlichen zu, indem er, wie im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, darauf hinwies, dass nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung Interesse an einem Produkt erzeuge, während Online-Suchmaschinenwerbung zum Kauf des Produkts anrege. 292    Die Kommission konnte daher in ihrer Analyse der Zwecke der beiden fraglichen Arten von Werbung zu Recht die Ausführungen von [vertraulich] zitieren, als sie feststellte, dass nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung im Hinblick auf die Steigerung des Bekanntheitsgrads einer Marke wirksamer sei als Online-Suchmaschinenwerbung. Der von Google angeführte Umstand, dass die E‑Mail von [vertraulich] als Reaktion auf einen Artikel versandt wurde, der die Feststellung enthielt, dass nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ebenfalls eine Möglichkeit für die Werbetreibenden sei, die Verbraucher zu erreichen, ändert nichts an der Beweiskraft der von [vertraulich] geäußerten Auffassung, auf die sich die Kommission im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gestützt hat. 293    Drittens ist in Bezug auf die im 156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Ausführungen von [vertraulich] darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission auf diese Ausführungen bezogen hat, um geltend zu machen, dass Google selbst die Unterschiede zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, insbesondere in Bezug auf ihre Fähigkeit zu gezielter Ansprache, anerkenne. Aus dieser Aussage, die in Anlage B.5 zur Klagebeantwortung vollständig wiedergegeben ist, geht nämlich hervor, dass [vertraulich] eine Reihe von Anmerkungen zu bestimmten Unterschieden zwischen der Online-Suchmaschinenwerbung und der von Google über ihren Dienst AdSense For Content angezeigten nicht suchmaschinengebundenen Online-Werbung machte, wie etwa zu der Tatsache, dass die Online-Suchmaschinenwerbung auf die Suchanfragen der Nutzer reagiere, sowie zur unterschiedlichen Darstellung der Werbeanzeigen (S. 70, 77 und 81). Sie wies auch darauf hin, dass diese beiden Arten der Werbung für die Zwecke der Anwendung der für die Nutzung von AFS geltenden Ausschließlichkeitsklauseln nicht als „im Wesentlichen ähnlich“ angesehen würden (S. 155 und 156). 294    Folglich trifft es zwar zu, dass [vertraulich] in ihrer Aussage in Übereinstimmung mit dem Vorbringen von Google auch festgestellt hat, dass die beiden über AFS bzw. AdSense For Content angezeigten Arten der Werbung auf den Internetseiten der Website-Betreiber austauschbar verwendet würden (vgl. S. 64 dieser Aussage), was aber nichts daran ändert, dass diese Vertreterin von Google auf Unterschiede zwischen diesen beiden Arten der Werbung hingewiesen hat, insbesondere in Bezug auf deren Fähigkeit zu gezielter Ansprache. Daher ist es nicht irreführend, wenn die Kommission im 156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses diese Aussage als Beleg dafür anführt, dass Google selbst die Unterschiede zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung anerkannt habe. Darüber hinaus ist festzustellen, dass diese Anerkennung auch durch die oben geprüften und in den Erwägungsgründen 139 und 144 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Erklärungen von [vertraulich] bestätigt wird. 295    Abgesehen davon kommt es auf den Umstand, dass die zitierten Äußerungen von [vertraulich] und [vertraulich], wie Google behauptet, keine Aussage zur Frage der marginalen Substituierbarkeit der Produkte aus der Sicht der Werbetreibenden und der Website-Betreiber enthielten, nicht an, weil die Kommission diese Äußerungen lediglich zitiert hat, um andere Gesichtspunkte ihrer Gesamtbeurteilung der Definition des relevanten Marktes zu veranschaulichen, nämlich die Fähigkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu gezielter Ansprache, ihre Zwecke und die in mehrfacher Hinsicht bestehenden Unterschiede in ihren Merkmalen und ihrer Verwendung. 296    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die in den Erwägungsgründen 139, 144 und 156 des angefochtenen Beschlusses zitierten Erklärungen ihrer Vertreter von der Kommission falsch verstanden wurden. h)      Zu den früheren Entscheidungen der Kommission 297    In den Erwägungsgründen 158 und 159 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission als Antwort auf Argumente von Google ausdrücklich in Abrede gestellt, in Entscheidungen, die sie im Bereich der Fusionskontrolle erlassen habe, einschließlich der Entscheidung Google/DoubleClick, zu dem Ergebnis gekommen zu sein, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung austauschbar seien. 298    Google macht geltend, dass die Kommission in früheren Entscheidungen anerkannt habe, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung konvergierten und im Wettbewerb miteinander stünden. Insoweit verweist sie auf die Entscheidung Google/DoubleClick sowie auf die Entscheidungen C(2010) 1077 final der Kommission vom 18. Februar 2010 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.5727 – Microsoft/Yahoo! Search Business) (im Folgenden: Entscheidung Microsoft/Yahoo!) und C(2010) 5272 final der Kommission vom 27. Juli 2010 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.5676 – SevenOne Media/G+J Electronic Media Service/Tomorrow Focus Portal/IP Deutschland/JV) (im Folgenden: Entscheidung SevenOne Media JV). Sie trägt vor, dass die Konvergenz zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung seit dem Erlass dieser Entscheidungen zugenommen habe. 299    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 300    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der oben in Rn. 238 angeführten Rechtsprechung nicht an die in ihren früheren Entscheidungen vorgenommenen Beurteilungen der relevanten Märkte gebunden ist. 301    Zweitens hat die Kommission jedenfalls keinen Fehler begangen, als sie in den Erwägungsgründen 158 und 159 des angefochtenen Beschlusses feststellte, dass ihre früheren Entscheidungen keine Schlussfolgerungen enthielten, die der Definition des Marktes für Online-Suchmaschinenwerbung zuwiderliefen. 302    Hierzu ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den drei von Google angeführten Entscheidungen ausdrücklich beschlossen hat, die Marktdefinition offenzulassen. So hat die Kommission in der Entscheidung Google/DoubleClick zwar angedeutet, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung aus der Sicht der Werbetreibenden „bis zu einem gewissen Grad“ austauschbar sein könnten (53. Erwägungsgrund dieser Entscheidung), jedoch nicht nur keine abschließende Feststellung dahin getroffen, dass eine solche Austauschbarkeit bestehe, sondern ausdrücklich festgestellt, dass diese beiden Arten der Werbung aus der Sicht der Website-Betreiber „völlig unterschiedlich“ seien (Erwägungsgründe 54 bis 56 dieser Entscheidung). In der Entscheidung Microsoft/Yahoo! hat die Kommission zwar angegeben, dass sie im Rahmen ihrer Marktuntersuchung eine Reihe von Antworten erhalten habe, in denen hinsichtlich bestimmter Aspekte auf eine Konvergenz der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung hingewiesen werde (74. Erwägungsgrund dieser Entscheidung), zugleich aber auch festgestellt, dass eine „erhebliche Zahl“ der Antworten darauf hingewiesen habe, dass diese Arten der Werbung unterschiedliche Märkte bildeten (Erwägungsgründe 71 und 72 dieser Entscheidung). Schließlich hat sich die Kommission in der Entscheidung SevenOne Media JV auf die Feststellung beschränkt, dass die Anmelder die Auffassung vertreten hätten, dass sich die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung in Bezug auf ihre Fähigkeit zu gezielter Ansprache einander annäherten (30. Erwägungsgrund dieser Entscheidung), und dass die Marktuntersuchung darauf hingedeutet habe, dass es eine Konvergenz zwischen diesen beiden Arten der Werbung geben könne (31. Erwägungsgrund dieser Entscheidung). 303    In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass die Tatsache, dass die Kommission in bestimmten Entscheidungen festgestellt hat, dass Unternehmen eine Konvergenz zwischen den beiden in Rede stehenden Arten der Werbung erwähnt hätten, entgegen der von Google angedeuteten Auffassung keinesfalls bedeutet, dass die Kommission selbst zu dem Schluss gekommen ist, dass diese Arten der Werbung substituierbar seien. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die in den früheren Entscheidungen angesprochenen potenziellen Konvergenzpunkte der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, wie z. B. die Frage ihrer Fähigkeit zu gezielter Ansprache, sorgfältig geprüft hat und dennoch zu dem Schluss gekommen ist, dass sie nicht Teil desselben Marktes seien. 304    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Google die Stichhaltigkeit der Analyse der Kommission zur Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung nicht mit Erfolg in Frage stellen kann, indem sie sich auf die von ihr angeführten früheren Entscheidungen der Kommission im Bereich der Fusionskontrolle beruft. i)      Ergebnis zum ersten Teil des ersten Klagegrundes 305    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es Google mit ihrer Argumentation weder gelungen ist, die Richtigkeit, Verlässlichkeit und Kohärenz der Beweismittel in Frage zu stellen, auf die sich die Kommission bei ihrer Gesamtbeurteilung der Substituierbarkeit von Online-Suchmaschinenwerbung und nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung gestützt hat, noch den Nachweis zu erbringen, dass die Kommission Aspekte, die für diesen Zweck relevant sind, außer Acht gelassen hat. Google weist folglich nicht nach, dass die Kommission die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu Unrecht als nicht austauschbar angesehen hat. 306    Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 2.      Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Substituierbarkeit des Verkaufs von Online-Werbung im Wege der Vermittlung und des Verkaufs von Online-Werbung unmittelbar durch die Website-Betreiber 307    Wie oben in Rn. 27 festgestellt, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 184 bis 200 des angefochtenen Beschlusses einen zweiten relevanten Produktmarkt definiert, nämlich den oben in Rn. 35 beschriebenen Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung. 308    In ihrer Analyse, die der Definition des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zugrunde liegt, ist die Kommission als Erstes in den Erwägungsgründen 186 bis 193 des angefochtenen Beschlusses zu dem Schluss gekommen, dass nur eine begrenzte Substituierbarkeit zwischen dem Verkauf von Online-Werbung durch Vermittlung und dem Verkauf von Online-Werbung unmittelbar durch die Website-Betreiber (im Folgenden „die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle“) bestehe. Erstens hat die Kommission diese Schlussfolgerung damit begründet, dass der Verkauf über Vermittler den Website-Betreibern keine nennenswerten Kosten verursache, im Gegensatz zum Direktverkauf durch diese Betreiber selbst. Zweitens sei es beim Verkauf über Vermittler einfacher, eine große Zahl von Werbetreibenden zusammenzubringen, was für die Online-Werbung unerlässlich und deshalb der Grund dafür sei, dass alle Website-Betreiber, die Anzeigen unmittelbar verkauften, auch den Verkauf über Vermittler nutzten. Drittens hat die Kommission anschließend die Argumente von Google zum Verhalten bestimmter direkter Partner, darunter [vertraulich] und [vertraulich], und anderer Website-Betreiber, darunter [vertraulich], sowie zu einer früheren Entscheidung im Bereich der Fusionskontrolle geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass diese Argumente nicht geeignet seien, die Unterscheidung zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen in Frage zu stellen (Erwägungsgründe 189 bis 193 des angefochtenen Beschlusses). Als Zweites ist die Kommission in den Erwägungsgründen 194 bis 200 dieses Beschlusses zu dem Schluss gekommen, dass nur eine begrenzte Substituierbarkeit zwischen den Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung und denen für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung bestehe. 309    Google beanstandet nur den ersten Teil dieser Marktdefinition, indem sie geltend macht, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Unrecht zu dem Schluss gekommen sei, dass die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nicht austauschbar seien. 310    Als Erstes hält Google eine fehlende Substituierbarkeit zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen aus der Sicht der Website-Betreiber für nicht erwiesen. Erstens habe die Kommission ihre Feststellungen, dass zum einen Direktverkäufe für die Website-Betreiber mit höheren Transaktionskosten verbunden seien als Verkäufe über Vermittler und dass zum anderen Verkäufe über Vermittler es leichter machten, einen großen Stamm von Werbetreibenden aufzubauen, nicht hinreichend untermauert. Zweitens seien diese beiden angeblichen Unterschiede zwischen den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nicht ausreichend, um ohne die Durchführung einer „echten“ Substituierbarkeitsanalyse auf eine fehlende Substituierbarkeit zu schließen. Drittens habe die Kommission die Beweise dafür, dass die Website-Betreiber beide in Rede stehenden Verkaufskanäle nutzten, zu Unrecht als nicht ausreichend angesehen, um die Substituierbarkeit dieser Kanäle zu belegen. 311    Als Zweites macht Google geltend, dass die Kommission die Beweise dafür, dass die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Werbetreibenden austauschbar seien, zu Unrecht zurückgewiesen habe. 312    Als Drittes ist Google der Ansicht, dass die Kommission die Entscheidung C(2012) 6063 final der Kommission vom 4. September 2012 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.6314 – Telefónica UK/Vodafone UK/Everything Everywhere/JV) (im Folgenden: Entscheidung Telefónica UK) zu Unrecht als hier nicht relevant angesehen habe. 313    Surfboard macht geltend, dass die Kommission die von Google vorgelegten Beweise, die die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle belegten, nicht berücksichtigt habe. a)      Zur Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Website-Betreiber 1)      Zu den Transaktionskosten für die Website-Betreiber 314    Im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die Transaktionskosten für die Website-Betreiber, die Online-Werbung direkt verkauften, höher seien als beim Verkauf über Vermittler. Um Online-Werbung direkt zu verkaufen, müssten die Website-Betreiber nämlich in erheblichem Umfang Geld, Zeit und Personal investieren, während der Verkauf über Vermittler nur geringe oder gar keine Transaktionskosten verursache. 315    Google hält diese Analyse für nicht stichhaltig. Erstens trägt sie vor, dass die Erklärungen der Unternehmen, auf die sich die Kommission im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gestützt habe, weder schlüssig noch verlässlich seien. Zweitens habe die Kommission die Beweiskraft anderer Beweise ignoriert, aus denen hervorgehe, dass die Transaktionskosten von Direktverkäufen unter denen der Verkäufe über Vermittler lägen. Drittens macht Google geltend, dass die von den Website-Betreibern an die Vermittler gezahlte Provision in Form einer Beteiligung an den Einnahmen, die sie von den Werbetreibenden erhielten, jeglichen Preisunterschied für die Website-Betreiber neutralisiere. 316    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 317    Was erstens das Argument betrifft, mit dem Google die Beweiskraft der Antworten der Website-Betreiber, auf die in Fn. 193 (zum 187. Erwägungsgrund) des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird, mit der Begründung in Zweifel zieht, dass diese Betreiber in den an sie gerichteten Fragen nicht aufgefordert worden seien, die Kosten in „einer aussagekräftigen Weise“ zu vergleichen, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in dieser Fußnote auf die Antworten von fünf Website-Betreibern auf in den Auskunftsverlangen gestellte Fragen Bezug genommen hat. 318    Google bringt keine Argumente vor, die die Interpretation dieser fünf Antworten durch die Kommission beanstanden, sondern kritisiert den Inhalt der Fragen, die im Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 an drei der fünf Website-Betreiber gerichtet waren, nämlich an [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich]. Nach Auffassung von Google ermöglichten diese Fragen keinen sachdienlichen Vergleich zwischen den Kosten für Direktverkäufe und denen für Verkäufe über Vermittler, weil sie lediglich darauf abzielten, von den Website-Betreibern getrennte Angaben zu ihren durchschnittlichen Kosten für Direktverkäufe einerseits und für Verkäufe über Vermittler andererseits zu erhalten, ohne dass diese Kosten miteinander verglichen werden sollten. 319    Zu den Fragen, die die Kommission den drei Website-Betreibern gestellt hat, ist festzustellen, dass diese Betreiber, wie Google in Rn. 63 der Klageschrift ausführt, zur Angabe der durchschnittlichen Kosten aufgefordert wurden, die ihnen in den letzten sechs Jahren (2005 bis 2010) auf Jahresbasis für den Direktverkauf von Werbeflächen einerseits und den Verkauf von Werbeflächen über Vermittler andererseits entstanden waren. Es handelte sich somit um Fragen statistischer Art, die die durchschnittlichen Kosten betrafen, die durch die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle im selben Zeitraum verursacht wurden. Die Kommission war daher grundsätzlich in der Lage, die von diesen Website-Betreibern angegebenen Durchschnittskosten zu vergleichen. Google trägt jedoch keine substanziierten Argumente vor, die erklären, warum die gestellten Fragen nicht geeignet gewesen sein sollen, um Informationen zu erhalten, die die Feststellung im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hätten stützen können, dass der Direktverkauf von Online-Werbung für die Website-Betreiber höhere Kosten verursache als der Verkauf über Vermittler. Darüber hinaus macht Google nicht geltend, dass eine andere Frage zu einer anderen Schlussfolgerung geführt hätte als der, die die Kommission zu den Transaktionskosten gezogen hat. 320    Daraus folgt, dass die Richtigkeit, Verlässlichkeit und Kohärenz der in Fn. 193 erwähnten Antworten nicht in Frage gestellt werden. 321    Zweitens gibt es in Bezug auf das Argument von Google, dass die an Vermittler gezahlte Provision jeglichen Preisunterschied für die Website-Betreiber neutralisiere, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Provision etwa nicht – wie sie es hätte sein müssen – Teil der diesen Betreibern entstandenen Kosten gewesen und daher nicht in die Durchschnittskosten eingeflossen wäre, die die Website-Betreiber in ihren oben in Rn. 318 bis 320 angeführten Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission errechnet haben. 322    Was drittens das Argument von Google betrifft, die Kommission habe Beweise dafür außer Acht gelassen, dass die Kosten des Direktverkaufs für die Website-Betreiber nicht höher gewesen seien als die des Verkaufs über einen Vermittler, bezieht sich Google in ihren Schriftsätzen lediglich auf die Antwort von [vertraulich] auf das Auskunftsverlangen vom Dezember 2010. Diese in Anlage A.32 zur Klageschrift auszugsweise wiedergegebene Antwort besagt, dass die Transaktionskosten von [vertraulich] für Direktverkäufe niedriger gewesen seien als die für Verkäufe über Vermittler. Obwohl die Kommission in ihren Schriftsätzen erklärt, dass [vertraulich] kein typischer Website-Betreiber sei, weil er seine eigenen Dienste für Online-Suchmaschinenwerbung ([vertraulich]) entwickelt und für diese Werbung weiterhin AFS genutzt habe, handelt es sich gleichwohl um ein Beispiel für einen Website-Betreiber, der der Ansicht war, dass Direktverkäufe mit geringeren Kosten verbunden seien als Verkäufe über Vermittler. 323    Dies allein kann jedoch die von der Kommission im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung zu den Transaktionskosten für die Website-Betreiber nicht in Frage stellen. Diese Feststellung wurde durch die von Google nicht wirksam beanstandeten Antworten der fünf Website-Betreiber auf die Auskunftsverlangen gestützt und steht nach dem Vorbringen der Kommission auch im Einklang mit den von Google nicht bestrittenen Erläuterungen in den Erwägungsgründen 150 bis 154 und 195 bis 197 des angefochtenen Beschlusses zu den erheblichen Investitionen, die für die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung erforderlich sind. 324    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht zu dem Schluss gekommen ist, dass die Transaktionskosten für den Verkauf von Werbeflächen für Website-Betreiber, die einen Vermittler einschalteten, geringer seien als für diejenigen, die Direktverkäufe tätigten. 2)      Zum Indiz, das sich auf den Zugang zu einem ausreichenden Stamm von Werbetreibenden bezieht 325    Im 188. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass Online-Werbung einen großen Stamm von Werbetreibenden erfordere und dass die Website-Betreiber durch den Verkauf über Vermittler im Vergleich zum Direktverkauf von Online-Werbung leichter Zugang zu einem solchen Kundenstamm erhielten. 326    Google macht geltend, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Website-Betreiber selbst nicht in der Lage gewesen seien, einen ausreichenden Stamm von Werbetreibenden aufzubauen, um Online-Werbung direkt an diese zu verkaufen. Insoweit beanstandet sie die Interpretation der Antwort von [vertraulich] auf das Auskunftsverlangen vom 16. September 2011 und trägt vor, dass die Website-Betreiber auf einen ausreichend großen Stamm von Werbetreibenden zurückgreifen könnten, um Werbung direkt zu verkaufen, was durch Website-Betreiber wie [vertraulich] und [vertraulich] belegt werde. 327    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 328    Erstens ist festzustellen, dass Google von den im 188. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Beweismitteln nur die Interpretation der Antwort des [vertraulich] durch die Kommission beanstandet. Sie bringt somit keine Argumente vor, die die Richtigkeit, Verlässlichkeit oder Kohärenz der auf die Auskunftsverlangen erteilten Antworten der neun Website-Betreiber in Frage stellen, auf die sich die Kommission in Fn. 195 bezogen hat, um ihre Schlussfolgerung zu dem Stamm von Werbetreibenden zu untermauern, der durch den Verkauf von Werbung über Vermittler erreichbar gewesen sei. 329    Zweitens ist in Bezug auf die in Anlage B.8 zur Klagebeantwortung wiedergegebenen Angaben von [vertraulich] darauf hinzuweisen, dass dieser als Antwort auf Frage 3 klargestellt hat, dass die große Mehrheit der Website-Betreiber, die auf seine Umfrage geantwortet hätten, für den Verkauf von Werbeflächen einen Vermittler einschalteten und dass alle Website-Betreiber, die geantwortet hätten, mit Ausnahme eines dieser Betreiber, der nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung anzeige, angegeben hätten, dass es für sie nicht praktikabel sei, Werbeflächen direkt an die Werbetreibenden zu verkaufen, insbesondere wegen der fehlenden Rentabilität, des geringen Volumens der Suchanfragenseiten und der Kosten der erforderlichen Investitionen. Diese Antwort zeigt mithin, dass die Website-Betreiber – der Umfrage von [vertraulich] zufolge – den Verkauf von Werbung über Vermittler gegenüber dem Direktverkauf stark bevorzugten. 330    Drittens ist zu dem Argument von Google, das sich auf die Beispiele von [vertraulich] und [vertraulich] stützt, die Direktverkäufe tätigen würden, darauf hinzuweisen, dass diese beiden Beispiele nicht den Schluss darauf zulassen, dass Direktverkäufe den Website-Betreibern einen ebenso großen Stamm von Werbetreibenden verschaffen könnten wie Verkäufe über Vermittler. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, ist dieser Faktor jedoch für die Online-Suchmaschinenwerbung von besonderer Bedeutung, weil die Klickraten und damit die den Website-Betreibern zustehende Vergütung von der Relevanz der Werbung in Bezug auf die Suchanfrage des Nutzers abhängig sind. Je größer die Zahl der Werbetreibenden ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Werbung auf das Interesse des Nutzers eingeht, das er durch seine Suchanfrage zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus können diese beiden Beispiele für Website-Betreiber, die Direktverkäufe tätigen, nicht die von der Kommission in Fn. 195 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Antworten der neun Website-Betreiber aufwiegen, die angegeben hatten, dass der durch Vermittlung erreichbare Stamm von Werbetreibenden größer sei als der, der sich durch Direktverkäufe gewinnen lasse, und dass dies ein wichtiger Faktor für die Website-Betreiber sei. 331    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission im 188. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht zu dem Schluss gelangt ist, dass die Website-Betreiber leichter über einen ausreichend großen Stamm von Werbetreibenden verfügen konnten, wenn sie den Verkauf von Online-Werbung über Vermittler statt durch Direktverkäufe abwickelten. 3)      Zum Fehlen einer „echten“ Analyse der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle 332    Google macht geltend, dass die Kommission ihre Feststellung, dass die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Website-Betreiber nicht austauschbar seien, nicht auf die Beweise bezüglich der Transaktionskosten und des erreichbaren Stamms von Werbetreibenden habe stützen dürfen, ohne eine „echte“ Substituierbarkeitsanalyse durchgeführt zu haben. Google hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie der Ansicht ist, dass die Kommission einen SSNIP-Test hätte durchführen müssen. 333    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 334    Zunächst ist das von der Kommission in der Klagebeantwortung vorgebrachte Argument zu prüfen, dass sie eine Preisanalyse durchgeführt habe. Insoweit verweist die Kommission darauf, dass sie den Website-Betreibern in ihren Auskunftsverlangen vom 26. Juli 2013 und 18. März 2016 die Frage gestellt habe, ob sie im Fall einer erheblichen, nicht nur vorübergehenden Preiserhöhung für Vermittlungsleistungen um 5 bis 10 % die Verkäufe von Online-Suchmaschinenwerbung über Vermittler ganz oder teilweise durch Direktverkäufe solcher Werbung ersetzen würden. In der Tat enthalten die Anlagen B.6 und B.7 zur Klagebeantwortung die Antworten von zwölf Website-Betreibern auf diese Frage. Die Kommission fügt unter Bezugnahme auf die Erwägungsgründe 187 und 188 und die Fn. 193 und 195 des angefochtenen Beschlusses hinzu, dass alle antwortenden Website-Betreiber es als unwahrscheinlich bezeichnet hätten, dass sie eine solche Umstellung vornehmen würden. 335    Hierzu ist jedoch festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung keinen Hinweis auf diese Analyse enthält. 336    Die Kommission hat in den Fn. 193 und 195 zwar bestimmte Antworten der Website-Betreiber auf die in den Auskunftsverlangen gestellte und oben in Rn. 334 wiedergegebene Frage erwähnt, diese Antworten jedoch nicht in den angefochtenen Beschluss aufgenommen, um die Ergebnisse einer Preisanalyse zu beschreiben, sondern ausschließlich zur Rechtfertigung ihrer Schlussfolgerungen zu den Transaktionskosten (in Fn. 193 zum 187. Erwägungsgrund erwähnte Antworten) und zum erreichbaren Stamm von Werbetreibenden (in Fn. 195 zum 188. Erwägungsgrund erwähnte Antworten). 337    Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die Kommission die Begründung des angefochtenen Beschlusses im Verfahren vor dem Gericht nicht ergänzen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2021, Oltchim/Kommission, T‑565/19, EU:T:2021:904, Rn. 275 und die dort angeführte Rechtsprechung). 338    Ungeachtet dessen kann das Fehlen einer solchen Analyse im angefochtenen Beschluss die von der Kommission vorgenommene Definition des relevanten Marktes jedoch nicht ungültig machen, insbesondere nicht, was die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Website-Betreiber betrifft. 339    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Durchführung eines SSNIP-Tests für die Zwecke der Marktdefinition, wie oben in Rn. 155 bis 161 dargelegt, nicht zwingend erforderlich ist. 340    Zweitens bringt Google in ihren Schriftsätzen kein Argument dafür vor, dass ein solcher Test zu einer anderen Schlussfolgerung geführt hätte als der, die die Kommission im angefochtenen Beschluss gezogen hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes auf ein Bündel von Indizien gestützt hat, die sich auf die Transaktionskosten für die Website-Betreiber und den für diese Betreiber erreichbaren Stamm von Werbetreibenden bezogen und deren Richtigkeit und Relevanz für die Substituierbarkeitsanalyse durch die Argumente von Google nicht in Frage gestellt worden ist, wie oben in Rn. 314 bis 331 festgestellt wurde. Darüber hinaus beruhte die Analyse der Kommission, die ihrer Definition des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zugrunde liegt, auch auf Erwägungen, die Google nicht beanstandet hat, wie z. B. auf der fehlenden Substituierbarkeit zwischen der Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung und der Vermittlung von nicht suchmaschinengebundener Online-Werbung. In Anbetracht dieser relevanten und übereinstimmenden Anhaltspunkte vermag die bloße Tatsache, dass die Kommission für die Zwecke der Definition des relevanten Marktes keinen SSNIP-Test durchgeführt hat, nicht aufzuzeigen, dass ihre Gesamtbeurteilung in dieser Hinsicht falsch ist. 341    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Beurteilung der Marktdefinition durch die Kommission allein deshalb fehlerhaft war, weil sie keinen SSNIP-Test durchgeführt hat. 4)      Zu den Website-Betreibern, die die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nutzten 342    Im 191. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die Bildschirmausdrucke der Website von [vertraulich] und die Antworten von [vertraulich] und [vertraulich], die die von diesen Website-Betreibern vorgenommene Substitution zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen aufzeigen sollen, kein Beweis für die Substituierbarkeit dieser Kanäle seien. 343    Mit Unterstützung von Surfboard macht Google geltend, dass die Kommission zu Unrecht Beweise ignoriert habe, die belegten, dass Website-Betreiber Online-Werbung sowohl im Direktauftrag der Werbetreibenden als auch unter Einschaltung von Vermittlern anzeigten. Hierzu führt Google die Beispiele von [vertraulich] und [vertraulich] an, die die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle beweisen sollen. 344    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 345    Erstens ist festzustellen, dass Google die von der Kommission in Nr. 2 des 191. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Analyse der Antworten von [vertraulich] und [vertraulich] nicht beanstandet, der zufolge diese Antworten die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nicht belegen. 346    Was zweitens das Beispiel von [vertraulich] betrifft, legt Google in Anlage A.16 zur Klageschrift mit den Abbildungen 6 und 7 zwei Bildschirmausdrucke von Internetseiten vor, die nach einer Suchanfrage auf [vertraulich] angezeigt und in Nr. 1 des 191. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses untersucht wurden. Google erklärt, dass die Abbildung 6 Online-Suchmaschinenwerbung zeige, die über die Vermittlungsdienste von Google generiert worden sei, während Abbildung 7 eine Werbung von [vertraulich] (Eigenwerbung) darstelle, die von dieser direkt verkauft worden sei. 347    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass [vertraulich] die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nutzt, um Werbeflächen zu verkaufen, nicht zwangsläufig beweist, dass diese Kanäle austauschbar sind. Sie belegt zwar, dass derselbe Website-Betreiber sich dafür entscheiden kann, auf einer Seite seiner Website eigene Werbung und auf einer anderen Seite Online-Suchmaschinenwerbung anzuzeigen, die über Vermittler verkauft wurde. Im Einklang mit der Erläuterung der Kommission in Nr. 1 Abs. 1 des 191. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses könnte diese Entscheidung jedoch in Abhängigkeit von den Möglichkeiten, die in den Suchanfragen verwendeten Stichwörter zu monetarisieren, getroffen worden sein. In diesem Fall ist die bloße Tatsache, dass ein Website-Betreiber Werbung sowohl direkt als auch über einen Vermittler verkauft, kein Beleg dafür, dass die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle im Sinne der Rechtsprechung und der Bekanntmachung über die Marktdefinition, die oben in Rn. 125 und 126 angeführt sind, hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks austauschbar oder substituierbar sind. 348    Was drittens das Beispiel von [vertraulich] betrifft, legt Google in Anlage A.22 zur Klageschrift einen im Anschluss an eine Suchanfrage auf der Website [vertraulich] angefertigten Bildschirmausdruck vor, der oberhalb der Suchergebnisse und der darunter eingeblendeten und durch die Vermittlungsdienste von Google generierten Online-Suchmaschinenwerbung Werbung zeigt, die von [vertraulich] direkt verkauft wurde. 349    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dieser Bildschirmausdruck bei der im angefochtenen Beschluss vorgenommenen Analyse der Definition des relevanten Marktes nicht geprüft worden ist und dass die Akten keinen Hinweis darauf enthalten, dass Google ihn der Kommission im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat. Entgegen ihrem Vorbringen in der Klageschrift kann Google der Kommission daher nicht vorwerfen, dieses Beispiel ignoriert zu haben. Darüber hinaus deutet dieser Bildschirmausdruck, der auf ein und derselben Internetseite über verschiedene Vertriebskanäle verkaufte Werbung zeigt, im Einklang mit den Argumenten der Kommission in ihren Schriftsätzen eher auf die Komplementarität der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle als auf ihre Austauschbarbarkeit hin. In diesem Sinne entspricht das Beispiel von [vertraulich] dem Verhalten der Website-Betreiber, das in den Erwägungsgründen 188, 190, 191 und 192 Nr. 2 des angefochtenen Beschlusses beschrieben wird. In diesen Erwägungsgründen hat die Kommission festgestellt, dass eine Reihe von Website-Betreibern, z. B. Mitglieder von [vertraulich] und bestimmte direkte Partner von Google, nämlich [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], Werbeflächen direkt verkauft hätten, aber auch systematisch auf den Verkauf über Vermittler zurückgegriffen hätten, und zwar im Wesentlichen in Anbetracht der Vorteile, die dieser letztere Vertriebsweg geboten habe. Ein solches Verhalten kann eher ein Anzeichen für eine Komplementarität zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen als für eine Substituierbarkeit zwischen ihnen sein. 350    Selbst wenn die Beispiele von [vertraulich] und [vertraulich] als Indizien für eine Substituierbarkeit zwischen dem Verkauf von Online-Werbung über Vermittler und dem Direktverkauf durch Website-Betreiber anzusehen wären, was nicht nachgewiesen wurde, ist jedenfalls festzustellen, dass diese Indizien nicht ausreichen würden, um die in den Erwägungsgründen 187 und 188 des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweise dafür aufzuwiegen, dass die Website-Betreiber die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle im Allgemeinen nicht als austauschbar ansahen, und zwar wegen der wesentlich geringeren Transaktionskosten von Verkäufen über Vermittler und des leichteren Zugangs zu einem großen Stamm von Werbetreibenden, den die Vermittlung im Vergleich zu Direktverkäufen bietet. 351    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission im 191. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bei ihrer Analyse der Substituierbarkeit der in Rede stehenden Verkaufskanäle Beispiele für Website-Betreiber, die beide Verkaufskanäle nutzten, zu Unrecht außer Acht gelassen hat. b)      Zur Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Werbetreibenden 352    Im 192. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass den von Google genannten Beispielen für Website-Betreiber, die fortgeschrittene Fähigkeiten zur gezielten Ansprache von Nutzern entwickelt hätten, nämlich [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], keine Anhaltspunkte für die Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle zu entnehmen seien. 353    Google macht geltend, dass die Kommission die Beweise dafür, dass die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Werbetreibenden austauschbar seien, zu Unrecht zurückgewiesen habe. Die Website-Betreiber könnten direkt verkaufte Werbung nämlich sehr effektiv anzeigen, da einige von ihnen (wie [vertraulich]) in der Lage seien, Nutzerdaten zu sammeln, insbesondere (wie [vertraulich]) durch Registrierung von Nutzern und die Verwendung von Cookies, und (wie [vertraulich]) gezielt solche Nutzer anzusprechen, die eine Website bereits besucht hätten. 354    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 355    Hierzu ist festzustellen, dass die von Google vorgelegten Beispiele die Möglichkeiten einer gezielten Ansprache der Nutzer hervorheben, die nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung auf den Websites bestimmter Website-Betreiber bietet. Auch wenn diese Aspekte aufzeigen könnten, dass diese Website-Betreiber in der Lage sind, attraktive Werbeflächen direkt an Werbetreibende zu verkaufen, erklärt Google jedoch nicht, inwiefern allein dieser Umstand belegen soll, dass die Werbetreibenden die Schaltung von Online-Werbung über einen Vermittler –z. B. von Online-Suchmaschinenwerbung über Google und ihren Dienst AFS – als durch direkt bei Website-Betreibern geschaltete Werbung substituierbar betrachteten. 356    Darüber hinaus beanstandet Google nicht die Feststellung der Kommission in Nr. 2 des 192. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses, dass [vertraulich] und [vertraulich] trotz der Entwicklung eigener Werkzeuge zur gezielteren Ausrichtung von Werbung für ihre eigenen Produkte weiterhin die Vermittlungsdienste von Google für Online-Suchmaschinenwerbung genutzt hätten. Diese Feststellung spricht dafür, dass [vertraulich] und [vertraulich] der Ansicht waren, dass ihre Werkzeuge den Verkauf über Vermittler nicht ersetzen konnten. 357    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die von ihr vorgelegten Beispiele von der Kommission im 192. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht außer Acht gelassen wurden. c)      Zur Berücksichtigung der Entscheidung Telefónica UK 358    Im 193. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass die Entscheidung Telefónica UK die Argumente von Google nicht stütze, weil die Kommission in dieser Entscheidung die Frage offengelassen habe, ob der durch den Direktverkauf von Werbung auf Mobilgeräten ausgeübte Wettbewerbsdruck auf den Verkauf solcher Werbung über Vermittler eine Erweiterung des relevanten Marktes rechtfertige. 359    Google macht geltend, dass die Kommission zu Unrecht von ihrer in der Entscheidung Telefónica UK gezogenen Schlussfolgerung abgewichen sei, dass der Direktverkauf von Werbung auf Mobilgeräten erheblichen Druck auf den Verkauf solcher Werbung über Vermittler ausübe. 360    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 361    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 238 und 300 ausgeführt, nicht an die in ihren früheren Entscheidungen vorgenommenen Beurteilungen der relevanten Märkte gebunden ist. 362    Darüber hinaus ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie im 193. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, in der Entscheidung Telefónica UK die Frage offengelassen hat, ob es für den Verkauf von Werbeflächen auf mobilen Geräten getrennte Marktsegmente für deren Direktverkauf und für deren Verkauf über Vermittler gibt. Sie hat ausdrücklich angegeben, dass ihre Marktstudie keine eindeutige Antwort auf diese Frage zulasse. 363    Außerdem erklärt Google in ihren Schriftsätzen nicht, warum die Ausführungen der Kommission in der Entscheidung Telefónica UK zur möglichen Substituierbarkeit von Verkaufskanälen für Werbeflächen auf Mobilgeräten für die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Analyse der Substituierbarkeit zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen, die Online-Werbung betreffen, relevant sein sollen. 364    Aus dem Vorstehenden folgt, dass Google nicht nachweist, dass die Kommission im 193. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses einen Fehler begangen hat, indem sie davon ausging, dass die Entscheidung Telefónica UK die Argumentation von Google nicht stütze. d)      Ergebnis zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes 365    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es Google mit ihrer Argumentation weder gelungen ist, die Richtigkeit, Verlässlichkeit und Kohärenz der Beweismittel in Frage zu stellen, auf die sich die Kommission bei ihrer Gesamtbeurteilung der Substituierbarkeit zwischen dem Verkauf von Online-Werbung über Vermittler und dem Direktverkauf solcher Werbung durch die Website-Betreiber gestützt hat, noch den Nachweis zu erbringen, dass die Kommission Aspekte, die für diesen Zweck relevant sind, außer Acht gelassen hat. Google weist folglich nicht nach, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass nur ein begrenzter Grad an Substituierbarkeit zwischen den beiden in Rede stehenden Verkaufskanälen bestehe. 366    Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 3.      Ergebnis zum ersten Klagegrund 367    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass Google nicht nachgewiesen hat, dass die von der Kommission vorgenommene Abgrenzung der relevanten Märkte fehlerhaft war. 368    Daher ist auch das Vorbringen von Google, ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR sei von der Kommission nicht nachgewiesen worden, unbegründet, weil sich dieses Vorbringen allein auf die angeblich fehlerhafte Definition dieses Marktes stützt.  Das Vorbringen von Google ist daher nicht geeignet, die Schlussfolgerung der Kommission im 274. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen, wonach Google von 2006 bis 2016 eine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR innehatte. 369    Daher ist der erste Klagegrund von Google als unbegründet zurückzuweisen. C.      Zweiter Klagegrund: Die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 370    Mit ihrem zweiten Klagegrund wirft Google der Kommission vor, die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten sei, als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV angesehen zu haben. Dieser Klagegrund besteht aus drei Teilen, mit denen erstens geltend gemacht wird, dass diese Klausel keine Alleinbezugsverpflichtung im Sinne der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung darstelle, zweitens, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, die Auswirkungen dieser Klausel zu untersuchen, und drittens, dass der angefochtene Beschluss nicht belege, dass die fragliche Klausel geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. 371    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in der GSA-Mustervorlage aus der Zeit vor März 2009 wie folgt lautete: „Für jeden Vertrag erklärt sich der Kunde damit einverstanden, dass er während der jeweiligen Laufzeit der Dienste keine Dienste auf der betreffenden Website implementieren oder über die betreffende Kundenanwendung (sofern vorhanden) zugänglich machen darf, die mit den von Google im Rahmen des Vertrags erbrachten Diensten identisch oder ihnen im Wesentlichen ähnlich sind oder die anderweitig in unmittelbarem Wettbewerb mit diesen Diensten stehen.“ 1.      Erster und zweiter Teil des zweiten Klagegrundes: Die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA stelle keine Alleinbezugsverpflichtung im Sinne der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung dar und die Kommission sei verpflichtet, die Auswirkungen dieser Klausel zu untersuchen] 372    Zum einen hat die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die die sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36) ergebende Rechtsprechung hingewiesen, wonach „[e]in Unternehmen, das auf einem Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und Abnehmer, sei es auch auf deren Wunsch, durch die Verpflichtung oder Zusage, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich bei ihm zu beziehen, an sich bindet, … seine [marktbeherrschende] Stellung im Sinne des Artikels [102 AEUV] missbräuchlich aus[nützt]“ (vgl. Rn. 89 des genannten Urteils). 373    Zum anderen hat die Kommission festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel im vorliegenden Fall eine Alleinbezugsverpflichtung darstelle, weil sie die direkten All-Site-Partner verpflichtet habe, ihren gesamten Bedarf an Vermittlungsdienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung oder einen beträchtlichen Teil davon von Google zu beziehen. In diesem Zusammenhang hat sie erstens festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA enthalten sei, „typischerweise“ für alle Websites dieser Partner gegolten habe, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt worden sei, zweitens, dass die direkten Partner vor Ablauf ihrer GSA nicht von dieser Klausel hätten abweichen dürfen, und drittens, dass die mit [vertraulich] und [vertraulich] geschlossenen GSA diese Partner verpflichtet hätten, alle ihre Websites, auf denen solche Werbung angezeigt werde, dieser Klausel zu unterwerfen. 374    Somit hat die Kommission in erster Linie die Auffassung vertreten, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten Partnern geschlossenen GSA gegen Art. 102 AEUV verstoße, ohne dass überprüft werden müsse, ob diese Klausel angesichts der Gesamtheit der Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. 375    Google wirft der Kommission vor, sich nicht für verpflichtet gehalten zu haben, zu überprüfen, ob die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie macht insoweit geltend, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass diese direkten Partner einer Alleinbezugsverpflichtung unterlegen hätten, die in Anwendung der sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), ergebenden Rechtsprechung gegen Art. 102 AEUV verstoße. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die vom Gerichtshof im Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), aufgestellten Grundsätze die Kommission dazu verpflichteten, die Auswirkungen dieser Klausel zu prüfen, um festzustellen, ob sie eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung darstelle. 376    Surfboard wirft der Kommission vor, sie als einer Alleinbezugsverpflichtung unterliegend angesehen zu haben. 377    Die Kommission macht geltend, dass die im GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel nach Abschluss dieses GSA für dessen Dauer gegolten habe. Folglich sei ein direkter Partner, der alle seine Websites in seinen GSA einbezogen habe, nach Inkrafttreten dieses GSA verpflichtet gewesen, seinen gesamten Bedarf an Vermittlungsdienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung ausschließlich von Google zu beziehen, was nach der Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), ergebe, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle. 378    Darüber hinaus macht die Kommission geltend, dass das Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), die sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), ergebende Rechtsprechung nur in Bezug auf Alleinbezugsverpflichtungen klarstelle, die ein marktbeherrschendes Unternehmen als Gegenleistung für einen Rabatt oder eine Zahlung auferlege, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe. 379    Als Erstes hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36, Rn. 89), zwar entschieden, dass Klauseln, mit denen sich Vertragspartner verpflichtet haben, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung zu beziehen, auch wenn sie nicht mit Rabatten verbunden sind, naturgemäß eine Ausnutzung einer beherrschenden Stellung darstellen und dass dies auch für die Treuerabatte eines solchen Unternehmens gilt (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 46). 380    Allerdings hat der Gerichtshof die oben genannte Rechtsprechung im Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 138) erstens für den Fall konkretisiert, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung im Verwaltungsverfahren unter Vorlage von Beweisen für seine Behauptungen geltend macht, dass sein Verhalten nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken und insbesondere die beanstandeten Verdrängungswirkungen zu erzeugen (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 47). 381    Insoweit hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Kommission in dieser Situation nicht nur verpflichtet ist, das Ausmaß der beherrschenden Stellung des Unternehmens auf dem maßgeblichen Markt und den Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis sowie die Bedingungen und Modalitäten der in Rede stehenden Rabattgewährung, die Dauer und die Höhe dieser Rabatte zu prüfen, sondern außerdem verpflichtet ist, das Vorliegen einer eventuellen Strategie zur Verdrängung der mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber zu prüfen (Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 139, und vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 48). 382    Als Zweites hat der Gerichtshof hinzugefügt, dass die Analyse der Eignung zur Verdrängung ebenfalls maßgeblich für die Beurteilung der Frage ist, ob sich ein Rabattsystem, das grundsätzlich unter das Verbot von Art. 102 AEUV fällt, objektiv rechtfertigen lässt. Außerdem kann die für den Wettbewerb nachteilige Verdrängungswirkung eines Rabattsystems durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden, die auch dem Verbraucher zugutekommen. Ebenso kann die Abwägung der für den Wettbewerb vorteilhaften und nachteiligen Auswirkungen der beanstandeten Praxis nur im Anschluss an eine Analyse der dieser Praxis innewohnenden Eignung zur Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber vorgenommen werden (Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 140, und vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 49). 383    Mit dieser zweiten Klarstellung hat der Gerichtshof zwar nur die Rabattsysteme angesprochen. Da jedoch sowohl Rabattpraktiken als auch Ausschließlichkeitsklauseln objektiv gerechtfertigt sein können oder die Nachteile, die sie verursachen, durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden können, die auch dem Verbraucher zugutekommen, ist eine solche Konkretisierung so zu verstehen, dass sie sowohl für die eine als auch für die andere dieser Praktiken gilt (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 50). 384    Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung im Einklang mit der ersten Konkretisierung steht, die der Gerichtshof im Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 139), vorgenommen hat, ist im Übrigen festzustellen, dass Ausschließlichkeitsklauseln, auch wenn sie aufgrund ihrer Natur berechtigte Wettbewerbsbedenken hervorrufen, nicht automatisch geeignet sind, Wettbewerber zu verdrängen, wie im Übrigen Nr. 36 der Mitteilung der Kommission „Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“ (ABl. 2009, C 45, S. 7) veranschaulicht (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 51). 385    Somit muss sich die Kommission zum einen, wenn sie den Verdacht hegt, dass ein Unternehmen durch die Verwendung von Ausschließlichkeitsklauseln gegen Art. 102 AEUV verstoßen hat, und dieses Unternehmen im Lauf des Verfahrens unter Vorlage von Beweisen die konkrete Eignung dieser Klauseln, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt auszuschließen, in Abrede stellt, im Stadium der Einstufung als Zuwiderhandlung vergewissern, dass diese Klauseln unter den Umständen des konkreten Falls tatsächlich geeignet waren, ebenso leistungsfähige Wettbewerber wie dieses Unternehmen vom Markt auszuschließen (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 52). 386    Zum anderen ist die Kommission auch verpflichtet, konkret zu beurteilen, ob diese Klauseln geeignet sind, den Wettbewerb zu beschränken, wenn das unter Verdacht stehende Unternehmen, ohne förmlich zu bestreiten, dass sein Verhalten geeignet war, den betreffenden Wettbewerb zu beschränken, im Verwaltungsverfahren vorträgt, dass es Rechtfertigungen für sein Verhalten gibt (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 53). 387    Im vorliegenden Fall steht zum einen fest, dass Google im Lauf des Verwaltungsverfahrens unter Vorlage von Beweisen bestritten hatte, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Zum anderen steht auch fest, dass Google geltend gemacht hatte, diese Klausel sei objektiv gerechtfertigt gewesen. 388    Daher hatte die Kommission nachzuweisen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken, und zu diesem Zweck alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls zu berücksichtigen. 389    Folglich ist festzustellen, dass sich die Kommission entgegen ihren Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht darauf beschränken durfte, zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festzustellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA diese direkten Partner verpflichtete, ihren gesamten Bedarf an Vermittlungsdienstleistungen für Online-Suchmaschinenwerbung oder einen beträchtlichen Teil dieses Bedarfs ausschließlich von Google zu beziehen. Sie musste nämlich darüber hinaus unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des vorliegenden Falls nachweisen, dass diese Klausel geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken, was sie im Übrigen im angefochtenen Beschluss hilfsweise getan hat. 390    Ohne dass es einer Entscheidung über die von Google aufgeworfene Frage bedarf, ob die in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel tatsächlich eine Alleinbezugsverpflichtung im Sinne der sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), ergebenden Rechtsprechung darstellte, ist somit festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht in erster Linie davon ausgegangen ist, sie habe nicht zu prüfen brauchen, ob diese Klausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken. 391    Folglich ist dem ersten und dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes stattzugeben. 2.      Dritter Teil des zweiten Klagegrundes: Im angefochtenen Beschluss werde nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. 392    Im 362. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission hilfsweise festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass diese Klausel erstens diese direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. Darüber hinaus hat sie festgestellt, dass die englische Klausel die Eignung der Ausschließlichkeitsklausel, den Wettbewerb zu beschränken, verstärkt habe. 393    Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aufgrund ihrer Feststellung, die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA habe zum einen diese direkten Partner davon abgehalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert, im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Klausel geeignet sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 394    Darüber hinaus hat die Kommission aus der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA abgeleitet, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 395    Erstens geht nämlich aus den Erwägungsgründen 404 bis 406 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittler daran gehindert habe, verschiedenartige Online-Suchmaschinenwerbung anzubieten oder zu entwickeln, so dass diese Klausel sie davon abgehalten habe, in Innovationen zu investieren. Ferner geht aus dem 408. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass diese Verdrängungswirkung den genannten Vermittlern Einnahmen und Daten vorenthalten habe, die für die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung hätten genutzt werden können. Schließlich geht aus dem 417. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass diese Verdrängungswirkung es Google ermöglicht habe, die von den Werbetreibenden gezahlten Preise auf einem hohen Niveau festzusetzen und damit die Preise zu erhöhen, die die Verbraucher für die in der Online-Suchmaschinenwerbung beworbenen Waren zahlten. Dem hat die Kommission im 418. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hinzugefügt, dass der Umstand, dass die Klausel die Innovation habe behindern können, den Verbrauchern auch eine größere Auswahl an Online-Suchmaschinenwerbung genommen habe. 396    Google macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA erstens die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung habe entfalten können, zweitens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten oder zu verstärken, und drittens die Innovation behindert oder den Verbrauchern geschadet habe. Darüber hinaus wirft sie der Kommission vor, nicht nachgewiesen zu haben, dass die englische Klausel geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. 397    Surfboard macht geltend, dass die GSA, die sie mit Google geschlossen habe, sie nicht daran gehindert hätten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und bestreitet, dass die Online-Verträge die Bedürfnisse der Website-Betreiber zumindest hinsichtlich einiger ihrer Websites nicht hätten erfüllen können. Sie fügt hinzu, dass die Ausschließlichkeitsklausel in ihren GSA jedenfalls Fall objektiv gerechtfertigt gewesen sei. 398    Zunächst ist die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu untersuchen, die sich aus der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA ergeben soll. Es ist daher zu prüfen, ob diese Klausel geeignet war, einerseits diese direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und andererseits den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. 399    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klargestellt hat, dass sie bei ihrer Prüfung, ob die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, alle relevanten Umstände berücksichtigt habe, darunter insbesondere zum einen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google sowohl auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung als auch auf dem Markt für die Vermittlung solcher Werbung, und zum anderen den Umfang der Erfassung des letztgenannten Marktes durch diese Klausel sowie die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“. Sie hat insoweit auf Abschnitt 7 dieses Beschlusses verwiesen, der sich mit der marktbeherrschenden Stellung von Google befasst und dessen Inhalt oben in Rn. 39 bis 66 zusammengefasst ist, bzw. auf den gesamten Abschnitt 8.3.4.2 dieses Beschlusses, der sich darauf bezieht, dass es den mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern nicht möglich gewesen sei, Zugang zu einem erheblichen Teil dieses Marktes zu erlangen. 400    Der von der Kommission gewählte Ansatz steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach die Kommission in Fällen, in denen ein Unternehmen im Verwaltungsverfahren unter Vorlage von Beweisen geltend macht, dass sein Verhalten nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb einzuschränken und insbesondere die beanstandeten Verdrängungswirkungen zu entfalten, verpflichtet ist, insbesondere das Ausmaß der beherrschenden Stellung des Unternehmens auf dem relevanten Markt, den Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis sowie die Bedingungen und Modalitäten der in Rede stehenden Klausel und ihre Geltungsdauer zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU: C:2017:632, Rn. 139). 401    In diesem Zusammenhang hat die Kommission in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Google insbesondere auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR von 2006 bis 2016 unter Berücksichtigung ihrer Marktanteile, der Marktzutritts- und Expansionsschranken und des Fehlens einer kompensierenden Nachfragemacht der Website-Betreiber eine marktbeherrschende Stellung innegehabt habe. 402    Was erstens die Marktanteile von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR betrifft, hat die Kommission auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen von Google zum einen anhand der von Google stammenden Daten festgestellt, dass sich deren Marktanteile zwischen 2006 und 2016 stets auf mehr als [vertraulich] % belaufen und im letzten dieser Jahre [vertraulich] % erreicht hätten, und zum anderen anhand der von Google, Microsoft und Yahoo! stammenden Daten, dass Google im Jahr 2006 über Marktanteile von mehr als [vertraulich] % verfügt habe und diese Marktanteile sich zwischen 2007 und 2014 stets auf mehr als [vertraulich] % belaufen hätten. Auf der Grundlage der Nettoeinnahmen von Google hat die Kommission zum einen anhand der von Google stammenden Daten festgestellt, dass sich deren Marktanteile im Jahr 2006 auf mehr als [vertraulich] % und zwischen 2007 und 2016 auf mehr als [vertraulich] % belaufen hätten, und zum anderen anhand der von Google und Yahoo! stammenden Daten, dass Google zwischen 2006 und 2011 über Marktanteile von stets mehr als [vertraulich] % verfügt habe und diese Marktanteile im letzten dieser Jahre mehr als [vertraulich] % erreicht hätten. Daraus hat die Kommission abgeleitet, dass Google durch die anderen Vermittler nur einem begrenzten Wettbewerb ausgesetzt gewesen sei. 403    Zweitens hat die Kommission festgestellt, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zahlreiche Marktzutritts- und Expansionsschranken bestanden hätten. Insoweit hat sie insbesondere klargestellt, dass hohe Investitionen erforderlich seien, um eine „Plattform für Online-Suchmaschinenwerbung“ zu schaffen, zu erhalten und kontinuierlich zu verbessern, und dass der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch Netzwerkeffekte gekennzeichnet sei. Der Erfolg eines Vermittlers sei nämlich von der Zahl der Werbetreibenden und der Website-Betreiber abhängig, die er anziehen könne, sowie von der Größe seines Portfolios an Online-Suchmaschinenwerbung. So könne ein Vermittler von Online-Suchmaschinenwerbung eine Auswahl aus einer umso größeren Vielzahl derartiger Werbeanzeigen treffen und so die Relevanz der als Antwort auf die Online-Suche eines Nutzers eingeblendeten Werbung erhöhen, je mehr Werbetreibende seinen Dienst nutzten. 404    Drittens hat die Kommission festgestellt, dass der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR durch das Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht der Website-Betreiber gekennzeichnet sei. 405    Google bestreitet den Inhalt von Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses allein insoweit, als sie im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend macht, dass die Kommission die relevanten Märkte in Abschnitt 6 dieses Beschlusses falsch definiert habe. 406    Darüber hinaus sind Ausschließlichkeitsklauseln zwar nicht automatisch geeignet, Wettbewerber zu verdrängen, wie im Übrigen Nr. 36 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“ veranschaulicht, rufen jedoch aufgrund ihrer Natur berechtigte Wettbewerbsbedenken hervor (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 51). 407    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Ausschließlichkeitsklausel, wie aus ihrem Wortlaut in der GSA-Mustervorlage aus der Zeit vor März 2009 hervorgeht, den direkten Partnern untersagte, während der Geltungsdauer des GSA auf den Websites, die in diesen GSA einbezogen waren, konkurrierende Werbung zu schalten. Von diesem Verbot gab es keine Ausnahmen. 408    Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist erstens zu prüfen, ob die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, diese davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zweitens, ob diese Klausel geeignet war, den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. a)      Zur abschreckenden Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel auf die direkten All-Site-Partner 409    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen, um konkurrierende Werbung auf ihren Websites oder auf bestimmten dazu gehörenden Internetseiten anzuzeigen. 410    Google macht im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidung der direkten All-Site-Partner, typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einzubeziehen, eine Folge des Leistungswettbewerbs gewesen sei, so dass diese Partner ihren Bedarf auch ohne die in den GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel nicht von anderen Vermittlern bezogen hätten. Sie beruft sich insoweit erstens auf den Umstand, dass diese direkten Partner grundsätzlich frei hätten entscheiden können, welche Websites sie in ihre GSA aufnahmen, zweitens auf die Antworten dieser direkten Partner auf die Auskunftsverlangen der Kommission, drittens auf die Auswahl und die Höhe der von Yahoo! getätigten Investitionen und viertens auf eine Studie, die sie im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat. 411    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der oben in Rn. 108 angeführten Rechtsprechung für den Nachweis der Missbräuchlichkeit der Ausschließlichkeitsklausel gegenüber den direkten All-Site-Partnern nicht unbedingt beweisen musste, dass diese Klausel tatsächlich wettbewerbswidrige Wirkungen entfaltet hat. Um eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festzustellen, reicht es nämlich aus, wenn die Kommission nachweist, dass diese Klausel während der Zeit, in der sie angewandt wurde, geeignet war, den Wettbewerb einzuschränken. Daraus folgt, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht nachzuweisen brauchte, dass die Ausschließlichkeitsklausel tatsächlich alle und jeden der verschiedenen direkten All-Site-Partner davon abgehalten hat, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 1)      Zur Entscheidung der direkten Partner, eine Website in einen GSA einzubeziehen 412    Google trägt vor, dass die direkten Partner die in ihre GSA einbezogenen Websites hätten auswählen können. So macht sie geltend, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten Partner nicht davon habe abhalten können, ihren Bedarf von einem anderen Vermittler zu beziehen, weil sie grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen seien, alle ihre Websites in ihre GSA einzubeziehen. In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass die direkten Partner AFS im Rahmen von Online-Verträgen hätten nutzen und jederzeit entscheiden können, für die nicht in ihre GSA einbezogenen Websites einen konkurrierenden Vermittlungsdienst für Online-Suchmaschinenwerbung in Anspruch zu nehmen. 413    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 414    In diesem Zusammenhang steht fest, dass ein direkter Partner aufgrund der Ausschließlichkeitsklausel grundsätzlich keine konkurrierende Werbung auf den in einen GSA einbezogenen Websites anzeigen durfte. Daraus folgt, dass ein direkter Partner, sobald er sich dafür entschieden hatte, eine seiner Websites in seine GSA einzubeziehen, zwangsläufig seinen Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung in Bezug auf diese Website ausschließlich von Google beziehen musste. 415    Daher ist festzustellen, dass die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel zu Recht für geeignet gehalten hat, die direkten Partner davon abzuhalten, konkurrierende Werbung auf den in ihre GSA einbezogenen Websites anzuzeigen, ungeachtet der Tatsache, dass sie Online-Verträge abschließen und die in diese GSA einbezogenen Websites auswählen konnten. 2)      Zu den Antworten der direkten Partner auf die verschiedenen Auskunftsverlangen der Kommission und zum Schreiben von Surfboard 416    Erstens hat die Kommission im 348. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die verschiedenen juristischen Personen aufgeführt, die zusammen die direkten All-Site-Partner bildeten. So hat sie 34 direkte All-Site-Partner ermittelt. 417    Zweitens hat die Kommission zum einen im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme auf die Antworten von sieben direkten Partnern auf ein Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 festgestellt, dass die direkten All-Site-Partner ohne die Ausschließlichkeitsklausel zumindest einen Teil ihres Bedarfs von anderen Vermittlern bezogen hätten. 418    Bei den sieben von der Kommission im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten direkten Partnern handelt es sich um [vertraulich] (zu deren Tochtergesellschaften seit Oktober 2010 [vertraulich] gehört, die einer der im 348. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten direkten All-Site-Partner ist), die Gruppe [vertraulich] (der [vertraulich] angehört), [vertraulich] (zu deren Gruppe [vertraulich] und [vertraulich] gehören, die zusammen einen der direkten All-Site-Partner im Sinne dieses 348. Erwägungsgrundes bilden), die Gruppe [vertraulich] (der [vertraulich] und [vertraulich] angehören, die jeweils eigenständige direkte Partner im Sinne dieses 348. Erwägungsgrundes sind), die Gruppe [vertraulich] (zu der [vertraulich] und [vertraulich] gehören, die jeweils eigenständige direkte Partner im Sinne des 348. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses sind), und die Gruppe [vertraulich] (zu der [vertraulich] und [vertraulich] gehören). 419    Zum anderen hat die Kommission im 368. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme auf die Antworten von zwei direkten Partnern festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner daran gehindert habe, zu prüfen, ob es wirtschaftlich lohnender wäre, ihren Bedarf bei konkurrierenden Vermittlern zu decken. 420    Bei den beiden von der Kommission im 368. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten direkten Partnern handelt es sich um die bereits im 367. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnte Gruppe [vertraulich] und die Gruppe [vertraulich]. 421    Da die Gruppe [vertraulich] sowohl im 367. als auch im 368. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnt wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in diesen Erwägungsgründen die Antworten von insgesamt acht verschiedenen direkten Partnern erwähnt hat. Aus dem 348. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass diese acht direkten Partner in Wirklichkeit zehn der 34 von der Kommission ermittelten direkten All-Site-Partner darstellen. 422    Google weist darauf hin, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt habe, dass die Ausschließlichkeitsklausel alle in diesem Beschluss genannten direkten All-Site-Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen. Sie stellt jedoch fest, dass dieser Beschluss lediglich auf die Erklärungen nur einiger dieser direkten Partner verweise. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die Erklärungen der direkten Partner in ihrer Gesamtheit zum einen belegten, dass diese durch die Ausschließlichkeitsklausel nicht beeinträchtigt worden seien, und zum anderen, dass ihre Entscheidung, AFS zu verwenden, das Ergebnis des Leistungswettbewerbs gewesen sei, d. h. dass sie sich für AFS entschieden hätten, weil es besser gewesen sei als die konkurrierenden Dienste. 423    Surfboard fügt hinzu, sie selbst sei durch die Ausschließlichkeitsklausel nicht daran gehindert worden, einen Teil ihres Bedarfs von einem Wettbewerber von Google zu beziehen. 424    Die Kommission macht geltend, dass sie sich auf die Antworten von acht der 34 von ihr genannten direkten All-Site-Partner gestützt habe, während Google in der Klageschrift auf die Antworten von nur zweien dieser direkten Partner verweise. Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass die Antwort eines dieser beiden direkten Partner dafür spreche, dass die direkten All-Site-Partner ohne die Ausschließlichkeitsklausel zumindest einen Teil ihres Bedarfs von anderen Vermittlern bezogen hätten. Die übrigen Antworten der anderen direkten Partner, die Google in Anlage C.1 der Erwiderung anführe, seien entweder irrelevant, weil sie von direkten Partnern stammten, die keine direkten All-Site-Partner gewesen seien, oder weil sie das Vorbringen, dass sich diese direkten Partner für AFS entschieden hätten, weil es besser als die konkurrierenden Dienste sei, nicht untermauerten. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass 24 der 35 in dieser Anlage C.1 wiedergegebenen Antworten die Frage 5.2.d des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 betroffen hätten. Diese Frage habe sich jedoch allgemein auf den Wechsel von Vermittlern und nicht speziell auf die Qualität von AFS im Vergleich zu den Dienstleistungen dieser Vermittler bezogen. 425    Schließlich macht die Kommission geltend, dass Surfboard nicht nachweise, dass sie ihren Bedarf nicht von einem anderen Vermittler habe beziehen wollen. i)      Zur Relevanz der Antworten auf Frage 5.2.d des Auskunftsersuchens vom 22. Dezember 2010 426    Zur Stützung ihres oben in Rn. 422 wiedergegebenen Vorbringens beruft sich Google auf Antworten von direkten Partnern auf Frage 5.2.d des Auskunftsersuchens vom 22. Dezember 2010. 427    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Frage 5.2.d des Auskunftsersuchens vom 22. Dezember 2010 wie folgt lautete: „Unter welchen Umständen würden Sie in Erwägung ziehen, für einen Teil oder die Gesamtheit Ihrer Werbefläche zu einem anderen Vermittler zu wechseln?“ 428    Wie die Kommission geltend macht, bezieht sich Frage 5.2.d auf den Wechsel des Vermittlers im Allgemeinen und nicht speziell auf die Qualität von AFS im Vergleich zu konkurrierenden Diensten. 429    Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass die direkten Partner bei der Beantwortung der Frage 5.2.d relevante Faktoren für ihre Entscheidung, AFS zu verwenden, und gegebenenfalls die Rolle, die die Ausschließlichkeitsklausel bei dieser Entscheidung gespielt haben mag, angesprochen haben könnten. Außerdem ist zum einen festzustellen, dass sich die Kommission in Rn. 142 der Klagebeantwortung selbst auf eine Antwort auf dieselbe Frage gestützt hat, um ein Argument von Google zurückzuweisen. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses auf die Antworten der Gruppe [vertraulich] auf die Fragen 5.2.c und 5.2.e Bezug genommen hat, die sich ebenso wie Frage 5.2.d allgemein auf Erwägungen im Zusammenhang mit der Entscheidung, den Bedarf von einem bestimmten Vermittler zu beziehen, und nicht speziell auf die Qualität von AFS im Vergleich zu konkurrierenden Diensten bezog. 430    Daher ist es entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht möglich, die Antworten der direkten Partner auf Frage 5.2.d als irrelevant anzusehen, ohne sie zuvor einzeln geprüft zu haben. ii)    Zur Relevanz der Antworten der direkten Partner, die keine direkten All-Site-Partner waren 431    Zur Stützung ihres oben in Rn. 422 wiedergegebenen Vorbringens beruft sich Google auf Antworten, die auf verschiedene Auskunftsverlangen der Kommission von direkten Partnern erteilt wurden, die im angefochtenen Beschluss nicht als direkte All-Site-Partner eingestuft worden waren. 432    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 433    In diesem Zusammenhang hat die Kommission, wie oben in Rn. 67 ausgeführt worden ist und im Wesentlichen u. a. aus den Erwägungsgründen 341, 362, 366, 380, 403, 407, 416, 422, 627 und 630 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung angesehen, als sie die direkten All-Site-Partner betraf, die nach Auffassung der Kommission typischerweise alle ihre Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt wurde, in ihre GSA einbezogen hatten. Somit betreffen Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses nur die direkten Partner, die nach dieser Klausel verpflichtet waren, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben von Google zu beziehen. Dagegen hat die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel in Bezug auf die direkten Partner, die nicht als direkte All-Site-Partner angesehen wurden, nicht als einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eingestuft. 434    Demnach hat sich die Kommission in Abschnitt 8.3.4.1 des angefochtenen Beschlusses auf die Feststellung beschränkt, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Somit kommt es auf die Frage, ob andere direkte Partner, die keine direkten All-Site-Partner waren, davon abgehalten wurden, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, nicht an. 435    Daraus folgt, wie die Kommission zu Recht geltend macht, dass die Antworten der direkten Partner, die keine direkten All-Site-Partner waren, irrelevant sind. iii) Zu den im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partnern 436    Google macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten und folglich ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen hätten. 437    Konkret weist Google darauf hin, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt habe, dass die direkten All-Site-Partner ihr in Beantwortung eines Auskunftsverlangens vom 24. Februar 2017 mitgeteilt hätten, dass sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten, um nachzuweisen, dass diese direkten Partner einer Alleinbezugsverpflichtung unterlegen hätten. Einerseits bedeute das Wort „typischerweise“ aber, dass diese direkten Partner einige ihrer Websites von diesen GSA ausgeschlossen haben könnten. Daraus folge, dass ihre Antwort auf dieses Auskunftsverlangen nicht präzise genug gewesen sei, um es der Kommission zu ermöglichen, daraus abzuleiten, dass sie ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen hätten. Andererseits hätten die Ausschließlichkeitsklauseln, die in den mit [vertraulich] und [vertraulich] geschlossenen GSA enthalten gewesen seien, die Platzierung konkurrierender Werbung auf den in diese GSA einbezogenen Websites erlaubt. Darüber hinaus sei erwiesen, dass acht weitere der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten. 438    Surfboard macht ebenfalls geltend, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, auch Surfboard habe alle ihre Websites in ihren GSA einbezogen. Insoweit wirft sie der Kommission vor, ein Schreiben ihres CEO nicht berücksichtigt zu haben, das von Google als Anlage zu ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden sei und in dem dieser CEO angegeben habe, Surfboard habe auf bestimmten ihrer Websites konkurrierende Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung nutzen dürfen. 439    Die Kommission trägt vor, Google habe nicht nachgewiesen, dass die direkten All-Site-Partner ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon nicht ausschließlich von Google bezogen hätten. 440    Insbesondere macht die Kommission geltend, dass Google nicht nachgewiesen habe, dass die direkten Partner das Wort „typischerweise“ unterschiedlich interpretiert hätten. Außerdem gehe aus dem Vorbringen in der Klageschrift hervor, dass nur fünf der direkten All-Site-Partner das Wort falsch interpretiert haben könnten. Sie macht in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, dass die in der Erwiderung gemachten Ausführungen, die sich auf andere direkte Partner bezögen, verspätet und folglich unzulässig seien. Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass ihr Ansatz zur Ermittlung der direkten All-Site-Partner in jedem Fall „konservativ und für Google günstig“ gewesen sei, weil die Ausschließlichkeitsklausel auch für 69 weitere direkte Partner gegolten habe, die nicht hätten angeben können, ob sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten. In Bezug auf Surfboard weist die Kommission darauf hin, dass dieses Unternehmen nur eine einzige Website anführe, die nicht in ihren GSA einbezogen worden sei, ohne jedoch Beweise dafür vorzulegen. –       Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google 441    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht auf keinen Fall die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen darf (Urteil vom 11. November 2021, Autostrada Wielkopolska/Kommission und Polen, C‑933/19 P, EU:C:2021:905, Rn. 115). Außerdem darf der Urheber dieser Handlung die darin gegebene Begründung im Verfahren vor dem Gericht nicht ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2021, Oltchim/Kommission, T‑565/19, EU:T:2021:904, Rn. 275). Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere aus dessen Erwägungsgründen 341, 362, 366, 380, 403, 407, 416, 422, 627 und 630 Nr. 1 sowie aus Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und Art. 1 Abs. 3 seines verfügenden Teils, die oben in Rn. 433 erwähnt sind, dass die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als Missbrauch einer beherrschenden Stellung angesehen hat, als diese Klausel in bestimmten, im 348. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten GSA enthalten war, in die die betreffenden direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, so dass diese Klausel diese direkten Partner folglich verpflichtete, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon bei Google zu decken. 442    Daher ist der von der Kommission in ihren Schriftsätzen im Wesentlichen behauptete Umstand, dass sie die in anderen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel auch dann als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung habe ansehen dürfen, wenn die betreffenden direkten Partner nicht typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten, nicht geeignet, das Vorbringen von Google und Surfboard zu widerlegen, mit dem diese der Kommission vorwerfen, nicht nachgewiesen zu haben, dass die im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen und zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hätten. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen im Übrigen geltend macht, dass für die Beurteilung der abschreckenden Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel allein die Antworten der direkten All-Site-Partner relevant seien (siehe oben, Rn. 435), was somit die Schlüssigkeit der Argumentation von Google und Surfboard bestätigt. –       Zur Verlässlichkeit der Antworten auf das Auskunftsersuchen vom 24. Februar 2017 443    Es ist darauf hinzuweisen, dass ein direkter Partner, der alle seine Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt wird, in seinen GSA einbezogen hatte, zwangsläufig seinen gesamten Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung während der in diesem GSA festgelegten Dauer ausschließlich von Google beziehen musste. 444    Hatte ein direkter Partner hingegen nicht alle seine Websites in seinen GSA einbezogen, musste die Kommission dem angefochtenen Beschluss zufolge nachweisen, dass die in den GSA einbezogenen Websites zumindest einen beträchtlichen Teil des Bedarfs dieses direkten Partners an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung ausmachten. Insbesondere geht aus den Erwägungsgründen 386, 389 und 390 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Zahl der Online-Suchanfragen, der Datenverkehr und die durch die Websites erzielten Einnahmen Faktoren darstellten, die für die Bestimmung des Umfangs des von einem GSA umfassten Bedarfs relevant waren. 445    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission hauptsächlich auf die Antworten auf eine Frage in einem Auskunftsverlangen vom 24. Februar 2017 gestützt hat, um die direkten Partner zu ermitteln, die ihren gesamten Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung oder einen beträchtlichen Teil desselben ausschließlich von Google bezogen. Diese Frage war wie folgt formuliert: „Bezieht Ihr Unternehmen typischerweise alle seine Websites, auf denen suchbezogene Textwerbung angezeigt wird, in die mit Google zum Zweck der Bereitstellung von AFS geschlossen GSA ein?“ Die direkten Partner wurden gebeten, darauf mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten. Außerdem wurde präzisiert, dass die Antwort den gesamten Konzern, zu dem das Unternehmen gehörte, einschließlich etwaiger Mutter- und Tochtergesellschaften berücksichtigen sollte. 446    Als Erstes ist in Übereinstimmung mit Google festzustellen, dass das Wort „typischerweise“ bedeutete, dass die direkten Partner die Frage der Kommission auch dann mit „Ja“ beantworten konnten, wenn einige ihrer Websites nicht in ihre GSA einbezogen waren. Somit versetzte diese Frage die Kommission zwar keineswegs in die Lage, diejenigen direkten Partner zu ermitteln, die ihren gesamten Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung ausschließlich von Google bezogen hatten. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es der Kommission lediglich darum ging, die direkten Partner zu ermitteln, die zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs an diesen Dienstleistungen von Google bezogen. Daraus folgt, dass die Kommission nicht nachzuweisen brauchte, dass die direkten All-Site-Partner stets alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten. Außerdem erklärt Google nicht, warum sie der Ansicht ist, dass die Kommission habe nachweisen müssen, dass sämtliche Websites eines jeden dieser direkten Partner in deren GSA einbezogen gewesen seien. 447    Als Zweites macht Google zwar geltend, dass die Kommission das Wort „typischerweise“ im Auskunftsverlangen vom 24. Februar 2017 nicht definiert habe. Sie schließt daraus, dass die direkten Partner dieses Wort auf unterschiedliche Weise interpretiert haben könnten. 448    Erstens trifft es zwar zu, dass das Wort „typischerweise“ zwei Auslegungen zulässt, was es der Kommission jedoch nicht verwehrte, sich auf die Antworten der direkten Partner zu stützen, um diejenigen unter ihnen zu ermitteln, die zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen. 449    Das Wort „typischerweise“ konnte von den direkten Partnern nämlich so verstanden werden, dass es sich nicht nur auf die Zahl der in die GSA einbezogenen Websites (im Vergleich zur Zahl der davon ausgeschlossenen Websites) bezog, sondern auch auf die relative „Bedeutung“ dieser Websites in Bezug auf den Datenverkehr, die Zahl der Online-Suchanfragen und den erzielten Umsatz. Wenn ein direkter Partner die Frage, ob er typischerweise alle seine Websites in eine seiner GSA einbezogen habe, mit „Ja“ beantwortete, bedeutete dies somit entweder, dass alle Websites dieses direkten All-Site-Partners in diesen GSA einbezogen waren, oder dass auf die gegebenenfalls nicht einbezogenen Websites nur ein begrenzter oder gar zu vernachlässigender Teil des Datenverkehrs, der Zahl von Online-Suchanfragen und des Umsatzes entfiel. 450    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass Google und Surfboard zwar geltend machen, dass elf der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen und zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs nicht ausschließlich von Google bezogen hätten. Im Einzelnen handelt es sich um Surfboard, [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich]. 451    Zum einen ist jedoch festzustellen, dass, wie aus Anlage A.37 zur Klageschrift und Anlage B.11 zur Klagebeantwortung hervorgeht, die Gruppe [vertraulich] (der [vertraulich] und [vertraulich] angehörten), die Gruppe [vertraulich] (der [vertraulich] angehörte) und die Gruppe [vertraulich] die Frage, ob das Unternehmen, dem sie angehörten, typischerweise alle seine Websites in seine GSA einbeziehe, mit „Nein“ beantwortet hatten. Folglich kann der Umstand – unterstellt, er wäre erwiesen –, dass die betreffenden direkten Partner nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten, nicht als Hinweis darauf gewertet werden, dass diese Frage nicht geeignet gewesen sei, die direkten Partner zu ermitteln, die zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hatten. 452    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass Google der Kommission zwar vorwirft, nicht nachgewiesen zu haben, dass [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hätten, aber nicht angibt, dass diese direkten All-Site-Partner bzw. die Gruppen, denen sie angehörten, die Frage, ob sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezögen, mit „Ja“ beantwortet hätten. 453    Somit ist festzustellen, dass sich Google und Surfboard darauf beschränken, geltend zu machen, dass nur zwei der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner, nämlich Surfboard selbst und [vertraulich] bzw. die Gruppen, denen sie angehörten, die Frage, ob sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezögen, mit „Ja“ beantwortet hätten, obwohl diese direkten Partner nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass diese direkten Partner nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen haben und die Kommission folglich den von diesen GSA erfassten Umfang des Bedarfs dieser direkten Partner an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung hätte prüfen müssen, können diese beiden Beispiele jedenfalls nicht als ausreichender Beleg dafür angesehen werden, dass das Wort „typischerweise“ als solches so große Auslegungsschwierigkeiten bereitet habe, dass es in Bezug auf diese beiden All-Site-Partner keine Feststellung des Bestehens einer Alleinbezugsverpflichtung ermögliche. 454    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des in der Erwiderung enthaltenen Vorbringens von Google bedarf, ist folglich festzustellen, dass Google nicht mit Erfolg geltend machen kann, allein schon die Verwendung des Wortes „typischerweise“ im Auskunftsverlangen vom 24. Februar 2017 habe die Kommission zu der irrigen Annahme veranlassen können, dass die direkten All-Site-Partner für ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon einer Alleinbezugsverpflichtung unterlegen hätten. 455    Daher ist festzustellen – ohne dass es einer Entscheidung über die Frage bedarf, ob die oben in Rn. 450 genannten elf direkten Partner zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hatten –, dass die 23 anderen im 348. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten direkten Partner als direkte All-Site-Partner anzusehen sind, die zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hatten. iv)    Zu den Antworten der in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses genannten direkten All-Site-Partner 456    Wie sich oben aus Rn. 421 ergibt, hat sich die Kommission in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses auf acht Antworten bezogen, die den Standpunkt von zehn der 34 von ihr genannten direkten All-Site-Partner wiedergeben. Es handelt sich um die Antworten von [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich]. 457    Google bestreitet den Gehalt von fünf der acht in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Antworten, nämlich der Antworten von [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich], der Gruppe [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich], nicht aber den Gehalt der Antworten der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich]. 458    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie aus dem Wortlaut der Erwägungsgründe 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, keine erschöpfende Liste aller Antworten erstellen wollte, die sie im Verwaltungsverfahren erhalten hatte, sondern sich darauf beschränkt hat, lediglich Beispiele für Antworten zu geben, die bestätigten, dass die Ausschließlichkeitsklausel zum einen die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen geeignet gewesen sei, die direkten Partner daran zu hindern, zu prüfen, ob es wirtschaftlich lohnender wäre, ihren Bedarf bei konkurrierenden Vermittlern zu decken. –       Zu den Antworten von [vertraulich] 459    Im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission den folgenden Auszug aus einer Antwort von [vertraulich] auf das Auskunftsersuchen vom 22. Dezember 2010 wiedergegeben: „[Die] Ausschließlichkeitsklauseln hinderten [vertraulich] daran, auf Anbieter von gesponserten Links zurückzugreifen“. Aus dem 348. Erwägungsgrund dieses Beschlusses geht hervor, dass [vertraulich] einer der von der Kommission genannten direkten All-Site-Partner war. 460    Google macht geltend, dass [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 14 des Auskunftsverlangens vom 18. März 2016, die im Wesentlichen der Frage 5.2 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 entsprochen habe, in Bezug auf den Zeitraum zwischen 2011 und 2015 Folgendes angegeben habe: „Abgesehen von einigen Experimenten arbeiten wir nur mit Google, weil es keine tragfähigen Alternativen gibt, mit denen wir das gleiche Ertragsniveau wie mit Google erzielen könnten.“ 461    Die Tatsache, dass [vertraulich], wie oben aus Rn. 460 hervorgeht, angegeben hat, im Jahr 2016 nur mit Google zusammengearbeitet zu haben, weil es keine tragfähigen Alternativen gegeben habe, mit denen sie das gleiche Ertragsniveau wie mit den Diensten von Google hätte erzielen können, reicht jedoch nicht aus, um die von [vertraulich] im Jahr 2010 aufgestellte und in Nr. 1 des 367. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses wiedergegebene Behauptung in Frage zu stellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel sie daran gehindert habe, auf andere „Anbieter gesponserter Links“ zurückzugreifen. 462    Zum einen bezieht sich die von Google angeführte Antwort nämlich offenbar speziell auf den Zeitraum zwischen 2011 und 2015, während sich die Antwort, auf die sich die Kommission gestützt hat, auf den Zeitraum vor 2011 bezog. Wie oben in Rn. 402 im Wesentlichen erwähnt, hat die Kommission jedoch im 276. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der Anteil von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zwischen 2006 und 2016 stetig gestiegen sei, so dass im Jahr 2016 kaum noch Wettbewerber von Google auf diesem Markt verblieben seien, wobei sie zudem darauf hingewiesen hat, dass Größen- und Netzwerkeffekte das Auftreten neuer Wettbewerber erschwert hätten. So spiegelt die Tatsache, dass [vertraulich] im Jahr 2016 festgestellt hat, es habe keine „tragfähigen Alternativen“ gegeben, mit denen sie das gleiche Ertragsniveau hätte erzielen können wie zwischen 2011 und 2015 mit den Diensten von Google, in Wirklichkeit die Entwicklung des Marktanteils von Google wider, aus der in der Tat hervorgeht, dass es in diesem Zeitraum kaum noch tragfähige Alternativen auf dem Markt gab. Dagegen bedeutet diese Antwort nicht, dass die Ausschließlichkeitsklausel sie nicht davon abgehalten habe, zwischen 2006 und 2010 ihren Bedarf von einem Wettbewerber zu beziehen, wie dies ausdrücklich aus ihrer im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zitierten Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 hervorgeht. 463    Zum anderen bedeutet ein solcher Umstand selbst dann, wenn unterstellt wird, dass die Dienste von Google eine bessere Qualität aufwiesen und es [vertraulich] ermöglichten, ein höheres Ertragsniveau zu erzielen als mit den Diensten anderer, mit Google im Wettbewerb stehender Vermittler, nicht zwangsläufig, dass [vertraulich] kein wirtschaftliches Interesse daran hatte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von solchen Vermittlern zu beziehen. 464    In dieser Hinsicht ist erstens, wie die Kommission im 377. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, die Tatsache, dass Google GSA abgeschlossen hat, die eine Ausschließlichkeitsklausel enthielten, ein Hinweis darauf, dass Google ungeachtet der vermeintlich besseren Qualität ihrer Dienste davon ausging, dass diese Partner ein wirtschaftliches Interesse daran hätten, ihren Bedarf an Online-Werbung von anderen Vermittlern zu beziehen. Wenn Google, wie sie vor dem Gericht geltend macht, der Ansicht gewesen wäre, dass sich die direkten All-Site-Partner auch ohne die Ausschließlichkeitsklausel für AFS wegen seiner vermeintlich besseren Qualität entschieden hätten, hätte sie eine solche Klausel nicht in die GSA aufzunehmen brauchen. 465    Zweitens ist die Qualität einer Dienstleistung jedenfalls nur einer von mehreren Faktoren, die ein Wirtschaftsteilnehmer bei der Auswahl seiner Bezugsquelle berücksichtigt. Zu den anderen wichtigen Faktoren gehört z. B. der Preis dieser Dienstleistung oder im Fall des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung der Anteil an den daraus erzielten Einnahmen, der dem Erbringer dieser Dienstleistung eingeräumt wird. Somit reicht allein der Umstand, dass die Qualität einer Dienstleistung vermeintlich besser ist als die von einem Wettbewerber angebotene, nicht notwendigerweise aus, um einer Ausschließlichkeitsklausel wie der im vorliegenden Fall in Rede stehenden jede abschreckende Wirkung gegenüber diesen Wirtschaftsteilnehmern zu nehmen. 466    Darüber hinaus ist die bessere Monetarisierung von Online-Suchmaschinenwerbung, die AFS ermöglicht haben soll, jedenfalls zumindest teilweise eine inhärente Folge der oben in Rn. 403 beschriebenen Netzwerkeffekte, die die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kennzeichnen und es AFS ermöglicht haben, die Relevanz der als Antwort auf die Online-Suchanfragen der Nutzer angezeigten Werbung exponentiell zu steigern. Diese bessere Monetarisierung ist somit zumindest teilweise auf die genannten Netzwerkeffekte und nicht notwendigerweise auf die vermeintlich bessere Qualität der von Google angebotenen Dienste zurückzuführen. 467    Somit hat die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen, die Feststellung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] 468    In den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die folgenden Auszüge aus den Antworten der Gruppe [vertraulich] auf die Fragen 5.2.c und 5.2.e des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 wiedergegeben, die die Gründe für die Entscheidung der Gruppe, jeweils nur mit einem Vermittler zusammenzuarbeiten, bzw. die für den Wechsel zu einem anderen Vermittler erforderlichen Kosten betrafen: „Wir nutzen einen Vermittler für syndizierte Online-Suchmaschinenwerbung, weil unser Vertrag mit Google uns bis vor kurzem nicht erlaubte, einen anderen Anbieter zu nutzen, und wir daher gehindert waren, mit einem anderen Anbieter [und (vertraulich)] zusammenzuarbeiten“. 469    In diesem Zusammenhang macht Google geltend, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 5.2.d des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 angegeben habe, dass sie einen Wechsel des Werbevermittlers in Betracht ziehen würde, wenn sie einen anderen ausfindig machen könnte, der eine „bessere finanzielle Leistung“ biete, sei es direkt (z. B. durch höhere Einnahmen pro Klick) oder indirekt (z. B. durch eine größere Flexibilität bei der Optimierung der Ergebnisse in einer Weise, die zu höheren Einnahmen pro Klick führe, sowie durch die Bereitstellung einer Schätzung der Einnahmen auf der Grundlage von Stichwörtern). 470    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 471    Aus den oben in Rn. 468 auszugsweise wiedergegebenen Antworten der Gruppe [vertraulich] geht klar hervor, dass diese sich aufgrund der Ausschließlichkeitsklausel dafür entschieden hatte, ihren Bedarf jeweils nur von einem Vermittler zu beziehen. Diese Feststellung wird durch die oben in Rn. 469 angeführte Aussage, die eine zukünftige Möglichkeit hypothetischer Natur betrifft, nicht in Frage gestellt. 472    Somit ist festzustellen, wie Google im Übrigen in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass die Kommission die Antworten der Gruppe [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen hat, die Feststellung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem konkurrierenden Vermittler zu beziehen. –       Zu den Antworten von [vertraulich] 473    Im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission den folgenden Auszug aus der Antwort von [vertraulich] auf Frage 8.5 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 zu den möglichen Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel auf ihre Werbestrategie wiedergegeben: „Die in Rede stehenden Ausschließlichkeitsklauseln hatten erhebliche Auswirkungen auf unsere Werbestrategie, insbesondere weil wir ursprünglich erwogen hatten, Textanzeigen von Drittanbietern in unsere Websites einzufügen […] Da Google uns nicht erlaubte, mit den beiden Unternehmen zusammenzuarbeiten, haben wir unsere Einnahmen maximiert, indem wir einen Exklusivvertrag mit Google geschlossen und auf jede Möglichkeit verzichtet haben, mit Yahoo oder einem anderen Textanzeigendienst zusammenzuarbeiten.“ 474    In diesem Zusammenhang macht Google geltend, dass [vertraulich] auch die Frage 8.5 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 beantwortet habe, und zwar wie folgt: „Google hatte traditionell höhere [Kosten pro Klick] als ihre Wettbewerber wie z. B. Yahoo. Obwohl Yahoo bereit war, einen höheren Prozentsatz der Einnahmen [Kosten pro Klick] mit [(vertraulich)] zu teilen, war die Gesamtrendite des Produkts von Google immer noch höher als die von Yahoo.“ 475    Wie oben in Rn. 473 ausgeführt, geht aus der Antwort von [vertraulich] auf Frage 8.5 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 hervor, dass die Ausschließlichkeitsklausel „erhebliche Auswirkungen“ auf ihre Werbestrategie hatte, weil diese Klausel sie daran hinderte, ihren Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung gleichzeitig von Google und von einem oder mehreren der mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler zu beziehen. Somit lässt sich daraus folgern, dass [vertraulich] insbesondere zu Beginn, als sie ihre Werbestrategie festlegte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem Wettbewerber von Google hatte beziehen wollen. Zwar geht aus dieser Antwort auch hervor, dass [vertraulich] der Ansicht war, dass AFS mehr Einnahmen generierte als die Dienste von Yahoo! Wie oben in Rn. 464 bis 466 ausgeführt, reicht ein solcher Umstand jedoch nicht aus, um zu belegen, dass [vertraulich] kein wirtschaftliches Interesse daran hatte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von Yahoo! oder einem anderen Wettbewerber von Google zu beziehen. 476    Somit hat die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen, die Feststellung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von anderen, mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] 477    Im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission den folgenden Auszug aus einer Antwort der Gruppe [vertraulich] auf Frage 8.5 des Auskunftsersuchens vom 22. Dezember 2010 wiedergegeben: „[W]ir würden in Betracht ziehen, konkurrierende Suchmaschinenwerbung auf unseren Internetseiten anzuzeigen und […] zu diesem Zweck eine Partnerschaft mit Yahoo, Bing und/oder anderen Anbietern von Suchmaschinenwerbung einzugehen.“ 478    In diesem Zusammenhang macht Google zum einen geltend, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf die Frage, auf welcher Grundlage sie die Art der Werbung auswähle, die auf den verschiedenen Werbeflächen ihrer Internetseiten platziert werden solle, sowie auf Frage 5.2.d angegeben habe, sie berücksichtige erstens die Maximierung der Einnahmen, zweitens das Verhalten der Nutzer, drittens vertragliche Verpflichtungen und viertens die Art ihrer Geschäftstätigkeit, d. h. den Umstand, dass sie als Betreiberin einer Suchmaschine vor allem Online-Suchmaschinenwerbung anzeige. 479    Zum anderen weist Google darauf hin, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 8.6 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010, in der es um die Gründe gegangen sei, aus denen diese Gruppe die Ausschließlichkeitsklausel akzeptiert habe, angegeben habe, dass Google mehr Werbetreibende als alle ihre Wettbewerber anziehe und dass ihre Online-Suchmaschinenwerbung daher insgesamt höhere Einnahmen als die ihrer Wettbewerber generiere. 480    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 481    Wie oben in Rn. 477 ausgeführt, geht aus der Antwort der Gruppe [vertraulich] auf Frage 8.5 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 hervor, dass diese Gruppe eine Partnerschaft mit einem Wettbewerber von Google „in Betracht ziehen“ würde, wenn keine Ausschließlichkeitsklausel bestanden hätte. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass diese Antwort mit der Antwort derselben Gruppe auf Frage 5.2.d übereinstimmt, in der sie angegeben hatte, dass sie bei ihrer Entscheidung, den Vermittler zu wechseln oder nicht, u. a. ihre vertraglichen Verpflichtungen berücksichtige. Es trifft zwar zu, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 8.6 offenbar der Ansicht war, dass Google einen Dienst anbiete, der dem ihrer Wettbewerber überlegen sei. Wie oben in Rn. 464 bis 466 ausgeführt, ist ein solcher Umstand jedoch nicht geeignet, zu belegen, dass die Gruppe [vertraulich] kein wirtschaftliches Interesse daran hatte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem anderen Vermittler zu beziehen. 482    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission die Antwort der Gruppe [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen hat, die Feststellung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] 483    Im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission den folgenden Auszug aus der Antwort der Gruppe [vertraulich] auf Frage 8.9 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 – in der es um mögliche Investitionen dieser Gruppe oder von Google ging, die ohne die Ausschließlichkeitsklausel nicht hätten getätigt werden können – wiedergegeben: „[Diese Klausel] bedeutete, dass Entwicklungen und Partnerschaften mit anderen Marktteilnehmern gründlich geprüft oder sogar verschoben oder ausgeschlossen werden mussten.“ 484    In diesem Zusammenhang macht Google geltend, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 8.6 des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 – in der es um die Gründe gegangen sei, aus denen diese Gruppe die Ausschließlichkeitsklausel akzeptiert habe – erstens angegeben habe, dass in Finnland „[d]er Vorteil darin bestand, dass die Werbung von Google gute Einnahmen für einen Werbeplatz auf einer bestimmten Website bot“, zweitens, dass in den Niederlanden „Google eine fortschrittliche Technologie und profitable Werbelösungen anbot, die sich als erfolgreich erwiesen haben“ und dass „[d]ie Bruttoeinnahmen seit 2005 deutlich gestiegen [waren], weil Google den Dienst AdSense optimiert hatte“, und schließlich, dass in Ungarn „[d]ie Analyse gezeigt hat[te], dass der Dienst von Google im Hinblick auf Rentabilität und Technologie der einzige auf dem ungarischen Markt verfügbare Dienst dieser Art [war]“. 485    Die Kommission hält dem entgegen, dass das Vorbringen von Google in Bezug auf Finnland und Ungarn nicht relevant sei, weil nur die in den Niederlanden ansässigen Unternehmen der Gruppe [vertraulich], nämlich [vertraulich] und [vertraulich], direkte All-Site-Partner seien. Was das Vorbringen von Google in Bezug auf die Niederlande betrifft, macht die Kommission geltend, dass die Gruppe [vertraulich], wie in Nr. 5 des 367. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses festgestellt, auch erklärt habe, dass die Ausschließlichkeitsklausel „bedeutete, dass Entwicklungen und Partnerschaften mit anderen Marktteilnehmern gründlich geprüft oder sogar verschoben oder ausgeschlossen werden mussten“. 486    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Nr. 6 des 355. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses, die sie in einer Antwort auf eine prozessleitende Maßnahme näher erläutert hat, davon ausgegangen ist, dass nur [vertraulich] und [vertraulich] zu den direkten All-Site-Partnern gehörten. Daraus folgt, dass die anderen Unternehmen der Gruppe [vertraulich], darunter auch die in Finnland und Ungarn, nicht zu diesen direkten Partnern gehören. 487    Erstens ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 67 erwähnt und insbesondere aus den Erwägungsgründen 338, 341 und 347 bis 349 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, davon ausgegangen ist, dass direkte All-Site-Partner nur diejenigen direkten Partner waren, die zu einem bestimmten Zeitpunkt typischerweise alle ihre Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt wurde, in mindestens einen ihrer GSA einbezogen hatten. Daraus folgt, dass diese direkten Partner somit Käufer im Sinne des Urteils vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), waren, die einer Verpflichtung unterlagen, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben von Google zu beziehen. Hierzu ist festzustellen, dass der Begriff „Käufer“ im Sinne dieser Rechtsprechung einem Unternehmen entspricht, das in seiner Gesamtheit betrachtet wird, d. h. im vorliegenden Fall der Gruppe [vertraulich] und nicht nur einer ihrer Tochtergesellschaften. Im Rahmen des Wettbewerbsrechts umfasst der Begriff „Unternehmen“ nämlich jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform (Urteile vom 23. April 1991, Höfner und Elser, C‑41/90, EU:C:1991:161, Rn. 21, und vom 11. Juni 2020, Kommission und Slowakische Republik/Dôvera zdravotná poist'ovňa, C‑262/18 P und C‑271/18 P, EU:C:2020:450, Rn. 28). Daher kann die Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), ergibt und auf die sich der angefochtene Beschluss stützt, es nicht rechtfertigen, die Antworten der anderen juristischen Personen, die zur selben Gruppe wie die direkten All-Site-Partner gehören, unberücksichtigt zu lassen. 488    Zudem hatte die Kommission in ihrem Auskunftsverlangen vom 24. Februar 2017, mit dem sie die direkten All-Site-Partner ermittelt und diese gefragt hatte, ob sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten oder nicht, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die erwartete Antwort die Gesamtheit des betreffenden Unternehmens berücksichtigen müsse, unabhängig davon, ob es sich um die Muttergesellschaft oder um Tochtergesellschaften handele. 489    Zweitens hat die Kommission in den Erwägungsgründen 218 bis 221 des angefochtenen Beschlusses den Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung als den gesamten EWR umfassend definiert. Daraus folgt, dass die Kommission sich nicht darauf beschränken durfte, nur die Antworten der Gruppe [vertraulich] zu berücksichtigen, die sich auf einige ihrer in den Niederlanden ansässigen rechtlichen Einheiten bezogen, nicht aber diejenigen, die ihre in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Einheiten betrafen. 490    Drittens ist den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses sowie den in den Fn. 493 bis 502 dieses Beschlusses erwähnten Fragen zu entnehmen, dass die Kommission den abschreckenden Charakter der Ausschließlichkeitsklausel offenbar auf der Grundlage der Antworten der Gruppen beurteilt hat, denen die direkten All-Site-Partner angehörten, nicht aber auf der Grundlage der spezifischen Antworten dieser im 348. Erwägungsgrund dieses Beschlusses aufgeführten direkten Partner. Folglich durfte die Kommission – insbesondere in Bezug auf die Gruppe [vertraulich] – die Antworten einiger ihrer rechtlichen Einheiten nicht als irrelevant ansehen. 491    Daher ist festzustellen, dass die Kommission alle Antworten von Gruppen berücksichtigen musste, bei denen zumindest eine der mit ihnen verbundenen Einheiten ein direkter All-Site-Partner war. 492    Somit durften die Antworten der Gruppe [vertraulich] in Bezug auf Finnland und Ungarn entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als irrelevant betrachtet werden. 493    Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Gruppe [vertraulich] ausdrücklich angegeben hat, dass die Ausschließlichkeitsklausel die Zusammenarbeit mit einem Wettbewerber von Google habe verzögern oder zur Ablehnung einer solchen Zusammenarbeit führen können. Auch wenn die Gruppe [vertraulich] angegeben hat, dass sie diese Klausel akzeptiert habe, weil die von Google angebotenen Dienstleistungen denen ihrer Wettbewerber überlegen gewesen seien, insbesondere soweit es Ungarn betreffe, ist daher im Einklang mit den Ausführungen in Rn. 464 bis 466 des vorliegenden Urteils festzustellen, dass ein solcher Umstand nicht ausreicht, um nachzuweisen, dass diese Gruppe kein wirtschaftliches Interesse daran hatte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem anderen Vermittler zu beziehen. 494    Folglich ist festzustellen, dass die Kommission die Antwort der Gruppe [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen hat, die Feststellung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von anderen, mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] 495    Aus dem 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass [vertraulich] angegeben hat, dass sie ohne die Ausschließlichkeitsklausel versuchsweise andere, mit Google im Wettbewerb stehende Vermittler wie Yahoo! und Microsoft eingeschaltet hätte. Zudem hätte auch [vertraulich] nach eigenen Angaben ohne diese Klausel in Erwägung gezogen, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, sofern dies ihre Einnahmen erhöht hätte. Aus dem 368. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Ausschließlichkeitsklausel die Gruppe [vertraulich] nach ihren Angaben daran gehindert hat, „mit der Erprobung anderer Anbieter zu beginnen“ und „ihr System aufzurüsten“, um mit diesen Anbietern zusammenarbeiten zu können. 496    Wie oben in Rn. 457 festgestellt, bestreitet Google den Gehalt dieser Antworten nicht. v)      Zu den weiteren von Google angeführten Antworten der direkten All-Site-Partner 497    Google beruft sich auf die Antworten von direkten All-Site-Partnern oder von Gruppen, denen diese direkten Partner angehörten, darunter insbesondere von [vertraulich], [vertraulich] (die zusammen einen der von der Kommission ermittelten direkten All-Site-Partner bilden), [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], der Gruppe [vertraulich], der [vertraulich] angehörte (die zusammen einen der von der Kommission ermittelten direkten All-Site-Partner bilden), der Gruppe [vertraulich], der u. a. [vertraulich] angehörte, und der Gruppe [vertraulich], der [vertraulich] und [vertraulich] angehörten (die eigenständige, von der Kommission ermittelte direkte All-Site-Partner sind). Sie macht geltend. aus diesen Antworten gehe hervor, dass die direkten Partner AFS aufgrund seiner überlegenen Qualitäten gewählt hätten, so dass die Ausschließlichkeitsklausel sie nicht davon abgehalten habe, ihren Bedarf von anderen, im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten von [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] sowie der Gruppe [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] 498    Zunächst macht Google geltend, dass [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] in ihren Antworten auf Frage 5.2.d des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 der Kommission gegenüber jeweils angegeben hätten, dass die Wahl ihres Vermittlers von den Einnahmen abhänge, die dieser Vermittler generiere. Google weist auch darauf hin, dass [vertraulich] und [vertraulich] darüber hinaus klargestellt hätten, dass sie einen Wechsel des Vermittlers in Betracht ziehen würden, wenn sie mit einem anderen Vermittler höhere Einnahmen als mit Google erzielen könnten. 499    Sodann weist Google darauf hin, dass die Gruppe [vertraulich] im Rahmen des Auskunftsverlangens vom 18. März 2016 zum einen als Antwort auf die Frage, warum sie Google als Vermittler ausgewählt hatte, angegeben habe, dass sie Google „als einzige[n] Vermittler ausgewählt [hatte], weil diese die Marktführerin für Suchmaschinenwerbung [war] und das beste Monetarisierungspotenzial und die besten Ertragsaussichten [bot]“, und zum anderen auf die Frage nach den „wesentlichen Unterschieden“ zwischen den von den verschiedenen Vermittlern angebotenen Dienstleistungen, dass sie „keinen anderen potenziellen Partner [als Google] [sehe], der [ihr] bessere Suchanzeigenprodukte anbieten und höhere Einnahmen aus der Suchmaschinenwerbung generieren könne“. Diese Gruppe habe auch klargestellt, dass – falls es einen anderen Dienst gebe, der das gleiche Monetisierungspotenzial aufweise – die Kosten für einen Wechsel des Vermittlers gering oder sogar gleich Null wären. 500    Schließlich weist Google darauf hin, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 9.7 des Auskunftsverlangens vom 31. Juli 2015 zu den Gründen für ihre Einwilligung in die Ausschließlichkeitsklausel angegeben habe, dass diese Klausel ihr einen Wechsel des Vermittlers erlaubt habe, soweit es um Online-Suchanfragen gehe, die von einem Mobilgerät aus durchgeführt würden und für die es 2014 in Frankreich Alternativen zu Google gegeben habe, und dass, „da Google Marktführerin in ihrem Bereich [gewesen sei, diese Klausel ihr] zumindest in Bezug auf die Desktop-Suche die bestmögliche Monetarisierung ermöglich[t habe]“. 501    In dieser Hinsicht geht aus diesen Antworten im Wesentlichen hervor, dass diese direkten All-Site-Partner der Ansicht waren, dass Google die Marktführerin sei und dass AFS ihnen eine bessere Monetarisierung biete als die Dienste der Wettbewerber von Google. Hierzu genügt es jedoch, im Einklang mit den Ausführungen in Rn. 464 bis 466 des vorliegenden Urteils festzustellen, dass ein solcher Umstand, der sich zumindest teilweise durch die Netzwerkeffekte erklären lässt, die die marktbeherrschende Stellung von Google kennzeichnen, nicht ausreicht, um nachzuweisen, dass diese direkten Partner kein wirtschaftliches Interesse daran hatten, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von konkurrierenden Vermittlern zu beziehen. 502    Somit ist festzustellen, dass diese Antworten nicht geeignet sind, die Schlussfolgerung der Kommission in Frage zu stellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittlern zu beziehen. –       Zu den Antworten von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] 503    Google macht erstens geltend, dass [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 5.2.a („Warum haben Sie sich für […] den Vermittler entschieden, mit dem Sie derzeit zusammenarbeiten?“) des Auskunftsverlangens vom 22. Dezember 2010 klargestellt habe, dass „Google ursprünglich […] aufgrund ihrer Marktabdeckung und ihrer Fähigkeit, Einnahmen zu generieren, ausgewählt wurde“, dass „Yahoo im September 2008 als Vermittler ausgewählt wurde, weil Yahoo die Möglichkeit bot, ihre gesponserten Links und die von [vertraulich] vermarkteten Links mit denen von Reisewebsites Dritter zu bündeln“, dass „Yahoo ebenfalls eine ähnliche Monetarisierung wie Google versprach [und dass] [vertraulich] im Januar 2009 zu Google zurückkehrte, weil Yahoo nicht zu einer Monetarisierung auf dem gleichen Niveau wie Google fähig war“. Darüber hinaus weist Google darauf hin, dass [vertraulich] in ihrer Antwort auf Frage 5.2.d dieses Auskunftsverlangens angegeben habe, dass er sich „für einen Wechsel oder noch wahrscheinlicher dafür entscheiden würde, einen weiteren Vermittler hinzuzuziehen, wenn er sich sicher sein könnte, dass dieser sein Produkt verbessern oder seine Monetarisierung verbessern werde“. Schließlich weist Google darauf hin, dass [vertraulich] in seiner Antwort auf Frage 8.5 dieses Auskunftsverlangens angegeben habe, dass seine „Werbestrategie durch die Ausschließlichkeitsklauseln nicht beeinflusst [worden sei]“. 504    Die Kommission macht geltend, dass die Antworten von [vertraulich] die Feststellung untermauerten, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten All-Site-Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittlern zu beziehen. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang ohne weitere Erläuterungen auf die von Google angeführte und oben in Rn. 503 erwähnte Antwort von [vertraulich] auf Frage 5.2.d sowie auf die Antwort auf Frage 8.6, wonach „[vertraulich] die Ausschließlichkeitsklauseln ursprünglich akzeptiert hat[te], weil Google deren Anwendung als Vorbedingung für die Vereinbarung verlangte“. 505    In dieser Hinsicht geht aus den oben in Rn. 503 wiedergegebenen Antworten von [vertraulich] hervor, dass [vertraulich] im Gegensatz zu den anderen direkten All-Site-Partnern eindeutig erklärt hat, dass ihre „Werbestrategie durch die Ausschließlichkeitsklauseln nicht beeinflusst [worden sei]“. 506    Zweitens ist mit Google darauf hinzuweisen, dass die Gruppe [vertraulich] in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 22. Dezember 2010 angegeben hatte, dass die Ausschließlichkeitsklausel ihre „Strategie … nicht beeinflusst“ habe und dass sie auch ohne diese Klausel „keine von mehr als einem Anbieter stammende Werbung einbeziehen würde und [dass sie] nicht daran gehindert [war], auf ihren Websites Werbung anzuzeigen, die keine Online-Suchmaschinenwerbung war“. 507    Somit ist festzustellen, dass die Antworten von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] geeignet sind, das Argument von Google zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel diese direkten All-Site-Partner nicht davon abgehalten habe, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem anderen Vermittler zu beziehen, was die Kommission nicht bestreitet. vi)    Zum Schreiben von Surfboard 508    Es ist festzustellen, dass der CEO von Surfboard in einem Schreiben – das nominell an die Kommission gerichtet war, dieser aber von Google als Anlage zu ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt wurde – erklärt hatte, dass die Ausschließlichkeitsklausel keine Auswirkungen auf das Verhalten von Surfboard gehabt habe. Er hatte insoweit angegeben, dass der fragliche GSA, der diese Klausel enthalten habe, für die „wichtigsten“ Internetseiten von Surfboard gegolten habe, weil die durch AFS generierten Einnahmen „wesentlich höher“ als die durch die Dienste von Yahoo! generierten Einnahmen gewesen seien. Er hatte jedoch auch erklärt, dass andere Websites, darunter die Website „www.ixquick.eu“, nicht in diesen GSA einbezogen worden seien. 509    Im 370. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass der Beweiswert des Schreibens des CEO von Surfboard aus zwei Gründen begrenzt sei. Zum einen habe Surfboard zuvor als Antwort auf ein Auskunftsverlangen angegeben, dass sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbeziehe. Zum anderen sei der Kommission nicht bekannt, wie Google in den Besitz dieses Schreibens gelangt sei. 510    Surfboard wirft der Kommission vor, das Schreiben ihres CEO, das der Kommission als Anlage zur Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden sei, nicht berücksichtigt zu haben. In diesem Schreiben sei nämlich erklärt worden, dass Surfboard auf einer ihrer Websites die Dienste von Yahoo! in Anspruch genommen habe. Darüber hinaus macht Surfboard geltend, dass sie sich hinsichtlich ihrer wichtigsten Websites aufgrund technischer und finanzieller Erwägungen für AFS entschieden habe. 511    Die Kommission macht geltend, dass Surfboard nur auf eine einzige Website verweise, die nicht in ihre GSA einbezogen worden sei. Ferner weist sie darauf hin, dass das ihr von Google übermittelte Schreiben des CEO von Surfboard zweideutig sei. Darüber hinaus macht sie geltend, dass der Beweiswert dieses Schreibens geringer sei als der der Antwort von Surfboard auf ein Auskunftsverlangen, in der Surfboard ihr mitgeteilt habe, dass sie typischerweise alle ihre Websites in den in Rede stehenden GSA einbezogen habe. Zum einen sei nämlich nicht bekannt, in welchem Kontext Google in den Besitz dieses Schreibens gelangt sei. Zum anderen hätte Surfboard in diesem Schreiben unrichtige oder irreführende Angaben machen können, ohne Gefahr zu laufen, gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 mit einer Geldbuße belegt zu werden. 512    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zu den Garantien, die das Unionsrecht für Verwaltungsverfahren vorsieht, u. a. der in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gehört, der die Verpflichtung des zuständigen Organs umfasst, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, EU:T:2012:478, Rn. 170). 513    Erstens verfügte Google im Gegensatz zur Kommission nicht über die durch die Verordnung Nr. 1/2003 eingeführten Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse und war daher zu ihrer Verteidigung in der vorliegenden Rechtssache zwangsläufig auf die freiwillige Mitwirkung der direkten Partner angewiesen, um Informationen u. a. über die Websites einzuholen, die diese direkten Partner nicht in ihre GSA einbezogen hatten. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die von Google eingeholten Informationen wegen des begrenzten Beweiswerts, der ihnen zukomme, zwangsläufig irrelevant seien. 514    Abgesehen davon hat die Kommission lediglich vorgetragen, nicht gewusst zu haben, wie Google an das an sie gerichtete Schreiben des CEO von Surfboard gelangt sei, aber weder die Echtheit dieses Schreibens in Frage gestellt noch geltend gemacht, dass es jeglichen Beweiswerts entbehre. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Kommission gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 direkt von Surfboard zusätzliche Auskünfte hätte verlangen können, wenn sie der Ansicht war, dass dieses Schreiben nicht mit der Antwort von Surfboard auf ein früheres Auskunftsverlangen in Einklang zu bringen sei. 515    Zweitens ist festzustellen, dass das Schreiben des CEO von Surfboard entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht zweideutig ist. Aus diesem Schreiben geht nämlich eindeutig hervor, dass Surfboard mindestens eine ihrer Websites nicht in den in Rede stehenden GSA einbezogen hatte. 516    Drittens ist mit Surfboard darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass dieses Unternehmen in Beantwortung eines Auskunftsverlangens angegeben hat, typischerweise alle seine Websites in den in Rede stehenden GSA einbezogen zu haben, nicht ausschließt, dass es bestimmte seiner Websites möglicherweise nicht in diesen GSA einbezogen hat. Somit ist festzustellen, dass das Schreiben des CEO von Surfboard und die Antwort von Surfboard auf ein Auskunftsverlangen der Kommission nicht im Widerspruch zueinander standen. 517    Daher hätte die Kommission das Schreiben von Surfboard, in dem diese angegeben hat, dass die Ausschließlichkeitsklausel keine Auswirkungen auf ihr Verhalten gehabt habe, als geeignet ansehen müssen, die Feststellung in Frage zu stellen, dass diese Klausel die direkten All-Site-Partner davon abgehalten habe, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von einem anderen Vermittler zu beziehen. vii) Ergebnis zu den Antworten der direkten Partner auf die verschiedenen Auskunftsverlangen der Kommission und zum Schreiben von Surfboard 518    In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass die Kommission die in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Beispiele für Antworten direkter Partner zu Recht als Anhaltspunkte heranziehen konnte, die geeignet waren, ihre Beurteilung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA diese Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Dagegen waren die Antworten von bestimmten anderen direkten All-Site-Partnern oder der Gruppen, zu denen diese gehörten, sowie das Schreiben von Surfboard, wie oben in Rn. 503 bis 517 festgestellt, nicht geeignet, eine solche Beurteilung zu untermauern. 519    Darüber hinaus ist festzustellen, dass Google zwar bestreitet, dass bestimmte der in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Antworten, nämlich die der Gruppen [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], die Standpunkte von direkten Partnern widerspiegelten, die aufgrund der Ausschließlichkeitsklausel zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hätten, dass aber aus der vorstehenden Rn. 455 hervorgeht, dass die Antworten der anderen direkten Partner oder der Gruppen, denen sie angehörten, als Antworten anzusehen sind, die von direkten All-Site-Partnern stammen. Insbesondere in Bezug auf die Gruppe [vertraulich] bestreitet Google lediglich, dass eines der zu dieser Gruppe gehörenden Unternehmen, nämlich [vertraulich], ein direkter All-Site-Partner gewesen sei, nicht aber, dass ein anderes der zu dieser Gruppe gehörenden Unternehmen, nämlich [vertraulich], zumindest einen beträchtlichen Teil seines Bedarfs ausschließlich von Google bezogen hat. Somit hätte die Argumentation von Google selbst dann, wenn ihr zu folgen wäre, d. h. im für Google günstigsten Fall, keine Auswirkungen auf die von der Kommission herangezogenen Beweise, die oben in Rn. 457 in Bezug auf [vertraulich] und die Gruppe [vertraulich] sowie oben in Rn. 459 bis 467 und 473 bis 482 angeführt sind und – als einer von mehreren relevanten Anhaltspunkten – für die Eignung der Ausschließlichkeitsklausel sprechen, die direkten All-Site-Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 3)      Zu den Investitionen von Yahoo! 520    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass Yahoo! zwischen 2006 und 2015 erhebliche Kapitalinvestitionen in ihren allgemeinen Suchdienst getätigt habe. Im 402. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hat sie festgestellt, dass ein „internes Dokument von Google aus dem Jahr 2006“ bestätige, dass die Höhe dieser Investitionen derjenigen von Google „ähnlich“ sei. 521    Google macht geltend, dass ihr Dienst AFS, wie sie im Verwaltungsverfahren nachgewiesen habe, besser gewesen sei als die Dienste ihrer Wettbewerber, weil diese nicht ausreichend in ihre Dienste investiert hätten. Insbesondere hätten Yahoo! und Microsoft im Wesentlichen keine „wirksamen Investitionen“ in die technologische Entwicklung und in die Lokalisierung getätigt. Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass die im angefochtenen Beschluss genannten Investitionen von Yahoo! auch den Kauf und Verkauf von Immobilien umfasst hätten. Sie folgert daraus, dass es nicht möglich sei, anhand dieses Betrags die Bedeutung der Investitionen zu bewerten, die Yahoo! speziell für ihren Online-Suchdienst getätigt habe. 522    Die Kommission macht geltend, dass aus den Erwägungsgründen 401 und 402 des angefochtenen Beschlusses, deren Inhalt nicht bestritten werde, hervorgehe, dass Yahoo! zwischen 2006 und 2015 erhebliche Investitionen in ihren allgemeinen Online-Suchdienst getätigt habe, die mit denen von Google vergleichbar seien. Sie fügt hinzu, dass die von Google in der Erwiderung aufgestellte Behauptung, dass diese Investitionen den Kauf und Verkauf von Immobilien umfasst hätten, verspätet und folglich unzulässig sei. 523    Hierzu ist festzustellen, dass Google der Kommission in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt hatte, warum sie der Ansicht war, dass die Website-Betreiber AFS als einen besseren Dienst als den von Yahoo! angesehen hätten. Sie hatte erstens darauf hingewiesen, dass die von Overture entwickelte und im Jahr 2003 von Yahoo! erworbene Vorläufertechnologie nicht für den Einsatz in großem Maßstab konzipiert worden und deutlich langsamer als die von Google gewesen sei, um eine manuelle Überprüfung jeder einzelnen auf einer Website angezeigten Werbung zu ermöglichen. Zweitens hatte sie auf Probleme bei der Integration der an der Entwicklung der von Yahoo! erworbenen Technologie beteiligten Teams hingewiesen, die zum Ausscheiden mehrerer „Engineering Chiefs“ (Leiter von Entwicklungsteams) geführt hätten. Drittens hatte sie ausgeführt, dass Yahoo! erst 2007 damit begonnen habe, die Klickraten zu berücksichtigen, um zu bestimmen, welche Werbung als Antwort auf eine Online-Suchanfrage angezeigt werden sollte, während aus Dokument Nr. 36 der Anlage C.1 zur Erwiderung, auf das in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verwiesen werde, ersichtlich sei, dass Google dieses Merkmal bereits 2002 entwickelt habe. Darüber hinaus hatte sie angegeben, dass Yahoo! trotz dieser Änderung im Jahr 2008 öffentlich eingeräumt habe, dass AFS nach wie vor eine bessere Monetarisierung ermögliche, weil sich der Abstand zwischen AFS und dem Dienst von Yahoo! nach deren Angaben nur um 30 % verringert habe. Viertens hatte Google darauf hingewiesen, dass die Partnerschaft zwischen Yahoo! und Microsoft nur langsam umgesetzt worden sei. Sie hatte nämlich angegeben, dass diese Partnerschaft 2009 geschlossen worden sei, aber dass [vertraulich]. Fünftens hatte sie angegeben, dass diese Partnerschaft ihre Ziele nicht erreicht habe. In dieser Hinsicht hatte sie darauf hingewiesen, dass Yahoo! im Jahr 2011 öffentlich die „technischen Grenzen“ der Plattform von Microsoft eingeräumt habe, dass die für die Website-Betreiber im EWR zuständigen Teams von Yahoo! und Microsoft jeweils weniger als 20 Personen umfassten, während in den Teams von Google rund 300 Personen tätig gewesen seien, und dass Yahoo! und Microsoft ihre Dienstleistungen für die Online-Suchmaschinenwerbung nur allmählich unter Berücksichtigung der Standorte der Nutzer an die einzelnen Mitgliedstaaten angepasst hätten. 524    Die Kommission hat das Vorbringen von Google nicht bestritten. Sie hat sich in den Erwägungsgründen 401 und 402 des angefochtenen Beschlusses darauf beschränkt, zum einen die Höhe des von Yahoo! zwischen 2006 und 2016 jährlich in ihren allgemeinen Suchdienst investierten Kapitals zu ermitteln und zum anderen Auszüge aus einem internen Dokument von Google aus dem Jahr 2006 zu zitieren, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass die Höhe der Investitionen von Yahoo! mit der von Google vergleichbar gewesen sei. 525    Aber selbst wenn man davon ausgeht, wie die Kommission geltend macht, dass die jährlichen Kapitalbeträge, die Yahoo! zwischen 2006 und 2016 in ihren allgemeinen Suchdienst investiert hatte, für die Beurteilung des Umfangs ihrer Investitionen in ihren Dienst zur Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung relevant sind, ist festzustellen, dass sich aus dem im angefochtenen Beschluss zitierten internen Dokument von Google aus dem Jahr 2006 allein nicht ableiten lässt, dass die von Google und von Yahoo! während des gesamten Zeitraums zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. März 2016 investierten Beträge ähnlich hoch gewesen seien. Auch wenn dieses Dokument bereits auf den „Zusammenschluss“ von Microsoft und Yahoo! und dessen mögliche Auswirkungen auf die Investitionen hingewiesen hatte, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Verfasser dieses Dokuments die von Google angeführten und oben in Rn. 523 erwähnten späteren Ereignisse nicht vorhersehen konnte. 526    Ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens von Google bedarf, mit dem die exakte Höhe der von Yahoo! getätigten Investitionen in Frage gestellt werden soll, ist folglich festzustellen, dass nicht erwiesen ist, dass diese Investitionen mit denen von Google vergleichbar waren. 527    Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die Höhe der Investitionen von Yahoo! mit der Höhe der Investitionen von Google vergleichbar war, ist jedoch festzustellen, dass sich aus dem 401. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, dass die Höhe der Investitionen von Yahoo! jedenfalls erheblich war. Daher hat die Kommission zu Recht im angefochtenen Beschluss das Vorbringen von Google zurückgewiesen, dass es an den unzureichenden Investitionen von Yahoo! und nicht an der Ausschließlichkeitsklausel gelegen habe, dass Yahoo! nicht in der Lage gewesen sei, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes zu erlangen. 528    Darüber hinaus geht aus Tabelle 8 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass der Marktanteil von Yahoo! auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zwischen 2006 und 2008, d. h. während des Zeitraums, in dem die GSA-Mustervorlage die Ausschließlichkeitsklausel enthielt, erheblich gesunken war. 529    Daher reicht der – als erwiesen unterstellte – Umstand, dass die Investitionen von Yahoo! dieses Unternehmen nicht in die Lage versetzt hatten, einen ebenso effizienten Dienst zur Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung wie den von AFS zu entwickeln, nicht aus, um nachzuweisen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA keine abschreckende Wirkung auf diese Partner hatte. 4)      Zur Präferenz der Website-Betreiber, Online-Suchmaschinenwerbung jeweils nur von einem Vermittler zu beziehen 530    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission zum einen erläutert, dass die Online-Verträge für die direkten All-Site-Partner keine Alternative zu den GSA dargestellt hätten. Insoweit hat sie nämlich die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Online-Verträgen um standardisierte Verträge gehandelt habe, die es nicht ermöglicht hätten, auf die „spezifischen Bedürfnisse“ dieser direkten Partner einzugehen, und sich dabei auf die Anhörungen von [vertraulich], des damaligen [vertraulich] von Google, vor der FTC am 2. und 3. Mai 2012 sowie auf interne Richtlinien von Google gestützt. 531    Zum anderen hat die Kommission festgestellt, dass die Untersuchung des Verhaltens der Online-Partner irrelevant sei, weil deren Bedürfnisse und die der direkten Partner unterschiedlich seien. Sie hat daraus gefolgert, dass die von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegte Studie, die gezeigt habe, dass die Online-Partner auf den von ihren Online-Verträgen erfassten Websites fast ausschließlich AFS verwendeten, obwohl diese Verträge keine Ausschließlichkeitsklausel enthielten, nicht relevant sei. 532    Google macht geltend, dass die Ausschließlichkeitsklausel keine Verdrängungswirkung habe entfalten können, weil die meisten direkten Partner ihren Bedarf jeweils nur von einem Vermittler hätten beziehen wollen. Insoweit stützt sie sich zum einen auf die oben in Rn. 531 erwähnte Studie, aus der hervorgeht, dass nur [vertraulich] % der den Websites von Online-Partnern entsprechenden Internet-Domänen, die im EWR Einnahmen generierten, gleichzeitig AFS und die Dienste von Yahoo! oder Microsoft nutzten. Zum anderen weist sie darauf hin, dass die Antworten der direkten Partner auf verschiedene Auskunftsverlangen der Kommission die Tatsache bestätigten, dass die direkten Partner sich auch ohne diese Klausel dafür entschieden hätten, ihren Bedarf von einem einzigen Vermittler zu beziehen. i)      Zu der von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegten Studie 533    Google macht im Wesentlichen geltend, dass die direkten Partner einschließlich der direkten All-Site-Partner die Möglichkeit gehabt hätten, Online-Verträge abzuschließen, und solche Verträge auch tatsächlich geschlossen hätten, so dass Website-Betreiber zugleich direkte Partner und Online-Partner hätten sein können. Sie fügt hinzu, dass die im angefochtenen Beschluss festgestellten „angeblichen Unterschiede“ zwischen den Bedürfnissen der direkten Partner und denen der Online-Partner keine Auswirkungen auf die Entscheidung der Letztgenannten gehabt hätten, ihren Bedarf jeweils nur von einem Vermittler oder aber von mehreren Vermittlern gleichzeitig zu beziehen. Sie ist daher der Ansicht, dass das Verhalten der Online-Partner für die Beurteilung des Verhaltens relevant gewesen sei, das die direkten All-Site-Partner in den Zeiträumen, in denen sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten, ohne die Ausschließlichkeitsklausel hätten an den Tag legen können. 534    Surfboard macht geltend, dass die Website-Betreiber Online-Verträge für Websites hätten abschließen könnten, bei denen Google keine spezifischen Anforderungen habe erfüllen müssen. Sie fügt hinzu, dass sie durch die Aushandlung eines GSA bessere Konditionen als bei einem Online-Vertrag habe erzielen können. 535    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Surfboard entgegen. 536    Insoweit geht aus Anlage A.42 zur Klageschrift hervor, dass wichtige Website-Betreiber, darunter bestimmte der im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner, für einige ihrer Websites GSA und für andere Online-Verträge verwendet hatten. Die Kommission bestreitet den Inhalt dieser Anlage nicht, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. 537    Erstens ist jedoch festzustellen, dass im angefochtenen Beschluss kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung in Bezug auf die Online-Partner festgestellt wurde. 538    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass Anlage A.42 zur Klageschrift zwar Websites erwähnt, die wichtigen Website-Betreibern gehörten und in Online-Verträge einbezogen worden waren, aber keine Angaben enthält, anhand deren sich hätte ermitteln lassen, in welchem Verhältnis die von diesen Websites generierten Einnahmen aus Online-Suchmaschinenwerbung zu denen standen, die dieselben Website-Betreiber mit denjenigen ihrer Websites erzielten, die in GSA einbezogen worden waren. In dieser Anlage ist auch nicht angegeben, wie lange diese Websites in Online-Verträge einbezogen waren. 539    Drittens ergibt sich aus den Erwägungsgründen 76 und 371 Nr. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses, deren Inhalt von Google nicht bestritten wird, dass die GSA von jedem Website-Betreiber einzeln ausgehandelt wurden und grundsätzlich den wichtigsten Website-Betreibern vorbehalten waren, die einen ausreichend hohen Umsatz erwarten ließen, um die von Google getragenen Kosten für Personal und Supportleistungen, die den direkten Partnern gewidmet waren, rechtfertigen zu können. Darüber hinaus macht Google geltend, dass die GSA eine für die Website-Betreiber günstigere Aufteilung der Einnahmen vorgesehen hätten als die Online-Verträge, die nicht verhandelbare Standardverträge gewesen seien. Ebenso macht Surfboard geltend, dass sie durch den Abschluss eines GSA günstigere Konditionen als bei einem Online-Vertrag erhalten habe. 540    Somit konnten einerseits zwar alle Website-Betreiber einen Online-Vertrag abschließen, wie Google vorträgt, aber Google bestimmte selbst, welche Website-Betreiber einen GSA abschließen konnten. Andererseits lag es grundsätzlich im Interesse derjenigen Website-Betreiber, die die Wahl zwischen einem GSA und einem Online-Vertrag hatten, eher einen GSA als einen Online-Vertrag abzuschließen. 541    Daraus folgt, dass die in Anlage A.42 zur Klageschrift genannten Beispiele für direkte Partner, die zu einem bestimmten Zeitpunkt und für einige ihrer Websites auch einen Online-Vertrag abgeschlossen hatten, mangels näherer Erläuterungen von Google als vereinzelte Beispiele zu betrachten sind, die nicht unbedingt das Verhalten der direkten Partner insgesamt widerspiegeln. 542    Daher ist davon auszugehen, dass es sich bei den direkten Partnern und den Online-Partnern grundsätzlich um zwei verschiedene Kategorien von Website-Betreibern handelte, so dass das Verhalten der Online-Partner keinen ausreichend zuverlässigen Hinweis darauf gibt, ob die direkten All-Site-Partner ohne die Ausschließlichkeitsklausel ihren Bedarf ausschließlich von Google bezogen hätten. 543    Daraus folgt, dass die Kommission die von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegte Studie zu Recht als irrelevant angesehen hat. ii)    Zu den von Google angeführten Antworten der direkten Partner 544    Google macht geltend, dass zahlreiche direkte Partner in Beantwortung verschiedener Auskunftsverlangen der Kommission angegeben hätten, nicht gleichzeitig konkurrierende Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung nutzen zu wollen. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kommission nicht behauptet habe, dass die direkten All-Site-Partner ein anderes Verhalten an den Tag legten als die anderen direkten Partner. 545    Surfboard macht geltend, dass es kein wirtschaftliches Interesse daran gegeben habe, auf ein und derselben Seite von verschiedenen Vermittlern stammende Werbung anzuzeigen, und dass sie es in der Vergangenheit stets bevorzugt habe, mit jeweils nur einem Vermittler zusammenzuarbeiten. Hierzu erläutert sie, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Vermittler einerseits und der Redaktion und dem Produktmanager von Surfboard andererseits erforderlich gewesen sei und dass die gleichzeitige Nutzung verschiedener Dienste die Gefahr der Anzeige redundanter oder minderwertiger Werbung hätte erhöhen können. Außerdem fügt sie hinzu, dass die meisten Vermittler in Bezug auf das von ihnen verwaltete Anzeigenportfolio Ausschließlichkeit verlangten, um den Anforderungen der Werbetreibenden gerecht zu werden. Somit sei die Ausschließlichkeitsklausel nicht auf die Marktmacht von Google zurückzuführen, sondern auf den Wunsch der Werbetreibenden, von einem qualitativ hochwertigen Portfolio zu profitieren. 546    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Surfboard entgegen. 547    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die abschreckende Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel nur im Hinblick auf die direkten All-Site-Partner festgestellt hat. Daraus folgt, dass allein die Antworten dieser direkten Partner relevant sind, um festzustellen, ob diese direkten Partner ihren Bedarf während des Zeitraums, in dem sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten, auch von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern bezogen hätten. Der Einwand von Google, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die direkten All-Site-Partner ein anderes Verhalten als die anderen direkten Partner an den Tag gelegt hätten, ist in dieser Hinsicht irrelevant. 548    Als Zweites ist erstens mit Google darauf hinzuweisen, dass [vertraulich] in seiner Antwort auf ein Auskunftsverlangen der Kommission erklärt hatte, dass er „beschlossen ha[be], für jeden Anzeigentyp mit jeweils einem Anbieter zusammenzuarbeiten, weil er nicht glaub[e], dass die Einschaltung eines weiteren [Vermittlers] [sein] Produkt verbessern oder dessen Monetarisierung erhöhen w[ü]rde“. 549    Daraus folgt, dass [vertraulich] seinen Bedarf nicht gleichzeitig von verschiedenen Vermittlern beziehen wollte. Diese Feststellung wird nicht durch die von der Kommission bereits angeführte und oben in Rn. 504 erwähnte Tatsache in Frage gestellt, dass [vertraulich] die Ausschließlichkeitsklausel mit der Begründung akzeptiert hatte, dass Google deren Anwendung „als Vorbedingung“ für den Abschluss des GSA verlangt habe. 550    Die Kommission macht zwar geltend, dass [vertraulich], der eine Tochtergesellschaft von [vertraulich] sei, ihr geantwortet habe, dass sie mit einer großen Zahl von Vermittlern zusammenarbeite. 551    Zum einen ist jedoch festzustellen, dass [vertraulich] in seiner Antwort ausdrücklich klargestellt hatte, dass es sich bei den Vermittlern, auf die er sich beziehe, um Medienagenturen und nicht um Anbieter von Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung handele. Zum anderen ist festzustellen, dass [vertraulich] der Kommission mitgeteilt hatte, dass er seinen Bedarf ausschließlich von Google beziehe, soweit es sich um an Textanzeigen handele, die, wie aus dem 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, „typischerweise“ Online-Suchmaschinenwerbung darstellen. 552    Daraus folgt, dass die Antwort von [vertraulich] entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als Beleg dafür geeignet ist, dass die direkten All-Site-Partner ihren Bedarf von mehreren Vermittlern gleichzeitig hätten beziehen wollen. 553    Zweitens ist mit Google darauf hinzuweisen, dass [vertraulich] in ihrer Antwort auf ein Auskunftsverlangen der Kommission erklärt hatte, dass „[i]n der Regel die Wahl nur eines Anbieters pro Gerätetyp es ermöglicht, bessere finanzielle Konditionen zu erhalten“, und dass es „[j]edenfalls aus kommerzieller Sicht nicht wirklich sinnvoll [war], für dieselbe Seite/denselben Gerätetyp mehrere Anbieter von Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung gleichzeitig einzuschalten“. 554    Entgegen der Auffassung der Kommission spricht die Tatsache, dass [vertraulich] im Wesentlichen erklärt hatte, es sei finanziell vorteilhafter, den Bedarf für jede Website von einem einzigen Vermittler zu beziehen, eher dafür, dass die direkten All-Site-Partner, die sich dafür entschieden hatten, typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einzubeziehen, ihren Bedarf auch ohne die Ausschließlichkeitsklausel nicht zum Teil von anderen Vermittlern bezogen hätten. 555    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass Surfboard geltend macht, dass sie kein wirtschaftliches Interesse daran gehabt habe, auf ein und derselben Seite von verschiedenen Vermittlern stammende Werbung anzuzeigen, und dass sie es in der Vergangenheit stets bevorzugt habe, mit jeweils nur einem Vermittler zusammenzuarbeiten. 556    Entgegen der Auffassung der Kommission ist die Feststellung, dass andere direkte All-Site-Partner, deren Antworten in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben sind, durch die Ausschließlichkeitsklausel davon abgehalten worden seien, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen, nicht als Beleg dafür geeignet, dass Surfboard ihren Bedarf ohne diese Klausel von solchen Vermittlern bezogen hätte. Auch die Feststellung, dass Google GSA, die die Ausschließlichkeitsklausel enthielten, mit den direkten All-Site-Partnern geschlossen habe und dies ein Hinweis auf die Ansicht von Google sei, dass diese direkten Partner ein wirtschaftliches Interesse daran gehabt hätten, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen, ist nicht geeignet, das Vorbringen von Surfboard in Frage zu stellen. 557    Somit ist festzustellen, dass es Google gelungen ist, den Nachweis zu erbringen, dass nur [vertraulich], die Gruppe [vertraulich] und Surfboard es vorzogen, ihren Bedarf jeweils nur von einem einzigen Vermittler zu beziehen. Deren Antworten lassen es dagegen nicht zu, die in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Beispiele für Antworten von direkten All-Site-Partnern in Frage zu stellen, die –wie oben in den Rn. 518 und 519 ausgeführt – geeignet waren, die Beurteilung der Kommission zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA diese Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 5)      Ergebnis zur abschreckenden Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel auf die direkten All-Site-Partner 558    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission – vorbehaltlich der Prüfung aller weiteren relevanten Umstände und insbesondere der Geltungsdauer der Ausschließlichkeitsklausel (siehe unten, Rn. 562) – zu Recht davon ausgegangen ist, dass diese Klausel, die es den direkten All-Site-Partnern untersagte, konkurrierende Werbung auf den in ihre GSA einbezogenen Websites anzuzeigen, bestimmte von ihnen davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittlern zu beziehen. 559    Erstens konnte die Kommission nämlich, wie oben in Rn. 518 ausgeführt, die in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Beispiele für Antworten direkter All-Site-Partner zu Recht als Anhaltspunkte heranziehen, die geeignet waren, ihre Beurteilung zu untermauern, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit solchen direkten Partnern geschlossenen GSA diese Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 560    Zweitens ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 230, 276 und 364 des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass die Marktanteile von Google auf den meisten der in Rede stehenden nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung sowie auf dem Markt für die Vermittlung solcher Werbung zwischen 2006 und 2016 gestiegen waren. So gab es 2016 auf diesen Märkten kaum noch Wettbewerber von Google. Darüber hinaus waren diese Märkte durch hohe Marktzutritts- und Expansionsschranken sowie einen Mangel an kompensierender Nachfragemacht der Werbetreibenden und der Website-Betreiber gekennzeichnet. Insbesondere hatten Größen- und Netzwerkeffekte das Auftreten neuer Wettbewerber erschwert. 561    Somit reicht die bloße Tatsache, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA nur Auswirkungen auf das Verhalten von bestimmten dieser direkten Partner hatte, entgegen dem Vorbringen von Google nicht aus, um nachzuweisen, dass diese Klausel nicht geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken. 562    Folglich ist festzustellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. Wie oben in Rn. 389, 399 und 400 ausgeführt, hängt die Antwort auf die Frage, ob diese Klausel eine solche Eignung aufwies, jedoch auch von der Prüfung aller anderen relevanten Umstände und insbesondere von der Dauer ab, während der diese direkten Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google zu beziehen, wie auch die Kommission im 364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat. b)      Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 563    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. In diesem Zusammenhang hat sie erstens festgestellt, dass die von diesen GSA generierten Bruttoeinnahmen einen erheblichen Teil dieses Marktes ausgemacht hätten. Zweitens hat sie festgestellt, dass Google die Ausschließlichkeitsklausel systematisch in diejenigen GSA aufgenommen habe, die ihr die höchsten Einnahmen eingebracht hätten. Drittens hat sie darauf hingewiesen, dass die Zahl der Suchanfragen auf den Websites, die in die mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA einbezogen gewesen seien, im Vergleich zur Zahl der über konkurrierende allgemeine Suchdienste durchgeführten Suchanfragen erheblich gewesen sei. Viertens hat sie die Auffassung vertreten, dass der Zeitraum, in dem die Ausschließlichkeitsklausel diese direkten Partner dazu verpflichtet habe, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon nur von Google zu beziehen, lang gewesen sei. Fünftens hat sie festgestellt, dass sich die Tatsache, dass diese Klausel die konkurrierenden Vermittler daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des in Rede stehenden Marktes zu erlangen, in der Entwicklung der Marktanteile von Google widerspiegele. Sechstens hat sie festgestellt, dass diese Klausel auf einige der meistbesuchten Websites im EWR anwendbar gewesen sei. Siebtens hat sie die Auffassung vertreten, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, die mit 69 anderen direkten Partnern geschlossen worden seien, die nicht hätten angeben können, ob sie typischerweise alle ihre Websites in diese GSA einbezogen hätten oder nicht, die konkurrierenden Vermittler daran gehindert habe, ihre Dienste auf den in diese GSA einbezogenen Websites bereitzustellen. 564    Google macht erstens geltend, dass die Ausschließlichkeitsklausel nicht für alle Formate der Online-Suchmaschinenwerbung gegolten habe. Zweitens beanstandet sie die Beurteilung der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA. Drittens wirft sie der Kommission vor, nicht dargetan zu haben, dass diese Klausel geeignet gewesen sei, einen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig sei wie Google, zu verdrängen. Viertens macht sie geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass es den direkten All-Site-Partnern freigestanden habe, ihren Bedarf nach Ablauf der ursprünglichen oder gegebenenfalls verlängerten Laufzeit eines jeden ihrer GSA sowie in den Fällen, in denen ein einseitiges Kündigungsrecht vorgesehen gewesen sei, von konkurrierenden Vermittlern zu beziehen. 565    Jedes dieser Argumente von Google ist einzeln zu prüfen. 1)      Zur Anwendung der Ausschließlichkeitsklausel auf bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung 566    Google macht geltend, dass die Ausschließlichkeitsklausel die direkten Partner nicht daran gehindert habe, andere Formate der Online-Suchmaschinenwerbung wie etwa „product listing ads“ (Listen von Produktanzeigen, im Folgenden: PLA) sowie nicht suchmaschinengebundene Werbung anzuzeigen. 567    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 568    Zum einen ergibt sich aus dem 28. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dessen Inhalt von Google nicht bestritten wird, dass die PLA zu den Ergebnissen spezialisierter Online-Suchdienste gehören. Es ist jedoch festzustellen, dass Google – auch im Rahmen des ersten Klagegrundes – weder behauptet, geschweige denn nachweist, dass die Ergebnisse spezialisierter Online-Suchdienste und die Online-Suchmaschinenwerbung Teil desselben Marktes waren. Somit ist festzustellen, dass Google auch nicht nachweist, dass die Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung und die Vermittlungsdienste für spezialisierte Suchergebnisse Teil desselben Marktes waren. 569    Außerdem legt Google weder dar, welche anderen Formate der Online-Suchmaschinenwerbung – abgesehen von den PLA – von den direkten Partnern hätten angezeigt werden können, noch weist sie nach, dass diese Formate demselben Markt wie die Online-Suchmaschinenwerbung angehörten. 570    Zum anderen ist auch festzustellen, dass Google, wie oben aus Rn. 305 hervorgeht, nicht nachgewiesen hat, dass die beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, d. h. Online-Suchmaschinenwerbung und nicht suchmaschinengebundene Werbung, Teil desselben Marktes waren, so dass sie auch nicht nachgewiesen hat, dass die Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung und die Vermittlungsdienste für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung demselben Markt angehörten. 571    Folglich ist festzustellen, dass der Umstand, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA weder für bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung, darunter die PLA, noch für nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung galt, nicht geeignet ist, die Feststellung in Frage zu stellen, dass diese Klausel die Wettbewerber von Google daran hinderte, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. 2)      Zur Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 572    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission zunächst festgestellt, dass die Bruttoeinnahmen, die zwischen 2006 und 2009 durch die mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA generiert worden seien, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht hätten. Sie hat insoweit präzisiert, dass allein auf die mit [vertraulich] (die zur Gruppe [vertraulich] gehöre und zusammen mit ihr einen der von der Kommission ermittelten direkten All-Site-Partner gebildet habe), [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] geschlossenen GSA zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % dieses Marktes entfallen seien. Sodann hat sie festgestellt, dass die Bruttoeinnahmen, die zwischen 2010 und 2012 durch die mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA generiert worden seien, ihrerseits zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht hätten und dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, auf demselben Markt von [vertraulich] auf [vertraulich] % gestiegen seien. Schließlich hat sie festgestellt, dass die Bruttoeinnahmen aus den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA zwischen 2013 und 2015 mindestens [vertraulich] % des in Rede stehenden Marktes ausgemacht hätten, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, mindestens [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht hätten. 573    Zweitens hat die Kommission festgestellt, dass Google die Ausschließlichkeitsklausel systematisch in diejenigen GSA aufgenommen habe, die ihr die höchsten Einnahmen eingebracht hätten. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass auf die direkten All-Site-Partner zwischen 2006 und 2009 sowie zwischen 2010 und 2012 jeweils zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % bzw. zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % der von allen direkten Partnern generierten Bruttoeinnahmen entfallen seien. 574    Drittens hat die Kommission festgestellt, dass im EWR die Zahl der auf den Websites der direkten All-Site-Partner durchgeführten Online-Suchanfragen im Vergleich zur Zahl der über die allgemeinen Suchdienste der Wettbewerber von Google durchgeführten Online-Suchanfragen zwar erheblich, im Vergleich zur Zahl der über den allgemeinen Suchdienst von Google durchgeführten Online-Suchanfragen jedoch unbedeutend gewesen sei. 575    Viertens hat die Kommission ausgeführt, dass die Entwicklung des Marktanteils von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR erkennen lasse, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA den Zugang der konkurrierenden Vermittler zu einem erheblichen Teil dieses Marktes verhindert habe. 576    Fünftens hat die Kommission festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA für einige der meistbesuchten Internetseiten gegolten habe, wie aus einer im Jahr 2011 vorgelegten und 2013 aktualisierten Studie von Microsoft (im Folgenden: Microsoft-Studie), einem der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall, hervorgehe. Konkret hat sie festgestellt, dass Google im Jahr 2010 zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % der meistbesuchten Webdomänen in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und im Vereinigten Königreich mit Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung versorgt habe. 577    Sechstens hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel zwischen 2006 und 2009 auch in den GSA enthalten gewesen sei, die mit 69 anderen direkten Partnern geschlossen worden seien, die nicht hätten angeben können, ob sie typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hatten. Sie hat daraus gefolgert, dass diese Klausel die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, in diesem Zeitraum Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung für die in diese GSA einbezogenen Websites zu erbringen. 578    Google macht geltend, dass die Analyse der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die sich auf die Höhe der durch diese GSA generierten Einnahmen stütze, für den Nachweis, dass die Ausschließlichkeitsklausel eine Verdrängungswirkung entfaltet habe, irrelevant sei. Darüber hinaus wirft sie der Kommission vor, erstens davon ausgegangen zu sein, dass bestimmte dieser direkten Partner ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von ihr bezogen hätten, zweitens die Einnahmen von direkten Partnern berücksichtigt zu haben, die keine direkten All-Site-Partner gewesen seien, drittens in Bezug auf die Ausschließlichkeitsklausel einen Ansatz gewählt zu haben, der sich mit dem Ansatz, dem sie bei den Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln gefolgt sei, nicht habe vereinbaren lassen, viertens die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel mit derjenigen durch die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln verquickt zu haben und fünftens die Markterfassung durch die mit den direkten All-Site-Partner geschlossenen GSA für das Jahr 2016 nicht ermittelt zu haben. i)      Zur Berücksichtigung nach dem Abschluss der GSA erhobener Daten bei der Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel 579    Google macht geltend, dass es den direkten Partnern freigestanden habe, welche Websites sie in ihre GSA einbeziehen wollten. Eine nachträgliche Analyse des Umfangs der Markterfassung durch diese GSA spiegele daher das Ergebnis des Leistungswettbewerbs wider, beweise aber nicht die Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel. 580    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 581    Hierzu ist in Übereinstimmung mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass Alleinbezugsverpflichtungen darauf abzielen, dem Abnehmer die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren und anderen Herstellern den Zugang zum Markt zu verwehren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 90). 582    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, wie oben in Rn. 414 ausgeführt, dass ein direkter Partner, sobald er sich dafür entschieden hatte, eine seiner Websites in seinen GSA einzubeziehen, zwangsläufig seinen diese Website betreffenden Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung ausschließlich von Google beziehen musste. Hatte sich ein Website-Betreiber dafür entschieden, alle seine Websites in seinen GSA einzubeziehen, musste er folglich aufgrund der Ausschließlichkeitsklausel seinen gesamten Bedarf an Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung für die Dauer dieses GSA ausschließlich von Google beziehen. Somit wurde den Wettbewerbern von Google während dieses Zeitraums die Möglichkeit genommen, ihre Dienste für diesen Website-Betreiber zu erbringen. 583    Daher ist entgegen der Auffassung von Google festzustellen, dass der Umstand, dass die Einnahmen aus den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogenen haben sollen, einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung ausmachten, geeignet war, eine gegen Art. 102 AEUV verstoßende Verdrängungswirkung gegenüber den anderen, mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu entfalten, selbst wenn diese direkten Partner die in ihre GSA einbezogenen Websites ursprünglich selbst ausgewählt hatten. ii)    Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus GSA, die mit direkten Partnern geschlossen wurden, die derselben Gruppe angehörten wie bestimmte All-Site-Partner 584    Google macht geltend, dass selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen hätten, die Kommission zu Unrecht nicht nur diejenigen Einnahmen berücksichtigt habe, die durch die von diesen direkten Partnern geschlossenen GSA generiert worden seien, sondern auch die Einnahmen aus den diese Ausschließlichkeitsklausel nicht enthaltenden Verträgen, die von anderen Einheiten der Gruppen, denen diese direkten Partner angehörten, abgeschlossen worden seien. Daraus folge, dass die Kommission den Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA künstlich erweitert habe. 585    Als Beispiel führt Google an, dass [vertraulich] und [vertraulich] dem angefochtenen Beschluss zufolge zwar der Gruppe [vertraulich] angehört hätten, aber jeweils separate direkte Partner gewesen seien, die unter den direkten All-Site-Partnern aufgeführt worden seien. Sie weist jedoch darauf hin, dass andere Unternehmen dieser Gruppe, darunter [vertraulich] und [vertraulich], mit ihr Verträge über die Bereitstellung von AFS geschlossen hätten und dass die Kommission die Einnahmen aus diesen Verträgen bei der Berechnung der Einnahmen, die die mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA generiert hätten, berücksichtigt habe. 586    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 587    Hierzu ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass Google keine Beweise für ihre Behauptung vorlegt, dass der angefochtene Beschluss die Einnahmen aus den Verträgen mit [vertraulich] und [vertraulich] für die Zwecke der Berechnung der von der Gruppe [vertraulich] erzielten Einnahmen herangezogen habe. 588    Insbesondere ist festzustellen, dass Google auf eine prozessleitende Maßnahme, mit der sie aufgefordert wurde, die Verträge vorzulegen, die sie mit [vertraulich] und [vertraulich] über die Bereitstellung von AFS geschlossen haben will, lediglich angegeben hat, dass [vertraulich] und [vertraulich] keine GSA mit ihr geschlossen hätten. Sie hat jedoch nicht nachgewiesen, dass [vertraulich] und [vertraulich] AFS tatsächlich genutzt hatten, z. B. im Rahmen von Online-Verträgen. Somit hat sie nicht nachgewiesen, dass diese Verträge Einnahmen generiert hatten, die die Kommission später zu Unrecht bei der Bestimmung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA berücksichtigt habe. 589    Unter diesen Umständen – und da Google keine anderen Beispiele anführt, die belegen könnten, dass die Kommission Daten herangezogen habe, die Einnahmen aus Verträgen mit Website-Betreibern, die keine direkten All-Site-Partner waren, betroffen hätten – ist festzustellen, dass Google der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen kann, Einnahmen aus solchen Verträgen berücksichtigt zu haben. iii) Zur Berücksichtigung der GSA, die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthielten 590    Google wirft der Kommission vor, bei ihrer Beurteilung der Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA auch die Einnahmen aus GSA berücksichtigt zu haben, die die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthalten hätten, und zwar selbst dann, wenn die direkten Partner, die diese GSA geschlossen hätten, darin nicht alle ihre Websites einbezogen hätten. –       Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus den GSA, die die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthielten, bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 591    Wie oben aus Rn. 572 hervorgeht, hat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Bruttoeinnahmen aus den GSA berücksichtigt, die die Platzierungsklausel enthielten, um festzustellen, dass die Bruttoeinnahmen, die durch die mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA generiert worden seien, einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung ausgemacht hätten. 592    Google wirft der Kommission vor, bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel der GSA die Einnahmen berücksichtigt zu haben, die durch GSA mit Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln generiert worden seien. Insoweit erläutert sie, dass die Kommission, da sie im angefochtenen Beschluss drei gesonderte Zuwiderhandlungen gegen Art. 102 AEUV festgestellt habe, die sich aus der Einbeziehung der drei Klauseln, nämlich der Ausschließlichkeitsklausel, der Platzierungsklausel bzw. der Vorabgenehmigungsklausel, ergäben, die spezifische Markterfassung durch jede einzelne dieser Klauseln hätte berücksichtigen müssen. 593    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 594    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von Google nicht speziell die Einnahmen berücksichtigt hat, die durch die GSA generiert wurden, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, obwohl unstreitig ist, dass, wie in Nr. 4 des Rn. 630. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel enthielten. 595    Zweitens ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich oben aus Rn. 107 und 390 ergibt, bei ihrer Beurteilung der Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel alle Umstände des vorliegenden Falls und insbesondere den Umfang der Markterfassung durch diese Klausel berücksichtigen musste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 139). 596    Darüber hinaus kann die Abschottung eines erheblichen Teils des Marktes durch ein beherrschendes Unternehmen nicht mit dem Nachweis gerechtfertigt werden, dass der Teil des Marktes, der gewonnen werden kann, noch ausreichend Platz für eine begrenzte Zahl von Wettbewerbern bietet. Zum einen sollten die im abgeschotteten Teil des Marktes befindlichen Kunden von jedem auf dem Markt möglichen Grad an Wettbewerb profitieren können, und die Wettbewerber sollten auf dem gesamten Markt und nicht nur auf einem Teil davon in Leistungswettbewerb treten können. Zum anderen ist es nicht Sache des beherrschenden Unternehmens, zu bestimmen, wie viele konkurrenzfähige Wettbewerber um den Teil der Nachfrage, der noch gewonnen werden kann, konkurrieren dürfen (Urteil vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission, C‑549/10 P, EU:C:2012:221, Rn. 42). 597    Um festzustellen, ob der Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel unter den Umständen des vorliegenden Falls ausreichend war, damit diese Klausel eine Verdrängungswirkung entfalten konnte, musste die Kommission in diesem Zusammenhang zwangsläufig den Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung ermitteln, zu dem die Wettbewerber von Google ohne diese Klausel Zugang hätten erlangen können. 598    Einerseits hat die Kommission jedoch festgestellt, dass die Platzierungsklausel, wie oben in Rn. 78 und 82 im Wesentlichen dargelegt, geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, indem sie die Möglichkeiten der direkten Partner, konkurrierende Online-Suchmaschinenwerbung anzuzeigen, zumindest bis zu einem gewissen Grad eingeschränkt habe. 599    Insbesondere hat die Kommission im 630. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass sich die Ausschließlichkeits- und die Platzierungsklauseln einander insofern ergänzt hätten, als sie darauf abzielten, die direkten Partner davon abzuhalten, konkurrierende Werbung zu beziehen, und die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran zu hindern, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. Ferner hat sie in den Erwägungsgründen 335, 467, 630 Nr. 2, 712 und 718 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass Google selbst die Platzierungsklausel als eine gelockerte Ausschließlichkeitsklausel bezeichnet habe. Sie hat diese Klausel daher für geeignet gehalten, den Teil des Marktes einzuschränken, auf dem Google und ihre Wettbewerber miteinander hätten konkurrieren können. 600    Daraus folgt, dass die Platzierungsklausel nach Ansicht der Kommission geeignet war, den Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu beschränken, zu dem die Wettbewerber von Google Zugang erlangen konnten. 601    Zum anderen geht aus den Erwägungsgründen 89 und 335 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass Google ab März 2009 schrittweise dazu übergegangen war, in ihren GSA die Ausschließlichkeitsklausel insbesondere durch die Platzierungsklausel zu ersetzen, so dass diese Klauseln gleichzeitig verschiedene Teile des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erfassen konnten und sich im Zeitraum von März 2009 bis zum 31. März 2016 zumindest teilweise überschnitten. 602    Das Vorbringen von Google, mit dem diese im Wesentlichen geltend macht, dass die Kommission die Markterfassung durch die in den mit den direkten All-Site-Partnern enthaltene Ausschließlichkeitsklausel und die Markterfassung durch die Platzierungsklausel jeweils isoliert voneinander hätte prüfen müssen, würde hingegen darauf hinauslaufen, die Prüfung der Erfassung des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung künstlich anhand der Google zur Last gelegten Praktiken aufzuspalten und somit den tatsächlichen und rechtlichen Kontext außer Acht zu lassen, in den sich diese Praktiken einfügten und der insbesondere durch die allmähliche Ersetzung der Ausschließlichkeitsklausel durch die Platzierungsklausel gekennzeichnet war. Eine solche Aufspaltung hätte nämlich zur Folge, den Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA in den letzten Jahren, in denen diese Klausel angewendet wurde, rechnerisch zu verringern, dabei aber die Tatsache zu ignorieren, dass in diesen Jahren der durch die Platzierungsklausel erfasste Anteil des Marktes den durch die Ausschließlichkeitsklausel erfassten Anteil seit der Änderung der GSA-Mustervorlage im März 2009 schnell überholt hatte. Eine solche Aufspaltung würde daher nicht die wirtschaftliche Realität dieses Marktes zwischen 2009 und 2016 widerspiegeln. 603    Vorbehaltlich der im Rahmen des dritten Klagegrundes aufgeworfenen Frage, ob die Platzierungsklausel tatsächlich geeignet war, eine gegen Art. 102 AEUV verstoßende Verdrängungswirkung zu entfalten, kann daher nicht festgestellt werden, dass die Kommission allein deshalb einen Rechtsfehler begangen hat, weil sie die Markterfassung durch die Platzierungsklausel berücksichtigt hat, um zu bestimmen, ob der Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel ausreichte, die Wettbewerber von Google daran zu hindern, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. –       Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus den die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthaltenden GSA, die mit direkten Partnern geschlossen wurden, die nicht typischerweise alle ihre Websites in diese GSA einbezogen, bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 604    In den Erwägungsgründen 523 und 593 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission erläutert, dass sie die Zahl der direkten Partner, die ihrer Ansicht nach ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen, auf 34 reduziert habe, während 69 weitere (oben in Rn. 563 erwähnte) direkte Partner zumindest bestimmte ihrer Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt werde, in ihre die Ausschließlichkeitsklausel enthaltenden GSA einbezogen hätten. Daraus leitet sie ab, dass Google ihr zu Unrecht vorwerfe, alle GSA berücksichtigt zu haben, die die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthalten hätten, und nicht nur die GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hätten. 605    Google macht geltend, dass die Analyse der Kommission inkonsistent sei. Sie weist nämlich darauf hin, dass die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als mit Art. 102 AEUV unvereinbar angesehen habe, als diese Klausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten gewesen sei, während sie die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln als mit dieser Bestimmung unvereinbar angesehen habe, soweit sie in einem GSA gleich welcher Art enthalten gewesen seien. Sie wirft der Kommission darüber hinaus vor, bei der Beurteilung der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die Einnahmen aus allen GSA berücksichtigt zu haben, die die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthalten hätten, einschließlich derjenigen GSA, in die die direkten Partner nicht typischerweise alle ihre Websites einbezogen hätten. 606    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 607    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass aus dem 349. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, dass die 69 direkten Partner, auf die sich die Kommission in den Erwägungsgründen 523 und 593 dieses Beschlusses bezieht, diejenigen sind, die nicht angeben konnten, ob sie typischerweise alle ihre Websites, auf denen Online-Suchmaschinenwerbung angezeigt wird, in ihre GSA einbezogen hatten oder nicht. Es handelt sich somit um direkte Partner, bei denen die Kommission nicht im Einklang mit der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung hatte nachweisen können, dass sie ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen. 608    Daher beruht die Erläuterung der Kommission im 349. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass sie einem konservativen und für Google günstigen Ansatz gefolgt sei, allein auf der Möglichkeit, dass eine größere Zahl direkter Partner ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen haben könnte. Dagegen kann diesem Erwägungsgrund nicht entnommen werden, dass die Kommission davon ausgegangen sein könnte, dass die Ausschließlichkeitsklausel, die in den GSA enthalten war, in die die direkten Partner nicht typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, nach der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung gegen Art. 102 AEUV verstoße. 609    Unabhängig von der Frage, ob der Ansatz der Kommission, wie diese in Rn. 49 ihrer Klagebeantwortung vorträgt, „übermäßig konservativ und für Google günstig“ war, bleibt daher festzustellen, dass die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit den 69 oben in Rn. 607 erwähnten direkten Partnern geschlossenen GSA enthalten war, nicht für mit Art. 102 AEUV unvereinbar gehalten hat. 610    Zweitens ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Kommission im 455. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln für die direkten Partner weniger einschneidend waren als die Ausschließlichkeitsklausel, weil sie diesen Partnern zumindest in gewissem Umfang erlaubten, auf den in ihre GSA einbezogenen Websites gleichzeitig AFS und einen konkurrierenden Vermittlungsdienst für Online-Suchmaschinenwerbung zu nutzen. Außerdem hat die Kommission in den Erwägungsgründen 335, 467, 630 Nr. 2, 712 und 718 dieses Beschlusses auf eine Erklärung von Google hingewiesen, in der die Platzierungsklausel als eine gelockerte Ausschließlichkeitsklausel bezeichnet wurde. 611    Somit ist zwar in Übereinstimmung mit Google festzustellen, dass der angefochtene Beschluss in der Tat eine gewisse Asymmetrie aufweist, weil die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als mit Art. 102 AEUV unvereinbar angesehen hat, als sie in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, während sie die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln als mit derselben Bestimmung unvereinbar angesehen hat, soweit sie für alle direkten Partner galten, deren GSA solche Klauseln enthielten. 612    Bei der Prüfung, ob die Ausschließlichkeitsklausel gegen Art. 102 AEUV verstieß, brauchte die Kommission jedoch nicht nachzuweisen, dass diese Klausel die direkten All-Site-Partner tatsächlich im Sinne der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung verpflichtete, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google zu beziehen. 613    Nach der oben in Rn. 108 angeführten Rechtsprechung durfte sich die Kommission nämlich u. a. auf den Nachweis beschränken, dass die Ausschließlichkeitsklausel geeignet war, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 614    Zu diesem Zweck musste die Kommission nach der oben in Rn. 595 angeführten Rechtsprechung die Gesamtheit der Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigen. Um festzustellen, ob der Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA ausreichte, um diese Klausel als geeignet anzusehen, den Wettbewerb zu beschränken, durfte die Kommission als relevanten Umstand berücksichtigen, dass der Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung, der durch die Ausschließlichkeitsklausel nicht erfasst wurde, teilweise durch die Platzierungsklausel erfasst wurde, was die Möglichkeiten der mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu diesem Markt zu erlangen, einschränkte. 615    Daher konnte der Umstand, dass die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als mit Art. 102 AEUV unvereinbar angesehen hat, als diese Klausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, die Kommission nicht daran hindern, die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln ebenfalls als mit dieser Bestimmung unvereinbar anzusehen, soweit sie für alle direkten Partner galten, deren GSA solche Klauseln enthielten. 616    Zum einen folgt daraus, dass der angefochtene Beschluss nicht allein deshalb als widersprüchlich angesehen werden kann, weil die Kommission die Ausschließlichkeitsklausel nur insoweit als mit Art. 102 AEUV unvereinbar angesehen hat, als sie in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, während sie die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln als mit derselben Bestimmung unvereinbar angesehen hat, soweit sie für alle direkten Partner galten, deren GSA solche Klauseln enthielten. 617    Zum anderen kann Google – vorbehaltlich der im Rahmen des dritten Klagegrundes aufgeworfenen Frage, ob die Platzierungsklausel tatsächlich geeignet war, eine gegen Art. 102 AEUV verstoßende Verdrängungswirkung zu entfalten – nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel zu Unrecht die GSA berücksichtigt habe, die die Platzierungsklausel enthalten hätten, einschließlich derjenigen GSA, in die die direkten Partner nicht alle ihre Websites einbezogen hätten. iv)    Zur Berücksichtigung direkter Partner, die nicht alle ihre Websites in ihre die Ausschließlichkeitsklausel enthaltenden GSA einbezogen hatten, bei der Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch diese Klausel 618    Google beanstandet, dass die Kommission bestimmte Marktteilnehmer als „direkte All-Site-Partner“ eingestuft habe. Sie macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen und folglich ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google bezogen hätten. Sie folgert daraus, dass die Kommission die Einnahmen aus den GSA, die mit direkten Partnern geschlossen worden seien, die ihren gesamten Bedarf oder einen erheblichen Teil davon ausschließlich von ihr bezogen hätten, zu hoch angesetzt habe. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die Kommission, auch wenn sie sich auf die im angefochtenen Beschluss angegebenen Daten gestützt habe, den Umstand hätte berücksichtigen müssen, dass im EWR ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung für andere Vermittler „verfügbar“ geblieben sei. 619    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Frage, ob „erhebliche“ Einnahmen, die im EWR aus Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung erzielt wurden, für die Wettbewerber von Google „verfügbar“ blieben, im 395. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses als irrelevant angesehen hat. Sie hat es nämlich für ausreichend gehalten, dass die Bruttoeinnahmen aus den mit den direkten All-Site-Partnern abgeschlossenen GSA zwischen 2006 und 2015 einen erheblichen Teil des Marktes für diese Dienstleistungen ausgemacht hätten. 620    Erstens ist der Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung, der nicht durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit direkten All-Site-Partnern abgeschlossenen GSA erfasst wurde, entgegen der Ansicht von Google nicht notwendigerweise für deren Wettbewerber „verfügbar“ geblieben. Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt hat, wurde dieser Teil des Marktes nämlich ab März 2009 teilweise durch die Platzierungsklausel erfasst, die ab diesem Zeitpunkt schrittweise an die Stelle der Ausschließlichkeitsklausel trat. Wie sich oben aus Rn. 598 und unten aus Rn. 767 ergibt, behielt die Platzierungsklausel die Bereiche der Ergebnisseiten, die am besten sichtbar waren, der Werbung von Google vor. 621    Zweitens kann die Abschottung eines erheblichen Teils des Marktes durch ein beherrschendes Unternehmen, wie oben in Rn. 596 ausgeführt, nicht mit dem Nachweis gerechtfertigt werden, dass der Teil des Marktes, der gewonnen werden kann, noch ausreichend Platz für eine begrenzte Zahl von Wettbewerbern bietet. 622    Wie die Kommission geltend macht, konnte daher der Umstand, dass ein erheblicher Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA erfasst wurde, grundsätzlich ausreichen, um eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 623    In dieser Hinsicht hat die Kommission in Tabelle 13 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit allen in diesem Beschluss genannten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, folgenden Umfang hatte: Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Markt-erfassung [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % 624    Wie oben in Rn. 450 festgestellt, machen Google und Surfboard geltend, dass elf der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner zumindest einen erheblichen Teil ihres Bedarfs nicht ausschließlich von Google bezogen hätten. Bei diesen handelt es sich um [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], Surfboard, [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich]. 625    Im Interesse der Verfahrensökonomie stellt das Gericht fest, dass sich nach dem für Google günstigsten Szenario – d. h. unter der Annahme, dass von dem im angefochtenen Beschluss festgestellten Umfang der Markterfassung derjenige abgezogen werden muss, der auf die mit den elf von Google und Surfboard genannten direkten Partnern geschlossenen GSA entfällt – aus Tabelle 13 des angefochtenen Beschlusses folgender Umfang der Markterfassung durch die GSA ergeben würde, die mit den anderen im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partnern geschlossen wurden: Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Markter-fassung [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % [ver-trau-lich] % 626    Insoweit ist festzustellen, dass in diesem für Google günstigsten Szenario der – vor allem ab 2010 – relativ geringe Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den All-Site-Partnern geschlossenen GSA unter Berücksichtigung der oben in Rn. 601 dargelegten Erwägungen insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass die Ausschließlichkeitsklausel nach der Änderung der GSA-Mustervorlage im März 2009 schrittweise durch die Platzierungsklausel ersetzt wurde. 627    Darüber hinaus steht fest, dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die erst ab März 2009 eingeführte Platzierungsklausel enthielten, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zwischen 2009 und 2015 ausmachten. 628    Hierzu hat die Kommission in Tabelle 25 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass sich der kombinierte Umfang der Markterfassung durch die in den mit allen in diesem Beschluss genannten direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel einerseits und durch die Platzierungsklausel andererseits wie folgt darstellte: Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Kombinierter Umfang der Markterfassung [vertraulich] % [vertraulich] % [vertraulich] % [vertraulich] % [vertraulich] % [vertraulich] % [vertraulich] % 629    Geht man jedoch von dem für Google günstigsten Szenario aus, nämlich demjenigen, in dem der Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den genannten direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA zwischen 2006 und 2012 den oben in Rn. 625 angegebenen Werten entsprochen hätte und zwischen 2013 und 2015 gleich Null gewesen wäre, was Google jedoch nicht behauptet, würde sich aus Tabelle 24 des angefochtenen Beschlusses der folgende kombinierte Gesamtumfang der Markterfassung durch die Platzierungsklausel und die Ausschließlichkeitsklausel ergeben: Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Kombinierter Umfang der Markt-erfassung [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau–lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % 630    Selbst unter Zugrundelegung der für Google günstigsten Daten folgt daraus zum einen, dass im Zeitraum zwischen 2006 und 2008, der der Einführung der Platzierungsklausel in den GSA vorausging, der Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel, die in den GSA enthalten war, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, zwischen [vertraulich] % im Jahr 2007 und [vertraulich] % im Jahr 2008 lag. Zum anderen ergibt sich daraus für den Zeitraum, in dem die Platzierungsklausel galt, d. h. zwischen 2009 und 2015, ein kombinierter Umfang der Markterfassung durch diese beiden Klauseln zwischen [vertraulich] % im Jahr 2009 und [vertraulich] % im Jahr 2012. 631    Somit ist festzustellen, dass selbst nach dem für Google günstigsten Szenario der kombinierte Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, einerseits und durch die Platzierungsklausel andererseits ausreichen konnte, um diese Klauseln als geeignet anzusehen, zwischen 2006 und 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 632    Daraus folgt, dass Google nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hätten, schon deshalb nicht geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, weil ein erheblicher Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zwischen 2006 und 2015 nicht durch diese Klauseln erfasst worden sei. v)      Zu den im Jahr 2016 erzielten Einnahmen aus den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossen GSA 633    Google wirft der Kommission vor, nicht untersucht zu haben, welchen Umfang die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA sowie die Markterfassung durch die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel im Jahr 2016 erreicht hätten. 634    Die Kommission macht zum einen geltend, dass aus den Erwägungsgründen 388 und 457 sowie aus Tabelle 15 des angefochtenen Beschlusses hervorgehe, dass [vertraulich], einer der drei größten direkten Partner unter den 34 in diesem Beschluss aufgeführten direkten All-Site-Partnern, bis zum 31. März 2016 Vertragspartei eines GSA geblieben sei, der eine Ausschließlichkeitsklausel enthalten habe. Zum anderen weist sie darauf hin, dass aus den Erwägungsgründen 99 bis 106, 564 und 633 dieses Beschlusses hervorgehe, dass Google am 6. September 2016 den letzten direkten Partner über ihre Entscheidung, auf die Anwendung der Platzierungsklausel zu verzichten, informiert habe. Sie fügt hinzu, dass eine Reihe von direkten Partnern, darunter auch wichtige direkte Partner, bis zum 3. Juni 2016 Vertragsparteien eines GSA gewesen seien, der diese Klausel enthalten habe. 635    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 594 festgestellt, bei der Beurteilung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA nicht speziell die Einnahmen berücksichtigt hat, die durch die GSA generiert wurden, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, obwohl unstreitig ist, dass, wie Google erklärt, alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel enthielten. 636    Dagegen ist in Übereinstimmung mit Google festzustellen, dass der angefochtene Beschluss nicht angibt, in welchem Umfang der Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im Jahr 2016 durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA einerseits und durch die Platzierungsklausel andererseits erfasst wurde, obwohl er die Feststellung enthält, dass jede dieser Klauseln bis zum 31. März 2016 bzw. bis zum 6. September 2016 einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dargestellt habe. –       Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 637    In Bezug auf die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA ist festzustellen, dass die Kommission lediglich auf die Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses verweist, aus denen hervorgeht, dass der letzte GSA, der diese Klausel enthielt und in den einer dieser direkten Partner, nämlich [vertraulich], typischerweise alle seine Websites einbezogen hatte, am 31. März 2016 ausgelaufen war. 638    Die Kommission behauptet zwar in der Klagebeantwortung, dass [vertraulich] „einer der drei wichtigsten [direkten Partner]“ unter den direkten All-Site-Partnern gewesen sei. Insoweit genügt jedoch die Feststellung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss keine Angaben gemacht hat, die es ermöglicht hätten, die Höhe der speziell im Jahr 2016 erzielten Einnahmen aus dem mit diesem direkten Partner geschlossenen GSA zu beurteilen. Insbesondere hat sie sich auf die Feststellung beschränkt, dass auf die Websites von [vertraulich] zwischen 2006 und 2012 durchschnittlich [vertraulich] % der Bruttoeinnahmen von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR entfallen seien, während sie im Übrigen festgestellt hat, für diese Websites habe die Ausschließlichkeitsklausel vom 15. Mai 2003 bis zum 31. März 2016 gegolten. 639    Da die Kommission außer [vertraulich] keinen anderen direkten Partner ermittelt hat, der im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2016 typischerweise alle seine Websites in einen GSA mit der Ausschließlichkeitsklausel einbezogen hatte, ist somit festzustellen, dass die Kommission auch nicht nachgewiesen hat, dass diese Klausel aufgrund ihrer Markterfassung in diesem Zeitraum eine Verdrängungswirkung entfalten konnte, und zwar unabhängig davon, ob diese Klausel, wie Google geltend macht, so wie sie in den im 348. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten GSA formuliert war, [vertraulich] dazu verpflichtete, ihren gesamten Bedarf oder einen erheblichen Teil davon ausschließlich von Google zu beziehen. –       Zur Platzierungsklausel 640    In Bezug auf die Platzierungsklausel ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss lediglich festgestellt hat, dass Google ihr zum einen am 28. Mai 2016 mitgeteilt habe, dass sie diese Klausel zu ändern gedenke, und zum anderen am 9. September 2016, dass sie zu diesem Zweck [vertraulich] Schreiben an alle direkten Partner gesandt habe. Die Kommission hat in diesem Beschluss jedoch keine Beweise vorgelegt, die es ermöglicht hätten, den Umfang der Markterfassung durch die GSA, die die in Rede stehende Klausel enthielten, für das Jahr 2016 zu beurteilen. Die in der Klagebeantwortung aufgestellte Behauptung der Kommission, dass bis zum 3. Juni 2016 noch neun direkte Partner solchen GSA unterworfen gewesen seien, ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. 641    Somit hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeits- und Platzierungsklauseln die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler im Jahr 2016 daran hindern konnten, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. vi)    Zum Datenverkehr der Websites, die unter die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA fielen 642    Google macht geltend, dass die oben in Rn. 576 erwähnte Microsoft-Studie es nicht ermögliche, die Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA zu beurteilen, weil zum einen bestimmte in dieser Studie aufgeführte Websites dieser Klausel nicht unterworfen gewesen seien und zum anderen der untersuchte Zeitraum und die Anzahl der Mitgliedstaaten begrenzt gewesen seien. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die Zahl der Besuche einer Website nicht unbedingt ein zuverlässiger Indikator für die Zahl der auf dieser Website durchgeführten Online-Suchanfragen und folglich auch nicht für die durch diese Website generierten Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung sei. Sie weist insoweit darauf hin, dass aus einer späteren Aktualisierung dieser Studie hervorgehe, dass die Websites, die die Dienste von Microsoft nutzten, mehr Besuche erhalten hätten als die Websites, die die Dienste von Google nutzten. 643    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 644    Im 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission auf der Grundlage der Microsoft-Studie festgestellt, dass „einige“ der meistbesuchten Websites im EWR unter die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA gefallen seien. 645    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben aus Rn. 623 hervorgeht, im angefochtenen Beschluss den genauen Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, auf der Grundlage der durch diese GSA generierten Bruttoeinnahmen ermittelt hat. 646    Die im 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnte Microsoft-Studie belegt, dass Google im Jahr 2010 zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % der meistbesuchten Webdomänen in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und im Vereinigten Königreich mit Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung versorgte. Zwar bezieht sich diese Studie, wie Google ausführt, nur auf ein Jahr des Zeitraums der Zuwiderhandlung und auf fünf Mitgliedstaaten. Ebenso weist Google zu Recht darauf hin, dass diese Studie es nicht ermöglicht, den Datenverkehr zu ermitteln, der speziell von den Websites erzeugt wurde, die unter die Ausschließlichkeitsklausel in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA fielen. Schließlich weist sie zu Recht darauf hin, dass die Zahl der Besuche einer Website nicht unbedingt ein zuverlässiger Indikator für die Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung ist. 647    Das ändert aber nichts daran, dass die Microsoft-Studie einen zusätzlichen Anhaltspunkt darstellt, der es ermöglicht, den Umfang der von Google erbrachten Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung sowie der Erfassung des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch diese Klausel zu beurteilen, da es sich erstens um fünf der größten EWR-Mitgliedstaaten handelt, zweitens unstreitig ist, dass zumindest einige der in dieser Studie untersuchten Websites der Ausschließlichkeitsklausel unterlagen, die in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, und drittens eine gewisse Korrelation zwischen der Zahl der Besuche einer Website und den Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung besteht. 648    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des Vorbringens von Google bedarf, ist somit festzustellen, dass sich die Kommission auf die Microsoft-Studie als ein Indiz stützen konnte, das ihre Analyse des Umfangs der Markterfassung untermauert. 649    Jedenfalls hat die Kommission ihre Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA nicht auf die Microsoft-Studie gestützt, so dass die Argumente, die Google in dieser Hinsicht vorbringt, selbst dann keine Auswirkungen auf die von der Kommission vorgenommene Berechnung dieses Umfangs hätten, wenn sie stichhaltig wären. vii) Ergebnis zur Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 650    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission selbst im für Google günstigsten Fall in Anbetracht der aus den oben in Rn. 602 dargelegten Gründen zu berücksichtigenden Markterfassung durch die Platzierungsklausel zu Recht zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, ausreichen konnte, um diese Klausel als geeignet anzusehen, zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. Dezember 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten.  Dagegen hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel aufgrund ihrer Markterfassung eine solche Wirkung zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2016 entfalten konnte. 3)      Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 651    Im 433. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso effizient wie Google sei, vom Markt zu verdrängen. Erstens hätten die von diesen GSA zwischen 2006 und 2009 generierten Einnahmen nämlich zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht. Zweitens hätten die Einnahmen aus diesen GSA und denjenigen, die die Platzierungsklausel enthielten, zwischen 2009 und 2015 zusammen zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht. Drittens habe Google zwischen 2006 und 2016 einen „sehr großen“ Marktanteil gehabt. Viertens sei dieser Markt durch Netzwerkeffekte geprägt gewesen. 652    Die Kommission hat zudem im 434. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass es „fraglich“ sei, ob während der Geltungsdauer der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der ebenso effizient wie Google gewesen wäre. Schließlich hat sie die Frage, ob Google eine Strategie verfolgte, die auf die Verdrängung ebenso effizienter Wettbewerber wie Google selbst gerichtet war, für nicht relevant gehalten. 653    Google macht geltend, die Kommission habe weder nachgewiesen, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso effizienter Wettbewerber wie Google hätte entstehen können, noch dass ein solcher Wettbewerber wahrscheinlich von diesem Markt verdrängt worden wäre. Surfboard fügt hinzu, dass diese Klausel sie nicht daran gehindert habe, konkurrierende Werbung zu beziehen, soweit sie die Dienste eines konkurrierenden Vermittlers für attraktiv gehalten habe. Sie weist darauf hin, dass sie für eine ihrer Websites tatsächlich Werbung von Yahoo! bezogen habe. i)      Vorbemerkungen 654    Google macht geltend, dass sich die Kommission zu Unrecht darauf beschränkt habe, es für „fraglich“ zu halten, ob während der Geltungsdauer der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der so effizient wie Google gewesen wäre. Nach ihrer Ansicht musste die Kommission nämlich nachweisen, dass eine Wettbewerbsbeschränkung „wahrscheinlich“ war. 655    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 656    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 433. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf der Grundlage der vier oben in Rn. 651 genannten Faktoren zu dem Schluss gelangt ist, dass die Ausschließlichkeitsklausel „geeignet“ gewesen sei, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso effizient wie Google sei, vom Markt zu verdrängen, und dass sie es im 432. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf der Grundlage derselben Faktoren als „fraglich“ bezeichnet hat, ob ein solcher Wettbewerber während der Geltungsdauer der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA hätte entstehen können. 657    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Argumentation von Google rein terminologischer Art ist und der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, zu dem Schluss gekommen zu sein, dass ein Verhalten, das „geeignet“ war, einen ebenso effizienten Wettbewerber wie Google vom Markt zu verdrängen, das Auftreten eines solchen Wettbewerbers „fraglich“ machte. ii)    Zu den für die Anwendung des Tests des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers relevanten Faktoren 658    Google macht geltend, dass keiner der im 433. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Faktoren belegen könne, dass im vorliegenden Fall das Auftreten eines ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers wie Google „praktisch unmöglich“ gewesen sei oder dieser Wettbewerber wahrscheinlich vom Markt verdrängt worden wäre. So ist sie erstens der Ansicht, dass die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als solche nicht ausreiche, um feststellen zu können, ob ein solcher Wettbewerber in der Lage gewesen wäre, „rentabel“ mit ihr zu konkurrieren, und dass sich dieser Wettbewerber jedenfalls jederzeit Zugang zu einem erheblichen Teil des relevanten Marktes hätte verschaffen können. Zweitens macht sie geltend, dass die Kommission den Umfang dieser Markterfassung künstlich erweitert habe, indem sie die Einnahmen direkter Partner berücksichtigt habe, die der Platzierungsklausel unterworfen gewesen seien, aber nicht alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten. Drittens wirft sie der Kommission vor, zum einen ihre Marktanteile zu hoch eingeschätzt zu haben und zum anderen keinen Kausalzusammenhang zwischen ihren Marktanteilen, der „Position ebenso leistungsfähiger Wettbewerber“ und dieser Ausschließlichkeitsklausel nachgewiesen zu haben. Viertens ist sie der Ansicht, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass der Umstand, dass der relevante Markt durch Netzwerkeffekte geprägt gewesen sei, ein Beweis dafür sein könne, dass ein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google in diesen Markt nicht hätte eindringen können. 659    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 660    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers in der Prüfung besteht, ob die Praktiken eines Unternehmens in beherrschender Stellung einen Wettbewerber, der genauso leistungsfähig ist wie dieses Unternehmen, vom Markt zu verdrängen drohen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 53). Dieser Begriff bezieht sich somit in der Praxis auf verschiedene Tests, bei denen es sich um eine Beurteilung der Eignung einer Praxis handelt, wettbewerbswidrige Verdrängungswirkungen zu entfalten, indem auf die Fähigkeit eines hypothetischen Wettbewerbers des Unternehmens in beherrschender Stellung, der hinsichtlich der Kostenstruktur ebenso effizient ist, den Kunden – ohne selbst dadurch Verluste zu erleiden – einen hinreichend günstigen Preis zu bieten, um sie trotz der entstehenden Nachteile zu einem Lieferantenwechsel zu veranlassen, abgestellt wird. Diese Fähigkeit wird im Allgemeinen anhand der Kostenstruktur des Unternehmens in beherrschender Stellung selbst bestimmt (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 56). 661    Ein derartiger Test kann aber insbesondere bei bestimmten nicht tarifären Praktiken wie z. B. einer Lieferverweigerung unangemessen sein oder wenn der fragliche Markt durch hohe Zugangsschranken geschützt ist. Im Übrigen ist ein solcher Test nur eine von mehreren Methoden, mit der beurteilt werden kann, ob eine Praxis geeignet ist, Verdrängungswirkungen zu entfalten, wobei diese Methode zudem nur den Preiswettbewerb berücksichtigt. Insbesondere kann die Verwendung anderer Ressourcen als derjenigen, die den Leistungswettbewerb regeln, durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung unter bestimmten Umständen ausreichen, um das Vorliegen eines solchen Missbrauchs festzustellen (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 57). 662    Selbst bei Vorliegen nicht tarifärer Praktiken kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Test relevant ist. Ein derartiger Test kann sich nämlich als nützlich erweisen, wenn die Folgen der in Rede stehenden Praxis quantifiziert werden können. Insbesondere bei Ausschließlichkeitsklauseln kann ein solcher Test theoretisch dazu dienen, zu bestimmen, ob ein hypothetischer Wettbewerber mit einer Kostenstruktur, die der des Unternehmens in beherrschender Stellung entspricht, seine Waren oder Leistungen anders als mit Verlust oder mit unzureichender Spanne anbieten könnte, wenn er die Entschädigungen, die die Vertriebshändler zu zahlen hätten, um den Lieferanten zu wechseln, oder die Verluste tragen müsste, die diese nach einer solchen Änderung infolge des Entzugs der zuvor eingeräumten Rabatte erleiden würden (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 59). 663    Wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung, das einer missbräuchlichen Praxis verdächtigt wird, der Kommission eine Analyse vorlegt, die auf einem Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers beruht, kann die Kommission diesen Beweis folglich nicht außer Acht lassen, ohne auch nur dessen Beweiswert zu prüfen (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 60). 664    Dennoch lässt sich aus Art. 102 AEUV oder der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Rechtspflicht herleiten, die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer von einem marktbeherrschenden Unternehmen angewandten Praxis stets auf den Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers zu stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 57). 665    Daraus folgt, dass die Kommission sich darauf beschränken durfte, die Eignung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, anhand mehrerer relevanter Faktoren nachzuweisen, ohne sich zu diesem Zweck notwendigerweise auf den Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers stützen zu müssen. 666    Im vorliegenden Fall konnten schon der Wortlaut der Ausschließlichkeitsklausel, der die direkten All-Site-Partner grundsätzlich daran hinderte, konkurrierende Werbung anzuzeigen, und die im 433. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Faktoren – nämlich zum einen die Tatsache, dass diese Klausel, wie oben in Rn. 650 ausgeführt, zusammen mit der Platzierungsklausel einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erfasste, und zum anderen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google, das sich insbesondere aus ihren sehr hohen Marktanteilen sowie aus den Marktzutritts- und Expansionsschranken, insbesondere in Form von Netzwerkeffekten, ergab – als Beleg dafür dienen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet sein konnte, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig wie Google war, vom Markt zu verdrängen. Folglich konnten diese Faktoren auch aufzeigen, dass es „fraglich“ war, ob ein solcher Wettbewerber während der Geltungsdauer dieser Klausel hätte entstehen können. 667    Unter diesen Umständen und im Einklang mit der oben in Rn. 663 angeführten Rechtsprechung wäre die Kommission – wenn Google im Verwaltungsverfahren eine Analyse vorgelegt hätte, die auf einem Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers im Sinne der oben in Rn. 660 angeführten Rechtsprechung beruhte, was im Folgenden zu untersuchen ist – verpflichtet gewesen, diese Analyse zu prüfen. iii) Zu den von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beweisen 668    Google macht geltend, dass die Beweise, die sie im Verwaltungsverfahren vorgelegt habe, um zu zeigen, dass ein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie sie selbst hätte entstehen können, von der Kommission nicht berücksichtigt worden seien. Insbesondere weist sie darauf hin, dass direkte Partner sich dafür entschieden hätten, Online-Suchmaschinenwerbung von bestimmten ihrer Wettbewerber zu beziehen. 669    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 670    Hierzu ist festzustellen, dass Google in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte neun von verschiedenen Website-Betreibern, darunter [vertraulich] und [vertraulich], durchgeführte Ausschreibungen ermittelt hatte, die sie zwischen dem letzten Quartal 2006 und dem zweiten Quartal 2007 sowie in den Jahren 2015 und 2016 an [vertraulich], [vertraulich] oder Microsoft verloren hatte. Darüber hinaus geht aus Anlage A.45 zur Klageschrift hervor, dass die Akte der Kommission offenbar Beweise dafür enthielt, dass [vertraulich] zwischen 2006 und 2015 einen Teil ihres Bedarfs, der im Jahr 2008 bis zu [vertraulich] % dieses Bedarfs erreicht haben soll, weiterhin von anderen Vermittlern bezogen hatte. 671    Somit trifft es zwar zu, dass Google der Kommission im Verwaltungsverfahren einige vereinzelte und isolierte Beispiele dafür geliefert hat, dass direkte Partner es vorgezogen hatten, ihren Bedarf von anderen Vermittlern statt von ihr zu beziehen, was aber nichts daran ändert, dass diese Beispiele keine Analyse darstellen, die auf dem Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers im Sinne der oben in Rn. 663 angeführten Rechtsprechung beruht. Außerdem steht fest, dass Google weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Gericht eine Analyse im Sinne dieser Rechtsprechung vorgelegt hat. 672    Jedenfalls reichen die von Google angeführten vereinzelten Beispiele in Ermangelung zusätzlicher Erläuterungen nicht aus, um zu belegen, dass mindestens ebenso leistungsfähige Wettbewerber wie Google hätten entstehen können. 673    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, um die Missbräuchlichkeit eines Verhaltens nachzuweisen, nicht notwendigerweise beweisen muss, dass dieses Verhalten tatsächlich wettbewerbswidrige Wirkungen erzeugt hat. Art. 102 AEUV soll nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen ahnden, unabhängig davon, ob sich eine solche Ausnutzung als erfolgreich erwiesen hat oder nicht (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 41). 674    Daher kann der Umstand, dass bestimmte mit Google im Wettbewerb stehende Vermittler einige Ausschreibungen von Website-Betreibern gewinnen konnten, nicht ausschließen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit 34 direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, eine gegen Art. 102 AEUV verstoßende Verdrängungswirkung zu entfalten. Schließlich kann die Tatsache, dass sich die direkten Partner dafür entscheiden konnten, AFS nicht zu nutzen, es ohne Abschluss eines GSA zu nutzen oder nur die von ihnen gewünschten Websites in ihre GSA aufzunehmen, nicht die Beurteilung der Kommission in Frage stellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, einen mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber wie Google vom Markt zu verdrängen. Wie oben aus Rn. 582 hervorgeht, war diese Klausel nämlich nach Abschluss dieser GSA geeignet, die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler während der vorgesehenen Geltungsdauer dieser GSA daran zu hindern, ihre Dienstleistungen für diese direkten Partner zu erbringen. 675    Daher kann die Tatsache, dass Google während des Zeitraums der Zuwiderhandlung einige Ausschreibungen verloren hat, nicht die Beurteilung der Kommission in Frage stellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, einen mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber wie Google vom Markt zu verdrängen. iv)    Zum Vorliegen einer Strategie, die darauf abzielte, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt zu verdrängen 676    Google wirft der Kommission vor, das Fehlen einer Strategie, die darauf abzielte, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt zu verdrängen, im vorliegenden Fall als irrelevant angesehen zu haben. 677    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 678    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass die Kommission bei der Prüfung, ob ein Verhalten geeignet ist, Verdrängungswirkungen zu entfalten, insbesondere verpflichtet ist, das Vorliegen einer eventuellen Strategie zur Verdrängung der mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 139). Entgegen dem Vorbringen von Google kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission systematisch das Vorliegen einer solchen Strategie nachweisen müsse, um eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festzustellen. 679    Auch wenn das Vorliegen einer etwaigen wettbewerbswidrigen Absicht einer der zahlreichen tatsächlichen Umstände ist, die berücksichtigt werden können, um einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung festzustellen, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Kommission für die Zwecke der Anwendung des Art. 102 AEUV keineswegs den Nachweis einer solchen Absicht des Unternehmens in beherrschender Stellung erbringen muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission, C‑549/10 P, EU:C:2012:221, Rn. 20 und 21, sowie vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 162). 680    Daraus folgt, dass die Behauptung von Google, sie habe nicht beabsichtigt, einen ebenso leistungsfähigen Wettbewerber wie sie selbst vom Markt zu verdrängen, nicht geeignet ist, die im angefochtenen Beschluss festgestellten Verdrängungswirkungen in Frage zu stellen. 681    Daher kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, zum einen nicht nachgewiesen zu haben, dass Google eine auf die Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie sie selbst gerichtete Strategie verfolgt habe, und zum anderen nicht berücksichtigt zu haben, dass Google eine Verdrängung solcher Wettbewerber vom Markt nicht beabsichtigt haben soll. v)      Ergebnis zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 682    In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen kann Google trotz der von ihr vorgelegten Beweise und des behaupteten Fehlens einer von ihr insoweit verfolgten Strategie nicht mit Erfolg geltend machen, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können oder dass ein solcher Wettbewerber wahrscheinlich von diesem Markt verdrängt worden wäre. 4)      Zur Dauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht bestimmter direkter Partner 683    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die direkten All-Site-Partner der Ausschließlichkeitsklausel über einen langen Zeitraum zwischen einem Jahr und mehr als zehn Jahren unterworfen gewesen seien. Ferner hat sie im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass der Umstand, dass die einzeln betrachtete Laufzeit der mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA kurz gewesen sei, d. h. in der Regel weniger als zwei Jahre betragen habe, irrelevant sei, weil eine erhebliche Zahl dieser GSA – zum Teil mehrfach – ohne wesentliche Änderungen verlängert worden sei. Schließlich hat sie darauf hingewiesen, dass das einseitige Kündigungsrecht eines direkten Partners die Anwendung der Ausschließlichkeitsklausel erst dann verhindere, wenn dieser direkte Partner von diesem Recht Gebrauch gemacht habe. 684    Google macht geltend, dass die verschiedenen Vermittler bei der Aushandlung oder Neuverhandlung der GSA sowie in Fällen, in denen ein einseitiges Kündigungsrecht habe ausgeübt werden können, in einen Leistungswettbewerb mit ihr hätten treten können. Sie wirft der Kommission daher vor, zum einen die Gesamtdauer der Geschäftsbeziehung mit den direkten All-Site-Partnern mit der Dauer der einzelnen mit diesen Partnern geschlossenen GSA verwechselt und zum anderen die einseitigen Kündigungsrechte nicht berücksichtigt zu haben. 685    Insoweit stellt Google klar, dass die meisten GSA eine Laufzeit von zwei Jahren oder weniger gehabt hätten, so dass beispielsweise im Jahr 2011 GSA, auf die [vertraulich] % des gesamten von AFS im EWR erzielten Umsatzes entfallen seien, innerhalb der folgenden zwei Jahre hätten erneuert  werden müssen. Darüber hinaus trägt sie vor, dass fast ein Drittel dieser direkten Partner einseitige Kündigungsrechte ausgehandelt hätten. Schließlich weist sie darauf hin, dass sich die direkten Partner jederzeit hätten entscheiden können, für die nicht in ihre GSA einbezogenen Websites einen konkurrierenden Vermittlungsdienst für Online-Suchmaschinenwerbung in Anspruch zu nehmen. 686    Surfboard macht geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass Surfboard in den acht Jahren, in denen sie AFS genutzt habe, vier verschiedene GSA geschlossen und mindestens zehn Erneuerungen oder Änderungen vorgenommen worden seien, was durchschnittlich mehr als einer Änderung pro Jahr entspreche. Sie führt in diesem Zusammenhang aus, dass diese verschiedenen Verhandlungen ihr die Möglichkeit gegeben hätten, ihre GSA zu kündigen und aufgrund des Wettbewerbs viele Vorteile von Google zu erhalten. 687    Die Kommission macht geltend, dass Google zu Unrecht behaupte, dass die anderen Vermittler bei der Erneuerung der GSA mit ihr in Wettbewerb hätten treten können. Erstens sei die Behauptung, dass im Jahr 2011 GSA, auf die [vertraulich] % des Umsatzes von AFS im EWR entfallen seien, in den folgenden zwei Jahren hätten erneuert werden müssen, insofern irrelevant, als sich diese Behauptung nicht nur auf die mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, sondern auf alle GSA bezogen habe. Zweitens gehe aus Anlage A.46 zur Klageschrift hervor, dass die anderen Vermittler faktisch keine Möglichkeit gehabt hätten, aus Anlass der Erneuerung der von 29 der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner geschlossenen GSA mit Google in Wettbewerb zu treten. Entweder seien diese GSA nämlich verlängert worden, „bevor sie zur Erneuerung anstanden“, oder die betroffenen direkten Partner hätten nur einen einzigen GSA abgeschlossen, der nie „zur Erneuerung an[ge]stand[en]“ habe. Drittens sei zum einen irrelevant, dass direkte Partner ein einseitiges Kündigungsrecht gehabt hätten, weil die Ausschließlichkeitsklausel bis zur Ausübung dieses Rechts anwendbar geblieben sei. Zum anderen gehe jedenfalls aus Anlage A.46 zur Klageschrift hervor, dass keiner der direkten All-Site-Partner ein solches Recht jederzeit hätte ausüben können. 688    Darüber hinaus macht die Kommission geltend, dass Google ihr erstmals in der Erwiderung vorwerfe, im angefochtenen Beschluss „keine Untersuchung der Laufzeiten aller GSA“, die die Ausschließlichkeitsklausel enthielten, vorgenommen zu haben, so dass dieses Vorbringen verspätet und folglich unzulässig sei. 689    In Bezug auf Surfboard weist die Kommission darauf hin, dass dieses Unternehmen seine GSA in dem im angefochtenen Beschluss genannten Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2010 in keiner Weise geändert habe. Außerdem habe Surfboard während dieses Zeitraums kein jederzeitiges Kündigungsrecht gehabt. i)      Zur Zulässigkeit des Vorbringens von Google 690    Nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. 691    Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und das in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden. Um als Erweiterung eines Klagegrundes oder einer Rüge, die bereits vorgetragen worden sind, angesehen werden zu können, muss ein neues Vorbringen mit den ursprünglich in der Klageschrift dargelegten Klagegründen oder Rügen einen so engen Zusammenhang aufweisen, dass es als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden kann (Urteil vom 8. Juli 2020, VQ/EZB, T‑203/18, EU:T:2020:313, Rn. 56). 692    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass Google der Kommission in Rn. 86 der Klageschrift vorwirft, nicht berücksichtigt zu haben, dass konkurrierende Vermittler bei der Aushandlung oder Neuverhandlung eines GSA oder im Fall eines vorgesehenen einseitigen Kündigungsrechts mit Google um die gesamte Nachfrage eines direkten Partners oder einen Teil davon hätten konkurrieren können. Darüber hinaus macht Google in Rn. 99 der Klageschrift und in deren Anlage A.46 geltend, dass die Kommission statt der Dauer der Geschäftsbeziehung von Google mit den direkten All-Site-Partnern die Laufzeit jedes einzelnen GSA hätte berücksichtigen müssen. 693    Daher ist in Anbetracht der oben in Rn. 691 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die von Google in der Erwiderung vorgebrachte Argumentation, mit der der Kommission vorgeworfen wird, die Dauer jedes einzelnen der in Rede stehenden GSA nicht untersucht zu haben, einen so engen Zusammenhang mit ihren Ausführungen in der Klageschrift aufweist, dass sie als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung und daher nicht als verspätet anzusehen ist. Folglich ist diese Argumentation entgegen der Auffassung der Kommission als zulässig zu erachten. ii)    Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google 694    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 390 dargelegt, alle relevanten Umstände berücksichtigen musste, um festzustellen, ob ein Verhalten tatsächlich geeignet war, gegenüber einem mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber wie Google eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 695    Was insbesondere eine Alleinbezugsverpflichtung betrifft, ist klarzustellen, dass die Dauer dieser Verpflichtung unabhängig davon, ob sie ihre Gegenleistung in der Gewährung eines Rabatts findet oder nicht, zu solchen Umständen gehört (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Januar 2022, Intel Corporation/Kommission, T‑286/09 RENV, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2022:19, Rn. 507, und vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 425). 696    Wie in Nr. 36 der Mitteilung der Kommission „Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“ dargelegt, steigt die Wahrscheinlichkeit von Verdrängungswirkungen in der Regel mit der Dauer der Alleinbezugsverpflichtung, wobei klargestellt wird, dass selbst eine Alleinbezugsbindung von kurzer Dauer zu einer wettbewerbswidrigen Marktverschließung führen kann, wenn das marktbeherrschende Unternehmen für alle oder die meisten Abnehmer ein nicht zu umgehender Handelspartner ist. 697    Darüber hinaus ist bei der Beurteilung der Dauer einer Alleinbezugsverpflichtung der wirtschaftliche und rechtliche Kontext zu berücksichtigen, in den sich diese Verpflichtung einfügt. In dieser Hinsicht sind insbesondere die Art der von dieser Verpflichtung betroffenen Waren oder Dienstleistungen sowie die tatsächlichen Bedingungen der Funktionsweise und Struktur des betreffenden Marktes oder der betreffenden Märkte zu berücksichtigen. 698    Im vorliegenden Fall ergibt sich zum einen aus den Erwägungsgründen 388 und 398 des angefochtenen Beschlusses sowie aus der darin enthaltenen Tabelle 15, dass sich die Kommission auf die Ermittlung der Gesamtdauer beschränkt hat, während der jeder der direkten All-Site-Partner Vertragspartei eines GSA war, der typischerweise alle seine Websites erfasste, um den Zeitraum zu bestimmen, in dem diese direkten Partner verpflichtet waren, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil desselben von Google zu beziehen. Somit hat sie nur die kumulierte Laufzeit der GSA berücksichtigt, in die diese Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten. Zum anderen hat die Kommission im 399. Erwägungsgrund dieses Beschlusses darauf hingewiesen, dass das einseitige Kündigungsrecht eines direkten Partners die Anwendung der Ausschließlichkeitsklausel erst dann verhindere, wenn dieser direkte Partner von diesem Recht Gebrauch gemacht habe. 699    Somit ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss und aus Anlage A.46 zur Klageschrift, dessen Inhalt die Kommission nicht bestreitet, dass dieses Organ weder die Laufzeit jedes einzelnen der mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA noch die Dauer jeder einzelnen möglichen Verlängerung dieser GSA berücksichtigt hat. Die Kommission hat auch weder die tatsächlichen Bedingungen und Modalitäten berücksichtigt, unter denen diese Verlängerungen vereinbart worden waren, noch den Inhalt der Klauseln, die bestimmten der direkten All-Site-Partner ein einseitiges Kündigungsrecht einräumten, oder die Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt werden konnte. 700    Daher konnte die Kommission selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass alle im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten, nicht allein auf der Grundlage der oben in Rn. 698 angeführten Erwägungen und ohne Prüfung der tatsächlichen Bedingungen und Modalitäten, unter denen die Verlängerungen der GSA vereinbart worden waren, sowie des Inhalts der Klauseln, die für bestimmte direkte All-Site-Partner ein einseitiges Kündigungsrecht vorsahen, und der Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt werden konnte, ausschließen, dass diese direkten Partner die Möglichkeit hatten, nach Ablauf eines jeden ihrer GSA – einschließlich vor dessen eventueller Verlängerung – oder vor der Ausübung eines einseitigen Kündigungsrechts ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Daraus folgt, dass die Kommission unter diesen Umständen auch nicht feststellen konnte, dass diese direkten Partner verpflichtet gewesen seien, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon während der gesamten kumulierten Laufzeit ihrer GSA von Google zu beziehen, so dass diese Vermittler keine Möglichkeit gehabt hätten, den während dieser Laufzeit durch diese GSA erfassten Teil dieses Marktes zu bestreiten. 701    Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt. 702    Erstens konnte die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Prüfung der kumulativen Dauer der GSA, in die die direkten All-Site-Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, entgegen dem, was die Kommission im Wesentlichen vorbringt, für sich genommen nicht belegen, dass die in diesen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel eine Verdrängungswirkung entfaltet habe. 703    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Google im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hatte, dass angesichts der kurzen Laufzeit der GSA im Zeitraum zwischen Mai 2011 und Mai 2013 GSA, auf die [vertraulich] % des gesamten im EWR von AFS mit direkten Partnern erzielten Umsatzes entfallen seien, hätten erneuert werden müssen. Es trifft zwar zu, dass die Kommission die Relevanz dieser Angabe mit der Begründung in Frage stellt, dass diese sich auf alle direkten Partner im EWR und nicht nur auf die direkten All-Site-Partner bezogen habe. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sie im angefochtenen Beschluss die Fähigkeit von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern beurteilt hat, Zugang zum Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung in seiner Gesamtheit zu erlangen. Die unbestrittene Tatsache, dass GSA, auf die [vertraulich] % des gesamten im EWR von AFS mit direkten Partnern erzielten Umsatzes entfielen, im Zeitraum zwischen Mai 2011 und Mai 2013 hätten erneuert werden müssen, war jedoch ein Umstand, der für die Prüfung der Frage, ob die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, relevant war, von der Kommission aber nicht berücksichtigt wurde. 704    Zweitens macht die Kommission in ihrer Klagebeantwortung geltend, dass 29 der 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner nur einen einzigen GSA abgeschlossen hätten, der entweder nicht oder aber vor seinem Ablauf verlängert worden sei. Sie schließt daraus, dass es den Wettbewerbern von Google nicht möglich gewesen sei, „diesen Markt zu bestreiten“. 705    Es ist jedoch festzustellen, dass eine solche Argumentation im angefochtenen Beschluss nicht zu finden ist. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, wie sich oben aus Rn. 441 ergibt, die Begründung der Kommission nicht durch seine eigene ersetzen kann und dass die Kommission die Begründung des angefochtenen Beschlusses im Verfahren vor dem Gericht nicht ergänzen darf. 706    Jedenfalls ist zwar in Übereinstimmung mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass bestimmte in der Klagebeantwortung genannte direkte Partner nur einen einzigen – nicht verlängerten – GSA geschlossen hatten, in den sie typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten. Die Kommission hat jedoch im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den jeweils einzigen mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Darüber hinaus ist festzustellen, dass diese GSA, sofern sie nach Ansicht der Kommission typischerweise alle Websites der in Rede stehenden direkten Partner umfassten, eine Laufzeit zwischen einem Jahr und drei Jahren und drei Monaten hatten. Ohne dass es einer Entscheidung darüber bedarf, ob die Laufzeit dieser GSA im vorliegenden Fall ausreichte, um der in ihnen enthaltenen Ausschließlichkeitsklausel die Eignung zu verleihen, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, genügt der Hinweis, dass diese GSA nicht geeignet waren, die Feststellung im 388. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu stützen, dass die direkten Partner für einen Zeitraum von möglicherweise mehr als zehn Jahren verpflichtet gewesen seien, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon von Google zu beziehen. Schließlich sahen einige dieser GSA einseitige Kündigungsrechte zugunsten der betreffenden direkten Partner vor, wobei die Kommission, wie oben in Rn. 699 ausgeführt, weder den Inhalt der Klauseln, die diese Rechte vorsahen, noch die tatsächlichen Bedingungen, unter denen diese Rechte ausgeübt werden konnten, untersucht hat. 707    In Bezug auf die anderen in der Klagebeantwortung genannten direkten Partner stellt die Kommission fest, dass bestimmte, wenn nicht gar alle von diesen direkten Partnern abgeschlossenen GSA, in die diese Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hätten, vor ihrem Ablauf verlängert worden seien. Entgegen dem Vorbringen der Kommission lässt sich daraus jedoch nicht notwendigerweise ableiten, dass die anderen Vermittler vor Ablauf dieser GSA nicht mit Google hätten in Wettbewerb treten können. Wie Google geltend macht, geht die Kommission nämlich offenbar von der nicht untermauerten Prämisse aus, dass diese Vermittler nur bei der Erneuerung von GSA, d. h. bei der Unterzeichnung neuer GSA, nicht aber bei der Verlängerung bestehender GSA mit Google in Wettbewerb hätten treten können. Insbesondere ist festzustellen, dass die Kommission keine Anhaltspunkte dafür vorbringt, dass die Verhandlungen über die Verlängerung eines GSA nicht nach einem Wettbewerbsprozess hätten stattfinden können, in dessen Rahmen der betreffende direkte Partner die von Google erbrachten Dienstleistungen mit denen ihrer Wettbewerber verglichen habe. 708    Außerdem hat die Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hinzugefügt, dass die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler nicht notwendigerweise die Ablaufdaten der GSA der direkten Partner gekannt hätten und jedenfalls davon ausgegangen seien, dass die GSA vor ihrem Ablauf verlängert würden, so dass sie nicht in der Lage gewesen seien, diesen direkten Partnern ihre Dienste anzubieten. 709    Abgesehen davon, dass diese Erläuterungen im angefochtenen Beschluss nicht enthalten sind, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht erklärt, aus welchem Grund die direkten Partner den mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern weder das Ablaufdatum ihrer GSA mitteilen noch Verhandlungen mit ihnen hätten aufnehmen können, bevor sie über die Verlängerung oder Nichtverlängerung ihrer GSA entschieden. 710    Drittens ist festzustellen, dass die Kommission auf das in Fn. 571 des angefochtenen Beschlusses angeführte Urteil vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission (T‑65/89, EU:T:1993:31, Rn. 73) verweist, um zu dem Schluss zu gelangen, dass sie die einseitigen Kündigungsrechte, über die bestimmte der direkten All-Site-Partner verfügt hätten, nicht zu berücksichtigen brauche, weil die Ausschließlichkeitsklausel bis zur Ausübung dieser Rechte weiter gegolten habe. 711    In seinem Urteil vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission (T‑65/89, EU:T:1993:31, Rn. 73), hatte das Gericht jedoch entschieden, dass die Möglichkeit der Kunden, ihre vertraglichen Beziehungen zu dem in jenem Urteil in Rede stehenden Unternehmen in beherrschender Stellung zu beenden, im Wesentlichen irrelevant war, weil die „rechtliche Möglichkeit der Kündigung“ „illusorisch“ war. Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber weder im angefochtenen Beschluss noch in Beantwortung der Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Ausübung der einseitigen Kündigungsrechte durch die direkten Partner für illusorisch halte. 712    Darüber hinaus hat die Kommission auch nicht geltend gemacht, dass Google für alle oder die meisten direkten Partner ein nicht zu umgehender Handelspartner im Sinne von Nr. 36 der Mitteilung der Kommission „Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“ gewesen sei. 713    Daraus folgt, dass die Kommission die einseitigen Kündigungsrechte, über die bestimmte der direkten All-Site-Partner verfügten, berücksichtigen musste, um festzustellen, ob die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler Zugang zu dem Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erlangen konnten, der durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit diesen direkten Partnern geschlossenen GSA während der Laufzeit dieser GSA erfasst wurde. 714    Dieses Ergebnis wird nicht durch den von der Kommission in der Klagebeantwortung angeführten Umstand in Frage gestellt, dass Google von den 34 im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partnern nur acht direkte Partner benennt, die über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügten, und dass diese Rechte nicht jederzeit ausgeübt werden konnten. Wie Google geltend macht und wie sich oben aus Rn. 699 und 700 ergibt, hätte die Kommission den Inhalt der Klauseln, die diese Rechte vorsahen, und die Bedingungen, unter denen diese ausgeübt werden konnten, aber auch die Frage, welche direkten Partner sie in Anspruch nehmen konnten, untersuchen müssen, um festzustellen, ob diese Rechte geeignet waren, zumindest in gewissem Maße die im angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung in Frage zu stellen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, während der Laufzeit dieser GSA Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. 715    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission – obwohl ihr nicht vorgeworfen werden kann, im angefochtenen Beschluss die kumulative Dauer der verschiedenen GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, als einen der relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt zu haben – hätte überprüfen müssen, ob die direkten All-Site-Partner unter Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts des vorliegenden Falls nach Ablauf eines jeden ihrer GSA – einschließlich vor dessen eventueller Verlängerung – oder vor der Ausübung eines einseitigen Kündigungsrechts die Möglichkeit hatten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 5)      Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 716    Wie oben in Rn. 650 ausgeführt, hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass in Anbetracht der aus den oben in Rn. 602 dargelegten Gründen zu berücksichtigenden Markterfassung durch die Platzierungsklausel die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, ausreichen konnte, um diese Klausel als geeignet anzusehen, zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. Dezember 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. Darüber hinaus ist oben in Rn. 682 festgestellt worden, dass Google nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können oder dass ein solcher Wettbewerber wahrscheinlich von diesem Markt verdrängt worden wäre. 717    Dagegen hat die Kommission zum einen, wie oben aus Rn. 650 hervorgeht, nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. März 2016 eine Verdrängungswirkung entfalten konnte. Zum anderen hat die Kommission, wie oben aus Rn. 715 hervorgeht, bei der Beurteilung der Dauer, während der die direkten All-Site-Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, ihren gesamten Bedarf oder einen beträchtlichen Teil davon ausschließlich von Google zu beziehen, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt, und zwar selbst dann nicht, wenn davon auszugehen wäre, dass alle im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partner einer solchen Verpflichtung unterlegen hätten. 718    Daraus folgt, dass die Kommission entgegen den Anforderungen der oben in Rn. 107 angeführten Rechtsprechung nicht rechtlich hinreichend unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls nachgewiesen hat, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran zu hindern, während der Geltungsdauer dieser Klausel Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. c)      Ergebnis zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes 719    Wie oben in Rn. 392 ausgeführt, hat die Kommission im 362. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass diese Klausel erstens diese direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. 720    Wie oben in Rn. 393 und 394 dargelegt, hat die Kommission im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, indem sie festgestellt hat, dass diese Klausel zum einen diese direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen diese Vermittler daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. Zudem hat sie aus dieser Verdrängungswirkung abgeleitet, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 721    Wie oben in Rn. 399 ausgeführt, hat die Kommission im 364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vor ihrer Prüfung der Auswirkungen jeder der fünf von ihr festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen (siehe oben, Rn. 719) klargestellt, dass sie bei ihrer Analyse, die dem Nachweis habe dienen sollen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt habe, indem sie in diesem Zusammenhang auf Abschnitt 8.3.4.2 dieses Beschlusses verwiesen habe, der sich mit der Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler befasse, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen, und somit zu Recht die Bedeutung der in den Erwägungsgründen 388, 398 und 399 dieses Abschnitts dargelegten Entwicklungen hervorgehoben habe. Sie hat auch angegeben, den Umfang der Markterfassung durch diese Klausel berücksichtigt zu haben, den sie in demselben Abschnitt dieses Beschlusses untersucht habe. Aus der Stellung dieses 364. Erwägungsgrundes in der Systematik dieses Beschlusses ergibt sich, dass die Kommission die Geltungsdauer und den Umfang der Marktabdeckung der Ausschließlichkeitsklausel bei der Prüfung ihrer Auswirkungen im Rahmen jeder der fünf in der Entscheidung festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt hat. 722    Wie oben in Rn. 717 ausgeführt, hat die Kommission jedoch bei der Beurteilung der Dauer, während der nach ihrer Auffassung die direkten All-Site-Partner aufgrund der Ausschließlichkeitsklausel verpflichtet waren, ihren gesamten Bedarf oder einen erheblichen Teil davon von Google zu beziehen, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt. 723    Außerdem hat die Kommission, wie ebenfalls oben in Rn. 717 ausgeführt, nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2016 eine Verdrängungswirkung entfalten konnte. 724    Daraus folgt, dass sich die von der Kommission begangenen und oben in Rn. 722 und 723 aufgezeigten Fehler auf die Gesamtheit der von ihr im angefochtenen Beschluss festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen auswirken, so dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet war, diese direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, oder dass sie geeignet war, diesen Vermittlern den Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu verwehren, und diese Klausel folglich geeignet war, die in diesem Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. 725    Somit hat die Kommission auch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die Innovation behindern konnte, ferner Google geholfen hat, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern schaden konnte. 726    Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 422 und 423 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt hat, dass die englische Klausel die Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA verstärkt habe, indem sie diese direkten Partner noch mehr davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Die Kommission hat jedoch weder nachgewiesen, dass die in diesen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel geeignet war, eine solche Wirkung zu entfalten, noch behauptet, dass die englische Klausel für sich allein eine solche Wirkung hätte entfalten können. Daher kann die englische Klausel für sich allein nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die in diesen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV darstellte. 727    Daraus folgt, dass dem dritten Teil des zweiten Klagegrundes stattzugeben ist, ohne dass das übrige Vorbringen von Google im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft zu werden braucht, und dass der angefochtene Beschluss daher für nichtig zu erklären ist, soweit darin festgestellt wurde, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dargestellt habe. D.      Dritter Klagegrund: Die Platzierungsklausel stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 728    Mit dem dritten Klagegrund wirft Google der Kommission vor, die Platzierungsklausel als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV angesehen zu haben. Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen, von denen sich der erste auf eine fehlerhafte Auslegung der Tragweite dieser Klausel und der zweite auf das Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung bezieht. 729    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Platzierungsklausel in der GSA-Mustervorlage vom März 2009 wie folgt lautete: „Die Parteien vereinbaren, dass: […] wenn Google dem Unternehmen seinen AFS-Dienst im Rahmen einer Vereinbarung über [eine oder mehrere] Website(s) zur Verfügung stellt, das Unternehmen während der Laufzeit jederzeit mindestens drei (3) großformatige AFS-Werbeanzeigen von Google für jede Suche auf [dieser oder diesen] Website(s) anfordern und die von Google bereitgestellten AFS-Werbeanzeigen auf den betreffenden Ergebnisseiten so anzeigen muss, dass (i) keine gleichwertigen Werbeanzeigen über einer solchen AFS-Werbeanzeige oder direkt an diese angrenzend erscheinen und (ii) die AFS-Werbeanzeigen in einem einzigen zusammenhängenden Block angezeigt werden und nicht durch andere Werbeanzeigen oder Inhalte getrennt sind.“ 730    Klausel 1.1 der GSA-Mustervorlage vom März 2009 stellte klar, dass der Begriff „gleichwertige Werbeanzeigen“ so zu verstehen war, dass er „alle Werbeanzeigen [bezeichnet], die ihrer Art nach mit den von Google im Rahmen einer Vereinbarung bereitgestellten AFS-Werbeanzeigen identisch oder ihnen im Wesentlichen ähnlich sind“. 731    Zwischen den Monaten Juni 2010 und Oktober 2013 wurde die Platzierungsklausel der GSA-Mustervorlage in Bezug auf Smartphone- und Tablet-Werbung wie folgt geändert: „Die Parteien vereinbaren: Stellt Google dem Unternehmen seinen AFS-Dienst im Rahmen einer Vereinbarung über [eine oder mehrere] Website(s) zur Verfügung, muss das Unternehmen während der Laufzeit jederzeit […], wenn die AFS-Anforderung von einer Suchanfrage stammt, die ein Endnutzer über ein Smartphone oder ein Tablet gestellt hat, mindestens eine (1) Smartphone-Suchmaschinenanzeige oder mindestens eine (1) Tablet-Suchmaschinenanzeige anfordern […]“ 1.      Erster Teil des dritten Klagegrundes: fehlerhafte Auslegung der Tragweite der Platzierungsklausel 732    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission ausgeführt, dass die Platzierungsklausel den sichtbarsten Bereich auf den Websites der direkten Partner der von Google stammenden Online-Suchmaschinenwerbung vorbehalten habe. 733    Erstens hat die Kommission festgestellt, dass die direkten Partner keine konkurrierende Werbung „über oder unmittelbar neben“ den von Google stammenden Anzeigen hätten einblenden dürfen. Daraus hat sie gefolgert, dass die von Google stammende Werbung grundsätzlich oben links auf der Ergebnisseite über den Suchergebnissen angezeigt werde. Zudem hat sie festgestellt, dass die Werbung von Google in Fällen, in denen oben links auf dieser Seite keine Werbung angezeigt werde, in dem Bereich angezeigt werden müsse, den der Nutzer zuerst betrachte und bei dem es sich auch um den unteren Bereich dieser Seite handeln könne. 734    Zweitens hat die Kommission darauf hingewiesen, dass Google die Platzierungsklausel zum einen als „gelockerte Ausschließlichkeitsklausel“ bezeichnet und zum anderen in den mit „Ausschließlichkeit“ überschriebenen Abschnitt bestimmter GSA aufgenommen habe. Darüber hinaus hat sie Antworten angeführt, die Google auf Anfragen einiger direkter Partner erteilt hatte und in denen es insbesondere hieß, Google wünsche nicht, dass konkurrierende Werbung an einer „günstigeren“ oder „besseren“ Position angezeigt werde als ihre eigene Werbung. 735    Drittens hat die Kommission den Bereich über den Suchergebnissen als den profitabelsten Bereich und den der konkurrierenden Werbung zugewiesenen Bereich als dementsprechend weniger profitabel angesehen. a)      Zur Möglichkeit, konkurrierende Werbung unterhalb der Werbung von Google anzuzeigen 736    Google macht geltend, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Platzierungsklausel den direkten Partnern verboten habe, konkurrierende Werbung unterhalb der Werbung von Google anzuzeigen. Sie weist darauf hin, dass der Ausdruck „direkt angrenzend“ nicht als „vertikal an die Suchmaschinenwerbung von Google angrenzend“ interpretiert werden könne, weil in der GSA-Mustervorlage klargestellt worden sei, dass sich diese Klausel auf konkurrierende Werbung beziehe, die „über“ der eigenen Werbung oder „direkt [an diese] angrenzend“ angezeigt werde. Wenn sich der Ausdruck „angrenzend“ auf „vertikal angrenzend“ angezeigte Werbung bezogen hätte, wäre es nämlich nicht notwendig gewesen, auf „[dar]über“ angezeigte Werbung zu verweisen. Außerdem werde im angefochtenen Beschluss kein direkter Partner genannt, der das Wort „angrenzend“ in der gleichen Weise wie die Kommission ausgelegt habe. 737    Vinden und Surfboard geben an, die Platzierungsklausel ebenfalls so verstanden zu haben, dass sie die Einblendung konkurrierender Werbung unterhalb der Werbung von Google zulasse. 738    Die Kommission macht geltend, dass Google nicht bestreite, dass aus der üblichen Bedeutung der in der Platzierungsklausel verwendeten Wörter „direkt“ und „angrenzend“ hervorgehe, dass die direkten Partner diese Klausel so ausgelegt hätten, dass sie die Anzeige konkurrierender Werbung untersage, die vertikal an die Werbung von Google angrenze. Darüber hinaus würden zahlreiche GSA klarstellen, dass das Verbot, konkurrierende Werbung „direkt angrenzend“ an die Werbung von Google anzuzeigen, dahin auszulegen sei, dass konkurrierende Werbung weder „unter“ der Werbung von Google noch an diese „direkt angrenzend“ angezeigt werden dürfe. Schließlich habe Google im Verwaltungsverfahren nur einen einzigen direkten Partner genannt, der diese Klausel so verstanden habe, dass sie die Anzeige konkurrierender Werbung auch unterhalb der Werbung von Google zulasse. 739    Zum Vorbringen von Vinden und Surfboard fügt die Kommission hinzu, dass diese nicht nachgewiesen hätten, dass die Platzierungsklausel die Anzeige von Werbung direkt unterhalb der Werbung von Google zulasse. Insbesondere weist sie darauf hin, dass die von Vinden vorgelegten Beweise aus dem Jahr 2020 stammten und sich folglich auf einen Zeitraum bezögen, in dem diese Klausel nicht mehr gegolten habe. Außerdem gehe aus diesen Beweisen hervor, dass Vinden konkurrierende Werbung nur unterhalb der Suchergebnisse angezeigt habe. 740    Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission die Tragweite der Platzierungsklausel im angefochtenen Beschluss auf unterschiedliche Weise definiert hat. Einerseits hat die Kommission nämlich, wie sich oben aus Rn. 733 ergibt, im 465. Erwägungsgrund dieses Beschlusses lediglich angegeben, dass die Platzierungsklausel den direkten Partnern verboten habe, konkurrierende Werbung „über oder unmittelbar neben“ der Werbung von Google anzuzeigen. Andererseits hat sie im 481. Erwägungsgrund dieses Beschlusses in dem Teil ihrer Begründung, in dem sie sich mit den von Google im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumenten auseinandersetzt, klargestellt, dass sich der Ausdruck „unmittelbar angrenzend“ auch auf konkurrierende Werbung bezogen habe, die unterhalb der Werbung von Google angezeigt werde. 741    Als Zweites ist festzustellen, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf zwei Definitionen des englischen Wortes „adjacent“ in den Online-Wörterbüchern Oxford English Dictionary und Merriam Webster gestützt hat, um daraus abzuleiten, dass sich dieses Wort auch auf konkurrierende Werbung beziehe, die unterhalb der Werbung von Google angezeigt werde. Aus diesen Definitionen geht hervor, dass dieses Wort zum einen „neben etwas anderem oder an etwas anderes angrenzend“ und zum anderen „nicht voneinander entfernt“, „mit einer gemeinsamen Grenzlinie“ und „unmittelbar vorausgehend oder nachfolgend“ bedeutet. 742    Daraus folgt, dass sich das Wort „angrenzend“ zwar auf alles beziehen kann, was etwas umsäumen kann, dass aber aus den im angefochtenen Beschluss zitierten Definitionen hervorgeht, dass dieses Wort auch speziell das bezeichnen kann, was sich „neben“ etwas anderem befindet. Daher ist in Übereinstimmung mit Google davon auszugehen, dass die genaue Bedeutung dieses Wortes vom Kontext abhängt, in dem es verwendet wird, und dass es nicht zwangsläufig auch das bezeichnet, was sich unter etwas anderem befindet. 743    In diesem Zusammenhang ist erstens festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss acht GSA angeführt hat, in denen der Ausdruck „direkt angrenzend“ so definiert worden sei, dass er sich auf konkurrierende Werbung beziehe, die „unterhalb und angrenzend“ angezeigt werde. 744    Zum einen ergibt sich jedoch aus Anlage A.53 zur Klageschrift, dessen Inhalt von der Kommission nicht bestritten wird, dass die Klauseln der acht im angefochtenen Beschluss erwähnten GSA den Ausdruck „direkt angrenzend“ entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht im Sinne von „unterhalb und angrenzend“ definiert haben. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass diese Klauseln, wie Google geltend macht, ausdrücklich klarstellten, dass konkurrierende Werbung weder „unterhalb“ der Werbung von Google noch an diese „angrenzend“ angezeigt werden durfte. Der Wortlaut der Klauseln legt somit nahe, dass das Wort „angrenzend“ allein nicht ausreicht, um konkurrierende Werbung zu bezeichnen, die „unter“ der Werbung von Google angezeigt wird. 745    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass alle acht im angefochtenen Beschluss erwähnten GSA nur mit der Gruppe [vertraulich] geschlossen wurden. Somit lässt sich entgegen dem Vorbringen der Kommission aus der spezifischen Formulierung dieser acht GSA, die mit diesem einen direkten Partner geschlossen wurden, jedenfalls nicht ableiten, dass der Ausdruck „direkt angrenzend“, sofern er in anderen Klauseln dieser GSA verwendet worden sein sollte, in diesen GSA dieselbe Bedeutung hatte wie in denen, die mit den anderen direkten Partnern geschlossen wurden. 746    Zweitens ist in Übereinstimmung mit Google darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass die im 91. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses teilweise wiedergegebene GSA-Mustervorlage klarstellt, dass konkurrierende Werbung nicht „über“ der von Google stammenden Werbung oder „direkt angrenzend“ an diese angezeigt werden durfte, ebenfalls darauf hindeutet, dass der Ausdruck „direkt angrenzend“ für sich allein nicht ausreichte, um auch „über“ der Werbung von Google angezeigte konkurrierende Werbung zu bezeichnen. 747    Als Drittes ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss anerkannt hat, dass einer der direkten Partner die Platzierungsklausel dahin ausgelegt hatte, dass sie die Anzeige konkurrierender Werbung unterhalb der Werbung von Google zuließ. Anders als die Kommission meint, kann jedoch allein aus dem Umstand, dass Google im Verwaltungsverfahren in dieser Hinsicht nur einen einzigen direkten Partner angeführt hatte, nicht geschlossen werden, dass die anderen direkten Partner diese Klausel anders ausgelegt hätten. Zum einen kann nämlich aus der Entscheidung der direkten Partner, konkurrierende Werbung nicht unterhalb der Werbung von Google anzuzeigen, nicht abgeleitet werden, dass diese Entscheidung ausschließlich auf ihrer Auslegung dieser Klausel unter Ausschluss aller anderen Erwägungen beruhte. Zum anderen ist in Übereinstimmung mit Google festzustellen, dass die Kommission trotz der ihr durch die Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Ermittlungsbefugnisse keinen direkten Partner ermittelt hat, der diese Klausel dahin ausgelegt hat, dass sie eine solche Anzeige verbietet. 748    Somit ist festzustellen, dass die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass die Platzierungsklausel den direkten Partnern untersagte, konkurrierende Werbung unterhalb der Werbung von Google anzuzeigen. b)      Zu den Bereichen, die die höchste Klickrate erzielen 749    Google macht geltend, dass die Platzierungsklausel von den direkten Partnern nicht verlangt habe, die Werbung von Google in dem Bereich anzuzeigen, der die höchste Klickrate erziele. Sie weist nämlich zum einen darauf hin, dass konkurrierende Werbung in bestimmten Konfigurationen in Bereichen habe angezeigt werden können, die höhere Klickraten erzeugten als die ihrer eigenen Werbung vorbehaltenen Bereiche. In diesem Zusammenhang stellt sie klar, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zwar festgestellt habe, dass die Website-Betreiber diese Konfigurationen „selten“ verwendet hätten, diese aber gleichwohl nicht durch diese Klausel verboten gewesen seien. Zum anderen weist sie darauf hin, dass die direkten Partner konkurrierende Werbung über den Suchergebnissen hätten anzeigen können und dass unter diesen Umständen die Klickraten dieser Werbung und derjenigen von Google vergleichbar gewesen wären. 750    Surfboard behauptet, dass die Platzierungsklausel ihr erlaubt habe, konkurrierende Werbung in Bereichen anzuzeigen, die zu vergleichbaren Klickraten wie die Werbung von Google geführt hätten. 751    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Surfboard entgegen. 752    In diesem Zusammenhang sind zum einen die in Anlage A.52 zur Klageschrift wiedergegebenen Abbildungen und zum anderen die den Schaubildern 5 und 6 in Anlage C.11 zur Erwiderung entsprechenden Bildschirmausdrucke von Ergebnisseiten direkter Partner zu untersuchen. 1)      Zu den Abbildungen in Anlage A.52 zur Klageschrift 753    In Anlage A.52 zur Klageschrift sind die folgenden beiden Abbildungen von im Einklang mit der Platzierungsklausel stehenden Konfigurationen wiedergegeben, die es konkurrierender Werbung ermöglicht haben sollen, Klickraten zu erzielen, die diejenigen der von Google stammenden Werbung übertrafen oder mit ihnen vergleichbar waren: 754    Erstens ist festzustellen, dass aus den Tabellen 18 bis 22 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, dass die unterhalb der Suchergebnisse angezeigte Werbung zwischen 2012 und 2015 höhere Klickraten erzielte als die rechts neben den Suchergebnissen angezeigte Werbung. Folglich ist mit Google davon auszugehen, dass die konkurrierende Werbung in der Konfiguration, die Schaubild 1 entspricht, höhere Klickraten erzielen konnte als ihre eigene Werbung, was die Kommission im Übrigen nicht bestreitet. 755    Die Kommission hat jedoch im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die direkten Partner diese Konfiguration selten verwendet hätten, was wiederum von Google nicht bestritten wird. Auch wenn die Kommission die Gründe für diese Situation nicht ausdrücklich darlegt, geht aus den Tabellen 18 bis 22 dieses Beschlusses gleichwohl hervor, dass die über den Suchergebnissen angezeigte Werbung die höchsten Klickraten erzielte. Indem sie keine Werbung über diesen Ergebnissen anzeigten, nahmen die direkten Partner somit einen Rückgang der Zahl der von ihren Ergebnisseiten generierten Klicks und damit ihrer Einnahmen in Kauf. Folglich mussten die direkten Partner akzeptieren, ihre Gesamteinnahmen zu beschränken, damit konkurrierende Werbung höhere Klickraten erzielen konnte als die Werbung von Google. 756    Somit ist davon auszugehen, dass Schaubild 1 unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls keine Konfiguration zeigt, die es den direkten Partnern in der Praxis ermöglicht hätte, konkurrierender Werbung Bereiche zuzuweisen, die höhere Klickraten erzielt hätten als die Bereiche, die der Werbung von Google vorbehalten waren. 757    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die direkten Partner, wie oben aus Rn. 748 hervorgeht, konkurrierende Werbung unterhalb der Werbung von Google anzeigen durften. Daraus folgt, dass Schaubild 2 eine Konfiguration zeigt, die als mit der Platzierungsklausel im Einklang stehend anzusehen ist. 758    Es steht jedoch fest, dass die direkten Partner mindestens drei Werbeanzeigen von Google innerhalb ein und desselben „Blocks“ einblenden mussten, wenn die Online-Suche auf einem PC durchgeführt wurde. 759    Einerseits ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen von Google aus den Tabellen 18 bis 22 des angefochtenen Beschlusses nicht hervorgeht, dass die an vierter Stelle über den Suchergebnissen angezeigte Werbung eine Klickrate erzeugte, die nur geringfügig niedriger war als die der an den ersten drei Stellen angezeigten Werbung. Genau genommen trifft es zwar zu, dass zwischen den Klickraten der an dritter und der an vierter Stelle angezeigten Werbung kein signifikanter Unterschied besteht – im Jahr 2015 war die Klickrate der an vierter Stelle angezeigten Werbung sogar höher als die der an dritter Stelle angezeigten Werbung –; in Übereinstimmung mit der Kommission ist jedoch festzustellen, dass die Klickraten der an erster und der an vierter Stelle angezeigten Werbung erheblich voneinander abweichen. So geht beispielsweise für das Jahr 2013 aus der nachstehenden Tabelle hervor, dass die Klickrate der an vierter Stelle angezeigten Werbung [vertraulich] % betrug, während die Klickrate der an erster Stelle angezeigten Werbung [vertraulich] % betrug. Daraus folgt, dass die an erster Stelle angezeigte Werbung im Jahr 2013 [vertraulich] % mehr Klicks generierte als die an vierter Stelle angezeigte Werbung. Ebenso betrug die Klickrate der an vierter Stelle angezeigten Werbung im Jahr 2015 [vertraulich] %, während die Klickrate der an erster Stelle angezeigten Werbung [vertraulich] % betrug. Daraus folgt, dass die an erster Stelle angezeigte Werbung im Jahr 2015 [vertraulich] % mehr Klicks generierte als die an vierter Stelle angezeigte Werbung. Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 Klickrate – 1. Stelle [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % Klickrate – 4. Stelle [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % Anstieg der Zahl der Klicks zwischen der vierten und der ersten Stelle [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % [vertrau-lich] % 760    Andererseits geht insbesondere aus der dritten Spalte der Tabelle 23 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass der Unterschied in den Klickraten zwischen der an den ersten drei Stellen angezeigten Werbung und der darunter (aber über den Suchergebnissen) folgenden Werbung im Allgemeinen mit der Zahl der eingeblendeten Werbeanzeigen zunimmt. Somit vermag die Einblendung einer größeren Zahl von Werbeanzeigen die Tatsache, dass in Schaubild 2 die Werbung von Google die Bereiche mit den höchsten Klickraten belegte, nicht in Frage zu stellen. 761    Folglich kann Google nicht mit Erfolg geltend machen, dass die dem Schaubild 2 entsprechende Konfiguration es konkurrierender Werbung ermöglicht habe, Klickraten zu erzielen, die mit denen ihrer eigenen Werbung vergleichbar seien. 2)      Zu den Schaubildern 5 und 6 der Anlage C.11 zur Erwiderung 762    Google macht geltend, die direkten Partner hätten konkurrierende Werbung so anzeigen können, dass sie an die Werbung von Google angrenzte und somit Klickraten hätte erzeugen können, die mit denen der Werbung von Google vergleichbar gewesen wären. Sie verweist insoweit auf die Bildschirmausdrucke der Internetseiten von zwei direkten Partnern, die in den Schaubildern 5 und 6 der Anlage C.11 zur Erwiderung wiedergegeben sind. 763    Erstens ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Argumentation von Google darauf hinausläuft, bereits den Wortlaut der Platzierungsklausel in Frage zu stellen, der es verbietet, konkurrierende Werbung so anzuzeigen, dass sie an die Werbung von Google angrenzt. Abgesehen davon reicht der Umstand, dass zwei direkte Partner diese Vertragsbedingungen zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht eingehalten haben sollen, nicht aus, um nachzuweisen, dass diese Klausel eine solche Platzierung erlaubte. 764    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass Google in der mündlichen Verhandlung zum einen eingeräumt hat, dass die direkten Partner keine konkurrierende Werbung oberhalb der Werbung von Google anzeigen konnten, und zum anderen, dass die Schaubilder 5 und 6 der Anlage C.11 zur Erwiderung konkurrierende Werbung zeigen, die – wie die Kommission in Fn. 81 der Gegenerwiderung ausgeführt hat – nicht oberhalb der Suchergebnisse angezeigt wurde. Folglich ist davon auszugehen, dass es sich um konkurrierende Werbung handelte, die am rechten Rand der Ergebnisseite platziert war. Aus den Tabellen 18 bis 22 des angefochtenen Beschlusses, deren Inhalt von Google nicht bestritten wird, geht jedoch hervor, dass solche Werbung eine signifikant niedrigere Klickrate als Werbung im oberen Bereich einer Ergebnisseite erzielte. 765    Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Schaubilder 5 und 6 der Anlage C.11 zur Erwiderung eine mit der Platzierungsklausel vereinbare Platzierung konkurrierender Werbung zeigten, ist daher festzustellen, dass eine solche Platzierung es nicht ermöglichte, für diese Werbung Klickraten zu erzielen, die mit denen der Werbung von Google vergleichbar waren. 766    Somit kann Google nicht mit Erfolg geltend machen, dass die direkten Partner im Einklang mit der Platzierungsklausel Konfigurationen hätten verwenden können, in denen die konkurrierende Werbung Klickraten erzielt hätte, die diejenigen der von Google stammenden Werbung übertroffen hätten oder mit ihnen vergleichbar gewesen wären. c)      Ergebnis zum ersten Teil des dritten Klagegrundes 767    Google hat nicht nachgewiesen, dass konkurrierende Werbung bei einer mit der Platzierungsklausel im Einklang stehenden Platzierung in der Praxis eine Klickrate hätte erzielen können, die mit der Klickrate ihrer eigenen Werbung zumindest vergleichbar gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Kommission in Bezug auf die Online-Suchmaschinenwerbung zu Recht festgestellt hat, dass die Platzierungsklausel die am besten sichtbaren Bereiche der Ergebnisseiten der direkten Partner der Werbung von Google vorbehielt. 768    Daher ist der erste Teil des dritten Klagegrundes von Google als unbegründet zurückzuweisen. 2.      Zweiter Teil des dritten Klagegrundes: Fehlen einer auf der Platzierungsklausel beruhenden Wettbewerbsbeschränkung 769    Im 494. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass die Platzierungsklausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Insoweit hat sie festgestellt, dass diese Klausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. Darüber hinaus hat sie festgestellt, dass der verbindliche Charakter der Mockups die Eignung dieser Klausel, den Wettbewerb zu beschränken, verstärkt habe. 770    Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aufgrund ihrer Feststellung, die Platzierungsklausel habe zum einen die direkten Partner davon abgehalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert, im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Klausel geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 771    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aus der Verdrängungswirkung der Platzierungsklausel abgeleitet hat, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 772    Erstens geht nämlich aus den Erwägungsgründen 530 bis 532 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Verdrängungswirkung der Platzierungsklausel die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran gehindert haben soll, verschiedenartige Online-Suchmaschinenwerbung anzubieten oder zu entwickeln, so dass die Klausel sie davon abgehalten habe, in Innovationen zu investieren. Ferner geht aus dem 534. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass diese Verdrängungswirkung den genannten Vermittlern Einnahmen und Daten vorenthalten habe, die für die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung hätten genutzt werden können. Schließlich geht aus dem 539. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass die Verdrängungswirkung es Google ermöglicht habe, die von den Werbetreibenden gezahlten Preise auf einem hohen Niveau festzusetzen und damit die Preise zu erhöhen, die die Verbraucher für die in der Online-Suchmaschinenwerbung beworbenen Waren zahlten. Dem hat die Kommission im 540. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hinzugefügt, dass der Umstand, dass die Klausel die Innovation habe behindern können, den Verbrauchern auch eine größere Auswahl an Online-Suchmaschinenwerbung genommen habe. 773    Google macht geltend, dass die Platzierungsklausel erstens nicht die im angefochtenen Beschluss festgestellten Verdrängungswirkungen entfaltet habe, zweitens Google nicht geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten oder zu verstärken, und drittens weder die Innovation behindert noch den Verbrauchern geschadet habe. Darüber hinaus wirft sie der Kommission vor, nicht nachgewiesen zu haben, dass die Mockups geeignet gewesen seien, den Wettbewerb zu beschränken. 774    Surfboard und Vinden machen geltend, dass die Platzierungsklausel keine Auswirkungen auf ihr Verhalten gehabt habe. Vinden trägt darüber hinaus vor, dass die Mockups hätten geändert werden können, und bestreitet, dass sie verbindlich gewesen seien. Surfboard fügt hinzu, die Platzierungsklausel sei objektiv gerechtfertigt gewesen. 775    Zunächst ist die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu untersuchen, die sich aus der Platzierungsklausel ergibt. Es ist daher zu prüfen, ob diese Klausel geeignet war, einerseits die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und andererseits den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. 776    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klargestellt hat, dass sie bei ihrer Prüfung, ob die Platzierungsklausel geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken, alle relevanten Umstände berücksichtigt habe, darunter insbesondere zum einen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google sowohl auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung als auch auf dem Markt für die Vermittlung solcher Werbung und zum anderen den Umfang der Erfassung des letztgenannten Marktes durch diese Klausel sowie die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“. Sie hat insoweit auf Abschnitt 7 dieses Beschlusses, der die oben in Rn. 401 bis 404 wiedergegebenen Erwägungen enthält, bzw. im Wesentlichen auf Abschnitt 8.4.4.2. dieses Beschlusses verwiesen, der sich darauf bezieht, dass es den mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern nicht möglich gewesen sei, Zugang zu einem erheblichen Anteil dieses Marktes zu erlangen. 777    Entsprechend den Ausführungen in Rn. 400 und 405 des vorliegenden Urteils ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der von der Kommission gewählte Ansatz im Einklang mit der Rechtsprechung steht, und zum anderen, dass Google den Inhalt von Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses allein insoweit beanstandet, als sie im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend macht, dass die Kommission die relevanten Märkte in Abschnitt 6 dieses Beschlusses falsch definiert habe. 778    Darüber hinaus hat die Kommission, wie oben in Rn. 767 ausgeführt, zu Recht festgestellt, dass die Platzierungsklausel die am besten sichtbaren Bereiche der Ergebnisseiten der direkten Partner der Werbung von Google vorbehielt. Folglich ist festzustellen, dass die Platzierungsklausel, wie sich aus den Erwägungsgründen 335, 467, 630 Nr. 2, 712 und 718 des angefochtenen Beschlusses ergibt, in Bezug auf die Websites, die in die GSA, die diese Klausel enthielten, einbezogen waren, einer gelockerten Ausschließlichkeitsklausel gleichkam. 779    Wie oben in Rn. 406 dargelegt, sind Ausschließlichkeitsklauseln zwar nicht automatisch geeignet, Wettbewerber zu verdrängen, wie im Übrigen Nr. 36 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“ veranschaulicht, rufen jedoch aufgrund ihrer Natur berechtigte Wettbewerbsbedenken hervor. 780    Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist zunächst zu prüfen, ob die Platzierungsklausel geeignet war, die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und in einem zweiten Schritt, ob sie geeignet war, den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. a)      Zur abschreckenden Wirkung der Platzierungsklausel auf die direkten Partner 781    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission ausgeführt, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 782    Insoweit hat die Kommission zum einem im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, zu prüfen, ob es wirtschaftlich lohnender wäre, ihren Bedarf bei konkurrierenden Vermittlern zu decken. Zum anderen hat sie im 500. Erwägungsgrund dieses Beschlusses festgestellt, dass diese Klausel die direkten Partner daran gehindert habe, bestimmte Konfigurationen ihrer Ergebnisseiten zu wählen, weil sie mindestens drei Anzeigen von Google in ein und demselben Block hätten einblenden müssen, wenn der Nutzer diese Seiten von einem von einem PC aus besuche. Darüber hinaus hat sie im 502. Erwägungsgrund dieses Beschlusses in Erwiderung auf ein Argument von Google die Auffassung vertreten, dass die direkten Partner ohne die Platzierungsklausel ein wirtschaftliches Interesse daran gehabt hätten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 1)      Zur Eignung der Platzierungsklausel, die direkten Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen 783    Google macht zum einen geltend, dass die Platzierungsklausel nicht geeignet gewesen sei, die direkten Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen, und zum anderen, dass die im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Erklärungen von zwei direkten Partnern nicht belegen könnten, dass diese Klausel die direkten Partner tatsächlich daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei solchen Vermittlern zu beurteilen. i)      Zur Tragweite der Platzierungsklausel 784    Google macht im Wesentlichen geltend, dass die Platzierungsklausel angesichts ihrer Tragweite nicht geeignet gewesen sei, die direkten Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen. Im Einzelnen trägt sie vor, erstens hätten die direkten Partner frei entscheiden können, welche Websites sie in ihre GSA einbeziehen wollten, zweitens hätten die anderen Vermittler bei Aushandlungen oder Neuverhandlungen dieser GSA oder in Fällen, in denen die direkten Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügten, mit ihr in Wettbewerb treten können, drittens hätten die direkten Partner AFS durch den Abschluss von Online-Verträgen nutzen können und viertens habe die Platzierungsklausel die Anzeige konkurrierender Werbung ausdrücklich erlaubt. 785    Vinden macht geltend, dass die Platzierungsklausel sie nicht davon abgehalten habe, konkurrierende Werbung anzuzeigen. Sie erklärt, dass sie Online-Suchmaschinenwerbung auch von Yahoo! bezogen habe und dass der von ihr geschlossene GSA ausdrücklich vorgesehen habe, dass sie konkurrierende Werbung anzeigen dürfe. 786    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Vinden entgegen. 787    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass – wie sich aus den vorstehenden Rn. 412 bis 415 ergibt und wie die Kommission im Wesentlichen festgestellt hat – der Umstand, dass die direkten Partner auf den Websites, die nicht in ihre GSA einbezogen waren, frei mit konkurrierender Werbung experimentieren konnten, keinen Rückschluss darauf zulässt, wie sich die Platzierungsklausel auf diejenigen Websites auswirkte, die in diese GSA einbezogen waren. Der Umstand, dass die direkten Partner die Wahl hatten, welche Websites sie in ihre GSA einbezogen, sei es bei der Aushandlung oder der Neuverhandlung dieser GSA oder nach der Ausübung eines einseitigen Kündigungsrechts, oder dass sie sich dafür entscheiden konnten, ihre Websites in einen Online-Vertrag einzubeziehen, ist daher nicht geeignet, die Tatsache in Frage zu stellen, dass diese Klausel sie für einen bestimmten Zeitraum daran hindern konnte, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, zumindest soweit es die in ihre GSA einbezogenen Websites betraf. 788    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 767 festgestellt, zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Platzierungsklausel die Bereiche der Ergebnisseiten der direkten Partner, die am besten sichtbar waren und somit die höchsten Klickraten erzielten, der von Google stammenden Online-Suchmaschinenwerbung vorbehielt. Folglich kann der Umstand, dass diese Klausel die Anzeige konkurrierender Werbung zuließ, nicht in Frage stellen, dass sie zwangsläufig die Experimente einschränkte, die die direkten Partner in Bezug auf die Platzierung dieser Werbung durchführen konnten. 789    Daher kann Google nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Platzierungsklausel angesichts ihrer Tragweite nicht geeignet gewesen sei, die direkten Partner zumindest bis zu einem gewissen Grad daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen, insbesondere hinsichtlich der Websites, die in die GSA einbezogen waren, die diese Klausel enthielten. ii)    Zu den Erklärungen der direkten Partner 790    Google weist darauf hin, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die Erklärungen von nur zwei direkten Partnern gestützt habe, um festzustellen, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner in ihrer Gesamtheit daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen. Darüber hinaus ergebe aus den Erklärungen zahlreicher direkter Partner, zu denen auch einer der beiden im angefochtenen Beschluss genannten Partner gehört habe, dass diese Klausel sie nicht daran gehindert habe, ein solches Interesse zu beurteilen. 791    Die Kommission hält die Argumentation von Google, mit der in Frage gestellt werden soll, dass die direkten Partner bestätigt hätten, durch die Platzierungsklausel daran gehindert worden zu sein, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei anderen Vermittlern zu beurteilen, mit der Begründung für unzulässig, dass diese Argumentation zum ersten Mal in der Erwiderung vorgebracht worden sei. Darüber hinaus hält sie diese Argumentation jedenfalls für unbegründet. –       Zur Zulässigkeit der Argumentation von Google 792    Es trifft zwar zu, dass Google der Kommission in der Erwiderung vorwirft, ihre Feststellung, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner in ihrer Gesamtheit daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen, nur auf die Aussagen von zwei direkten Partnern gestützt zu haben. 793    Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Google in Rn 125 und 126 der Klageschrift ausdrücklich die Behauptung im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestritten hat, wonach die Platzierungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei konkurrierenden Vermittlern zu beurteilen. 794    Zum anderen ist festzustellen, dass Google klarstellt, dass ihre in der Erwiderung dargelegte Argumentation darauf abziele, Rn. 273 der Klagebeantwortung in Frage zu stellen. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in dieser Randnummer der von Google in der Klageschrift angeführte Umstand, dass drei andere direkte Partner auf Websites, die der Vorabgenehmigungsklausel unterlegen hätten, konkurrierende Werbung hätten erproben können – insbesondere um das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Beschaffung weiterer derartiger Werbung zu beurteilen –, als nicht relevant bezeichnet wird. Es steht jedoch fest, dass die Vorabgenehmigungsklausel, wie oben in Rn. 594 festgestellt, nur dann galt, wenn auch die Platzierungsklausel galt. Folglich ist der Umstand, dass direkte Partner, die der Vorabgenehmigungsklausel unterlagen, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei anderen Vermittlern beurteilen konnten, auch für die Prüfung der Auswirkungen der Platzierungsklausel relevant. 795    Somit ist in Anbetracht der oben in Rn. 691 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die Argumentation von Google einen hinreichend engen Zusammenhang mit den ursprünglich in der Klageschrift dargelegten Rügen aufweist, um als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden zu können und eine Erweiterung dieser Rügen darzustellen. Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist diese Argumentation daher nicht als unzulässig zurückzuweisen. –       Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google 796    Wie aus der oben in Rn. 111 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, ist den Antworten auf Auskunftsverlangen der Kommission grundsätzlich ein hoher Beweiswert beizumessen. 797    Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführt, mehrere direkte Partner hätten bestätigt, dass die Platzierungsklausel sie daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen. Sie verweist hierzu auf die Antworten von zwei direkten Partnern, nämlich der Gruppe [vertraulich] und [vertraulich], auf ein Auskunftsverlangen vom 31. Juli 2015. Darüber hinaus geht aus Tabelle 26 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission 53 direkte Partner identifiziert hat, deren GSA die Platzierungsklausel enthielten. 798    Somit geht aus dem 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission nicht beabsichtigt hat, eine erschöpfende Liste aller im Verwaltungsverfahren bei ihr eingegangenen Antworten zu erstellen, sondern sich darauf beschränkt hat, Beispiele für Antworten zu geben, die bestätigten, dass die Platzierungsklausel geeignet war, die direkten Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen. 799    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Google den Inhalt der im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Antwort der Gruppe [vertraulich] nicht bestreitet, der zufolge die Platzierungsklausel im Wesentlichen die Werbestrategie dieser Gruppe beeinträchtigt habe, insbesondere durch die Beschränkung der Art und Weise, in der sie Werbung der Wettbewerber von Google habe anzeigen können, was sie wiederum daran gehindert habe, Werbung von Google mit der ihrer Wettbewerber zu vergleichen. 800    Darüber hinaus hat die Kommission im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses einen Auszug aus der Antwort von [vertraulich] wiedergegeben, in der dieser angegeben hat, dass er gern in der Lage gewesen wäre, für jede Online-Suchanfrage verschiedene Vermittler in Echtzeit in Wettbewerb miteinander treten zu lassen, um zu entscheiden, welche Werbung in den Bereichen angezeigt werden solle, die nach der Platzierungsklausel normalerweise der Werbung von Google vorbehalten waren. [vertraulich] hat im Wesentlichen erklärt, dass die Platzierungsklausel ihn potenziell daran gehindert habe, eine Steigung seiner Einnahmen zu erzielen. 801    Google macht geltend, dass [vertraulich] auch angegeben habe, in Bezug auf „gesponserte Links“ mit einem anderen Unternehmen als Google zusammenzuarbeiten. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Google nichts vorbringt, was es ermöglichen würde, diese Links von den Ergebnissen spezialisierter Suchanfragen zu unterscheiden, von denen sie nicht behauptet, dass sie Teil des Marktes für Online-Suchmaschinenwerbung seien. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass [vertraulich] neben AFS auch die Dienste eines weiteren Vermittlers in Anspruch genommen hatte, nicht abgeleitet werden, dass ihr ohne die Platzierungsklausel nicht daran gelegen gewesen wäre, das wirtschaftliche Interesse an der Anzeige der von diesem anderen Vermittler stammenden Werbung in den am besten sichtbaren Bereichen ihrer Ergebnisseiten zu beurteilen. 802    Somit hat die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Recht als geeignet angesehen, die Feststellung zu untermauern, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 803    Als Zweites ist zwar mit Google festzustellen, dass bestimmte andere direkte Partner der Kommission mitgeteilt hatten, dass die Platzierungsklausel ihre Werbestrategie nicht beeinflusst habe. 804    Erstens hatte [vertraulich] auf die Frage, inwieweit sich die in Rede stehenden Klauseln auf ihre Werbestrategie ausgewirkt hätten, nämlich wie folgt geantwortet: „Da [ihre] Werbestrategie […] auf [ihren] Websites Google AdSense for Search nicht als ihr Kerngeschäft betrachtet, hatten diese Klauseln keine weiteren Partnerschaften mit anderen Vermittlern verhindert.“ 805    In diesem Zusammenhang macht die Kommission geltend, dass die Antwort von [vertraulich] irrelevant sei, weil sie sich nicht auf die Fähigkeit dieses direkten Partners bezogen habe, konkurrierende Werbung zu bewerten. 806    Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich sowohl die Frage der Kommission als auch die Antwort von [vertraulich] auf die Werbestrategie dieses direkten Partners als Ganzes bezogen, so dass festzustellen ist, dass sich diese Antwort zwangsläufig auch dessen Fähigkeit betraf, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung seines Bedarfs bei anderen Vermittlern als Google zu beurteilen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Antworten der Gruppe [vertraulich] und von [vertraulich] ebenfalls Antworten auf dieselbe Frage waren. Somit geht aus diesen Antworten hervor, dass die Gruppe [vertraulich] und [vertraulich] ebenfalls der Ansicht waren, dass die Fähigkeit, das wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei solchen Vermittlern zu beurteilen, ein Aspekt ihrer Werbestrategie gewesen sei. 807    Zum anderen ist festzustellen, dass die Antwort von [vertraulich], soweit sie klarstellte, dass die Platzierungsklausel „keine weiteren Partnerschaften mit anderen Vermittlern verhindert“ habe, geeignet war, die im angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung in Frage zu stellen, dass diese Klausel diesen direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von solchen Vermittlern zu beziehen. 808    Daher hält die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Unrecht für irrelevant. 809    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission [vertraulich] aufgefordert hatte, zu erläutern, inwieweit die Platzierungsklausel sie daran gehindert habe, konkurrierende Werbung anzuzeigen, oder ihre Fähigkeit, solche Werbung anzuzeigen, praktisch eingeschränkt habe. [vertraulich] hatte darauf geantwortet, sie sei „durch d[ie Platzierungs‑] Klausel nicht beeinträchtigt worden und [habe] sie daher nie beanstandet, weil sie entschieden [habe], dass die Einbeziehung mehrerer von Drittparteien stammender und gleichwertiger suchbezogener Komponenten die Nutzererfahrung beeinträchtigen würde“. 810    Insoweit macht die Kommission geltend, dass die Antwort von [vertraulich] irrelevant gewesen sei, weil sie die Klarstellung enthalten habe, dass „die Einbeziehung mehrerer von Drittparteien stammender und gleichwertiger suchbezogener Komponenten die Nutzererfahrung beeinträchtigen würde“. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Erklärung eines direkten Partners, aus welchen Gründen er seinen Bedarf nicht von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern habe beziehen wollen, im Gegenteil ein Anhaltspunkt ist, der die Behauptung, dass die Platzierungsklausel diesen direkten Partner nicht davon abgehalten habe, seinen Bedarf von solchen Vermittlern zu beziehen, glaubhafter erscheinen lässt. 811    Folglich hält die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Unrecht für irrelevant. 812    Drittens ist festzustellen, dass [vertraulich] der Kommission in Beantwortung eines Auskunftsverlangens mitgeteilt hatte, „[n]ein, [ihre] Partnerschaft mit Google [habe ihre] Fähigkeit […], andere Vermittler einzuschalten, nicht eingeschränkt“. 813    Insoweit macht die Kommission geltend, dass die Antwort von [vertraulich] irrelevant gewesen sei, weil sie sich nicht auf die Platzierungsklausel bezogen habe. Zunächst ist jedoch festzustellen, dass die Kommission keine Beweise anführt, die ihre Behauptung stützen, und auch nicht bestreitet, dass [vertraulich] ein direkter Partner war, der einem GSA unterlag. Ferner geht aus den Dokumenten 6 und 7 der Anlage C.15 zur Erwiderung hervor, dass sich die in Rede stehende Frage auf alle Klauseln der AFS betreffenden Verträge bezog und diese Antwort ausdrücklich auf die „Partnerschaft“ mit Google als Ganzes Bezug nahm. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 594 erwähnt, alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel enthielten, so dass dieser direkte Partner, wenn er der Vorabgenehmigungsklausel unterlag, wie die Kommission offenbar annimmt, zwangsläufig auch der Platzierungsklausel unterlag. 814    Folglich hält die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Unrecht für irrelevant. 815    Viertens ist darauf hinzuweisen, dass der Leiter der Rechtsabteilung von [vertraulich], der Muttergesellschaft von [vertraulich], in einem Schreiben vom 31. Oktober 2016, das der Kommission als Anlage zur Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt wurde, Folgendes erklärt hatte: „Die Platzierungsklausel hatte keinerlei Auswirkungen auf uns. Wie oben bereits erwähnt, haben wir Nutzer von Google ferngehalten, indem wir unseren Suchverkehr auf [vertraulich] gelenkt haben, eine Webdomäne, für deren Monetarisierung wir uns entschieden hatten, indem wir anstelle von AFS die Suchmaschinenwerbung von Yahoo! verwenden“. 816    Insoweit macht die Kommission geltend, dass dieses Schreiben irrelevant gewesen sei, weil [vertraulich] nicht behauptet habe, dass die konkurrierende Werbung eine vergleichbare Klickrate wie die Werbung von Google erzielt habe. Sie fügt hinzu, dass der Beweiswert dieses Schreibens jedenfalls begrenzt sei, weil ihr der „Kontext“, in dem Google in den Besitz dieses Schreibens gekommen sei, nicht bekannt sei. 817    Zum einen ist jedoch festzustellen, dass [vertraulich] nicht darauf hinzuweisen brauchte, dass die konkurrierende Werbung eine vergleichbare Klickrate wie die Werbung von Google habe erzielen können, um zu erklären, dass die Platzierungsklausel sie nicht davon abgehalten habe, ihren Bedarf von einem anderen Vermittler zu beziehen. Abgesehen davon erwähnt keine der im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Antworten der beiden direkten Partner einen Vergleich der Klickraten zwischen der Werbung von Google und der von anderen Vermittlern stammenden Werbung. 818    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht geltend macht, dass das Schreiben von [vertraulich] keinerlei Beweiswert habe. Darüber hinaus konnte die Kommission in Anbetracht der vorstehenden Rn. 512 bis 514 die Relevanz des Schreibens von [vertraulich] jedenfalls nicht allein deshalb in Frage stellen, weil es von Google vorgelegt worden war, obwohl sie nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 zusätzliche Informationen unmittelbar von [vertraulich] hätte anfordern können. 819    Folglich hält die Kommission die Antwort von [vertraulich] zu Unrecht für irrelevant. 820    Dagegen ist festzustellen, dass die anderen von Google angeführten Antworten nicht erkennen lassen, ob die betreffenden direkten Partner der Ansicht waren, dass die Platzierungsklausel sie daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, oder nicht. 821    Erstens heißt es nämlich in den Antworten von [vertraulich] und [vertraulich] im Wesentlichen, dass konkurrierende Werbung habe angezeigt werden können, dass Google mehrere Jahre lang keine Änderung der Anzeige dieser Werbung verlangt habe und dass es möglich gewesen sei, verschiedene Platzierungen für die Werbung von Google zu erproben. Diese Antworten stellen jedoch nicht klar, ob die in der Praxis der Werbung von Google vorbehaltene Platzierung die direkten Partner daran gehindert hat, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen. 822    Zweitens sind die Auszüge aus den Antworten der Gruppe [vertraulich], auf die sich Google beruft, mehrdeutig. Die Gruppe [vertraulich] hatte nämlich die Frage, ob die Platzierungsklausel sie daran gehindert hatte, zwischen 2011 und 2014 konkurrierende Werbung anzuzeigen, oder ihre Fähigkeit, solche Werbung in diesem Zeitraum anzuzeigen, praktisch eingeschränkt hatte, mit „Nein“ beantwortet. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Gruppe diese Antwort zugleich hatte nuancieren wollen, indem sie folgenden Satz hinzufügte: „Wir verweisen jedoch auf unsere frühere Antwort in Bezug auf solche Klauseln, die in vor diesem Zeitraum geschlossenen Vereinbarungen mit Google enthalten waren.“ Google hat diese „frühere Antwort“, auf die diese Gruppe verwies, jedoch nicht vorgelegt. 823    Was schließlich Vinden betrifft, beschränkt sich die von Google angeführte Erklärung auf eine äußerst summarische Beschreibung des Inhalts der Platzierungsklausel, so dass es nicht möglich erscheint, daraus Schlüsse auf die mögliche Verdrängungswirkung dieser Klausel zu ziehen. 824    Vor dem Gericht erklärt Vinden allerdings, dass die Platzierungsklausel keine Auswirkungen auf ihre Werbestrategie gehabt habe, weil AFS höhere Einnahmen generiert habe als konkurrierende Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Erklärung selbst unter Berücksichtigung der Antworten von [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] nicht ausreicht, um die Tragweite der im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Antworten der Gruppe [vertraulich] und von [vertraulich] in Frage zu stellen. 825    Daher konnte die Kommission, wie sich oben aus Rn. 802 ergibt, die im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beispiele für Antworten von direkten Partnern zu Recht als Anhaltspunkte heranziehen, die ihre Beurteilung untermauerten, dass die Platzierungsklausel geeignet gewesen sei, direkte Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an einer Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, obwohl ihr andere direkte Partner mitgeteilt hatten, dass sie durch diese Klausel nicht beeinträchtigt worden seien. 2)      Zur Eignung der Platzierungsklausel, die direktem Partner daran zu hindern, bestimmte Konfigurationen für ihre Ergebnisseiten zu wählen, wenn der Nutzer diese Seiten von einem PC aus besuchte 826    Google macht geltend, dass die meisten direkten Partner darum gebeten hätten, auf ihren Websites mehr Werbung von Google anzuzeigen als die Platzierungsklausel verlange. Konkret weist sie darauf hin, dass die direkten Partner, die im Durchschnitt weniger als vier Werbeanzeigen von ihr anforderten, zwischen 2011 und 2015 weniger als [vertraulich] % der von AFS erzielten Einnahmen generiert hätten. Darüber hinaus gehe aus der Akte der Kommission hervor, dass die meisten direkten Partner im Durchschnitt mehr als sieben Werbeanzeigen von Google angefordert hätten. Somit macht Google geltend, dass die Verpflichtung, mindestens drei ihrer Werbeanzeigen einzublenden, keine Auswirkungen auf diese direkten Partner gehabt habe. 827    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 828    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sich oben aus Rn. 781 und 782 ergibt, im 500. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zwar u. a. deshalb, weil diese Klausel die direkten Partner daran gehindert habe, bestimmte Konfigurationen für ihre Ergebnisseiten zu wählen, da sie zwangsläufig mindestens drei Google-Anzeigen in ein und demselben Block hätten anzeigen müssen, wenn der Nutzer diese Seiten von einem PC aus besuche. 829    Nach Auffassung der Kommission hielt die Platzierungsklausel insbesondere die direkten Partner, die nur drei oder weniger suchmaschinenbezogene Werbeanzeigen anzeigen wollten, davon ab, ihre Werbeanzeigen von einem mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler zu beziehen, weil die direkten Partner in diesem Fall nur Werbung von Google anzeigen durften. 830    Hierzu ist jedoch zum einen festzustellen, dass die Kommission im 500. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht ermittelt hat, welcher Anteil der direkten Partner nur drei oder weniger suchmaschinenbezogene Werbeanzeigen einblenden wollte. 831    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der von der Kommission nicht bestrittene Umstand, dass auf die direkten Partner, die die Einblendung von weniger als vier suchmaschinenbezogenen Werbeanzeigen verlangten, zwischen 2011 und 2015 weniger als [vertraulich] % der durch AFS erzielten Einnahmen entfielen, für die Beurteilung der Verdrängungswirkung relevant ist, die sich aus der Anforderung ergab, mindestens drei Werbeanzeigen von Google einzublenden. Dies gilt umso mehr, als der von der Kommission ebenfalls nicht bestrittene Umstand, dass die Mehrheit der direkten Partner im Durchschnitt mehr als sieben Werbeanzeigen von Google einblendeten, darauf hindeutet, dass die Gesamtzahl der direkten Partner, die drei oder weniger suchmaschinenbezogene Werbeanzeigen einblenden wollten, gering war. 832    Dieser Umstand betrifft jedoch nur einen Aspekt der Platzierungsklausel, nämlich die Anforderung an den direkten Partner, mindestens drei Werbeanzeigen von Google einzublenden. Er hat somit keinen Einfluss auf die anderen Aspekte dieser Klausel, insbesondere auf die Anforderung, die am besten sichtbaren Bereiche auf den Ergebnisseiten der direkten Partner der Werbung von Google vorzubehalten und diese in ein und demselben Block anzuzeigen. Daher lässt die oben in Rn. 831 getroffene Feststellung für sich genommen nicht den Schluss zu, dass bestimmte direkte Partner auch ohne diese Klausel keine konkurrierende Werbung in Bereichen angezeigt hätten, die höhere Einnahmen generierten, und somit keinen größeren Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern bezogen hätten. 3)      Zum wirtschaftlichen Interesse der direkten Partner, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, wenn es die Platzierungsklausel nicht gegeben hätte 833    Google macht geltend, dass die Mehrheit der direkten Partner ihren Bedarf auch ohne die Platzierungsklausel bei ihr bezogen hätten. In diesem Zusammenhang wirft sie der Kommission im Wesentlichen vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass sich die Website-Betreiber für AFS entschieden hätten, weil es sich um einen qualitativ höherwertigen Dienst gehandelt habe und die Website-Betreiber daher kein wirtschaftliches Interesse daran gehabt hätten, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen. 834    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 835    Zunächst geht aus der Rechtsprechung hervor, dass die Kommission, wie oben in Rn. 108 ausgeführt, zum Nachweis der Missbräuchlichkeit der Platzierungsklausel nicht zu belegen brauchte, dass diese Klausel tatsächlich wettbewerbswidrige Auswirkungen erzeugt hatte, sondern nur, dass diese Klausel unter den Umständen des vorliegenden Falls geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken. 836    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, nachdem sie im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hatte, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an einer Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, im 502. Erwägungsgrund dieses Beschlusses festgestellt hat, dass jedenfalls zumindest bestimmte direkte Partner ohne die Platzierungsklausel ein wirtschaftliches Interesse daran gehabt hätten, ihren Bedarf von mehreren Vermittlern gleichzeitig zu beziehen. 837    Insoweit ergibt sich oben aus Rn. 825, dass die Kommission im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Umstand, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner daran gehindert hatte, das wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei anderen Vermittlern zu beurteilen, die Schlussfolgerung zuließ, dass diese Klausel geeignet war, die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von diesen anderen Vermittlern zu beziehen. 838    Aus den vorstehenden Rn. 825 und 832 ergibt sich, dass die von Google vorgelegten Beweise nicht ausreichen, um davon auszugehen, dass bestimmte direkte Partner auch ohne die Platzierungsklausel keinen größeren Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern bezogen hätten. Die Kommission konnte nämlich im 500. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellen, dass diese Klausel geeignet war, die direkten Partner daran zu hindern, bestimmte Konfigurationen für ihre Ergebnisseiten zu wählen, wenn der Nutzer diese Seiten von einem von einem PC aus besuchte. 839    Daher durfte sich die Kommission auf den Nachweis beschränken, dass direkte Partner das wirtschaftliche Interesse an einer Deckung ihres Bedarfs bei anderen Vermittlern hätten beurteilen wollen, ohne darüber hinaus nachweisen zu müssen, dass sich diese direkten Partner, wenn sie diese Beurteilung hätten vornehmen können, ohne die Platzierungsklausel tatsächlich dafür entschieden hätten, ihren Bedarf von solchen Vermittlern zu beziehen. 840    Bevor die direkten Partner entschieden, ob sie ihren Bedarf von einem solchen Vermittler beziehen wollten, mussten sie nämlich notwendigerweise beurteilen, ob sie ein wirtschaftliches Interesse daran hatten, dies zu tun. Daraus folgt, dass die Kommission die Platzierungsklausel insofern, als sie die direkten Partner daran hinderte, eine solche Beurteilung vorzunehmen, für geeignet halten konnte, den Wettbewerb dadurch zu beschränken, dass sie diese Partner davon abhielt, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 841    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus dem 504. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die Tatsache, dass Google die Platzierungsklausel in ihre GSA aufgenommen hatte, ein Hinweis darauf war, dass sie trotz der vermeintlich besseren Qualität von AFS der Ansicht war, dass die direkten Partner ohne diese Klausel ein wirtschaftliches Interesse daran gehabt hätten, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen. 842    Darüber hinaus spricht die im 505. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebene Erklärung von [vertraulich], dass die direkten Partner „wenn möglich, eine Zusammenarbeit mit Google vermeiden wollten“, dafür, dass zumindest einige von ihnen ein wirtschaftliches Interesse daran hatten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 4)      Ergebnis zur abschreckenden Wirkung der Platzierungsklausel auf die direkten Partner 843    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission – vorbehaltlich der Prüfung aller weiteren relevanten Umstände und insbesondere der Geltungsdauer der Platzierungsklausel (siehe unten, Rn. 848) – zu Recht davon ausgegangen ist, dass diese Klausel, die es den direkten Partnern untersagte, konkurrierende Werbung in den am besten sichtbaren Bereichen ihrer Websites anzuzeigen, einige dieser direkten Partner davon abhalten konnte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von im Wettbewerb mit Google stehenden Vermittlern zu beziehen. 844    Erstens konnte die Kommission nämlich, wie oben in Rn. 825 ausgeführt, die im 499. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beispiele für Antworten direkter Partner zu Recht als Anhaltspunkte heranziehen, die geeignet waren, ihre Beurteilung zu untermauern, dass die Platzierungsklausel diese direkten Partner davon habe abhalten können, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 845    Zweitens ist darauf hinzuweisen, wie oben in Rn. 832 ausgeführt, dass der Umstand, dass die Mehrheit der Partner – darunter diejenigen, die die höchsten Einnahmen generierten – beschlossen hatten, mehr als drei Werbeanzeigen von Google einzublenden, für sich genommen nicht ausreicht, um davon auszugehen, dass die direkten Partner auch ohne diese Klausel keine Werbung von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern in Bereichen angezeigt hätten, die höhere Einnahmen generierten. 846    Drittens ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 230 und 276 des angefochtenen Beschlusses darauf hinzuweisen, dass die Marktanteile von Google auf den meisten der in Rede stehenden nationalen Märkte für Online-Suchmaschinenwerbung sowie auf dem Markt für die Vermittlung solcher Werbung zwischen 2006 und 2016 gestiegen waren. So gab es 2016 auf diesen Märkten kaum noch Wettbewerber von Google. Darüber hinaus waren diese Märkte durch hohe Marktzutritts- und Expansionsschranken sowie einen Mangel an kompensierender Nachfragemacht der Werbetreibenden und der Website-Betreiber gekennzeichnet. Insbesondere hatten Größen- und Netzwerkeffekte das Auftreten neuer Wettbewerber erschwert. 847    Somit reicht die bloße Tatsache, dass die Platzierungsklausel nur Auswirkungen auf das Verhalten bestimmter direkter Partner hatte, entgegen dem Vorbringen von Google nicht aus, um nachzuweisen, dass diese Klausel nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. 848    Folglich ist festzustellen, dass die Platzierungsklausel geeignet war, die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. Wie oben in Rn. 776 und 777 ausgeführt, hängt die Antwort auf die Frage, ob diese Klausel eine solche Eignung aufwies, jedoch auch von der Prüfung aller anderen relevanten Umstände und insbesondere von der Dauer ab, während der die direkten Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, die am besten sichtbaren Bereiche ihrer Ergebnisseiten der Werbung von Google vorzubehalten, wie auch die Kommission im 496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat. b)      Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 849    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Platzierungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. In diesem Zusammenhang hat sie erstens festgestellt, dass die Bruttoeinnahmen, die von den GSA, die diese Klausel enthielten, generiert worden seien, einen erheblichen Teil dieses Marktes ausgemacht hätten. Zweitens hat sie festgestellt, dass diese Klausel auf einige der meistbesuchten Websites im EWR anwendbar gewesen sei. Drittens hat sie die Auffassung vertreten, dass die in Rede stehende Klausel durch die den direkten Partnern auferlegte Verpflichtung, mindestens drei „großformatige“ suchmaschinenbezogene Werbeanzeigen von Google auf PCs und mindestens eine suchmaschinenbezogene Werbeanzeige von Google auf mobilen Geräten einzublenden, den Wettbewerbern von Google erhebliche Einnahmen aus der Anzeige solcher Werbung vorenthalten habe. Viertens hat sie darauf hingewiesen, dass die Zahl der Suchanfragen auf allen Websites der direkten Partner im Vergleich zur gesamten Online-Suche im EWR erheblich gewesen sei. Fünftens hat sie die Auffassung vertreten, dass die durchschnittliche Geltungsdauer der GSA, die die Platzierungsklausel enthalten hätten, lang gewesen sei. Sechstens hat sie festgestellt, dass sich die Tatsache, dass diese Klausel die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil dieses Marktes zu erlangen, in der Entwicklung der Marktanteile von Google widerspiegele. 1)      Zur Anwendung der Platzierungsklausel auf bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung 850    Google macht geltend, dass die Platzierungsklausel weder für bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung, wie z. B. die PLA, noch für nicht suchmaschinengebundene Werbung gegolten habe. Sie folgert daraus, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass diese Klausel den am besten sichtbaren Bereich auf den Ergebnisseiten der direkten Partner der eigenen Online-Suchmaschinenwerbung von Google vorbehalten habe. 851    Hierzu genügt die Feststellung, dass, wie oben aus Rn. 568 bis 571 hervorgeht, der Umstand, dass die Platzierungsklausel weder für bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung, darunter die PLA, noch für nicht suchmaschinengebundene Werbung galt, nicht geeignet ist, die Feststellung in Frage zu stellen, dass diese Klausel die Wettbewerber von Google daran hinderte, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. Google weist nämlich nicht nach, auch nicht im Rahmen des ersten Klagegrundes, dass die PLA, die Online-Suchmaschinenwerbung und die nicht suchmaschinengebundene Werbung demselben Markt angehörten, so dass sie auch nicht nachweist, dass die Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung, die Vermittlungsdienste für nicht suchmaschinengebundene Werbung und die Vermittlungsdienste für spezialisierte Suchergebnisse ebenfalls Teil ein und desselben Marktes gewesen seien. 2)      Zur Markterfassung durch die Platzierungsklausel 852    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission erstens festgestellt, dass zwischen 2009 und 2015 zum einen die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthalten hätten, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht hätten, und dass zum anderen diese Bruttoeinnahmen zusammen mit denen aus den GSA, die die Ausschließlichkeitsklausel enthalten hätten und mit den direkten All-Site-Partnern geschlossen worden seien, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht hätten. 853    Zweitens hat die Kommission unter Bezugnahme auf die oben in Rn. 576 erwähnte Microsoft-Studie festgestellt, dass die Platzierungsklausel auf einige der meistbesuchten Websites im EWR anwendbar gewesen sei. Darüber hinaus hat sie ausgeführt, dass die Zahl der Online-Suchanfragen auf den Websites der direkten Partner einen erheblichen Teil der gesamten Online-Suchanfragen in diesem Bereich ausgemacht habe. i)      Zum durch die Platzierungsklausel erfassten Marktanteil 854    Google wirft der Kommission erstens vor, bei der Beurteilung der Auswirkungen der Platzierungsklausel einerseits die Einnahmen aus den GSA, die die Ausschließlichkeitsklausel enthalten hätten und mit den direkten All-Site-Partnern geschlossen worden seien, und andererseits die Einnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthalten hätten und in die die direkten Partner nicht alle ihre Websites einbezogen hätten, berücksichtigt zu haben. Hierzu weist sie darauf hin, dass die Kommission die Einnahmen aus den GSA berücksichtigt habe, die mit [vertraulich] und [vertraulich] geschlossen worden seien, obwohl diese nie der Platzierungsklausel unterlegen hätten. Zweitens macht sie geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass ein erheblicher Anteil von mindestens [vertraulich] % der im EWR erzielten Einnahmen aus der Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung für ihre Wettbewerber „verfügbar“ geblieben sei. Drittens weist sie darauf hin, dass die Kommission die Markterfassung durch die Platzierungsklausel für das Jahr 2016 nicht ermittelt habe. 855    Die Kommission macht erstens geltend, dass Google ab 2009 damit begonnen habe, die Ausschließlichkeitsklausel schrittweise durch die Platzierungs- und die Vorabgenehmigungsklausel zu ersetzen, zweitens, dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung ausgemacht hätten, und drittens, dass aus dem angefochtenen Beschluss hervorgehe, dass Google am 6. September 2016 den letzten direkten Partner von ihrer Entscheidung unterrichtet habe, auf die Anwendung der Platzierungs- und der Vorabgenehmigungsklausel zu verzichten. Sie fügt hinzu, dass eine Reihe von direkten Partnern, darunter auch wichtige direkte Partner, bis zum 3. Juni 2016 Vertragsparteien eines GSA gewesen seien, der die Platzierungsklausel enthalten habe (siehe oben, Rn. 634). 856    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 599 ausgeführt, die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA einerseits und die Platzierungsklausel andererseits als geeignet angesehen hat, den Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu beschränken, zu dem die Wettbewerber von Google Zugang hätten erlangen können. Darüber hinaus steht fest, dass diese Klauseln, wie oben in Rn. 601 festgestellt, gleichzeitig verschiedene Teile dieses Marktes erfassten. 857    Wie oben aus Rn. 603 hervorgeht, kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission allein deshalb einen Rechtsfehler begangen hat, weil sie die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA berücksichtigte, um zu bestimmen, ob die Markterfassung durch die Platzierungsklausel ausreichte, um den Wettbewerbern von Google den Zugang zu einem erheblichen Teil des in Rede stehenden Marktes zu verwehren. 858    Daraus folgt, dass der Kommission weder vorgeworfen werden kann, die von direkten Partnern, darunter [vertraulich] und [vertraulich], geschlossenen GSA berücksichtigt zu haben, die der Platzierungsklausel nicht unterlagen, noch die GSA berücksichtigt zu haben, die diese Klausel enthielten, in die die direkten Partner aber nicht typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten. 859    Darüber hinaus ist oben in Rn. 650 festgestellt worden, dass selbst nach dem für Google günstigsten Szenario der kombinierte Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, einerseits und durch die Platzierungsklausel andererseits ausreichen konnte, um diese Klauseln als geeignet anzusehen, zwischen 2006 und 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 860    Somit vermag der von Google angeführte Umstand, dass ein erheblicher Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch die Platzierungsklausel nicht erfasst worden sei, nicht auszuschließen, dass diese Klausel geeignet war, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 861    Dagegen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 641 ausgeführt, nicht nachgewiesen hat, dass die Ausschließlichkeitsklausel und die Platzierungsklausel die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler im Jahr 2016 daran hindern konnten, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. ii)    Zum Datenverkehr und zur Zahl der Online-Suchanfragen auf den durch die Platzierungsklausel erfassten Websites 862    Google vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass die Microsoft-Studie aus den oben in Rn. 642 wiedergegebenen Gründen nicht geeignet sei, einen Kausalzusammenhang zwischen dem Umstand, dass die Platzierungsklausel für einige der meistbesuchten Websites im EWR gegolten habe, und dem Umstand nachzuweisen, dass diese Klausel ihren Wettbewerbern den Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verwehrt haben soll. 863    Darüber hinaus macht Google geltend, dass die Kommission entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen habe, dass die Zahl der Online-Suchanfragen auf den Websites der direkten Partner einen erheblichen Teil sämtlicher Online-Suchanfragen im EWR ausgemacht habe. Tabelle 27 dieses Beschlusses setze nämlich den Anteil der Online-Suchanfragen, der auf die Websites der 20 wichtigsten direkten Partner entfalle, möglicherweise zu hoch an, berücksichtige Websites, die der Platzierungsklausel nicht unterlegen hätten, und betreffe lediglich das Jahr 2015 und nur fünf EWR-Mitgliedstaaten. 864    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 865    Erstens hat die Kommission im 515. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Verweis auf die im 390. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnte Microsoft-Studie festgestellt, dass „bestimmte“ der meistbesuchten Websites im EWR unter die Platzierungsklausel gefallen seien. 866    In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben aus Rn. 628 hervorgeht, im angefochtenen Beschluss den genauen Umfang der Markterfassung durch die Platzierungsklausel auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen bestimmt hat, die durch die mit dieser Klausel versehenen GSA erzielt worden waren. 867    Wie oben in Rn. 646 dargelegt, belegt die im 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnte Microsoft-Studie, dass Google im Jahr 2010 zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % der meistbesuchten Webdomänen in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und im Vereinigten Königreich mit Vermittlungsdiensten für Online-Suchmaschinenwerbung versorgte. Zwar bezieht sich diese Studie, wie Google ausführt, nur auf ein Jahr des Zeitraums der Zuwiderhandlung und auf fünf Mitgliedstaaten. Ebenso weist Google zu Recht darauf hin, dass diese Studie es nicht ermöglicht, den Datenverkehr zu ermitteln, der speziell von den Websites erzeugt wurde, die unter die Platzierungsklausel fielen. Schließlich weist sie zu Recht darauf hin, dass die Zahl der Besuche einer Website nicht unbedingt ein zuverlässiger Indikator für die Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung ist. 868    Zum einen ändert dies aber nichts daran, dass die Microsoft-Studie einen zusätzlichen Anhaltspunkt darstellt, der es ermöglicht, die Bedeutung der von Google erbrachten Vermittlungsdienste für Online-Suchmaschinenwerbung sowie die Erfassung des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch diese Klausel zu beurteilen, da es sich erstens um fünf der größten EWR-Mitgliedstaaten handelt, zweitens unstreitig ist, dass zumindest bestimmte der in dieser Studie untersuchten Websites der Platzierungsklausel unterlagen, und drittens eine gewisse Korrelation zwischen der Zahl der Besuche einer Website und den Einnahmen aus der Online-Suchmaschinenwerbung besteht. 869    Zum anderen hat die Kommission ihre Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch die Platzierungsklausel jedenfalls nicht auf die Microsoft-Studie gestützt, so dass die Argumente, die Google in dieser Hinsicht vorbringt, selbst dann keine Auswirkungen auf die von der Kommission vorgenommene Berechnung dieses Umfangs hätten, wenn sie als stichhaltig anzusehen wären. 870    Zweitens ist festzustellen, dass die Kommission in Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses die Online-Suchanfragen, die über die Suchmaschinen von Google, Microsoft, Yahoo!, Yandex und Baidu sowie über die zu Microsoft und Yahoo! gehörenden Websites durchgeführt wurden, von der Gesamtzahl der Online-Anfragen im EWR ausgenommen hat. Somit konnte die Kommission diese Online-Suchanfragen entgegen der von Google vertretenen Ansicht nicht von der Gesamtzahl der Online-Suchanfragen ausnehmen, die über die Websites der 20 wichtigsten direkten Partner durchgeführt wurden, da unstreitig ist, dass die Websites, auf denen diese anderen Online-Suchanfragen durchgeführt wurden, keinem GSA unterlagen. 871    Google macht jedoch zu Recht geltend, dass sich Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses nur auf ein Jahr des Zeitraums der Zuwiderhandlung zwischen dem 31. März 2009 und dem 6. September 2016 bezog und in diesem Zeitraum nur fünf der 31 EWR-Mitgliedstaaten betraf. Darüber hinaus hat die Kommission eingeräumt, dass drei der von ihr genannten 20 direkten Partner nicht der Platzierungsklausel unterlagen. Zum einen hat sie jedoch nicht angegeben, wie hoch der Anteil der Online-Anfragen war, die von den Websites dieser drei direkten Partner ausgingen. Zum anderen macht sie zwar geltend, dass zwei dieser drei direkten Partner der Ausschließlichkeitsklausel unterlegen hätten, doch ist darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand in den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht erwähnt wird und dass die Kommission jedenfalls nicht behauptet, dass diese beiden direkten Partner zu den im 348. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten direkten All-Site-Partnern gehört hätten. 872    Folglich ist festzustellen, dass der im 518. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnte Umstand, dass die Zahl der über die Websites der direkten Partner durchgeführten Online-Suchanfragen einen erheblichen Teil der gesamten Online-Suchanfragen im Jahr 2015 in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich ausgemacht habe, nicht ausreicht, um zu belegen, dass die Zahl der Online-Suchanfragen über Websites, die speziell der Platzierungsklausel unterlagen, einen erheblichen Teil der gesamten Online-Suchanfragen im Zeitraum vom 31. März 2009 bis zum 6. September 2016 im EWR ausgemacht habe. 873    Allerdings ist die Frage, ob die speziell von der Platzierungsklausel erfassten Websites eine hohe Zahl von Online-Suchanfragen generiert hatten, nur ein Indiz für die Beurteilung des Umfangs, in dem diese Klausel den Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung insgesamt erfasst hat. 874    Wie oben in Rn. 866 erwähnt, hat die Kommission den Umfang der Markterfassung durch die Platzierungsklausel jedoch auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen bestimmt, die durch die mit dieser Klausel versehenen GSA erzielt wurden. Darüber hinaus ist oben in Rn. 650 und 859 festgestellt worden, dass dieser Umfang der Markterfassung zusammen mit dem der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, ausreichen konnte, um diese Klauseln zusammen als geeignet anzusehen, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 875    Ohne dass es einer Entscheidung über die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des Vorbringens von Google bedarf, ist daher festzustellen, dass sich die Kommission auf die Microsoft-Studie und auf die in Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses angeführten Daten als Indizien stützen konnte, die ihre Beurteilung des Umfangs der Markterfassung durch die Platzierungsklausel untermauerten. 3)      Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 876    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Platzierungsklausel geeignet gewesen sei, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig wie Google sei, vom Markt zu verdrängen. Erstens hätten nämlich die Einnahmen, die zwischen 2009 und 2015 von den mit dieser Klausel versehenen GSA generiert worden seien, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht. Zweitens hätten die Einnahmen aus dieser Klausel und aus der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA zwischen 2009 und 2015 [vertraulich] bis [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht. Drittens habe Google zwischen 2006 und 2016 über einen „sehr großen“ Marktanteil verfügt. Viertens sei dieser Markt durch Netzwerkeffekte geprägt gewesen. 877    Die Kommission hat zudem ausgeführt, dass es „fraglich“ sei, ob während der Geltungsdauer der Platzierungsklausel ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der so leistungsfähig wie Google gewesen wäre. Schließlich hat sie die Frage, ob Google eine Strategie verfolgte, die auf die Verdrängung ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google selbst gerichtet war, für nicht relevant gehalten. 878    Google macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass wegen der Platzierungsklausel auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können. Vinden stellt insoweit klar, dass diese Klausel sie nicht daran gehindert habe, ihren Bedarf von Yahoo! zu beziehen. Schließlich wirft Google der Kommission vor, das Fehlen einer Strategie, die darauf abzielte, ebenso leistungsfähige Wettbewerber wie sie selbst vom Markt zu verdrängen, im vorliegenden Fall als irrelevant angesehen zu haben. 879    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google und Vinden entgegen. 880    Hierzu ist festzustellen, dass, wie oben in Rn. 656 und 657 ausgeführt, der Umstand, dass die Kommission es als „fraglich“ bezeichnet hat, ob während der Geltungsdauer der Platzierungsklausel ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der so leistungsfähig wie Google gewesen wäre, nicht geeignet ist, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen. 881    Außerdem durfte sich die Kommission, wie oben in Rn. 665 ausgeführt, darauf beschränken, die Eignung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, anhand mehrerer relevanter Faktoren nachzuweisen, ohne sich zu diesem Zweck notwendigerweise auf den Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers stützen zu müssen. Darüber hinaus steht fest, dass Google, wie oben in Rn. 671 festgestellt, weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Gericht eine auf diesem Test beruhende Analyse vorgelegt hat. 882    Im vorliegenden Fall konnten schon der Wortlaut der Platzierungsklausel, der die direkten Partner grundsätzlich daran hinderte, in den am besten sichtbaren Bereichen ihrer Ergebnisseiten konkurrierende Werbung anzuzeigen, und die im 549. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Faktoren – nämlich zum einen die Tatsache, dass diese Klausel zusammen mit der Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erfasste, wie im Wesentlichen oben in Rn. 650 und 859 festgestellt worden ist, und zum anderen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google, das sich insbesondere aus ihren sehr hohen Marktanteilen sowie aus den Marktzutritts- und Expansionsschranken, insbesondere in Form von Netzwerkeffekten, ergab – als Beleg dafür dienen, dass die Platzierungsklausel geeignet sein konnte, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig wie Google war, vom Markt zu verdrängen. Daraus folgt, dass diese Faktoren auch aufzeigen konnten, dass es „fraglich“ war, ob ein solcher Wettbewerber während der Geltungsdauer dieser Klausel hätte entstehen können. 883    Schließlich kann der Kommission, wie sich oben aus Rn. 678 bis 681 ergibt, nicht vorgeworfen werden, zum einen nicht nachgewiesen zu haben, dass Google eine auf die Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie sie selbst gerichtete Strategie verfolgt habe, und zum anderen nicht berücksichtigt zu haben, dass Google eine Verdrängung solcher Wettbewerber vom Markt nicht beabsichtigt haben soll. 4)      Zur Geltungsdauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht bestimmter direkter Partner 884    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass die durchschnittliche Geltungsdauer der GSA, die die Platzierungsklausel enthalten hätten, lang gewesen sei. Insoweit hat sie erläutert, dass Google und die direkten Partner bestimmte GSA, manchmal mehrfach, ohne wesentliche Änderungen verlängert hätten. Darüber hinaus hat sie darauf hingewiesen, dass auch der Zeitraum, in dem die direkten Partner eine Mindestzahl von Werbeanzeigen von Google hätten beziehen und diesen zugleich die am besten sichtbaren Bereiche vorbehalten müssen, lang gewesen sei. Schließlich hat sie festgestellt, dass nur ein einziger direkter Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügt habe. 885    Google wirft der Kommission vor, die Dauer der Geschäftsbeziehung mit den direkten Partnern, die der Platzierungsklausel unterlagen, mit der Geltungsdauer der GSA, die diese Klausel enthielten, verwechselt zu haben. So weist sie darauf hin, dass die in den Fn. 707 und 713 des angefochtenen Beschlusses erwähnten GSA eine Laufzeit von zwei Jahren oder weniger zwischen jeder Erneuerung oder Verlängerung gehabt hätten. Außerdem habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass bestimme direkte Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügt hätten. 886    Vinden macht geltend, dass die mit Google geschlossenen GSA von kurzer Dauer gewesen seien, weil sie im Durchschnitt alle zwei Jahre erneuert worden seien. Außerdem weist sie darauf hin, dass das von ihr ausgefüllte Bestellformular für das Jahr 2011 ein einseitiges Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von 60 Tagen zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Vertrag jähre, vorgesehen habe. Somit macht sie geltend, dass sie sich in regelmäßigen Abständen dafür hätte entscheiden können, ihren Bedarf von einem mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler zu beziehen. 887    Die Kommission macht erstens geltend, dass die GSA von elf der fünfzehn in Fn. 707, 713, 766 und 767 des angefochtenen Beschlusses genannten direkten Partner, darunter auch die mit Vinden geschlossenen GSA, systematisch verlängert worden seien, bevor sie „zur Erneuerung an[ge]stand[en]“ hätten. Die Wettbewerber von Google seien daher „niemals in der Lage [gewesen], diesen Markt zu bestreiten“. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass meisten der von einem der vier verbleibenden direkten Partner geschlossenen GSA vor diesem Zeitpunkt verlängert worden seien, so dass es diesen Wettbewerbern von Google „im Allgemeinen nicht möglich gewesen [sei], diesen Markt zu bestreiten“. 888    Zweitens hält die Kommission den Umstand, dass bestimmte direkte Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügten, von vornherein für irrelevant, weil das Bestehen dieses Rechts die Anwendung der Platzierungsklausel erst und nur dann verhindere, wenn diese direkten Partner von diesem Recht Gebrauch gemacht hätten. Ferner stellt sie fest, dass die in Rede stehenden einseitigen Kündigungsrechte nicht jederzeit hätten ausgeübt werden können. Schließlich weist sie darauf hin, dass das Argument, dass die sechs von Google in der Erwiderung genannten direkten Partner über ein solches Recht verfügt hätten, verspätet und daher unzulässig sei. 889    Zunächst ist in Bezug auf die von der Kommission geltend gemachte Unzulässigkeit festzustellen, dass Google in Rn. 131 der Klageschrift rügt, der angefochtene Beschluss habe nicht berücksichtigt, dass bestimmte direkte Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügt hätten. Google verweist insoweit auf die Tabellen 1 und 2 der Anlage A.55 zur Klageschrift, in denen sie unter den direkten Partnern, deren GSA in Fn. Nr. 707, 713, 766 und 767 des angefochtenen Beschlusses erwähnt seien, diejenigen identifiziert habe, die über ein solches Recht verfügt hätten. Daher ist in Anbetracht der oben in Rn. 691 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass das von Google in der Erwiderung vorgebrachte Argument, wonach dieses Recht auch anderen direkten Partnern zugestanden habe, einen so engen Zusammenhang mit ihren Ausführungen in der Klageschrift aufweist, dass es als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden kann. 890    Was die Begründetheit der Argumentation von Google betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 778 ausgeführt, zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Platzierungsklausel in Bezug auf die Websites, die in die GSA, die diese Klausel enthielten, einbezogen waren, einer gelockerten Ausschließlichkeitsklausel gleichkam, weil sie die am besten sichtbaren Bereiche der Ergebnisseiten der direkten Partner der Werbung von Google vorbehielt. 891    Somit ist festzustellen, dass, wie sich oben aus Rn. 695 und 696 ergibt, die Dauer der Verpflichtung der direkten Partner, die am besten sichtbaren Bereiche ihrer Ergebnisseiten der Werbung von Google vorzubehalten, zu den Umständen gehört, die für die Beurteilung der Verdrängungswirkung dieser Klausel relevant sind. 892    In dieser Hinsicht ist erstens darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Feststellung, dass die durchschnittliche Laufzeit der GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, lang gewesen sei, im 519. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich auf die Tatsache gestützt hat, dass mehrere GSA, manchmal mehrfach, ohne wesentliche Änderungen verlängert worden waren. 893    Zum einen ergibt sich aus Anlage A.55 zur Klageschrift, dessen Inhalt von der Kommission nicht bestritten wird, und aus den Erwägungsgründen 519 und 525 des angefochtenen Beschlusses – insbesondere aus den Fn. 707 und 713 dieses Beschlusses, wobei der Inhalt der letztgenannten Fußnote in den Fn. 766 und 767 dieses Beschlusses, die in den Schriftsätzen der Kommission erwähnt werden, erneut wiedergegeben ist –, dass die Kommission die Gesamtdauer der Geltung dieser GSA unter Einbeziehung aller ihrer gegebenenfalls vorgenommenen Verlängerungen berücksichtigt hat. Dagegen hat sie weder die ursprüngliche Geltungsdauer jedes einzelnen dieser GSA noch die Dauer jeder seiner etwaigen Verlängerungen berücksichtigt, was im Wesentlichen durch Rn. 241 der Klagebeantwortung bestätigt wird. 894    Zum anderen geht aus Fn. 707 des angefochtenen Beschlusses und aus Anlage A.55 zur Klageschrift hervor, dass die Kommission, anders als dem 519. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zu entnehmen sein könnte, nicht nur die Gesamtdauer der Geltung eines jeden GSA einschließlich der Verlängerung, sondern auch die kumulierte Geltungsdauer der verschiedenen GSA, die von ein und demselben direkten Partner geschlossen wurden, berücksichtigt hat. 895    Somit ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss und aus Anlage A.55 zur Klageschrift, dass die Kommission weder die Laufzeit jedes einzelnen GSA noch die Dauer jeder einzelnen möglichen Verlängerung dieser GSA berücksichtigt hat. 896    Zweitens hat die Kommission die Nichtberücksichtigung einseitiger Kündigungsrechte für die Zwecke ihrer Beurteilung im 526. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses mit der Feststellung gerechtfertigt, Google habe im Verwaltungsverfahren nur einen direkten Partner benannt, der über ein solches Recht verfügt habe. Sie hat dies somit als eine Ausnahme betrachtet und behauptet, dass kein anderer direkter Partner über ein solches Recht verfügt habe. 897    Aus den Anlage A.55 zur Klageschrift und C.8 zur Erwiderung geht jedoch hervor, dass mindestens neun weitere direkte Partner, nämlich Vinden, [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügten, was die Kommission nicht bestreitet. Darüber hinaus geht aus den Fn. 707, 713, 766 und 767 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die Kommission auf die Dauer der mit höchstens fünfzehn direkten Partnern geschlossenen GSA gestützt hat. Die Tatsache, dass mindestens zehn direkten Partnern ein einseitiges Kündigungsrecht zustand, kann folglich nicht als eine Ausnahme betrachtet werden, um es zu rechtfertigen, sie bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Platzierungsklausel nicht zu berücksichtigen. 898    Daher konnte die Kommission nicht allein auf der Grundlage der oben in Rn. 892 und 896 dargelegten Erwägungen und ohne Prüfung der tatsächlichen Bedingungen und Modalitäten, unter denen die Verlängerungen der GSA vereinbart worden waren, sowie des Inhalts der Klauseln, die für bestimmte direkte Partner ein einseitiges Kündigungsrecht vorsahen, und der Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt werden konnte, ausschließen, dass diese direkten Partner die Möglichkeit hatten, – auch vor der eventuellen Verlängerung ihrer GSA oder vor der Ausübung eines einseitigen Kündigungsrechts – in Bezug auf die am besten sichtbaren Bereiche ihrer Ergebnisseiten ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Daraus folgt, dass die Kommission auch nicht feststellen konnte, diese Vermittler hätten keine Möglichkeit gehabt, den Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu bestreiten, der durch die GSA mit der Platzierungsklausel erfasst worden sei, und zwar während der gesamten Geltungsdauer dieser GSA, geschweige denn während ihrer kumulierten Geltungsdauer. 899    Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt. 900    Erstens macht die Kommission nämlich geltend, dass bestimmte GSA vor ihrem Ablauf verlängert worden seien. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 707 ausgeführt, von der nicht untermauerten Prämisse ausgeht, dass die anderen Vermittler bei der Verlängerung dieser GSA nicht mit Google in Wettbewerb hätten treten können. Insbesondere führt sie keine Beweise dafür an, dass die Verhandlungen über die Verlängerung eines GSA nicht nach einem Wettbewerbsprozess hätten stattfinden können, in dessen Rahmen der betreffende direkte Partner die von Google erbrachten Dienstleistungen mit denen ihrer Wettbewerber verglichen habe. 901    Zweitens macht die Kommission in der Klagebeantwortung zu Unrecht geltend, dass das einigen direkten Partnern zustehende einseitige Kündigungsrecht irrelevant sei, weil die Platzierungsklausel bis zur Ausübung dieses Rechts weiter gelte. Wie oben in Rn. 714 ausgeführt, hätte die Kommission nämlich den Inhalt der Klauseln, die diese Rechte vorsahen, und die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt werden konnten, aber auch die Frage, welche direkten Partner sie in Anspruch nehmen konnten, untersuchen müssen, um festzustellen, ob diese Rechte geeignet waren, zumindest in gewissem Maße die im angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung in Frage zu stellen, dass die Platzierungsklausel die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, während der Laufzeit der GSA, die diese Klausel enthielten, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. 5)      Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 902    Wie oben in Rn. 859 ausgeführt, hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass in Anbetracht der aus den oben in Rn. 602 dargelegten Gründen zu berücksichtigenden Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA die Markterfassung durch die Platzierungsklausel ausreichen konnte, um diese Klausel als geeignet anzusehen, zwischen dem 31. März 2009 und dem 31. Dezember 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. Darüber hinaus ist oben in Rn. 882 festgestellt worden, dass Google nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können oder dass ein solcher Wettbewerber wahrscheinlich von diesem Markt verdrängt worden wäre. 903    Dagegen hat die Kommission zum einen, wie oben aus Rn. 861 hervorgeht, nicht nachgewiesen, dass die Platzierungsklausel aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar und dem 6. September 2016 eine solche Wirkung entfalten konnte. Zum anderen hat sie, wie sich oben aus Rn. 898 ergibt, bei der Beurteilung der Dauer, während der die direkten Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, die am besten sichtbaren Bereiche ihrer Ergebnisseiten der Werbung von Google vorzubehalten, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt. 904    Daraus folgt, dass die Kommission entgegen den Anforderungen der oben in Rn. 107 angeführten Rechtsprechung nicht rechtlich hinreichend unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls nachgewiesen hat, dass die Platzierungsklausel geeignet war, die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran zu hindern, während der Geltungsdauer dieser Klausel Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. c)      Ergebnis zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes 905    Wie oben in Rn. 769 ausgeführt, hat die Kommission im 494. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass die Platzierungsklausel unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass diese Klausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. 906    Wie oben in Rn. 770 und 771 dargelegt, hat die Kommission die Platzierungsklausel im Wesentlichen für geeignet gehalten, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, weil festzustellen sei, dass diese Klausel zum einen die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen diese Vermittler daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. Zudem hat sie aus dieser Verdrängungswirkung abgeleitet, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 907    Wie oben in Rn. 776 ausgeführt, hat die Kommission im 496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vor ihrer Prüfung der Auswirkungen jeder der fünf von ihr festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen (siehe oben, Rn. 905) klargestellt, dass sie bei ihrer Analyse, die dem Nachweis habe dienen sollen, dass die Platzierungsklausel geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt und somit im Wesentlichen die Bedeutung der Entwicklungen hervorgehoben habe, die in den Erwägungsgründen 519, 525 und 526 dieses Beschlusses dargelegt worden seien, die in dessen Abschnitt 8.4.4.2 enthalten seien, der sich mit der Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler befasse, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. Sie hat auch angegeben, den Umfang der Markterfassung durch diese Klausel berücksichtigt zu haben, den sie in demselben Abschnitt dieses Beschlusses untersucht habe. Aus der Stellung dieses 496. Erwägungsgrundes in der Systematik des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Kommission diese Geltungsdauer und diesen Umfang der Markterfassung bei der Prüfung der Auswirkungen der Platzierungsklausel im Rahmen jeder der fünf in diesem Beschluss festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt hat. 908    Wie oben in Rn. 903 ausgeführt, hat die Kommission jedoch bei der Beurteilung der Dauer, während der die direkten Partner aufgrund der Platzierungsklausel verpflichtet waren, die am besten sichtbaren Bereiche ihrer Ergebnisseiten der Werbung von Google vorzubehalten, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt. 909    Außerdem hat die Kommission, wie ebenfalls oben in Rn. 903 ausgeführt, nicht nachgewiesen, dass die Platzierungsklausel aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar und dem 6. September 2016 eine Verdrängungswirkung entfalten konnte. 910    Daraus folgt, dass sich die von der Kommission begangenen und oben in Rn. 908 und 909 aufgezeigten Fehler auf die Gesamtheit der von ihr im angefochtenen Beschluss festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen auswirken, so dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Platzierungsklausel geeignet war, die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, oder dass sie geeignet war, diesen Vermittlern den Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu verwehren, und diese Klausel folglich geeignet war, die in diesem Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. 911    Somit hat die Kommission auch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Platzierungsklausel die Innovation behindern konnte, ferner Google geholfen hat, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern schaden konnte. 912    Schließlich ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 541 und 542 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen die Auffassung vertreten hat, dass der verbindliche Charakter der Mockups die Verdrängungswirkung der Platzierungsklausel verstärkt habe, indem er die Möglichkeit der direkten Partner, die Platzierung sowohl der Werbung von Google als auch der konkurrierenden Werbung zu ändern, weiter eingeschränkt habe. Die Kommission hat jedoch weder nachgewiesen, dass die Platzierungsklausel geeignet war, eine solche Wirkung zu entfalten, noch behauptet, dass die Mockups für sich allein eine solche Wirkung hätten entfalten können. Daher können die Mockups allein nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass die Platzierungsklausel eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV darstellte. 913    Daraus folgt, dass dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes stattzugeben ist, ohne dass das übrige Vorbringen von Google im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft zu werden braucht, und dass der angefochtene Beschluss daher für nichtig zu erklären ist, soweit darin festgestellt wurde, dass die Platzierungsklausel eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dargestellt habe. E.      Vierter Klagegrund: Die Vorabgenehmigungsklausel stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 914    Mit dem vierten Klagegrund wirft Google der Kommission vor, die Vorabgenehmigungsklausel als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV angesehen zu haben. Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen, von denen sich der erste auf das Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung und der zweite darauf bezieht, dass diese Klausel objektiv gerechtfertigt gewesen sei. 915    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Vorabgenehmigungsklausel in der GSA-Mustervorlage vom März 2009 wie folgt lautete: „Ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Google darf das Unternehmen keine Änderungen vornehmen in Bezug auf: […] die Anzeige von gleichwertigen Werbeanzeigen, AFS-Werbeanzeigensätzen oder AFS-Werbeanzeigen auf einer Ergebnisseite, einschließlich Änderungen ihrer Zahl, Farbe, Schriftart, Größe oder Platzierung oder des Ausmaßes, in dem diese Werbeanzeigen angeklickt werden können.“ 916    Die Vorabgenehmigungsklausel wurde durch Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 ergänzt, die wie folgt lautete: „Beantragt das Unternehmen die Zustimmung gemäß der vorstehenden [Vorabgenehmigungsklausel], kann Google ihre Zustimmung nur mit der Begründung verweigern, dass die vorgeschlagene Änderung gegen die geltende Vereinbarung oder gegen die Markenrichtlinien von Google verstoßen würde, und Google darf ihre Zustimmung nicht aus rein kommerziellen Gründen verweigern. Wenn Google eine solche Zustimmungsanfrage nicht innerhalb von 15 Werktagen [ab] Erhalt beantwortet, gilt eine solche Zustimmung als von Google erteilt.“ 917    Wie oben in Rn. 730 ausgeführt, stellte Klausel 1.1 der GSA-Mustervorlage vom März 2009 klar, dass der Begriff „gleichwertige Werbeanzeige“ so zu verstehen war, dass er „alle Werbeanzeigen [bezeichnet], die ihrer Art nach mit den von Google im Rahmen einer Vereinbarung bereitgestellten AFS-Werbeanzeigen identisch oder ihnen im Wesentlichen ähnlich sind“. 918    Der Wortlaut der Vorabgenehmigungsklausel wurde im Lauf der Zeit in der GSA-Mustervorlage geändert. Sie wurde auch wie folgt formuliert: „Beabsichtigt das Unternehmen Änderungen in Bezug auf die Anzeige von: gleichwertigen Werbeanzeigen auf einer Ergebnisseite, einschließlich Änderungen ihrer Zahl, Farbe, Schriftart, Größe oder Platzierung oder des Ausmaßes, in dem diese Werbeanzeigen angeklickt werden können, wird das Unternehmen solche Änderungen nur vornehmen, wenn Google ihnen im Voraus schriftlich zugestimmt hat. Google darf ihre Zustimmung nicht verweigern, es sei denn, die vorgeschlagene Änderung würde gegen die geltende Vereinbarung verstoßen. Wenn Google eine in dieser Klausel vorgesehene Zustimmungsanfrage … nicht innerhalb von 15 Werktagen [ab] Erhalt beantwortet, gilt eine solche Zustimmung als von Google erteilt.“ 919    Im 573. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass diese Klausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. 920    Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aufgrund ihrer Feststellung, die Vorabgenehmigungsklausel habe zum einen die direkten Partner davon abgehalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert, im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Klausel geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 921    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aus der Verdrängungswirkung der Vorabgenehmigungsklausel abgeleitet hat, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 922    Erstens geht nämlich aus den Erwägungsgründen 598 bis 600 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Verdrängungswirkung der Vorabgenehmigungsklausel die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran gehindert habe, verschiedenartige Online-Suchmaschinenwerbung anzubieten oder zu entwickeln, so dass diese Klausel sie davon abgehalten habe, in Innovationen zu investieren. Ferner geht aus dem 602. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass diese Verdrängungswirkung den genannten Vermittlern Einnahmen und Daten vorenthalten habe, die für die Bereitstellung von Online-Suchmaschinenwerbung hätten genutzt werden können. Schließlich geht aus dem 605. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervor, dass diese Verdrängungswirkung es Google ermöglicht habe, die von den Werbetreibenden gezahlten Preise auf einem hohen Niveau festzusetzen und damit die Preise zu erhöhen, die die Verbraucher für die in der Online-Suchmaschinenwerbung beworbenen Waren zahlten. Dem hat die Kommission im 606. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hinzugefügt, dass der Umstand, dass die Vorabgenehmigungsklausel die Innovation habe behindern können, den Verbrauchern auch eine größere Auswahl an Online-Suchmaschinenwerbung genommen habe. 923    Google macht im ersten Teil des vierten Klagegrundes geltend, dass die Vorabgenehmigungsklausel erstens nicht die im angefochtenen Beschluss festgestellten Verdrängungswirkungen entfaltet habe, zweitens Google nicht geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten oder zu verstärken, und drittens weder die Innovation behindert noch den Verbrauchern geschadet habe. 924    Surfboard und Vinden machen geltend, dass die Vorabgenehmigungsklausel keine Auswirkungen auf ihr Verhalten gehabt habe und objektiv gerechtfertigt gewesen sei. 925    Zunächst ist die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu untersuchen, die sich aus der Vorabgenehmigungsklausel ergibt. Es ist daher zu prüfen, ob diese Klausel geeignet war, einerseits die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und andererseits den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. 926    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 574. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klargestellt hat, dass sie bei ihrer Prüfung, ob die Vorabgenehmigungsklausel geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, alle relevanten Umstände berücksichtigt habe, darunter insbesondere zum einen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google sowohl auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung als auch auf dem Markt für die Vermittlung solcher Werbung, und zum anderen den Umfang der Erfassung des letztgenannten Marktes durch diese Klausel sowie die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“. Sie hat insoweit auf Abschnitt 7 dieses Beschlusses, der sich mit der marktbeherrschenden Stellung von Google befasst und die oben in Rn. 401 bis 404 zusammengefassten Erwägungen enthält, bzw. auf den gesamten Abschnitt 8.5.4.2 dieses Beschlusses verwiesen, der sich mit der Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler befasst, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. 927    Entsprechend den Ausführungen in Rn. 400 und 405 des vorliegenden Urteils ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der von der Kommission gewählte Ansatz im Einklang mit der Rechtsprechung steht, und zum anderen, dass Google den Inhalt von Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses allein insoweit bestreitet, als sie im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend macht, dass die Kommission die relevanten Märkte in Abschnitt 6 dieses Beschlusses falsch definiert habe. 928    Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist zunächst zu prüfen, ob die Vorabgenehmigungsklausel geeignet war, die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und in einem zweiten Schritt, ob sie geeignet war, den Zugang dieser Vermittler zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu verhindern. 1.      Zur abschreckenden Wirkung der Vorabgenehmigungsklausel auf die direkten Partner 929    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission ausgeführt, dass die Vorabgenehmigungsklausel die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 930    Im Einzelnen hat die Kommission erstens im 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, indem sie ihnen auferlegt habe, eine „Dreiecksverhandlung“ über die Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung zu führen, zweitens im 578. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, dass die Tragweite dieser Klausel und die Weigerung von Google, über sie zu verhandeln oder sie zu präzisieren, die direkten Partner davon abgehalten hätten, ihren Bedarf von diesen Vermittlern zu beziehen, und drittens im 579. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, dass die direkten Partner ihren Bedarf ohne die Klausel ungehinderter von diesen Vermittlern bezogen hätten. 931    Google beanstandet den Inhalt jedes einzelnen der Erwägungsgründe 577 bis 579 des angefochtenen Beschlusses. 932    Als Erstes wirft Google der Kommission vor, im 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt zu haben, dass die Vorabgenehmigungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, zu prüfen, ob es wirtschaftlich lohnender wäre, ihren Bedarf bei konkurrierenden Vermittlern zu decken. 933    Im Einzelnen macht Google erstens geltend, dass die Vorabgenehmigungsklausel zum einen nur für diejenigen Websites gegolten habe, die die direkten Partner in ihre GSA einzubeziehen beschlossen hätten, und zum anderen die Anzeige konkurrierender Werbung erlaubt habe. Außerdem habe die Kommission keinen Fall ermittelt, in dem Google die Anzeige solcher Werbung verweigert hätte. Zweitens weist sie darauf hin, dass sich diese Klausel weder auf die ursprüngliche Platzierung konkurrierender Werbung noch auf die Einhaltung ihrer verschiedenen Richtlinien zur Werbepolitik (mit denen die Anzeige beleidigender, gefährlicher, unerwünschter oder irreführender Werbung habe untersagt werden sollen) bezogen habe, so dass diese Klausel direkte Partner nicht davon habe abhalten können, konkurrierende Werbung anzuzeigen. Drittens habe die Kommission, obwohl die in Rede stehende Klausel lediglich habe verhindern sollen, dass die von den direkten Partnern vorgeschlagenen Änderungen gegen die genannten Richtlinien verstießen, nicht festgestellt, dass diese Richtlinien geeignet seien, den Wettbewerb zu beschränken. Viertens wirft Google der Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass sie zum einen gemäß Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 einen Antrag auf Änderung in Bezug auf die Anzeige von Werbung nicht allein aus kommerziellen Gründen habe ablehnen können und dass sie zum anderen Beweise dafür vorgelegt habe, dass sie Anträgen direkter Partner auf Änderung dieser Anzeige von Werbung stattgegeben habe. Insoweit weist sie außerdem darauf hin, dass die Kommission keinen einzigen Fall ermittelt habe, in dem Google die Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung aufgrund dieser Klausel verweigert habe. Fünftens macht sie geltend, dass die Kommission auch Beweise unberücksichtigt gelassen habe, die belegten, dass die direkten Partner in der Lage gewesen seien, die konkurrierenden Werbeanzeigen zu bewerten, die auf Websites angezeigt worden seien, die der Vorabgenehmigungsklausel unterlegen hätten. 934    Als Zweites wirft Google der Kommission vor, im 578. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht die Beweise berücksichtigt zu haben, die belegten, dass die direkten Partner die Streichung der Vorabgenehmigungsklausel aus ihren GSA hätten aushandeln können. Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass keine der von der Kommission in diesem Erwägungsgrund wiedergegebenen Erklärungen direkter Partner belege, dass sie es abgelehnt habe, über diese Klausel zu verhandeln oder deren Tragweite zu präzisieren. 935    Als Drittes wirft Google der Kommission vor, sich im 579. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf Erklärungen direkter Partner gestützt zu haben, die nicht bestätigen könnten, dass diese Partner ihren Bedarf ohne die Vorabgenehmigungsklausel ungehinderter von anderen Vermittlern bezogen hätten. 936    Surfboard macht geltend, dass die Vorabgenehmigungsklausel eine positive Erfahrung für den Nutzer, den Werbetreibenden und den direkten Partner fördere, indem sie die Anzeige beleidigender oder irreführender Werbung verhindere. Zudem weist sie darauf hin, dass Google einen Antrag auf Änderung nicht allein aus kommerziellen Gründen habe ablehnen können. Darüber hinaus habe sie selbst sich durch diese Klausel nicht gehindert gesehen, die von ihr gewünschten Änderungen auf ihren Websites vorzunehmen, wie sie der Kommission im Verwaltungsverfahren erläutert habe. Vinden fügt hinzu, dass die Vorabgenehmigungsklausel sie nicht dazu verpflichtet habe, Google um Erlaubnis zu bitten, um die Anzeige konkurrierender Werbung zu ändern. 937    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google, Surfboard und Vinden entgegen. 938    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Vorabgenehmigungsklausel in Verbindung mit Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 vorsah, dass die direkten Partner vor einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung, einschließlich der Änderung ihrer Zahl, Farbe, Schriftart, Größe, Platzierung oder des Ausmaßes, in dem diese Werbeanzeigen angeklickt werden konnten, die vorherige schriftliche Zustimmung von Google einholen oder, falls Google auf ihr Ersuchen um Zustimmung nicht reagierte, den Ablauf einer Frist von 15 Werktagen abwarten mussten. 939    So sorgte die Vorabgenehmigungsklausel dafür, dass Google zum einen über jede beabsichtigte Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung informiert war und zum anderen die Geschäftsbeziehungen der direkten Partner mit konkurrierenden Vermittlern ständig überwachen und sich in diese einmischen konnte, indem sie gegebenenfalls die Möglichkeit hatte, unter den in Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 vorgesehenen Voraussetzungen Änderungen der Anzeige solcher Werbung, die ihr nicht genehm waren, nicht zuzulassen. 940    Die Kommission hat daher im 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel dadurch, dass sie von den direkten Partnern verlangte, vor jeder Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung die vorherige Zustimmung von Google einzuholen, erschwerte Dreiecksverhandlungen zwischen diesen direkten Partnern, Google und den mit ihr im Wettbewerb stehenden Vermittlern notwendig machte. 941    Desgleichen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 579. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, dass die direkten Partner ihren Bedarf ohne die Vorabgenehmigungsklausel ungehinderter von anderen Vermittlern hätten beziehen können, und zwar ungeachtet der Argumentation, mit der Google die Relevanz der in diesem Erwägungsgrund beispielhaft wiedergegebenen Erklärungen der direkten Partner in Frage zu stellen versucht. 942    Darüber hinaus ist die im 578. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebene Antwort von [vertraulich] geeignet, die Tatsache zu bestätigen, dass Google es abgelehnt hatte, über die Tragweite der Vorabgenehmigungsklausel zu verhandeln. Aus diesem Erwägungsgrund geht nämlich hervor, ohne dass dies von Google bestritten wird, dass [vertraulich] vorgeschlagen hatte, ihren GSA zu ändern, um zum einen klarzustellen, dass Google „nach vernünftigem Ermessen“ handeln müsse, und zum anderen, dass Google ein nach dieser Klausel gestelltes Ersuchen nur nach Maßgabe der „Markenrichtlinien von Google“ und „anderer Richtlinien von Google“ ablehnen könne. Daraus folgt, dass [vertraulich] versucht hat, die in Rede stehende Klausel zu ändern, um die Umstände einzuschränken, unter denen Google die Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung verweigern konnte. Google hat diesem Ersuchen jedoch nicht stattgegeben. 943    Wie aus Fn. 422 und dem 630. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht und von Google in ihren Schriftsätzen bestätigt wird, enthielten zudem alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel. Oben in Rn. 843 ist jedoch festgestellt worden, dass die Platzierungsklausel geeignet war, bestimmte direkte Partner davon abzuhalten, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Daher ist davon auszugehen, das die Vorabgenehmigungsklausel die abschreckende Wirkung der Platzierungsklausel verstärken konnte, indem sie die Änderung der durch diese Klausel bereits eingeschränkten Platzierung konkurrierender Werbung erschwerte. 944    Folglich ist festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen sowie des Ausmaßes der beherrschenden Stellung von Google auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung und insbesondere des Bestehens erheblicher Marktzutritts- und Expansionsschranken auf diesem Markt rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Vorabgenehmigungsklausel dadurch, dass sie die direkten Partner verpflichtete, vor einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung die vorherige schriftliche Zustimmung von Google einzuholen – was diese Partner zwang, Dreiecksverhandlungen unter Einmischung von Google zu führen, und sie daran hinderte, ihren Bedarf ungehinderter von Wettbewerbern von Google zu beziehen –, bestimmte direkte Partner davon abhalten konnte, zumindest einen Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. 945    Das weitere Vorbringen von Google ist nicht geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen. 946    Erstens ist mit der Kommission – und wie sich insbesondere oben aus Rn. 787 ergibt – darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Vorabgenehmigungsklausel nicht für alle Websites der direkten Partner galt, sondern nur für die Websites, die in die mit dieser Klausel versehenen GSA einbezogen waren, für die Frage, ob diese Klausel die direkten Partner daran gehindert hat, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen, zumindest insoweit irrelevant ist, als es um die in diese GSA einbezogenen Websites geht. 947    Zweitens hat der von Google angeführte Umstand, dass die Vorabgenehmigungsklausel im Wesentlichen objektiv gerechtfertigt gewesen sei, weil sie die Anzeige beleidigender, gefährlicher, unerwünschter oder irreführender Werbung habe verbieten sollen, mit dem Vorliegen wettbewerbswidriger Wirkungen als solchem nichts zu tun. Nur wenn nach Würdigung aller relevanten Umstände festgestellt wird, dass diese Klausel solche Wirkungen entfaltet hat, ist nämlich zu prüfen, ob Google die Verwendung dieser Klausel gerechtfertigt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 40). 948    Drittens macht Google zu Unrecht geltend, dass Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 geeignet sei, die abschreckende Wirkung der Vorabgenehmigungsklausel in Frage zu stellen. 949    Es trifft zwar zu, dass Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 den Rahmen festlegte, in dem Google den Antrag eines direkten Partners auf Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung ablehnen durfte. Darüber hinaus legte sie fest, dass ein solcher Antrag als genehmigt galt, wenn Google nicht innerhalb von 15 Werktagen darauf reagierte. Ihr bloßes Vorhandensein in den GSA vermag jedoch nicht die Feststellung in Frage zu stellen, dass die Vorabgenehmigungsklausel von den direkten Partnern verlangte, die vorherige Zustimmung von Google zu einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung einzuholen, und es diesen direkten Partnern somit in der Praxis erschwerte, ihren Bedarf von anderen Vermittlern zu beziehen. Dies war unabhängig davon der Fall, unter welchen Umständen Google Anträge auf Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung ablehnen konnte und welche Möglichkeiten sie hatte, die Durchführung solcher Änderungen angesichts der für die Beantwortung solcher Anträge vorgesehenen Frist von 15 Werktagen zu verzögern. Andererseits trifft es zu, wie Google geltend macht, dass die Vorabgenehmigungsklausel und Klausel 6.2(b) der GSA-Mustervorlage vom März 2009 nicht die anfängliche Einblendung konkurrierender Werbung betrafen. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Klausel es erschwerte, die Anzeige konkurrierender Werbung zu ändern, nachdem diese bereits auf einer Ergebnisseite der Website eines direkten Partners angezeigt worden war. 950    Viertens ist zwar in Übereinstimmung mit Google festzustellen, dass die Kommission keinen Fall ermittelt hat, in dem Google den Änderungsantrag eines direkten Partners aufgrund der Vorabgenehmigungsklausel abgelehnt hat. Ebenso macht Google zu Recht geltend, dass die Akte der Kommission Beweise dafür enthielt, dass Google in der Praxis solchen Anträgen stattgegeben hatte. Die Kommission hat jedoch im angefochtenen Beschluss nicht geltend gemacht, dass die von ihr festgestellte Wettbewerbsbeschränkung auf die Weigerung von Google zurückzuführen sei, solchen Anträgen stattzugeben. Vielmehr ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass allein der Umstand, dass die direkten Partner verpflichtet waren, die vorherige schriftliche Zustimmung von Google einzuholen oder andernfalls 15 Arbeitstage zu warten, bevor sie diese Anzeige ändern konnten, zur Folge hatte, dass sie zu diesem Zweck an einer beschwerlicheren Dreiecksverhandlung teilnehmen mussten und daran gehindert wurden, ihren Bedarf ungehinderter von den Wettbewerbern von Google zu beziehen. 951    Fünftens beruft sich Google insbesondere auf die Antworten auf ein Auskunftsersuchen vom 30. Oktober 2015, in denen drei direkte Partner, nämlich [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], der Kommission mitgeteilt hätten, dass sie die Wirksamkeit konkurrierender Werbeanzeigen, die auf ihren der Vorabgenehmigungsklausel unterliegenden Websites angezeigt worden seien, hätten bewerten konnten. Zum einen ist jedoch festzustellen, dass Google in ihren Schriftsätzen nicht klargestellt hat, ob [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] ihre Zustimmung einholen mussten, bevor sie solche Bewertungen vornahmen. Außerdem geht aus diesen Schriftsätzen hervor, dass der Umfang dieser Bewertungen begrenzt war, weil [vertraulich] erklärt hatte, „nur einen einzigen kleinen Test“ mit einem anderen Anbieter durchgeführt zu haben, und [vertraulich] klargestellt hatte, dass sie erst nach „jahrelangen, schrittweisen Verhandlungen“ in der Lage gewesen sei, „einen Prozentsatz [ihrer] Nutzer auf sogenannte ‚Test-Buckets‘ zu leiten, um eine bestimmte Menge des Datenverkehrs auf der zu erprobenden Alternative zu analysieren“. 952    Zum anderen ist unstreitig, dass die direkten Partner aufgrund dieser Klausel die Zustimmung von Google einholen mussten, bevor sie die Anzeige konkurrierender Werbung ändern konnten. Daraus folgt, dass selbst dann, wenn diese drei direkten Partner in der Lage gewesen sein sollten, die Wirksamkeit konkurrierender Werbeanzeigen zu bewerten, dies nicht den Schluss zulässt, dass diese Klausel keine abschreckende Wirkung auf die direkten Partner entfaltet habe. 953    Sechstens weist Google zwar zu Recht darauf hin, dass es bestimmten direkten Partnern gelungen sei, die Tragweite oder sogar die Streichung der Vorabgenehmigungsklausel auszuhandeln; oben aus Rn. 942 geht jedoch hervor, dass andere direkte Partner diese Möglichkeit nicht hatten. Darüber hinaus kann der Umstand, dass bestimmte direkte Partner dieser Klausel nicht unterworfen waren, jedenfalls nicht ausschließen, dass diese Klausel diejenigen direkten Partner, die ihr unterworfen waren, davon abhalten konnte, einen größeren Teil ihres Bedarfs von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen. Daher ist davon auszugehen, dass diese Klausel geeignet war, die im angefochtenen Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. Wie oben in Rn. 926 und 927 ausgeführt, hängt die Antwort auf die Frage, ob diese Klausel eine solche Eignung aufwies, jedoch auch von der Prüfung aller anderen relevanten Umstände und insbesondere von der Dauer ab, während der die direkten Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, die Zustimmung von Google zur Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung einzuholen, wie auch die Kommission im 574. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat. 2.      Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 954    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel die direkten Partner daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. In diesem Zusammenhang hat sie erstens festgestellt, dass diese Klausel Google das Recht eingeräumt habe, Änderungen der Anzeige von Online-Suchmaschinenwerbung, die sich auf die Klickrate auswirken, zu kontrollieren, d. h. Änderungen der Zahl, Farbe, Schriftart, Größe oder Platzierung dieser Werbeanzeigen sowie des „Ausmaßes, in dem diese Werbeanzeigen angeklickt werden [konnten]“. Zweitens hat sie festgestellt, dass Google diese Klausel nach und nach in die große Mehrheit der GSA aufgenommen habe. Drittens hat sie ausgeführt, dass die Bruttoeinnahmen, die von den GSA, die diese Klausel enthielten, generiert worden seien, einen erheblichen Teil dieses Marktes ausgemacht hätten. Viertens hat sie festgestellt, dass diese Klausel auf einige der meistbesuchten Websites im EWR anwendbar gewesen sei. Fünftens hat sie darauf hingewiesen, dass die Zahl der auf den Websites der direkten Partner durchgeführten Suchanfragen im Vergleich zur gesamten Online-Suche im EWR erheblich gewesen sei. Sechstens hat sie die Auffassung vertreten, dass die durchschnittliche Geltungsdauer der GSA, die die in Rede stehende Klausel enthalten hätten, lang gewesen sei. Siebtens hat sie ausgeführt, dass sich die Tatsache, dass diese Klausel die Wettbewerber von Google daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil dieses Marktes zu erlangen, in der Entwicklung der Marktanteile von Google widerspiegele. a)      Zur Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel 955    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission erstens festgestellt, dass zwischen 2011 und 2015 die Bruttoeinnahmen, die durch die GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, erzielt worden seien, zum einen zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % der Bruttoeinnahmen aus allen GSA im EWR und zum anderen zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht hätten. 956    Zweitens hat die Kommission unter Bezugnahme auf die oben in Rn. 576 erwähnte Microsoft-Studie festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel auf einige der meistbesuchten Websites im EWR anwendbar gewesen sei. Darüber hinaus hat sie auf der Grundlage der oben in Rn. 870 und 871 erwähnten Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass die Zahl der Suchanfragen auf den Websites der direkten Partner im Vergleich zur gesamten Online-Suche im EWR erheblich gewesen sei. 1)      Zum durch die Vorabgenehmigungsklausel erfassten Teil des Marktes 957    Google macht geltend, die Kommission habe nicht festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel einen wesentlichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR erfasst habe. 958    Erstens gehe aus den eigenen Berechnungen der Kommission hervor, dass die Vorabgenehmigungsklausel im Jahr 2009 nur auf [vertraulich] % und im Jahr 2010 nur auf [vertraulich] % dieses Marktes anwendbar gewesen sei. Außerdem hätten die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die diese Klausel enthielten, zwischen 2009 und 2015 im Durchschnitt nur [vertraulich] % dieses Marktes und im Höchstfall weniger als [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht. Schließlich weist Google darauf hin, dass die Kommission die Markterfassung durch diese Klausel für das Jahr 2016 nicht ermittelt habe. 959    Zweitens wirft Google der Kommission vor, zum Zweck der Beurteilung der Auswirkungen der Vorabgenehmigungsklausel den Umfang der Marktabdeckung durch diese Klausel mit dem der Marktabdeckung durch die Platzierungsklausel und der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA kombiniert zu haben. Insoweit weist sie darauf hin, dass die Kommission die Einnahmen von direkten Partnern berücksichtigt habe, die der Vorabgenehmigungsklausel niemals unterworfen gewesen seien und die nicht typischerweise alle ihre Websites in ihre GSA einbezogen hätten. 960    Die Kommission macht zum einen geltend, dass Google ab 2009 damit begonnen habe, die Ausschließlichkeitsklausel schrittweise durch die Platzierungs- und die Vorabgenehmigungsklausel zu ersetzen, und dass daher der von Google angeführte Umstand, dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, während des Zeitraums der Zuwiderhandlung im Durchschnitt [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung ausgemacht hätten, „irreführend“ sei. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bruttoeinnahmen aus den GSA, die die Platzierungsklausel enthielten, zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht hätten und dass diese Klausel für einige der meistbesuchten Websites im EWR gegolten habe. Zum anderen weist sie darauf hin, dass aus dem angefochtenen Beschluss hervorgehe, dass Google am 6. September 2016 den letzten direkten Partner von ihrer Entscheidung unterrichtet habe, auf die Anwendung der Platzierungs- und der Vorabgenehmigungsklausel zu verzichten. Sie fügt hinzu, dass eine Reihe von direkten Partnern, darunter auch wichtige direkte Partner, bis zum 3. Juni 2016 Vertragsparteien eines GSA gewesen seien, der die Vorabgenehmigungsklausel enthalten habe. 961    Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten hat, dass die Vorabgenehmigungsklausel vom 31. März 2009 bis zum 6. September 2016 einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dargestellt habe. 962    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 586 und 587 des angefochtenen Beschlusses den Anteil der Einnahmen, die zwischen 2009 und 2015 durch die GSA generiert wurden, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, zum einen mit den durch alle GSA erzielten Einnahmen und zum anderen mit den auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR erzielten Einnahmen verglichen hat. Daraus hat sie abgeleitet, dass der Umfang der Erfassung dieses Marktes durch die Vorabgenehmigungsklausel zwischen 2011 und 2015 „signifikant“ gewesen sei. 963    Darüber hinaus ergibt sich aus dem 611. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der sich auf den Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers bezieht, dass die Kommission festgestellt hat, die Vorabgenehmigungsklausel sei zwischen 2009 und 2015 in Anbetracht der kombinierten Markterfassung durch diese Klausel, die in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel und die Platzierungsklausel geeignet gewesen, gegenüber einem solchen Wettbewerber eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 964    Außerdem steht fest, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel gleichzeitig verschiedene Teile des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erfassen konnten, wobei klarzustellen ist, dass alle GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, auch die Platzierungsklausel enthielten (siehe oben, Rn. 594 und 943). 965    Wie oben aus Rn. 603 und 857 hervorgeht, kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission allein deshalb einen Rechtsfehler begangen hat, weil sie die Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel, die in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthalten war, sowie die Markterfassung durch die Platzierungsklausel berücksichtigt hat, um zu bestimmen, ob die Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel ausreichte, um den Wettbewerbern von Google den Zugang zu einem erheblichen Teil des in Rede stehenden Marktes zu verwehren. 966    Daraus folgt, dass der Kommission weder vorgeworfen werden kann, von direkten Partnern geschlossene GSA berücksichtigt zu haben, die der Platzierungsklausel zu keiner Zeit unterlagen, noch GSA berücksichtigt zu haben, die diese Klausel enthielten, in die die direkten Partner aber nicht typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten. 967    Darüber hinaus ist oben in Rn. 631 und 859 festgestellt worden, dass der kombinierte Umfang der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, einerseits und durch die Platzierungsklausel andererseits ausreichen konnte, um diese Klauseln als geeignet anzusehen, zwischen 2006 und 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. Daraus folgt, dass der Umfang der Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel ebenfalls ausreichen konnte, um sie als geeignet anzusehen, eine solche Wirkung zu entfalten. 968    Daher vermag der von Google angeführte Umstand, dass ein erheblicher Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung durch die Vorabgenehmigungsklausel nicht erfasst worden sei, nicht auszuschließen, dass diese Klausel geeignet war, eine Verdrängungswirkung zu entfalten. 969    Dagegen ist festzustellen, dass die Kommission den Umfang der Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel für das Jahr 2016 nicht ermittelt hat. Im angefochtenen Beschluss hat sie nämlich lediglich festgestellt, dass Google ihr am 28. Mai 2016 mitgeteilt habe, dass sie diese Klausel in allen auf der GSA-Mustervorlage vom März 2009 beruhenden GSA zu streichen gedenke, und dass sie am 6. September 2016 den letzten direkten Partner von ihrer Entscheidung unterrichtet habe, auf die Anwendung dieser Klausel zu verzichten. Die Kommission hat in diesem Beschluss jedoch keine Angaben gemacht, die es ermöglicht hätten, den Umfang der Markterfassung durch die GSA, die die in Rede stehende Klausel enthielten, für das Jahr 2016 zu beurteilen. Hierzu ist festzustellen, dass die in der Klagebeantwortung aufgestellte Behauptung der Kommission, dass bis zum 3. Juni 2016 noch vier direkte Partner solchen GSA unterworfen gewesen seien, nicht geeignet ist, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. 970    Folglich hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die Vorabgenehmigungsklausel die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler im Jahr 2016 daran habe hindern können, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. 2)      Zum Datenverkehr und zur Zahl der Online-Suchanfragen auf den durch die Vorabgenehmigungsklausel erfassten Websites 971    Google vertritt im Wesentlichen die Auffassung, die Kommission habe den Nachweis, dass die Vorabgenehmigungsklausel ihre Wettbewerber daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen, nicht dadurch erbringen können, dass sie sich auf die Microsoft-Studie und den im 589. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Verweis auf dessen Tabelle 27 behaupteten Umstand stütze, dass auf die Websites der direkten Partner ein erheblicher Teil aller im EWR durchgeführten Online-Suchanfragen entfallen sei. 972    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 973    Wie oben aus den Rn. 872 und 875 hervorgeht, hätte sich die Kommission in dieser Hinsicht darauf beschränken können, den Umfang der Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel zu ermitteln, um die Bedeutung dieser Markterfassung zu beurteilen. Daher ist festzustellen, dass sich die Kommission auf die Microsoft-Studie und auf die in Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Daten als Indizien stützen konnte, die ihre Beurteilung dieser Markterfassung untermauerten. b)      Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 974    Im 611. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet gewesen sei, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig wie Google sei, vom Markt zu verdrängen. Erstens hätten die Einnahmen, die durch die GSA, die diese Klausel enthielten, zwischen 2011 und 2015 generiert worden seien, nämlich zwischen [vertraulich] und [vertraulich] % des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR ausgemacht. Zweitens hätten die durch die Platzierungsklausel und durch die in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA enthaltene Ausschließlichkeitsklausel generierten Einnahmen zwischen 2009 und 2015 [vertraulich] bis [vertraulich] % dieses Marktes ausgemacht. Drittens habe Google zwischen 2006 und 2016 über einen „sehr großen“ Marktanteil verfügt. Viertens sei dieser Markt durch Netzwerkeffekte geprägt gewesen. 975    Die Kommission hat zudem im 612. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass es „fraglich“ sei, ob während der Geltungsdauer der Vorabgenehmigungsklausel ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der ebenso leistungsfähig wie Google gewesen wäre. Schließlich hat sie die Frage, ob Google eine Strategie verfolgte, die auf die Verdrängung ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google selbst gerichtet war, für nicht relevant gehalten. 976    Google macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass wegen der Vorabgenehmigungsklausel auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können. Darüber hinaus wirft sie der Kommission vor, das Fehlen einer Strategie, die darauf abzielte, ebenso leistungsfähige Wettbewerber wie sie selbst vom Markt zu verdrängen, im vorliegenden Fall als irrelevant angesehen zu haben. 977    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Google entgegen. 978    Hierzu ist, wie oben in Rn. 656, 657 und 880 ausgeführt, darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Kommission es als „fraglich“ bezeichnet hat, ob während der Geltungsdauer der Vorabgenehmigungsklausel ein hypothetischer Vermittler hätte entstehen können, der so leistungsfähig wie Google gewesen wäre, nicht geeignet ist, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen. 979    Außerdem durfte sich die Kommission, wie oben in Rn. 665 und 881 ausgeführt, darauf beschränken, die Eignung der Vorabgenehmigungsklausel, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, anhand mehrerer relevanter Faktoren nachzuweisen, ohne sich zu diesem Zweck notwendigerweise auf den Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers stützen zu müssen. Darüber hinaus steht fest, dass Google, wie oben in Rn. 671 festgestellt, weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Gericht eine auf diesem Test beruhende Analyse vorgelegt hat. 980    Im vorliegenden Fall konnten schon der Wortlaut der Vorabgenehmigungsklausel, die im Wesentlichen vorsah, dass die direkten Partner die schriftliche Zustimmung von Google einholen mussten, bevor sie die Anzeige konkurrierender Werbung änderten, und die im 611. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Faktoren – nämlich zum einen die Tatsache, dass die Vorabgenehmigungsklausel, wie oben in Rn. 650 und 859 ausgeführt, zusammen mit der Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner typischerweise alle ihre Websites einbezogen hatten, und der Platzierungsklausel einen erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung erfasste, und zum anderen das Ausmaß der beherrschenden Stellung von Google, das sich insbesondere aus ihren sehr hohen Marktanteilen sowie aus den Marktzutritts- und Expansionsschranken, insbesondere in Form von Netzwerkeffekten, ergab –, als Beleg dafür dienen, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet sein konnte, einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso leistungsfähig wie Google war, vom Markt zu verdrängen. Daraus folgt, dass diese Faktoren auch aufzeigen konnten, dass es „fraglich“ war, ob ein solcher Wettbewerber während der Geltungsdauer dieser Klausel hätte entstehen können. 981    Schließlich kann der Kommission, wie sich oben aus Rn. 678 bis 681 ergibt, nicht vorgeworfen werden, dass sie zum einen nicht nachgewiesen hat, dass Google eine auf die Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie sie selbst gerichtete Strategie verfolgte, und dass sie zum anderen nicht berücksichtigt hat, dass Google eine Verdrängung solcher Wettbewerber vom Markt nicht beabsichtigt haben soll. c)      Zur Geltungsdauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht der direkten Partner 982    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass die durchschnittliche Geltungsdauer der GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthalten hätten, lang gewesen sei. Insoweit hat sie erläutert, dass Google und die direkten Partner bestimmte GSA, manchmal mehrfach, ohne wesentliche Änderungen verlängert hätten. 983    Google wirft der Kommission vor, die Dauer der Geschäftsbeziehung mit den direkten Partnern, die der Vorabgenehmigungsklausel unterlagen, mit der Geltungsdauer der GSA, die diese Klausel enthielten, verwechselt zu haben. So weist sie darauf hin, dass die in den Fn. 766 und 767 des angefochtenen Beschlusses erwähnten GSA eine Laufzeit von zwei Jahren oder weniger zwischen jeder Erneuerung oder Verlängerung gehabt hätten. Außerdem habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass bestimmte direkte Partner über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügt hätten. 984    Vinden macht geltend, dass die Laufzeit der Vorabgenehmigungsklausel kurz gewesen sei und dass sie gemäß ihrem GSA aus dem Jahr 2011 über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügt habe. 985    Die Kommission verweist auf ihr Vorbringen zur Begründetheit der von Google zu den Ausschließlichkeits- und Platzierungsklauseln vorgebrachten Argumente. Sie bestreitet die Behauptungen von Google, dass zum einen die Laufzeit jedes einzelnen GSA zwischen zwei Verlängerungen zwei Jahre oder weniger betragen habe und zum anderen bestimmte direkte Partner über einseitige Kündigungsrechte verfügt hätten. 986    Insoweit hat die Kommission, wie oben in Rn. 919 ausgeführt, im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel zum einen die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen diese Vermittler daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen. 987    Daher ist festzustellen, dass die Kommission der Auffassung war, wie sie im Übrigen in den Erwägungsgründen 629 und 630 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt hat, dass die Vorabgenehmigungsklausel eine ähnliche Verdrängungswirkung entfaltet habe wie die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA einerseits und die Platzierungsklausel andererseits. 988    Mithin gehörte, wie sich oben aus Rn. 695, 696 und 891 ergibt, die Dauer der Verpflichtung der direkten Partner, vor einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung die Zustimmung von Google einzuholen, zu den Umständen, die für die Beurteilung der Verdrängungswirkung dieser Klausel relevant waren. 989    Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Betrachtung der durchschnittlichen Geltungsdauer der GSA, die die Vorabgenehmigungsklausel enthielten, im 590. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der auf den oben in Rn. 892 erwähnten 519. Erwägungsgrund dieses Beschlusses Bezug nimmt, allein auf den Umstand gestützt hat, dass bestimmte GSA, manchmal mehrfach, ohne wesentliche Änderungen verlängert worden seien. Konkret ergibt sich, wie oben in Rn. 893 ausgeführt, aus Anlage A.55 zur Klageschrift und aus den Fn. 766 und 767 des angefochtenen Beschlusses, die den Inhalt der Fn. 713 dieses Beschlusses erneut wiedergeben, dass die Kommission die Gesamtdauer der Geltung dieser GSA unter Einbeziehung aller ihrer gegebenenfalls vorgenommenen Verlängerungen berücksichtigt hat. Dagegen hat sie weder die ursprüngliche Geltungsdauer jedes einzelnen dieser GSA noch die Dauer jeder seiner etwaigen Verlängerungen berücksichtigt. 990    Zum anderen ist festzustellen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Analyse der Auswirkungen der Vorabgenehmigungsklausel nicht auf die einseitigen Kündigungsrechte eingegangen ist, über die einige der direkten Partner, die dieser Klausel unterlagen, verfügten. Aus den Anlagen A.55 zur Klageschrift und C.8 zur Erwiderung geht jedoch hervor, dass mindestens fünf in Tabelle 28 des angefochtenen Beschlusses erwähnte direkte Partner, nämlich Vinden, [vertraulich] [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich], über ein einseitiges Kündigungsrecht verfügten, was die Kommission nicht bestreitet. Darüber hinaus geht aus den Fn. 766 und 767 dieses Beschlusses hervor, dass sich die Kommission auf die Geltungsdauer von mit nur elf direkten Partnern geschlossenen GSA gestützt hat. Wie oben in Rn. 897 ausgeführt, kann der Umstand, dass mindestens fünf direkten Partnern ein einseitiges Kündigungsrecht zustand, daher nicht als eine Ausnahme betrachtet werden, die hinreichend selten ist, um es zu rechtfertigen, sie bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Vorabgenehmigungsklausel unberücksichtigt zu lassen. 991    Somit konnte die Kommission, wie oben in Rn. 898 ausgeführt, nicht allein auf der Grundlage der Erwägungsgründe 590 und 594 des angefochtenen Beschlusses und ohne Prüfung der tatsächlichen Bedingungen und Modalitäten, unter denen die Verlängerungen der GSA vereinbart worden waren, sowie des Inhalts der Klauseln, die bestimmten direkten Partnern ein einseitiges Kündigungsrecht einräumten, und der Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt werden konnte, ausschließen, dass diese direkten Partner die Möglichkeit hatten, – einschließlich vor der eventuellen Verlängerung ihrer GSA oder vor der Ausübung eines einseitigen Kündigungsrechts – ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, ohne die vorherige Zustimmung von Google zu einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung einholen zu müssen. Daraus folgt, dass die Kommission auch nicht feststellen konnte, diese Vermittler hätten keine Möglichkeit gehabt, den Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu bestreiten, der durch die GSA mit der Vorabgenehmigungsklausel erfasst worden sei, und zwar während der gesamten Geltungsdauer dieser GSA, geschweige denn während ihrer kumulierten Geltungsdauer. d)      Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 992    Wie oben in Rn. 967 ausgeführt, hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass in Anbetracht der aus den oben in Rn. 602 dargelegten Gründen zu berücksichtigenden Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA und durch die Platzierungsklausel die Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel ausreichen konnte, um diese Klausel als geeignet anzusehen, zwischen dem 31. März 2009 und dem 31. Dezember 2015 eine Verdrängungswirkung zu entfalten. Darüber hinaus ist oben in Rn. 980 festgestellt worden, dass Google nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass auf dem Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung kein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie Google hätte entstehen können oder dass ein solcher Wettbewerber wahrscheinlich von diesem Markt verdrängt worden wäre. 993    Dagegen hat die Kommission zum einen, wie oben aus Rn. 969 hervorgeht, nicht nachgewiesen, dass die Vorabgenehmigungsklausel aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar und dem 6. September 2016 eine solche Wirkung entfalten konnte. Zum anderen hat die Kommission, wie oben aus Rn. 991 hervorgeht, bei der Beurteilung der Dauer, während der die direkten Partner aufgrund dieser Klausel verpflichtet waren, vor einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung auf ihren Ergebnisseiten die vorherige schriftliche Zustimmung von Google einzuholen, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt. 994    Daraus folgt, dass die Kommission entgegen den Anforderungen der oben in Rn. 107 angeführten Rechtsprechung nicht rechtlich hinreichend unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls nachgewiesen hat, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet war, die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler daran zu hindern, während der Geltungsdauer dieser Klausel Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu erlangen. 3.      Ergebnis zum ersten Teil des vierten Klagegrundes 995    Wie oben in Rn. 919 ausgeführt, hat die Kommission im 573. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Vorabgenehmigungsklausel unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. Sie hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass diese Klausel erstens die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, zweitens den Zutritt dieser Vermittler zu einem erheblichen Anteil am Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung verhindert habe, drittens die Innovation habe behindern können, viertens Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung im EWR mit Ausnahme von Portugal zu erhalten und zu verstärken, und fünftens den Verbrauchern habe schaden können. 996    Wie oben in Rn. 920 und 921 dargelegt, hat die Kommission im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet gewesen sei, eine Verdrängungswirkung zu entfalten, weil sie zum einen die direkten Partner davon abgehalten habe, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, und zum anderen diese Vermittler daran gehindert habe, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Suchmaschinenwerbung zu erlangen. Zudem hat sie aus dieser Verdrängungswirkung abgeleitet, dass diese Klausel die Innovation habe behindern können, ferner Google geholfen habe, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern habe schaden können. 997    Wie oben in Rn. 926 ausgeführt, hat die Kommission im 574. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vor ihrer Prüfung der Auswirkungen jeder der fünf von ihr festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen (siehe oben, Rn. 995) klargestellt, dass sie bei ihrer Analyse, die dem Nachweis habe dienen sollen, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken, die „Geltungsdauer [dieser] Klausel“ berücksichtigt habe, indem sie in diesem Zusammenhang auf Abschnitt 8.5.4.2 dieses Beschlusses verwiesen habe, der sich mit der Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler befasse, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen, und somit zu Recht die Bedeutung der in den Erwägungsgründen 589 und 594 dieses Abschnitts dargelegten Entwicklungen hervorgehoben habe. Sie hat auch angegeben, den Umfang der Markterfassung durch diese Klausel berücksichtigt zu haben, den sie in demselben Abschnitt dieses Beschlusses untersucht habe. Aus der Stellung dieses 574. Erwägungsgrundes in der Systematik dieses Beschlusses ergibt sich, dass die Kommission diese Geltungsdauer und diesen Umfang der Marktabdeckung bei der Prüfung der Auswirkungen der Vorabgenehmigungsklausel im Rahmen jeder der fünf in diesem Beschluss festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt hat. 998    Wie oben in Rn. 993 ausgeführt, hat die Kommission jedoch bei der Beurteilung der Dauer, während der die direkten Partner aufgrund der Vorabgenehmigungsklausel verpflichtet waren, vor einer Änderung der Anzeige konkurrierender Werbung auf ihren Ergebnisseiten die vorherige schriftliche Zustimmung von Google einzuholen, nicht alle relevanten Umstände des vorliegenden Falls berücksichtigt. 999    Außerdem hat die Kommission, wie ebenfalls oben in Rn. 993 ausgeführt, nicht nachgewiesen, dass die Vorabgenehmigungsklausel aufgrund ihrer Markterfassung zwischen dem 1. Januar und dem 6. September 2016 eine Verdrängungswirkung entfalten konnte. 1000 Daraus folgt, dass sich die von der Kommission begangenen und oben in Rn. 998 und 999 aufgezeigten Fehler auf die Gesamtheit der von ihr im angefochtenen Beschluss festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen auswirken, so dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Vorabgenehmigungsklausel geeignet war, die direkten Partner davon abzuhalten, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, oder dass sie geeignet war, diesen Vermittlern den Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR zu verwehren, und diese Klausel folglich geeignet war, die in diesem Beschluss festgestellte Verdrängungswirkung zu entfalten. 1001 Somit hat die Kommission auch nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Vorabgenehmigungsklausel die Innovation behindern konnte, ferner Google geholfen hat, ihre beherrschende Stellung auf den relevanten nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung zu erhalten und zu verstärken, und schließlich den Verbrauchern schaden konnte. 1002 Daraus folgt, dass dem ersten Teil des vierten Klagegrundes stattzugeben ist, ohne dass das übrige Vorbringen von Google im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft zu werden braucht, und dass der angefochtene Beschluss daher für nichtig zu erklären ist, soweit darin festgestellt wurde, dass die Vorabgenehmigungsklausel eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dargestellt habe. F.      Ergebnis zur Klage 1003 Aus den vorstehenden Rn. 727, 913 und 1002 ergibt sich, dass die Kommission keine der drei Zuwiderhandlungen gegen Art. 102 AEUV nachgewiesen hat, aus denen die in Art. 1 bis 3 des angefochtenen Beschlusses erwähnte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung bestanden haben soll. Darüber hinaus geht, wie Google im Wesentlichen geltend macht, aus der Systematik und dem verfügenden Teil dieses Beschlusses hervor, dass die Kommission nur deshalb vom Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ausgegangen ist, weil diese aus gesonderten Zuwiderhandlungen bestanden habe. 1004 Folglich ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit darin festgestellt wurde, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA, die Platzierungsklausel und die Vorabgenehmigungsklausel zusammen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dargestellt hätten, ohne dass es erforderlich ist, auf die Begründetheit des Vorbringens von Google, mit dem speziell die Einstufung als eine solche einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung beanstandet wird, und demzufolge auf die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit dieses Vorbringens einzugehen. 1005 Aus alledem folgt, dass der angefochtene Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären ist, ohne dass es einer Entscheidung über den fünften Klagegrund von Google bedarf. IV.    Kosten 1006 Erstens ist nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag von Google deren Kosten aufzuerlegen. 1007 Zweitens kann das Gericht nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Abs. 1 und 2 dieses Artikels genannten seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass Surfboard und Vinden ihre eigenen Kosten tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Der Beschluss C(2019) 2173 final der Kommission vom 20. März 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.40411 – Google Search [AdSense]) wird für nichtig erklärt. 2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten der Google LLC und der Alphabet Inc. 3.      Die Surfboard Holding BV und die Vinden.NL BV tragen ihre eigenen Kosten. Kornezov Buttigieg Kowalik-Bańczyk Hesse Petrlík Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2024. Unterschriften Inhaltsverzeichnis I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. Zu den Dienstleistungen und Verträgen von Google für die Online-Suchmaschinenwerbung B. Zum Verwaltungsverfahren C. Zum angefochtenen Beschluss 1. Zur Marktabgrenzung a) Zu den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung 1) Zum Produktmarkt 2) Zum räumlich relevanten Markt b) Zum Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR 1) Zum Produktmarkt 2) Zum räumlich relevanten Markt 2. Zur beherrschenden Stellung a) Zu den nationalen Märkten für Online-Suchmaschinenwerbung 1) Zu den Marktanteilen 2) Zu den Marktzutritts- und Expansionsschranken 3) Zum Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht b) Zum Markt für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung im EWR 1) Zu den Marktanteilen 2) Zu den Marktzutritts- und Expansionsschranken 3) Zum Fehlen einer kompensierenden Nachfragemacht 3. Zur Ausschließlichkeitsklausel in den GSA, in die die direkten Partner „typischerweise“ alle ihre Websites einbezogen hatten a) Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als Alleinbezugsverpflichtung, die als solche gegen Art. 102 AEUV verstoße b) Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA als Alleinbezugsverpflichtung, die geeignet sein soll, den Wettbewerb im Sinne von Art. 102 AEUV zu beschränken c) Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 4. Zur Platzierungsklausel a) Zur Tragweite der Platzierungsklausel b) Zur Beschränkung des Wettbewerbs durch die Platzierungsklausel c) Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 5. Zur Vorabgenehmigungsklausel a) Zur Beschränkung des Wettbewerbs durch die Vorabgenehmigungsklausel b) Zum Fehlen objektiver Rechtfertigungen 6. Zur einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung 7. Zur Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten 8. Zur Geldbuße II. Anträge der Parteien III. Rechtliche Würdigung A. Einleitung B. Erster Klagegrund: Die Kommission habe die in Rede stehenden relevanten Märkte und die marktbeherrschende Stellung von Google falsch definiert 1. Erster Teil des ersten Klagegrundes: Substituierbarkeit von Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung a) Vorbemerkungen b) Zur Berücksichtigung der Sichtweise der Website-Betreiber c) Zur Berücksichtigung aller relevanten Faktoren d) Zu den Argumenten von Google, die den SSNIP-Test betreffen 1) Zur Angemessenheit der von der Kommission durchgeführten Preisanalyse 2) Zur Stichhaltigkeit der Schlussfolgerungen, die die Kommission aus der von ihr durchgeführten Preisanalyse gezogen hat i) Zur Interpretation der Antworten auf die die Preise betreffende Frage – Zur Interpretation der Antworten der Website-Betreiber – Zur Interpretation der Antworten der Werbetreibenden – Zur Interpretation der Antworten der Medienagenturen – Ergebnis zur Interpretation der Antworten auf die die Preise betreffende Frage durch die Kommission ii) Zur nach Auffassung von Google irreführenden Darstellung der Antworten auf die die Preise betreffende Frage e) Zur Richtigkeit der Analyse der Kommission bezüglich der Unterschiede zwischen den Merkmalen der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 1) Zur Aktivierung und Platzierung der der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 2) Zu den Formaten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 3) Zu den Kosten der Gestaltung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 4) Zu den Fähigkeiten der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung, Nutzer gezielt anzusprechen 5) Zu den Zwecken der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 6) Zur Klick- und Konversionsrate der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung 7) Zu den Möglichkeiten, die Leistung der beiden in Rede stehenden Arten der Werbung zu messen 8) Zur Relevanz der Unterschiede in den Merkmalen und Verwendungszwecken für die Marktdefinition f) Zur Berücksichtigung der Beispiele für das tatsächliche Verhalten von Website-Betreibern, die Online-Suchmaschinenwerbung durch nicht suchmaschinengebundene Online-Werbung ersetzt haben sollen oder ersetzen würden g) Zur Interpretation der Erklärungen bestimmter Vertreter von Google h) Zu den früheren Entscheidungen der Kommission i) Ergebnis zum ersten Teil des ersten Klagegrundes 2. Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Substituierbarkeit des Verkaufs von Online-Werbung im Wege der Vermittlung und des Verkaufs von Online-Werbung unmittelbar durch die Website-Betreiber a) Zur Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Website-Betreiber 1) Zu den Transaktionskosten für die Website-Betreiber 2) Zum Indiz, das sich auf den Zugang zu einem ausreichenden Stamm von Werbetreibenden bezieht 3) Zum Fehlen einer „echten“ Analyse der Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle 4) Zu den Website-Betreibern, die die beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle nutzten b) Zur Substituierbarkeit der beiden in Rede stehenden Verkaufskanäle aus der Sicht der Werbetreibenden c) Zur Berücksichtigung der Entscheidung Telefónica UK d) Ergebnis zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes 3. Ergebnis zum ersten Klagegrund C. Zweiter Klagegrund: Die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 1. Erster und zweiter Teil des zweiten Klagegrundes: Die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA stelle keine Alleinbezugsverpflichtung im Sinne der aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, EU:C:1979:36), hervorgegangenen Rechtsprechung dar und die Kommission sei verpflichtet, die Auswirkungen dieser Klausel zu untersuchen] 2. Dritter Teil des zweiten Klagegrundes: Im angefochtenen Beschluss werde nicht nachgewiesen, dass die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken. a) Zur abschreckenden Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel auf die direkten All-Site-Partner 1) Zur Entscheidung der direkten Partner, eine Website in einen GSA einzubeziehen 2) Zu den Antworten der direkten Partner auf die verschiedenen Auskunftsverlangen der Kommission und zum Schreiben von Surfboard i) Zur Relevanz der Antworten auf Frage 5.2.d des Auskunftsersuchens vom 22. Dezember 2010 ii) Zur Relevanz der Antworten der direkten Partner, die keine direkten All-Site-Partner waren iii) Zu den im angefochtenen Beschluss genannten direkten All-Site-Partnern – Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google – Zur Verlässlichkeit der Antworten auf das Auskunftsersuchen vom 24. Februar 2017 iv) Zu den Antworten der in den Erwägungsgründen 367 und 368 des angefochtenen Beschlusses genannten direkten All-Site-Partner – Zu den Antworten von [vertraulich] – Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] – Zu den Antworten von [vertraulich] – Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] – Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich] – Zu den Antworten der Gruppe [vertraulich], von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] v) Zu den weiteren von Google angeführten Antworten der direkten All-Site-Partner – Zu den Antworten von [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] sowie der Gruppe [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] – Zu den Antworten von [vertraulich] und der Gruppe [vertraulich] vi) Zum Schreiben von Surfboard vii) Ergebnis zu den Antworten der direkten Partner auf die verschiedenen Auskunftsverlangen der Kommission und zum Schreiben von Surfboard 3) Zu den Investitionen von Yahoo! 4) Zur Präferenz der Website-Betreiber, Online-Suchmaschinenwerbung jeweils nur von einem Vermittler zu beziehen i) Zu der von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegten Studie ii) Zu den von Google angeführten Antworten der direkten Partner 5) Ergebnis zur abschreckenden Wirkung der Ausschließlichkeitsklausel auf die direkten All-Site-Partner b) Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 1) Zur Anwendung der Ausschließlichkeitsklausel auf bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung 2) Zur Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA i) Zur Berücksichtigung nach dem Abschluss der GSA erhobener Daten bei der Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel ii) Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus GSA, die mit direkten Partnern geschlossen wurden, die derselben Gruppe angehörten wie bestimmte All-Site-Partner iii) Zur Berücksichtigung der GSA, die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthielten – Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus den GSA, die die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthielten, bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA – Zur Berücksichtigung der Einnahmen aus den die Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklauseln enthaltenden GSA, die mit direkten Partnern geschlossen wurden, die nicht typischerweise alle ihre Websites in diese GSA einbezogen, bei der Beurteilung der Verdrängungswirkung der Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA iv) Zur Berücksichtigung direkter Partner, die nicht alle ihre Websites in ihre die Ausschließlichkeitsklausel enthaltenden GSA einbezogen hatten, bei der Berechnung des Umfangs der Markterfassung durch diese Klausel v) Zu den im Jahr 2016 erzielten Einnahmen aus den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossen GSA – Zur Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA – Zur Platzierungsklausel vi) Zum Datenverkehr der Websites, die unter die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA fielen vii) Ergebnis zur Markterfassung durch die Ausschließlichkeitsklausel in den mit den direkten All-Site-Partnern geschlossenen GSA 3) Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers i) Vorbemerkungen ii) Zu den für die Anwendung des Tests des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers relevanten Faktoren iii) Zu den von Google im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beweisen iv) Zum Vorliegen einer Strategie, die darauf abzielte, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt zu verdrängen v) Ergebnis zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 4) Zur Dauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht bestimmter direkter Partner i) Zur Zulässigkeit des Vorbringens von Google ii) Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google 5) Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen c) Ergebnis zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes D. Dritter Klagegrund: Die Platzierungsklausel stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 1. Erster Teil des dritten Klagegrundes: fehlerhafte Auslegung der Tragweite der Platzierungsklausel a) Zur Möglichkeit, konkurrierende Werbung unterhalb der Werbung von Google anzuzeigen b) Zu den Bereichen, die die höchste Klickrate erzielen 1) Zu den Abbildungen in Anlage A.52 zur Klageschrift 2) Zu den Schaubildern 5 und 6 der Anlage C.11 zur Erwiderung c) Ergebnis zum ersten Teil des dritten Klagegrundes 2. Zweiter Teil des dritten Klagegrundes: Fehlen einer auf der Platzierungsklausel beruhenden Wettbewerbsbeschränkung a) Zur abschreckenden Wirkung der Platzierungsklausel auf die direkten Partner 1) Zur Eignung der Platzierungsklausel, die direkten Partner daran zu hindern, das mögliche wirtschaftliche Interesse an der Deckung ihres Bedarfs bei mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beurteilen i) Zur Tragweite der Platzierungsklausel ii) Zu den Erklärungen der direkten Partner – Zur Zulässigkeit der Argumentation von Google – Zur Schlüssigkeit der Argumentation von Google 2) Zur Eignung der Platzierungsklausel, die direktem Partner daran zu hindern, bestimmte Konfigurationen für ihre Ergebnisseiten zu wählen, wenn der Nutzer diese Seiten von einem PC aus besuchte 3) Zum wirtschaftlichen Interesse der direkten Partner, ihren Bedarf von mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittlern zu beziehen, wenn es die Platzierungsklausel nicht gegeben hätte 4) Ergebnis zur abschreckenden Wirkung der Platzierungsklausel auf die direkten Partner b) Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 1) Zur Anwendung der Platzierungsklausel auf bestimmte Formate der Online-Suchmaschinenwerbung 2) Zur Markterfassung durch die Platzierungsklausel i) Zum durch die Platzierungsklausel erfassten Marktanteil ii) Zum Datenverkehr und zur Zahl der Online-Suchanfragen auf den durch die Platzierungsklausel erfassten Websites 3) Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers 4) Zur Geltungsdauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht bestimmter direkter Partner 5) Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen c) Ergebnis zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes E. Vierter Klagegrund: Die Vorabgenehmigungsklausel stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar 1. Zur abschreckenden Wirkung der Vorabgenehmigungsklausel auf die direkten Partner 2. Zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen a) Zur Markterfassung durch die Vorabgenehmigungsklausel 1) Zum durch die Vorabgenehmigungsklausel erfassten Teil des Marktes 2) Zum Datenverkehr und zur Zahl der Online-Suchanfragen auf den durch die Vorabgenehmigungsklausel erfassten Websites b) Zum Test des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers c) Zur Geltungsdauer der GSA und zum einseitigen Kündigungsrecht der direkten Partner d) Ergebnis zur Unmöglichkeit für die mit Google im Wettbewerb stehenden Vermittler, Zugang zu einem erheblichen Teil des Marktes für die Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung zu erlangen 3. Ergebnis zum ersten Teil des vierten Klagegrundes F. Ergebnis zur Klage IV. Kosten *      Verfahrenssprache: Englisch. 1      Unkenntlich gemachte vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 14. Juni 2023 (Auszüge).#Ryanair DAC und Airport Marketing Services Ltd gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Mit der Luftfahrtgesellschaft Ryanair und ihrer Tochtergesellschaft Airport Marketing Services geschlossene Vereinbarungen – Marketingdienstleistungen – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Vorteil – Kriterium des tatsächlichen Bedarfs – Art. 41 und 47 der Charta der Grundrechte – Recht auf Akteneinsicht – Recht auf Anhörung.#Rechtssache T-79/21.
62021TJ0079
ECLI:EU:T:2023:334
2023-06-14T00:00:00
Gericht
62021TJ0079 URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer) 14. Juni 2023 (*1) „Staatliche Beihilfen – Mit der Luftfahrtgesellschaft Ryanair und ihrer Tochtergesellschaft Airport Marketing Services geschlossene Vereinbarungen – Marketingdienstleistungen – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Vorteil – Kriterium des tatsächlichen Bedarfs – Art. 41 und 47 der Charta der Grundrechte – Recht auf Akteneinsicht – Recht auf Anhörung“ In der Rechtssache T‑79/21, Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), Airport Marketing Services Ltd mit Sitz in Dublin (Irland), vertreten durch Rechtsanwälte E. Vahida und F.‑C. Laprévote, Rechtsanwältin V. Blanc sowie Rechtsanwälte S. Rating, I.‑G. Metaxas-Maranghidis und D. Pérez de Lamo, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, J. Carpi Badía und C. Georgieva als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. Maceroni und A.‑L. Meyer als Bevollmächtigte, Streithelfer, erlässt DAS GERICHT (Neunte Kammer) zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Richterinnen M. J. Costeira (Berichterstatterin) und M. Kancheva sowie des Richters P. Zilgalvis, Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2022 folgendes Urteil (1 ) [nicht wiedergegeben] I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. In Rede stehende Verträge 2 Die Erstklägerin, die Ryanair DAC, vormals Ryanair Ltd, ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Irland, die mehr als 2000 Flüge täglich durchführt, die 209 Destinationen in 33 Ländern in Europa und Nordafrika verbinden. Die Zweitklägerin, die Airport Marketing Services Ltd (im Folgenden: AMS), ist eine Tochtergesellschaft von Ryanair, die Marketingstrategielösungen erbringt, wobei der Großteil ihrer Tätigkeit im Verkauf von Werbeflächen auf der Website von Ryanair besteht. 3 Der Flughafen Montpellier Méditerranée (im Folgenden: Flughafen Montpellier) liegt circa 7 km vom Zentrum Montpelliers, der Hauptstadt des Départements Hérault in der französischen Region Okzitanien (Occitanie), entfernt. Dieser Flughafen dient dem nationalen und internationalen gewerblichen Flugverkehr. 4 Der Flughafen Montpellier wurde im Zeitraum 1964 bis 2009 von der Industrie- und Handelskammer Montpellier betrieben, die später in die Industrie- und Handelskammer Hérault (im Folgenden: CCIM) eingegliedert wurde. Am 23. Juni 2009 übernahm die Aktiengesellschaft Aéroport Montpellier Méditerranée (im Folgenden: AMM), an der der französische Staat 60 %, die CCIM 25 %, der Départementrat Hérault 7 %, die Region Okzitanien 6,5 %, der Gemeindeverband Pays de l’Or (Communauté d’Agglomération du Pays de l’Or) 1 % und der Gemeindeverband Montpellier Méditerranée Métropole 0,5 % der Anteile hält, den Flughafenbetrieb. [nicht wiedergegeben] 6 Die Vereinigung für Tourismus- und Wirtschaftsförderung (im Folgenden: APFTE) ist eine Vereinigung, die im Juni 2010 auf Initiative der CCIM in Zusammenarbeit mit mehreren Gebietskörperschaften – nämlich dem Regionalrat der Region Languedoc-Roussillon (heute Region Okzitanien), dem Département Hérault, dem Gemeindeverband Montpellier (heute Gemeindeverband Montpellier Méditerranée Métropole), dem Gemeindeverband Pays de l’Or (Communauté de communes du Pays de l’Or, heute Communauté d’Agglomération du Pays de l’Or), und der Stadt Montpellier (im Folgenden: öffentliche Mitglieder der APFTE) – und unter Beteiligung mehrerer lokaler Unternehmen gegründet wurde. 7 Ziel der APFTE ist laut ihrer Satzung „die Förderung und Entwicklung des Tourismus und der Wirtschaft in der Region durch Werbeaufträge, durch den Kauf von Internet-Werbung und von Marketingdienstleistungen sowie durch andere Mittel der Werbung wie beispielsweise die Teilnahme an Messen und Ausstellungen, um internationale Kunden zu gewinnen“. 8 Im Zeitraum 2010 bis 2018 schloss die APFTE mit den Klägerinnen drei Serien an Verträgen über Marketingdienstleistungen (im Folgenden: in Rede stehende Verträge). [nicht wiedergegeben] B. Verwaltungsverfahren 13 Am 23. März 2017 ging bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde der Fluggesellschaft Air France ein, die geltend machte, dass die APFTE Ryanair im Zeitraum 2010 bis 2015 eine rechtswidrige staatliche Beihilfe in Form von Verträgen über Marketingdienstleistungen zur Unterstützung des von ihr durchgeführten Flugverkehrs zum und vom Flughafen Montpellier gewährt habe. [nicht wiedergegeben] C. Angefochtener Beschluss 18 Nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens erließ die Kommission am 2. August 2019 den Beschluss C(2019) 5729 final über die von Frankreich durchgeführte staatliche Beihilfe SA.47867 2018/C (ex 2017/FC) zugunsten von Ryanair und AMS (im Folgenden: ursprünglicher Beschluss). Am 13. Oktober 2020 berichtigte die Kommission den ursprünglichen Beschluss durch den Beschluss C(2020) 6938 final (im Folgenden: Berichtigung). Am 19. November 2020 wurde der angefochtene Beschluss, der dem ursprünglichen Beschluss in der berichtigten Fassung entspricht, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. [nicht wiedergegeben] 21 Drittens stellte die Kommission im Rahmen der Beurteilung des wirtschaftlichen Vorteils fest, dass die Verbindungen zwischen den von AMM geschlossenen Verträgen über Flughafendienstleistungen, deren Zweck es gewesen sei, die finanziellen und betrieblichen Bedingungen der von Ryanair durchgeführten gewerblichen Flüge zum und vom Flughafen Montpellier festzulegen, und den in Rede stehenden, von der APFTE geschlossenen Verträgen nicht ausreichten, um eine gemeinsame Analyse zu rechtfertigen, und beschloss, die in Rede stehenden Verträge getrennt zu prüfen. Sie führte aus, dass die APFTE beim Abschluss dieser Verträge eine Zielsetzung der Regionalpolitik verfolge, ausschließlich als Träger der öffentlichen Gewalt handele und nicht damit rechne, einen finanziellen Gewinn im Sinne eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten zu erzielen; der Erwerb von Marketingdienstleistungen entspreche keinem tatsächlichen Bedarf, sondern diene vielmehr dazu, die Flüge von Ryanair vom und zum Flughafen Montpellier zu subventionieren, so dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten keine Anwendung finde. Selbst wenn dieses Kriterium Anwendung fände, wäre es nicht erfüllt, da die gemäß den in Rede stehenden Verträgen gezahlten Preise nicht dem Marktpreis entsprächen. Angesichts dieser Elemente verschafften die in Rede stehenden Verträge Ryanair einen wirtschaftlichen Vorteil. [nicht wiedergegeben] 24 Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die in Rede stehenden Verträge eine staatliche Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten. [nicht wiedergegeben] II. Anträge der Parteien 28 Die Klägerinnen beantragen, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 29 Die Kommission, unterstützt durch den Rat, beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Begründetheit [nicht wiedergegeben] 1. Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler, offensichtlicher Beurteilungsfehler und unzureichende Begründung, da die Kommission zu dem Schluss gelangt sei, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten keine Anwendung finde [nicht wiedergegeben] a) Zum vierten Teil: Widerspruch im angefochtenen Beschluss bei der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten 136 Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, einerseits festgestellt zu haben, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten keine Anwendung finde, und es andererseits im Rahmen der Prüfung, ob die APFTE einen „tatsächlichen Bedarf“ habe, Marketingdienstleistungen bei den Klägerinnen zu erwerben, und ob der gezahlte Preis dem Marktpreis entspreche, angewandt zu haben. Aus der Rechtsprechung und der Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 [AEUV] (ABl. 2016, C 262, S. 1) ergebe sich, dass das Kriterium des „tatsächlichen Bedarfs“ eine Variante des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten sei, das nur unter außergewöhnlichen Umständen angewandt werden dürfe, und dass der Vergleich des Preises einer Transaktion mit dem Marktpreis ein typisches Element des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten sei. Daher bestehe eine Unstimmigkeit in der Begründung des angefochtenen Beschlusses. 137 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Das Kriterium des „tatsächlichen Bedarfs“ sei keine Variante des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten. In ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe werde in dem dieses Kriterium betreffenden Teil ausgeführt, dass „… außergewöhnliche Umstände vorliegen [können], unter denen der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen durch eine Behörde möglicherweise nicht als den Marktbedingungen entsprechend anzusehen ist, obwohl er zu Marktpreisen erfolgte“, ein Ansatz, der vom Gericht bestätigt worden sei. 138 Außerdem sei der angefochtene Beschluss weder inkohärent noch unklar. Im 180. Erwägungsgrund dieses Beschlusses werde nämlich klargestellt, dass der Erwerb der Marketingdienstleistungen nicht geeignet sei, einem „tatsächlichen Bedarf“ zu entsprechen, sondern dazu diene, die Flüge von Ryanair vom und zum Flughafen Montpellier zu subventionieren. Im Folgenden werde ausgeführt, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten, selbst wenn es Anwendung fände, nicht erfüllt wäre, da der Preis der Marketingdienstleistungen nicht dem Marktpreis entspreche. Nach Ansicht der Kommission widerspricht der zweite Teil der Analyse dem ersten nicht, sondern ergänzt ihn lediglich, indem hilfsweise das Vorbringen der Klägerinnen und anderer Beteiligter im förmlichen Prüfverfahren geprüft werde. 139 Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Rn. 69 oben ergibt, als staatliche Beihilfen Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die unmittelbar oder mittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. 140 Darüber hinaus erfolgt die Beurteilung der Bedingungen, unter denen ein solcher Vorteil gewährt wurde, wie sich aus Rn. 71 oben ergibt, grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten. 141 Der Ausgangspunkt für die Feststellung, ob dieses Kriterium anzuwenden ist, muss der wirtschaftliche Charakter der Maßnahme des Staates sein, und nicht wie dieser Staat subjektiv zu handeln gedachte oder welche Handlungsalternativen er in Erwägung gezogen hat, bevor er die fragliche Maßnahme erließ (Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 27). 142 Art. 107 Abs. 1 AEUV unterscheidet nämlich nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen (Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 27, und vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission, C‑409/00, EU:C:2003:92, Rn. 46). Die Art der Ziele und die Gründe einer staatlichen Maßnahme sind als solche unerheblich für deren Einstufung als staatliche Beihilfe (Urteile vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 17, und vom 25. Januar 2022, Kommission/European Food u. a., C‑638/19 P, EU:C:2022:50, Rn. 122). 143 Wenn das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten zur Anwendung kommt, ist zu prüfen, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Wirtschaftsbeteiligten, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre. Das in einem bestimmten Fall konkret anzuwendende Kriterium muss insbesondere anhand der Art des Vorhabens des betreffenden Mitgliedstaats bestimmt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2018, Kommission/FIH Holding und FIH Erhvervsbank, C‑579/16 P, EU:C:2018:159, Rn. 52 und 55). 144 In diesem Rahmen hat die Kommission eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei jeden im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob das begünstigte Unternehmen derartige Bedingungen offenkundig nicht bei einem privaten Wirtschaftsbeteiligten erhalten hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2018, BTB Holding Investments und Duferco Participations Holding/Kommission, T‑100/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:900, Rn. 264 und die dort angeführte Rechtsprechung). 145 Für diese Analyse sind nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit der Eigenschaft des Mitgliedstaats als privater Wirtschaftsbeteiligter zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt knüpfen (vgl. Urteil vom 6. März 2018, Kommission/FIH Holding und FIH Erhvervsbank, C‑579/16 P, EU:C:2018:159, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 146 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass eine zugunsten eines Unternehmens getroffene staatliche Maßnahme nicht allein deshalb von vornherein vom Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV ausgenommen werden kann, weil sich die Vertragsparteien zu gegenseitigen Leistungen verpflichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 1999, BAI/Kommission, T‑14/96, EU:T:1999:12, Rn. 71). 147 Die bloße Tatsache, dass ein Staat Waren und Dienstleistungen erwirbt, die zu Marktbedingungen angeboten worden sein sollen, genügt nämlich nicht dafür, dass diese Maßnahme ein normales Handelsgeschäft darstellt, das zu Bedingungen durchgeführt wird, die ein privater Wirtschaftsbeteiligter akzeptiert hätte. Unter bestimmten Umständen muss objektiv bewiesen werden, dass der Staat tatsächlich darauf angewiesen war, diese Waren und Dienstleistungen zu erwerben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 1999, BAI/Kommission, T‑14/96, EU:T:1999:12, Rn. 74 bis 79). 148 Die Kommission hat ihre Auslegung des tatsächlichen Bedarfs in ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe erläutert. In Rn. 82 dieser Bekanntmachung, die in Abschnitt 4.2 („Das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten“) enthalten ist, heißt es u. a., dass bei der Prüfung, ob eine Transaktion den Marktbedingungen entspricht, alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden sollten. So können etwa außergewöhnliche Umstände vorliegen, unter denen der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen durch eine Behörde möglicherweise nicht als den Marktbedingungen entsprechend anzusehen ist, obwohl er zu Marktpreisen erfolgte. 149 Diese Bekanntmachung kann das Gericht zwar nicht binden, aber gleichwohl als nützliche Anregung dienen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 26. Juli 2017, Tschechische Republik/Kommission, C‑696/15 P, EU:C:2017:595, Rn. 53). 150 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Abschnitt 7.1.3.3 („Anwendbarkeit des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden [privaten] Wirtschaftsbeteiligten“) des angefochtenen Beschlusses erstens im Wesentlichen festgestellt, dass die APFTE beim Abschluss der in Rede stehenden Verträge eine Zielsetzung der Regionalpolitik verfolge, ausschließlich als Träger der öffentlichen Gewalt handele und nicht damit rechne, abgesehen von der touristischen Entwicklung der Region einen finanziellen Gewinn im Sinne eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten zu erzielen. Ferner entspreche der Erwerb von Marketingdienstleistungen durch die APFTE keinem tatsächlichen Bedarf, sondern diene in Wirklichkeit dazu, die Flüge von Ryanair vom und zum Flughafen Montpellier zu subventionieren. Das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten finde daher keine Anwendung. Zweitens hat die Kommission klargestellt, dass, selbst wenn dieses Kriterium Anwendung fände, die für den Erwerb der Marketingdienstleistungen gezahlten Preise nicht dem Marktpreis entsprächen, so dass dieses Kriterium nicht erfüllt wäre. 151 Die Kommission hat demnach die Auffassung vertreten, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten im vorliegenden Fall aus zwei Gründen keine Anwendung finde, und zwar im Wesentlichen erstens deshalb, weil die APFTE als Träger der öffentlichen Gewalt handele, und zweitens, weil der Erwerb von Marketingdienstleistungen durch die APFTE bei den Klägerinnen keinem tatsächlichen Bedarf entspreche. 152 Wie die Klägerinnen im Wesentlichen geltend machen, war keiner der von der Kommission angeführten Gründe geeignet, die Anwendbarkeit des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten auszuschließen. 153 Zum einen ist nämlich, was den ersten Grund anbelangt, d. h., dass die APFTE als Träger der öffentlichen Gewalt handele, die Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten zwar, wie sich im Wesentlichen aus den Rn. 142 und 145 oben ergibt, unabhängig von den Gemeinwohlzielen zu prüfen, die Verfolgung solcher Ziele schließt aber die Anwendbarkeit dieses Kriteriums nicht aus. 154 Zum anderen ist, was den zweiten Grund betrifft, nämlich, dass die APFTE bei den Klägerinnen Marketingdienstleistungen erwerbe, die keinem tatsächlichen Bedarf entsprächen, bei der Prüfung des tatsächlichen Bedarfs des Staates, Waren und Dienstleistungen zu erwerben, wie sich im Wesentlichen aus den Rn. 146 bis 149 oben ergibt, per definitionem zu analysieren, ob ein privater Wirtschaftsbeteiligter, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, unter normalen Marktbedingungen dasselbe Verhalten an den Tag gelegt hätte. Diese Beurteilung ist, wie sich aus Rn. 143 oben ergibt, von der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten abhängig. Somit ließ auch dieser von der Kommission angeführte Grund nicht den Schluss zu, dass die Anwendbarkeit des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten ausgeschlossen ist. 155 Die Kommission ist daher rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gelangt, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsbeteiligten im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. 156 Im ersten Teil von Abschnitt 7.1.3.4 des angefochtenen Beschlusses („Bestimmung des Ryanair/AMS gewährten Vorteils durch die APFTE“) hat die Kommission jedoch gerade geprüft, ob der Erwerb von Marketingdienstleistungen bei den Klägerinnen einem tatsächlichen Bedarf der APFTE entsprach. 157 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann diese Prüfung der Kommission keinen Widerspruch im angefochtenen Beschluss begründen, der zu seiner Nichtigkeit führen könnte. Ein Widerspruch in der Begründung einer Entscheidung stellt eine Verletzung der Begründungspflicht dar, die zur Nichtigkeit der betreffenden Handlung führen kann, wenn nachgewiesen wird, dass der Adressat der Handlung infolge dieses Widerspruchs die wirklichen Gründe der Entscheidung insgesamt oder zum Teil nicht erkennen konnte und infolgedessen der verfügende Teil der Entscheidung ganz oder teilweise ohne rechtliche Stütze ist (Urteile vom 24. Januar 1995, Tremblay u. a./Kommission, T‑5/93, EU:T:1995:12, Rn. 42, und vom 30. März 2000, Kish Glass/Kommission, T‑65/96, EU:T:2000:93, Rn. 85). 158 Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 182 bis 305 des angefochtenen Beschlusses klar hervor, dass die Kommission das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils festgestellt hat, weil es der APFTE an einem tatsächlichen Bedarf an den in Rede stehenden Verträgen mangele. Die Klägerinnen konnten die wirklichen Gründe des angefochtenen Beschlusses erkennen und die Stichhaltigkeit der von der Kommission dabei zugrunde gelegten Beurteilungen in Frage stellen, was sie im Übrigen in den Rn. 141 bis 239 der Klageschrift und in den Rn. 58 bis 84 der Erwiderung getan haben. Der angefochtene Beschluss ist daher nur dann für nichtig zu erklären, wenn sich herausstellt, dass diese Gründe den verfügenden Teil nicht tragen können, was im Rahmen des vierten Klagegrundes geprüft werden wird. 159 Soweit die Klägerinnen einen Widerspruch im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Frage geltend machen, ob der gemäß den in Rede stehenden Verträgen gezahlte Preis dem Marktpreis entsprach, genügt die Feststellung, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 184, 306 und 307 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass es für die Feststellung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils ausreiche, dass es der APFTE an einem tatsächlichen Bedarf an den in Rede stehenden Verträgen mangele, und dass sie hilfsweise geprüft hat, ob der von der APFTE gezahlte Preis dem Marktpreis entsprach, da Ryanair dieses Argument im Rahmen ihrer Stellungnahme im förmlichen Prüfverfahren vorgebracht hatte. 160 Daher sind vorbehaltlich der Prüfung, die im Rahmen der ersten drei Teile des vierten Klagegrundes vorgenommen werden wird, der vierte Teil und damit der zweite Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] IV. Kosten 351 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten gemäß dem Antrag der Kommission deren Kosten aufzuerlegen. 352 Der Rat trägt gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Neunte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Ryanair DAC und die Airport Marketing Services Ltd tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten. Costeira Kancheva Zilgalvis Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juni 2023. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 22. September 2022.#International Management Group (IMG) gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Entwicklungszusammenarbeit – Ausführung des Unionshaushalts im Wege der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation – Beschluss, einer Einrichtung wegen Zweifeln an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation keine die Ausführung des Haushalts betreffenden Aufgaben mehr zu übertragen – Nichtigkeitsklage – Durchführung eines Nichtigkeitsurteils – Rechtskraft – Pflichten und Befugnisse des Urhebers der für nichtig erklärten Maßnahme – Vorbereitende Maßnahme – Zulässigkeit – Schadensersatzantrag – Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – Haushaltsordnungen der Union – Sorgfaltspflicht – Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen diese Pflicht – Konkrete Einzelfallprüfung – Immaterieller Schaden – Angemessener und hinreichender Ersatz durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Maßnahme – Materieller Schaden – Rechtsstreit, der nicht zur Entscheidung reif ist – Zurückverweisung der Sache an das Gericht.#Verbundene Rechtssachen C-619/20 P und C-620/20 P.
62020CJ0619
ECLI:EU:C:2022:722
2022-09-22T00:00:00
Gerichtshof, Campos Sánchez-Bordona
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62020CJ0619 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) 22. September 2022 (*1) (i ) Inhaltsverzeichnis I. Rechtlicher Rahmen A. Finanzregelung von 2002 1. Haushaltsordnung von 2002 2. Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 B. Finanzregelung von 2012 1. Haushaltsordnung von 2012 2. Delegierte Haushaltsordnung von 2012 C. Finanzregelung von 2018 II. Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten A. Rechtsmittelführerin B. Verwaltungsrechtliche Vorgeschichte 1. Beschluss vom 7. November 2013 2. Beschluss vom 16. Dezember 2014 3. Beschluss vom 8. Mai 2015 C. Gerichtliche Vorgeschichte 1. Urteil T‑29/15 2. Urteil T‑381/15 3. Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P 4. Beschluss C‑183/17 P‑INT D. Erstinstanzliche Rechtssachen 1. Rechtssache T‑381/15 RENV 2. Rechtssache T‑645/19 III. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof A. Anträge der Parteien B. Verfahren vor dem Gerichtshof IV. Zu den Rechtsmitteln A. Zum Streitgegenstand und zum Rechtsschutzinteresse 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch den Gerichtshof B. Zum Rechtsmittel C‑619/20 P 1. Zum ersten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch den Gerichtshof 2. Zum zweiten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch den Gerichtshof C. Zum Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P 1. Zum ersten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch den Gerichtshof 1) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtskraft 2) Zur zweiten und zur vierten Rüge: Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 3) Zur dritten Rüge: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht 2. Zum zweiten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch den Gerichtshof V. Zur Klage in der Rechtssache T‑381/15 RENV A. Zur Entscheidung des Rechtsstreits B. Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Sorgfaltspflicht C. Zu den geltend gemachten Schäden und zum Kausalzusammenhang mit dem festgestellten Verstoß VI. Kosten „Rechtsmittel – Entwicklungszusammenarbeit – Ausführung des Unionshaushalts im Wege der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation – Beschluss, einer Einrichtung wegen Zweifeln an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation keine die Ausführung des Haushalts betreffenden Aufgaben mehr zu übertragen – Nichtigkeitsklage – Durchführung eines Nichtigkeitsurteils – Rechtskraft – Pflichten und Befugnisse des Urhebers der für nichtig erklärten Maßnahme – Vorbereitende Maßnahme – Zulässigkeit – Schadensersatzantrag – Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – Haushaltsordnungen der Union – Sorgfaltspflicht – Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen diese Pflicht – Konkrete Einzelfallprüfung – Immaterieller Schaden – Angemessener und hinreichender Ersatz durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Maßnahme – Materieller Schaden – Rechtsstreit, der nicht zur Entscheidung reif ist – Zurückverweisung der Sache an das Gericht“ In den verbundenen Rechtssachen C‑619/20 P und C‑620/20 P betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. November 2020, International Management Group (IMG) mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch J.‑Y. de Cara und L. Levi, Avocats, Rechtsmittelführerin, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und J. Norris als Bevollmächtigte, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter J. Passer (Berichterstatter), F. Biltgen und N. Wahl sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún, Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona, Kanzler: A. Calot Escobar, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache C‑619/20 P zu entscheiden, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C‑620/20 P in der Sitzung vom 3. März 2022 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P begehrt die International Management Group (im Folgenden: IMG) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2020:388), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens der Europäischen Kommission vom 18. Juli 2019, mit dem sie aufgefordert wurde, im Rahmen der Durchführung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, im Folgenden: Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78) bestimmte Dokumente vorzulegen, und auf Ersatz der ihr durch dieses Schreiben sowie durch die Beschlüsse, die mit dem genannten Urteil für nichtig erklärt wurden, entstandenen Schäden abgewiesen hat. 2 Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P begehrt IMG die Aufhebung des Urteils des Gerichts vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑381/15 RENV, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:406), mit dem das Gericht ihre Klage auf Ersatz der Schäden abgewiesen hat, die ihr durch den im Schreiben der Kommission vom 8. Mai 2015 enthaltenen Beschluss, mit ihr keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung zu schließen, „bis absolute Gewissheit über [ihren] Status … als internationale Organisation besteht“, entstanden sein sollen. I. Rechtlicher Rahmen A. Finanzregelung von 2002 1. Haushaltsordnung von 2002 3 Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 390, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Haushaltsordnung von 2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2012, L 298, S. 1) (im Folgenden: Haushaltsordnung von 2012) aufgehoben. Art. 212 Buchst. a der Haushaltsordnung von 2012 sah jedoch u. a. vor, dass die Art. 53 und 53d der Haushaltsordnung von 2002 weiterhin Anwendung auf sämtliche Mittelbindungen finden, die bis zum 31. Dezember 2013 eingegangen sein werden. 4 Art. 53 der Haushaltsordnung von 2002 sah vor: „Die Kommission führt den Haushalt entsprechend den Artikeln 53a bis 53d nach einer der folgenden Methoden aus: a) nach dem Prinzip der zentralen Mittelverwaltung oder b) nach dem Prinzip der geteilten oder dezentralen Verwaltung oder c) nach dem Prinzip der gemeinsamen Verwaltung mit internationalen Organisationen.“ 5 Art. 53d der Haushaltsordnung von 2002 bestimmte u. a.: „(1)   Bei der gemeinsamen Mittelverwaltung werden … bestimmte Haushaltsvollzugsaufgaben internationalen Organisationen … übertragen … … (2)   Die mit der betreffenden internationalen Organisation geschlossenen Vereinbarungen über die Bereitstellung der Finanzmittel müssen genaue Bestimmungen über die Haushaltsvollzugsaufgaben enthalten, die dieser Organisation übertragen werden. …“ 2. Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 6 Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2002, L 357, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. 2007, L 111, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 und, zusammen mit der Haushaltsordnung von 2002, Finanzregelung von 2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 966/2012 (ABl. 2012, L 362, S. 1) (im Folgenden: Delegierte Haushaltsordnung von 2012 und, zusammen mit der Haushaltsordnung von 2012, Finanzregelung von 2012) aufgehoben. 7 Art. 43 („Gemeinsame Verwaltung“) der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 sah u. a. in Abs. 2 vor: „Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 53d der [Haushaltsordnung von 2002] handelt es sich im Einzelnen um: a) internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen; …“ B. Finanzregelung von 2012 1. Haushaltsordnung von 2012 8 Die Haushaltsordnung von 2012 trat gemäß ihrem Art. 214 Abs. 1 am 27. Oktober 2012 in Kraft. Nach ihrem Art. 214 Abs. 2 galt sie unbeschadet besonderer, für bestimmte Vorschriften vorgesehener Daten, ab dem 1. Januar 2013. 9 Zu ihnen gehörte Art. 58 („Arten des Haushaltsvollzugs“) der Haushaltsordnung von 2012, der ausschließlich auf ab dem 1. Januar 2014 eingegangene Mittelbindungen Anwendung fand und dessen Abs. 1 vorsah: „Die Kommission führt den Haushalt nach einer der folgenden Methoden aus: a) direkt (‚direkte Mittelverwaltung‘) über ihre Dienststellen … b) in geteilter Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten (‚geteilte Mittelverwaltung‘) oder c) indirekt (‚indirekte Mittelverwaltung‘) … im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf: … ii) internationale Organisationen und deren Agenturen, …“ 10 Die Art. 84 bis 86 der Haushaltsordnung von 2012 galten ab dem 1. Januar 2013. 11 In Art. 84 („Finanzierungsbeschluss“) der Haushaltsordnung von 2012 hieß es: „(1)   Jede Ausgabe ist Gegenstand von vier Vorgängen: Mittelbindung, Feststellung, Zahlungsanordnung und Zahlung. (2)   Der Mittelbindung geht ein Finanzierungsbeschluss des betreffenden Organs oder der Behörden voran, denen das Organ entsprechende Befugnisse übertragen hat, sofern die betreffenden Mittel nicht … ohne Basisrechtsakt verwendet werden können. (3)   In dem Beschluss nach Absatz 2 werden das verfolgte Ziel, die erwarteten Ergebnisse, die Methode der Umsetzung und ihr Gesamtbetrag angegeben. Er enthält zudem eine Beschreibung der zu finanzierenden Maßnahmen, Angaben zur Höhe der für die einzelnen Maßnahmen vorgesehenen Beträge und den vorläufigen Durchführungszeitplan. Im Fall [indirekter] Mittelverwaltung werden in dem Beschluss auch die [betraute] Einrichtung oder Person nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c, die für die Wahl der Einrichtung oder der Person angelegten Kriterien sowie die ihr übertragenen Aufgaben angegeben. …“ 12 Art. 85 („Mittelbindungsarten“) der Haushaltsordnung von 2012 bestimmte in Abs. 1 Unterabs. 1 und 2: „Eine Mittelbindung besteht darin, die Mittel vorzumerken, die erforderlich sind, um Zahlungen, die sich aus rechtlichen Verpflichtungen ergeben, zu einem späteren Zeitpunkt leisten zu können. Eine rechtliche Verpflichtung ist die Handlung, durch die der Anweisungsbefugte eine Verpflichtung eingeht, die eine Belastung zur Folge hat.“ 13 Art. 86 („Mittelbindungsvorschriften“) der Haushaltsordnung von 2012 sah in Abs. 1 vor: „Bei allen haushaltswirksamen Maßnahmen muss der zuständige Anweisungsbefugte eine Mittelbindung vornehmen, bevor er eine rechtliche Verpflichtung gegenüber Dritten eingeht …“ 2. Delegierte Haushaltsordnung von 2012 14 Art. 43 („Besondere Bestimmungen für die indirekte Mittelverwaltung mit internationalen Organisationen …“) der Delegierten Haushaltsordnung von 2012 bestimmte in Abs. 1: „Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii der [Haushaltsordnung von 2012] handelt es sich im Einzelnen um: a) internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen; …“ C. Finanzregelung von 2018 15 Die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung von 2018) trat am 2. August 2018 in Kraft und gilt seitdem, unbeschadet besonderer, für bestimmte Vorschriften vorgesehener Daten. 16 Art. 62 („Arten des Haushaltsvollzugs“) der Haushaltsordnung von 2018 sieht in Abs. 1 Unterabs. 1 vor: „Die Kommission führt den Haushalt nach einer der folgenden Methoden aus: a) direkt (‚direkte Mittelverwaltung‘) …; b) in geteilter Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten (‚geteilte Mittelverwaltung‘) …; c) indirekt (‚indirekte Mittelverwaltung‘) gemäß den Artikeln 125 bis 149 und 154 bis 159, wenn dies im Basisrechtsakt vorgesehen ist oder in den in Artikel 58 Absatz 2 Buchstaben a bis d genannten Fällen, im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf … ii) internationale Organisationen oder deren Agenturen im Sinne des Artikels 156, …“ 17 In Art. 156 („Indirekte Mittelverwaltung mit internationalen Organisationen“) der Haushaltsordnung von 2018 heißt es: „(1)   Die Kommission kann gemäß Artikel 62 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c Ziffer ii den Haushaltsplan indirekt mit internationalen öffentlichen Einrichtungen, die durch internationale Abkommen geschaffen werden (‚internationale Organisationen‘), sowie mit von diesen eingerichteten spezialisierten Agenturen ausführen. Diese Abkommen sind der Kommission im Rahmen der Bewertung zu übermitteln, die sie gemäß Artikel 154 Absatz 3 vornimmt. … (4)   Führen internationale Organisationen Mittel im Wege der indirekten Mittelverwaltung aus, so finden die mit ihnen geschlossenen Überprüfungsvereinbarungen Anwendung.“ II. Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten A. Rechtsmittelführerin 18 Wie sich aus Rn. 1 des angefochtenen Urteils ergibt, wurde IMG nach ihren Statuten am 25. November 1994 als internationale Organisation mit der Bezeichnung „International Management Group – Infrastructure for Bosnia and Herzegovina“ und mit Sitz in Belgrad (Serbien) errichtet, um den am Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas beteiligten Staaten zu diesem Zweck eine spezialisierte Stelle zur Verfügung stellen zu können. Seitdem dehnte IMG ihren Tätigkeitsbereich immer weiter aus und schloss am 13. Juni 2012 ein Sitzabkommen mit dem Königreich Belgien. B. Verwaltungsrechtliche Vorgeschichte 19 Die verwaltungsrechtliche Vorgeschichte der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten, die bereits in den Rn. 17 bis 28 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P dargestellt wurde, lässt sich wie folgt zusammenfassen. 1. Beschluss vom 7. November 2013 20 Am 7. November 2013 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 den Durchführungsbeschluss C(2013) 7682 final über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union (im Folgenden: Beschluss vom 7. November 2013). 21 In Art. 1 dieses Beschlusses hieß es, dass das Aktionsprogramm für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma, wie in den Anhängen 1 und 2 des Beschlusses näher ausgeführt, genehmigt sei. 22 Gemäß Art. 3 des Beschlusses konnten die Haushaltsvollzugsaufgaben im Rahmen der gemeinsamen Mittelverwaltung unter der Voraussetzung des Abschlusses einer Übertragungsvereinbarung auf die in seinen Anhängen 1 und 2 aufgeführten Einrichtungen übertragen werden. 23 Anhang 2 des Beschlusses beschrieb die zweite Aktion des Aktionsprogramms für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma. Die Abschnitte 5 und 8 dieses Anhangs sahen im Wesentlichen vor, dass die Aktion aus einem Programm zur Entwicklung des Handels bestand, dessen Kosten, die auf 10 Mio. Euro veranschlagt wurden, von der Europäischen Union finanziert würden und dessen Durchführung in gemeinsamer Verwaltung mit IMG sichergestellt würde. In Nr. 8.3.1 des Anhangs wurde IMG als eine in Myanmar/Burma bereits etablierte und an der Durchführung von unionsfinanzierten Projekten in diesem Staat mitwirkende internationale Organisation vorgestellt. 2. Beschluss vom 16. Dezember 2014 24 Am 17. Februar 2014 setzte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die Kommission davon in Kenntnis, dass es eine Untersuchung zum Status von IMG eröffnet habe. 25 Am 24. Februar 2014 übermittelte der Generalsekretär der Kommission diese Information dem Generaldirektor für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung dieses Organs und wies ihn auf die Möglichkeit hin, Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 6 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. 2013, L 248, S. 1) zu erlassen. 26 Am 26. Februar 2014 erließ der Generaldirektor auf der Grundlage dieser Bestimmung Sicherungsmaßnahmen, die er damit begründete, dass die ursprüngliche Untersuchung des OLAF Zweifel am Status von IMG habe aufkommen lassen. Die Sicherungsmaßnahmen bestanden im Wesentlichen in dem vorübergehenden Verbot des Abschlusses neuer Übertragungsvereinbarungen mit IMG im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts gemäß der Haushaltsordnung von 2012 sowie der Ausdehnung bereits mit IMG geschlossener Übertragungsvereinbarungen im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung des Unionshaushalts auf der Grundlage der Haushaltsordnung von 2002. 27 Am 25. April 2014 richtete der Generaldirektor für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Kommission ein Schreiben an IMG (im Folgenden: Schreiben vom 25. April 2014), in dem er sie über drei neue Gesichtspunkte in der Akte der Kommission informierte: Erstens betrachteten fünf Mitgliedstaaten der Union, die nach Angaben von IMG Mitglieder dieser Organisation sein sollten, sich nicht als solche, zweitens habe der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) angegeben, dass IMG keine Sonderorganisation der UNO sei, und drittens bestünden Ungewissheiten in Bezug auf die Vollmachten von Personen, die bestimmte Staaten bei der Unterzeichnung der Gründungsakte von IMG vertreten hätten. Der Generaldirektor fügte hinzu, in Anbetracht der Zweifel, die sich aus diesen Gesichtspunkten hinsichtlich des Status von IMG ergäben, habe er seine Dienststellen angewiesen, in Bezug auf sie vorübergehend auf die Verfahren zu verzichten, die durch die Finanzregelungen von 2002 und 2012 eingeführt worden seien, um es der Kommission zu ermöglichen, internationale Organisationen im Rahmen einer indirekten oder gemeinsamen Verwaltung des Unionshaushalts mit der Ausführung von Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen. 28 Am 15. Dezember 2014 erhielt die Kommission den vom OLAF nach Abschluss seiner Untersuchung erstellten Bericht (im Folgenden: OLAF‑Bericht), der eine Reihe von Empfehlungen enthielt. In diesem Bericht stellte das OLAF im Wesentlichen fest, dass IMG keine internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sei, und empfahl der Kommission, Sanktionen gegen IMG zu verhängen und die an sie in dieser Eigenschaft gezahlten Beträge zurückzufordern. 29 Am 16. Dezember 2014 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 den Durchführungsbeschluss C(2014) 9787 final (im Folgenden: Beschluss vom 16. Dezember 2014). Nach Art. 1 dieses Beschlusses wurde Anhang 2 des Beschlusses vom 7. November 2013 durch einen neuen Anhang ersetzt, dessen Abschnitte 1 und 4.3 im Wesentlichen vorsahen, dass eine andere Einrichtung als IMG mit der Durchführung des in diesem Beschluss vorgesehenen Programms zur Entwicklung des Handels im Wege der indirekten Mittelverwaltung betraut werden sollte. 3. Beschluss vom 8. Mai 2015 30 Am 16. Januar 2015 erstellte der juristische Dienst der Kommission einen Vermerk mit dem Titel „Rechtliche Bewertung des [OLAF‑Berichts] zur Untersuchung … in Bezug auf [IMG]“. 31 Am 8. Mai 2015 richtete die Kommission ein Schreiben an IMG, um IMG über die Konsequenzen zu informieren, die sie aus dem OLAF‑Bericht zu ziehen beabsichtige. Sie wies insbesondere darauf hin, dass sie zwar den meisten in diesem, IMG von ihr nicht übermittelten Bericht enthaltenen Empfehlungen nicht nachkommen werde, aber u. a. beschlossen habe, dass ihre Dienststellen mit IMG, „bis absolute Gewissheit über [deren] Status … als internationale Organisation besteht“, keine neue Übertragungsvereinbarung mehr gemäß den Bestimmungen schließen würden, die es erlaubten, internationale Organisationen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Haushalts der Union mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen. C. Gerichtliche Vorgeschichte 1. Urteil T‑29/15 32 Mit Klageschrift, die am 21. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014. 33 Die Kommission erhob gegen diese Klage eine Einrede der Unzulässigkeit, mit der sie die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 geltend machte, weil dieser zum einen keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge und zum anderen einen das Schreiben vom 25. April 2014, mit dem IMG über die Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 informiert worden sei, rein bestätigenden Charakter habe. 34 Mit Beschluss vom 30. Juni 2015 behielt das Gericht die Entscheidung über diese Einrede dem Endurteil vor. 35 Mit Urteil vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑29/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil T‑29/15, EU:T:2017:56), wies das Gericht die Klage von IMG ab. In den Rn. 28 bis 78 dieses Urteils führte es aus, dass die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit unbegründet sei, da der Beschluss vom 16. Dezember 2014 verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, indem er IMG endgültig die Möglichkeit zum Abschluss der darin behandelten Übertragungsvereinbarung genommen habe, und da er keinen das Schreiben vom 25. April 2014 rein bestätigenden Charakter gehabt habe. In den Rn. 79 bis 169 und 174 dieses Urteils wies das Gericht jedoch die sieben Klagegründe von IMG zurück und wies infolgedessen die Klage als unbegründet ab. 2. Urteil T‑381/15 36 Mit Klageschrift, die am 14. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 und auf Ersatz des durch ihn verursachten Schadens. 37 Die Kommission erhob gegen diese Klage eine Einrede der Unzulässigkeit, mit der sie die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 geltend machte, da er insbesondere keine verbindlichen Rechtsfolgen entfalte. 38 Mit Beschluss vom 29. Januar 2016 behielt das Gericht die Entscheidung über diese Einrede dem Endurteil vor. 39 Mit Urteil vom 2. Februar 2017, IMG/Kommission (T‑381/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil T‑381/15, EU:T:2017:57), stellte das Gericht die Erledigung eines Teils der Klage von IMG fest und wies sie im Übrigen ab. 40 In den Rn. 41 bis 53 und 75 dieses Urteils führte das Gericht zunächst aus, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, da er IMG die Möglichkeit genommen habe, mit der Durchführung neuer Haushaltsaufgaben nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation gemäß Art. 58 Abs. 1 der Haushaltsordnung von 2012 betraut zu werden, so dass die Nichtigkeitsklage von IMG zulässig sei. Sodann wies das Gericht in den Rn. 76 bis 160 des Urteils die acht Klagegründe von IMG zurück und wies infolgedessen die Klage als unbegründet ab. Hierbei entschied es u. a. im Wesentlichen, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 zwar nicht sehr genau und detailliert begründet sei, aber im Hinblick auf die drei oben in Rn. 27 genannten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu verstehen und zu prüfen sei, die die Kommission IMG mitgeteilt habe, um die Zweifel an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation zu begründen. Schließlich wies das Gericht in den Rn. 170 bis 173 des Urteils den Schadensersatzantrag von IMG als unbegründet zurück. 3. Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P 41 Mit zwei am 11. April 2017 eingelegten Rechtsmitteln beantragte IMG, die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 aufzuheben und durch die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 endgültig über die Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden sowie die Union zum Ersatz der durch den letztgenannten Beschluss verursachten Schäden zu verurteilen. 42 Die Kommission beantragte, die beiden Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen, und legte außerdem zwei Anschlussrechtsmittel ein, mit denen sie den Gerichtshof im Wesentlichen ersuchte, die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 aufzuheben, soweit mit ihnen ihre Einreden der Unzulässigkeit zurückgewiesen worden waren, und durch die Abweisung der Klagen als unzulässig endgültig über die Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. 43 Im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P wies der Gerichtshof zunächst die beiden Anschlussrechtsmittel der Kommission mit der Begründung zurück, dass dem Gericht keiner der von ihr gerügten Rechtsfehler unterlaufen war, als es die beiden Klagen von IMG für zulässig erachtete, da sie Handlungen betrafen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollten, die geeignet waren, die Interessen von IMG durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung zu beeinträchtigen. 44 Dazu stellte der Gerichtshof in den Rn. 55 bis 60 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P fest, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 einen auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 erlassenen Finanzierungsbeschluss darstellte, der dazu diente, einen früheren Beschluss zu ändern und einer dritten Einrichtung eine Haushaltsvollzugsaufgabe zu übertragen, die zuvor IMG wahrgenommen hatte. Er fügte hinzu, dass IMG durch diesen Finanzierungsbeschluss die Rechtsstellung der mit dieser Haushaltsvollzugsaufgabe betrauten Einrichtung und infolgedessen jede Möglichkeit genommen wurde, später mit der Union eine sie betreffende Übertragungsvereinbarung zu schließen, was eine rechtliche Verpflichtung im Sinne der Art. 85 und 86 der Haushaltsordnung von 2012 verkörperte. 45 Ferner stellte der Gerichtshof in den Rn. 61 bis 63 seines Urteils fest, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 den Abschluss weiterer Übertragungsvereinbarungen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts mit IMG verbot, „bis hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation absolute Gewissheit besteht“, dass er IMG dadurch jede echte Aussicht auf die Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben in dieser Eigenschaft nahm und dass diese Wirkung als verbindliche Rechtswirkung des genannten Beschlusses anzusehen ist, wie das Gericht zutreffend entschieden hatte. 46 Sodann gab der Gerichtshof in den Rn. 84 bis 97 seines Urteils den beiden Rechtsmittelgründen statt, mit denen sich IMG gegen die Feststellung des Gerichts wandte, dass die Kommission keinen Rechtsfehler und keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 mit Zweifeln an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 begründete. 47 Insoweit entschied der Gerichtshof, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hatte, als es sich auf die Feststellung beschränkte, dass die von IMG vorgebrachten Argumente und Beweise die Zweifel der Kommission an ihrem Status als internationale Organisation nicht in Frage stellten, statt die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 im Hinblick auf den Begriff „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zu prüfen, die insoweit auf „internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden“, Bezug nehmen. 48 In diesem Kontext führte der Gerichtshof u. a. aus, dass keiner der drei oben in Rn. 27 aufgezählten Gesichtspunkte rechtlich geeignet war, Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation zu begründen, da sie sich nur auf die Eigenschaft von fünf nach ihren Angaben zu ihren aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern gehörenden Staaten sowie auf die Vollmachten von Personen, die diese Staaten bei der Unterzeichnung ihrer Gründungsakte vertreten hatten, und nicht auf alle Mitgliedstaaten von IMG oder auf ihre eigene Eigenschaft bezogen. 49 Schließlich kam der Gerichtshof in den Rn. 98 bis 106 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Rechtsfehler des Gerichts zur vollständigen Aufhebung der Urteile T‑29/15 und T‑381/15 führen mussten, dass die beiden Rechtsstreitigkeiten zur Entscheidung reif waren, soweit IMG die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 begehrte, und dass diese beiden Beschlüsse ebenso wie die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 rechtswidrig und deshalb insgesamt für nichtig zu erklären waren, wohingegen der Antrag auf Ersatz der Schäden, die IMG durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, nicht zur Entscheidung reif war, so dass die Sache insoweit an das Gericht zurückzuverweisen war. 4. Beschluss C‑183/17 P‑INT 50 Mit Schriftsatz, der am 10. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, ersuchte IMG den Gerichtshof, die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P in Verbindung mit den Rn. 91 bis 105 der Gründe dieses Urteils dahin auszulegen, dass die Kommission nicht zu Zweifeln an ihrem Status als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen der Union berechtigt gewesen sei. 51 Mit Beschluss vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, im Folgenden: Beschluss C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), wies der Gerichtshof diesen Auslegungsantrag als offensichtlich unzulässig zurück, da er eine Frage betraf, über die im genannten Urteil nicht entschieden worden war. Insbesondere führte der Gerichtshof in den Rn. 22 und 23 seines Beschlusses im Wesentlichen aus, dass er zwar festgestellt hatte, dass die Kommission ihre Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation zu Unrecht auf eine Reihe von Gesichtspunkten gestützt hatte, die keine solchen Zweifel rechtfertigten, ohne sich aber mit der Frage zu befassen, ob auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Analyse unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte diese Eigenschaft von IMG zu bejahen oder zu verneinen wäre. D. Erstinstanzliche Rechtssachen 1. Rechtssache T‑381/15 RENV 52 Im Anschluss an die Verkündung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P forderte das Gericht die Parteien auf, schriftliche Erklärungen abzugeben, bevor es ihnen Fragen zur schriftlichen Beantwortung übermittelte, die sie fristgerecht beantworteten. Es hörte sie zudem in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2020 an. 53 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht das oben in Rn. 49 angesprochene Schadensersatzbegehren zurückgewiesen. 54 Erstens hat das Gericht in den Rn. 49 bis 68 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass dieses, von IMG in ihren schriftlichen Erklärungen nach der teilweisen Zurückverweisung der Rechtssache durch den Gerichtshof konkretisierte Begehren unzulässig sei, soweit es auf den Ersatz einer Reihe von Schäden abziele, die entweder zu den in der Klageschrift genannten hinzukämen oder deren Natur sich geändert habe. Insbesondere wies das Gericht die Anträge als unzulässig zurück, mit denen IMG den Ersatz verschiedener materieller Schäden, die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, in Form der Naturalrestitution durch Anordnung eines bestimmten Handelns und öffentlicher Erklärungen nebst Verzugszinsen begehrte. Außerdem wies das Gericht den Antrag von IMG auf Ersatz eines immateriellen Schadens, der mit 10 Mio. Euro beziffert wurde, während in der Klageschrift ein symbolischer Euro verlangt worden war, als unzulässig zurück. 55 Dagegen wurde das Schadensersatzbegehren für zulässig erklärt, soweit es bestimmte materielle Schäden und den immateriellen Schaden betraf, dessen Ersatz IMG in der Klageschrift verlangt hatte. 56 Zweitens hat das Gericht in den Rn. 75 bis 93 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 zwar aus den vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P angeführten Gründen rechtswidrig sei, aber gegen keine Rechtsnorm verstoßen habe, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. 57 Insoweit hat es in den Rn. 76 bis 88 seines Urteils das Vorbringen von IMG als unbegründet zurückgewiesen, wonach davon auszugehen sei, dass die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, gegen die der Beschluss verstoße, im Licht bestimmter völkerrechtlicher Regeln über den in diesen Bestimmungen enthaltenen Begriff „internationale Organisation“ dahin auszulegen seien, dass sie Einrichtungen, denen die Kommission die Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne der genannten Bestimmungen zuerkannt habe, das Recht verleihen sollten, als solche anerkannt zu bleiben. 58 Desgleichen hat das Gericht in den Rn. 89 bis 93 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von IMG als unbegründet zurückgewiesen, wonach die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 als Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift einzustufen sei, die sich aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebe und dem Einzelnen Rechte verleihen solle, und zwar dergestalt, dass die Kommission verpflichtet sei, ihre Situation und ihre etwaige Eigenschaft als internationale Organisation anhand der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sorgfältig und unparteiisch zu prüfen. 59 Dabei hat sich das Gericht auf drei Erwägungen gestützt. Zunächst hat es darauf hingewiesen, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung der nunmehr in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerte Grundsatz der guten Verwaltung als solcher dem Einzelnen keine Rechte verleihe, es sei denn, er stelle eine Ausprägung spezifischer Rechte dar, wie des Rechts des Einzelnen, dass die Unionsverwaltung eigene Angelegenheiten unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandele. Sodann hat es ausgeführt, aus der rechtlichen Würdigung im angefochtenen Urteil ergebe sich, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen, so dass ihr nicht mit Erfolg vorgeworfen werden könne, dass sie mit IMG keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung abgeschlossen habe. Abgesehen von diesem Vorbringen habe IMG nicht dargetan, inwiefern die Rechtsfehler, die den Gerichtshof zur Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 veranlasst hätten, einen Verstoß gegen die Verpflichtung der Kommission darstellten, ihre Situation im Licht aller sachdienlichen Informationen unparteiisch zu prüfen. 60 Drittens schließlich hat das Gericht in den Rn. 94 bis 97 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen entschieden, dass der von IMG geltend gemachte Verstoß gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei, da IMG nicht nachgewiesen habe, dass die Kommission bei der Umsetzung dieser Regelungen über kein Ermessen verfügt habe. 61 Aus diesen Gründen ist das Gericht in den Rn. 98 bis 101 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass das Schadensersatzbegehren von IMG in vollem Umfang zurückzuweisen sei. 2. Rechtssache T‑645/19 62 Parallel zum Verfahren in der Rechtssache T‑381/15 RENV gab es einen Schriftwechsel zwischen der Kommission und IMG über die Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P. Aus ihm geht hervor, dass die Kommission ursprünglich der Ansicht war, dass die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 auf dem Fehlen einer Begründung dieser Beschlüsse beruhe, während IMG der Ansicht war, dass die Nichtigerklärung in der Sache zur Folge habe, dass die Kommission verpflichtet sei, ihr den Status einer internationalen Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zuzuerkennen. 63 Im Rahmen dieses Schriftwechsels richtete die Kommission am 18. Juli 2019 ein Schreiben an IMG, das in der vor dem Gerichtshof nicht beanstandeten Rn. 31 des angefochtenen Beschlusses wie folgt beschrieben wird: „Mit Schreiben vom 18. Juli 2019 … hat die Kommission zunächst geltend gemacht, der Gerichtshof sei im [Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P] nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass [IMG] eine internationale Organisation sei, so dass die Durchführung dieses Urteils ‚nicht die automatische Anerkennung von IMG als internationale Organisation, sondern eine Neubewertung ihres rechtlichen Status im Licht der verfügbaren Informationen und der einschlägigen Finanzvorschriften‘ erfordere. Anschließend wiederholte die Kommission ihre Aufforderung an [IMG], die in [ihrem] Schreiben vom 6. Mai 2019 … erwähnten Dokumente vorzulegen, und fügte hinzu, dass sie sich im Fall einer Weigerung [von IMG] unmittelbar an die Staaten wenden werde, die [IMG] zu ihren Mitgliedern zähle … Schließlich bekräftigte die Kommission, dass die Beurteilung des Status [von IMG] als internationale Organisation eine Vorfrage für die Durchführung des [Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P] sei, auch soweit darin der Beschluss vom 16. Dezember 2014 für nichtig erklärt worden sei.“ 64 Mit Klageschrift, die am 26. September 2019 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage zum einen auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 mit der Begründung, die Kommission sei nicht befugt, ihren Status als internationale Organisation neu zu bewerten oder von ihren Mitgliedern Informationen hierzu einzuholen. Zum anderen verlangte IMG den Ersatz erstens des ihr durch dieses Schreiben entstandenen immateriellen Schadens, zweitens verschiedener materieller Schäden, die zwar auf den Beschluss vom 8. Mai 2015 zurückgingen, aber durch das genannte Schreiben perpetuiert würden, und drittens der ihr durch den Beschluss vom 16. Dezember 2014 entstandenen Schäden, soweit sie durch das betreffende Schreiben ebenfalls perpetuiert würden. 65 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht diese Klage abgewiesen. Den Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 hat es in den Rn. 45 bis 76 seines Beschlusses im Wesentlichen mit der Begründung für unzulässig erklärt, dieses Schreiben habe eine Maßnahme zur Vorbereitung des Beschlusses dargestellt, den die Kommission in Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu erlassen habe. 66 Den Antrag auf Ersatz durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 verursachter Schäden hat das Gericht aus drei Gründen für offensichtlich unzulässig erklärt, und zwar erstens wegen des engen Zusammenhangs zwischen dem von IMG geltend gemachten immateriellen Schaden und dem seinerseits unzulässigen Antrag auf Nichtigerklärung dieses Schreibens (Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses), zweitens wegen des Vorliegens eines Falles der Rechtshängigkeit aufgrund des Zusammenhangs zwischen einigen der von IMG geltend gemachten materiellen Schäden mit denen, die Gegenstand der Rechtssache T‑381/15 RENV seien (Rn. 82 bis 85 des Beschlusses), und drittens wegen der mangelnden Klarheit und Genauigkeit der Schriftsätze von IMG in Bezug auf die übrigen materiellen Schäden, deren Ersatz verlangt werde (Rn. 86 bis 93 des Beschlusses). III. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof A. Anträge der Parteien 67 Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P beantragt IMG, – den angefochtenen Beschluss aufzuheben, – die Sache T‑645/19 an das Gericht zurückzuverweisen und – die Kommission zur Tragung der durch das erstinstanzliche Verfahren und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu verurteilen. 68 Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P beantragt IMG, – das angefochtene Urteil aufzuheben, – den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden und die Union zum Ersatz der durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 verursachten Schäden zu verurteilen sowie – die Kommission zur Tragung der durch das erstinstanzliche Verfahren und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu verurteilen. 69 Die Kommission beantragt in beiden Rechtssachen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und IMG die Kosten aufzuerlegen. B. Verfahren vor dem Gerichtshof 70 Am 16. Juni 2021, nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens in den beiden vorliegenden Rechtssachen, hat die Kommission dem Gerichtshof mitgeteilt, dass sie IMG mit Schreiben vom 8. Juni 2021 (im Folgenden: Schreiben vom 8. Juni 2021) die zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P vorgenommene endgültige Bewertung ihres Status übermittelt habe. Diese, in einem Dokument mit dem Titel „Endgültige Bewertung des rechtlichen Status von [IMG] im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Betrauung mit indirekter Mittelverwaltung“ enthaltene Bewertung habe ergeben, dass IMG nicht als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018 eingestuft und infolgedessen nicht in dieser Eigenschaft mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut werden könne. Die Kommission fügte im Wesentlichen hinzu, diese Bewertung gelte rückwirkend ab den Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015, so dass sie bewirkt habe oder haben könne, dass in der Rechtssache C‑619/20 P oder in der Rechtssache C‑620/20 P der Streitgegenstand entfallen sei oder IMG kein Rechtsschutzinteresse mehr habe. 71 Auf Frage des Gerichtshofs hat die Kommission angegeben, dass sie durch diese Mitteilung in jeder der beiden Rechtssachen ein neues Angriffsmittel im Sinne von Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 190 Abs. 1 auf Rechtsmittel Anwendung finde, geltend machen wolle. 72 IMG ist gemäß Art. 127 Abs. 2 der Verfahrensordnung eine Frist zur Stellungnahme zu diesem Vorbringen der Kommission gesetzt worden; IMG hat sie fristgerecht eingereicht. IV. Zu den Rechtsmitteln 73 Da die beiden vorliegenden Rechtssachen miteinander in Zusammenhang stehen, sind sie nach Anhörung des Berichterstatters, des Generalanwalts und der Parteien gemäß Art. 54 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden. A. Zum Streitgegenstand und zum Rechtsschutzinteresse 1. Vorbringen der Parteien 74 Zur Stützung ihres oben in den Rn. 70 und 71 wiedergegebenen Vorbringens hat die Kommission das Schreiben vom 8. Juni 2021 vorgelegt, dem das oben in Rn. 70 erwähnte Dokument mit dem Titel „Endgültige Bewertung des rechtlichen Status von [IMG] im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Betrauung mit indirekter Mittelverwaltung“ beigefügt ist. 75 Aus diesem Dokument geht erstens hervor, dass die im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P genannten Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 während des Verfahrens, das zu diesem Urteil führte, durch neue Bestimmungen der Haushaltsordnung von 2018 ersetzt wurden, die nach Ansicht der Kommission bei der zur Durchführung dieses Urteils erforderlichen Neubeurteilung der Situation und der Rechtsstellung von IMG zu berücksichtigen sind. 76 Zweitens bringt die Kommission darin ihren Standpunkt zum Ausdruck, dass die Bestimmungen der Haushaltsordnung von 2018, die vorsähen, dass internationale Organisationen, die durch „internationale Abkommen“ geschaffen worden seien, mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut werden könnten, zum einen dahin auszulegen seien, dass sie dieselbe Bedeutung hätten wie die in den Finanzregelungen von 2002 und 2012 enthaltene Bezugnahme auf internationale Organisationen, die durch „zwischenstaatliche Abkommen“ geschaffen worden seien, und zum anderen dahin, dass diese beiden Wendungen in gleicher Weise auf förmlich von mehreren Staaten, diese vertreten durch wirksam zur Erteilung ihrer Zustimmung ermächtigte Vertreter, geschlossene Verträge Bezug nähmen. 77 Drittens weist die Kommission darin darauf hin, dass sie zwecks Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P jeden der Staaten, die nach den Angaben von IMG zu ihren Mitgliedern gehörten oder gehört hätten, dazu befragt habe, ob IMG eine internationale Organisation sei, der sie angehörten oder angehört hätten, und ob sie das internationale Abkommen zur Errichtung einer solchen internationalen Organisation oder andere relevante Dokumente vorlegen könnten. 78 Viertens führt die Kommission darin im Wesentlichen aus, in den ihr übermittelten Antworten dieser Staaten habe keiner von ihnen angegeben, unter Beachtung der nötigen Formalitäten ein internationales Abkommen zur Errichtung von IMG als internationale Organisation geschlossen zu haben und IMG anzugehören. Die Antworten zeigten vielmehr, dass die verschiedenen Staaten, von denen erwiesen sei, dass sie die Gründungsakte oder die Statuten von IMG unterzeichnet, an der Sitzung zu ihrer Errichtung teilgenommen, ihrem Lenkungsausschuss angehört oder finanzielle Mittel beigesteuert hätten, diese Einrichtung im Jahr 1994 mittels eines Dokuments politischer Natur ohne rechtliche Bindungswirkung als zeitweiliges internationales Instrument zur Koordinierung der Finanzierung des Wiederaufbaus der Infrastruktur von Bosnien-Herzegowina geschaffen hätten. 79 Fünftens kommt die Kommission darin zu dem Schluss, dass angesichts dieser Gesichtspunkte, der verschiedenen Stellungnahmen, die IMG hierzu abgegeben habe, und der von ihr vorgenommen Bewertung nicht erwiesen sei, dass IMG als völkerrechtliche Organisation durch ein Abkommen von mindestens zwei zu diesem Zweck wirksam vertretenen Staaten gegründet worden sei, auch wenn sie seit mehr als 20 Jahren bestehe und ihr Tätigkeitsgebiet seit ihrer Gründung erheblich erweitert habe. Folglich könnten IMG nach den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018, die es erlaubten, internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, keine solchen Aufgaben übertragen werden. 80 IMG macht geltend, das Vorbringen der Kommission sei unbegründet. 2. Würdigung durch den Gerichtshof 81 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss jede natürliche oder juristische Person, die ein Rechtsmittel einlegt, ebenso wie im Fall der Erhebung einer Nichtigkeitsklage ein Rechtsschutzinteresse haben, dessen Vorliegen im Hinblick zum einen auf den Gegenstand des Rechtsmittels oder der Klage und zum anderen auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels oder der Klageerhebung zu beurteilen ist. Bei diesem wesentlichen Erfordernis handelt es sich um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung, deren Einhaltung von den Unionsgerichten jederzeit von Amts wegen geprüft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2009, Moser Baer India/Rat, C‑535/06 P, EU:C:2009:498, Rn. 24, und vom 21. Januar 2021, Deutschland/Esso Raffinage, C‑471/18 P, EU:C:2021:48, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 82 Außerdem muss das Rechtsschutzinteresse ebenso wie der Gegenstand des Rechtsstreits selbst bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung fortbestehen. Der Wegfall des Rechtsschutzinteresses oder des Streitgegenstands im Lauf des Verfahrens kann daher die Unionsgerichte dazu veranlassen, den Rechtsstreit, gegebenenfalls von Amts wegen, für in der Hauptsache erledigt zu erklären (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Oktober 1995, Rendo u. a./Kommission, C‑19/93 P, EU:C:1995:339, Rn. 13, vom 3. September 2009, Moser Baer India/Rat, C‑535/06 P, EU:C:2009:498, Rn. 24, und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43). 83 Schließlich setzen sowohl die Existenz als auch der Fortbestand des Rechtsschutzinteresses voraus, dass der natürlichen oder juristischen Person die von ihr erhobene Klage oder das von ihr eingelegte Rechtsmittel im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 61 bis 64, und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43). Diese Frage ist stets anhand des konkreten Falles zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 65). 84 Im vorliegenden Fall ist erstens unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Einlegung der vorliegenden Rechtsmittel sowohl ein Streitgegenstand als auch ein Rechtsschutzinteresse von IMG vorhanden waren. Dagegen macht die Kommission geltend, der Streitgegenstand und das Rechtsschutzinteresse seien im Lauf der vorliegenden Verfahren im Licht der zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P vorgenommenen endgültigen Bewertung des Status von IMG aufgrund des im Schreiben vom 8. Juni 2021 enthaltenen Beschlusses, sie nicht als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018 einzustufen, entfallen. 85 Zweitens stellt dieser Beschluss den Schlusspunkt eines Bewertungsverfahrens dar, an dessen Beginn das oben in Rn. 63 erwähnte Schreiben vom 18. Juli 2019 stand, dessen Nichtigerklärung IMG begehrt. Außerdem stützt sich dieser Beschluss, wie aus dem oben in den Rn. 76 bis 78 zusammengefassten Vorbringen der Kommission hervorgeht, auf eine Reihe von Gesichtspunkten, die von ihr im Rahmen des fraglichen Bewertungsverfahrens zusammengetragen wurden. Schließlich wird mit der von IMG gegen dieses Schreiben erhobenen Klage (Rechtssache T‑645/19) und dem im Anschluss an deren Abweisung durch den angefochtenen Beschluss von ihr eingelegten Rechtsmittel (Rechtssache C‑619/20 P) u. a. die Möglichkeit der Kommission in Abrede gestellt, ein solches Bewertungsverfahren durchzuführen (siehe oben, Rn. 64). 86 Zusammengenommen lassen diese Umstände nicht den Schluss zu, dass das Rechtsmittel gegenstandslos geworden ist oder dass IMG ihr Rechtsschutzinteresse verloren hat, weil ihr das Rechtsmittel im Ergebnis keinen Vorteil mehr verschaffen kann. Sollte sich nämlich am Ende der vom Gerichtshof vorzunehmenden Prüfung herausstellen, dass das Rechtsmittel begründet und der angefochtene Beschluss aufzuheben ist, würde seine Aufhebung dazu führen, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 aus der Rechtsordnung verschwindet, was angesichts des Zusammenhangs zwischen ihm und dem Schreiben vom 8. Juni 2021, das nach den Angaben beider Parteien von IMG im Rahmen einer Klage angefochten wird, die unter dem Aktenzeichen T‑509/21 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist und die noch beim Gericht anhängig war, als die vorliegenden Rechtsmittel eingelegt wurden, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des letztgenannten Schreibens haben könnte. 87 Drittens ist nicht ersichtlich, dass das Schreiben vom 8. Juni 2021 nach seiner Beschreibung durch die Kommission Auswirkungen auf den Gegenstand des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑620/20 P oder auf das insoweit bestehende Rechtsschutzinteresse von IMG haben könnte. 88 Dieses Rechtsmittel und die ihm vorausgegangene Klage in der Rechtssache T‑381/15 RENV betreffen nämlich den Ersatz der immateriellen und materiellen Schäden, die IMG aufgrund des Beschlusses vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, mit dem die Kommission IMG darüber informiert hatte, dass sie mit ihr keine neue Übertragungsvereinbarung gemäß den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, die es ermöglichen, internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, mehr schließen werde, da Zweifel an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne dieser Bestimmungen bestünden (siehe oben, Rn. 31). 89 Da der Gerichtshof diesen Beschluss im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P für rechtswidrig erklärt hat, weil er die Erwägungen, die die Kommission zu solchen Zweifeln veranlassten, als rechtlich und tatsächlich unbegründet einstufte (siehe oben, Rn. 46 bis 49 und 51), und da die Gründe, auf denen diese Feststellung beruht, nach ständiger Rechtsprechung (Urteile vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407, Rn. 54, und vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 87) Rechtskraft erlangt haben, soweit sie den Tenor dieses Nichtigkeitsurteils tragen, kann es auf die Frage, ob dieser rechtswidrige Beschluss materielle und immaterielle Schäden verursachen konnte, an deren Ersatz IMG ein Interesse hat, keinen Einfluss haben, dass die Kommission in einem sechs Jahre später ergangenen Beschluss, der auf einer abweichenden rechtlichen und tatsächlichen Beurteilung beruht, zu dem Ergebnis gekommen ist, dass IMG nicht als internationale Organisation angesehen werden könne. Im Rahmen einer Schadensersatzklage ist nämlich die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts oder eines Verhaltens, die die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann, anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Rechtsakts oder des Verhaltens zu beurteilen (Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 39). 90 Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Vorbringen der Kommission zum Wegfall des Streitgegenstands der vorliegenden Rechtsmittel oder des Rechtsschutzinteresses von IMG unbegründet ist. B. Zum Rechtsmittel C‑619/20 P 91 IMG stützt ihre Anträge auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen sie rügt, dass sowohl die Zurückweisung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 als unzulässig (Rn. 43 bis 76 des angefochtenen Beschlusses) als auch die Zurückweisung ihres Antrags auf Ersatz der ihr durch dieses Schreiben entstandenen Schäden als offensichtlich unzulässig (Rn. 77 bis 93 des Beschlusses) mit Rechtsfehlern behaftet sei. 1. Zum ersten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien 92 IMG macht geltend, die Begründung, aufgrund deren das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne, sei mit mehreren Rechtsfehlern behaftet. 93 Dieses Schreiben enthalte nämlich den endgültigen Beschluss der Kommission, das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P mittels einer erneuten Bewertung der Eigenschaft von IMG anhand der Finanzregelungen von 2002 und 2012 im Licht zusätzlicher von ihr oder, hilfsweise, von den Staaten, die nach ihren Angaben zu ihren aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern gehörten, zu liefernden Informationen durchzuführen. Zu diesem ausdrücklichen Beschluss komme – implizit, aber zwangsläufig – der Beschluss hinzu, das Urteil nicht in der Weise durchzuführen, dass IMG wieder in die Lage einer insbesondere von der Kommission anerkannten internationalen Organisation versetzt werde, in der sie sich vor dem Erlass der beiden vom Gerichtshof für nichtig erklärten Rechtsakte befunden habe. 94 Das Gericht habe dadurch, dass es die Anfechtbarkeit dieser Beschlüsse verneint habe, zunächst einen Rechtsfehler begangen, der darin bestehe, dass es den Verstoß der Kommission gegen Art. 266 Abs. 1 AEUV, wonach die Unionsorgane im Fall der Nichtigerklärung einer Handlung, deren Urheber sie seien, die sich aus dem Urteil, mit dem die Nichtigkeit festgestellt werde, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hätten, unbeanstandet gelassen habe. Im Einzelnen verstießen die Rn. 53 bis 59, 61 bis 66, 68 bis 70 und 73 bis 76 des angefochtenen Beschlusses gegen die Rechtskraft des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, aus dessen tragenden Gründen (Rn. 92 bis 96 und 104) hervorgehe, dass die Kommission IMG wieder in ihre frühere Lage als anerkannte internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 hätte versetzen müssen. 95 Sodann habe das Gericht dadurch, dass es außer Acht gelassen habe, dass IMG dieser Status hätte erhalten bleiben müssen, es sei denn, ihre Mitglieder änderten ihr Statut oder lösten sie auf, gegen verschiedene völkerrechtliche Regeln zum Begriff „internationale Organisation“, auf den die genannten Regelungen Bezug nähmen, verstoßen, die angesichts ihres Vorrangs vor dem abgeleiteten Unionsrecht sowohl vom Gericht als auch von der Kommission im Rahmen der Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P beachtet werden müssten. 96 Schließlich habe das Gericht die in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Grundsätze zum Begriff „anfechtbare Handlung“ falsch angewandt, indem es das Schreiben vom 18. Juli 2019 trotz seines Wortlauts, seines Kontexts und der Rechtswirkungen der in ihm enthaltenen ausdrücklichen und stillschweigenden Entscheidungen nicht als solche eingestuft habe. 97 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unbegründet. b) Würdigung durch den Gerichtshof 98 Auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 1 AEUV kann eine Nichtigkeitsklage gegen jede Bestimmung oder Maßnahme der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, gleich welcher Form, erhoben werden, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen soll, die die Interessen einer natürlichen oder juristischen Person durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen (Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission, C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Um in einem konkreten Fall festzustellen, ob die angefochtene Handlung verbindliche Rechtswirkungen erzeugen soll, ist erstens nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs auf ihr Wesen abzustellen, und ihre Wirkungen sind anhand objektiver Kriterien wie ihrem Inhalt zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Kontext, in dem sie erlassen wurde, sowie die Befugnisse des Organs, der Einrichtung oder der sonstigen Stelle der Union, das bzw. die sie erlassen hat, zu berücksichtigen sind. Diese Befugnisse sind ihrerseits nicht abstrakt zu beurteilen, sondern als Anhaltspunkte, die geeignet sind, die konkrete Analyse des Inhalts der Handlung zu beleuchten, die von zentraler Bedeutung ist und unbedingt vorzunehmen ist (Urteil vom 21. Januar 2021, Deutschland/Esso Raffinage, C‑471/18 P, EU:C:2021:48, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). 100 Zweitens sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in einem Fall, in dem der angefochtene Rechtsakt wie hier im Anschluss an die Nichtigerklärung eines früheren Rechtsakts erlassen wurde, die rechtlichen Besonderheiten einer solchen Situation zu berücksichtigen. 101 Insoweit ergibt sich aus Art. 266 AEUV, dass die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wurde, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben. Um einem solchen Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, muss nicht nur dessen Tenor beachtet werden, sondern auch die Gründe, die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (Urteil vom 14. Juni 2016, Kommission/McBride u. a., C‑361/14 P, EU:C:2016:434, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 In Art. 266 AEUV wird jedoch die Natur der Maßnahmen, die vom Urheber des für nichtig erklärten Handelns zu ergreifen sind, um seiner Verpflichtung nachzukommen, nicht konkretisiert, so dass es ihm obliegt, sie zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2016, Kommission/McBride u. a., C‑361/14 P, EU:C:2016:434, Rn. 52 und 53); er verfügt über ein weites Ermessen bei der Wahl dieser Maßnahmen, die allerdings mit dem Tenor des Urteils, mit dem das fragliche Handeln für nichtig erklärt wurde, und den ihn tragenden Gründen vereinbar sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2018, Deichmann, C‑256/16, EU:C:2018:187, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). 103 Drittens schließlich liegt nach ständiger Rechtsprechung, wenn Handlungen in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, eine mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt der zuständigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union am Ende des Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen zur Vorbereitung der endgültigen Maßnahme, insbesondere solchen, die eine vorläufige Meinung zum Ausdruck bringen (Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10 und 20, sowie vom 3. Juni 2021, Ungarn/Parlament, C‑650/18, EU:C:2021:426, Rn. 43 und 44). 104 Eine Nichtigkeitsklage gegen eine Maßnahme, die eine vorläufige Meinung zum Ausdruck bringt, könnte den Unionsrichter nämlich zur Entscheidung über Fragen zwingen, zu denen sich die zuständigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen noch nicht äußern konnten; dies wäre mit dem System der Zuständigkeitsverteilung und von Rechtsbehelfen des AEU-Vertrags unvereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 51, und vom 15. März 2017, Stichting Woonlinie u. a./Kommission, C‑414/15 P, EU:C:2017:215, Rn. 45). 105 Sofern etwaige Rechtsfehler einer Zwischenmaßnahme im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen die endgültige Maßnahme, zu deren Ausarbeitung sie beiträgt, geltend gemacht werden können, verschafft zudem diese Klage den Betroffenen einen ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 53 und 54, sowie vom 6. Oktober 2021, Poggiolini/Parlament, C‑408/20 P, EU:C:2021:806, Rn. 43). 106 Im vorliegenden Fall ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 in Anbetracht seines oben in Rn. 63 wiedergegebenen Inhalts keine Handlung sei, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne, da es eine vorbereitende Maßnahme darstelle. 107 Im Einzelnen hat das Gericht zunächst in den Rn. 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dieses Schreiben sei so zu verstehen, dass es den Standpunkt der Kommission zum Ausdruck bringe, wonach sie es für erforderlich gehalten habe, Informationen zu erlangen, die es ihr ermöglichen sollten, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu beurteilen und ihren endgültigen Standpunkt hierzu festzulegen, um ihrer Verpflichtung zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P nachzukommen. 108 Sodann hat das Gericht in den Rn. 54, 59 bis 69 und 71 bis 75 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt, in Anbetracht des Kontexts dieses Schreibens, des Tenors und der Gründe des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P sowie des Ermessens, über das die Kommission bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Durchführung dieses Urteils verfügt habe, sei sie befugt oder sogar verpflichtet gewesen, anhand der einschlägigen Bestimmungen eine Neubewertung der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation vorzunehmen und sich zu diesem Zweck um die Erlangung der Informationen zu bemühen, die ihr erforderlich erschienen, um ihr die Festlegung ihres endgültigen Standpunkts zu ermöglichen. 109 Schließlich hat das Gericht daraus in Rn. 76 des angefochtenen Beschlusses geschlossen, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 eine Maßnahme zur Vorbereitung der Entscheidung darstelle, die die Kommission zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P habe treffen müssen. 110 Insoweit ist erstens zu dem oben in Rn. 94 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass das Gericht in Anbetracht der oben in den Rn. 100 bis 102 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in der oben in Rn. 108 zusammengefassten Weise die Rechtsfolgen bestimmt hat, die im Rahmen der Analyse der Anfechtbarkeit des Schreibens vom 18. Juli 2019 aus der Existenz des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, aus dem Ermessen, über das die Kommission verfügte, um ihrer Verpflichtung, die sich aus dem genannten Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, nachzukommen, und aus der Rechtskraft sowohl des Tenors dieses Nichtigkeitsurteils als auch seiner tragenden Gründe (siehe oben, Rn. 89) zu ziehen waren. 111 Insbesondere ergibt sich, wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat, aus den Rn. 57 bis 59, 61 und 88 bis 90 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zum einen eindeutig, dass die Kommission sich vergewissern muss, dass die Einrichtungen, die sie gemäß den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 über die indirekte Mittelverwaltung des Haushalts der Union durch internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut hat oder betrauen möchte, um internationale Organisationen im Sinne dieser Bestimmungen handelt. Zum anderen ist die Kommission, wenn insoweit Zweifel bestehen, verpflichtet, diese Zweifel auszuräumen und alle Informationen zu sammeln, die zur Rechtfertigung ihres Beschlusses sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht in Anbetracht seiner rechtlichen Folgen für die betreffende Einrichtung erforderlich sind. 112 Außerdem geht aus den Rn. 92 bis 97 und 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, deren Inhalt in den Rn. 22 und 23 des Beschlusses C‑183/17 P‑INT wiedergegeben wurde, eindeutig hervor, dass die vom Gerichtshof für nichtig erklärten Beschlüsse im vorliegenden Fall weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt waren. 113 In Anbetracht dieser Erwägungen und Feststellungen, die den Tenor des genannten Urteils tragen, war die Kommission nicht verpflichtet, IMG in die nach deren Angaben frühere Lage als anerkannte internationale Organisation zu versetzen, sondern konnte ihrer Verpflichtung zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P dadurch nachkommen, dass sie das Verfahren betreffende Maßnahmen ergriff, die es ihr ermöglichen sollten, die vom Gerichtshof festgestellte Unregelmäßigkeit zu beseitigen und unter Umständen als Ersatz für die vom Gerichtshof für nichtig erklärten Beschlüsse einen neuen Rechtsakt zu erlassen, nachdem sie die Informationen erlangt hatte, die sie zur Stützung des neuen Rechtsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für erforderlich hielt. 114 Zweitens ist zu dem oben in Rn. 96 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass das Gericht in Anbetracht der zutreffenden rechtlichen Konsequenzen, die es aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P gezogen hatte, keinen Fehler bei der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts begangen hat, als es in Rn. 76 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis kam, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 angesichts seines Inhalts als vorbereitende Maßnahme anzusehen sei, in der ein vorläufiger Standpunkt der Kommission zur Einstufung von IMG als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zum Ausdruck kam. 115 Da das zuständige Organ eine Bewertung dieser Eigenschaft vornehmen wollte, war es nämlich zulässig, eine solche Maßnahme im Licht der oben in den Rn. 103 und 104 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze als vorbereitende Maßnahme einzustufen. 116 Drittens ist zu dem oben in Rn. 95 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass es sich auf die Konsequenzen bezieht, die nach ihrer Auffassung aus bestimmten völkerrechtlichen Regeln zum Begriff „internationale Organisation“ im Rahmen der Beurteilung ihrer etwaigen Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu ziehen sind, also auf eine Frage, mit der sich die Kommission nach ihren Angaben im Schreiben vom 18. Juli 2019 vor einer endgültigen Stellungnahme befassen wollte. In Anbetracht der oben in den Rn. 104 und 105 angeführten Rechtsprechung kann ein solches Vorbringen, selbst wenn es begründet wäre, nicht zur Anfechtbarkeit dieses Schreibens führen. 117 Aus den vorstehenden Gründen ist der vorliegende Rechtsmittelgrund unbegründet und deshalb zurückzuweisen. 2. Zum zweiten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien 118 IMG macht zunächst geltend, aus der Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 folge, dass entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses auch der Antrag auf Ersatz des durch dieses Schreiben verursachten immateriellen Schadens zulässig sei. 119 Desgleichen habe das Gericht in den Rn. 82 bis 85 seines Beschlusses fehlerhaft entschieden, dass der Antrag auf Ersatz der durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 verursachten materiellen Schäden wegen der Anhängigkeit der Rechtssache T‑381/15 RENV als unzulässig zurückgewiesen werden müsse. Die fraglichen Schäden gingen zwar auf diesen Beschluss zurück, würden aber speziell und ausschließlich geltend gemacht, soweit sie durch das genannte Schreiben perpetuiert würden. 120 Schließlich beziehe sich der Antrag auf Ersatz der materiellen Schäden, die auf den Beschluss vom 16. Dezember 2014 zurückgingen, ebenfalls speziell und ausschließlich auf die durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuierten Schäden, so dass das Gericht auch dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es diesen Antrag in den Rn. 86 bis 93 des angefochtenen Beschlusses als unzulässig zurückgewiesen habe. 121 Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Rechtsmittelgrund teilweise unbegründet sei und im Übrigen ins Leere gehe. b) Würdigung durch den Gerichtshof 122 Erstens genügt zu dem Vorbringen von IMG zu der vom Gericht in den Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses vorgenommenen Würdigung die Feststellung, dass IMG der Sache nach lediglich vorträgt, diese Würdigung sei rechtsfehlerhaft, sofern der Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Wie oben in Rn. 117 dargelegt, hat das Gericht diesen Antrag aber zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. 123 Zweitens ist hinsichtlich des Antrags auf Ersatz des materiellen Schadens, der zwar auf den Beschluss vom 8. Mai 2015 zurückgehen, aber durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert worden sein soll, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie das Gericht in Rn. 82 des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt hat, eine Nichtigkeits- oder Schadensersatzklage, die nach einer anderen Klage erhoben wird, dieselben Parteien betrifft, auf dieselben Ziele gerichtet ist und auf dieselben Klagegründe oder Rügen gestützt wird, wegen Rechtshängigkeit unzulässig (Beschluss vom 1. April 1987, Ainsworth u. a./Kommission, 159/84, 267/84, 12/85 und 264/85, EU:C:1987:172, Rn. 3 und 4, sowie Urteil vom 5. April 2017, Changshu City Standard Parts Factory und Ningbo Jinding Fastener/Rat, C‑376/15 P und C‑377/15 P, EU:C:2017:269, Rn. 29). 124 Im vorliegenden Fall hat das Gericht diese Rechtsprechung in den Rn. 83 bis 85 des angefochtenen Beschlusses zu Recht angewandt, da der Schadensersatzantrag von IMG später gestellt wurde als der Antrag, um den es in der Rechtssache T‑381/15 RENV geht, dieselben Parteien betraf, ebenfalls auf Schadensersatz abzielte und sich auf materielle Schäden bezog, die zwar durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert wurden, aber, wie IMG selbst angegeben hat, auf den Beschluss zurückgingen, der Gegenstand der früheren Rechtssache war. 125 Drittens schließlich genügt in Bezug auf das entsprechende Vorbringen von IMG zu ihrem Antrag auf Ersatz der Schäden, die zwar auf den Beschluss vom 16. Dezember 2014 zurückgehen, aber durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert worden sein sollen, der Hinweis, dass dieses Vorbringen ins Leere geht. Das Gericht hat sich nämlich bei der Zurückweisung dieses Antrags als unzulässig in den Rn. 91 bis 93 des angefochtenen Beschlusses nicht auf inhaltliche oder verfahrensrechtliche Erwägungen im Zusammenhang mit der Art oder dem Ursprung der geltend gemachten Schäden gestützt, sondern darauf, dass die für Klageschriften geltenden Formerfordernisse in Art. 76 Buchst. d seiner Verfahrensordnung nicht eingehalten worden seien; dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen zur Stützung dieses Antrags zu vage und ungenau sei, um darüber befinden zu können. 126 Da der vorliegende Rechtsmittelgrund somit ebenso wie der erste Rechtsmittelgrund unbegründet ist, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. C. Zum Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P 127 IMG stützt ihre Anträge auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen sie Rechtsfehler bei der Zurückweisung ihrer Schadensersatzanträge als teils unbegründet (Rn. 69 bis 100 des angefochtenen Urteils) und im Übrigen unzulässig (Rn. 40 bis 68 des angefochtenen Urteils) rügt. 1. Zum ersten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien 128 In Bezug auf die im angefochtenen Urteil als unbegründet zurückgewiesenen Schadensersatzanträge macht IMG erstens geltend, das Gericht habe dadurch, dass es nicht die Konsequenzen aus der Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 durch das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P gezogen habe, gegen den in Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verankerten Grundsatz der Rechtskraft verstoßen, wonach das Gericht im Fall der Zurückverweisung einer Sache an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden sei. Obwohl der Gerichtshof festgestellt habe, dass die Zweifel der Kommission hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation ungerechtfertigt seien, habe das Gericht nämlich in den Rn. 82 bis 86 des angefochtenen Urteils nicht anerkannt, dass die Kommission insoweit keine Zweifel mehr geltend machen könne. 129 Zweitens habe das Gericht in den Rn. 86 bis 88 des angefochtenen Urteils eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit im Licht der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sowie der bei der Auslegung des Begriffs „internationale Organisation“, auf den sich diese Bestimmungen bezögen, zu berücksichtigenden Regeln des Völkerrechts nicht als Verstoß gegen eine Rechtsnorm eingestuft habe, die bezwecke, den Einrichtungen, denen die Union Haushaltsvollzugsaufgaben übertragen habe, Rechte zu verleihen. 130 Insoweit macht IMG zunächst geltend, dass einer Einrichtung, wenn sie als internationale Organisation anerkannt worden sei, ein solcher Status nicht mehr entzogen werden könne, weil er nach dem Völkerrecht endgültig sei und seine Anerkennung dem Entzug entgegenstehe, solange ihre Mitgliedstaaten nicht selbst entschieden hätten, ihr Statut zu ändern oder sie aufzulösen. Folglich habe eine solche Einrichtung völkerrechtlich während ihrer gesamten Lebensdauer das Recht, als solche anerkannt zu bleiben. 131 Sodann könne die Infragestellung des einer bestimmten Einrichtung zuerkannten Status als internationale Organisation nicht mit dem spezifischen oder autonomen Charakter des Begriffs „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 gerechtfertigt werden, denn sie müssten angesichts des höheren Ranges, den die einschlägigen Regeln des Völkerrechts in der Normenhierarchie einnähmen, im Einklang mit ihnen ausgelegt werden. 132 Schließlich trägt IMG im Wesentlichen vor, die Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall relevanter rechtlicher und tatsächlicher Gesichtspunkte hätte das Gericht zu der Schlussfolgerung veranlassen müssen, dass ihr Status als internationale Organisation keinen Anlass zu begründeten Zweifeln gebe. 133 Drittens wirft IMG dem Gericht vor, in den Rn. 89 bis 93 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es sich geweigert habe, einen Verstoß gegen das Recht auf eine gute Verwaltung festzustellen, der in Anbetracht der vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellten Regelwidrigkeit geeignet sei, die Haftung der Union auszulösen. Da die Zweifel, die die Kommission veranlasst hätten, ihre vertraglichen Beziehungen zu IMG im Beschluss vom 8. Mai 2015 einzufrieren, ungerechtfertigt gewesen seien und da dieser Beschluss mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei, liege ein Verstoß gegen das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung vor, genauer gesagt gegen die daraus resultierende Pflicht der Kommission, ihre Lage im Einklang mit der auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14), zurückgehenden Rechtsprechung sorgfältig zu prüfen. 134 Viertens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 96 und 97 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der von IMG geltend gemachte Verstoß gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei. 135 Die Kommission hält dem erstens entgegen, die Rüge, das Gericht habe gegen Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verstoßen, sei unzulässig, gehe ins Leere und sei unbegründet. Sie betreffe nämlich die im Rahmen eines Rechtsmittels nicht anfechtbaren Ausführungen des Gerichts zum Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen Rechtsnormen, die bezweckten, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Außerdem sei das Gericht jedenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass ein solcher Verstoß, selbst wenn er erwiesen wäre, nicht hinreichend qualifiziert sei. Schließlich ergebe sich sowohl aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P als auch aus dem Beschluss C‑183/17 P‑INT, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, IMG den Status einer internationalen Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zuzuerkennen. 136 Zweitens gehe die Rüge, die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit hätte angesichts bestimmter Regeln des Völkerrechts zum Begriff „internationale Organisation“, auf den die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 Bezug nähmen, als Verstoß gegen eine Rechtsnorm qualifiziert werden müssen, die bezwecke, internationalen Organisationen, denen die Kommission Haushaltsvollzugsaufgaben übertragen habe, Rechte zu verleihen, ebenfalls ins Leere und sei unbegründet. 137 Im vorliegenden Fall gehe es nämlich nicht darum, ob die Kommission eine Neubewertung des Status von IMG vornehmen dürfe, sondern darum, ob es sich bei den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, auf deren Grundlage sie insoweit Zweifel geäußert habe, um Rechtsnormen handele, die bezweckten, Einrichtungen in der Lage von IMG Rechte zu verleihen. Die Ausführungen des Gerichts hierzu seien frei von Rechtsfehlern. 138 Drittens könnte die Rüge der Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung ein neues und daher unzulässiges Angriffsmittel sein, da sie in den Schriftsätzen im ersten Rechtszug nicht in hinreichend deutlicher und detaillierter Weise vorgebracht worden sei. Sie sei jedenfalls nicht stichhaltig. IMG versuche nämlich nicht einmal, darzutun, dass die Kommission über die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit hinaus mangelnde Sorgfalt an den Tag gelegt habe; dies habe das Gericht in Rn. 92 des angefochtenen Urteils konstatiert. Außerdem habe es in Rn. 91 seines Urteils aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P zutreffend abgeleitet, dass der Kommission der Abbruch ihrer vertraglichen Beziehungen zu IMG nicht vorgeworfen werden könne, da deren Status zweifelhaft gewesen sei. 139 Viertens weise IMG nicht nach, dass das Gericht das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 zu Unrecht ausgeschlossen habe. b) Würdigung durch den Gerichtshof 140 Wie sich aus der vorstehenden Darlegung des Vorbringens der Parteien ergibt, gliedert sich der vorliegende Rechtsmittelgrund in vier gesonderte Rügen. 1) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtskraft 141 In Bezug auf die oben in Rn. 128 zusammengefasste Rüge ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, nachdem er die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 in vollem Umfang aufgehoben und über einen Teil der diesen Urteilen zugrunde liegenden Klagen entschieden hatte, in Rn. 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P in der Tat ausgeführt hat, dass die drei von der Kommission in ihren Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 herangezogenen und in den Rn. 92 bis 96 des letztgenannten Urteils analysierten Gesichtspunkte nicht geeignet waren, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen. 142 Diese Ausführungen sind jedoch im Kontext der Gründe des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu sehen, deren logische Folge sie darstellen und deren Bedeutung und Tragweite der Gerichtshof im Beschluss C‑183/17 P‑INT erläutert hat (siehe oben, Rn. 51). Aus diesen Gründen geht klar hervor, dass es der Kommission nicht verwehrt war, später unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation neu zu bewerten. 143 Daher hat das Gericht in den Rn. 82 bis 86 des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler im Hinblick auf Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union begangen. 2) Zur zweiten und zur vierten Rüge: Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 144 In Bezug auf die oben in den Rn. 129 bis 132 und 134 zusammengefassten Rügen, wonach das Gericht in den Rn. 86 bis 88, 96 und 97 des angefochtenen Urteils Rechtsfehler begangen haben soll, weil es die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit nicht als hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm eingestuft habe, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, obwohl die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, anhand deren die qualifizierte Regelwidrigkeit festgestellt worden sei, dies angesichts der im vorliegenden Fall einschlägigen völkerrechtlichen Regeln bezweckten, sind folgende Ausführungen angebracht. 145 Erstens kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die außervertragliche Haftung der Union in einem konkreten Fall nur dann ausgelöst werden, wenn – neben weiteren Voraussetzungen – die Person, die den Ersatz des Schadens oder der Schäden verlangt, die sie durch ein Verhalten oder einen Rechtsakt der Union erlitten zu haben glaubt, den Nachweis erbringt, dass ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 41 und 42, sowie vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 31). 146 Außerdem muss der Verstoß hinreichend qualifiziert sein; dieses Erfordernis hängt wiederum von dem Wertungsspielraum des Organs, der Einrichtung oder der sonstigen Stelle der Union, dem oder der der Verstoß angelastet wird, sowie davon ab, ob die Grenzen dieses Spielraums in Anbetracht u. a. des Grades an Klarheit und Präzision der betreffenden Norm, etwaiger bei ihrer Auslegung oder Anwendung auftretender Schwierigkeiten sowie der Komplexität des zu regelnden Sachverhalts in offenkundiger und schwerwiegender Weise überschritten wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 40, 43 und 44, sowie vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30). 147 Zweitens geht im vorliegenden Fall aus dem Wortlaut und der Systematik der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 im Licht der mit den mit diesen Regelungen verfolgten Zielen klar hervor, dass den fraglichen Bestimmungen für sich genommen nicht der Zweck beigemessen werden kann, den Einrichtungen, denen gegenüber sie umgesetzt werden können, Rechte zu verleihen. 148 Nach Art. 53 Buchst. c und Art. 53d der Haushaltsordnung von 2002 sowie Art. 58 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung von 2012 ist nämlich die Kommission für die Ausführung des Haushalts der Union verantwortlich, wobei mehrere Arten des Haushaltsvollzugs vorgesehen sind; eine von ihnen, die in der erstgenannten Verordnung als „gemeinsame Verwaltung mit internationalen Organisationen“ und in der letztgenannten als „indirekte Mittelverwaltung“ bezeichnet wird, ermöglicht es der Kommission, Haushaltsvollzugsaufgaben auf solche Organisationen zu übertragen. Im Rahmen dieser Befugnis verfügt sie über ein weites Ermessen. 149 Außerdem heißt es in Art. 53d Abs. 1 und 2 der Haushaltsordnung von 2002 ausdrücklich, dass nur dann, wenn die Kommission den Haushalt in gemeinsamer Mittelverwaltung ausführt, d. h., wenn sie beschlossen hat, diese Art des Haushaltsvollzugs zu wählen, bestimmte Aufgaben einer internationalen Organisation übertragen werden; in einem solchen Fall muss die mit der Organisation geschlossene Vereinbarung genaue Bestimmungen über diese Aufgaben enthalten. Desgleichen muss die Kommission nach Art. 84 Abs. 3 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung von 2012, falls sie beschlossen hat, den Unionshaushalt im Wege indirekter Mittelverwaltung auszuführen, in dem Finanzierungsbeschluss u. a. die betraute Einrichtung oder Person, die Kriterien für ihre Wahl und die ihr übertragenen Aufgaben angeben. Eine entsprechende Regelung dieses Aspekts ist nunmehr in Art. 62 Abs. 1 Buchst. c und in Art. 156 Abs. 1 der Haushaltsordnung von 2018 vorgesehen. 150 Schließlich sind diese verschiedenen Bestimmungen, wie das Gericht in den Rn. 79 und 80 des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt hat und wie der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nach Maßgabe des in Art. 310 Abs. 5 und in Art. 317 Abs. 1 AEUV verankerten Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu verstehen. 151 In Anbetracht der Rolle und der Verantwortung, die diese Bestimmungen des Primärrechts der Union und die Haushaltsordnungen der Kommission im Zusammenhang mit der Ausführung des Haushaltsplans der Union übertragen, hat die Kommission nämlich für die Einhaltung des genannten Grundsatzes zu sorgen. Folglich muss die Kommission, wenn sie sich für eine Art des Haushaltsvollzugs entscheidet, die mit der Heranziehung eines Dritten verbunden ist, jedenfalls während der gesamten Dauer des Haushaltsvollzugs und der Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben auf die Einhaltung der einschlägigen Voraussetzungen achten, insbesondere soweit sie die Gewährung und anschließende Verwendung der entsprechenden Mittel betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Februar 2019, Alfamicro/Kommission, C‑14/18 P, EU:C:2019:159, Rn. 65 und 66, sowie vom 16. Juli 2020, ADR Center/Kommission, C‑584/17 P, EU:C:2020:576, Rn. 100 und 101). 152 Infolgedessen ist davon auszugehen, dass mit den fraglichen Bestimmungen eine Befugnis der Kommission geschaffen werden soll, im Rahmen eines weiten Ermessens und unter Beachtung einer Reihe rechtlicher, administrativer, technischer und finanzieller Voraussetzungen sowie des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, ohne dass diese Anspruch darauf haben, solche Aufgaben übertragen zu bekommen oder behalten zu dürfen. 153 Drittens ist zum Vorbringen von IMG, der Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, ergebe sich aus der dem Unionsrichter obliegenden Verpflichtung, im Rahmen seiner Analyse der oben in den Rn. 148 und 149 angeführten Bestimmungen verschiedene Regeln des Völkerrechts in Bezug auf die Anerkennung internationaler Organisationen und ihre Auswirkungen zu berücksichtigen, zum einen darauf hinzuweisen, dass die Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf eine bestimmte Einrichtung in ihrer Eigenschaft als internationale Organisation durch die Kommission stets später unter Beachtung der bestehenden Anforderungen an Form und Verfahren überprüft werden können, wenn dies in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt ist (siehe oben, Rn. 111). 154 Zum anderen konnten die von IMG angeführten Regeln unabhängig von der Prüfung ihres etwaigen Inhalts und der Möglichkeit für eine Einrichtung wie IMG, sich vor Gericht auf sie zu berufen, bei der Entscheidung über die vorliegende Schadensersatzklage, die sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 durch den Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P stützt, nicht berücksichtigt werden. 155 Zunächst beruht der Beschluss vom 8. Mai 2015 nämlich gerade auf dem Vorliegen von Zweifeln an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 und nicht auf einer endgültigen Bejahung oder Verneinung dieser Eigenschaft (siehe u. a. oben, Rn. 31 und 46). 156 Sodann hat der Gerichtshof diese Beschlüsse zwar im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P mangels rechtlicher oder tatsächlicher Rechtfertigung für nichtig erklärt, ohne sich aber mit der in diesen Rechtsstreitigkeiten nicht aufgeworfenen Frage zu befassen, ob IMG auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien und unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände durchgeführten Analyse die genannte Eigenschaft zuzuerkennen war oder nicht (siehe oben, Rn. 51 und 142). 157 Schließlich kann diese Frage nunmehr vom Gericht im Rahmen der bei ihm anhängigen Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss vom 8. Juni 2021, mit dem die Kommission sich hierzu endgültig geäußert hat, behandelt werden. 158 Wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann IMG ihr Vorbringen, dass gegen eine Rechtsnorm verstoßen worden sei, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, aber nicht auf Regeln stützen, deren Berücksichtigung zwangsläufig voraussetzt, dass über eine Frage, die mit den Rechtsstreitigkeiten, deren Fortführung im Hinblick auf die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit das vorliegende Rechtsmittel darstellt, nichts zu tun hat und über die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, die der Betroffene parallel vor dem Gericht erhoben hat und die dort noch anhängig war, als dieses Rechtsmittel eingelegt wurde, zuvor im Sinne von IMG entschieden wird. 159 Nach alledem hat das Gericht in den Rn. 86 bis 88 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit nicht unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, anhand deren diese Regelwidrigkeit festgestellt wurde, als Verstoß gegen eine Rechtsnorm qualifiziert werden kann, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Das Vorbringen von IMG, das Gericht habe auch dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Rn. 96 und 97 des angefochtenen Urteils ergänzend ausgeführt habe, dass dieser Verstoß jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei, ist daher nicht zu prüfen. 3) Zur dritten Rüge: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht 160 Drittens schließlich ist zu der oben in Rn. 133 zusammengefassten Rüge, mit der Rechtsfehler des Gerichts in den Rn. 90 bis 93 des angefochtenen Urteils gerügt werden, die darin bestehen sollen, dass es im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht der Kommission bei der Prüfung der Lage von IMG verneint habe, Folgendes festzustellen. 161 Was die Zulässigkeit angeht, bezieht sich die von IMG im Rahmen ihres Schadensersatzantrags gegen die Kommission erhobene Hauptrüge zwar auf das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012; gleichwohl ist klar, dass IMG der Kommission auch vorwirft, zugleich andere Grundsätze und Rechtsnormen, darunter die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie das Recht, gehört zu werden, und das Recht auf eine gute Verwaltung, die in Art. 41 der Charta verankert sind, verletzt zu haben. 162 Insbesondere hat IMG in ihren Schriftsätzen im ersten Rechtszug speziell auf einige Urteile der Unionsgerichte Bezug genommen, in denen der Umfang der Sorgfaltspflicht, die der Unionsverwaltung nach Art. 41 der Charta obliegt, präzisiert wurde, und zwar auf die Urteile des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14), und vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 92), sowie auf das Urteil des Gerichts vom 29. April 2015, Staelen/Bürgerbeauftragter (T‑217/11, EU:T:2015:238, Rn. 88). Außerdem hat sie sowohl im ursprünglichen Verfahren als auch im Verfahren nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache an das Gericht wiederholt geltend gemacht, die von der Kommission im Beschluss vom 8. Mai 2015 geäußerten Zweifel beruhten auf einer offensichtlich fehlerhaften und unvollständigen Analyse des Begriffs „internationale Organisation“ in den Finanzregelungen von 2002 und 2012, auf ihrer Lage im Hinblick auf diesen Begriff sowie auf zahlreichen, insbesondere schriftlichen Anhaltspunkten, die bei der rechtlichen Einordnung dieser Lage zu berücksichtigen seien. Die Rügen der Verletzung der genannten Regelungen und der Sorgfaltspflicht waren daher im vorliegenden Fall eng miteinander verbunden, was es rechtfertigte, sie zusammen zu behandeln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 35). 163 Im Übrigen hat die Kommission die Tragweite der vorliegenden Rüge richtig erfasst, als sie in ihrer ursprünglichen Klagebeantwortung und in ihrer späteren Stellungnahme im Anschluss an die teilweise Zurückverweisung der Sache an das Gericht ausgeführt hat, selbst wenn der Beschluss vom 8. Mai 2015 rechtswidrig sein sollte, gehöre dies nicht zu den Unregelmäßigkeiten, die „eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen nicht begangen hätte“; ihr Vorgehen sei vielmehr „durchschnittlich umsichtig und sorgfältig“ gewesen. 164 In der Sache ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015, der den Rechtsakt der Union darstellt, auf dessen Grundlage im vorliegenden Fall ihre außervertragliche Haftung geltend gemacht wird, vom Gerichtshof bereits in den Rn. 92 bis 96 und 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellt worden ist, die Rechtskraft erlangt haben (siehe oben, Rn. 89). 165 Insoweit hat der Gerichtshof, wie in den Rn. 22 und 23 des Beschlusses C‑183/17 P‑INT hervorgehoben und oben in den Rn. 46 und 49 dargelegt worden ist, entschieden, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 rechtswidrig war, weil die von der Kommission gegebene Begründung für ihre Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet war, da die drei von ihr herangezogenen Gesichtspunkte nicht geeignet waren, diese Zweifel zu rechtfertigen. 166 Außerdem ergibt sich aus den fraglichen Randnummern des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P sowie aus dessen Rn. 85 bis 87, in deren Licht sie zu lesen sind, dass diese Beurteilung der Kommission weder im Beschluss vom 8. Mai 2015 selbst, noch in anderen Dokumenten, die IMG von ihr zur Kenntnis gebracht wurden und die in den Akten des Verfahrens im ersten Rechtszug enthalten sind, auf einer Analyse der Relevanz der drei fraglichen Gesichtspunkte für die Einstufung als „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 oder auf der Bedeutung dieses Begriffs selbst beruht. 167 Schließlich ergibt sich daraus, dass IMG eine Reihe von Gesichtspunkten zum Nachweis ihrer Eigenschaft als internationale Organisation vorlegte, die von der Kommission nicht geprüft wurden. 168 Was zweitens die Frage betrifft, ob es sich bei der Sorgfaltspflicht um eine Rechtsregel handelt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, deren Verletzung in einem konkreten Fall die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann, sofern sie nachweislich hinreichend qualifiziert ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Verpflichtung, die dem in Art. 41 der Charta verankerten Recht auf eine gute Verwaltung innewohnt und allgemein für das Handeln der Unionsverwaltung in ihren Beziehungen zur Öffentlichkeit gilt, gebietet, dass sie sorgsam und umsichtig handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). 169 Sodann ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es sich bei einer solchen Sorgfaltspflicht um eine Rechtsregel handelt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, deren Verletzung unter bestimmten Umständen die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 1990, Grifoni/Kommission, C‑308/87, EU:C:1990:134, Rn. 6, 7 und 14, vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 91, und vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 38 und 41), und zwar dann, wenn sie in einem konkreten Fall nachweislich hinreichend qualifiziert im Sinne der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung ist. 170 Schließlich kommt der Beachtung der Sorgfaltspflicht besondere Bedeutung zu, wenn das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle der Union, um dessen oder deren Verhalten oder Handlung es in einem bestimmten Fall geht, über ein weites Ermessen verfügt (Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14); über ein solches Ermessen verfügte die Kommission im vorliegenden Fall (siehe oben, Rn. 148 bis 152). Daraus folgt insbesondere, dass der Unionsrichter, wenn eine Partei geltend macht, dieses Organ, diese Einrichtung oder diese sonstige Stelle habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, kontrollieren muss, ob das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat. Nur so kann nämlich überprüft werden, ob die für die Ausübung des fraglichen Ermessens maßgebenden sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteile vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14, und vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 31). 171 Angesichts der Natur dieser Pflicht, die eng mit dem Rahmen verbunden ist, in dem die Unionsverwaltung in einem konkreten Fall handelt, kann sich die Feststellung des Vorliegens eines hinreichend qualifizierten Verstoßes der Unionsverwaltung somit nur aus einer Einzelfallprüfung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände ergeben, die unter Berücksichtigung des Bereichs, der Umstände und des Kontexts dieser Pflicht des betreffenden Organs, der betreffenden Einrichtung oder der betreffenden sonstigen Stelle sowie der konkreten Gegebenheiten, die den Nachweis der Missachtung ermöglichen, vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 40 und 41). 172 Drittens ist zu der Frage, ob im vorliegenden Fall das Vorliegen eines – gegebenenfalls hinreichend qualifizierten – Verstoßes gegen diese Pflicht erwiesen ist, festzustellen, dass die Erwägungen, mit denen das Gericht dies in den Rn. 91 bis 97 des angefochtenen Urteils verneint hat, rechtsfehlerhaft sind. 173 Das Gericht hat nämlich zum Vorbringen von IMG zum einen ausgeführt, dass das Vorliegen eines solchen Verstoßes auszuschließen sei, da „der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden [kann], dass sie keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung mit einer Einrichtung schließt, wenn deren Status als internationale Organisation aufgrund von Informationen, die der Kommission zur Kenntnis gebracht wurden, fraglich ist“. Ein solcher Grund war jedoch irrelevant, da im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P endgültig festgestellt worden war, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 insofern rechtswidrig war, als mit ihm nach einer Analyse, die mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der einzelnen Punkte, auf die sie sich bezog, behaftet war, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation in Frage gestellt wurde, und da anhand dieses früheren Beschlusses und eben dieser Regelwidrigkeit – und nicht anhand der allgemeinen Befugnis der Kommission, die Eigenschaft von IMG auf der Grundlage anderer, ihr möglicherweise künftig zur Kenntnis gebrachter Gesichtspunkte in Frage zu stellen – das Vorliegen eines Verstoßes, der die außervertragliche Haftung der Union auslösen konnte, zu prüfen war. 174 Zum anderen hat das Gericht ausgeführt, IMG habe nicht angegeben, inwiefern der Rechtsfehler und der offensichtliche Beurteilungsfehler, die den Gerichtshof zur Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 veranlasst hätten, einen Verstoß gegen die der Kommission obliegende Sorgfaltspflicht darstellen sollten. IMG hatte aber in klarer, genauer und konkreter Weise angegeben, dass die Kommission einen solchen Verstoß begangen habe, indem sie einen Beschluss erlassen habe, mit dem die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 aufgrund fragmentarischer Gesichtspunkte in Frage gestellt worden sei, deren Überprüfung durch den Gerichtshof ergeben habe, dass sie die Zweifel der Kommission weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht rechtfertigten und dass die Art und Weise ihrer Berücksichtigung durch die Kommission mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei. 175 Das Gericht hat somit einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines Verstoßes gegen die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Sorgfaltspflicht verneint hat. Da es sich überdies nicht dazu geäußert hat, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs war, führt dieser Rechtsfehler zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit in dessen Rn. 100 der Schadensersatzantrag von IMG als unbegründet zurückgewiesen wurde. 2. Zum zweiten Rechtsmittelgrund a) Vorbringen der Parteien 176 In Bezug auf die vom Gericht als unzulässig zurückgewiesenen Schadensersatzanträge macht IMG erstens geltend, das Gericht habe in den Rn. 49 bis 59 und 68 des angefochtenen Urteils gegen seine Begründungspflicht verstoßen und eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es ihre Anträge, der Kommission aufzugeben, einen Teil der ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstandenen Schäden in Form der Naturalrestitution zu ersetzen, als unzulässig zurückgewiesen habe. Wenn eine Person den Ersatz der ihr durch eine der Union zuzurechnende Handlung oder Verhaltensweise entstandenen Schäden begehre, sei es nämlich zulässig und begründet, ihren Ersatz in Fällen, die sich – wie hier – dazu eigneten, in Form der Naturalrestitution zu verlangen. Ferner habe sie sich in ihren schriftlichen Erklärungen im Anschluss an die teilweise Zurückverweisung der Sache an das Gericht darauf beschränkt, den bereits in der Klageschrift enthaltenen Schadensersatzantrag in diesem Sinne zu präzisieren, um ihn zu aktualisieren. Schließlich habe das Gericht im angefochtenen Urteil keinen stichhaltigen Grund angeführt, diesem Antrag nicht stattzugeben. 177 Zweitens habe das Gericht auch in den Rn. 60 und 68 des angefochtenen Urteils gegen seine Begründungspflicht verstoßen und eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es festgestellt habe, dass einige der von IMG geltend gemachten materiellen Schäden neu seien und ihre entsprechenden Anträge aus diesem Grund als unzulässig zurückgewiesen habe. Diese Anträge stellten nämlich nur die Wiederaufnahme bereits in der Klageschrift enthaltener Anträge in sachgerecht angepasster und fortentwickelter Form dar. 178 Drittens habe das Gericht zudem gegen seine Begründungspflicht verstoßen und einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 63 und 68 des angefochtenen Urteils ihren Antrag auf Ersatz eines mit 10 Mio. Euro bezifferten immateriellen Schadens in Form einer Rufschädigung mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen habe, dass sich die Art dieses Antrags gegenüber dem in der Klageschrift gestellten Antrag auf Schadensersatz in Höhe eines symbolischen Euro geändert habe. Zum einen sei der letztgenannte Antrag nämlich unter dem Vorbehalt einer Anpassung dieser symbolischen Zahl gestellt worden, was in den nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache durch den Gerichtshof abgegebenen Erklärungen geschehen und eingehend begründet worden sei. Zum anderen verfüge das Gericht in Streitsachen vermögensrechtlicher Art über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und könne deshalb einen Antrag wie den im vorliegenden Fall gestellten nicht als unzulässig verwerfen. 179 Die Kommission hält das gesamte Vorbringen für unbegründet. b) Würdigung durch den Gerichtshof 180 Zunächst ist festzustellen, dass die Entscheidungsbefugnis- und ‑pflicht des Gerichts in der Rechtssache T‑381/15 RENV ausschließlich den Schadensersatzantrag betraf, in Bezug auf den die Zurückverweisung durch den Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P erfolgt war. 181 Wie sich aus Nr. 4 des Tenors dieses Urteils und aus den ihn tragenden Gründen in dessen Rn. 1, 33, 39, 100 und 105 ergibt, handelte es sich bei dem vom Gerichtshof an das Gericht zurückverwiesenen Schadensersatzantrag um den von IMG in ihrer Klageschrift in der Rechtssache T‑381/15 gestellten Antrag, der ausschließlich auf den Ersatz eines von IMG mit 28 Mio. Euro bezifferten materiellen Schadens sowie eines immateriellen Schadens in Form einer Rufschädigung gerichtet war, für deren Ersatz IMG einen symbolischen Euro begehrte. Darauf hat das Gericht in den Rn. 22, 46 und 48 des angefochtenen Urteils hingewiesen, die vor dem Gerichtshof nicht in Frage gestellt werden. 182 Wie das Gericht in den Rn. 40 bis 42, 46, 48, 53, 54, 60 und 63 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, ging der Schadensersatzantrag, über den das Gericht nach den Erklärungen, die IMG nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache abgab, entscheiden sollte, allerdings offensichtlich und erheblich über seinen ursprünglichen Gegenstand hinaus, denn ihm wurden eine Reihe von Anträgen hinzugefügt, die erstens auf eine Vielzahl von Anordnungen gerichtet waren, zweitens auf den Ersatz neuer oder von dem ursprünglich geltend gemachten abweichender materieller Schäden und drittens auf den Ersatz eines nicht mehr mit einem symbolischen Betrag von einem Euro, sondern mit 10 Mio. Euro bezifferten immateriellen Schadens. 183 Es ist aber nicht zulässig, dass der Kläger nach der vollständigen oder teilweisen Zurückverweisung eines Rechtsstreits durch den Gerichtshof an das Gericht mittels neuer Anträge oder Forderungen den ursprünglich dem erstinstanzlichen Gericht unterbreiteten Streitgegenstand ändert, der nach ständiger Rechtsprechung allein durch die in der Klageschrift gestellten Anträge abgegrenzt wird (Urteile vom 25. September 1979, Kommission/Frankreich, 232/78, EU:C:1979:215, Rn. 3, und vom 7. November 2019, Rose Vision/Kommission, C‑346/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:939, Rn. 43 und 46), die gegebenenfalls unter Beachtung der einschlägigen Voraussetzungen oder Erfordernisse im Lauf des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens angepasst oder präzisiert wurden. 184 Im vorliegenden Fall war daher die von IMG vorgenommene Änderung ihres beim Gericht in der Rechtssache T‑381/15 gestellten Schadensersatzantrags, über den das Gericht nach der teilweisen Zurückverweisung durch das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P erneut zu entscheiden hatte, nicht zulässig, wie das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat. 185 Daher hat das Gericht seine Entscheidung, die bei ihm unter Verstoß gegen dieses Erfordernis gestellten Anträge als unzulässig zurückzuweisen (Rn. 68 des angefochtenen Urteils), nicht nur rechtlich hinreichend, sondern auch rechtlich zutreffend begründet. 186 Folglich ist der vorliegende Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen eingegangen zu werden braucht, mit dem IMG die nicht tragenden Gründe des angefochtenen Urteils beanstandet, die sich auf die Möglichkeit eines Klägers beziehen, im Rahmen eines Schadensersatzantrags Anträge auf die Erteilung von Anordnungen zu stellen. V. Zur Klage in der Rechtssache T‑381/15 RENV A. Zur Entscheidung des Rechtsstreits 187 Ist der Rechtsstreit ganz oder teilweise zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union selbst endgültig über den Rechtsstreit oder dessen entscheidungsreifen Teil befinden und die Sache im Übrigen an das Gericht zurückverweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P, Rn. 103, und Urteil vom 28. Oktober 2021, Vialto Consulting/Kommission, C‑650/19 P, EU:C:2021:879, Rn. 139). 188 Im vorliegenden Fall sind einige Aspekte des oben in Rn. 181 behandelten Schadensersatzantrags vor dem Gericht streitig erörtert worden, und ihre Prüfung erfordert keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme, so dass sie zur Entscheidung reif sind und in den nachfolgend genannten Grenzen endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. entsprechend Urteile vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 130, und vom 2. Dezember 2021, Kommission und GMB Glasmanufaktur Brandenburg/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑884/19 P und C‑888/19 P, EU:C:2021:973, Rn. 104). B. Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Sorgfaltspflicht 189 Erstens ist der Rechtsstreit hinsichtlich der Frage zur Entscheidung reif, ob der Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, die der Kommission gegenüber IMG oblag, als sie den Beschluss vom 8. Mai 2015 erließ (siehe oben, Rn. 173 bis 175), im Sinne der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung hinreichend qualifiziert ist, um die außervertragliche Haftung der Union auszulösen. 190 Insoweit ist zunächst der Kommission beizupflichten, dass der Begriff „internationale Organisation“, auf den die Finanzregelungen von 2002 und 2012 Bezug nehmen, ein allgemeiner Begriff ist, dessen Auslegung für die Zwecke dieser Regelungen zu Schwierigkeiten führen kann, insbesondere da es hierzu keine Rechtsprechung gibt. 191 Sodann hat die Kommission zutreffend hervorgehoben, dass sich auch die Anwendung dieses Begriffs im vorliegenden Fall angesichts der besonderen Situation von IMG (siehe oben, Rn. 18) als komplex erweisen und zu Schwierigkeiten bei der rechtlichen Qualifizierung des Sachverhalts führen konnte. 192 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können solche Auslegungs- oder Anwendungsschwierigkeiten zwar geeignet sein, das Verhalten eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle zu erklären, wenn sie so gehandelt haben, wie es eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen getan hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 43), doch können sie es nicht ermöglichen, offenkundig mangelnde Sorgfalt im Rahmen einer Prüfung, wie sie die Kommission in Bezug auf die Lage von IMG durchzuführen hatte, als entschuldbar einzustufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), insbesondere wenn die mangelnde Sorgfalt darin besteht, dass Kernfragen der vorzunehmenden Prüfung offenbleiben oder dass aus der Prüfung eindeutig unangemessene, unzureichende, unvertretbare oder durch nichts untermauerte Schlüsse gezogen werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 104 bis 106, 109, 112, 114 und 117). 193 Im vorliegenden Fall sind die oben in den Rn. 190 und 191 angesprochenen möglichen Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht geeignet, den Erlass eines Beschlusses zu erklären, der in so offensichtlicher Weise einer rechtlichen und tatsächlichen Rechtfertigung entbehrt wie der Beschluss vom 8. Mai 2015, in Bezug auf den im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P endgültig festgestellt worden ist, dass er keine rechtliche Analyse des Begriffs „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 enthielt und dass die zu seiner Stützung angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet waren, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation in Frage zu stellen. 194 Folglich ist das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht, die der Kommission im vorliegenden Fall oblag, erwiesen. C. Zu den geltend gemachten Schäden und zum Kausalzusammenhang mit dem festgestellten Verstoß 195 Zweitens ist hinsichtlich der Voraussetzungen, von denen die außervertragliche Haftung der Union in einem konkreten Fall neben der in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzung abhängt, darauf hinzuweisen, dass sie nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zum einen das tatsächliche Bestehen der geltend gemachten Schäden und zum anderen das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem streitigen Verhalten der Union und den Schäden betreffen (Urteil vom 28. Oktober 2021, Vialto Consulting/Kommission, C‑650/19 P, EU:C:2021:879, Rn. 138 und die dort angeführte Rechtsprechung). 196 Im vorliegenden Fall begehrt IMG Ersatz für die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstandenen immateriellen und materiellen Schäden. Wie oben in den Rn. 55 und 185 ausgeführt, hat das Gericht diese Schadensersatzanträge zu Recht für teilweise unzulässig erklärt. In diesem Stadium des gerichtlichen Verfahrens geht es daher allein um die Anträge auf Zahlung eines symbolischen Euros für den immateriellen Schaden wegen der Beeinträchtigung des Rufes von IMG und auf Ersatz des materiellen Schadens, der im Wesentlichen im möglichen Verlust einer Chance für IMG besteht, als internationale Organisation von der Kommission durch Übertragungsvereinbarungen mit Haushaltsvollzugsaufgaben im Rahmen einer indirekten Verwaltung des Haushalts der Union betraut zu werden und dafür als „Vergütung für indirekte Kosten“ einen Betrag zu erhalten, der einem pauschalen Prozentsatz der allgemeinen Verwaltungskosten entspricht, die als tatsächliche durch die Union finanzierbare Kosten angesehen werden können. 197 Hierzu ist erstens festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in bestimmten Situationen davon ausgegangen werden kann, dass ein immaterieller Schaden durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Handlung, die ihn verursacht hat, in angemessener und ausreichender Weise wiedergutgemacht wird (Urteile vom 9. Juli 1987, Hochbaum und Rawes/Kommission, 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, EU:C:1987:348, Rn. 22, vom 28. Februar 2008, Neirinck/Kommission, C‑17/07 P, EU:C:2008:134, Rn. 98, vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 72, und vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 49). 198 Im vorliegenden Fall steht zwar fest, dass IMG durch den hinreichend qualifizierten Verstoß der Kommission gegen die ihr obliegende Sorgfaltspflicht ein immaterieller Schaden in Form einer Rufschädigung entstanden ist, da er die Kommission dazu veranlasste, einen Beschluss zu erlassen, in dem Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation geäußert wurden, obwohl die Gesichtspunkte, auf die er sich stützte, solche Zweifel weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht rechtfertigen konnten. Insbesondere hat IMG dem Gericht fristgerecht eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, die hinreichend das Echo belegen, das dieser Beschluss in den betreffenden institutionellen und professionellen Kreisen auf europäischer und nationaler Ebene fand. 199 Der Gerichtshof hat jedoch im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses festgestellt und ihn für nichtig erklärt. Außerdem ist der klare Wortlaut dieser Feststellung in dem Kontext, in dem sie getroffen wurde, geeignet, im Einklang mit der oben in Rn. 197 angeführten Rechtsprechung einen angemessenen und hinreichenden Ersatz des von IMG erlittenen immateriellen Schadens zu gewährleisten. 200 Daher sind die Schadensersatzanträge von IMG als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie den immateriellen Schaden betreffen, der sich aus der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 ergibt. 201 Zweitens ist der Rechtsstreit demgegenüber nicht zur Entscheidung reif, soweit er den materiellen Schaden betrifft, dessen Ersatz IMG verlangen kann. 202 Obwohl der Schadensersatzantrag von IMG als Ganzes Gegenstand einer schriftlichen und mündlichen Erörterung vor dem Gericht war, hat es nämlich die Begründetheit des Vorbringens von IMG zu diesem materiellen Schaden nicht geprüft. Außerdem ergibt die Prüfung der Akten des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens, dass der Gerichtshof derzeit nicht über alle tatsächlichen Angaben verfügt, die erforderlich wären, um es ihm zu ermöglichen, die mit dieser Analyse verbundenen komplexen Tatsachenwürdigungen mit einem hinreichenden Grad der Sicherheit vorzunehmen, insbesondere unter Berücksichtigung des sowohl im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P als auch oben in Rn. 45 angeführten Umstands, dass der materielle Schaden nur im etwaigen Verlust der Chance für IMG bestehen könnte, als internationale Organisation mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut zu werden. 203 Folglich ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, damit es über das Bestehen und gegebenenfalls den Umfang des geltend gemachten materiellen Schadens und, falls er in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen wird, über das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen ihm und dem hinreichend qualifizierten Verstoß der Kommission gegen die Sorgfaltspflicht entscheiden kann, die ihr im vorliegenden Fall nach den vom Gerichtshof in diesem Urteil getroffenen endgültigen Feststellungen oblag. VI. Kosten 204 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 205 Da im vorliegenden Fall IMG in der Rechtssache C‑619/20 P unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission in dieser Rechtssache die Kosten aufzuerlegen. 206 In den Rechtssachen C‑620/20 P und T‑381/15 RENV sind IMG und die Kommission zwar beide mit einigen Anträgen unterlegen, doch war der Schadensersatzantrag von IMG teilweise an das Gericht zurückzuverweisen. Folglich ist die Kostenentscheidung in diesen beiden Rechtssachen nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vorzubehalten. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtssachen C‑619/20 P und C‑620/20 P werden zu gemeinsamem Urteil verbunden. 2. Das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P wird zurückgewiesen. 3. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑381/15 RENV, EU:T:2020:406), wird aufgehoben, soweit darin der Antrag der International Management Group (IMG) auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den im Schreiben der Europäischen Kommission vom 8. Mai 2015 enthaltenen Beschluss, mit ihr keine neuen Übertragungsvereinbarungen in der indirekten Mittelverwaltung mehr zu schließen, entstanden sein soll, als unbegründet zurückgewiesen wird. 4. Im Übrigen wird das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P zurückgewiesen. 5. Die Klage in der Rechtssache T‑381/15 RENV wird abgewiesen, soweit sie den Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens betrifft, der der International Management Group (IMG) durch den in Nr. 3 des vorliegenden Tenors genannten Beschluss entstanden sein soll. 6. Die Rechtssache T‑381/15 RENV wird zur Entscheidung über den in Nr. 3 des vorliegenden Tenors genannten Antrag, soweit er den von der International Management Group (IMG) geltend gemachten materiellen Schaden betrifft, an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen. 7. Die International Management Group (IMG) trägt in der Rechtssache C‑619/20 P die Kosten. 8. In den Rechtssachen C‑620/20 P und T‑381/15 RENV bleibt die Kostenentscheidung vorbehalten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (i ) Die vorliegende Sprachfassung ist in Rn. 146 gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 6. April 2022.#FC gegen Asylagentur der Europäischen Union.#Öffentlicher Dienst – Bedienstete auf Zeit – Vordisziplinarverfahren – Vorläufige Dienstenthebung, Einbehaltung von Bezügen und Verbot des Zugangs zu den Räumlichkeiten und den Einrichtungen der EUAA – OLAF‑Bericht – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Recht auf Anhörung – Grundsatz der Unparteilichkeit – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Haftung – Enger Zusammenhang mit den Anträgen auf Aufhebung.#Rechtssache T-634/19.
62019TJ0634
ECLI:EU:T:2022:222
2022-04-06T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Zehnte erweiterte Kammer) vom 15. Dezember 2021.#Oltchim SA gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Stützungsmaßnahmen Rumäniens zugunsten eines petrochemischen Unternehmens – Nichtbeitreibung, weitere Anhäufung und Erlass von öffentlichen Forderungen – Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Beginn – Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 – Rechtsschutzinteresse – Vorliegen einer oder mehrerer Maßnahmen – Staatliche Mittel – Zurechenbarkeit an den Staat – Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers – Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers – Begründungspflicht.#Rechtssache T-565/19.
62019TJ0565
ECLI:EU:T:2021:904
2021-12-15T00:00:00
Gericht
62019TJ0565 URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer) 15. Dezember 2021 (*1) „Staatliche Beihilfen – Stützungsmaßnahmen Rumäniens zugunsten eines petrochemischen Unternehmens – Nichtbeitreibung, weitere Anhäufung und Erlass von öffentlichen Forderungen – Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Beginn – Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 – Rechtsschutzinteresse – Vorliegen einer oder mehrerer Maßnahmen – Staatliche Mittel – Zurechenbarkeit an den Staat – Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers – Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑565/19, Oltchim SA mit Sitz in Râmnicu Vâlcea (Rumänien), vertreten durch Rechtsanwälte C. Arhold, L.‑A. Bondoc, S.‑E. Petrisor und K. Struckmann, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka und F. Tomat als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/1144 der Kommission vom 17. Dezember 2018 über die staatliche Beihilfe SA.36086 (2016/C) (ehemals 2016/NN) Rumäniens zugunsten der Oltchim SA (ABl. 2019, L 181, S. 13) erlässt DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov (Berichterstatter), des Richters E. Buttigieg, der Richterin K. Kowalik-Bańczyk sowie der Richter G. Hesse und D. Petrlík, Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2021 folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. Tatsächlicher Kontext und Verwaltungsverfahren 1 Die Klägerin, die im Jahr 1966 gegründete Oltchim SA, an der Rumänien eine Kapitalbeteiligung von 54,8 % hält, war eines der größten petrochemischen Unternehmen Rumäniens und Südosteuropas. Ihre Tätigkeit bestand in der Herstellung petrochemischer Produkte, vor allem von flüssiger Natronlauge, Propylenoxid-Polyolen, Weichmachern und Oxo-Alkoholen. 2 Im Zeitraum von 2007 bis 2012 verschlechterte sich die finanzielle Lage der Klägerin insofern, als sie einen systematischen Anstieg ihrer Betriebsverluste, ihrer kumulierten Verluste und ihres negativen Eigenkapitals verzeichnete. 3 Um Abhilfe zu schaffen, meldete Rumänien am 17. Juli 2009 bei der Kommission u. a. eine Stützungsmaßnahme an, die in der Umwandlung von Verbindlichkeiten von Oltchim gegenüber der öffentlichen Hand in Eigenkapitalbeteiligungen bestand. Am 7. März 2012 stellte die Kommission im Beschluss 2013/246/EU über die staatliche Beihilfe SA.29041 (C 28/2009, ex N 433/2009) Stützungsmaßnahmen zugunsten der Oltchim SA Râmnicu Vâlcea (ABl. 2013, L 148, S. 33, im Folgenden: Beschluss von 2012) fest, dass die Umwandlung der Schulden der Klägerin in Eigenkapitalbeteiligungen in Höhe von 1049000000 rumänischen Lei (RON) (etwa 231 Mio. Euro) keine staatliche Beihilfe darstelle. 4 Am 23. November 2012 schlossen das rumänische Finanzministerium, das rumänische Wirtschaftsministerium, das rumänische Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das Oficiul Participațiilor Statului și Privatizării în Industrie (Büro für staatliche Beteiligungen und Privatisierungen in der Industrie, Rumänien) und die Autoritatea pentru Valorificarea Activelor Statului (Behörde für die Bewertung des Staatsvermögens, Rumänien), wobei Letztere in der Folge in Autoritatea pentru Administrarea Activelor Atatului (Behörde für die Verwaltung des Staatsvermögens, Rumänien, im Folgenden: AAAS) umbenannt wurde, sowie vier öffentliche Gläubigerunternehmen der Klägerin, nämlich die Electrica SA, die Salrom SA, die CFR Marfă SA und die CEC Bank SA, und zwei private Gläubigerbanken der Klägerin, nämlich die Banca Transilvania SA und die Banca Comercială Română SA, wobei Letztere später zur Erste Bank wurde, mit der Klägerin eine Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung) über die Finanzierung der Wiederaufnahme der Produktion der Klägerin. 5 Nachdem die Kommission von der Existenz der Vereinbarung durch die Presse erfahren hatte, leitete sie am 16. Januar 2013 von Amts wegen eine Untersuchung ein. 6 Am 30. Januar 2013 trat die Klägerin auf eigenen Wunsch in ein Insolvenzverfahren ein. Im Rahmen dieses Verfahrens erstellte der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter am 9. Januar 2015 die endgültige Liste der Gläubiger, aus der der Betrag, die Priorität und der Status der einzelnen Forderungen ersichtlich werden, und legte sie der zuständigen nationalen Justizbehörde vor. 7 Am 9. März 2015 nahmen die Gläubiger der Klägerin einen Plan zur Umstrukturierung des Unternehmens an, der im Wesentlichen deren Verkauf an einen neuen Investor vorsah, der ihre Vermögenswerte bzw. Geschäfte übernehmen sollte (im Folgenden: Umstrukturierungsplan oder Plan). Der angenommene Plan sah zudem einen teilweisen Erlass der Schulden der Klägerin vor. Am 22. April 2015 billigte die zuständige nationale Justizbehörde den Umstrukturierungsplan, indem sie den teilweisen Erlass der Schulden der Klägerin, die Gründung eines neuen Unternehmens (Oltchim SPV) und die Übertragung sämtlicher tragfähiger Vermögenswerte der Klägerin auf die Oltchim SPV annahm. Der Umstrukturierungsplan wurde am 24. September 2015 endgültig. 8 Am 8. April 2016 unterrichtete die Kommission Rumänien über ihren Beschluss, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten. 9 Am 6. März 2017 nahmen die Gläubiger der Klägerin einen überarbeiteten Umstrukturierungsplan an, der die Veräußerung gebündelter Vermögenswerte der Klägerin und nicht mehr die Einrichtung einer neuen Gesellschaft vorsah. Dieser überarbeitete Plan wurde von der zuständigen nationalen Justizbehörde am 28. Juni 2017 bestätigt und am 16. Oktober 2017 rechtskräftig. Nach diesem überarbeiteten Plan wurden die meisten Bündel von Vermögenswerten der Klägerin an die Gesellschaft Chimcomplex und ein anderes Bündel an die Gesellschaft Dynamic Selling Group verkauft, während für die verbleibenden Bündel im Mai 2018 eine neue Ausschreibung durchgeführt wurde. B. Angefochtener Beschluss 10 Am 17. Dezember 2018 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2019/1144 über die staatliche Beihilfe SA.36086 (2016/C) (ehemals 2016/NN) Rumäniens zugunsten der Oltchim SA (ABl. 2019, L 181, S. 13, im Folgenden: angefochtener Beschluss). 11 Im angefochtenen Beschluss prüfte die Kommission die Einstufung der folgenden drei Maßnahmen als staatliche Beihilfen und ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt: – die Nichtbeitreibung und weitere Anhäufung von Verbindlichkeiten der Klägerin durch die AAAS zwischen September 2012 und Januar 2013 (im Folgenden: Maßnahme 1); – die Unterstützung der Geschäftstätigkeiten von Oltchim durch weitere unbezahlte Lieferungen zwischen September 2012 und Januar 2013 durch CET Govora und Salrom (im Folgenden: Maßnahme 2); – der Schuldenerlass im Jahr 2015, dem die AAAS, die Administrația Națională Apele Române (nationale rumänische Wasserbehörde, im Folgenden: ANE), Salrom, Electrica und CET Govora auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans zustimmten (im Folgenden: Maßnahme 3). 12 In Abschnitt 6.1 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 183 bis 301) hat die Kommission den Schluss gezogen, dass die oben in Rn. 11 genannten Maßnahmen mit Ausnahme der Unterstützung der Geschäftstätigkeiten der Klägerin durch Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 und des Schuldenerlasses im Jahr 2015 auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans durch CET Govora im Rahmen der Maßnahme 3 staatliche Beihilfen darstellten. Gemäß diesem Beschluss wurden die als staatliche Beihilfen eingestuften Maßnahmen unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt und waren daher rechtswidrig. 13 In Abschnitt 6.2 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 302 bis 310) kam die Kommission zu dem Schluss, dass die staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien. 14 In den Abschnitten 6.3 (Erwägungsgründe 311 bis 315) und 6.4 (Erwägungsgründe 316 bis 351) des angefochtenen Beschlusses vertrat die Kommission die Ansicht, dass die rumänischen Behörden die Beträge, die den in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen entsprächen, zurückfordern müssten, wobei diese Rückforderung jedoch nicht auf die Erwerber der Vermögenswerte der Klägerin ausgedehnt werden könne, da zwischen ihr und ihnen keine wirtschaftliche Kontinuität bestehe. 15 Art. 1 des angefochtenen Beschlusses bestimmt: „Die folgenden Maßnahmen, die Gegenstand des vorliegenden Beschlusses sind und von Rumänien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig durchgeführt wurden, stellen zusammen und getrennt voneinander staatliche Beihilfen dar: a) die Nichtbeitreibung und weitere Anhäufung von Verbindlichkeiten [durch die AAAS] zwischen September 2012 und Januar 2013; b) die Unterstützung der Geschäftstätigkeiten von Oltchim durch weitere unbezahlte Lieferungen und die weitere Anhäufung von Schulden seit September 2012 durch CET Govora ohne geeignete Maßnahmen zum Schutz der Forderungen von CET Govora in dem Umfang, der zusammen mit Rumänien während der Einziehungsphase festzulegen ist; c) der Schuldenerlass, dem die AAAS, die [ANE], Salrom und die Electrica SA auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans zustimmten, in Höhe des Gesamtbetrags von 1516598405 RON, zusammen mit dem in Artikel 1 Buchstabe a angegebenen Betrag.“ 16 Art. 2 des angefochtenen Beschlusses lautet: „Die folgenden Maßnahmen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, stellen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar: a) die Unterstützung der Geschäftstätigkeiten von Oltchim durch weitere Lieferungen von Salrom seit September 2012; b) der Schuldenerlass im Jahr 2015 auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans [durch] CET Govora.“ 17 Art. 3 des angefochtenen Beschlusses lautet: „Die in Artikel 1 Buchstaben a und c genannten staatlichen Beihilfen in Höhe von insgesamt 1516598405 … RON sowie die in Artikel 1 Buchstabe b genannten staatlichen Beihilfen, die Rumänien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV zugunsten von Oltchim rechtswidrig gewährt hat, sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar.“ 18 In den Art. 4 und 5 des angefochtenen Beschlusses gab die Kommission Rumänien auf, die in Art. 1 dieses Beschlusses genannten Beihilfen von der Klägerin mit sofortiger Wirkung zurückzufordern, wobei der angefochtene Beschluss innerhalb von sechs Monaten nach seiner Bekanntgabe vollständig umgesetzt werden sollte. In Art. 6 des angefochtenen Beschlusses gab die Kommission Rumänien auf, ihr bestimmte Informationen zu übermitteln und sie über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung des angefochtenen Beschlusses zu unterrichten. In Art. 7 des angefochtenen Beschlusses gab die Kommission an, dass dieser Beschluss an Rumänien gerichtet sei und dass die Kommission die Beihilfebeträge und die Rückforderungszinsen, die gemäß diesem Beschluss zurückzuzahlen seien, veröffentlichen könne. II. Verfahren und Anträge der Parteien 19 Mit Klageschrift, die am 14. August 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 20 Am 3. Dezember 2019 hat die Kommission ihre Klagebeantwortung eingereicht. 21 Am 21. Februar 2020 hat die Klägerin die Erwiderung eingereicht. 22 Am 25. Mai 2020 hat die Kommission die Gegenerwiderung eingereicht. 23 Am 19. Juni 2020 hat die Klägerin gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts einen begründeten Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. 24 Mit Schreiben der Kanzlei vom 19. März 2021 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen an die Parteien gerichtet, die diese fristgerecht beantwortet haben. 25 Die Parteien haben in der Sitzung vom 7. Mai 2021 mündlich verhandelt und die vom Gericht mündlich gestellten Fragen beantwortet. 26 Die Klägerin beantragt, – Art. 1 und die Art. 3 bis 7 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 27 Die Kommission beantragt, – die Klage als unzulässig abzuweisen; – hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Zulässigkeit der Klage 28 Die Kommission erhebt gegen die vorliegende Klage zwei Einreden der Unzulässigkeit, die erstens die Verspätung der Klage und zweitens das fehlende Rechtsschutzinteresse der Klägerin betreffen. 1. Zur angeblichen Verspätung der Klage 29 Die Kommission hält die Klage wegen Verspätung für unzulässig. Ihrer Ansicht nach hat die Klagefrist zu dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, zu dem ein Vertreter der Klägerin vom angefochtenen Beschluss Kenntnis erlangte. Im vorliegenden Fall habe die Kommission gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) mit Einschreiben vom 16. Mai 2019 an die gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter der Klägerin, die Rominsolv S.p.r.l. und die BDO – Business Restructuring S.p.r.l., eine nicht vertrauliche Fassung des angefochtenen Beschlusses in rumänischer und in englischer Sprache geschickt. BDO – Business Restructuring habe diese Mitteilung am 30. Mai 2019 erhalten, während Rominsolv sie am 4. Juni 2019 erhalten habe. Somit habe die Klagefrist zu laufen begonnen, als die erste von ihnen von ihm Kenntnis erlangt habe, im vorliegenden Fall am 30. Mai 2019, und nicht erst zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des angefochtenen Beschlusses im Amtsblatt, nämlich am 5. Juli 2019, so dass die Frist für die Erhebung der vorliegenden Klage am 12. August 2019 abgelaufen sei. Da die Klageschrift am 14. August 2019 eingereicht worden sei, sei die Klage wegen Verspätung unzulässig. 30 Die Klagefrist nach Art. 263 Abs. 6 AEUV beginne nur dann mit der Veröffentlichung der angefochtenen Handlung im Amtsblatt zu laufen, wenn diese Veröffentlichung eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit dieses Rechtsakts und im AEU‑Vertrag vorgesehen sei. Von der Kommission nach Art. 9 der Verordnung 2015/1589 erlassene Beschlüsse wie der angefochtene Beschluss würden durch ihre Bekanntgabe an den betreffenden Mitgliedstaat, der ihr einziger Adressat sei, wirksam und nicht durch ihre Veröffentlichung im Amtsblatt. Daher stelle die Veröffentlichung eines solchen Beschlusses im Amtsblatt nach Art. 32 Abs. 3 dieser Verordnung keine Bekanntgabe bzw. Veröffentlichung im Sinne von Art. 263 Abs. 6 AEUV, sondern eine bloße Kenntnisnahme dieses Beschlusses im Sinne der letztgenannten Vorschrift dar. Folglich beginne im Bereich der staatlichen Beihilfen die Klagefrist entweder mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses, was den Mitgliedstaat betreffe, an den dieser gerichtet sei, oder mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme dieses Beschlusses, was die Beteiligten betreffe, zu laufen. Liege der Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung des angefochtenen Beschlusses bei den Beteiligten nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 vor dem seiner Veröffentlichung im Amtsblatt, beginne die Klagefrist daher mit diesem ersten Zeitpunkt zu laufen. 31 Die Kommission räumt ein, dass die von ihr befürwortete Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV im Widerspruch zur langjährigen Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Union stehe. Wie sie jedoch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, macht sie geltend, dass das Gericht diese Rechtsprechung insbesondere im Licht des Urteils vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P, EU:C:2017:384), und der Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16, EU:C:2018:120) überdenken müsse, die ihre Auslegung dieser Vorschrift bestätigten. 32 Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen. 33 Nach Art. 263 Abs. 6 AEUV ist eine Nichtigkeitsklage binnen zwei Monaten zu erheben, wobei diese Frist je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem dieser von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat, läuft. 34 Mitteilung im Sinne von Art. 263 Abs. 6 AEUV ist der Vorgang, durch den der Urheber eines Rechtsakts diesen dem oder den Adressaten übermittelt und es ihnen somit ermöglicht, von ihm Kenntnis zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 35 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass Rumänien, wie aus Art. 7 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, der einzige Adressat des angefochtenen Beschlusses war. Da die Klägerin nicht dessen Adressatin war, stellt seine gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 erfolgte Übermittlung an die Klägerin mithin keine Mitteilung im Sinne von Art. 263 Abs. 6 AEUV dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2005, Olsen/Kommission, T‑17/02, EU:T:2005:218, Rn. 75 und 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36 Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob unter den Umständen des vorliegenden Falles der Beginn der Klagefrist in Bezug auf die Klägerin in Anwendung des Kriteriums der Veröffentlichung oder in Anwendung des Kriteriums der Kenntnisnahme von der Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 6 AEUV zu bestimmen ist. 37 Insoweit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 263 Abs. 6 AEUV und insbesondere aus dem Ausdruck „in Ermangelung dessen“, dass das Kriterium des Zeitpunkts, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt hat, subsidiären Charakter gegenüber dem Zeitpunkt der Bekanntgabe hat (vgl. in diesem Sinn Urteile vom 10. März 1998, Deutschland/Rat, C‑122/95, EU:C:1998:94, Rn. 35, und vom 11. März 2009, TF1/Kommission, T‑354/05, EU:T:2009:66, Rn. 33). Somit ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe, wenn es einen gibt, gegenüber dem der Kenntnisnahme vom Rechtsakt das entscheidende Kriterium für die Bestimmung des Beginns der Klagefrist (Beschluss vom 25. November 2008, S.A.BA.R./Kommission, C‑501/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:652, Rn. 22, und Urteil vom 11. November 2010, Transportes Evaristo Molina/Kommission, C‑36/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:670, Rn. 37). 38 Das Gericht hatte bereits Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf Handlungen, die nach einer ständigen Praxis des betreffenden Organs im Amtsblatt bekannt gegeben werden, obwohl diese Bekanntgabe keine Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit ist, das Kriterium des Zeitpunkts der Kenntnisnahme nicht anwendbar ist, sondern der Zeitpunkt der Bekanntgabe die Klagefrist in Lauf gesetzt hat. Unter solchen Umständen kann der betroffene Dritte nämlich zu Recht mit der Bekanntgabe der fraglichen Handlung rechnen. Diese Lösung, die der Rechtssicherheit dient und auf alle betroffene Dritte anwendbar ist, gilt insbesondere, wenn der klagende Dritte Kenntnis von der betreffenden Handlung vor deren Bekanntgabe hatte (vgl. Urteil vom 11. März 2009, TF1/Kommission, T‑354/05, EU:T:2009:66, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 39 Die oben in Rn. 38 angeführte Rechtsprechung gilt erst recht für Rechtsakte, deren Veröffentlichung im Amtsblatt durch das Unionsrecht vorgeschrieben ist. Dies ist hier der Fall, da Art. 32 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 die Veröffentlichung von Beschlüssen der Kommission, die u. a. nach Art. 9 dieser Verordnung erlassen wurden, im Amtsblatt verlangt. Aufgrund dieser Verpflichtung wurde eine nicht vertrauliche Fassung des angefochtenen Beschlusses in vollem Umfang im Amtsblatt vom 5. Juli 2019 (ABL. 2019, L 181, S. 13) veröffentlicht. 40 Die Kommission macht allerdings geltend, das Gericht sollte diese Rechtsprechung überdenken. Das Kriterium der Bekanntgabe im Sinne von Art. 263 Abs. 6 AEUV betreffe nur den Fall, dass die Veröffentlichung der angefochtenen Handlung im Amtsblatt eine Voraussetzung für ihr Inkrafttreten oder ihre Wirksamkeit sei und dass sie im AEU‑Vertrag vorgesehen sei. 41 Um zu prüfen, ob die bestehende Rechtsprechung in dem von der Kommission befürworteten Sinne zu überdenken ist, ist in einem ersten Schritt die Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV und sind in einem zweiten Schritt die möglichen Auswirkungen des Urteils vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P, EU:C:2017:384), und der Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16, EU:C:2018:120), auf die sich die Kommission beruft, auf diese Auslegung zu berücksichtigen. a) Zur Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV 42 Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 43 Was zunächst den Wortlaut von Art. 263 Abs. 6 AEUV anbelangt, so ist erstens festzustellen, dass diese Bestimmung den Ausdruck „Bekanntgabe der betreffenden Handlung“ verwendet, ohne hinzuzufügen und ohne zu verlangen, dass eine solche Bekanntgabe notwendigerweise eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit einer solchen Handlung sein muss oder im AEU‑Vertrag vorgesehen sein muss. Der Wortlaut von Art. 263 Abs. 6 AEUV lässt daher nicht erkennen, dass die Verfasser des Vertrags den Begriff der Bekanntgabe im Sinne dieser Vorschrift auf den Fall beschränken wollten, dass die Veröffentlichung eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit der angefochtenen Handlung ist oder dass sie im AEU‑Vertrag vorgesehen ist. 44 Zweitens zeigt die Verwendung des Ausdrucks „in Ermangelung dessen“, dass die Kenntnisnahme von der angefochtenen Handlung bewusst von den Verfassern des Vertrags als Hilfskriterium bezeichnet wurde, das nur anzuwenden ist, wenn die angefochtene Handlung nicht veröffentlicht wird. 45 Sodann bestätigt die systematische und teleologische Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV diese Schlussfolgerungen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 263 AEUV, der sich im Sechsten Teil Titel I Kapitel 1 („Die Organe“) Abschnitt 5 („Der Gerichtshof der Europäischen Union“) des AEU‑Vertrags befindet, insbesondere die Voraussetzungen regelt, unter denen die Rechtsunterworfenen bei den Unionsgerichten Klage auf Nichtigerklärung eines Rechtsakts eines Organs, einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union erheben können. 46 Die Bestimmungen des AEU-Vertrags über das Klagerecht des Einzelnen dürfen nicht eng ausgelegt werden (Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 222, und Beschluss vom 25. Mai 2004, Schmoldt u. a./Kommission, T‑264/03, EU:T:2004:157, Rn. 59). 47 Die von der Kommission befürwortete Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV läuft aber im Wesentlichen darauf hinaus, das Kriterium der Bekanntgabe im Sinne dieser Bestimmung enger auszulegen als es sich aus deren Wortlaut ergibt, indem eine zusätzliche Voraussetzung hinzugefügt wird, wonach die Veröffentlichung eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit der angefochtenen Handlung und im AEU‑Vertrag vorgesehen sein muss. Abgesehen davon, dass sich eine solche zusätzliche Voraussetzung dem Wortlaut von Art. 263 Abs. 6 AEUV nicht entnehmen lässt (vgl. Rn. 43 oben), läuft sie auch dem dieser Vorschrift zugrunde liegenden Ziel zuwider. 48 Das Ziel von Art. 263 Abs. 6 AEUV besteht nämlich darin, die Rechtssicherheit dadurch zu wahren, dass verhindert wird, dass Handlungen der Union, die Rechtswirkungen entfalten, unbegrenzt in Frage gestellt werden können (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 5. September 2019, Fryč/Kommission, C‑230/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:685, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Grundsatz der Rechtssicherheit erfordert, dass die Klagefristen und ihr Beginn hinreichend genau, klar, vorhersehbar und leicht überprüfbar festgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2010, Uniplex [UK], C‑406/08, EU:C:2010:45, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es liegt nämlich im Interesse der Rechtssicherheit und ganz allgemein der Stabilität der Rechtsordnung der Union, dass der Zeitpunkt, zu dem Rechtsakte der Union rechtskräftig werden, mit Sicherheit bestimmt werden kann, wenn dagegen kein Rechtsbehelf eingelegt wird. 49 In Verfolgung des Ziels der Rechtssicherheit wollten die Verfasser des AEU‑Vertrags dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Handlung als Beginn der Klagefrist den Vorrang vor dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der angefochtenen Handlung geben, da der Zeitpunkt der Bekanntgabe von jedem Beteiligten mit der erforderlichen Sicherheit und zweifelsfrei bestimmt werden kann. 50 Zum einen kann der Zeitpunkt der Kenntnisnahme individuell je nach betroffener Person variieren, so dass der Beginn der Klagefrist und dadurch der Zeitpunkt ihres Ablaufs nicht einheitlich bestimmt werden können. Zum anderen kann der Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der angefochtenen Handlung in bestimmten Fällen schwer zu bestimmen und umstritten sein, da der Nachweis der Kenntnisnahme in hohem Maße von Tatsachen und Indizien abhängt. 51 Die Erfordernisse der Rechtssicherheit gebieten es daher, bei der Bestimmung des Beginns der Klagefrist dem sicheren, vorhersehbaren und leicht überprüfbaren Charakter der Veröffentlichung des Unionsrechtsakts im Amtsblatt den Vorrang zu geben, unabhängig davon, ob diese Veröffentlichung eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit dieses Rechtsakts ist und ob sie im AEU‑Vertrag oder im Sekundärrecht vorgesehen ist. 52 Außerdem sind die Vorschriften über die Klagefristen vom Gericht so anzuwenden, dass nicht nur die Rechtssicherheit, sondern auch die Gleichheit des Einzelnen vor dem Gesetz gewährleistet ist (vgl. Urteil vom 19. Juni 2019, RF/Kommission, C‑660/17 P, EU:C:2019:509, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 53 Was den letztgenannten Punkt angeht, ist zwar nicht ausgeschlossen, dass in der Praxis, wie die Kommission zu Recht betont, ein Beteiligter eine Mitteilung des angefochtenen Rechtsakts nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 mehrere Wochen, ja mehrere Monate vor dessen Veröffentlichung im Amtsblatt erhält, so dass er unter solchen Umständen für die Vorbereitung seiner Klage eine Frist von mehr als zwei Monaten hat und somit über eine längere Frist verfügt als der betreffende Mitgliedstaat. 54 Jedoch hängt eine etwaige zeitliche Lücke zwischen der Mitteilung eines Beschlusses an die Beteiligten nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 und dessen Veröffentlichung im Amtsblatt weitgehend davon ab, wie schnell die Dienststellen der Kommission die Fassung des betreffenden Beschlusses für die Veröffentlichung erstellen, sowie von etwaigen Verzögerungen bei dessen Veröffentlichung im Amtsblatt. Diese zeitliche Lücke ist daher der Verwaltung oder gar den Umständen geschuldet und keineswegs dem betreffenden Beteiligten zuzuschreiben. Daher ist es Sache der Kommission, dadurch für die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu sorgen, dass sie eine solche zeitliche Lücke so weit wie möglich durch geeignete Verwaltungsmaßnahmen verhindert, und nicht durch eine enge Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV, wie sie sie befürwortet. 55 Die Kommission kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV in der oben in den Rn. 37 und 38 angeführten Rechtsprechung Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 die praktische Wirksamkeit nehme. Insoweit genügt der Hinweis, dass Art. 24 Abs. 1 dieser Verordnung nicht den Beginn der Klagefrist regeln soll und jedenfalls keine Auswirkungen auf die Auslegung einer Vorschrift des Primärrechts haben kann. 56 Daher ergibt sich aus einer wörtlichen, systematischen und teleologischen Auslegung von Art. 263 Abs. 6 AEUV, dass der Begriff der Bekanntgabe der angefochtenen Handlung als Beginn der Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage durch einen Kläger, der nicht Adressat dieser Handlung ist, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht dahin auszulegen ist, dass er nur auf den Fall abzielt, dass die Veröffentlichung im Amtsblatt eine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit der angefochtenen Handlung ist oder dass sie im AEU‑Vertrag vorgesehen ist. b) Zu den Auswirkungen des Urteils vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P), und der Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16) 57 Es ist zu prüfen, ob das Urteil vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P, EU:C:2017:384), und die Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16, EU:C:2018:120) die Rechtsprechung in dem von der Kommission in Betracht gezogenen Sinn weiterentwickelt haben. 58 Erstens ist festzustellen, dass die Rechtssache, in der das Urteil vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P, EU:C:2017:384), ergangen ist, eine ganz andere Fallgestaltung betraf als die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende, da es dort um das Verhältnis ging zwischen dem Kriterium der Bekanntgabe und dem der Mitteilung gegenüber einer Rechtsmittelführerin, die Adressatin der angefochtenen Handlung war und der diese zugestellt worden war. 59 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass aus Art. 263 Abs. 6 AEUV in Verbindung mit Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV hervorgehe, dass bei Nichtigkeitsklagen die Klagefrist mit der Bekanntgabe beginnt, wenn diese Bekanntgabe, die Voraussetzung für das Inkrafttreten des Rechtsakts ist, im AEU‑Vertrag vorgesehen ist, und in den anderen, in Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV genannten Fällen, unter denen auch die Beschlüsse sind, die an einen bestimmten Adressaten gerichtet sind, mit der Mitteilung beginnt. Die Mitteilung einer Handlung sei für die Bestimmung des Beginns der Klagefrist, die für den Adressaten dieses Rechtsakts gilt, nicht subsidiär zu dessen Bekanntgabe im Amtsblatt (vgl. in diesem Sinne Urteile von 17. Mai 2017, Portugal/Kommission, C‑337/16 P, EU:C:2017:381, Rn. 36, 38 und 40, vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission, C‑338/16 P, EU:C:2017:382, Rn. 36, 38 und 40, und vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission, C‑339/16 P, EU:C:2017:384, Rn. 36, 38 und 40). 60 Der Gerichtshof hat daher auf Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV Bezug genommen, um das Verhältnis zwischen dem Kriterium der Bekanntgabe und dem der Mitteilung an den Mitgliedstaat, an den die angefochtene Handlung gerichtet ist, zu klären. Da Art. 263 Abs. 6 AEUV nicht angibt, ob eines dieser Kriterien Vorrang vor dem anderen hat, hat sich der Gerichtshof auf Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV gestützt, um sie voneinander abzugrenzen. 61 In der vorliegenden Rechtssache geht es hingegen um das Verhältnis zwischen dem Kriterium der Bekanntgabe und dem der Kenntnisnahme in Bezug auf einen Kläger, an den die angefochtene Handlung nicht gerichtet ist. In diesem Fall sieht Art. 263 Abs. 6 AEUV selbst vor, dass das Kriterium der Kenntnisnahme gegenüber dem der Bekanntgabe subsidiär ist. 62 Darüber hinaus deutet nichts darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil vom 17. Mai 2017, Portugal/Kommission (C‑339/16 P, EU:C:2017:384), seine oben in Rn. 37 angeführte Rechtsprechung aufgeben wollte. Vielmehr hat er in Rn. 39 seines Urteils die Erkenntnisse aus Rn. 35 des Urteils vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), bestätigt, wonach bereits nach dem Wortlaut von Art. 263 Abs. 6 AEUV der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt hat, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung der Handlung in Betracht kommt. 63 In der Rechtssache, in der das Urteil vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), ergangen ist, wurde im Wesentlichen die gleiche Frage aufgeworfen wie in der vorliegenden Rechtssache, bei der es um den Beginn der Klagefrist geht. In jener Rechtssache ging es um die Zulässigkeit einer Klage eines Mitgliedstaats gegen einen Beschluss des Rates der Europäischen Union über den Abschluss eines für die Union verbindlichen völkerrechtlichen Abkommens, dessen Inhalt diesem Mitgliedstaat seit dem Tag seines Erlasses bekannt war, weil er an diesem Erlass im Rat beteiligt war. Dieser Beschluss wurde anschließend im Amtsblatt bekannt gegeben, ohne dass diese Veröffentlichung eine Voraussetzung für sein Inkrafttreten war. Vor dem Gerichtshof hatte der Rat im Wesentlichen aus den gleichen Gründen wie den von der Kommission in der vorliegenden Rechtssache vorgetragenen geltend gemacht, dass die Klage unzulässig sei, weil der Zeitpunkt der Bekanntgabe im Amtsblatt der Berechnung der Klagefrist nur bei Rechtsakten zugrunde gelegt werden könne, deren Veröffentlichung eine Voraussetzung für ihre Geltung sei. 64 Der Gerichtshof ist jedoch der vom Rat vorgeschlagenen Auslegung nicht gefolgt, da sich implizit, aber notwendigerweise aus den Rn. 34 bis 40 des Urteils vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), ergibt, dass die Bekanntgabe einer Handlung im Amtsblatt den Beginn der Klagefrist darstellt, wenn aus dem angefochtenen Rechtsakt nicht hervorgeht, an wen er gerichtet ist, oder, sofern der Rechtsakt den Adressaten nennt, wenn der Kläger nicht der Adressat des Rechtsakts ist, auch wenn diese Bekanntgabe keine Voraussetzung für das Inkrafttreten oder die Wirksamkeit der Handlung ist und auch wenn der Kläger vor dem Zeitpunkt der Bekanntgabe auf eine andere ebenso zuverlässige Weise von dem Rechtsakt Kenntnis erlangt hat. 65 Zweitens kann es hinsichtlich der Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16, EU:C:2018:120, Nr. 63) mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. Juli 2018, Georgsmarienhütte u. a. (C‑135/16, EU:C:2018:582), die in Nr. 63 dieser Schlussanträge getroffene Feststellung nicht übernommen hat. 66 Drittens ist der von der Kommission ins Treffen geführte Umstand, dass die oben in den Rn. 37 und 38 angeführte Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten der Verordnung 2015/1589 ergangen ist, unerheblich, da Art. 263 Abs. 6 AEUV unverändert geblieben ist und die Änderungen des Sekundärrechts der Union die Auslegung der Vorschriften des Vertrags natürlich nicht ändern können. Darüber hinaus ist festzustellen, dass Art. 24 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589, auf den die Kommission einen Teil ihrer Argumentation stützt, sowie Art. 32 Abs. 3 dieser Verordnung gegenüber den entsprechenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) im Wesentlichen unverändert geblieben sind. c) Ergebnis 67 Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt des Beginns der Frist für die Erhebung der Nichtigkeitsklage gegen einen gemäß Art. 9 der Verordnung 2015/1589 erlassenen Beschluss der Kommission gegenüber einem Kläger, der nicht dessen Adressat ist, der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beschlusses im Amtsblatt ist. 68 Da der angefochtene Beschluss am 5. Juli 2019 im Amtsblatt veröffentlicht wurde und die Klageschrift am 14. August 2019 eingereicht worden ist, ist festzustellen, dass die vorliegende Klage innerhalb der in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehenen Frist von zwei Monaten zuzüglich der in den Art. 59 und 60 der Verfahrensordnung vorgesehenen Fristen von 14 bzw. zehn Tagen erhoben worden ist. 69 Daher ist die erste Unzulässigkeitseinrede der Kommission, mit der sie die Verspätung der Klage rügt, zurückzuweisen. 2. Zum angeblichen Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Klägerin 70 Die Kommission macht geltend, die Klägerin habe kein Rechtsschutzinteresse, da sie zum einen wegen ihrer unmittelbar bevorstehenden endgültigen Liquidation voraussichtlich vor Abschluss des vorliegenden Verfahrens aufhören werde zu existieren und da zum anderen die vorliegende Klage nur dem Interesse bestimmter gesicherter privater Gläubiger der Klägerin und nicht der Klägerin selbst diene. 71 Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen. 72 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Rechtsschutzinteresse eines Klägers muss im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein – andernfalls ist die Klage unzulässig – und bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen, andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (vgl. Urteil vom 20. Juni 2013, Cañas/Kommission, C‑269/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:415, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung). 73 Erstens ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage als juristische Person existierte. Das Vorbringen der Kommission, wonach die Klägerin vor dem Ende des vorliegenden Verfahrens aufhören könnte zu existieren, ist rein hypothetisch, da sich aus der Akte nicht mit Sicherheit ergibt, dass und wann die Klägerin aufhören könnte zu existieren. 74 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass eines der Ziele jedes Insolvenzverfahrens darin besteht, die Vermögensmasse des insolventen Unternehmens zu maximieren, und zwar auch durch die Erhebung von Klagen, die darauf abzielen, die diese Masse verringernden Schulden zu bestreiten. Sollte das Gericht den angefochtenen Beschluss und insbesondere die Rückforderung der in Rede stehenden Beihilfe für nichtig erklären, könnte sich diese Nichtigerklärung auf die verbleibende Vermögensmasse der Klägerin auswirken. Folglich handelt die Klägerin im vorliegenden Verfahren in ihrem eigenen Interesse. 75 Im Übrigen steht der Umstand, dass dieses Interesse mit dem anderer Personen zusammenfallen kann, der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a., C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 84). 76 Daher ist die zweite Unzulässigkeitseinrede der Kommission, mit der sie das fehlende Rechtsschutzinteresse der Klägerin rügt, zurückzuweisen. B. Zur Begründetheit 77 Die Klägerin macht neun Klagegründe geltend, die im Wesentlichen die Einstufung jeder der drei oben in Rn. 11 genannten Maßnahmen als staatliche Beihilfe betreffen. Vor allem was die Maßnahmen 1 und 2 anbelangt, sei der angefochtene Beschluss mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils sowie einer fehlenden oder unzureichenden Begründung behaftet. Hinsichtlich der Maßnahme 3 macht sie drei Klagegründe geltend, mit denen offensichtliche Beurteilungsfehler gerügt werden, und zwar in Bezug auf das Vorliegen einer Übertragung staatlicher Mittel betreffend Electrica, die Zurechenbarkeit dieser Maßnahme an den Staat und das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils, sowie einen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht rügt, und ferner einen Klagegrund, der die Berechnung des Betrags der zurückzufordernden Beihilfe betrifft. 78 Vorab ist festzustellen, dass die Kommission in den Abschnitten 6.1.1 und 6.1.2.1 bis 6.1.2.3 des angefochtenen Beschlusses jede der drei oben in Rn. 11 genannten Maßnahmen gesondert geprüft und im 298. Erwägungsgrund dieses Beschlusses jede separat als staatliche Beihilfe eingestuft hat. Sodann ist sie in Abschnitt 6.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses davon ausgegangen, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 in unmittelbarem Zusammenhang stünden und Teil desselben Ziels seien, und hat im 299. Erwägungsgrund dieses Beschlusses den Schluss gezogen, dass „[d]ie Maßnahmen 1, 2 und 3 zusammengenommen … staatliche Beihilfen [darstellen]“. Schließlich hat die Kommission in Art. 1 Buchst. a bis c des angefochtenen Beschlusses jede der drei Maßnahmen aufgelistet und ist in diesem Artikel zu dem Ergebnis gelangt, dass sie „zusammen und getrennt voneinander“ staatliche Beihilfen darstellten. 79 Daher ist zunächst zu prüfen, ob die Maßnahmen 1, 2 und 3 drei verschiedene Eingriffe oder einen einzigen Eingriff darstellen. 1. Zur Frage, ob die Maßnahmen 1, 2 und 3 drei verschiedene Maßnahmen oder eine einzige Maßnahme darstellen 80 Ohne einen gesonderten Klagegrund betreffend die Einstufung der Maßnahmen 1, 2 und 3 als verschiedene Maßnahmen oder als eine einzige Maßnahme geltend zu machen, trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe könne im vorliegenden Fall nur individuell, Maßnahme für Maßnahme und Gläubiger für Gläubiger festgestellt werden. 81 So betont die Klägerin in ihrer Klageschrift unter Bezugnahme auf Abschnitt 6.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission „[hätte] nachweisen müssen, dass der Abschluss der Vereinbarung in Bezug auf jeden einzelnen Gläubiger dem Staat zuzurechnen war“, und dass „[d]ie von jedem der öffentlichen Gläubiger getroffenen Maßnahmen … einzeln zu beurteilen [waren]“. Zudem macht sie in dem Teil der Klageschrift mit der Überschrift „Die Zurechenbarkeit an den Staat muss für alle betroffenen öffentlichen Gläubiger einzeln geprüft werden“ im Wesentlichen geltend, dass „die Kommission die Zurechenbarkeit für jedes einzelne öffentliche Unternehmen nachweisen [muss]“. 82 Zudem hätte die Kommission nach Ansicht der Klägerin, als sie das Kriterium des privaten Gläubigers angewandt habe, um festzustellen, ob ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege, „[b]ei jeder Maßnahme“ eine „Einzelbewertung jedes betroffenen öffentlichen Unternehmens“ vornehmen müssen. 83 In ihrer Erwiderung macht die Klägerin außerdem geltend, dass die „Zurechenbarkeit an den Staat (sowie alle anderen Tatbestandsmerkmale des Begriffs staatliche Beihilfe, wie etwa der wirtschaftliche Vorteil) … für jede Maßnahme jedes öffentlichen Gläubigers einzeln zu beurteilen [sind]“. 84 In ihrer Beantwortung der prozessleitenden Maßnahme des Gerichts hat die Klägerin im Wesentlichen hinzugefügt, dass es sich in Anbetracht des Gegenstands, der Natur, der zeitlichen Abfolge, des Ziels und des Kontexts der Maßnahmen 1, 2 und 3 sowie der unterschiedlichen Identität der diese Maßnahmen gewährenden Personen und ihrer unterschiedlichen Lage zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Maßnahmen bei diesen Maßnahmen um drei verschiedene Maßnahmen und nicht um eine einzige Maßnahme im Sinne des Urteils vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a. (C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 103 und 104), handle. 85 In ihrer Beantwortung der prozessleitenden Maßnahme des Gerichts hat die Kommission im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils, der sich aus der Verknüpfung der in Rede stehenden Maßnahmen ergebe, nicht bestritten habe, und dass daher jeder von der Klägerin insoweit vorgebrachte neue Klagegrund auch in Beantwortung dieser prozessleitenden Maßnahme verspätet und unzulässig sei. In der Sache wiederholt die Kommission bestimmte in Abschnitt 6.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellungen und vertritt die Ansicht, dass sie darin dargetan habe, dass die in Rede stehenden Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stünden und Teil desselben Ziels seien, nämlich die Klägerin zu unterstützen und auf dem Markt zu halten sowie ihre Mitarbeiter zu schützen, und dass sie daher zusammen der Klägerin einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hätten und eine staatliche Beihilfe darstellten. a) Zur Zulässigkeit des Vorbringens der Klägerin 86 Die Kommission vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass das Vorbringen der Klägerin in ihrer Beantwortung der prozessleitenden Maßnahme des Gerichts zur Einstufung der Maßnahmen 1, 2 und 3 als eine einzelne Maßnahme oder als getrennte Maßnahmen einen unzulässigen neuen Klagegrund darstelle. 87 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffsmittel oder ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits zuvor – unmittelbar oder implizit – in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem aufweist, ist jedoch für zulässig zu erklären (vgl. Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 Wie sich aus den Rn. 81 und 82 oben ergibt, beruhen im vorliegenden Fall sämtliche von der Klägerin in der Klageschrift vorgebrachten Angriffsmittel und Argumente auf der Prämisse, dass zum einen jede der Maßnahmen 1, 2 und 3 Gegenstand einer getrennten Beurteilung sein müsse, und zum anderen, dass diese Beurteilung jeden von diesen Maßnahmen betroffenen Gläubiger einzeln erfassen müsse. Außerdem unterstreicht die Klägerin in ihrer Klageschrift und in ihrer Erwiderung mehrfach, dass die Kommission nachweisen müsse, dass jede dieser Maßnahmen für sich genommen und sodann die Handlungen jedes Gläubigers im Zusammenhang mit jeder dieser Maßnahmen dem Staat zuzurechnen seien und ihr einen Vorteil verschafften. 89 Die bloße Tatsache, dass die Klägerin dieses Vorbringen nicht als gesonderten Klagegrund zur Stützung ihrer Klage vorgetragen hat, ist nicht entscheidend. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Klageschrift in dem Bestreben, ihr zu praktischer Wirksamkeit zu verhelfen, auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung auszulegen (vgl. Urteil vom 29. April 2020, Intercontact Budapest/CdT, T‑640/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:167, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). 90 Unter diesen Umständen ergänzt und vertieft das oben in Rn. 84 zusammengefasste Vorbringen der Klägerin in ihrer Beantwortung der prozessleitenden Maßnahme des Gerichts die bereits in ihrer Klageschrift sowie in ihrer Erwiderung dargelegte Argumentation, so dass es eine Erweiterung dieser Argumentation darstellt und einen engen Zusammenhang mit ihr aufweist. Daher kann dieses Vorbringen nicht als neuer Klagegrund im Sinne von Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung eingestuft werden. 91 Im Übrigen ist die Frage, ob die Maßnahmen 1, 2 und 3 drei verschiedene Maßnahmen oder eine einzige Maßnahme darstellen, eine notwendige Voraussetzung für die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses. Um zu überprüfen, ob es der Kommission gelungen ist, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass die in Rede stehenden Maßnahmen dem Staat zuzurechnen waren und einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil verschafft haben, bedarf es nämlich vorab der Feststellung, ob diese Kriterien für jede Maßnahme getrennt oder für sämtliche Maßnahmen in der Ausgestaltung als eine einzige Maßnahme erfüllt sein müssen. 92 Daraus folgt, dass die Unzulässigkeitseinrede der Kommission zurückzuweisen ist. b) Zur Einstufung der Maßnahmen 1, 2 und 3 als drei verschiedene Maßnahmen oder als eine einzige Maßnahme 93 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 in unmittelbarem Zusammenhang stünden und Teil desselben übergeordneten Ziels seien, wie in der Vereinbarung und den öffentlichen Erklärungen der rumänischen Behörden (im Folgenden: öffentliche Erklärungen) dargelegt worden sei, nämlich die Klägerin zu unterstützen und auf dem Markt zu halten und die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu sichern, und zwar unter Berücksichtigung der Doppelrolle der diese Maßnahmen gewährenden Personen, der zeitlichen Abfolge der Maßnahmen, ihres Ziels und der Situation der Klägerin zum Zeitpunkt der Entscheidung, die einzelnen Maßnahmen umzusetzen. Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme 3 nicht von den Maßnahmen 1 und 2 getrennt werden könne und dass alle drei Maßnahmen eine Reihe miteinander verbundener Maßnahmen darstellten, die dem Staat zuzurechnen seien und der Klägerin gemäß der Vereinbarung einen Vorteil verschafften (Abschnitt 6.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses). 94 Nach der Rechtsprechung kann nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere aufeinanderfolgende Maßnahmen des Staates für die Zwecke der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV als eine einzige Maßnahme zu betrachten sind. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn aufeinanderfolgende Maßnahmen insbesondere in Anbetracht ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Ziels und der Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt dieser Maßnahmen derart eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich unmöglich voneinander trennen lassen (Urteil vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 103 und 104). 95 Zu diesem Zweck muss sich die Kommission auf die Gesamtheit der tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte stützen, wie z. B. zusätzlich zu den oben in Rn. 94 genannten auf den Gegenstand, die Natur und den Kontext der in Rede stehenden Maßnahmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386, Rn. 176 und 178, sowie vom 15. Januar 2015, Frankreich/Kommission, T‑1/12, EU:T:2015:17, Rn. 45 bis 48), die Identität der diese Maßnahmen gewährenden Personen bzw. die ihrer Begünstigten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2015, Frankreich/Kommission, T‑1/12, EU:T:2015:17, Rn. 38, 47 und 48) und die Frage, ob die verschiedenen in Rede stehenden Maßnahmen zum Zeitpunkt der ersten Maßnahme vorgesehen oder vorhersehbar waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. März 2020, Valencia Club de Fútbol/Kommission, T‑732/16, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2020:98, Rn. 169). 96 Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission angesichts der oben in den Rn. 94 und 95 angeführten Kriterien, ohne einen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen konnte, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 eine einzige staatliche Maßnahme darstellten. 1) Zum Gegenstand und zur Natur der Maßnahmen 1, 2 und 3 97 Im angefochtenen Beschluss hat sich die Kommission nicht, zumindest nicht ausdrücklich, mit den Unterschieden oder Ähnlichkeiten des Gegenstands und der Natur der Maßnahmen 1, 2 und 3 befasst. 98 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, der Gegenstand und die Natur der drei in Rede stehenden Maßnahmen seien unterschiedlich. So sei die Maßnahme 1 von der AAAS umgesetzt worden, die als „klassische“ Gläubigerin aufgetreten sei, während die Maßnahme 2 durch das Vorliegen einer technologischen Interdependenz zwischen der Beihilfe gewährenden Person, CET Govora, und dem Begünstigten, nämlich der Klägerin, gekennzeichnet gewesen sei. Was die Maßnahme 3 betreffe, so stelle sie den Höhepunkt des gegen die Klägerin eröffneten Insolvenzverfahrens dar. 99 Es ist der Klägerin beizupflichten, dass Gegenstand und Natur der Maßnahmen 1, 2 und 3 nicht dieselben sind. Die Maßnahme 1 besteht in der Nichtbeitreibung und weiteren Anhäufung von Verbindlichkeiten durch die AAAS. Es handelt sich im Wesentlichen um ein passives Verhalten der AAAS, indem es diese während eines relativ kurzen Zeitraums von vier Monaten unterlassen hat, ihre Forderungen gegenüber der Klägerin zu vollstrecken. Im Übrigen handelte es sich bei der Anhäufung von Forderungen durch die AAAS während dieses Zeitraums nicht um neue, während dieses Zeitraums aufgelaufene Forderungen, sondern nur um eine Anhäufung von Zinsen auf bereits bestehende Forderungen. Die Maßnahme 2 ihrerseits besteht in weiteren unbezahlten Lieferungen von Rohstoffen und in der weiteren Anhäufung von Schulden ohne geeignete Maßnahmen zum Schutz der Forderungen von CET Govora. Die Maßnahme 3 ihrerseits besteht in einem aktiven Verhalten der AAAS, der ANE, von Salrom und Electrica, indem diese einen Teil ihrer Forderungen im Rahmen des Umstrukturierungsplans abschrieben. 100 Somit ist jede dieser Maßnahmen durch einen spezifischen Gegenstand und eine spezifische Natur gekennzeichnet. Außerdem wurde die Maßnahme 2, wie die Klägerin vorträgt und wie insbesondere aus den Erwägungsgründen 246, 248 und 251 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, von CET Govora in einem ganz besonderen Kontext umgesetzt, der durch die zwischen CET Govora und der Klägerin bestehende technologische Interdependenz gekennzeichnet war, da zum einen die Klägerin ein wichtiger Käufer insbesondere des von CET Govora gelieferten Prozessdampfs war und zum anderen die Tätigkeiten von CET Govora von der Lieferung von Brauchwasser durch die Klägerin abhängig waren. Auch die Maßnahme 3 unterscheidet sich durch ihren Gegenstand und ihre Natur von den Maßnahmen 1 und 2, da sie in der teilweisen Abschreibung von Forderungen bestimmter Gläubiger im Rahmen eines Umstrukturierungsplans besteht, was bei den Maßnahmen 1 und 2 nicht der Fall ist. 2) Zu den Personen, die die Maßnahmen 1, 2 und 3 gewährt haben 101 Im 286. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission darauf hingewiesen, „dass diejenigen, die die Maßnahmen gewähren, [zugleich auch über die Umstrukturierung der Klägerin abstimmen]“. 102 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, diejenigen, die die Maßnahmen 1, 2 und 3 gewährt hätten, seien unterschiedliche Personen gewesen und hätten sich bei deren Umsetzung in unterschiedlichen Situationen befunden. 103 Es ist mit der Klägerin darauf hinzuweisen, dass die AAAS im Rahmen der Maßnahme 1 die Beihilfe gewährte, dass im Rahmen der Maßnahme 2 CET Govora die Beihilfe gewährte und dass im Rahmen der Maßnahme 3 die AAAS, die ANE, Salrom und Eletcrica die Beihilfe gewährten. Es handelt sich daher um unterschiedliche Beihilfegewährende mit Ausnahme von AAAS, die bei den Maßnahmen 1 und 3 auftritt. 104 Überdies sind diese verschiedenen Beihilfegewährenden Einrichtungen mit unterschiedlicher Rechtsnatur. Während die AAAS Teil der öffentlichen Verwaltung ist, sind die ANE, Salrom und CET Govora öffentliche Unternehmen und ist Electrica ein Unternehmen, dessen Kapital seit Juli 2014 mehrheitlich von Privatpersonen gehalten wird. 3) Zur zeitlichen Abfolge der Maßnahmen 1, 2 und 3 105 Im 286. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ihre Schlussfolgerung, wonach die drei in Rede stehenden Maßnahmen eine einzige staatliche Maßnahme darstellten, u. a. durch „die zeitliche Abfolge der Maßnahmen“ gerechtfertigt, ohne die Bewertung dieses Kriteriums näher zu erläutern. 106 Die Klägerin macht geltend, dass zwischen der Umsetzung der Maßnahmen 1 und 2 auf der einen und der Maßnahme 3 auf der anderen Seite ein Abstand von beinahe drei Jahren bestanden habe. 107 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Maßnahmen 1 und 2 auf denselben Zeitraum, nämlich die Zeit von September 2012 bis Januar 2013, beziehen. Hingegen fand der teilweise Erlass der Schulden der Klägerin, der Gegenstand der Maßnahme 3 ist, im Jahr 2015 statt (siehe oben, Rn. 7). Während somit die Maßnahmen 1 und 2 zusammenfielen, erfolgte die Maßnahme 3 erst mehr als zwei Jahre später. 108 Im Übrigen deutet nichts im angefochtenen Beschluss oder in der dem Gericht vorliegenden Akte darauf hin, dass die Maßnahme 3 zum Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahmen 1 und 2 vorgesehen oder vorhersehbar war, wobei dieses Kriterium zu den relevanten Kriterien gehört, die die Kommission nach der oben in Rn. 95 angeführten Rechtsprechung berücksichtigen muss. 4) Zum Ziel der Maßnahmen 1, 2 und 3 109 In den Erwägungsgründen 285 und 286 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission behauptet, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 Teil desselben übergeordneten Ziels seien, nämlich die Klägerin zu unterstützen und auf dem Markt zu halten sowie die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu sichern. 110 Die Klägerin macht geltend, die in Rede stehenden Maßnahmen verfolgten nicht dasselbe Ziel. Mit der Maßnahme 1 habe die AAAS das Ziel verfolgt, „Zeit zu gewinnen“, um ihre Situation zu bewerten. Mit der Maßnahme 2 habe CET Govora angesichts der technologischen Interdependenz zwischen ihr und der Klägerin ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen schützen wollen. Mit der Maßnahme 3 hätten die Beihilfegewährenden bezweckt, ihre Forderungen durchzusetzen und gleichzeitig einen Teil davon abzuschreiben, um deren Einziehung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu maximieren. 111 In Bezug auf die Maßnahme 1 ist festzustellen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Prüfung der AAAS im Wesentlichen eine gewisse Passivität während eines relativ kurzen Zeitraums von vier Monaten vorwirft, in dem diese ihre Forderungen gegenüber der Klägerin nicht durchgesetzt habe. Nach Angaben der Klägerin stand das rumänische Recht jedoch einer solchen Beitreibung durch die AAAS entgegen. Unter diesen Umständen erscheint es schwierig, dieser Maßnahme ein klares Ziel zuzuordnen. 112 Was die Maßnahme 2 betrifft, so genügt der Hinweis, dass sie unstreitig insbesondere darauf abzielte, die eigenen wirtschaftlichen Interessen von CET Govora zu schützen und sogar deren Überleben auf dem Markt in einem Kontext zu sichern, der durch die zwischen CET Govora und der Klägerin bestehende technologische Interdependenz gekennzeichnet war, wie oben in Rn. 100 ausgeführt worden ist. 113 Was den Zweck der Maßnahme 3 anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass sie im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgte, im Laufe dessen sowohl öffentliche als auch private Gläubiger für einen Umstrukturierungsplan gestimmt haben, der die teilweise Abschreibung der Forderungen gegenüber der Klägerin durch diese Gläubiger beinhaltete. Mit dieser Abschreibung verfolgten diese Gläubiger das doppelte Ziel der Umstrukturierung der Klägerin und der Einziehung ihrer verbleibenden Forderungen oder eines Teils davon. Somit fiel das Ziel der Maßnahme 3 nicht mit dem der Maßnahmen 1 und 2 zusammen. 5) Zur Situation der Klägerin zum Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahmen 1, 2 und 3 114 Im 286. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ihre Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die drei in Rede stehenden Maßnahmen nur eine einzige Maßnahme darstellten, indem sie auf „die (Finanz- und Risiko‑) Situation des Unternehmens zum Zeitpunkt der Entscheidung, die einzelnen Maßnahmen umzusetzen, d. h. der bevorstehenden Insolvenz“, Bezug nahm. 115 Die Klägerin betont jedoch, dass sich ihre Situation zum Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahme 3 von der Situation zum Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahmen 1 und 2 unterschieden habe, da die Maßnahme 3 im Rahmen des gegen sie eröffneten Insolvenzverfahrens umgesetzt worden sei. 116 Erstens stellt das Gericht fest, dass während des von den Maßnahmen 1 und 2 betroffenen Zeitraums kein Insolvenzverfahren gegen die Klägerin eröffnet wurde. Die Maßnahme 3 erfolgte hingegen im Rahmen des gegen die Klägerin am 30. Januar 2013 eröffneten Insolvenzverfahrens. Die rechtliche Lage, in der sich die Klägerin bei Umsetzung der Maßnahme 3 befand, war somit eine andere als die, in der sie sich bei der Durchführung der Maßnahmen 1 und 2 befand. 117 Zweitens ergibt sich aus den Erwägungsgründen 77 und 78 des angefochtenen Beschlusses, dass sich auch die finanzielle Lage der Klägerin zwischen dem von den Maßnahmen 1 und 2 erfassten Zeitraum und dem Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahme 3 geändert hatte. Während des Insolvenzverfahrens und vor Genehmigung des Umstrukturierungsplans führte die Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen durch, indem sie u. a. beschloss, Mitarbeiter zu entlassen, in der Hauptanlage einen Elektrolyseur auszutauschen und ihre Anlage für Oxo-Alkohole wieder in Betrieb zu nehmen. Diese Maßnahmen hätten es der Klägerin ermöglicht, ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistung zu verbessern, wobei sich ihr Umsatz im Jahr 2015 im Vergleich zum Jahr 2014 um 31 % und im Vergleich zum Jahr 2013 um 59 % erhöht habe und sich auch ihre Erträge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) erhöht hätten. 6) Zum Kontext, in den die Maßnahmen 1, 2 und 3 eingebettet sind 118 In den Erwägungsgründen 285, 288 und 290 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die drei in Rede stehenden Maßnahmen auch wegen des Kontexts, in den sie eingebettet waren, der insbesondere durch das Vorliegen der Vereinbarung und bestimmter öffentlicher Erklärungen der rumänischen Behörden gekennzeichnet sei, in unmittelbarem Zusammenhang stünden und untrennbar miteinander verbunden seien. 119 Die Klägerin macht geltend, weder die Vereinbarung noch die öffentlichen Erklärungen ließen die Annahme zu, dass die in Rede stehenden Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stünden und untrennbar miteinander verbunden seien, da es im Wesentlichen keinen Zusammenhang zwischen der Vereinbarung und diesen Maßnahmen gebe. Die Vereinbarung habe nur einen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen ihren wichtigsten privaten und öffentlichen Gläubigern und Anteilseignern geschaffen und enthalte keine Verpflichtung des Staates oder anderer öffentlicher Stellen, ihr eine staatliche Beihilfe zu gewähren. Diese Vereinbarung enthalte auch keine vertraglichen Verpflichtungen zum Verzicht auf Forderungen. Die öffentlichen Erklärungen ihrerseits belegten auch nicht, dass der Staat ihr gegenüber verbindliche Verpflichtungen eingegangen sei. i) Zur Vereinbarung 120 Erstens ist zunächst festzustellen, dass die Kommission die Vereinbarung nicht als Maßnahme eingestuft hat, die eine staatliche Beihilfe darstellt. Es handelt sich daher nur um einen Aspekt des Kontexts, in den die in Rede stehenden Maßnahmen eingebettet waren. 121 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarung nicht nur von Vertretern der Verwaltung, sondern auch von öffentlichen Unternehmen und von zwei privaten Banken unterzeichnet wurde, die zu den Hauptgläubigern der Klägerin gehörten. Die Kommission behauptet nicht, dass diese Gläubiger vom Staat gezwungen worden wären, diese Vereinbarung zu schließen. Der Umstand, dass sowohl öffentliche als auch private Gläubiger entschieden haben, sie abzuschließen, deutet darauf hin, dass sich bei Abschluss der Vereinbarung zumindest einige Unterzeichner der Vereinbarung von der Wahrung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen hätten leiten lassen können und nicht von dem angeblichen Ziel, die Klägerin zu unterstützen und auf dem Markt zu halten. 122 Drittens ist darauf hinzuweisen, dass bestimmte Personen, die die angeblichen Beihilfemaßnahmen gewährt haben, nämlich CET Govora im Rahmen der Maßnahme 2 und die ANE im Rahmen der Maßnahme 3, nicht Parteien der Vereinbarung sind. 123 Was viertens den Inhalt der Vereinbarung anbelangt, so sah diese im Wesentlichen vor, dass ihre Unterzeichner zur Entwicklung einer Strategie zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der Klägerin und um die Klägerin im Hinblick auf ihre Rentabilität, ihre Zahlungsfähigkeit, ihre Liquidität und ihr Kapital auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen, zusammenarbeiten sollten, mit dem Ziel insbesondere ihre Gläubiger zu schützen und die Umstrukturierung der Klägerin sicherzustellen. Die Vereinbarung enthielt Verpflichtungen der unterzeichnenden Banken, des Staates und der Klägerin, um die Durchführung dieser Strategie sicherzustellen. 124 In keiner Klausel der Vereinbarung ist jedoch ausdrücklich oder implizit von den Maßnahmen 1, 2 oder 3 die Rede. Insbesondere verpflichtet keine Klausel dieser Vereinbarung die AAAS, ihre Forderungen gegenüber der Klägerin nicht zu vollstrecken oder in Bezug auf die Klägerin keine anderen Schritte zu unternehmen, um ihre Forderungen zu schützen, was Gegenstand der Maßnahme 1 ist. Ebenso verpflichtet keine ihrer Klauseln die AAAS, die ANE, Salrom oder Electrica, irgendeinen Schuldenerlass zu akzeptieren, und auch nicht, einem bestimmten Umstrukturierungsplan zuzustimmen, was Gegenstand der Maßnahme 3 ist. Zur Maßnahme 2 kann es mit dem Hinweis ein Bewenden haben, dass die einzige Person, die sie gewährt, nämlich CET Govora, nicht Partei dieser Vereinbarung war. 125 Darüber hinaus sah die Klausel 8.1 der Vereinbarung Folgendes vor: „Keine Bestimmung der vorliegenden Vereinbarung kann als Aufgabe, Einschränkung, Begrenzung oder Aussetzung von Rechten, Vorrechten oder Interessen einer Partei aufgrund von oder im Zusammenhang mit einem Vertrag angesehen werden, dessen Partei sie ist, oder die sich aus dem geltenden Recht ergeben könnte. Um jede Mehrdeutigkeit zu vermeiden, vereinbaren die Parteien, dass die vorliegende Vereinbarung nicht als Moratorium für die Aussetzung von Zahlungen oder die Umstrukturierung und auch nicht als Verpflichtung der Banken, von Electrica oder [der AAAS] angesehen werden kann, einer Umschuldung oder anderen Umstrukturierungsmaßnahmen zuzustimmen oder Finanzmittel bereitzustellen, einen Schuldenerlass, eine Aussetzung von Zahlungen oder andere ähnliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Oltchim durchzuführen.“ 126 Somit wird in dieser Klausel der Vereinbarung ausdrücklich festgelegt, dass diese, „[u]m jede Mehrdeutigkeit zu vermeiden“, ihren Unterzeichnern weder vorschrieb, auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin zu verzichten, noch, irgendeinen Umstrukturierungsplan zu akzeptieren, noch ganz allgemein auf irgendwelche vertraglichen oder sonstigen Rechte gegenüber der Klägerin zu verzichten. 127 Fünftens geht aus den Feststellungen der Kommission im angefochtenen Beschluss hervor, dass die angeblichen Auswirkungen der Vereinbarung in Wirklichkeit hinsichtlich jeder der drei in Rede stehenden Maßnahmen und jeder Person, die angeblich eine Beihilfe gewährt hat, unterschiedlich waren. Die folgenden Beispiele veranschaulichen dies. Ausweislich des 231. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses hinderte bei der Maßnahme 1 die Tatsache, dass Electrica die Vereinbarung unterzeichnet hat, dieses Unternehmen gleichwohl nicht, ab November 2012 Maßnahmen zur Beitreibung seiner Forderungen zu ergreifen, anders als die AAAS, die die Vereinbarung ebenfalls unterzeichnet hatte. Bei der Maßnahme 2 hinderte die Tatsache, dass Salrom die Vereinbarung unterzeichnet hat, wie die Klägerin vorträgt und wie sich aus den Erwägungsgründen 255 bis 257 und 263 des angefochtenen Beschlusses ergibt, auch diese nicht daran, sich wie ein privater Gläubiger zu verhalten, was die Kommission zu der Schlussfolgerung veranlasst hat, dass Salrom der Klägerin keine staatliche Beihilfe im Rahmen der Maßnahme 2 gewährt habe. Was die Maßnahme 3 angeht, genügt der Hinweis, dass – wie Fn. 84 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist – CFR Marfă, ein öffentliches Unternehmen, das Vertragspartei der Vereinbarung ist, gegen die Genehmigung des Umstrukturierungsplans gestimmt hat. 128 In Anbetracht des Inhalts der Vereinbarung und des Verhaltens ihrer verschiedenen Unterzeichner im Rahmen der Maßnahmen 1, 2 und 3 zeigt sich mithin zum einen, dass die Vereinbarung nur eine begrenzte Auswirkung auf die Tragweite dieser Maßnahmen hatte, und zum anderen, dass ihre möglichen Auswirkungen auf jede dieser Maßnahmen nicht die gleichen waren. 129 Diese Schlussfolgerung wird nicht durch den von der Kommission hervorgehobenen Umstand in Frage gestellt, dass die Vereinbarung von Vertretern dreier Ministerien unterzeichnet und vom Premierminister genehmigt wurde. Wie die Klägerin geltend macht, befand sie sich zum maßgeblichen Zeitpunkt mehrheitlich im Eigentum des Staates und war sie selbst Partei der Vereinbarung, so dass sich die Unterzeichnung der Vereinbarung durch hochrangige Staatsbeamte aus dem Rechtsrahmen zu ergeben scheint, der die Organisation und die Funktionsweise ihrer wichtigsten staatlichen Anteilseigner regelt. Jedenfalls ändert dieser Umstand nichts am Inhalt der Vereinbarung und hat – wie oben in Rn. 127 ausgeführt worden ist – die verschiedenen Unterzeichner dieser Vereinbarung auch nicht daran gehindert, im Rahmen der in Rede stehenden Maßnahmen jeweils unterschiedlich und nicht koordiniert zu handeln. ii) Zu den öffentlichen Erklärungen 130 Im 285. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission unter Verweis auf weitere Erwägungsgründe dieses Beschlusses auch auf mehrere öffentliche Erklärungen der rumänischen Behörden Bezug genommen, um darzutun, dass die drei in Rede stehenden Maßnahmen Teil einer Gesamtstrategie waren, die darauf abzielten, die Klägerin am Laufen zu halten und ihre Liquidation zu verhindern. 131 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die öffentlichen Erklärungen nicht als Maßnahmen eingestuft hat, die staatliche Beihilfen darstellen. 132 Somit ist zu prüfen, ob die öffentlichen Erklärungen als Aspekte des Kontexts geeignet sind, zu belegen, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 derart eng miteinander verknüpft waren, dass sie sich unmöglich voneinander trennen ließen, so dass sie als eine einzige staatliche Beihilfe anzusehen waren. 133 Die Kommission hat auf folgende Erklärungen Bezug genommen: – eine Erklärung des rumänischen Premierministers in einem Presseartikel vom 1. Oktober 2012, in dem er insbesondere erklärt habe, dass er „heute den Reserveplan für die Wiederaufnahme der Tätigkeit, die Rettung von Arbeitsplätzen und die Vorbereitung eines neuen Privatisierungsverfahrens unter sehr unterschiedlichen, erheblich verbesserten Bedingungen darlegen [muss]“, dass „[d]er Plan zur Wiederbelebung von Oltchim“ in Kürze vorgelegt werde, dass die Behörden zu diesem Zweck mit allen Hauptgläubigern des Unternehmens offizielle Gespräche aufnehmen würden (27. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung kündigt den Beginn von Gesprächen an, die zur Annahme der Vereinbarung ungefähr eineinhalb Monate später führten. Sie hat daher gegenüber der Vereinbarung selbst keinen eigenständigen Inhalt; – eine Erklärung des Staatssekretärs des Wirtschaftsministeriums vom 17. Oktober 2012, in der er angekündigt habe, dass die Klägerin teilweise ihren Betrieb wieder aufnehmen werde und dass die Regierung beabsichtige, ihr eine Rettungsbeihilfe zu gewähren (28. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Diese „Rettungsbeihilfe“ wurde jedoch nicht gewährt und ist jedenfalls nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses; – eine Erklärung des Wirtschaftsministers vom 15. November 2012, in der er im Wesentlichen erklärt habe, dass „[e]ine Insolvenz … ausgeschlossen [ist], solange wir uns mit den Hauptgläubigern [von Oltchim] einigen können“, und den Abschluss einer Vereinbarung angekündigt habe, die acht Tage später unterzeichnet worden sei und deren Ziel gemäß dieser Erklärung „die kontrollierte Wiederbelebung, Rettung und Umstrukturierung von Oltchim mit Zustimmung der Gläubiger“ sei (30. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zum einen ist die Wirkung dieser Erklärung begrenzt, da entgegen der Ankündigung dieses Ministers etwa zwei Monate später das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Zum anderen wird in dieser Erklärung nur die Unterzeichnung der Vereinbarung angekündigt und hat gegenüber dieser daher keinen eigenständigen Inhalt; – Erklärungen der Gewerkschaftsführer der Beschäftigten der Klägerin (204. Erwägungsgrund Buchst. b und Fn. 72 des angefochtenen Beschlusses). Da es sich dabei jedoch nicht um Erklärungen von Vertretern des Staates handelt, sind sie irrelevant; – einen Presseartikel vom 26. Januar 2013, in dem erwähnt werde, dass der ehemalige Wirtschaftsminister über die Folgen des Scheiterns der Privatisierung der Klägerin gesprochen und u. a. ausgeführt habe, dass der „Eintritt in die Insolvenz von Oltchim [eine] Chance zur Umstrukturierung und Kapitalisierung tragfähiger Teile“ sei (204. Erwägungsgrund Buchst. c des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung enthält keine Verpflichtung des Staates; – einen Presseartikel vom 29. März 2013, wonach der rumänische Premierminister im Wesentlichen angegeben habe, dass die Kommission die Gewährung einer staatlichen Beihilfe an die Klägerin nicht genehmigen werde, dass diese daher eine Finanzierung durch die Banken und die Händler finden müsse und dass die Regierung ein Interesse daran habe, dass „Arbeitsplätze erhalten bleiben“ (204. Erwägungsgrund Buchst. d des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung deutet entgegen dem Vorbringen der Kommission darauf hin, dass der betreffende Mitgliedstaat nicht die Absicht hatte, der Klägerin eine staatliche Beihilfe zu gewähren. Was die Tatsache angeht, dass die Regierung „ein Interesse daran hatte“, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben, sieht das Gericht darin weder einen möglichen Vorwurf noch einen Anhaltspunkt für den Willen des Staates, der Klägerin eine Beihilfe zu gewähren; – eine Erklärung des Wirtschaftsministers vom März 2013, in der er angab, dass er es vorziehe, für die Klägerin einen strategischen Investor zu finden, was wichtiger sei als der Verkaufspreis (204. Erwägungsgrund Buchst. e des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung enthält keine Verpflichtung seitens der rumänischen Behörden; – eine Erklärung des Wirtschaftsministers vom 30. Mai 2013, in der er gesagt habe, dass „Oltchim über seine Marke hinaus eine bedeutende Anzahl von Patenten im Wert von mehreren Millionen Euro hält“ und dass „die Zerstörung dieses Unternehmens der Zerstörung eines Schatzamtes für geistiges Eigentum gleichkäme“ (204. Erwägungsgrund Buchst. f des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung hat jedoch keinen Bezug zu den in Rede stehenden Maßnahmen; – eine Erklärung des Wirtschaftsministers vom 9. Juli 2013, in der er u. a. bekräftigt habe, „dass es Lösungen zur Rettung des Unternehmens gibt“, dass das Problem der Klägerin eine Frage „des Stolzes und der nationalen Würde“ sei und dass „sich eine Rettung des Unternehmens lohnt“ (204. Erwägungsgrund Buchst. g des angefochtenen Beschlusses). Wenngleich diese Erklärung den Eindruck erweckt, dass die rumänischen Behörden die Klägerin hätten „retten“ wollen, handelt es sich dabei lediglich um eine Erklärung politischer Natur, mit der die Beschäftigten und ganz allgemein die Öffentlichkeit beruhigt werden sollte. Zudem enthält diese Erklärung keine klare, bestimmte, konkrete und feste Verpflichtung der rumänischen Behörden, die Annahme des Umstrukturierungsplans zu erreichen, dessen Umrisse zum Zeitpunkt dieser Erklärung noch nicht bekannt waren; – eine Erklärung des Wirtschaftsministers vom September 2013, in der dieser im Wesentlichen angekündigt habe, dass die Gläubiger der Klägerin in Kürze „eine Finanzierung“ genehmigen würden, dass diese Kredite von Privatbanken erhalten werde und dass „Oltchim Nr. 2“„Ende September“ ein schuldenfreies Unternehmen sein werde (204. Erwägungsgrund Buchst. h des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung bezieht sich offenbar auf eine private Finanzierung und enthält keine klare, bestimmte, konkrete und feste Verpflichtung des Staates. Im Übrigen ist die Tatsache, dass sich dieser Minister „gegen die Liquidation großer staatlicher Unternehmen“ ausgesprochen hat, auch lediglich eine Erklärung politischer Natur ohne klare Verpflichtung des Staates; – eine Erklärung des rumänischen Premierministers vom 19. Februar 2014, in der er den neu ernannten Wirtschaftsminister gedrängt habe, sich des „Oltchim-Problems“ anzunehmen, und hinzugefügt habe, er wolle „vermeiden, dass die Situation aufgrund der Unfähigkeit von Seiten der Politik explodiert“ (204. Erwägungsgrund Buchst. i des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung ist sehr allgemein gehalten; – Erklärungen des Wirtschaftsministers aus dem Jahr 2014, wonach die Klägerin „ein Unternehmen von nationalem und strategischem Interesse“ sei, auch ein „Interesse der Investoren an der Übernahme der Raffinerie Arpechim“ bestehe und es „niemals zur Schließung von Oltchim kommen“ werde (204. Erwägungsgrund Buchst. j des angefochtenen Beschlusses). Die letztgenannte Erklärung könnte zwar darauf hindeuten, dass die rumänischen Behörden die Schließung der Klägerin verhindern wollten, doch ist diese Erklärung nicht hinreichend spezifisch und konkret. 134 Im Übrigen reicht die bloße Tatsache, dass die öffentlichen und privaten Gläubiger die öffentlichen Erklärungen der Verantwortlichen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen, nicht für den Nachweis aus, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 so eng miteinander verknüpft waren, dass sie sich unmöglich voneinander trennen ließen. 135 Was konkret die am 9. März 2015 umgesetzte Maßnahme 3 betrifft, wurden diese verschiedenen öffentlichen Erklärungen zudem ungefähr ein oder zwei Jahre vorher abgegeben, wobei der Zeitpunkt, der dem Zeitpunkt dieser Maßnahme am nächsten kommt, der 3. Juni 2014 ist, also ungefähr neun Monate vor der Umsetzung dieser Maßnahme liegt. Auch wenn diese Erklärungen als Aspekte des Kontexts berücksichtigt werden können, ist angesichts der Zeit, die zwischen ihnen und dem Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahme 3 vergangen ist, mithin nicht erwiesen, dass sie mit dieser Maßnahme in einem hinreichend engen Zusammenhang standen. 136 Die Kommission konnte daher diese Erklärungen zwar zu Recht als einen Aspekt des Kontexts berücksichtigen, in den die Maßnahmen 1, 2 und 3 eingebettet waren, doch lässt sich ihrem Inhalt nicht entnehmen, dass die Maßnahmen 1, 2 und 3 so eng miteinander verknüpft waren, dass sie sich unmöglich voneinander trennen ließen, so dass sie als eine einzige staatliche Beihilfe anzusehen wären. 7) Ergebnis 137 Unter Berücksichtigung aller Kriterien, die in der oben in den Rn. 94 und 95 angeführten Rechtsprechung vorgesehen sind, insbesondere des Gegenstands und der Natur der Maßnahmen 1, 2 und 3, der unterschiedlichen Identität derjenigen, die sie gewährten, der zeitlichen Abfolge dieser Maßnahmen, der Tatsache, dass sie zum Zeitpunkt der ersten Maßnahme nicht vorgesehen oder vorhersehbar waren, ihres Ziels, der Situation der Klägerin zum Zeitpunkt der Durchführung der jeweiligen Maßnahme sowie des Kontexts, in den sie eingebettet waren, ist der Schluss zu ziehen, dass die in Rede stehenden Maßnahmen entgegen der Feststellung der Kommission in Abschnitt 6.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses nicht so eng miteinander verknüpft waren, dass sie sich unmöglich hätten voneinander trennen lassen. Folglich sind die Maßnahmen 1, 2 und 3 für die Zwecke der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV als drei verschiedene Maßnahmen anzusehen. 2. Zur Einstufung der in Rede stehenden Maßnahmen als staatliche Beihilfen 138 Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Einstufung einer Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass sämtliche folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil verschafft werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2020, Eco TLC, C‑556/19, EU:C:2020:844, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). 139 Im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen obliegt es grundsätzlich der Kommission, im angefochtenen Beschluss den Beweis für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zu erbringen. Sie hat nämlich nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt sind (vgl. Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 194 und 196 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 140 Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin nicht, dass bei den Maßnahmen 1 und 2 staatliche Mittel zum Einsatz kommen und dass sie dem Staat zuzurechnen sind. Sie stellt hingegen in Abrede, dass diese Voraussetzung bei Maßnahme 3 erfüllt sei. Zudem meint sie, dass keine der in Rede stehenden Maßnahmen ihr einen Vorteil verschaffe. a) Zum Vorliegen einer Übertragung staatlicher Mittel im Rahmen der Maßnahme 3 und zur Zurechenbarkeit dieser Maßnahme an den Staat 141 In Abschnitt 6.1.1.3 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass die Abschreibung eines Teils ihrer Forderungen durch die AAAS, Electrica, Salrom, CET Govora bzw. die ANE im Rahmen des Umstrukturierungsplans eine Übertragung staatlicher Mittel darstelle und dem Staat zuzurechnen sei. 142 Die Klägerin macht im Wesentlichen erstens geltend, dass die teilweise Abschreibung der Forderungen von Electrica im Rahmen der Maßnahme 3 keine Übertragung staatlicher Mittel darstelle, und zweitens, dass die Maßnahme 3 insgesamt nicht dem Staat zuzurechnen sei. 1) Zur Frage, ob die teilweise Abschreibung der Forderungen von Electrica im Rahmen des Umstrukturierungsplans eine Übertragung staatlicher Mittel darstellt 143 Die Klägerin macht geltend, Electrica, die bis dahin ein öffentliches Unternehmen gewesen sei, sei im Juli 2014 privatisiert worden, so dass sie ab diesem Zeitpunkt kein unter dem beherrschenden Einfluss des Staates stehendes öffentliches Unternehmen mehr gewesen sei. Die Mittel von Electrica seien daher keine staatlichen Mittel gewesen, so dass die Abschreibung eines Teils ihrer Forderungen gegenüber der Klägerin keine Übertragung staatlicher Mittel dargestellt habe. 144 Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, die Frage, ob Electrica ein öffentliches Unternehmen gewesen sei, sei im vorliegenden Fall irrelevant, da Rumänien bei der Durchführung der Maßnahme 3 und bei der Wahl der Modalitäten zu ihrer Finanzierung eine wesentliche Rolle gespielt habe. 145 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass seit Juli 2014 die Mehrheit der Beteiligungen an Electrica von privaten Anteilseignern gehalten werde und der Staat nur 48,78 % ihres Kapitals halte. 146 Der angefochtene Beschluss enthält keinen weiteren Grund in Bezug auf die Lage von Electrica nach ihrer Privatisierung, der erklären könnte, warum die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass die teilweise Abschreibung der Forderungen von Electrica im Rahmen der Maßnahme 3 eine Übertragung staatlicher Mittel darstelle. 147 Nach der Rechtsprechung müssen Vergünstigungen, damit sie als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden (vgl. Urteil vom 13. September 2017, ENEA, C‑329/15, EU:C:2017:671, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). Durch den Begriff der Maßnahme „aus staatlichen Mitteln“ sollen nicht nur unmittelbar vom Staat gewährte Vorteile, sondern auch Vorteile einbezogen werden, die durch von ihm zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtungen gewährt werden (vgl. Urteil vom 9. November 2017, Viasat Broadcasting UK/TV2/Danmark, C‑657/15 P, EU:C:2017:837, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit erfasst Art. 107 Abs. 1 AEUV sämtliche Geldmittel, die die öffentlichen Stellen zur Unterstützung der Unternehmen verwenden können, ohne dass es darauf ankommt, dass diese Mittel dauerhaft zum Vermögen des Staates gehören. Auch wenn die der Beihilfemaßnahme entsprechenden Beträge nicht auf Dauer dem Staat gehören, genügt der Umstand, dass sie ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen, damit sie als „staatliche Mittel“ qualifiziert werden können (vgl. Urteil vom 15. Mai 2019, Achema u. a., C‑706/17, EU:C:2019:407, Rn. 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 17. Juli 2008, Essent Netwerk Noord u. a., C‑206/06, EU:C:2008:413, Rn. 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. September 2017, ENEA, C‑329/15, EU:C:2017:671, Rn. 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 148 Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission die Behauptung der Klägerin nicht, wonach Rumänien ab Juli 2014 nicht mehr die Mehrheit der Stimmrechte bei Electrica kontrolliert habe, nicht die Mehrheit der Mitglieder der Verwaltungs‑, Leitungs- oder Aufsichtsorgane dieses Unternehmens habe ernennen können und nach der Satzung dieses Unternehmens über keine besonderen Rechte verfügt habe, die es ihm ermöglicht hätten, die Entscheidungen dieser Gesellschaft zu kontrollieren. 149 Aus den dem Gericht vorliegenden Akten ergibt sich an keiner Stelle, dass die im Rahmen der Maßnahme 3 verwendeten Mittel von Electrica ständig unter staatlicher Kontrolle standen und somit im Sinne der oben in Rn. 147 angeführten Rechtsprechung den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung standen. 150 Die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen wie Electrica im Jahr 2012 die Vereinbarung unterzeichnet hat (203. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), bedeutet nicht, dass seine Mittel unter staatlicher Kontrolle standen. Jedenfalls kontrollierte der Staat bei der Durchführung der Maßnahme 3 im Jahr 2015 die Mittel von Electrica nicht mehr. 151 Ebenso bedeutet der Umstand, dass ein privates Unternehmen öffentliche Erklärungen der Behörden berücksichtigen kann (205. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), wenn es über sein Marktverhalten entscheidet, in Ermangelung weiterer entsprechender konkreter Anhaltspunkte keineswegs, dass sich seine Mittel unter staatlicher Kontrolle befänden oder dem Staat zur Verfügung stünden. 152 Im Übrigen ist der von der Kommission hervorgehobene Umstand, dass die im Rahmen der Maßnahme 3 in Rede stehenden Forderungen von Electrica vor ihrer Privatisierung entstanden seien, irrelevant, da zum einen die vor der Privatisierung eines Unternehmens bestehenden Schulden und Forderungen üblicherweise auf den Kaufpreis dieses Unternehmens abgewälzt werden und zum anderen die Entscheidung von Electrica, den Umstrukturierungsplan zu genehmigen, im Jahr 2015, d. h. nach ihrer Privatisierung, getroffen wurde. 153 Ebenso bedeutet der Umstand, dass der Staat nach der Privatisierung von Electrica 48,78 % ihres Eigenkapitals hielt und dass er deshalb nach Ansicht der Kommission weiterhin ein „hohes Maß an Einfluss“ auf die Geschäftspolitik von Electrica besaß, in Ermangelung weiterer entsprechender konkreter Anhaltspunkte nicht, dass deren Mittel im Sinne der oben in Rn. 147 angeführten Rechtsprechung ständig unter staatlicher Kontrolle standen oder dem Staat zur Verfügung standen. Vielmehr legt die Analyse in den Rn. 148 bis 152 nahe, dass der Staat trotz seiner zwar bedeutenden, jedoch minderheitlich gewordenen Beteiligung am Kapital von Electrica über keinen Mechanismus verfügte, der es ihm ermöglichte, die Art und Weise zu kontrollieren, in der dieses Unternehmen seine Mittel im Rahmen der Maßnahme 3 verwaltete. 154 Schließlich kann sich die Kommission auch nicht auf das Urteil vom 27. September 2012, Frankreich/Kommission (T‑139/09, EU:T:2012:496), berufen. In jenem Urteil ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die zugunsten bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugerorganisationen erlassenen Beihilfemaßnahmen, die zum Teil durch freiwillige private Beiträge finanziert wurden, im Wesentlichen deshalb zu einer Übertragung staatlicher Mittel führten, weil die französischen Behörden einseitig über die durch die Beihilferegelung finanzierten Maßnahmen und die Modalitäten ihrer Durchführung entschieden, während den durch die Maßnahmen Begünstigten allein die Befugnis zustand, sich an dem in dieser Weise vom Staat festgelegten System zu beteiligen oder nicht, indem sie die Zahlung der von Letzterem festgesetzten Beiträge entweder akzeptierten oder ablehnten. Im Unterschied zu jener Rechtssache hat die Kommission jedoch im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen, dass die rumänischen Behörden einseitig entschieden hätten, wie die Mittel von Electrica im Rahmen der Maßnahme 3 zu verwenden waren. 155 In Bezug auf Electrica Furnizare, eine weitere Gläubigerin der Klägerin, deren Anteile zwischen 2011 und 2017 mehrheitlich von Electrica gehalten wurden, genügt die Feststellung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss das Verhalten dieser Gesellschaft nicht als Maßnahme eingestuft hat, die eine staatliche Beihilfe darstellt, so dass das diesbezügliche Vorbringen der Parteien für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses unerheblich ist. 156 Nach alledem ist es der Kommission nicht gelungen, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass die Maßnahme 3 hinsichtlich der teilweisen Abschreibung der Forderungen von Electrica eine Übertragung staatlicher Mittel darstellte, und folglich auch nicht, dass sie eine staatliche Beihilfe darstellte, weil sie über Electrica gewährt wurde. 2) Zur Zurechenbarkeit des restlichen Teils der Maßnahme 3 an den Staat 157 Die Klägerin macht geltend, der restliche Teil der Maßnahme 3, d. h. die teilweise Abschreibung der Forderungen der AAAS, von Salrom, CET Govora und der ANE im Rahmen des Umstrukturierungsplans, seien dem Staat nicht zuzurechnen. 158 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie macht geltend, sie habe im angefochtenen Beschluss in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass die Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen sei. 159 Im angefochtenen Beschluss ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen sei, weil erstens der Umstrukturierungsplan nach rumänischem Insolvenzrecht ohne die Zustimmung der AAAS oder von CET Govora nicht hätte genehmigt werden können (201. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zweitens sei dieser Plan von dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter aufgestellt worden, der eine staatliche Instanz sei (202. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Drittens sei dieser Plan dank der öffentlichen und privaten Gläubiger gebilligt worden, die im November 2012 die Vereinbarung unterzeichnet hätten, die das vom Staat eingesetzte Mittel gewesen sei, um die Klägerin auf dem Markt zu halten und um die für die Annahme des Umstrukturierungsplans erforderliche Mehrheit innerhalb der Gläubigerversammlung zu gewährleisten (Erwägungsgründe 202, 203 und 205 bis 210 des angefochtenen Beschlusses). Viertens sei die Absicht des Staates, die Klägerin auf dem Markt zu halten, durch die öffentlichen Erklärungen bestätigt worden (204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Fünftens habe die Kommission einige spezifischere Aspekte angeführt, die die Zurechenbarkeit des Verhaltens der ANE an den Staat im Rahmen der Maßnahme 3 belegten (Erwägungsgründe 212 bis 217 des angefochtenen Beschlusses). 160 Nach der Rechtsprechung müssen Vergünstigungen, damit sie als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, dem Staat zuzurechnen sein (vgl. Urteil vom 13. September 2017, ENEA, C‑329/15, EU:C:2017:671, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Vorteil, wenn er von einer Behörde gewährt wird, definitionsgemäß dem Staat zuzurechnen ist, auch wenn die fragliche Behörde gegenüber anderen Behörden rechtlich unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 1996, Air France/Kommission, T‑358/94, EU:T:1996:194, Rn. 62). 161 Da im vorliegenden Fall Art. 1 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses die Maßnahme 3 als Schuldenerlass, dem bestimmte Gläubiger „auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans“ zustimmten, definiert hat, ist zu prüfen, ob dieser Plan, dessen Billigung durch die Gläubiger der Klägerin zum teilweisen Erlass ihrer Schulden geführt hat, insgesamt im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dem Staat zuzurechnen war. 162 Es ist nämlich festzustellen, dass der teilweise Erlass bestimmter Schulden im Rahmen der Maßnahme 3 kein einseitiger Erlass war, der von jedem der in Rede stehenden Gläubiger gesondert beschlossen wurde, sondern ein kollektiver Erlass, der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgte, für das besondere rechtliche Regeln gelten, insbesondere was die in der Gläubigerversammlung für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans erforderliche Mehrheit betrifft. Mit anderen Worten konnte die einzelne Stimme eines Gläubigers für den Plan nicht zur Genehmigung dieses Plans führen, es sei denn, seine Forderungen erfüllten für sich genommen die rechtlichen Anforderungen an die hierfür erforderliche Mehrheit. 163 Es ist auch festzustellen, dass die Liste der Gläubiger eine Vielzahl von sowohl öffentlichen als auch privaten Gläubigern umfasste und dass die Stimmen für diesen Plan sowohl von öffentlichen als auch von privaten Gläubigern stammten. 164 Um festzustellen, ob die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Umstrukturierungsplan dem Staat zuzurechnen war, ist daher unter diesen Umständen in einem ersten Schritt zu prüfen, ob das Votum der AAAS, der ANE, von Salrom und von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war. In einem zweiten Schritt wird festzustellen sein, ob die Gläubiger, deren Votum für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war, nach nationalem Recht gemeinsam die erforderliche Mehrheit hatten, um diesen Plan zu genehmigen. i) Zur Zurechenbarkeit des Votums der AAAS, von Salrom, von CET Govora und der ANE an den Staat – Zur Zurechenbarkeit des Votums der AAAS an den Staat 165 Aus den Erwägungsgründen 186, 187 und 201 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Kommission u. a. deshalb der Auffassung war, dass das Votum der AAAS dem Staat zurechenbar sei, weil die AAAS Teil der öffentlichen Verwaltung und der Regierung unterstellt gewesen sei. 166 Diese Schlussfolgerung wird von der Klägerin nicht bestritten. – Zur Zurechenbarkeit des Votums von Salrom an den Staat 167 Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss enthalte keine Beurteilung der Frage, ob das Votum von Salrom für den Umstrukturierungsplan dem Staat zuzurechnen sei. Die Tatsache, dass der Staat die Mehrheit der Anteile von Salrom halte, dass er Vertreter in deren Vorstand ernannt habe und dass der jährliche Haushalt von Salrom vom Staat zu genehmigen sei, reiche zwar aus, um darzutun, dass Salrom ein öffentliches Unternehmen sei, nicht aber für den Nachweis, dass ihr Votum für die Genehmigung dieses Plans dem Staat zuzurechnen sei. 168 Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, die Zurechenbarkeit der Stimme von Salrom an den Staat ergebe sich aus dem „hohen Maß staatlicher Eingriffe bei der Festlegung der Maßnahme und ihrer Finanzierungsmodalitäten“, insbesondere aus der Vereinbarung und den öffentlichen Erklärungen. 169 Erstens stellt das Gericht fest, dass es die Kommission in dem der Zurechenbarkeit der Maßnahme 3 an den Staat gewidmeten Abschnitt 6.1.1.3 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 201 bis 218) unterlassen hat, zu prüfen, ob die Stimme von Salrom, einer Gläubigerin und Lieferantin u. a. von Salzlösung an die Klägerin, dem Staat zuzurechnen war. Dieser Abschnitt enthält nämlich nur zwei Bezugnahmen auf Salrom, eine in Fn. 70 des angefochtenen Beschlusses, in der lediglich darauf hingewiesen wird, dass Salrom einer der Unterzeichner der Vereinbarung war, und die andere im 218. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, mit dem dieser Abschnitt des angefochtenen Beschlusses abgeschlossen wird und in dem die Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass die Gewährung der Maßnahme 3 u. a. durch Salrom dem Staat zuzurechnen sei. In diesem Abschnitt nimmt die Kommission allgemein, und ohne Salrom speziell zu erwähnen, Bezug auf die Unterzeichnung der Vereinbarung durch bestimmte Gläubiger der Klägerin und auf die öffentlichen Erklärungen, um die Zurechenbarkeit der Maßnahme 3 an den Staat zu begründen. 170 Insoweit ist unstreitig, dass Salrom bei Umsetzung der Maßnahme 3 ein öffentliches Unternehmen war. Nach der Rechtsprechung ist es jedoch nicht möglich, die Zurechenbarkeit einer Maßnahme an den Staat allein daraus abzuleiten, dass sie von einem öffentlichen Unternehmen getroffen wurde. Auch wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, kann nämlich nicht ohne Weiteres vermutet werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird, wobei nicht verlangt werden kann, dass auf der Grundlage einer genauen Anweisung nachgewiesen wird, dass die Behörden das öffentliche Unternehmen konkret veranlasst haben, die fragliche Beihilfemaßnahme zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C‑482/99, EU:C:2002:294, Rn. 51 bis 53). 171 Bei Vorteilen, die von öffentlichen Unternehmen gewährt werden, muss geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren, wobei die Zurechenbarkeit an den Staat aus einem Komplex von Indizien abgeleitet werden kann, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist. Insoweit hat der Gerichtshof bereits berücksichtigt, dass die fragliche Einrichtung die beanstandete Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung zu tragen, oder dass, abgesehen von organisationsrechtlichen Faktoren, die die öffentlichen Unternehmen mit dem Staat verbunden haben, diese Unternehmen, über die die Beihilfen gewährt worden waren, die Richtlinien einer öffentlichen Einrichtung zu beachten hatten. Weitere Indizien sind gegebenenfalls von Bedeutung, um auf die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat schließen zu können, wie insbesondere seine Eingliederung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung oder jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist, wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind (Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C‑482/99, EU:C:2002:294, Rn. 52, 55 und 56). 172 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 6.1.1.3 des angefochtenen Beschlusses abgesehen von der Feststellung, dass es die Vereinbarung und die öffentlichen Erklärungen gibt, keine Indizien wie die oben in Rn. 171 angeführten genannt hat, die die Feststellung erlauben, dass das Verhalten von Salrom im Rahmen der Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen ist. 173 Zu dem Umstand, dass Salrom die Vereinbarung unterzeichnet hat, ist mit der Klägerin zum einen festzustellen, dass diese ausdrücklich vorsah, dass ihre Unterzeichner keine Verpflichtung hatten, auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin zu verzichten, einen bestimmten Umstrukturierungsplan zu akzeptieren, noch ganz allgemein auf irgendwelche vertraglichen oder sonstigen Rechte gegenüber der Klägerin zu verzichten, so dass diese Vereinbarung Salrom keine Verpflichtung im Rahmen des Umstrukturierungsplans auferlegt hat. 174 Zum anderen lässt nichts im angefochtenen Beschluss erkennen, warum die Vereinbarung eine entscheidende Rolle für das Verhalten von Salrom im Rahmen der Maßnahme 3 gespielt haben soll. Vielmehr deutet das Verhalten dieses Unternehmens im Rahmen der Maßnahme 2 darauf hin, dass dies nicht der Fall war, wie oben aus Rn. 127 hervorgeht. 175 Gleiches gilt für die öffentlichen Erklärungen, wie oben in den Rn. 134 und 136 ausgeführt worden ist. 176 Zweitens hat die Kommission zwar in dem der Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 an den Staat gewidmeten Abschnitt 6.1.1.2 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 188 bis 200) ausgeführt, dass Rumänien 51 % der Anteile von Salrom halte, dass es seine Vertreter im Vorstand ernannt habe und dass der jährliche Haushalt von Salrom vom Staat zu genehmigen sei, wobei diese Vorabgenehmigung u. a. die Beträge betreffe, die den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an Kunden (z. B. die Klägerin) entsprächen (Erwägungsgründe 191 und 192 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hat jedoch hervorgehoben, dass nicht der Schluss gezogen werden dürfe, dass das Verhalten von Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 dem Staat zuzurechnen sei, da diese Maßnahme im Wesentlichen deshalb keine durch Salrom gewährte Beihilfe darstelle, weil sich Letztere wie ein privater Gläubiger verhalten habe (Erwägungsgründe 193 und 263 des angefochtenen Beschlusses). 177 Da sich die Maßnahme 2 jedoch auf den Zeitraum zwischen September 2012 und Januar 2013 bezieht, kann nur festgestellt werden, dass der angefochtene Beschluss nichts enthält, was belegen könnte, dass diese Umstände 2015 bei Umsetzung der Maßnahme 3 noch aktuell waren. Bei der Prüfung, ob das Kriterium der Zurechenbarkeit erfüllt ist, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Maßnahme getroffen wurde (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 2. Juli 2015, Frankreich und Orange/Kommission, T‑425/04 RENV und T‑444/04 RENV, EU:T:2015:450, Rn. 221 und 229). 178 Selbst wenn man annimmt, dass alle diese Umstände im Jahr 2015 noch aktuell waren, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Verhalten von Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 dem Staat zuzurechnen sei. Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, wie die Kommission diese Umstände bewertet hat, und insbesondere, ob sie ausgereicht hätten, um die Maßnahme 2, soweit sie Salrom betraf, dem Staat zuzurechnen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Umstände im Jahr 2015 noch relevant waren, kann das Gericht daher die fehlende Beurteilung der Kommission nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen. 179 Daher ist in Übereinstimmung mit der Klägerin der Schluss zu ziehen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass das Votum von Salrom für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war. – Zur Zurechenbarkeit des Votums von CET Govora an den Staat 180 Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss enthalte keine Beurteilung der Frage, ob das Votum von CET Govora zum Sanierungsplan dem Staat zurechenbar sei. CET Govora habe jedoch die Vereinbarung nicht unterschrieben, weshalb es unwahrscheinlich sei, dass ihr Votum davon habe beeinflusst werden können. Zudem betreffen die im 195. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Entscheidungen des Bezirksrats von Vâlcea, einer öffentlichen Einrichtung die nach dem 194. Erwägungsgrund dieses Beschlusses Alleingesellschafterin von CET Govora sein soll, nach Ansicht der Klägerin nicht die Maßnahme 3. 181 Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass es, wie aus dem 196. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehe, angesichts des allgemeinen Kontexts, in den das Verhalten von CET Govora eingebettet gewesen sei, „unhaltbar“ wäre anzunehmen, dass CET Govora unter Berücksichtigung insbesondere der Vereinbarung und der öffentlichen Erklärungen frei von jeglichem Einfluss durch den Staat gewesen sei. 182 In den Erwägungsgründen 201 und 205 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausdrücklich auf ihre Analyse der Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 an den Staat hingewiesen, soweit sie CET Govora, eine Gläubigerin und Lieferantin u. a. von Strom und Dampf an die Klägerin, betraf, um ihre Schlussfolgerung zu untermauern, dass das Votum von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen sei. So hat die Kommission im 201. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf dessen 200. Erwägungsgrund verwiesen, mit dem die Prüfung der Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 an den Staat abgeschlossen wird, wobei dieser allgemeine Verweis daher als Bezugnahme auf alle im Rahmen der Prüfung der Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 an den Staat ins Treffen geführten Gesichtspunkte zu verstehen ist. Insoweit hat die Kommission im Wesentlichen zunächst darauf hingewiesen, dass der Staat Alleingesellschafter von CET Govora sei, sodann, dass weitere unbezahlte Stromlieferungen an die Klägerin, die Gegenstand der Maßnahme 2 seien, in Durchführung mehrerer Entscheidungen des Bezirksrates von Vâlcea erfolgt seien, und schließlich, dass es in „einem breiteren Kontext“ betrachtet „unhaltbar [wäre] anzunehmen, dass CET Govora frei von jeglichem Einfluss durch den Staat ist“ (Erwägungsgründe 194 bis 198 des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus hat die Kommission in Abschnitt 6.1.1.3 des angefochtenen Beschlusses allgemein auf die Unterzeichnung der Vereinbarung durch bestimmte Gläubiger der Klägerin und auf die öffentlichen Erklärungen hingewiesen, um die Zurechenbarkeit der Maßnahme 3 an den Staat zu rechtfertigen. 183 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es unbestritten ist, dass CET Govora bei Erlass der Maßnahme 3 ein öffentliches Unternehmen war. Wie oben in Rn. 170 ausgeführt, ist es jedoch nach der Rechtsprechung nicht möglich, die Zurechenbarkeit einer Maßnahme an den Staat allein deshalb anzunehmen, weil sie von einem öffentlichen Unternehmen getroffen wurde. 184 Nach der oben in Rn. 171 angeführten Rechtsprechung muss die Kommission einen Komplex von relevanten Indizien berücksichtigen, um festzustellen, ob das Verhalten von CET Govora im Rahmen der Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen war. 185 Insoweit kann sich die Kommission nicht mit Erfolg auf die Vereinbarung berufen, weil CET Govora sie nicht einmal unterzeichnet hat. Selbst wenn CET Govora sie bei ihrem Votum im Rahmen der Maßnahme 3 berücksichtigt hätte, gilt gleichwohl, dass die Vereinbarung, wie oben in Rn. 173 ausgeführt, ausdrücklich vorsah, dass ihre Unterzeichner keine Verpflichtung hatten, auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin zu verzichten, einen bestimmten Umstrukturierungsplan zu akzeptieren, noch ganz allgemein auf irgendwelche vertraglichen oder sonstigen Rechte gegenüber der Klägerin zu verzichten. Was die öffentlichen Erklärungen anbelangt, so genügt der Hinweis auf Rn. 136 oben. 186 Zu den Indizien, die im angefochtenen Beschluss im Rahmen der Maßnahme 2 angeführt wurden, auf die die Kommission verwiesen hat, ist festzustellen, dass sich diese auf den Zeitraum zwischen September 2012 und Januar 2013 beziehen und dass der angefochtene Beschluss nichts enthält, was belegen könnte, dass diese Umstände 2015 bei Umsetzung der Maßnahme 3 noch aktuell waren, wobei nach der oben in Rn. 177 angeführten Rechtsprechung bei der Prüfung, ob das Kriterium der Zurechenbarkeit erfüllt ist, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Maßnahme getroffen wurde. 187 Darüber hinaus sind einige im Rahmen der Maßnahme 2 ins Treffen geführte Gesichtspunkte, die das Verhalten von CET Govora betreffen, für die Prüfung, ob deren Votum für den Umstrukturierungsplan dem Staat zuzurechnen ist, irrelevant. So betrafen, wie die Klägerin geltend macht, die in den Erwägungsgründen 29, 85 und 195 des angefochtenen Beschlusses angeführten Entscheidungen des Bezirksrats von Vâlcea ausschließlich die Maßnahme 2 und standen in keinem Zusammenhang mit der Genehmigung des Umstrukturierungsplans, die zwei Jahre später erfolgte. 188 Was die Aspekte des „breiteren Kontexts“ anbelangt, auf den in den Erwägungsgründen 196 und 197 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird, so sind diese für die Frage, ob das Votum von CET Govora für den Umstrukturierungsplan dem Staat zuzurechnen war, nicht unmittelbar relevant. Die Kommission legt nämlich nicht klar dar, welchen Zusammenhang sie zwischen der Tatsache, dass der Geschäftsführer von CET Govora von den nationalen Strafgerichten wegen Amtsmissbrauchs und Einflussnahme im Zeitraum von Oktober 2011 bis Juli 2014 verurteilt wurde, und dem Votum von CET Govora für den Umstrukturierungsplan herstellt. Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer von CET Govora sodann zwischen Oktober 2012 und Februar 2013 Geschäftsführer der Klägerin war und anschließend nach Februar 2013 erneut Geschäftsführer von CET Govora wurde, ist nicht relevant. Abgesehen davon, dass sich auch dieser Umstand auf einen Zeitraum vor dem von der Maßnahme 3 betroffenen bezieht, bedeutet die bloße Tatsache, dass eine bestimmte natürliche Person zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum Geschäftsführer von zwei öffentlichen Unternehmen ernannt wurde, an sich nicht, dass die Handlungen, die von einem der Unternehmen zwei Jahre später vorgenommen wurden, dem Staat zuzurechnen wären. 189 In Ermangelung anderer relevanter und aktueller Indizien im angefochtenen Beschluss ist daher mit der Klägerin der Schluss zu ziehen, dass es der Kommission nicht gelungen ist, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass das Votum von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war. – Zur Zurechenbarkeit des Votums der ANE an den Staat 190 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass das Votum der ANE für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen sei, u. a. darauf gestützt, dass die ANE eine rechtsfähige öffentliche Einrichtung von nationalem Interesse sei, die vom zentralen Wasserwirtschaftsamt koordiniert werde; dass sie u. a. dafür zuständig sei, dass die nationale Strategie und Politik im Bereich der Bewirtschaftung der Wasserressourcen angewendet werde und die entsprechenden Vorschriften in diesem Bereich eingehalten würden, und in diesem Zusammenhang die Infrastruktur des nationalen Wasserwirtschaftssystems zu verwalten und zu betreiben und die Durchführung einer Reihe von Aktivitäten von nationalem und sozialem Interesse zu gewährleisten; dass die Mitglieder ihres Verwaltungsrats auf Anordnung des Leiters des zentralen Wasserwirtschaftsamts ernannt würden und dass jeweils ein Vertreter des Ministeriums für öffentliche Finanzen und des zentralen Wasserwirtschaftsamts zu den Mitgliedern zählten und dass der Generaldirektor der ANE auf Anordnung des Leiters des zentralen Wasserwirtschaftsamts ernannt, suspendiert und entlassen werde und dass das Ertrags- und Ausgabenbudget des Unternehmens vom Verwaltungsrat mit Zustimmung des Leiters des zentralen Wasserwirtschaftsamts genehmigt werde. 191 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss zwei verschiedene Einrichtungen miteinander verwechselt. Insbesondere sei die Bezugnahme auf die ANE in der Kategorie „ungesicherte Gläubiger gemäß Artikel 96 des [rumänischen] Insolvenzgesetzes“ in Tabelle 1 im 67. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses falsch, da diese Forderung einer anderen öffentlichen Einrichtung, nämlich der nationalen Wasserbehörde – Verwaltung des Olt-Beckens (im Folgenden: ANE‑ABO) zustehe. Die ANE‑ABO habe für den Umstrukturierungsplan gestimmt, während die ANE weder für noch gegen diesen Plan gestimmt habe. Daher habe es die Kommission im angefochtenen Beschluss unterlassen, die Zurechenbarkeit des Votums von ANE‑ABO an den Staat zu prüfen. 192 Die Kommission macht geltend, die ANE‑ABO sei eine der elf regionalen Zweigniederlassungen der ANE. Die in den Erwägungsgründen 212 bis 217 des angefochtenen Beschlusses zur ANE angestellten Erwägungen träfen auch auf diese Zweigniederlassung zu. 193 Die Klägerin beschränkt sich im Wesentlichen auf die Behauptung, die Kommission habe irrtümlich auf eine Einrichtung Bezug genommen, die nicht diejenige sei, die ihr gegenüber Forderungen besitze. Sie bestreitet jedoch weder den von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung angeführten Umstand, dass die ANE‑ABO eine Zweigniederlassung der ANE sei, noch die Schlussfolgerung der Kommission, wonach im Wesentlichen die in den Erwägungsgründen 212 bis 217 des angefochtenen Beschlusses angestellten Erwägungen zur ANE mutatis mutandis auf ihre Zweigniederlassung zuträfen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte gelten die im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die ANE dargelegten Gesichtspunkte auch für ihre Zweigniederlassungen. 194 Unter diesen Umständen ist es zwar bedauerlich, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die ANE mit ihrer Zweigniederlassung verwechselt hat, doch handelt es sich allenfalls um einen formalen Fehler, der keinen Einfluss auf die Stichhaltigkeit der angefochtenen Entscheidung hat. 195 Daher ist das Vorbringen der Klägerin hierzu zurückzuweisen. – Zwischenergebnis 196 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass der Kommission im angefochtenen Beschluss der Nachweis gelungen ist, dass das Votum der AAAS und das der Zweigniederlassung der ANE für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen waren. Es ist ihr jedoch nicht gelungen, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass das Votum von Salrom und das von CET Govora im Rahmen dieses Plans dem Staat zuzurechnen waren. – Zur Zurechenbarkeit des Umstrukturierungsplans an den Staat 197 Zunächst hat die Kommission im angefochtenen Beschluss in dessen 201. Erwägungsgrund sinngemäß behauptet, dass die Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen sei, weil der Umstrukturierungsplan ohne die Zustimmung der AAAS oder von CET Govora nicht hätte genehmigt werden können. 198 Diese Schlussfolgerung geht allerdings fehl. 199 Erstens ergibt sich aus den vorstehenden Rn. 180 bis 189, dass es der Kommission nicht gelungen ist, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass das Votum von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war. 200 Zweitens ist, selbst wenn man annimmt, dass das Votum von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war, mit der Klägerin festzustellen, dass die Schlussfolgerung der Kommission im 201. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht mit der Darstellung der geltenden nationalen insolvenzrechtlichen Vorschriften im angefochtenen Beschluss in Einklang steht. 201 Insoweit geht aus dem 42. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass nach den Art. 100 und 101 der Legea no. 85 privind procedura insolvenţei (Gesetz Nr. 85 über Insolvenzverfahren, im Folgenden: rumänisches Insolvenzgesetz) vom 5. April 2006 (Monitorul Oficial al României, Partea I, Nr. 359 vom 21. April 2006) ein Plan als angenommen gelte, wenn die absolute Mehrheit der Gläubigerkategorien für den Plan stimme, sofern mindestens eine der benachteiligten Kategorien den Plan akzeptiere. Der Plan gelte als von einer Kategorie von Gläubigern angenommen, wenn er in dieser Kategorie von Gläubigern angenommen werde, die eine absolute Mehrheit des Wertes der zu dieser Kategorie gehörenden Forderungen besäßen. 202 Zudem geht aus dem 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass gemäß der Definition in Art. 3 Abs. 21 des rumänischen Insolvenzgesetzes der Begriff „benachteiligte Kategorie“ eine Forderungskategorie bezeichne, für die der Umstrukturierungsplan u. a. die Kürzung des Forderungsbetrags vorsehe. 203 Wie aus Tabelle 1 im 67. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, wurden die Gläubiger der Klägerin im vorliegenden Fall in fünf Kategorien eingeteilt, so dass für die Genehmigung des Plans mindestens drei dieser Kategorien dafürstimmen mussten. Unbestritten waren ausweislich der Fn. 42 des angefochtenen Beschlusses im vorliegenden Fall all diese Gläubigerkategorien benachteiligte Kategorien im Sinne von Art. 3 Abs. 21 des rumänischen Insolvenzgesetzes. 204 Aus derselben Tabelle ergibt sich zudem, dass die AAAS und CET Govora zusammen nur in zwei Kategorien eine absolute Mehrheit des Wertes der Forderungen hatten, nämlich in der Kategorie „Gläubiger mit finanziellen Forderungen“ und in der Kategorie der „ungesicherten Gläubiger gemäß Art. 96 des [rumänischen] Insolvenzgesetzes“, wie die Kommission im Übrigen im 201. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses einräumt. 205 Daher hätten die AAAS und CET Govora nicht über die erforderliche Mehrheit verfügt, um den Umstrukturierungsplan allein zu genehmigen. 206 Der im 205. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Umstand, dass eine dritte Kategorie, nämlich die der Arbeitnehmer, „selbstverständlich“ den Plan bevorzugt habe, da dieser keine Verringerung der Ansprüche der Arbeitnehmer vorgesehen habe, ist unerheblich, da die Kommission zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht hat, dass das Votum der Arbeitnehmer dem Staat zuzurechnen sei. 207 Überdies hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die AAAS und CET Govora zusammen die Fähigkeit hatten, die Annahme des Umstrukturierungsplans zu blockieren. Vielmehr ergibt sich aus den im 74. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und in der Tabelle in Rn. 75 der Stellungnahme Rumäniens vom Mai 2018 enthaltenen Angaben zum Abstimmungsverhalten der verschiedenen Gläubiger, dass es eine ausreichende Zahl von Gläubigern gab, die für diesen Plan gestimmt haben, damit dieser von drei der fünf Gläubigerkategorien, einschließlich zumindest einer „benachteiligten Kategorie“, als genehmigt angesehen werden konnte, selbst wenn die AAAS und CET Govora gegen den Umstrukturierungsplan gestimmt hätten. 208 Drittens besaßen die AAAS und die Zweigniederlassung der ANE, deren Stimme dem Staat zuzurechnen war, wie die Kommission zu Recht feststellen konnte, nur in einer einzigen Kategorie, nämlich der Kategorie der Gläubiger mit finanziellen Forderungen, zusammen die absolute Mehrheit der Forderungen. Daher hätten sie allein weder die Annahme des Umstrukturierungsplans erwirken noch seine Genehmigung durch die Gläubigerversammlung blockieren können. 209 Selbst wenn man viertens davon ausgeht, dass das Votum von CET Govora für die Genehmigung des Umstrukturierungsplans dem Staat zuzurechnen war und zu den Stimmen der AAAS und der Zweigniederlassung der ANE hinzugerechnet werden musste, ist festzustellen, dass sie zusammen nur in zwei Kategorien, nämlich in der Kategorie der „Gläubiger mit finanziellen Forderungen“ und der der „ungesicherten Gläubiger gemäß Art. 96 des [rumänischen] Insolvenzgesetzes“ eine absolute Mehrheit besessen hätten. Selbst wenn sie gegen den Umstrukturierungsplan gestimmt hätten, hätte es darüber hinaus eine hinreichende Anzahl von Gläubigern gegeben, die für diesen Plan stimmten, damit er als von drei der fünf Gläubigerkategorien, einschließlich zumindest einer benachteiligten Kategorie, als akzeptiert angesehen worden wäre. Daher hätten sie allein weder die Annahme des Umstrukturierungsplans erwirken noch seine Genehmigung durch die Gläubigerversammlung blockieren können. 210 Sodann kann die Behauptung im 202. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die Maßnahme 3 im Wesentlichen dem Staat zuzurechnen sei, weil der Umstrukturierungsplan von dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter „aufgestellt“ worden und das Gericht eine staatliche Instanz sei, nur zurückgewiesen werden. Denn aus dem 41. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter den Umstrukturierungsplan „erstellt“, der sodann von den Gläubigern erörtert und gebilligt werden müsse. Der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter besitzt daher nicht die Befugnis, den Umstrukturierungsplan anzunehmen. 211 Ferner trifft es zwar zu, dass, wie die Kommission hervorhebt, das zuständige Gericht, das den Staat verkörpert, den Plan nach dem geltenden nationalen Recht auch genehmigen muss. Allerdings kann dieses Gericht einen von den Gläubigern nicht angenommenen Plan nicht genehmigen. Folgte man der Annahme der Kommission, liefe dies in Wirklichkeit darauf hinaus, jeden im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angenommenen Umstrukturierungsplan allein deshalb als dem Staat zurechenbar anzusehen, weil an dem Verfahren ein gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter und ein Richter beteiligt waren. 212 Die Kommission kann sich insoweit nicht auf die Urteile vom 26. Oktober 2016, DEI und Kommission/Alouminion tis Ellados (C‑590/14 P, EU:C:2016:797, Rn. 59, 77 und 81), und vom 3. März 2016, Simet/Kommission (T‑15/14, EU:T:2016:124, Rn. 38, 44 und 45), berufen. Die in jenen Rechtssachen in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen waren nämlich in keiner Weise mit der in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Maßnahme 3 vergleichbar. Bei der Rechtssache, in der das erste vorgenannte Urteil ergangen ist, ging es um eine Aluminiumherstellern gewährte und durch eine einstweilige Anordnung des zuständigen nationalen Gerichts geänderte staatliche Beihilfe, die die Anwendung eines Vorzugstarifs für die Stromversorgung verlängerte. Bei der Rechtssache, in der das zweite vorgenannte Urteil ergangen ist, ging es um eine von den italienischen Behörden in Durchführung eines Beschlusses eines nationalen Gerichts gewährte staatliche Beihilfe. In jenen Rechtssachen waren die fraglichen Beihilfemaßnahmen, deren Natur und Gegenstand in keiner Weise mit der Natur und dem Gegenstand eines im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angenommenen Umstrukturierungsplans vergleichbar sind, staatlichen Ursprungs, während in der vorliegenden Rechtssache die Entscheidung, der Klägerin einen Teil ihrer Schulden zu erlassen, wie die Kommission selbst ausgeführt hat, von deren Gläubigern und nicht vom gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter oder dem zuständigen Gericht getroffen wurde. 213 Schließlich ist die insbesondere in den Erwägungsgründen 203 bis 205 und 209 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Behauptung, dass im Wesentlichen das Vorliegen der Vereinbarung und der öffentlichen Erklärungen zeige, dass die Maßnahme 3 insgesamt dem Staat zuzurechnen sei, aus den oben in den Rn. 128 und 136 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 214 Insbesondere ist der im 205. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Umstand, dass die Unterzeichner der Vereinbarung zusammen mit CET Govora in vier Gläubigerkategorien die erforderliche Mehrheit hatten, unerheblich. Zum einen hat die Kommission nämlich zu keinem Zeitpunkt behauptet und erst recht nicht nachgewiesen, dass das Votum der privaten Banken, die das Protokoll unterzeichnet haben, dem Staat zuzurechnen war. Zum anderen genügt hinsichtlich des Votums von Electrica und Salrom der Hinweis auf die vorstehenden Rn. 156 und 167 bis 179, während CET Govora nicht einmal die Vereinbarung unterzeichnet hat. Die Kommission konnte daher im 206. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht den Schluss ziehen, dass mit der Vereinbarung die erforderliche Mehrheit innerhalb der Gläubigerversammlung gewährleistet werden konnte. 215 Nach alledem ist es der Kommission nicht gelungen, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass die Maßnahme 3 dem Staat zuzurechnen war und dass sie daher eine staatliche Beihilfe darstellte. b) Zu den Klagegründen betreffend die Maßnahmen 1 und 2, mit denen offensichtliche Beurteilungsfehler in Bezug auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils gerügt werden 216 Als Erstes hat die Kommission im 219. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Beihilfe eindeutig selektiv sei, da die Maßnahmen 1 und 2 ausschließlich der Klägerin gewährt worden seien, während andere Unternehmen im petrochemischen Sektor oder in anderen Sektoren, die sich rechtlich und faktisch in einer vergleichbaren Lage befänden, im Hinblick auf das mit den Maßnahmen verfolgte Ziel davon nicht profitiert hätten. 217 Als Zweites hat die Kommission in den Erwägungsgründen 221 und 222 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. 218 Als Drittes hat die Kommission im 223. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erläutert, dass sie „der Vollständigkeit halber“ gleichwohl für jede der vorliegenden Maßnahmen das Kriterium des privaten Gläubigers überprüft habe. So hat sie dieses Kriterium in den Abschnitten 6.1.2.1 (Erwägungsgründe 224 bis 243) und 6.1.2.2 (Erwägungsgründe 244 bis 263) des angefochtenen Beschlusses jeweils auf die Maßnahmen 1 und 2 angewandt und den Schluss gezogen, dass diese der Klägerin einen selektiven Vorteil verschafften, mit Ausnahme der Unterstützung der Geschäftstätigkeiten der Klägerin durch Salrom im Rahmen der Maßnahme 2, da sich dieses Unternehmen nach Ansicht der Kommission wie ein privater Gläubiger verhalten und der Klägerin daher keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat. 219 Die Klägerin wendet sich gegen die Schlussfolgerungen der Kommission, wonach erstens das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei und zweitens der Klägerin im Rahmen der Maßnahmen 1 und 2 in dem oben in Rn. 218 genannten Umfang ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt worden sei. 220 Vorab ist festzustellen, dass es nicht mehr erforderlich ist, den Klagegrund der Klägerin zu prüfen, mit dem sie hinsichtlich des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils im Rahmen der Maßnahme 3 offensichtliche Beurteilungsfehler rügt. Wie oben in den Rn. 156 und 215 ausgeführt, hat die Kommission nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass diese Maßnahme eine Übertragung staatlicher Mittel darstellte und dem Staat zuzurechnen war, was genügt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Maßnahme 3 in Anbetracht des kumulativen Charakters der in Art. 107 Abs. 1 AEUV genannten Voraussetzungen keine staatliche Maßnahme ist, wie sich aus der oben in Rn. 138 angeführten Rechtsprechung ergibt. 1) Zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers 221 In den Erwägungsgründen 221 und 222 des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission davon ausgegangen, dass entgegen dem Vorbringen Rumäniens im Verwaltungsverfahren das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmers im vorliegenden Fall im Wesentlichen deshalb nicht anwendbar sei, weil Rumänien, als es darum gegangen sei, die Klägerin vor der Insolvenz zu bewahren, stetig und eindeutig in seiner Eigenschaft als öffentliche Behörde, u. a. durch öffentliche Erklärungen und im Wege der Vereinbarung, und nicht als Anteilseigner, der in ein Unternehmen investiere, oder als dessen Gläubiger gehandelt habe. 222 Der 222. Erwägungsgrund es angefochtenen Beschlusses verweist insoweit auf die Erwägungsgründe „204 ff.“, 274 und 276 dieses Beschlusses. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verweise den in den Erwägungsgründen 221 und 222 des angefochtenen Beschlusses genannten Gründen nichts hinzuzufügen scheinen. Die Erwägungsgründe „204 ff.“ des angefochtenen Beschlusses nehmen vor allem Bezug auf bereits im 222. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnte öffentliche Erklärungen, während die Erwägungsgründe 274 und 276 dieses Beschlusses die Anwendung und nicht die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im speziellen Rahmen der Maßnahme 3 betreffen. 223 Zur Anwendbarkeit dieses Kriteriums macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die in Rede stehenden Maßnahmen bedeuteten nicht, dass der Staat hoheitliche Befugnisse ausübe, wie der Umstand zeige, dass sie auch von privaten Gläubigern hätten getroffen werden können und tatsächlich getroffen worden seien. Zudem sprächen auch ihre Natur, ihr Gegenstand, der Kontext, in den sie eingebettet waren, die mit ihnen verfolgten Ziele und die Regeln, denen sie unterworfen seien, dafür, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall anwendbar sei. Weder die Vereinbarung noch die öffentlichen Erklärungen seien geeignet, die Anwendbarkeit dieses Kriteriums auszuschließen. 224 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie macht im Wesentlichen geltend, das Kriterium des privaten Gläubigers sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da Rumänien, als es die in Rede stehenden Maßnahmen erlassen habe, in seiner Eigenschaft als Behörde oder Träger öffentlicher Gewalt und nicht als privater Gläubiger gehandelt habe, wie die Vereinbarung und die öffentlichen Erklärungen zeigten. 225 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Privatgläubigertest und der Privatinvestortest spezielle Ausprägungen des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmers sind, die verwendet werden, um zu prüfen, ob das Verhalten eines öffentlichen Gläubigers oder eines öffentlichen Investors jeweils geeignet sind, eine staatliche Beihilfe darzustellen. 226 Nach der Rechtsprechung sind die Rollen des Staates als Anteilseigner eines Unternehmens auf der einen und als Träger öffentlicher Gewalt auf der anderen Seite zu unterscheiden. Somit ist das Kriterium des privaten Kapitalgebers davon abhängig, ob der betroffene Mitgliedstaat einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gewährt. Um zu beurteilen, ob eine Maßnahme vom Staat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht als Träger öffentlicher Gewalt getroffen wurde, ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der insbesondere die Natur und der Gegenstand dieser Maßnahme, der Kontext, in den sie eingebettet ist, sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist, zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 80, 81 und 86). 227 Wenn sich ein Mitgliedstaat im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Gläubigers beruft, muss er im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver, nachprüfbarer und aktueller Nachweise belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat. Wenn der betroffene Mitgliedstaat der Kommission die erforderlichen Nachweise vorgelegt hat, hat diese eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vom betroffenen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers keine Ausnahme darstelle, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein Mitgliedstaat auf sie beruft, sondern dass es, wenn es anwendbar ist, zu den Aspekten gehört, die die Kommission beim Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe berücksichtigen muss. Wenn sich somit erkennen lässt, dass dieses Kriterium anwendbar sein könnte, hat die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit und Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind. Sie kann sich nur dann weigern, solche Informationen zu prüfen, wenn die vorgelegten Beweise aus der Zeit nach dem Erlass der Entscheidung über die Vornahme der betreffenden Kapitalanlage stammen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 82 bis 86, 103 und 104). 228 Der Gerichtshof hatte auch die Gelegenheit klarzustellen, dass das Kriterium des privaten Gläubigers grundsätzlich anwendbar ist, wenn ein öffentlicher Gläubiger Zahlungserleichterungen für eine ihm von einem Unternehmen geschuldete Forderung gewährt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 71). 229 Zudem hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass der wirtschaftliche Charakter des Handelns des Mitgliedstaats der „Ausgangspunkt“ für die Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers sein müsse und dass die Kommission, wenn sich erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers anwendbar sein könnte, diese Möglichkeit unabhängig von einer dahin gehenden Anfrage zu prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 25 und 27). 230 In bestimmten Fällen kann die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auch wegen der Natur der in Rede stehenden Maßnahme angenommen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2018, BTB Holding Investments und Duferco Participations Holding/Kommission, T‑100/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:900, Rn. 53). 231 Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 221 und 222 des angefochtenen Beschlusses ihre Schlussfolgerung zur Unanwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers im Wesentlichen auf das Vorliegen der Vereinbarung und der öffentlichen Erklärungen gestützt hat. Da die Kommission diese Vereinbarung und diese Erklärungen aber nicht als staatliche Beihilfe eingestuft hat, sind sie nur als Aspekte des Kontexts zu betrachten, in den die in Rede stehenden Maßnahmen eingebettet waren. 232 Damit hat die Kommission keine Gesamtwürdigung aller relevanten Faktoren, insbesondere jener, die die Natur und den Gegenstand der Maßnahme, das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen war, betreffen, vorgenommen, wie von der oben in den Rn. 226 und 227 angeführten Rechtsprechung verlangt wird. 233 Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der angefochtene Beschluss dahin ausgelegt werden kann, dass er implizit, jedoch notwendigerweise darauf hindeutet, dass die Aspekte des Kontexts nach Ansicht der Kommission im vorliegenden Fall so bedeutend waren, dass sie allein ausgereicht haben, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass das Kriterium des privaten Gläubigers unabhängig von den anderen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Faktoren unanwendbar war. 234 Die Klägerin macht jedenfalls geltend, diese anderen Faktoren zeigten, dass das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall anwendbar sei. 235 Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren in Bezug auf die Natur sowie den Gegenstand der Maßnahmen 1 und 2, den Kontext, in den sie eingebettet waren, das verfolgte Ziel und die Regeln, denen sie unterliegen, fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass das Kriterium des privaten Gläubigers auf die Maßnahmen 1 und 2 nicht anwendbar war. 236 Was zunächst den Gegenstand und die Natur der Maßnahmen 1 und 2 anbelangt, so ergibt sich aus der vorstehenden Rn. 99, dass die Maßnahme 1 im Wesentlichen die Zweckmäßigkeit, den Zeitplan und die Modalitäten einer möglichen Vollstreckung der Forderungen der AAAS betrifft. Jeder private Gläubiger könnte auch vor einer solchen Entscheidung stehen. 237 In gleicher Weise betrifft die Maßnahme 2 die Modalitäten, nach denen die Lieferungen von Rohstoffen an ein Unternehmen in Schwierigkeiten fortgesetzt oder unterbrochen werden sollten. Jeder private Lieferant könnte auch vor einer solchen Entscheidung stehen. 238 Die Maßnahmen 1 und 2 sind daher im Wesentlichen wirtschaftlicher Natur, und diese Natur als solche deutet nicht auf die Ausübung hoheitlicher Befugnisse hin. 239 Sodann ist hinsichtlich des Kontexts, in den diese Maßnahmen eingebettet sind, erstens festzustellen, dass der relevante Zeitraum der Maßnahmen 1 und 2, wie die Klägerin geltend macht, im September 2012 begann, während die Vereinbarung am 23. November 2012 unterzeichnet wurde. Somit wurden die Maßnahmen 1 und 2 ungefähr zwei Monate vor der Unterzeichnung der Vereinbarung durchgeführt, so dass die Vereinbarung nicht der Grund für deren Umsetzung sein konnte. 240 Zweitens verpflichtete, wie die Klägerin geltend macht und wie sich aus der vorstehenden Rn. 124 ergibt, keine Klausel der Vereinbarung die AAAS, ihre Forderungen gegen die Klägerin nicht durchzusetzen. Was CET Govora, die einzige Beihilfegeberin im Rahmen der Maßnahme 2, anbelangt, so ist sie nicht einmal Unterzeichnerin der Vereinbarung. 241 Drittens hat, wie aus der vorstehenden Rn. 127 hervorgeht, der Umstand, die Vereinbarung unterzeichnet zu haben, einige Unterzeichner nicht daran gehindert, sich wie private Gläubiger zu verhalten. 242 Was die öffentlichen Erklärungen anbelangt, genügt der Hinweis auf die vorstehenden Rn. 130 bis 136, aus denen sich ergibt, dass diese Erklärungen keine klaren, bestimmten, konkreten und festen Verpflichtungen des Staates enthielten, die die AAAS und CET Govora zu einem Verhalten verpflichteten, das durch die Ausübung hoheitlicher Befugnisse gekennzeichnet war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Juli 2015, Frankreich und Orange/Kommission, T‑425/04 RENV und T‑444/04 RENV, EU:T:2015:450, Rn. 235 bis 245). 243 Sodann wird hinsichtlich der Ziele der Maßnahmen 1 und 2 auf die vorstehenden Rn. 111 und 112 verwiesen, denen zu entnehmen ist, dass der Maßnahme 1 kein klares Ziel zugeordnet werden kann, während mit der Maßnahme 2 das Ziel verfolgt wird, die Tragfähigkeit von CET Govora selbst aufrechtzuerhalten. 244 Was schließlich die Regeln betrifft, denen die Maßnahmen 1 und 2 unterworfen waren, so deuten auch diese nicht auf die Ausübung hoheitlicher Befugnisse hin. 245 Die auf die Maßnahme 1 anwendbaren Regeln sind im Wesentlichen die Vorschriften über das Verfahren zur Vollstreckung von Forderungen. Zwar gibt es Sondergesetze über die Einziehung von Staatsschulden, die u. a. die Möglichkeit der direkten Durchsetzung von Forderungen ohne Gerichtsbeschluss vorsehen, allerdings hat die AAAS, deren passives Verhalten Gegenstand der Maßnahme 1 ist, von dieser Möglichkeit im vorliegenden Fall nicht Gebrauch gemacht (vgl. nachstehende Rn. 266 bis 275). 246 Die Maßnahme 2 bezieht sich im Wesentlichen auf die vertraglichen Beziehungen zwischen CET Govora, Salrom und der Klägerin während des Zeitraums von September 2012 bis Januar 2013. 247 Folglich ergibt sich aus der Natur, dem Gegenstand, dem Kontext, dem Ziel und den Rechtsvorschriften, denen die Maßnahmen 1 und 2 unterworfen waren, dass diese in den Bereich der Wirtschaft und des Handels fielen und nicht mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Staat in Zusammenhang standen. 248 Daher ist die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Kriterium des privaten Gläubigers auf die Maßnahmen 1 und 2 nicht anwendbar sei. 2) Zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils in Bezug auf die Maßnahme 1 249 In Abschnitt 6.1.2.1 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 224 bis 243) hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass die AAAS der Klägerin aufgrund der Nichtbeitreibung und weiteren Anhäufung von Forderungen während des Zeitraums vom September 2012 bis Januar 2013 im Wesentlichen deshalb einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe, weil sich die AAAS nicht wie eine private Gläubigerin verhalten habe. Denn obwohl sie über die schwierige und sich stetig verschlechternde finanzielle Lage der Klägerin Bescheid gewusst habe, habe die AAAS keine Maßnahmen getroffen, um zu versuchen, ihre Forderungen durchzusetzen oder zumindest eine bessere Position als Gläubigerin zu erlangen. 250 Im Einzelnen hat sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf mehrere Gesichtspunkte gestützt, um zu zeigen, dass die AAAS der Klägerin im Rahmen der Maßnahme 1 einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe, und zwar: – Im Unterschied zu den Umständen im Zusammenhang mit dem Erlass des Beschlusses von 2012 könnten die Nichtbeitreibung durch die AAAS und weitere Anhäufung von Forderungen während des betreffenden Zeitraums nicht durch ein unmittelbar bevorstehendes Privatisierungsvorhaben gerechtfertigt werden; – der betreffende Zeitraum sei lang genug gewesen, damit die AAAS Vollstreckungsmaßnahmen habe treffen können; – die AAAS hätte sich auf besondere Rechte berufen können, die sie als Teil der öffentlichen Verwaltung besessen habe, um ihre Forderungen durchzusetzen; – die Legea no. 137 privind unele măsuri pentru accelerarea privatizării (Gesetz Nr. 137 über Maßnahmen zur Beschleunigung der Privatisierung, im Folgenden: rumänisches Privatisierungsgesetz) vom 28. März 2002 (Monitorul Oficial al României, Partea I, Nr. 215 vom 28. März 2002) habe die AAAS nicht daran gehindert, ihre Forderungen beizutreiben; – die AAAS habe keine aktuellen Berichte oder internen Dokumente vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass sie sich wie eine private Gläubigerin verhalten habe; – im Unterschied zur AAAS hätten andere Gläubiger der Klägerin Maßnahmen ergriffen, um ihre Forderungen beizutreiben oder zu schützen; – die Vereinbarung beweise, dass die AAAS die Nichtbeitreibung und weitere Anhäufung von Schulden akzeptiert habe; – die AAAS hätte sich auf Vorschriften des rumänischen Insolvenzgesetzes berufen können, die es ihr erlaubt hätten, einen alternativen Umstrukturierungsplan vorzuschlagen; – die AAAS hätte der Klägerin mit der Einleitung eines Insolvenzverfahrens drohen können; – die AAAS hätte die Konten der Klägerin pfänden oder Sicherheiten auf Immobilien erhalten können. 251 Die Klägerin bestreitet jeden dieser Gesichtspunkte. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Maßnahme 1 nicht das Kriterium des privaten Gläubigers erfülle. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Klägerin von einem privaten Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation offenkundig nicht die gleichen Vorteile erhalten hätte. 252 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie macht geltend, sie habe im angefochtenen Beschluss in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass die AAAS der Klägerin aufgrund der Nichtbeitreibung und weiteren Anhäufung ihrer Forderungen gegen diese einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe. 253 Nach der Rechtsprechung soll mit dem Kriterium des privaten Gläubigers geprüft werden, ob das begünstigte Unternehmen derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem privaten Gläubiger erhalten hätte, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche Gläubiger, der von einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen sucht, und folglich, ob dieses Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können (vgl. Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). 254 Es ist auch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung jeder Gläubiger, bei dessen Schuldner eine erhebliche Verschlechterung der finanziellen Lage eingetreten ist, eine Entscheidung zwischen den Möglichkeiten und den Modalitäten einer möglichen Beitreibung seiner Forderungen treffen muss. Seine Entscheidung wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, nämlich, ob seine Forderung hypothekarisch gesichert, gesichert oder ungesichert ist, durch Art und Umfang etwaiger ihm zustehender Sicherheiten, durch seine Beurteilung der Sanierungsaussichten des Unternehmens und durch den ihm im Fall einer Liquidation zufließenden Erlös. Somit hat die Kommission für jede der fraglichen öffentlichen Stellen unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren zu ermitteln, ob die gewährten Erleichterungen offensichtlich größer waren als diejenigen, die ein hypothetischer privater Gläubiger gewährt hätte, der sich gegenüber dem begünstigten Unternehmen in einer vergleichbaren Situation wie die betreffende öffentliche Stelle befand und die ihm geschuldeten Beträge zurückzuerlangen suchte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2011, Buczek Automotive/Kommission, T‑1/08, EU:T:2011:216, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). 255 Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass die AAAS dadurch, dass sie ihre Forderungen nicht durchgesetzt hat und im betreffenden Zeitraum weitere angehäuft hat, der Klägerin im Sinne der oben in Rn. 253 angeführten Rechtsprechung Erleichterungen gewährt hat, die sie offenkundig nicht von einem privaten Gläubiger erhalten hätte, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befand wie die AAAS. 256 Erstens macht die Klägerin geltend, die AAAS habe ihre Forderungen während der sehr kurzen Dauer dieser Maßnahme nicht durchgesetzt, weil sie noch die bestmögliche Lösung für deren Beitreibung gesucht habe, wie aus der Vereinbarung hervorgehe. Zudem habe sich die AAAS im betreffenden Zeitraum noch auf die Schlussfolgerungen und die wirtschaftliche Analyse der Kommission im Beschluss von 2012 stützen können, die bestätigten, dass die Umschuldung und die Privatisierung rentabler als eine Liquidation seien. Wie oben in Rn. 99 ausgeführt, unterstreicht die Klägerin im Übrigen, ohne dass die Kommission ihr in diesem Punkt widerspricht, dass die Anhäufung von Forderungen durch die AAAS während dieses Zeitraums nicht in neuen, während dieses Zeitraums entstandenen Forderungen, sondern nur in der Anhäufung von Zinsen auf bereits bestehende Forderungen bestanden habe. 257 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Beschluss von 2012, der nur etwa sechs Monate vor Beginn des von der Maßnahme 1 betroffenen Zeitraums erlassen wurde, insbesondere den Schluss gezogen hatte, dass die Umwandlung von Schulden der Klägerin in Kapital keine staatliche Beihilfe darstelle und dass eine Privatisierung vorteilhafter als eine Liquidation sei, wobei sich die rumänischen Behörden verpflichtet hatten, die Klägerin kurzfristig vollständig zu privatisieren (Erwägungsgründe 17, 52, 73, 86, 153, 160 und Art. 2 des Beschlusses von 2012). 258 Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass der Versuch, die Klägerin zu privatisieren, am 22. September 2012 gescheitert sei, weil bestimmte Minderheitsgesellschafter die geplante Umwandlung von Schulden in Eigenkapitalbeteiligungen blockiert hätten. 259 Somit begann der für die Maßnahme 1 relevante Zeitraum laut dem 224. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nach dem Scheitern dieses Versuchs. Somit hätte die AAAS nach dem angefochtenen Beschluss ihre Forderungen gegenüber der Klägerin unmittelbar nach diesem Scheitern oder zumindest innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten danach vollstrecken oder andere Maßnahmen ergreifen müssen, um innerhalb dieses Zeitraums eine bessere Position als Gläubigerin zu erlangen. 260 Wie die Klägerin geltend macht, hat die Kommission jedoch zum einen nicht dargetan, dass ein privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation zu diesem Zeitpunkt notwendigerweise davon ausgegangen wäre, dass kein anderer Privatisierungsversuch denkbar sei, da sein Scheitern weder auf einen Mangel an potenziellen Investoren noch auf die Rentabilität der geplanten Investition noch auf die finanzielle Lage der Klägerin zurückzuführen war. 261 Obwohl die Kommission zwar darauf hingewiesen hat, dass andere Versuche vor diesem auch gescheitert seien und dass zu diesem Zeitpunkt kein Privatisierungsvorhaben mehr bevorgestanden habe, hat sie jedoch nicht dargetan, dass ein privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation notwendigerweise erwartet hätte, dass die Privatisierung der Klägerin von nun an ausgeschlossen sei, wenn man nicht nur die speziellen Gründe für dieses letzte Scheitern, sondern auch die Tatsache berücksichtigt, dass die Kommission selbst nur etwa sechs Monate zuvor die Meinung vertreten hatte, dass eine solche Möglichkeit kurzfristig vorstellbar sei. 262 Zum anderen ist mit der Klägerin festzustellen, dass der für die Maßnahme 1 relevante Zeitraum relativ kurz war, nämlich vom 22. September 2012 bis zum 31. Januar 2013, d. h. ungefähr vier Monate dauerte. Da die Kommission im Beschluss von 2012 zu dem Ergebnis gelangt war, dass das Szenario der Privatisierung vorteilhafter als das der Liquidation sei, wäre es legitim gewesen, dass ein privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation eine gewisse Zeit lang über die ihm zur Verfügung stehenden Optionen nachgedacht hätte, anstatt sofort seine Forderungen durchzusetzen, was zur Liquidation der Klägerin hätte führen können, ein Szenario, das gemäß diesem Beschluss nachteilig gewesen wäre. 263 Es gibt zwar keine Vorschriften über die Schnelligkeit, mit der ein Gläubiger tätig werden muss, um seine Forderungen durchzusetzen, aber man kann nicht erwarten, dass hypothetische private Gläubiger bereits bei den ersten Schwächeanzeichen die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Unternehmens fordern, ohne dessen langfristigeres Potenzial irgendwie zu berücksichtigen, auch wenn jedoch nicht angenommen werden kann, dass die öffentliche Hand eine lang anhaltende Schuldenhäufung ohne die geringste Aussicht auf Besserung passiv dulden würde (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Spanien/Kommission, C‑480/98, EU:C:2000:305, Nrn. 36 und 37). 264 Das Kriterium des privaten Gläubigers verlangt daher nicht, dass über ein Unternehmen in Schwierigkeiten unmittelbar das Insolvenzverfahren eröffnet wird, da es ohne Weiteres vorstellbar ist, dass ein privater Gläubiger, der über erhebliche Geldmittel verfügt, ein Interesse daran hat, die Tätigkeit eines Schuldnerunternehmens für eine bestimmte Zeit aufrechtzuerhalten, wenn sich zeigt, dass die Kosten einer unmittelbaren Liquidation höher als die Kosten der Gewährung einer Beihilfe sind (Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Spanien/Kommission, C‑276/02, EU:C:2004:211, Nr. 39). 265 Im Übrigen ist der im 234. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Umstand, dass die Klägerin ihre Produktion eingestellt habe und in naher Zukunft keine Betriebseinnahmen erzielt hätte, was nach Ansicht der Kommission die AAAS dazu hätte veranlassen müssen, ein Vollstreckungsverfahren einzuleiten, teilweise in tatsächlicher Hinsicht unbegründet. Denn aus den Erwägungsgründen 29 und 244 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Klägerin am 24. Oktober 2012, d. h. zu Beginn des von der Maßnahme 1 betroffenen Zeitraums, ihre Produktion wieder aufgenommen hat und daher Einnahmen erzielen konnte. 266 Zweitens macht die Klägerin geltend, die AAAS sei nach Art. 16 Abs. 5 Buchst. c des rumänischen Privatisierungsgesetzes rechtlich daran gehindert gewesen, ihre Forderungen geltend zu machen, solange sie selbst unter Sonderverwaltung gestanden habe. Dies sei seit der Verordnung des Wirtschaftsministers vom 2. Juli 2012 der Fall gewesen. 267 Wie aus dem 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, ist insoweit unstreitig, dass die Sondergesetze über die Einziehung von Staatsschulden, insbesondere Art. 50 Abs. 1 und 2 der Ordonanță no. 51 de urgenţă privind valorificarea unor active ale statului (Notverordnung Nr. 51 über die Rückforderung bestimmter Vermögenswerte des Staates) vom 15. Dezember 1998 (Monitorul Oficial al României, Partea I, Nr. 482 vom 15. Dezember 1998), der AAAS besondere Rechte einräumen, die u. a. die direkte Durchsetzung ihrer Forderungen durch eigene Gerichtsvollzieher ohne Gerichtsbeschluss umfassen. 268 Art. 16 Abs. 5 Buchst. c des rumänischen Privatisierungsgesetzes hinderte die Gläubiger mit finanziellen Forderungen jedoch daran, ihre Forderungen gegen die Klägerin zu vollstrecken. Diese Bestimmung sah in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung nämlich Folgendes vor: „Ab dem Zeitpunkt der Festlegung des Sonderverwaltungsverfahrens während des Privatisierungsverfahrens gelten für die Gesellschaft die folgenden Sondermaßnahmen: … die Gläubiger mit finanziellen Forderungen setzen bis zur Übertragung des Eigentums an den Anteilen die Anwendung der Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft aus und treffen keine Maßnahme zur Einleitung solcher Maßnahmen. Die gleichen Vorschriften gelten für die betreffende öffentliche Einrichtung, wenn sie eine Gläubigerin ist.“ 269 Es ist unstreitig, dass die Klägerin während des von der Maßnahme 1 betroffenen Zeitraums der Regelung für das Sonderverwaltungsverfahren unterworfen war. Es wird auch nicht bestritten, dass die AAAS eine Gläubigerin mit finanziellen Forderungen im Sinne von Art. 16 Abs. 5 Buchst. c des rumänischen Privatisierungsgesetzes war. 270 Wie die Klägerin geltend macht, war diese Bestimmung des nationalen Rechts daher auf die AAAS anwendbar. 271 Zum einen hat die Kommission im 229. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses jedoch geltend gemacht, dass das Wirtschaftsministerium die Klägerin „aus unerklärlichen Gründen“ auch nach der gescheiterten Privatisierung im September 2012 im Rahmen der Regelung für das Sonderverwaltungsverfahren unterstützt habe. 272 Dieser Vorwurf geht jedoch ins Leere, weil die Kommission nicht den Beschluss des Wirtschaftsministers, die Regelung für das Sonderverwaltungsverfahren weiterhin auf die Klägerin anzuwenden, sondern nur das Verhalten der AAAS als staatliche Beihilfe eingestuft hat. 273 Zum anderen hat die Kommission im 229. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bekräftigt, dass die AAAS hätte versuchen können, den „Beschluss des Ministeriums, [den] Sonderstatus [der Klägerin] ohne Erklärung zu verlängern“, anzufechten. 274 Die Kommission hat jedoch nicht dargetan, dass ein hypothetischer privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation beschlossen hätte, ein solches Gerichtsverfahren einzuleiten, insbesondere angesichts seiner erwartbaren Dauer im Vergleich zu dem sehr kurzen Zeitraum, der von der Maßnahme 1 betroffen war. Die Dauer eines Gerichtsverfahrens ist ein Gesichtspunkt, der den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Gläubigers nicht unwesentlich beeinflussen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 81). 275 Vor dem Gericht macht die Kommission geltend, dass Rumänien das rumänische Privatisierungsgesetz hätte ändern können. Eine solche Erwägung wird allerdings im angefochtenen Beschluss nicht angestellt. Die Kommission kann aber die Begründung des angefochtenen Beschlusses im Verfahren vor dem Gericht nicht ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2007, Duales System Deutschland/Kommission, T‑289/01, EU:T:2007:155, Rn. 132). 276 Drittens hat die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass – im Gegensatz zur AAAS – bestimmte öffentliche und private Gläubiger, insbesondere Electrica, Salrom, die Polcheme SA und Bulrom Gas, in diesem Zeitraum Vollstreckungsverfahren eingeleitet hätten. 277 Die Klägerin macht geltend, die große Mehrheit der privaten Gläubiger habe genauso gehandelt wie die AAAS. 278 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch implizit Anhaltspunkte benannt hat, die hätten belegen können, dass sich die AAAS und drei der vier oben in Rn. 276 genannten Gläubiger, nämlich Salrom, Polcheme und Bulrom Gas, im maßgeblichen Zeitraum in einer vergleichbaren Lage befanden. Vielmehr geht aus dem 231. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass Polcheme und Bulrom Gas zu den gesicherten Gläubigern gehörten, während fast alle Forderungen der AAAS nicht gesichert waren. 279 In Bezug auf Electrica hat die Kommission im 231. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zwar festgestellt, dass dieses Unternehmen laut einer Studie der Raiffeisenbank aus dem Jahr 2011 „die gleiche Beitreibungsquote wie die AAAS“ aufgewiesen habe. Electrica war jedoch im Jahr 2012, d. h. vor ihrer Privatisierung, ein öffentlicher Gläubiger. Für die Zwecke der Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers ist nur das Verhalten privater Gläubiger, die sich in einer möglichst ähnlichen Lage befinden wie die AAAS, relevant (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). 280 Überdies hat die Kommission das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt, wonach die meisten ihrer privaten Gläubiger während des betreffenden Zeitraums ebenso wie die AAAS ihre Forderungen nicht durchgesetzt oder andere Schutzmaßnahmen ergriffen hätten. Wenn die Kommission der Klägerin vorwirft, nicht dargetan zu haben, dass sich diese anderen privaten Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation befunden hätten, so kann dieser Vorwurf der Kommission selbst entgegengehalten werden, da sie nicht dargetan hat, dass sich die vier von ihr im angefochtenen Beschluss angeführten Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation befunden haben. Nach der Rechtsprechung ist es Sache der Kommission, darzutun, dass das Verhalten eines öffentlichen Gläubigers nicht mit dem Kriterium des privaten Gläubigers vereinbar war und dass ihm daher einen Vorteil verschafft hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 29). 281 Der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers auf das Verhalten eines hypothetischen privaten Gläubigers gestützt werden kann, der sich in einer mit der Situation des in Rede stehenden öffentlichen Gläubigers vergleichbaren Lage befindet (vgl. die oben in Rn. 254 angeführte Rechtsprechung). Die Anwendung dieses Kriteriums erfordert daher nicht notwendigerweise, dass ein tatsächlicher privater Gläubiger ermittelt wird, der sich ein einer solchen vergleichbaren Situation befindet. Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission jedoch auch nicht dargetan, dass ein hypothetischer privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation während des betreffenden Zeitraums, dessen Dauer relativ kurz war, seine Forderungen durchgesetzt oder andere Schutzmaßnahmen ergriffen hätte. 282 Insoweit war es wahrscheinlich, dass die Durchsetzung der Forderungen der AAAS angesichts des Betrags dieser Forderungen zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geführt hätte; dies wird von der Kommission auch nicht substantiiert bestritten. 283 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass beinahe alle Forderungen der AAAS nicht gesichert waren. Insoweit hat die Kommission nicht dargetan, dass ein privater Gläubiger mit einem ähnlichen Risiko wie die AAAS ein wirtschaftliches Interesse gehabt hätte, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens herbeizuführen, da er im Unterschied zu gesicherten Gläubigern Gefahr liefe, im Rahmen eines solchen Verfahrens einen größeren Teil seiner Forderungen zu verlieren. Für einen solchen Gläubiger hätten eine etwaige Privatisierung oder eine andere Lösung aus den oben in Rn. 262 genannten Gründen zum damaligen Zeitpunkt zugleich vorstellbar und interessanter erscheinen können. Zumindest wäre es legitim, dass ein solcher Gläubiger die sich ihm bietenden Optionen über eine gewisse Zeit abwägt, anstatt überstürzt einen Schritt wie den von der Kommission befürworteten zu setzen. 284 Die im 242. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Begründung, wonach die AAAS die Einleitung eines Insolvenzverfahrens hätte herbeiführen können, um sodann einen alternativen Umstrukturierungsplan vorzuschlagen, ist weder hinreichend untermauert noch überzeugend. Auch wenn die AAAS im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einen alternativen Umstrukturierungsplan vorschlagen konnte, hat die Kommission weder dargetan, dass sie allein in der Lage gewesen wäre, dessen Annahme zu erwirken, noch, dass dieser alternative Plan zu einer besseren Beitreibung der nicht gesicherten Forderungen der AAAS geführt hätte. 285 Ebenso wenig hat die Kommission dargetan, dass ein hypothetischer privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation während des betreffenden Zeitraums Konten der Klägerin gepfändet hätte oder für seine Forderungen Sicherheiten wie ein Grundpfandrecht hätte erhalten können. Die Kommission hat sich darauf beschränkt, eine solche Möglichkeit zu erwähnen, ohne jedoch zu diesem Zweck eine konkrete und fundierte Prüfung vorzunehmen. So hat die Kommission beispielsweise nicht geprüft, ob im Vermögen der Klägerin Barmittel oder Immobilien von hinreichendem Wert vorhanden waren, die ein hypothetischer privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation hätten pfänden können oder die ihm als Sicherheit hätten dienen können. Sie hat auch nicht geprüft, welche Verfahren einzuhalten sind und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und ob ein solcher hypothetischer privater Gläubiger in dem relativ kurzen Zeitraum vom 22. September 2012 bis zum 31. Januar 2013 so gehandelt hätte, wie sie es befürwortete. Nach der oben in Rn. 254 angeführten Rechtsprechung ist es jedenfalls Sache der Kommission, darzutun, dass es auf der Hand lag, dass ein solcher hypothetischer privater Gläubiger in dem von der Maßnahme 1 erfassten Zeitraum so gehandelt hätte, wie sie es befürwortete. Was die konkreten Beispiele anbelangt, die die Kommission im angefochtenen Beschluss anführt, so betreffen diese keine Gläubiger mit einem Risiko, das dem der AAAS vergleichbar ist. 286 Im Übrigen macht die Klägerin geltend, ohne dass ihr diesbezüglich die Kommission substantiiert widerspricht, dass jedenfalls Art. 16 Abs. 5 Buchst. c des rumänischen Privatisierungsgesetzes die AAAS daran gehindert habe, ihr solche Maßnahmen aufzuerlegen. 287 Viertens hat die Kommission den rumänischen Behörden im angefochtenen Beschluss vorgeworfen, keine aktuellen Berichte oder internen Dokumente vorgelegt zu haben, aus denen hervorgehe, dass die AAAS im betreffenden Zeitraum wie ein privater Gläubiger gehandelt habe. 288 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, es sei legitim gewesen, dass die AAAS nicht sofort mit der Erstellung solcher Dokumente begonnen habe, da sie die Vereinbarung gerade mit dem Ziel unterzeichnet habe, sich alle Optionen offenzuhalten und die Tragfähigkeit der Klägerin zu bewerten. 289 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die AAAS im relevanten Zeitraum über die wirtschaftliche Analyse der Kommission im Beschluss von 2012 verfügte, die eine aktuelle und jedem Gläubiger zugängliche Bewertung darstellte, die sich insbesondere auf die Vor- und Nachteile des Szenarios der Liquidation gegenüber dem der Privatisierung bezog. Aus den oben in den Rn. 256 bis 265 bereits dargelegten Gründen und wie die Klägerin geltend macht, war es legitim, dass ein Gläubiger davon ausging, dass diese Bewertung während des betreffenden Zeitraums relevant blieb. 290 Sodann verfügten die Gläubiger einschließlich der AAAS auch über die Studie der Raiffeisenbank vom Oktober 2011, die von der Kommission als „zum damaligen Zeitpunkt [letztverfügbare] Studie“ eingestuft wurde (230. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Diese Studie, die der Kommission in dem Verwaltungsverfahren, in dem der Beschluss von 2012 erlassen wurde, von den rumänischen Behörden vorgelegt worden war, verglich den Erlös einer Liquidation der Klägerin mit dem einer Privatisierung. Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass die AAAS nach dieser Studie bei einer Liquidation rund 23 Mio. Euro beigetrieben hätte, während sie bei einer Umwandlung der Verbindlichkeiten und Privatisierung zwischen 22900000 Euro und 79500000 Euro erhalten hätte. Zwar wurde diese Studie ein Jahr vor dem Erlass der Maßnahme 1 erstellt, doch behauptet die Kommission nicht, dass die darin enthaltenen Daten während des relevanten Zeitraums dieser Maßnahme nicht mehr aktuell gewesen seien. Da diese Studie der Kommission von Rumänien vorgelegt wurde und spezielle Daten zur Beitreibung der Forderungen der AAAS enthält, ist es zudem wahrscheinlich, dass die AAAS zu dieser Studie Zugang hatte oder in der Lage war, Zugang zu ihr zu haben, ohne dass dies von der Kommission bestritten wird. 291 Schließlich sah die Klausel 1.1.b der Vereinbarung die Ausarbeitung einer Tragfähigkeitsstudie vor. Diese Studie wurde am 23. November 2012, d. h. am Tag der Unterzeichnung der Vereinbarung, in Auftrag gegeben und von Alvarez & Marsal erstellt. Daraus folgt, dass die Gläubiger, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, darunter die AAAS, unverzüglich gehandelt haben, indem sie eine solche Studie ungefähr zwei Monate nach dem Scheitern des letzten Privatisierungsversuchs der Klägerin in Auftrag gaben. 292 Unter diesen Umständen erscheint es legitim, dass ein privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation die Ergebnisse dieser Studie zur Tragfähigkeit des Schuldners abwartet, um in voller Kenntnis der Sachlage über die auf der Grundlage dieser Studie zu treffenden Schritte zu entscheiden, anstatt sofort seine Forderungen durchzusetzen, wobei im Übrigen die Anhäufung von Forderungen gegenüber der Klägerin durch die AAAS während dieses Zeitraums nicht in neuen, während dieses Zeitraums entstandenen Forderungen, sondern nur in der Anhäufung von Zinsen auf bereits bestehende Forderungen bestand. 293 Die Kommission macht geltend, Rumänien habe weder nachgewiesen, dass diese Studie für die AAAS oder für ihre Rechnung durchgeführt worden sei, noch, dass sie von der AAAS überhaupt verwendet worden sei. 294 Es gibt jedoch keine Rechtsvorschrift, die verlangt, dass ein privater Gläubiger seine eigene Wirtschaftsstudie durchführt. Solche Studien können von den Gläubigern gemeinsam in Auftrag gegeben werden und ihnen, wie im vorliegenden Fall, zur Verfügung gestellt werden. Jedenfalls hat die Kommission nicht einmal behauptet, dass ein privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation, beispielsweise aufgrund bestimmter spezieller Merkmale, notwendigerweise eine separate Studie durchgeführt hätte. 295 Was fünftens die im angefochtenen Beschluss aufgestellte Behauptung anbelangt, dass die Vereinbarung beweise, dass die AAAS die Nichtbeitreibung und weitere Anhäufung von Schulden akzeptiert habe, so genügt der Hinweis auf die vorstehende Rn. 124, aus der sich ergibt, dass die Vereinbarung keine solche Verpflichtung enthielt. 296 Was sechstens die Erwägungen der Kommission in den Erwägungsgründen 231 und 241 des angefochtenen Beschlusses betrifft, wonach die AAAS der Klägerin mit der Einleitung eines Insolvenzverfahrens habe „drohen“ können, so genügt der Hinweis, dass es aus den oben in Rn. 283 dargelegten Gründen zweifelhaft erscheint, dass eine solche Drohung als glaubwürdig erachtet worden wäre. 297 Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass die AAAS dadurch, dass sie ihre Forderungen nicht durchgesetzt hat und im betreffenden Zeitraum weitere angehäuft hat, der Klägerin im Sinne der oben in Rn. 253 angeführten Rechtsprechung Erleichterungen gewährt hat, die sie offenkundig nicht von einem privaten Gläubiger erhalten hätte, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befand wie die AAAS. Die Kommission hat nämlich weder dargetan, dass ein hypothetischer privater Gläubiger in einer mit der Lage der AAAS vergleichbaren Situation unverzüglich seine Forderungen durchgesetzt hätte oder andere Maßnahmen ergriffen hätte, um sie beizutreiben oder während des relativ kurzen Zeitraums vom 22. September 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu schützen, noch, dass es ihr eine solche Durchsetzung oder solche Maßnahmen erlaubt hätten, einen Teil ihrer Forderungen beizutreiben oder zu schützen. 298 Nach alledem ist es der Kommission nicht gelungen, in rechtlich hinreichender Weise darzutun, dass die Maßnahme 1 der Klägerin einen Vorteil verschafft hat und dass sie daher eine staatliche Beihilfe darstellte. 3) Zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils in Bezug auf die Maßnahme 2 299 In Abschnitt 6.1.2.2 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 244 bis 263) hat die Kommission festgestellt, dass zwischen Salrom und CET Govora einerseits und der Klägerin andererseits eine technologische Interdependenz in dem Sinn bestanden habe, dass jedes Unternehmen gleichzeitig Lieferant und Versorgungsunternehmen der jeweils anderen Partei gewesen sei. Während CET Govora Strom und Dampf an die Klägerin und Salrom Salzlösung und Kalk an die Klägerin geliefert hätten, habe die Klägerin an CET Govora und Salrom für deren Tätigkeiten erforderliches Brauchwasser geliefert. Somit seien diese Unternehmen voneinander abhängige Kunden gewesen, so dass das Verschwinden eines von ihnen zum Verschwinden der anderen geführt hätte. 300 Die Kommission ging jedoch vor allem deshalb davon aus, dass das Verhalten von CET Govora nicht dem eines privaten Gläubigers entsprochen habe und dass dadurch der Klägerin ein Vorteil verschafft worden sei, weil CET Govora beschlossen habe, weiterhin „unbezahlte“ Strom- und Dampflieferungen an die Klägerin zu leisten, ohne für die fortgesetzten Lieferungen eine Vorauszahlung oder in Bezug auf die früheren Schulden der Klägerin ihr gegenüber eine Immobiliensicherheit zu verlangen. Zudem wurde nach Ansicht der Kommission die fortgesetzte Belieferung vom Bezirksrat von Vâlcea auf der Grundlage politischer Überlegungen beschlossen, die ein privater Gläubiger nicht angestellt hätte. 301 Dagegen habe sich Salrom wie ein privater Gläubiger verhalten und daher der Klägerin keinen Vorteil verschafft, da sie die Fortsetzung der Lieferungen von Vorauszahlungen und der Stellung einer Immobiliensicherheit abhängig gemacht habe. 302 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie festgestellt habe, dass das Verhalten von CET Govora im Rahmen der Maßnahme 2 nicht das Kriterium des privaten Gläubigers erfülle. 303 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 304 Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss ihre Auffassung, wonach sich CET Govora nicht wie ein privater Gläubiger verhalten habe, im Wesentlichen auf einen Vergleich zwischen deren Verhalten und dem von Salrom gestützt hat. Hierzu hat die Kommission festgestellt, dass die beiden Unternehmen die Belieferung der Klägerin zwischen September 2012 und Januar 2013 trotz der nicht beglichenen Verbindlichkeiten fortgesetzt hätten. Während jedoch Salrom von der Klägerin Vorauszahlungen sowie eine Immobiliensicherheit verlangt habe, habe CET Govora keine ähnlichen Bedingungen gestellt. 305 Die Klägerin ist im Wesentlichen der Ansicht, dass es nicht ausreiche, die Handlungen von CET Govora mit denen von Salrom zu vergleichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass sich CET Govora nicht wie ein privater Gläubiger verhalten habe. 306 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Natur und der Gegenstand der jeweiligen Verhaltensweisen von CET Govora und Salrom, nämlich die Fortsetzung der Belieferung der Klägerin mit Rohstoffen, vergleichbar waren und dass diese Lieferungen im selben Zeitraum parallel stattfanden und daher in einen ähnlichen Kontext eingebettet waren. 307 Ferner bestand, wie die Kommission selbst im angefochtenen Beschluss festgestellt hat, zwischen CET Govora und Salrom einerseits und der Klägerin andererseits eine technologische Interdependenz. 308 Schließlich zeigen die in den Tabellen 7 und 8 des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Daten, die nicht bestritten werden, dass die Entwicklung der Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber CET Govora und Salrom in dem von der Maßnahme 2 erfassten Zeitraum weitgehend vergleichbar war. Aus ihnen geht nämlich hervor, dass sich deren Forderungen während dieses Zeitraums gleichsam verdoppelt haben, wobei sie eine ähnliche Entwicklung genommen haben. 309 Unter diesen Umständen konnte die Kommission im angefochtenen Beschluss ohne einen Fehler zu begehen implizit aber notwendigerweise davon ausgehen, dass sich CET Govora und Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 in einer vergleichbaren Situation befanden. 310 Wie oben in Rn. 279 ausgeführt, trifft es zwar zu, dass es für die Zwecke der Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers erforderlich ist, das Verhalten eines öffentlichen Gläubigers mit dem eines tatsächlichen oder hypothetischen privaten Gläubigers zu vergleichen, während die Kommission im vorliegenden Fall das Verhalten von zwei öffentlichen Unternehmen verglichen hat. 311 Es ist jedoch zu unterstreichen, dass sich sowohl CET Govora als auch Salrom aufgrund ihrer Situation der technologischen Interdependenz mit der Klägerin in einer sehr speziellen, ja einzigartigen Situation gegenüber der Klägerin befanden. Diese sehr spezielle Situation, die CET Govora und Salrom gemein hatten, hat unter den speziellen Umständen des vorliegenden Falles den Vergleich dieser beiden Unternehmen gerechtfertigt. 312 Zudem hat die Kommission den Schluss gezogen, dass sich Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 wie ein privater Gläubiger verhalten habe. Da es sich um ein öffentliches Unternehmen gehandelt hat, das jedoch wie ein privater Gläubiger gehandelt hatte, ist der Vergleich mit diesem Unternehmen zur Veranschaulichung des Verhaltens eines hypothetischen privaten Gläubigers in einer mit der Lage von CET Govora vergleichbaren Situation daher gerechtfertigt. 313 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass CET Govora und Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 sehr unterschiedlich gehandelt haben, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt. 314 Während nämlich Salrom für ihre Lieferungen Vorauszahlungen verlangt und erhalten und ihre Forderungen mit einer Immobiliensicherheit so weit wie möglich gesichert hat, hat CET Govora keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen. 315 Die Klägerin ist jedoch der Ansicht, dass CET Govora gleichwohl bestimmte Maßnahmen ergriffen habe, um ihre Forderungen gegenüber der Klägerin zu sichern. 316 Zunächst macht die Klägerin geltend, CET Govora habe von ihr zwischen September 2012 und Januar 2013 Zahlungen in Höhe von 8 Mio. RON erhalten. Wie jedoch aus dem 254. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, tätigte CET Govora in diesem Zeitraum Lieferungen in Höhe von etwa 50 Mio. RON an die Klägerin, so dass die erhaltenen Zahlungen nur einen minimalen Teil ausmachen. 317 Sodann weist die Klägerin auf das Vorliegen einer „Verpflichtung“ ihrerseits hin, den von CET Govora gelieferten Strom bis Februar 2013 in Raten zu zahlen. Sie macht jedoch keine weiteren Angaben zur Höhe dieser Raten und zu der Frage, ob diese von ihr tatsächlich gezahlt wurden, die es ermöglichen würden, den Umfang und die Relevanz einer solchen Verpflichtung zu erfassen. 318 Schließlich macht die Klägerin geltend, CET Govora habe zu den ihr gegenüber zwischen Februar 2008 und Dezember 2012 entstandenen Forderungen Strafzahlungen hinzugerechnet. Der Zweck einer solchen Maßnahme besteht jedoch nicht darin, die Forderungen von CET Govora zu sichern. 319 Drittens ergibt sich aus dem 260. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die fortgesetzte Belieferung der Klägerin durch CET Govora ohne jegliche Verhandlungen und Schutz der Forderungen von CET Govora vom Bezirksrat von Vâlcea beschlossen wurde. Die Behauptung der Klägerin, diese Behörde habe diese Entscheidung auf der Grundlage von Vorschlägen von CET Govora und rein wirtschaftlichen Erwägungen getroffen, wird durch keinerlei Beweis gestützt. Sie steht im Übrigen im Widerspruch zu den von den kommunalen Behörden zur Rechtfertigung des Erlasses dieser Entscheidung ins Treffen geführten Gründen des öffentlichen Interesses, die in Fn. 110 des angefochtenen Beschlusses angeführt sind und von der Klägerin nicht bestritten werden. 320 Viertens macht die Klägerin geltend, dass CET Govora, wenn sie sie nicht weiter beliefert hätte, Verluste erlitten hätte und selbst in Konkurs gegangen wäre. 321 Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission CET Govora nicht die Fortsetzung der Belieferung der Klägerin als solche vorgeworfen hat, sondern die Tatsache, dass die Lieferungen ohne jede Maßnahme zum Schutz ihrer Forderungen fortgesetzt wurden. Das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt geht daher ins Leere. 322 Fünftens macht die Klägerin geltend, dass „zahlreiche private Lieferanten“ ebenso wie CET Govora ihre Lieferungen an die Klägerin trotz unbezahlter Forderungen fortgesetzt hätten. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht untermauert, da die Klägerin diese anderen „zahlreichen privaten Lieferanten“ nicht einmal benannt hat. 323 Sechstens wirft die Klägerin der Kommission vor, sich insbesondere in den Erwägungsgründen 258, 259, 261 und 262 des angefochtenen Beschlusses auf die Erklärungen von PCC, eines ihrer Minderheitsgesellschafter, oder die des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters von CET Govora gestützt zu haben. Nach Ansicht der Klägerin sind diese Erklärungen nicht relevant und stehen im Widerspruch zu den Ausführungen Rumäniens im Verwaltungsverfahren. Zudem besitze PCC nur eine „begrenzte Glaubwürdigkeit“. 324 Dieses Vorbringen geht jedoch ins Leere. Diese Erklärungen sind im Aufbau dieses Teils des angefochtenen Beschlusses nur von untergeordneter Bedeutung, da die Schlussfolgerungen der Kommission vor allem auf dem Vergleich des Verhaltens von CET Govora mit dem von Salrom und auf dem Umstand beruhen, dass CET Govora durch den Bezirksrat von Vâlcea dazu verpflichtet worden sein soll, ihre Lieferungen fortzusetzen. 325 Siebtens hebt die Klägerin hervor, CET Govora sei gesetzlich verpflichtet, die Dienstleistung der Versorgung der Öffentlichkeit mit Wärme und thermischer Energie nicht zu unterbrechen. 326 Dieses Vorbringen ist jedoch unerheblich, da die Klägerin ein industrieller Kunde von CET Govora ist, so dass diese Verpflichtung in dem zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnis nicht gilt. 327 Daraus folgt, dass der Klagegrund, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler in Bezug auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils im Rahmen der Maßnahme 2 gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen ist. 3. Zu dem Klagegrund, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung hinsichtlich der Maßnahme 2 gerügt wird 328 Die Klägerin macht zudem geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss im Wesentlichen deshalb gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, weil es nicht ausreiche, die Handlungen von CET Govora mit denen von Salrom zu vergleichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass sich CET Govora nicht wie ein privater Gläubiger verhalten habe, und sich die Kommission zum anderen auf die Erklärungen von PCC und des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters von CET Govora gestützt habe, ohne zu erläutern, warum diese glaubhafter seien als die Erklärungen der rumänischen Behörden. 329 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 330 Gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV ist die Kommission verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach dieser Vorschrift vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, EU:C:2001:178, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 331 Im vorliegenden Fall gehen erstens, wie oben in den Rn. 306 bis 309 ausgeführt worden ist, aus der Gesamtbetrachtung von Abschnitt 6.1.2.2 des angefochtenen Beschlusses klar die relevanten Gesichtspunkte hervor, die den Vergleich zwischen CET Govora und Salrom im Rahmen der Maßnahme 2 gerechtfertigt haben. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist insoweit kohärent und ausreichend. 332 Was zweitens die Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Erklärungen von PCC und des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters von CET Govora angeht, so ist dieses Vorbringen aus den oben in Rn. 324 dargelegten Gründen jedenfalls nicht geeignet, zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses in diesem Punkt zu führen. 333 Demnach ist der Klagegrund, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung hinsichtlich der Maßnahme 2 gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen. 4. Ergebnis 334 Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass die Maßnahmen 1 und 3 eine staatliche Beihilfe darstellten, ohne dass die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchen, die die Klägerin in Bezug auf diese Maßnahmen vorgetragen hat. 335 Dagegen sind alle die Maßnahme 2 betreffenden Klagegründe der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 336 Mithin sind Art. 1 Buchst. a und c des angefochtenen Beschlusses sowie dessen Art. 3 bis 5, soweit sie die in Art. 1 Buchst. a und c dieses Beschlusses vorgesehenen Maßnahmen betreffen, für nichtig zu erklären. 337 Auch Art. 6 des angefochtenen Beschlusses ist insoweit für nichtig zu erklären, als die in diesem Artikel vorgesehene Verpflichtung Rumäniens, der Kommission bestimmte Informationen zu übermitteln, die Maßnahmen 1 und 3 betrifft. 338 Die Klägerin beantragt auch die Nichtigerklärung von Art. 7 des angefochtenen Beschlusses. Art. 7 Abs. 1 dieses Beschlusses beschränkt sich jedoch auf die Angabe nach Art. 31 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, dass dieser Beschluss an Rumänien gerichtet sei. Da die Klägerin insoweit weder einen Klagegrund noch ein Argument vorgebracht hat, ist der Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 7 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen. 339 Was Art. 7 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses betrifft, so sieht diese Bestimmung die Veröffentlichung der Beihilfebeträge und Rückforderungszinsen, die gemäß diesem Beschluss zurückzuzahlen sind, vor. Daher ist Art. 7 Abs. 2 dieses Beschlusses ebenfalls für nichtig zu erklären, soweit er die in dessen Art. 1 Buchst. a und c genannten Maßnahmen betrifft. IV. Kosten 340 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 341 Da das Gericht die von der Kommission erhobenen Einreden der Unzulässigkeit zurückgewiesen hat und der Klage in Bezug auf zwei der drei Maßnahmen, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sind, stattgegeben worden ist, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, der Klägerin ein Viertel ihrer eigenen Kosten aufzuerlegen, während die übrigen Kosten von der Kommission getragen werden, die ebenfalls ihre eigenen Kosten trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 1 Buchst. a und c des Beschlusses (EU) 2019/1144 der Kommission vom 17. Dezember 2018 über die staatliche Beihilfe SA.36086 (2016/C) (ehemals 2016/NN) Rumäniens zugunsten der Oltchim SA wird für nichtig erklärt. 2. Die Art. 3 bis 6 und Art. 7 Abs. 2 des Beschlusses 2019/1144 werden für nichtig erklärt, soweit sie die in Art. 1 Buchst. a und c dieses Beschlusses genannten Maßnahmen betreffen. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Oltchim trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten. 5. Die Europäische Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten drei Viertel der Kosten von Oltchim. Kornezov Buttigieg Kowalik-Bańczyk Hesse Petrlík Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Dezember 2021. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 7. September 2021.#„Klaipėdos regiono atliekų tvarkymo centras“ UAB.#Vorabentscheidungsersuchen des Lietuvos Aukščiausiasis Teismas.#Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 58 Abs. 3 und 4 – Art. 60 Abs. 3 und 4 – Anhang XII – Durchführung der Vergabeverfahren – Auswahl der Teilnehmer – Eignungskriterien – Beweismittel – Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer – Möglichkeit für das federführende Unternehmen eines vorübergehenden Zusammenschlusses von Unternehmen, sich auf Einkünfte aus einem früheren öffentlichen Auftrag zu berufen, der zu demselben Bereich wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende öffentliche Auftrag gehört, und zwar auch dann, wenn es die Tätigkeit, die zu dem von dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Auftrag betroffenen Bereich gehört, nicht selbst ausübte – Technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer – Erschöpfender Charakter der nach der Richtlinie zulässigen Nachweise – Art. 57 Abs. 4 Buchst. h, Abs. 6 und 7 – Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge – Fakultative Gründe für den Ausschluss von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren – Aufnahme in eine Liste von Wirtschaftsteilnehmern, die von den Vergabeverfahren ausgeschlossen sind – Solidarität zwischen den Mitgliedern eines vorübergehenden Zusammenschlusses von Unternehmen – Höchstpersönliche Natur der Sanktion – Art. 21 – Schutz der Vertraulichkeit der einem öffentlichen Auftraggeber von einem Wirtschaftsteilnehmer übermittelten Informationen – Richtlinie (EU) 2016/943 – Art. 9 – Vertraulichkeit – Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Anwendbarkeit auf die Vergabeverfahren – Richtlinie 89/665/EWG – Art. 1 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf.#Rechtssache C-927/19.
62019CJ0927
ECLI:EU:C:2021:700
2021-09-07T00:00:00
Gerichtshof, Campos Sánchez-Bordona
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62019CJ0927 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 7. September 2021 (*1) Inhaltsverzeichnis Rechtlicher Rahmen Unionsrecht Richtlinie 2014/24 Richtlinie 89/665 Richtlinie 2016/943 Litauisches Recht Vergabegesetz Zivilprozessordnung der Republik Litauen Ausgangsverfahren und Vorlagefragen Zu den Vorlagefragen Zur ersten Frage Zur zweiten Frage Zur dritten Frage Zu den Fragen 4 bis 9 Vorbemerkungen Zu den Fragen 5 bis 7 Zu den Fragen 4, 8 und 9 – Zum Umfang der Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, vertrauliche Informationen zu schützen, und zur Begründungspflicht – Zum Umfang der Verpflichtung des zuständigen nationalen Gerichts, vertrauliche Informationen zu schützen Zur zehnten Frage Zur elften Frage Kosten „Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 58 Abs. 3 und 4 – Art. 60 Abs. 3 und 4 – Anhang XII – Durchführung der Vergabeverfahren – Auswahl der Teilnehmer – Eignungskriterien – Beweismittel – Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer – Möglichkeit für das federführende Unternehmen eines vorübergehenden Zusammenschlusses von Unternehmen, sich auf Einkünfte aus einem früheren öffentlichen Auftrag zu berufen, der zu demselben Bereich wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende öffentliche Auftrag gehört, und zwar auch dann, wenn es die Tätigkeit, die zu dem von dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Auftrag betroffenen Bereich gehört, nicht selbst ausübte – Technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer – Erschöpfender Charakter der nach der Richtlinie zulässigen Nachweise – Art. 57 Abs. 4 Buchst. h, Abs. 6 und 7 – Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge – Fakultative Gründe für den Ausschluss von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren – Aufnahme in eine Liste von Wirtschaftsteilnehmern, die von den Vergabeverfahren ausgeschlossen sind – Solidarität zwischen den Mitgliedern eines vorübergehenden Zusammenschlusses von Unternehmen – Höchstpersönliche Natur der Sanktion – Art. 21 – Schutz der Vertraulichkeit der einem öffentlichen Auftraggeber von einem Wirtschaftsteilnehmer übermittelten Informationen – Richtlinie (EU) 2016/943 – Art. 9 – Vertraulichkeit – Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Anwendbarkeit auf die Vergabeverfahren – Richtlinie 89/665/EWG – Art. 1 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf“ In der Rechtssache C‑927/19 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof Litauens) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Dezember 2019, in dem Verfahren „Klaipėdos regiono atliekų tvarkymo centras“ UAB, Beteiligte: „Ecoservice Klaipėda“ UAB, „Klaipėdos autobusų parkas“ UAB, „Parsekas“ UAB, „Klaipėdos transportas“ UAB, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten N. Piçarra und A. Kumin, der Richterin C. Toader, der Richter M. Safjan, D. Šváby (Berichterstatter), S. Rodin und F. Biltgen, der Richterin L. S. Rossi sowie der Richter I. Jarukaitis und N. Jääskinen, Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona, Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, unter Berücksichtigung der Erklärungen – der „Ecoservice Klaipėda“ UAB, vertreten durch J. Elzbergas und V. Mitrauskas, advokatai, – der „Klaipėdos autobusų parkas“ UAB, vertreten durch D. Soloveičik, advokatas, – der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und R. Butvydytė als Bevollmächtigte, – der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch und J. Schmoll als Bevollmächtigte, – der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Haasbeek, S. L. Kalėda und P. Ondrůšek als Bevollmächtigte, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. April 2021 folgendes Urteil 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 21 und 42, von Art. 57 Abs. 4 Buchst. h, von Art. 58 Abs. 3 und 4 sowie von Art. 70 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65), der Art. 1 und 2 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 (ABl. 2014, L 94, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665) und von Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. 2016, L 157, S. 1). 2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „Klaipėdos regiono atliekų tvarkymo centras“ UAB (Regionales Abfallbewirtschaftungszentrum der Region Klaipėda, Litauen) (im Folgenden: öffentliche Auftraggeberin) und der „Ecoservice Klaipėda“ UAB (im Folgenden: Ecoservice) über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags für die Sammlung und Beförderung von Siedlungsabfällen an ein Konsortium von Wirtschaftsteilnehmern, bestehend aus der „Klaipėdos autobusų parkas“ UAB, der „Parsekas“ UAB und der „Klaipėdos transportas“ UAB (im Folgenden: Konsortium). Rechtlicher Rahmen Unionsrecht Richtlinie 2014/24 3 Der 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24 lautet: „Es sollte klargestellt werden, dass die Bestimmungen zum Schutz vertraulicher Informationen in keiner Weise der Offenlegung der nicht vertraulichen Teile von abgeschlossenen Verträgen, einschließlich späterer Änderungen, entgegenstehen.“ 4 Art. 18 („Grundsätze der Auftragsvergabe“) Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt: „Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer in gleicher und nichtdiskriminierender Weise und handeln transparent und verhältnismäßig. …“ 5 Art. 21 („Vertraulichkeit“) der Richtlinie sieht vor: „(1)   Sofern in dieser Richtlinie oder im nationalen Recht, dem der öffentliche Auftraggeber unterliegt, insbesondere in den Rechtsvorschriften betreffend den Zugang zu Informationen, nichts anderes vorgesehen ist, und unbeschadet der Verpflichtungen zur Bekanntmachung vergebener Aufträge und der Unterrichtung der Bewerber und Bieter gemäß den Artikeln 50 und 55 gibt ein öffentlicher Auftraggeber keine ihm von den Wirtschaftsteilnehmern übermittelten und von diesen als vertraulich eingestuften Informationen weiter, wozu insbesondere technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse sowie die vertraulichen Aspekte der Angebote selbst gehören. (2)   Öffentliche Auftraggeber können Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen.“ 6 In Art. 42 („Technische Spezifikationen“) der Richtlinie heißt es: „(1)   Die technischen Spezifikationen im Sinne von Anhang VII Nummer 1 werden in den Auftragsunterlagen dargelegt. In den technischen Spezifikationen werden die für die Bauleistungen, Dienstleistungen oder Lieferungen geforderten Merkmale beschrieben. Diese Merkmale können sich auch auf den spezifischen Prozess oder die spezifische Methode zur Produktion beziehungsweise Erbringung der angeforderten Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen oder auf einen spezifischen Prozess eines anderen Lebenszyklus-Stadiums davon beziehen, auch wenn derartige Faktoren nicht materielle Bestandteile von ihnen sind, sofern sie in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Zielen verhältnismäßig sind. In den technischen Spezifikationen kann ferner angegeben werden, ob Rechte des geistigen Eigentums übertragen werden müssen. … (3)   Unbeschadet zwingender nationaler Vorschriften – soweit sie mit dem Unionsrecht vereinbar sind – sind die technischen Spezifikationen auf eine der nachfolgend genannten Arten zu formulieren: a) in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen, einschließlich Umweltmerkmalen, sofern die Parameter hinreichend genau sind, um den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand zu vermitteln und den öffentlichen Auftraggebern die Erteilung des Zuschlags zu ermöglichen; b) unter Bezugnahme auf technische Spezifikationen und – in dieser Rangfolge – nationale Normen, mit denen europäische Normen umgesetzt werden, europäische technische Bewertungen, gemeinsame technische Spezifikationen, internationale Normen und andere technische Bezugssysteme, die von den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurden oder – falls solche Normen und Spezifikationen fehlen – unter Bezugnahme auf nationale Normen, nationale technische Zulassungen oder nationale technische Spezifikationen für die Planung, Berechnung und Ausführung von Bauleistungen und den Einsatz von Lieferungen, wobei jede Bezugnahme mit dem Zusatz ‚oder gleichwertig‘ zu versehen ist; c) in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Buchstabe a unter Bezugnahme auf die technischen Spezifikationen gemäß Buchstabe b als Mittel zur Vermutung der Konformität mit diesen Leistungs- und Funktionsanforderungen; d) unter Bezugnahme auf die technischen Spezifikationen gemäß Buchstabe b hinsichtlich bestimmter Merkmale und unter Bezugnahme auf die Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Buchstabe a hinsichtlich anderer Merkmale. …“ 7 Anhang VII der Richtlinie 2014/24 betrifft „Technische Spezifikationen – Begriffsbestimmungen“. 8 Art. 50 („Vergabebekanntmachung“) Abs. 4 dieser Richtlinie sieht vor: „Bestimmte Angaben über die Auftragsvergabe oder den Abschluss der Rahmenvereinbarungen müssen jedoch nicht veröffentlicht werden, wenn die Offenlegung dieser Angaben den Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines besonderen öffentlichen oder privaten Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde.“ 9 Art. 55 („Unterrichtung der Bewerber und Bieter“) der Richtlinie lautet: „(1)   Die öffentlichen Auftraggeber teilen jedem Bewerber und jedem Bieter schnellstmöglich ihre Entscheidungen über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung, die Zuschlagserteilung oder die Zulassung zur Teilnahme an einem dynamischen Beschaffungssystem mit, einschließlich der Gründe, aus denen beschlossen wurde, auf den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder die Vergabe eines Auftrags, für den ein Aufruf zum Wettbewerb stattgefunden hat, zu verzichten und das Verfahren erneut einzuleiten beziehungsweise kein dynamisches Beschaffungssystem einzurichten. (2)   Auf Verlangen des Bewerbers oder Bieters unterrichtet der öffentliche Auftraggeber so schnell wie möglich, in jedem Fall aber binnen 15 Tagen nach Eingang der schriftlichen Anfrage, a) jeden nicht erfolgreichen Bewerber über die Gründe für die Ablehnung seines Teilnahmeantrags; b) jeden nicht erfolgreichen Bieter über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots; dazu gehört in den Fällen nach Artikel 42 Absätze 5 und 6 auch eine Unterrichtung über die Gründe für seine Entscheidung, dass keine Gleichwertigkeit vorliegt oder dass die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen nicht den Leistungs- oder Funktionsanforderungen entsprechen; c) jeden Bieter, der ein ordnungsgemäßes Angebot eingereicht hat, über die Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots sowie über den Namen des erfolgreichen Bieters oder der Parteien der Rahmenvereinbarung; d) jeden Bieter, der ein ordnungsgemäßes Angebot eingereicht hat, über den Verlauf und die Fortschritte der Verhandlungen und des Dialogs mit den Bietern. (3)   Die öffentlichen Auftraggeber können beschließen, bestimmte in den Absätzen 1 und 2 genannte Angaben über die Zuschlagserteilung, den Abschluss von Rahmenvereinbarungen oder die Zulassung zu einem dynamischen Beschaffungssystem nicht mitzuteilen, wenn die Offenlegung dieser Angaben den Gesetzesvollzug behindern oder sonst dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines bestimmten öffentlichen oder privaten Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde.“ 10 Art. 56 („Allgemeine Grundsätze“) Abs. 3 der Richtlinie lautet: „Sind von Wirtschaftsteilnehmern zu übermittelnde Informationen oder Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft oder scheinen diese unvollständig oder fehlerhaft zu sein oder sind spezifische Unterlagen nicht vorhanden, so können die öffentlichen Auftraggeber, sofern in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist, die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer auffordern, die jeweiligen Informationen oder Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu übermitteln, zu ergänzen, zu erläutern oder zu vervollständigen, sofern diese Aufforderungen unter voller Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgen.“ 11 Art. 57 („Ausschlussgründe“) Abs. 4 und 6 der Richtlinie 2014/24 bestimmt: „(4)   Öffentliche Auftraggeber können in einer der folgenden Situationen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen oder dazu von den Mitgliedstaaten verpflichtet werden: … h) der Wirtschaftsteilnehmer hat sich bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Ausschlussgründen und der Einhaltung der Eignungskriterien einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht, derartige Auskünfte zurückgehalten oder ist nicht in der Lage, die gemäß Artikel 59 erforderlichen zusätzlichen Unterlagen einzureichen, oder … (6)   Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in den Absätzen 1 und 4 genannten Situationen befindet, kann Nachweise dafür erbringen, dass die Maßnahmen des Wirtschaftsteilnehmers ausreichen, um trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit nachzuweisen. Werden solche Nachweise für ausreichend befunden, so wird der betreffende Wirtschaftsteilnehmer nicht von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen. Zu diesem Zweck weist der Wirtschaftsteilnehmer nach, dass er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder Fehlverhalten verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat, die Tatsachen und Umstände umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden geklärt und konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder Verfehlungen zu vermeiden. Die von den Wirtschaftsteilnehmern ergriffenen Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der Schwere und besonderen Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens bewertet. Werden die Maßnahmen als unzureichend befunden, so erhält der Wirtschaftsteilnehmer eine Begründung dieser Entscheidung. Ein Wirtschaftsteilnehmer, der durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung von der Teilnahme an Verfahren zur Auftrags- oder Konzessionsvergabe ausgeschlossen wurde, ist während des Ausschlusszeitraumes, der in dieser Entscheidung festgelegt wurde, nicht berechtigt, in den Mitgliedstaaten, in denen die Entscheidung wirksam ist, von der in diesem Absatz gewährten Möglichkeit Gebrauch zu machen.“ 12 In Art. 58 („Eignungskriterien“) dieser Richtlinie heißt es: „(1)   Die Eignungskriterien können Folgendes betreffen: a) Befähigung zur Berufsausübung; b) wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit; c) technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Die öffentlichen Auftraggeber können Wirtschaftsteilnehmern nur die in den Absätzen 2, 3 und 4 genannten Anforderungen an die Teilnahme auferlegen. Sie beschränken die Anforderungen auf jene, die zweckmäßig sind, um sicherzustellen, dass ein Bewerber oder Bieter über die rechtlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die technischen und beruflichen Fähigkeiten zur Ausführung des zu vergebenden Auftrags verfügt. Alle Anforderungen müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. (2)   Im Hinblick auf die Befähigung zur Berufsausübung können die öffentlichen Auftraggeber den Wirtschaftsteilnehmern vorschreiben, in einem Berufs- oder Handelsregister ihres Niederlassungsmitgliedstaats gemäß Anhang XI verzeichnet zu sein oder jedwede andere in dem Anhang genannte Anforderungen zu erfüllen. Müssen Wirtschaftsteilnehmer eine bestimmte Berechtigung besitzen oder Mitglieder einer bestimmten Organisation sein, um die betreffende Dienstleistung in ihrem Herkunftsmitgliedstaat erbringen zu können, so kann der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge den Nachweis ihrer Berechtigung oder Mitgliedschaft verlangen. (3)   Im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit können die öffentlichen Auftraggeber Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck können die öffentlichen Auftraggeber von den Wirtschaftsteilnehmern insbesondere verlangen, einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestumsatzes in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich, nachzuweisen. Zusätzlich können die öffentlichen Auftraggeber verlangen, dass die Wirtschaftsteilnehmer Informationen über ihre Jahresabschlüsse mit Angabe des Verhältnisses z. B. zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten bereitstellen. Sie können auch eine Berufshaftpflichtversicherung in geeigneter Höhe verlangen. … (4)   Im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit können die öffentlichen Auftraggeber Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer über die erforderlichen personellen und technischen Ressourcen sowie Erfahrungen verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Die öffentlichen Auftraggeber können von den Wirtschaftsteilnehmern insbesondere verlangen, ausreichende Erfahrung durch geeignete Referenzen aus früher ausgeführten Aufträgen nachzuweisen. Ein öffentlicher Auftraggeber kann davon ausgehen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer nicht über die erforderliche berufliche Leistungsfähigkeit verfügt, wenn der öffentliche Auftraggeber festgestellt hat, dass der Wirtschaftsteilnehmer kollidierende Interessen hat, die die Auftragsausführung negativ beeinflussen können. Bei Vergabeverfahren, die Lieferungen, für die Verlege- oder Installationsarbeiten erforderlich sind, oder die Erbringung von Dienstleistungen oder Bauleistungen zum Gegenstand haben, kann die berufliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer zur Erbringung dieser Leistungen oder zur Ausführung der Verlege- und Installationsarbeiten anhand ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Erfahrung und Zuverlässigkeit beurteilt werden. …“ 13 Art. 60 („Nachweise“) Abs. 3 und 4 der Richtlinie lautet: „(3)   Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann in der Regel durch einen oder mehrere der in Anhang XII Teil I aufgelisteten Nachweise belegt werden. Kann ein Wirtschaftsteilnehmer aus einem berechtigten Grund die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen. (4)   Der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann je nach Art, Menge oder Umfang oder Verwendungszweck der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen auf eine oder mehrere der in Anhang XII Teil II aufgelisteten Weisen erbracht werden.“ 14 Anhang XII („Nachweise über die Erfüllung der Eignungskriterien“) der Richtlinie bestimmt: „Teil I: Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann in der Regel durch einen oder mehrere der nachstehenden Nachweise belegt werden: a) entsprechende Bankerklärungen oder gegebenenfalls Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung; b) Vorlage von Jahresabschlüssen oder Auszügen aus Jahresabschlüssen, falls deren Veröffentlichung in dem Land, in dem der Wirtschaftsteilnehmer ansässig ist, gesetzlich vorgeschrieben ist; c) eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls über den Umsatz für den Tätigkeitsbereich, der Gegenstand der Ausschreibung ist, höchstens in den letzten drei Geschäftsjahren, entsprechend dem Gründungsdatum oder dem Datum der Tätigkeitsaufnahme des Wirtschaftsteilnehmers, sofern entsprechende Angaben verfügbar sind. Teil II: Technische Leistungsfähigkeit Der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers gemäß Artikel 58 kann wie folgt erbracht werden: a) durch die folgenden Verzeichnisse: i) Verzeichnis der in den letzten (bis zu fünf) Jahren erbrachten Bauleistungen, wobei für die wichtigsten Bauleistungen Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung und das Ergebnis beizufügen sind; soweit erforderlich, um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, können die öffentlichen Auftraggeber darauf hinweisen, dass sie auch einschlägige Bauleistungen berücksichtigen werden, die mehr als fünf Jahre zurückliegen; ii) Verzeichnis der in den letzten (bis zu drei) Jahren bereitgestellten beziehungsweise erbrachten wesentlichen Lieferungen oder Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Liefer- beziehungsweise Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers; soweit erforderlich, um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, können die öffentlichen Auftraggeber darauf hinweisen, dass sie auch einschlägige Lieferungen oder Dienstleistungen berücksichtigen werden, die mehr als drei Jahre zurückliegen; b) durch Angabe der technischen Fachkräfte oder der technischen Stellen, unabhängig davon, ob sie dem Unternehmen des Wirtschaftsteilnehmers angehören oder nicht, und zwar insbesondere derjenigen, die mit der Qualitätskontrolle beauftragt sind, und bei öffentlichen Bauaufträgen derjenigen, über die der Unternehmer für die Errichtung des Bauwerks verfügt; c) durch Beschreibung der technischen Ausrüstung und Maßnahmen des Wirtschaftsteilnehmers zur Qualitätssicherung und seiner Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten; d) eine Angabe des Lieferkettenmanagement- und ‑überwachungssystems, das dem Wirtschaftsteilnehmer zur Vertragserfüllung zur Verfügung steht; e) sind die zu liefernden Waren oder die zu erbringenden Dienstleistungen komplexer Art oder sollen sie ausnahmsweise einem besonderen Zweck dienen, durch eine Kontrolle, die vom öffentlichen Auftraggeber oder in dessen Namen von einer zuständigen amtlichen Stelle durchgeführt wird, die sich dazu bereit erklärt und sich in dem Land befindet, in dem der Lieferant oder Dienstleister ansässig ist; diese Kontrolle betrifft die Produktionskapazität des Lieferanten beziehungsweise die technische Leistungsfähigkeit des Dienstleisters und erforderlichenfalls seine Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten sowie die von ihm für die Qualitätskontrolle getroffenen Vorkehrungen; f) durch Studiennachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung des Dienstleisters oder Unternehmers und/oder der Führungskräfte des Unternehmens, sofern sie nicht als Zuschlagskriterium bewertet werden; g) durch Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen, die der Wirtschaftsteilnehmer während der Auftragsausführung anwenden kann; h) durch eine Erklärung, aus der die durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl des Dienstleisters oder des Unternehmers und die Zahl seiner Führungskräfte in den letzten drei Jahren ersichtlich ist; i) durch eine Erklärung, aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Geräte und welche technische Ausrüstung der Dienstleistungserbringer oder Unternehmer für die Ausführung des Auftrags verfügt; j) durch Angabe, welche Teile des Auftrags der Wirtschaftsteilnehmer unter Umständen als Unteraufträge zu vergeben beabsichtigt; k) hinsichtlich der zu liefernden Waren: i) durch Muster, Beschreibungen oder Fotografien, wobei die Echtheit auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers nachweisbar sein muss; ii) durch Bescheinigungen, die von als zuständig anerkannten Instituten oder amtlichen Stellen für Qualitätskontrolle ausgestellt wurden und in denen bestätigt wird, dass die durch entsprechende Bezugnahmen genau bezeichneten Waren bestimmten technischen Spezifikationen oder Normen entsprechen.“ 15 Art. 63 („Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen“) Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 bestimmt: „In Bezug auf die Kriterien für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß Artikel 58 Absatz 3 und die Kriterien für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit gemäß Artikel 58 Absatz 4 kann ein Wirtschaftsteilnehmer gegebenenfalls für einen bestimmten Auftrag die Kapazitäten anderer Unternehmen – ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen – in Anspruch nehmen. In Bezug auf die Kriterien für Ausbildungsnachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung gemäß Anhang XII Teil II Buchstabe f oder für die einschlägige berufliche Erfahrung können die Wirtschaftsteilnehmer jedoch nur die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch nehmen, wenn diese die Arbeiten ausführen beziehungsweise die Dienstleistungen erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden. Beabsichtigt ein Wirtschaftsteilnehmer, die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch zu nehmen, so weist er dem öffentlichen Auftraggeber gegenüber nach, dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen werden, indem er beispielsweise die diesbezüglichen verpflichtenden Zusagen dieser Unternehmen vorlegt. Der öffentliche Auftraggeber überprüft gemäß den Artikeln 59, 60 und 61, ob die Unternehmen, deren Kapazitäten der Wirtschaftsteilnehmer in Anspruch nehmen möchte, die entsprechenden Eignungskriterien erfüllen und ob Ausschlussgründe gemäß Artikel 57 vorliegen. Der öffentliche Auftraggeber schreibt vor, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Unternehmen, das ein einschlägiges Eignungskriterium nicht erfüllt oder bei dem zwingende Ausschlussgründe vorliegen, ersetzt. Der öffentliche Auftraggeber kann vorschreiben, oder ihm kann durch den Mitgliedstaat vorgeschrieben werden, vorzuschreiben, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Unternehmen, bei dem nicht-zwingende Ausschlussgründe vorliegen, ersetzt. Nimmt ein Wirtschaftsteilnehmer im Hinblick auf Kriterien für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch, so kann der öffentliche Auftraggeber vorschreiben, dass der Wirtschaftsteilnehmer und diese Unternehmen gemeinsam für die Auftragsausführung haften. Unter denselben Voraussetzungen können Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern nach Artikel 19 Absatz 2 die Kapazitäten von Mitgliedern der Gruppe oder von anderen Unternehmen in Anspruch nehmen.“ 16 Art. 70 („Bedingungen für die Auftragsausführung“) dieser Richtlinie lautet: „Öffentliche Auftraggeber können besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags festlegen, sofern diese gemäß Artikel 67 Absatz 3 mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und im Aufruf zum Wettbewerb oder in den Auftragsunterlagen angegeben werden. Diese Bedingungen können wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange umfassen.“ Richtlinie 89/665 17 Art. 1 („Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren“) der Richtlinie 89/665 bestimmt: „(1)   Diese Richtlinie gilt für Aufträge im Sinne der Richtlinie 2014/24…, sofern diese Aufträge nicht gemäß den Artikeln 7, 8, 9, 10, 11, 12, 15, 16, 17 und 37 jener Richtlinie ausgeschlossen sind. … Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24/EU beziehungsweise der Richtlinie 2014/23/EU fallenden Aufträge oder Konzessionen die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der Artikel 2 bis 2f dieser Richtlinie auf Verstöße gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, überprüft werden können. … (3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. … (5)   Die Mitgliedstaaten können auch verlangen, dass die betreffende Person zunächst bei dem öffentlichen Auftraggeber eine Nachprüfung beantragt. In diesem Fall tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass die Einreichung eines solchen Antrags einen unmittelbaren Suspensiveffekt auf den Vertragsschluss auslöst. … Der Suspensiveffekt nach Unterabsatz 1 endet nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der öffentliche Auftraggeber eine Antwort abgesendet hat, falls sie per Fax oder auf elektronischem Weg abgesendet wird, oder, falls andere Kommunikationsmittel verwendet werden, nicht vor Ablauf einer Frist von entweder mindestens 15 Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der öffentliche Auftraggeber eine Antwort abgesendet hat, oder mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang einer Antwort.“ 18 Art. 2 („Anforderungen an die Nachprüfungsverfahren“) Abs. 1 der Richtlinie sieht vor: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit a) so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Verstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören auch Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder die Durchführung jeder sonstigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen; b) die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann; c) denjenigen, die durch den Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.“ 19 Die Richtlinie 89/665 war in ihrer ursprünglichen Fassung, vor den Änderungen durch die Richtlinie 2014/23, Gegenstand von Änderungen durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. 2007, L 335, S. 31), um die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu verbessern. Nach ihrem 36. Erwägungsgrund steht die letztgenannte Richtlinie im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) anerkannt wurden, und soll namentlich die uneingeschränkte Achtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren nach Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta sicherstellen. Richtlinie 2016/943 20 In den Erwägungsgründen 4 und 18 der Richtlinie 2016/943 heißt es: „(4) Innovative Unternehmen sind zunehmend unlauteren Praktiken ausgesetzt, die auf eine rechtswidrige Aneignung von Geschäftsgeheimnissen abzielen, wie Diebstahl, unbefugtes Kopieren, Wirtschaftsspionage oder Verletzung von Geheimhaltungspflichten, und ihren Ursprung innerhalb oder außerhalb der Union haben können. Neuere Entwicklungen, wie die Globalisierung, das zunehmende Outsourcing, längere Lieferketten und der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien, tragen zu einer Erhöhung des von derartigen Praktiken ausgehenden Risikos bei. Der rechtswidrige Erwerb und die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses beeinträchtigen die Fähigkeit der rechtmäßigen Inhaber von Geschäftsgeheimnissen, Vorreiterrenditen aus ihren Innovationsanstrengungen zu erzielen. Ohne wirksame und vergleichbare rechtliche Mittel zum unionsweiten Schutz von Geschäftsgeheimnissen werden Anreize zur Aufnahme grenzüberschreitender Innovationstätigkeiten im Binnenmarkt zunichtegemacht und kann das Potenzial von Geschäftsgeheimnissen als Triebkräfte für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung nicht ausgeschöpft werden. Auf diese Weise werden Innovation und Kreativität behindert und gehen die Investitionen zurück, wobei der Binnenmarkt nicht mehr reibungslos funktioniert und sein wachstumsförderndes Potenzial ausgehöhlt wird. … (18) Ferner sollten Erwerb, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen immer dann, wenn sie rechtlich vorgeschrieben oder zulässig sind, als rechtmäßig im Sinne dieser Richtlinie gelten. Das betrifft insbesondere den Erwerb und die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Rahmen der Inanspruchnahme des Rechts der Arbeitnehmervertreter auf Information, Anhörung und Mitwirkung gemäß dem Unionsrecht und dem Recht oder den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten sowie im Rahmen der kollektiven Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber einschließlich der Mitbestimmung und den Erwerb oder die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Rahmen von Pflichtprüfungen, die gemäß dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht durchgeführt werden. Allerdings sollte diese Einstufung des Erwerbs eines Geschäftsgeheimnisses als rechtmäßig die Geheimhaltungspflicht in Bezug auf das Geschäftsgeheimnis oder jegliche Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses, die Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten dem Empfänger der Information auferlegen, unberührt lassen. Insbesondere sollte diese Richtlinie die Behörden nicht von ihrer Pflicht zur Geheimhaltung von Informationen, die ihnen von Inhabern von Geschäftsgeheimnissen übermittelt werden, entbinden, und zwar unabhängig davon, ob diese Pflichten in Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten festgelegt sind. Diese Geheimhaltungspflicht umfasst unter anderem die Pflichten im Zusammenhang mit Informationen, die öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge übermittelt werden, wie sie beispielsweise in … der Richtlinie 2014/24… festgelegt sind.“ 21 In Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) dieser Richtlinie heißt es: „(1)   Diese Richtlinie legt Vorschriften für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb, rechtswidriger Nutzung und rechtswidriger Offenlegung fest. … (2)   Diese Richtlinie berührt nicht … b) die Anwendung von Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, nach denen die Inhaber von Geschäftsgeheimnissen verpflichtet sind, aus Gründen des öffentlichen Interesses Informationen, auch Geschäftsgeheimnisse, gegenüber der Öffentlichkeit oder den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten offenzulegen, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen können, c) die Anwendung von Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, nach denen es den Organen und Einrichtungen der Union oder den nationalen Behörden vorgeschrieben oder gestattet ist, von Unternehmen vorgelegte Informationen offenzulegen, die diese Organe, Einrichtungen oder Behörden in Einhaltung der Pflichten und gemäß den Rechten, die im Unionsrecht oder im nationalen Recht niedergelegt sind, besitzen. …“ 22 Art. 3 („Rechtmäßiger Erwerb, rechtmäßige Nutzung und rechtmäßige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen“) Abs. 2 der Richtlinie bestimmt: „Der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gilt insofern als rechtmäßig, als der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung durch Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben oder erlaubt ist.“ 23 Art. 4 („Rechtswidriger Erwerb, rechtswidrige Nutzung und rechtswidrige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen“) Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie sieht vor: „Der Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses gilt als rechtswidrig, wenn er erfolgt durch a) unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtmäßigen Kontrolle durch den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt“. 24 Art. 9 („Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren“) Abs. 2 der Richtlinie 2016/943 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten stellen des Weiteren sicher, dass die zuständigen Gerichte auf ordnungsgemäß begründeten Antrag einer Partei spezifische Maßnahmen treffen können, die erforderlich sind, um die Vertraulichkeit eines Geschäftsgeheimnisses oder eines angeblichen Geschäftsgeheimnisses zu wahren, das im Laufe eines Gerichtsverfahrens im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Erwerb oder der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses genutzt oder auf das in diesem Rahmen Bezug genommen wird. Die Mitgliedstaaten können ferner die zuständigen Gerichte ermächtigen, solche Maßnahmen von Amts wegen zu ergreifen. Die in Unterabsatz 1 genannten Maßnahmen sehen mindestens die Möglichkeit vor, a) den Zugang zu von den Parteien oder Dritten vorgelegten Dokumenten, die Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse enthalten, ganz oder teilweise auf eine begrenzte Anzahl von Personen zu beschränken; b) den Zugang zu Anhörungen, bei denen unter Umständen Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden, und zu der entsprechenden Aufzeichnung oder Mitschrift dieser Anhörungen auf eine begrenzte Anzahl von Personen zu beschränken; c) Personen, die nicht der begrenzten Anzahl von Personen nach den Buchstaben a und b angehören, eine nicht vertrauliche Fassung einer gerichtlichen Entscheidung bereitzustellen, in der die Geschäftsgeheimnisse enthaltenden Passagen gelöscht oder geschwärzt wurden. Die Anzahl der Personen nach Unterabsatz 2 Buchstaben a und b darf nicht größer sein, als zur Wahrung des Rechts der Verfahrensparteien auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren erforderlich ist, und muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei und ihre jeweiligen Rechtsanwälte oder sonstigen Vertreter dieser Gerichtsverfahrensparteien umfassen.“ Litauisches Recht Vergabegesetz 25 Das Lietuvos Respublikos viešųjų pirkimų įstatymas (Gesetz der Republik Litauen über das öffentliche Auftragswesen) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Vergabegesetz) bestimmt in Art. 20 („Vertraulichkeit“): „(1)   Es ist dem öffentlichen Auftraggeber, dem Vergabeausschuss, dessen Mitgliedern und Sachverständigen sowie allen sonstigen Personen untersagt, Informationen, die von den Leistungserbringern als vertraulich eingereicht wurden, an Dritte weiterzugeben. (2)   Das Angebot des Leistungserbringers bzw. sein Antrag auf Teilnahme darf nicht in seiner Gesamtheit als vertraulich eingestuft werden; der Leistungserbringer kann jedoch angeben, dass bestimmte in seinem Angebot enthaltene Informationen vertraulich sind. Zu den vertraulichen Informationen können u. a. Geschäftsgeheimnisse (betreffend die Herstellung) und vertrauliche Teile des Angebots gehören. Informationen dürfen nicht als vertraulich eingestuft werden, 1. wenn dies gegen gesetzliche Vorschriften, die eine Pflicht zur Offenlegung oder ein Recht auf Auskunft enthalten, oder gegen Durchführungsverordnungen zu diesen gesetzlichen Vorschriften verstoßen würde; 2. wenn dies einen Verstoß gegen die in Art. 33 und 58 dieses Gesetzes festgelegten Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der abgeschlossenen Verträge, der Unterrichtung der Bewerber und Bieter, einschließlich der Unterrichtung über den Preis der in der Ausschreibung angegebenen Lieferungen, Dienst- oder Werkleistungen – jedoch ohne die wesentlichen Preisbildungselemente –, darstellen würde; 3. wenn diese Informationen in Dokumenten vorgelegt worden sind, die bescheinigen, dass beim Leistungserbringer keine Ausschlussgründe vorliegen, dass er die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und die Vorschriften über das Qualitätsmanagement und den Umweltschutz erfüllt; ausgenommen sind Informationen, deren Offenlegung die Bestimmungen des Gesetzes der Republik Litauen über den Schutz personenbezogener Daten oder die Verpflichtungen des Leistungserbringers aus mit Dritten geschlossenen Verträgen verletzen würde; 4. wenn diese Informationen Wirtschaftsteilnehmer und Unterauftragnehmer betreffen, auf deren Kapazitäten der Leistungserbringer zurückgreift; dies gilt nicht für Informationen, deren Offenlegung gegen die Bestimmungen des Gesetzes über den Schutz personenbezogener Daten verstoßen würde. (3)   Hat der öffentliche Auftraggeber Zweifel an der Vertraulichkeit der im Angebot des Leistungserbringers enthaltenen Informationen, muss er diesen auffordern, nachzuweisen, aus welchem Grund die fraglichen Informationen vertraulich sind. … (4)   Spätestens sechs Monate nach Abschluss des Vertrags können interessierte Bieter beim öffentlichen Auftraggeber beantragen, dass dieser ihnen Zugang zum Angebot oder zur Bewerbung des erfolgreichen Bieters gewährt (Bewerber zu den Anträgen der anderen Leistungserbringer, die zur Angebotsabgabe oder zur Teilnahme an einem Gespräch aufgefordert worden sind). Informationen, die von den Bewerbern oder Bietern ohne Verstoß gegen Abs. 2 dieses Artikels als vertraulich gekennzeichnet worden sind, dürfen jedoch nicht weitergegeben werden. …“ 26 Art. 45 („Allgemeine Grundsätze für die Bewertung des Leistungserbringers und von dessen Teilnahmeantrag oder Angebot“) Abs. 3 dieses Gesetzes sieht vor: „Hat ein Bewerber oder Bieter unrichtige, unvollständige oder falsche Unterlagen oder Angaben bezüglich der Übereinstimmung mit den Vorgaben der Auftragsunterlagen vorgelegt oder hat er solche Unterlagen oder Angaben nicht vorgelegt, so hat der öffentliche Auftraggeber den Bewerber oder Bieter, ohne dabei gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz zu verstoßen, aufzufordern, diese Unterlagen oder Angaben innerhalb einer von ihm festgelegten angemessenen Frist zu berichtigen, zu vervollständigen oder zu präzisieren. Berichtigt, vervollständigt, präzisiert oder nachgereicht werden können nur Unterlagen oder Angaben, die sich auf das Nichtvorliegen von Gründen für den Ausschluss des Leistungserbringers, auf die Erfüllung der Vorgaben bezüglich seiner Leistungsfähigkeit oder auf die Kriterien des Qualitätsmanagements und des Umweltschutzes beziehen, eine vom Leistungserbringer für die Unterzeichnung des Teilnahmeantrags oder des Angebots erteilte Vollmacht, ein Vertrag über eine gemeinsame Tätigkeit oder ein Dokument, das die Gültigkeit des Angebots und der Unterlagen ohne Bezug zum Gegenstand des Auftrags, seinen technischen Merkmalen, den Bedingungen für die Auftragsausführung oder den Preis des Angebots bescheinigt. Die sonstigen Unterlagen des Angebots des Leistungserbringers können nach Art. 55 Abs. 9 dieses Gesetzes berichtigt, vervollständigt oder präzisiert werden.“ 27 In Art. 46 („Gründe für den Ausschluss eines Leistungserbringers“) Abs. 4 des Gesetzes heißt es: „Der öffentliche Auftraggeber schließt den Leistungserbringer vom Vergabeverfahren aus, wenn … 4. der Leistungserbringer in einem Vergabeverfahren Informationen verheimlicht oder falsche Informationen bezüglich der Erfüllung der Vorgaben nach Art. 47 dieses Gesetzes vorgelegt hat und der öffentliche Auftraggeber dies auf rechtlichem Wege nachweisen kann oder der Leistungserbringer nicht in der Lage ist, die nach Art. 50 dieses Gesetzes erforderlichen Belege beizubringen, weil er falsche Informationen vorgebracht hat. …“ 28 Art. 52 („Verheimlichen von Informationen, Vorlage falscher Informationen oder Nichtvorlage von Unterlagen“) des Vergabegesetzes sieht vor: „(1)   Der öffentliche Auftraggeber veröffentlicht innerhalb von zehn Tagen im Centrinė viešųjų pirkimų informacinė sistema [(Zentrales Portal für öffentliche Aufträge, Litauen)] gemäß den Vorschriften der Viešųjų pirkimų tarnyba [(Behörde für das öffentliche Auftragswesen, Litauen)] die Informationen über den Leistungserbringer, der im Rahmen des Vergabeverfahrens Informationen bezüglich der Erfüllung der in den Art. 46 und 47 dieses Gesetzes genannten Vorgaben verheimlicht oder insoweit falsche Informationen vorgebracht hat, oder der, weil er falsche Informationen vorgebracht hat, die gemäß Art. 50 dieses Gesetzes erforderlichen Belege nicht vorgelegt hat, wenn 1. dieser Leistungserbringer vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden ist; 2. eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist. …“ 29 Art. 55 („Bewertung und Vergleich der Angebote“) Abs. 9 des Vergabegesetzes bestimmt: „Gemäß Art. 45 Abs. 3 dieses Gesetzes kann der öffentliche Auftraggeber die Bieter auffordern, ihre Angebote zu berichtigen, zu vervollständigen oder zu präzisieren, er darf sie jedoch weder auffordern noch ihnen vorschlagen oder gestatten, wesentliche Elemente des in einem offenen oder nichtoffenen Verfahren eingereichten Angebots oder des endgültigen Angebots, das im Rahmen eines wettbewerblichen Dialogs, eines Verhandlungsverfahrens mit oder ohne Bekanntmachung oder einer Innovationspartnerschaft eingereicht wurde, zu ändern, d. h. den Preis zu ändern oder sonstige Änderungen vorzunehmen, die dazu führen würden, dass ein Angebot, das nicht den Auftragsunterlagen entsprach, diesen entspräche. Stellt der öffentliche Auftraggeber bei der Prüfung der Angebote Fehler bei der Berechnung des Preises oder der Kosten im Angebot fest, so muss er den Bieter auffordern, die von ihm festgestellten Berechnungsfehler innerhalb einer von ihm festzusetzenden Frist zu berichtigen, ohne die Preise oder Kosten zu ändern, die in dem Angebot zu dem Zeitpunkt enthalten waren, zu dem er von ihm Kenntnis erlangt hat. Bei der Berichtigung der Berechnungsfehler, die in seinem Angebot festgestellt worden sind, kann der Bieter wesentliche Preis- oder Kostenelemente berichtigen, darf aber weder Preis- oder Kostenelemente weglassen noch neue Elemente zum Preis oder zu den Kosten hinzufügen.“ 30 In Art. 58 („Mitteilung der Ergebnisse der Vergabeverfahren“) Abs. 3 heißt es: „In den in den Abs. 1 und 2 dieses Artikels genannten Fällen darf der öffentliche Auftraggeber keine Informationen zur Verfügung stellen, deren Offenlegung gegen die Vorschriften über den Schutz von Informationen und Daten verstoßen oder dem Allgemeininteresse zuwiderlaufen würde, für die berechtigten Geschäftsinteressen eines bestimmten Leistungserbringers nachteilig wäre oder den Wettbewerb zwischen Leistungserbringern beeinträchtigen würde.“ Zivilprozessordnung der Republik Litauen 31 Der Lietuvos Respublikos civilinio proceso kodeksas (Zivilprozessordnung der Republik Litauen) bestimmt in Art. 101 („Besondere Bestimmungen über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen“): „(1)   Dieser Artikel enthält besondere Bestimmungen über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Rechtssachen, in denen es um die rechtswidrige Erlangung, Verwendung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen geht, sowie in anderen Zivilsachen. (2)   Bestehen Gründe für die Annahme, dass ein Geschäftsgeheimnis offengelegt werden könnte, bestimmt der Richter auf ordnungsgemäß begründeten Antrag der Parteien oder von Amts wegen durch mit Gründen versehenen Beschluss die Personen, die 1. Zugang zu den Teilen des Vorgangs erhalten, in denen Informationen enthalten sind, die Geschäftsgeheimnisse darstellen oder darstellen können, und die Auszüge, Duplikate und Kopien (digitale Kopien) anfertigen und erhalten dürfen; 2. an nicht öffentlichen Anhörungen teilnehmen dürfen, in denen Informationen, die Geschäftsgeheimnisse darstellen oder darstellen können, offengelegt werden könnten, und Zugang zu den Protokollen solcher Anhörungen erhalten dürfen; 3. eine beglaubigte Kopie (digitale Kopie) eines Urteils oder Beschlusses erhalten dürfen, in dem Informationen enthalten sind, die Geschäftsgeheimnisse darstellen oder darstellen können. (3)   Die Zahl der in Abs. 2 dieses Artikels genannten Personen darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um das Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz und das Recht auf ein faires Verfahren zu gewährleisten. Dies sind mindestens die folgenden Personen: 1. wenn es sich bei der Partei um eine natürliche Person handelt: sie selbst und ihr Vertreter; 2. wenn es sich bei der Partei um eine juristische Person handelt: zumindest eine natürliche Person, die in der Rechtssache im Namen der juristischen Person handelt, und deren Vertreter. (4)   Bei der Anwendung der in Abs. 2 dieses Artikels festgelegten Beschränkungen berücksichtigt das Gericht die Erfordernisse der Gewährleistung des Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren, die berechtigten Interessen der Parteien und sonstigen Verfahrensbeteiligten sowie den Schaden, der aus der Anwendung oder Nichtanwendung dieser Beschränkungen entstehen kann. …“ Ausgangsverfahren und Vorlagefragen 32 Mit einer Bekanntmachung einer öffentlichen Ausschreibung, die am 27. September 2018 veröffentlicht wurde, leitete die öffentliche Auftraggeberin ein internationales offenes Verfahren zur Vergabe eines Auftrags für Dienstleistungen im Bereich der Sammlung von Siedlungsabfällen der Gemeinde Neringa (Litauen) und der Beförderung dieser Abfälle zu den Entsorgungsanlagen der Deponie der Region Klaipėda (Litauen) ein. 33 Die öffentliche Auftraggeberin legte in dieser Bekanntmachung technische Spezifikationen fest. Sie sah u. a. vor, dass der Dienstleistungsanbieter Fahrzeuge zur Sammlung von Siedlungsabfällen verwenden müsse, die mindestens der Euro-5-Norm entsprechen und mit einem eingebauten Sender des globalen Positionsbestimmungssystems (GPS) im Dauerbetrieb ausgestattet sind, so dass die öffentliche Auftraggeberin die genaue Position und Route des Fahrzeugs bestimmen kann. 34 Die Bekanntmachung enthielt auch eine Beschreibung der für die Ausführung des Auftrags erforderlichen beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit der Bieter sowie eine Beschreibung von deren finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. In der Bekanntmachung wurde insoweit klargestellt, dass jeder Bieter eine formlose Erklärung vorlegen müsse, die bescheinige, dass der durchschnittliche Jahresumsatz, den er in Ausübung der Tätigkeit der Sammlung und Beförderung gemischter Siedlungsabfälle in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren oder, wenn er diese Tätigkeit seit weniger als drei Jahren ausübe, seit seiner Registrierung erzielt habe, nicht weniger als 200000 Euro ohne Mehrwertsteuer betragen habe. 35 Die öffentliche Auftraggeberin erhielt drei Angebote, darunter die Angebote von Ecoservice und des Konsortiums. 36 Am 29. November 2018 teilte die öffentliche Auftraggeberin den Bietern die Bewertung der Angebote und deren endgültigen Rang mit. Der Auftrag wurde wegen des niedrigeren Preises seines Angebots an das Konsortium vergeben, während Ecoservice an die zweite Rangstelle gesetzt wurde. 37 Am 4. Dezember 2018 beantragte Ecoservice bei der öffentlichen Auftraggeberin auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 4 des Vergabegesetzes Zugang zu den Daten, die diese für die Festlegung dieser Rangfolge herangezogen hatte, insbesondere zum Angebot des Konsortiums. 38 Am 6. Dezember 2018 konnte Ecoservice von den nicht vertraulichen Informationen dieses Angebots Kenntnis nehmen. 39 Da Ecoservice der Ansicht war, dass das Konsortium nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfüge, legte sie am 10. Dezember 2018 bei der öffentlichen Auftraggeberin Beschwerde ein, um die Ergebnisse des Ausschreibungsverfahrens anzufechten. Sie machte erstens geltend, dass keines der Mitglieder des Konsortiums in den vorangegangenen drei Jahren Aufträge zur Sammlung und Beförderung gemischter Siedlungsabfälle in Höhe eines Betrags von 200000 Euro habe ausführen können. Insoweit führte sie aus, dass die öffentliche Auftraggeberin Parsekas, da diese keine Dienstleistungen der Bewirtschaftung gemischter Siedlungsabfälle erbringe, hätte auffordern müssen, die vorgelegte Erklärung, wonach Parsekas Aufträge der Bewirtschaftung gemischter Abfälle in Höhe eines Betrags von 235510,79 Euro ausgeführt habe, zu präzisieren. Zweitens machte Ecoservice geltend, das Konsortium habe nicht über die erforderliche technische Leistungsfähigkeit verfügt. 40 Am 17. Dezember 2018 wies die öffentliche Auftraggeberin diese Beschwerde mit dem knappen Hinweis zurück, dass das Konsortium die beiden von Ecoservice in Frage gestellten Qualifikationsanforderungen erfüllt habe. 41 Am 27. Dezember 2018 erhob Ecoservice gegen diese Entscheidung beim Klaipėdos apygardos teismas (Regionalgericht Klaipėda, Litauen) eine Klage, mit der sie u. a. beantragte, der öffentlichen Auftraggeberin aufzugeben, das Angebot des Konsortiums und den zwischen diesem und der öffentlichen Auftraggeberin geführten Schriftwechsel vorzulegen. Ecoservice machte geltend, dass dem Gericht sämtliche Beweismittel unabhängig von deren Vertraulichkeit vorzulegen seien, und war der Ansicht, dass ihr diese Unterlagen, von denen einige nicht vertraulich seien, zur Verfügung stehen müssten, damit sie ihre eigenen Anträge präzisieren könne. 42 Mit Entscheidung vom 3. Januar 2019 gab dieses Gericht der öffentlichen Auftraggeberin auf, Ecoservice sämtliche angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. 43 In ihrem im Anschluss an diese Anordnung eingereichten Schriftsatz vom 11. Januar 2019 machte die öffentliche Auftraggeberin erstens geltend, dass sie das Konsortium bei der Prüfung der Beschwerde um Erläuterungen zu den von diesem geschlossenen Verträgen über Abfallbewirtschaftungsdienste gebeten habe. Das Konsortium habe die verlangten Informationen übermittelt und dabei klargestellt, dass ein großer Teil der übermittelten Informationen vertraulich sei und daher vor einer Offenlegung gegenüber Dritten geschützt werden müsse. Da die öffentliche Auftraggeberin außerdem der Ansicht war, dass diese Informationen für das Konsortium einen wirtschaftlichen Wert hätten und dass dem Konsortium durch die Offenlegung dieser Informationen gegenüber Wettbewerbern ein Schaden entstehen könnte, übermittelte sie sie dem Gericht nicht, um nicht gegen Art. 20 des Vergabegesetzes zu verstoßen. Sie hat somit nur die nicht vertraulichen Informationen des Angebots des Konsortiums vorgelegt, dabei aber darauf hingewiesen, dass sie die vertraulichen Informationen dem Gericht vorlegen werde, wenn dieses die Informationen erneut anfordern sollte. 44 Zweitens beantragte die öffentliche Auftraggeberin die Abweisung der Klage mit der Begründung, dass die ergänzenden Erläuterungen, die sie vom Konsortium erhalten habe, und der Besuch in dessen Geschäftsräumen es ermöglicht hätten, zu bestätigen, dass das in Rede stehende Angebot korrekt bewertet worden sei. 45 Mit Beschluss vom 15. Januar 2019 beschränkte das Klaipėdos apygardos teismas (Regionalgericht Klaipėda) die Verpflichtung zur Vorlage der Unterlagen auf das Angebot des Konsortiums und auf die diesem Angebot beigefügten Unterlagen und ordnete die Vorlage dieser Unterlagen bis zum 25. Januar 2019 an. 46 Am 25. Januar 2019 legte die öffentliche Auftraggeberin die bei diesem Gericht angeforderten Unterlagen vor, wobei sie eine Unterscheidung danach vornahm, ob die Unterlagen vertrauliche Informationen enthielten oder nicht. Die Informationen, von denen das Konsortium – von der öffentlichen Auftraggeberin unwidersprochen – behauptete, sie seien vertraulich, waren ausschließlich an dieses Gericht gerichtet. Die öffentliche Auftraggeberin beantragte bei dem Gericht offenbar außerdem, es Ecoservice nicht zu ermöglichen, von den vertraulichen Informationen des Angebots des Konsortiums Kenntnis zu nehmen und diese als nicht öffentliche Teile der Akte einzustufen. 47 Mit Beschluss vom 30. Januar 2019 gab das erstinstanzliche Gericht den Anträgen der öffentlichen Auftraggeberin statt, die ihm vorgelegten Informationen über das Angebot des Konsortiums zum einen als vertraulich einzustufen und zum anderen nicht offenzulegen. 48 Am 14. Februar 2019 wies dieses Gericht den Antrag von Ecoservice vom 11. Februar 2019 auf Zugang zu sämtlichen Teilen der Akte mit nicht anfechtbarem Beschluss zurück. 49 Am 21. Februar 2019 wies dasselbe Gericht den Antrag von Ecoservice vom 12. Februar 2019, Parsekas aufzugeben, Daten über von dieser geschlossene Abfallbewirtschaftungsverträge vorzulegen, mit nicht anfechtbarem Beschluss zurück. 50 Mit Urteil vom 15. März 2019 wies das Klaipėdos apygardos teismas (Regionalgericht Klaipėda) die Klage von Ecoservice mit der Begründung ab, dass das Konsortium die erforderlichen Qualifikationen aufweise. 51 Auf die Berufung von Ecoservice hin hob das Lietuvos apeliacinis teismas (Berufungsgericht Litauens) mit Urteil vom 30. Mai 2019 sowohl das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts als auch die Entscheidung der öffentlichen Auftraggeberin über die Festlegung der Rangfolge der Angebote auf. Außerdem gab das Berufungsgericht der öffentlichen Auftraggeberin auf, die Angebote neu zu bewerten. 52 Gegen diese Entscheidung legte die öffentliche Auftraggeberin beim Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof Litauens) Revision ein. 53 Am 26. Juli 2019 beantragte Ecoservice, vor Einreichung ihrer Revisionserwiderung, beim Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof Litauens) Zugang zu den vertraulichen Unterlagen, die die öffentliche Auftraggeberin im ersten Rechtszug vorgelegt hatte, wobei geschäftlich sensible Informationen zu schwärzen wären. 54 Das vorlegende Gericht weist erstens darauf hin, dass bestimmte in der Ausschreibung enthaltene Anforderungen an die Qualifikation der Bieter sowohl als Bedingungen bezüglich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers als auch als Bedingungen bezüglich dessen technischer und beruflicher Leistungsfähigkeit verstanden werden könnten, aber auch als technische Spezifikationen oder als Bedingungen für die Ausführung des öffentlichen Auftrags. 55 Die Natur dieser Anforderungen müsse aber bestimmt werden, da nach Art. 45 Abs. 3 und Art. 55 Abs. 9 des Vergabegesetzes die Pflicht oder die Möglichkeit, die Erklärung eines Bieters zu berichtigen, unterschiedlich sei, je nachdem, ob die streitige Information die Qualifikation des Bieters oder das von ihm abgegebene Angebot betreffe. 56 Zweitens stellt sich nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die Frage der Abwägung zwischen dem Schutz der von einem Bieter erbrachten vertraulichen Informationen und der Wirksamkeit der Verteidigungsrechte der anderen Bieter. 57 Im vorliegenden Fall habe Ecoservice vergeblich versucht, Zugang zum Angebot des Konsortiums zu erhalten. Die öffentliche Auftraggeberin selbst habe dem Recht des Konsortiums auf Schutz seiner vertraulichen Informationen sehr aktiv Vorrang eingeräumt. Diese in Litauen vorherrschende Praxis führe dazu, dass die Rechte der Bieter nur teilweise geschützt würden. In Rechtsstreitigkeiten über die Vergabe öffentlicher Aufträge verfügten die abgelehnten Bieter nämlich über weniger Informationen als die anderen Parteien dieser Rechtsstreitigkeiten. Außerdem hänge der effektive Schutz ihrer Rechte von der Entscheidung des Gerichts ab, die Informationen, deren Vorlage sie begehrten, als vertraulich einzustufen. Eine Entscheidung, mit der das Gericht einem Antrag auf Übermittlung solcher Informationen nicht stattgebe, könne aber die Möglichkeiten für einen abgelehnten Bieter einschränken, dass der Klage stattgegeben werde, die er gegen die Zuschlagsentscheidung erhoben habe. 58 Das vorlegende Gericht führt erstens aus, es habe im Bereich des öffentlichen Auftragswesens u. a. entschieden, dass das in Art. 20 des Vergabegesetzes verankerte Recht der Bieter auf Schutz vertraulicher Informationen, die sie im Angebot aufgeführt hätten, nur die Informationen betreffe, die nach Art. 1.116 Abs. 1 des Lietuvos Respublikos civilinio kodekso (Zivilgesetzbuch der Republik Litauen), der im Wesentlichen den Bestimmungen der Richtlinie 2016/943 entspreche, als Geschäftsgeheimnisse oder als Betriebsgeheimnisse einzustufen seien. Zweitens sei das Recht eines Bieters auf Zugang zum Angebot eines anderen Bieters als integraler Bestandteil des Schutzes der potenziell verletzten Rechte anzusehen. 59 Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch nach dem genauen Inhalt der Verpflichtungen der öffentlichen Auftraggeber, die Vertraulichkeit der ihnen von den Bietern übermittelten Informationen zu schützen, und nach dem Verhältnis zwischen diesen Verpflichtungen und der Verpflichtung, den Wirtschaftsteilnehmern, die Klage erhoben haben, einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten. Zwar habe der Gerichtshof im Urteil vom 14. Februar 2008, Varec (C‑450/06, EU:C:2008:91), betont, dass die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge auf einem Vertrauensverhältnis zwischen den Wirtschaftsteilnehmern und den öffentlichen Auftraggebern beruhten, jedoch sehe Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 2016/943, der nach diesem Urteil erlassen worden sei, vor, dass die Parteien eines Prozesses jedenfalls nicht über unterschiedliche Informationen verfügen dürften, da andernfalls das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und das Recht auf ein faires Verfahren verletzt würden. Da diese Bestimmung das Gericht verpflichte, das Recht der Wirtschaftsteilnehmer zu gewährleisten, von den Geschäftsgeheimnissen einer Partei des Rechtsstreits Kenntnis zu nehmen, könne es auch angebracht sein, ihnen zu gestatten, dieses Recht vor einem etwaigen Gerichtsverfahren auszuüben, insbesondere damit sie in voller Kenntnis der Umstände entscheiden können, ob sie Klage erheben sollen. 60 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass jedoch die Gefahr bestehe, dass bestimmte Wirtschaftsteilnehmer dieses Recht dadurch missbrauchten, dass sie den öffentlichen Auftraggeber nicht zur Gewährleistung der Verteidigung ihrer Rechte, sondern nur zu dem Zweck anriefen, Informationen über ihre Wettbewerber zu erhalten. Die Anrufung eines Gerichts würde es diesen Wirtschaftsteilnehmern aber in jedem Fall ermöglichen, die gewünschten Informationen zu erhalten. 61 Das vorlegende Gericht stellt fest, dass die Richtlinie 2016/943 mit Ausnahme ihres 18. Erwägungsgrundes keine spezielle Bestimmung über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge enthalte. Es betont, dass auch wenn die öffentlichen Auftraggeber keine Nachprüfungsstellen seien, ihnen das im innerstaatlichen Recht vorgesehene obligatorische System der vorgerichtlichen Streitbeilegung eine weitreichende Befugnis zur Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsteilnehmern verleihe, unabhängig davon, ob diese Antragsteller oder Antragsgegner seien. Die öffentlichen Auftraggeber hätten infolge des Ziels, diesen Wirtschaftsteilnehmern einen wirksamen Schutz ihrer Rechte zu gewährleisten, außerdem die Verpflichtung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit haben, Interessen, die beeinträchtigt worden sein könnten, tatsächlich zu verteidigen. Somit könnten Art. 21 der Richtlinie 2014/24 und die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen sein, dass die Bieter nicht nur im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, sondern auch während der Phase des vorangehenden Verwaltungsrechtsbehelfs Zugang zu Informationen hätten, die Geschäftsgeheimnisse anderer Bieter darstellten. 62 Drittens möchte das vorlegende Gericht von Amts wegen die Frage der Beurteilung der Handlungen des Konsortiums im Hinblick auf Art. 57 Abs. 4 Buchst. h der Richtlinie 2014/24 prüfen, d. h. die Frage, ob das Konsortium oder zumindest einige seiner Mitglieder der öffentlichen Auftraggeberin nicht etwa falsche Angaben über die Übereinstimmung ihrer Leistungsfähigkeit mit den Vorgaben der Ausschreibung gemacht haben. 63 Das vorlegende Gericht leitet aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ab, dass die von Parsekas gemachten Angaben einen Fall von Fahrlässigkeit bei der Vorlage von Informationen darstellen könnten, der sich auf die Ergebnisse des Vergabeverfahrens ausgewirkt habe. Es geht insoweit davon aus, dass Parsekas weder die Einkünfte hätte angeben dürfen, die sie aus den Verträgen erzielt habe, die sie mit anderen Wirtschaftsteilnehmern, die den die Bewirtschaftung gemischter Abfälle betreffenden Teil erbracht hätten, geschlossen und durchgeführt habe, noch die Einkünfte, die sie aus den Verträgen erzielt habe, die sie selbst durchgeführt habe, bei denen die Bewirtschaftung gemischter Abfälle aber nur einen sehr geringen Teil der betreffenden Abfälle ausgemacht habe. 64 Außerdem fragt sich das vorlegende Gericht – das darauf hinweist, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem betreffenden Leistungserbringer gestützt sei – insoweit, ob ein nationales Gericht von der Beurteilung des öffentlichen Auftraggebers, dass die Informationen, die ihm im Vergabeverfahren übermittelt wurden, nicht falsch oder irreführend sind, abweichen darf. 65 Schließlich möchte das vorlegende Gericht wissen, ob, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer, der Partei einer Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit ist, möglicherweise falsche Angaben gemacht hat, auch dessen Partner, mit denen er das gemeinsame Angebot eingereicht hat, gemäß Art. 46 Abs. 4 Nr. 4 und Art. 52 des Vergabegesetzes in die „Liste der Leistungserbringer, die falsche Angaben gemacht haben“ aufgenommen werden müssen mit der Folge, dass sie für ein Jahr von der Teilnahme an Ausschreibungen anderer öffentlicher Auftraggeber ausgeschlossen werden. 66 Diese Lösung, die sich auf die Solidarität sowie die Interessen- und Haftungsgemeinschaft aller Partnerunternehmen stützen könnte, scheine jedoch dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit dieser Wirtschaftsteilnehmer zu widersprechen, wonach nur ein Wirtschaftsteilnehmer mit einer Sanktion belegt werden könne, der falsche Informationen übermittelt habe. 67 Unter diesen Umständen hat der Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof Litauens) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen: 1. Fällt eine Ausschreibungsbedingung, wonach Unternehmen durchschnittliche betriebliche Jahreserträge in bestimmter Höhe nachweisen müssen, die sie ausschließlich aus der Durchführung bestimmte Dienstleistungen (Bewirtschaftung gemischter Siedlungsabfälle) betreffender Tätigkeiten erzielt haben, in den Anwendungsbereich von Art. 58 Abs. 3 oder Abs. 4 der Richtlinie 2014/24? 2. Kommt es für die vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Mai 2017, Esaprojekt (C‑387/14, EU:C:2017:338), dargelegte Methode zur Bewertung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens auf die Antwort auf die erste Frage an? 3. Fällt eine Ausschreibungsbedingung, wonach die Unternehmen nachweisen müssen, dass die für die Erbringung der Abfallbewirtschaftungsdienstleistungen erforderlichen Fahrzeuge den spezifischen technischen Vorgaben, einschließlich solche betreffend Schadstoffemissionen (EURO 5), den Einbau eines GPS-Senders, eine angemessene Kapazität usw., entsprechen, in den Anwendungsbereich von Art. 58 Abs. 4, von Art. 42 in Verbindung mit den Bestimmungen des Anhangs VII oder von Art. 70 der Richtlinie 2014/24? 4. Sind Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 89/665, der den Grundsatz der Wirksamkeit von Nachprüfungsverfahren festlegt, Art. 1 Abs. 3 und 5 dieser Richtlinie, Art. 21 der Richtlinie 2014/24 und die Richtlinie 2016/943, insbesondere ihr 18. Erwägungsgrund und ihr Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 (in Verbindung miteinander oder einzeln, aber ohne die Frage insoweit zu beschränken), dahin auszulegen, dass dann, wenn im nationalen Vergaberecht ein verbindliches vorprozessuales Streitbeilegungsverfahren vorgesehen ist, a) der öffentliche Auftraggeber dem Unternehmen, das das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, alle Einzelheiten des Angebots eines anderen Unternehmens zur Verfügung zu stellen hat (unabhängig von ihrer Vertraulichkeit), wenn Gegenstand dieses Verfahrens gerade die Rechtmäßigkeit der Bewertung des Angebots des anderen Unternehmens ist und das Unternehmen, das das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, den öffentlichen Auftraggeber vorher ausdrücklich zu ihrer Vorlage aufgefordert hat; b) ungeachtet der Antwort auf die vorstehende Frage der öffentliche Auftraggeber, wenn er den Rechtsbehelf des Unternehmens, mit dem die Rechtmäßigkeit der Bewertung des Angebots seines Wettbewerbers angefochten wird, zurückweist, unabhängig davon, ob die Gefahr besteht, dass vertrauliche Informationen über die ihm vorgelegten Angebote verbreitet werden, jedenfalls eine eindeutige, vollständige und konkrete Antwort geben muss? 5. Sind Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4, Art. 1 Abs. 3 und 5 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665, Art. 21 der Richtlinie 2014/24 und die Richtlinie 2016/943, insbesondere ihr 18. Erwägungsgrund (in Verbindung miteinander oder einzeln, aber ohne die Frage insoweit zu beschränken), dahin auszulegen, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, einem Unternehmen keinen Zugang zu vertraulichen Einzelheiten des Angebots eines anderen Teilnehmers zu gewähren, gesondert gerichtlich angefochten werden kann? 6. Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Ist Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen, dass das Unternehmen gegen eine solche Entscheidung einen Rechtsbehelf beim öffentlichen Auftraggeber einlegen und erforderlichenfalls eine gerichtliche Klage erheben muss? 7. Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Sind Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen, dass das Unternehmen je nach dem Umfang der verfügbaren Informationen über den Inhalt des Angebots des anderen Unternehmens eine gerichtliche Klage ausschließlich gegen die Weigerung erheben kann, ihm die Informationen zu übermitteln, ohne die Rechtmäßigkeit anderer Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers gesondert in Frage zu stellen? 8. Ist unabhängig von den Antworten auf die vorstehenden Fragen Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 2016/943 dahin auszulegen, dass das Gericht dem Antrag des Klägers, der anderen Partei des Rechtsstreits aufzugeben, Beweise vorzulegen, und diese dem Kläger zur Verfügung zu stellen, unabhängig vom Verhalten des öffentlichen Auftraggebers im Vergabe- oder Nachprüfungsverfahren stattzugeben hat? 9. Ist Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 2016/943 dahin auszulegen, dass das Gericht, sofern es den Antrag des Klägers auf Offenlegung vertraulicher Informationen der anderen Partei des Rechtsstreits zurückgewiesen hat, von Amts wegen die Bedeutung der Angaben, für die die Aufhebung der Vertraulichkeit beantragt wird, und deren Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu prüfen hat? 10. Kann der Ausschlussgrund für den Ausschluss von Unternehmen nach Art. 57 Abs. 4 Buchst. h der Richtlinie 2014/24 unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2019, Delta Antrepriză de Construcţii şi Montaj 93 (C‑267/18, EU:C:2019:826), in dem Sinne angewendet werden, dass das Gericht im Rahmen seiner Prüfung eines Rechtsstreits zwischen einem Unternehmen und dem öffentlichen Auftraggeber von Amts wegen unabhängig von der Beurteilung durch den öffentlichen Auftraggeber entscheiden kann, ob der betreffende Bieter dem öffentlichen Auftraggeber vorsätzlich oder fahrlässig irreführende, in tatsächlicher Hinsicht unrichtige Angaben gemacht hat und daher vom Vergabeverfahren auszuschließen war? 11. Ist Art. 57 Abs. 4 Buchst. h der Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie dahin auszulegen und anzuwenden, dass dann, wenn das nationale Recht für die Erteilung falscher Auskünfte zusätzliche Sanktionen (neben dem Ausschluss von Vergabeverfahren) vorsieht, diese Sanktionen nur aufgrund persönlicher Verantwortlichkeit verhängt werden dürfen, insbesondere wenn die in tatsächlicher Hinsicht unrichtigen Angaben nur von einem Teil des Kooperationsverbunds von Teilnehmern am Vergabeverfahren (beispielsweise von einem von mehreren Partnern) gemacht werden? Zu den Vorlagefragen Zur ersten Frage 68 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 58 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass die Verpflichtung der Wirtschaftsteilnehmer, nachzuweisen, dass sie einen bestimmten durchschnittlichen Jahresumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Tätigkeitsbereich erzielen, ein Eignungskriterium darstellt, das sich auf ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit im Sinne von Abs. 3 dieser Vorschrift oder auf ihre technische und berufliche Leistungsfähigkeit im Sinne von Abs. 4 dieser Vorschrift bezieht. 69 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 58 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 die drei Arten von Eignungskriterien dargelegt sind, die die öffentlichen Auftraggeber den Wirtschaftsteilnehmern als Anforderungen an die Teilnahme auferlegen können. Diese Kriterien, die sich auf die Befähigung zur Ausübung des betreffenden Berufs, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer beziehen, sind jeweils in den Abs. 2 bis 4 des genannten Art. 58 konkretisiert. 70 Außerdem ergibt sich aus Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie, dass die öffentlichen Auftraggeber, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen, von diesen insbesondere verlangen können, einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestumsatzes in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich, nachzuweisen. 71 Daraus folgt, dass das Erfordernis, dass die Wirtschaftsteilnehmer nachweisen müssen, dass sie in dem vom Auftrag abgedeckten Tätigkeitsbereich einen bestimmten durchschnittlichen Jahresumsatz erzielen, genau der Definition des auf ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gestützten Eignungskriteriums im Sinne von Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 entspricht und daher unter diese Bestimmung fällt. Des Weiteren geht aus Anhang XII („Nachweise über die Erfüllung der Eignungskriterien“) dieser Richtlinie, konkret aus dessen Teil I, auf den Art. 60 Abs. 3 der Richtlinie verweist, hervor, dass in der nicht erschöpfenden Liste der Nachweise, die die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers belegen können, „de[r] Umsatz für den Tätigkeitsbereich, der Gegenstand der Ausschreibung ist“, aufgeführt ist, was diese Auslegung bestätigt. 72 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 58 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass die Verpflichtung der Wirtschaftsteilnehmer, nachzuweisen, dass sie einen bestimmten durchschnittlichen Jahresumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Tätigkeitsbereich erzielen, ein Eignungskriterium darstellt, das sich auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit dieser Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Abs. 3 dieser Vorschrift bezieht. Zur zweiten Frage 73 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 58 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in dem Fall, dass der öffentliche Auftraggeber von den Wirtschaftsteilnehmern verlangt hat, dass sie einen bestimmten Mindestumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Bereich erzielt haben, sich zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nur dann auf die Einkünfte berufen darf, die von einem vorübergehenden Unternehmenszusammenschluss, dem er angehörte, erzielt wurden, wenn er im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags tatsächlich zur Ausübung einer Tätigkeit dieses Konsortiums beigetragen hat, die derjenigen entspricht, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags ist, für den dieser Wirtschaftsteilnehmer seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen will. 74 Zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit im Sinne von Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 kann ein Wirtschaftsteilnehmer dem öffentlichen Auftraggeber in der Regel gemäß Art. 60 Abs. 3 Unterabs. 1 dieser Richtlinie einen oder mehrere der in Anhang XII Teil I der Richtlinie aufgelisteten Nachweise vorlegen. Art. 60 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie sieht vor, dass, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer aus einem berechtigten Grund die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen kann, er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen kann. 75 Wie aus Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 hervorgeht, können die öffentlichen Auftraggeber von den Wirtschaftsteilnehmern insbesondere verlangen, einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestumsatzes in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich, nachzuweisen. 76 Aus dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass die öffentlichen Auftraggeber bei der Festlegung der Voraussetzungen, die gewährleisten können, dass die Wirtschaftsteilnehmer über die für die Ausführung des Auftrags erforderliche wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen, beschließen können, zu verlangen, dass Wirtschaftsteilnehmer einen Mindestjahresgesamtumsatz oder einen bestimmten Mindestumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Bereich erzielt haben, oder diese beiden Anforderungen kombinieren. 77 Hat der öffentliche Auftraggeber aber ausschließlich eine Voraussetzung bezüglich eines bestimmten Mindestjahresumsatzes aufgestellt, ohne zu verlangen, dass dieser bestimmte Mindestumsatz in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich erzielt wurde, steht dem nichts entgegen, dass sich ein Wirtschaftsteilnehmer auf die Einkünfte berufen kann, die von einem vorübergehenden Unternehmenszusammenschluss erzielt wurden, dem er angehörte, auch wenn er im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags nicht tatsächlich zur Ausführung einer Tätigkeit dieses Konsortiums beigetragen hat, die derjenigen entspricht, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags ist, für den dieser Wirtschaftsteilnehmer seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen will. 78 Hat der öffentliche Auftraggeber hingegen verlangt, dass dieser bestimmte Mindestumsatz in dem von dem Auftrag abgedeckten Bereich erzielt wurde, so wird mit dieser Anforderung ein doppelter Zweck verfolgt. Sie dient nämlich dazu, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer festzustellen, und trägt dazu bei, deren technische und berufliche Leistungsfähigkeit festzustellen. In einem solchen Fall sind die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers ebenso wie seine technische und berufliche Leistungsfähigkeit diesem Wirtschaftsteilnehmer als natürliche oder juristische Person eigen und ausschließlich. 79 Daraus folgt, dass sich ein Wirtschaftsteilnehmer im letztgenannten Fall zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags nur dann auf die Einkünfte berufen kann, die von einem vorübergehenden Unternehmenszusammenschluss, dem er angehörte, erzielt wurden, wenn er im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags tatsächlich zur Ausübung einer Tätigkeit dieses Konsortiums beigetragen hat, die derjenigen entspricht, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags ist, für den dieser Wirtschaftsteilnehmer seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen will. 80 Wenn sich ein Wirtschaftsteilnehmer auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Konsortiums beruft, an dem er beteiligt war, muss diese nämlich im Verhältnis zu der konkreten Beteiligung dieses Wirtschaftsteilnehmers und damit seinem tatsächlichen Beitrag zur Ausführung einer von diesem Konsortium im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags verlangten Tätigkeit beurteilt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Mai 2017, Esaprojekt, C‑387/14, EU:C:2017:338, Rn. 62). 81 Daher ist im Kontext von Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 der Umsatz, der nach dieser Bestimmung geltend gemacht werden kann, im Rahmen des in Rn. 78 des vorliegenden Urteils genannten Falls auf den Umsatz zu beschränken, der sich auf den tatsächlichen Beitrag des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers zu einer von einem Konsortium im Rahmen eines früheren öffentlichen Auftrags verlangten Tätigkeit bezieht. 82 Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 58 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in dem Fall, dass der öffentliche Auftraggeber verlangt hat, dass die Wirtschaftsteilnehmer einen bestimmten Mindestumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Bereich erzielt haben, sich zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nur dann auf die Einkünfte berufen darf, die von einem vorübergehenden Unternehmenszusammenschluss, dem er angehörte, erzielt wurden, wenn er im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags tatsächlich zur Ausübung einer Tätigkeit dieses Konsortiums beigetragen hat, die derjenigen entspricht, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags ist, für den dieser Wirtschaftsteilnehmer seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen will. Zur dritten Frage 83 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 58 Abs. 4 sowie die Art. 42 und 70 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie gleichzeitig mit einer in einer Ausschreibung enthaltenen technischen Vorgabe angewandt werden können. 84 Insoweit ist davon auszugehen, dass die Richtlinie 2014/24 nicht ausschließt, dass technische Vorgaben zugleich als Eignungskriterien, die sich auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit beziehen, als technische Spezifikationen und/oder als Bedingungen für die Auftragsausführung im Sinne von Art. 58 Abs. 4, Art. 42 bzw. Art. 70 dieser Richtlinie angesehen werden können. 85 Was die sich auf die „technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ der Wirtschaftsteilnehmer beziehenden Eignungskriterien im Sinne von Art. 58 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 anbelangt, ist festzustellen, dass zu den in Anhang XII Teil II dieser Richtlinie aufgezählten Nachweisen für diese Leistungsfähigkeit nach Buchst. g dieses Teils II die „Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen, die der Wirtschaftsteilnehmer während der Auftragsausführung anwenden kann“, und nach Buchst. i dieses Teils II „eine Erklärung, aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Geräte und welche technische Ausrüstung der Dienstleistungserbringer oder Unternehmer für die Ausführung des Auftrags verfügt“, zählen. 86 Wenn solche Nachweise geeignet sind, die „technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ der Wirtschaftsteilnehmer zu belegen, können sich technische Vorgaben wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden betreffend die Schadstoffemissionen von Fahrzeugen (Euro-5-Norm) und die Verpflichtung, diese Fahrzeuge mit einem GPS-Sender auszurüsten, auf die „technischen Ressourcen“ der Wirtschaftsteilnehmer beziehen und damit als Eignungskriterien eingestuft werden, die sich auf deren „technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ im Sinne von Art. 58 Abs. 4 beziehen, sofern die Ausschreibungsunterlagen vorsehen, dass sie speziell als eine Leistungsfähigkeit vorgeschrieben werden, bezüglich deren die Bieter nachweisen müssen, dass sie darüber verfügen oder rechtzeitig verfügen werden, um den Auftrag auszuführen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. 87 Was die „technischen Spezifikationen“ im Sinne von Art. 42 der Richtlinie 2014/24 anbelangt, geht aus dessen Abs. 3 hervor, dass solche Spezifikationen die für die Leistungen eines Auftrags „geforderten Merkmale“ beschreiben und in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen, insbesondere in Bezug auf die Umwelt, oder unter Bezugnahme auf technische Normen formuliert sind. Des Weiteren verweist Abs. 1 des genannten Art. 42 auf Anhang VII der Richtlinie, dessen Nr. 1 Buchst. b in Bezug auf öffentliche Liefer- oder Dienstleistungsaufträge klarstellt, dass eine technische Spezifikation „in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Produkt oder eine Dienstleistung vorschreibt, wie … Umwelt- und Klimaleistungsstufen …“. Somit können auch die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden technischen Vorgaben, die tatsächlich in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen formuliert sind und insbesondere auf die Euro-5-Norm betreffend Schadstoffemissionen von Fahrzeugen Bezug nehmen, unter den Begriff „technische Spezifikationen“ fallen. 88 Soweit die genannten Vorgaben, die Innovations- und Umwelterwägungen berücksichtigen, besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags vorsehen, mit dem Auftragsgegenstand verbunden zu sein scheinen und im Aufruf zum Wettbewerb oder in den Auftragsunterlagen angegeben sind, können sie schließlich auch unter den Begriff der „Bedingungen für die Auftragsausführung“ im Sinne von Art. 70 der Richtlinie 2014/24 fallen, sofern aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgeht, dass sie als Bedingungen vorgeschrieben werden, die der erfolgreiche Bieter in der Phase der Ausführung des Auftrags einzuhalten hat, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. 89 Insoweit ist klarzustellen, dass die Einhaltung der Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags nicht bei der Vergabe des Auftrags zu beurteilen ist. Daraus folgt, dass, wenn die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vorgabe als Ausführungsbedingung eingestuft würde und wenn der erfolgreiche Bieter sie nicht erfüllt hätte, als ihm der öffentliche Auftrag erteilt wurde, die Nichterfüllung dieser Bedingung keine Auswirkungen auf die Vereinbarkeit der Auftragsvergabe an das Konsortium mit den Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 hätte. 90 Somit kann zum einen eine in einer Ausschreibung enthaltene Anforderung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vorgabe als Eignungskriterium, das sich auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bezieht, oder als technische Spezifikation oder sogar als Bedingung für die Ausführung des Auftrags eingestuft werden. Zum anderen ist, da das vorlegende Gericht u. a. wissen möchte, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorgaben mit dem Unionsrecht vereinbar sind, hinzuzufügen, dass die Art. 42 und 70 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie es nicht grundsätzlich verbieten, dass Vorgaben, die bestimmte technische Merkmale der Fahrzeuge, die für die Erbringung der von einem Auftrag erfassten Dienstleistungen zu verwenden sind, präzisieren, im Rahmen der Ausschreibung dieses Auftrags vorgeschrieben werden, sofern die in Art. 18 Abs. 1 der genannten Richtlinie angeführten fundamentalen Grundsätze der Vergabe öffentlicher Aufträge beachtet werden. 91 Das vorlegende Gericht möchte im Rahmen der dritten Frage auch wissen, ob sich die Einstufung der in Rede stehenden Vorgaben auf die Möglichkeiten einer Berichtigung und Korrektur der eingereichten Angebote auswirken kann. 92 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut von Art. 56 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 dann, wenn von Wirtschaftsteilnehmern zu übermittelnde Informationen oder Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder wenn diese unvollständig oder fehlerhaft zu sein scheinen oder wenn spezifische Unterlagen nicht vorhanden sind, die öffentlichen Auftraggeber, sofern in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist, die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer auffordern können, die jeweiligen Informationen oder Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu übermitteln, zu ergänzen, zu erläutern oder zu vervollständigen, sofern diese Aufforderungen unter voller Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgen. 93 Nach ständiger Rechtsprechung zur Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114), die insbesondere auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruht und im Kontext des genannten Art. 56 Abs. 3 entsprechend anzuwenden ist, kann eine an einen Wirtschaftsteilnehmer nach dieser Bestimmung gerichtete Aufforderung zur Erläuterung das Fehlen eines Dokuments oder einer Information, deren Übermittlung durch die Auftragsunterlagen gefordert war, jedoch nicht beheben, da der öffentliche Auftraggeber die von ihm selbst festgelegten Kriterien strikt einzuhalten hat. Eine solche Aufforderung darf außerdem nicht darauf hinauslaufen, dass einer der betroffenen Bieter in Wirklichkeit ein neues Angebot einreicht (vgl. entsprechend Urteile vom 29. März 2012, SAG ELV Slovensko u. a., C‑599/10,EU:C:2012:191, Rn. 40, vom 10. Oktober 2013, Manova, C‑336/12, EU:C:2013:647, Rn. 36 und 40, sowie vom 28. Februar 2018, MA.T.I. SUD und Duemme SGR, C‑523/16 und C‑536/16, EU:C:2018:122, Rn. 51 und 52). 94 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Umfang des Rechts des öffentlichen Auftraggebers, es dem erfolgreichen Bieter zu ermöglichen, sein ursprüngliches Angebot später zu ergänzen oder zu erläutern, von der Einhaltung der Bestimmungen des Art. 56 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen des Grundsatzes der Gleichbehandlung und als solcher nicht von der Einstufung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorgaben als Eignungskriterien, die sich auf die „technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ der Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Art. 58 Abs. 4 dieser Richtlinie beziehen, als „technische Spezifikationen“ im Sinne von Art. 42 der Richtlinie oder als „Ausführungsbedingungen“ im Sinne von Art. 70 der Richtlinie abhängt. 95 Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 58 Abs. 4 sowie die Art. 42 und 70 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie gleichzeitig mit einer in einer Ausschreibung enthaltenen technischen Vorgabe angewandt werden können. Zu den Fragen 4 bis 9 Vorbemerkungen 96 Da die Fragen 4, 5, 8 und 9 die Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie 2016/943 betreffen, ist zu prüfen, ob diese Richtlinie zum einen auf eine Situation anwendbar ist, in der ein öffentlicher Auftraggeber mit einem Antrag eines Bieters auf Übermittlung von als vertraulich eingestuften Informationen, die im Angebot eines Wettbewerbers enthalten sind, und gegebenenfalls mit einer Beschwerde gegen die Entscheidung, mit der dieser Antrag im Rahmen eines obligatorischen vorgerichtlichen Verfahrens abgelehnt wird, befasst ist, und zum anderen dann, wenn bei einem Gericht eine Klage gegen die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, mit der diese Beschwerde zurückgewiesen wird, anhängig ist. 97 In Anbetracht ihres Gegenstands, wie er in ihrem Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit ihrem vierten Erwägungsgrund dargelegt ist, bezieht sich die Richtlinie 2016/943 nur auf den rechtswidrigen Erwerb und die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses und sieht keine Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen in anderen Arten gerichtlicher Verfahren, wie z. B. in Verfahren betreffend die Vergabe öffentlicher Aufträge, vor. 98 Außerdem sieht Art. 4 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie vor, dass der Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses als rechtswidrig gilt, wenn er erfolgt durch unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtmäßigen Kontrolle durch den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt. 99 Des Weiteren berührt diese Richtlinie, wie sich aus ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. c ergibt, nicht die Anwendung von Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, nach denen es den Organen und Einrichtungen der Union oder den nationalen Behörden vorgeschrieben oder gestattet ist, von Unternehmen vorgelegte Informationen offenzulegen, die diese Organe, Einrichtungen oder Behörden in Einhaltung der Pflichten und gemäß den Rechten, die im Unionsrecht oder im nationalen Recht niedergelegt sind, besitzen. Der 18. Erwägungsgrund dieser Richtlinie, in dessen Licht diese Bestimmung auszulegen ist, stellt klar, dass die Richtlinie 2016/943 die Behörden nicht von ihrer Pflicht zur Geheimhaltung von Informationen, die ihnen von Inhabern von Geschäftsgeheimnissen übermittelt werden, entbinden sollte, und zwar unabhängig davon, ob diese Pflichten in Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten festgelegt sind. Daher ist davon auszugehen, dass die Richtlinie 2016/943 die Behörden nicht von den Geheimhaltungspflichten befreit, die sich aus der Richtlinie 2014/24 ergeben können. 100 Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2016/943 schließlich bestimmt, dass der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses insofern als rechtmäßig gilt, als der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung durch Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben oder erlaubt ist. 101 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 21 in Verbindung mit dem 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24 vorsieht, dass der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich keine ihm von den Wirtschaftsteilnehmern übermittelten und von diesen als vertraulich eingestuften Informationen weitergibt und dass er Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben kann, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen. 102 Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, wird der Gerichtshof daher die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 2014/24 und 89/665 auslegen, die u. a. die besonderen Vorschriften enthalten, die für die öffentlichen Auftraggeber und die nationalen Gerichte in Bezug auf den Schutz der Vertraulichkeit der ihnen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegten Dokumente gelten. Zu den Fragen 5 bis 7 103 Mit seinen Fragen 5 bis 7 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4, Art. 1 Abs. 3 und 5 sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen sind, dass eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen, die in den Bewerbungsunterlagen oder im Angebot eines anderen Wirtschaftsteilnehmers enthalten sind, mitzuteilen, eine Handlung darstellt, die Gegenstand einer Nachprüfung sein kann, und dass dann, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt wird, bezüglich der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber ein obligatorisches vorgerichtliches Verfahren vorgesehen hat, einer Klage gegen diese Entscheidung ein solcher vorheriger Verwaltungsrechtsbehelf vorausgehen muss. 104 Insoweit ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 89/665, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass u. a. hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24 fallenden Aufträge die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der Art. 2 bis 2f der Richtlinie 89/665 auf Verstöße gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, überprüft werden können. Gemäß Art. 1 Abs. 3 dieser Richtlinie müssen diese Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. 105 Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der Begriff „Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber“ weit auszulegen ist. Der Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 89/665 impliziert nämlich mit der Wendung „hinsichtlich der … Aufträge oder Konzessionen“, dass jede Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, die unter die unionsrechtlichen Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen fällt und gegen sie verstoßen kann, der in den Art. 2 bis 2f dieser Richtlinie vorgesehenen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Dieser Wortlaut bezieht sich also allgemein auf die Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers, ohne sie nach ihrem Inhalt oder dem Zeitpunkt ihres Erlasses zu unterscheiden und sieht keine Beschränkung in Bezug auf Art und Inhalt der betreffenden Entscheidungen vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2017, Marina del Mediterráneo u. a., C‑391/15, EU:C:2017:268, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 106 Diese weite Auslegung des Begriffs der „überprüfbaren Entscheidungen“, die den Gerichtshof u. a. zu der Auffassung veranlasst hat, dass die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der ein Wirtschaftsteilnehmer zur Teilnahme an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zugelassen wird, eine Entscheidung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 89/665 darstellt (Urteil vom 5. April 2017, Marina del Mediterráneo u. a., C‑391/15, EU:C:2017:268, Rn. 28; vgl. in diesem Sinne zu Abs. 3 dieser Vorschrift Beschluss vom 14. Februar 2019, Cooperativa Animazione Valdocco, C‑54/18, EU:C:2019:118, Rn. 36), muss auch für die Entscheidung gelten, mit der ein öffentlicher Auftraggeber es ablehnt, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen mitzuteilen, die von einem Bewerber oder einem Bieter übermittelt wurden. 107 Da das vorlegende Gericht mit seiner siebten Frage wissen möchte, ob ein abgelehnter Bieter eine Klage nur gegen die Weigerung, ihm die als vertraulich geltenden Informationen zu übermitteln, erheben kann, ohne auch die Rechtmäßigkeit der übrigen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers in Frage zu stellen, genügt zunächst die Feststellung, dass die Richtlinie 89/665 keine Bestimmung enthält, die dem entgegenstünde, dass ein solcher Bieter eine Klage gegen die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers erhebt, mit der es abgelehnt wird, ihm diese Informationen mitzuteilen, und zwar unabhängig vom Inhalt und von der Tragweite dieser Entscheidung. 108 Sodann wird diese Feststellung, wie der Generalanwalt in den Nrn. 77 und 78 seiner Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, durch die in Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 dieser Richtlinie genannten Ziele der Wirksamkeit und Schnelligkeit bestätigt. 109 Schließlich ist, was die Frage betrifft, ob einer Klage gegen eine Entscheidung, mit der der öffentliche Auftraggeber es ablehnt, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen, die von einem Bewerber oder Bieter übermittelt wurden, mitzuteilen, ein vorheriger Verwaltungsrechtsbehelf vorausgehen muss, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt wird, ein obligatorisches vorgerichtliches Verfahren vorgesehen hat, darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 89/665 zwar vorsieht, dass ein Mitgliedstaat verlangen kann, dass die betreffende Person, bevor sie Klage erhebt, zunächst beim öffentlichen Auftraggeber eine Nachprüfung beantragt, diese Bestimmung jedoch weder dieses Nachprüfungsverfahren noch die Modalitäten seiner Durchführung regelt. 110 Hat also der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das betreffende Vergabeverfahren durchgeführt wird, nach Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 89/665 vorgesehen, dass derjenige, der eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers anfechten möchte, verpflichtet ist, vor der Anrufung des Gerichts einen Verwaltungsrechtsbehelf einzulegen, so kann dieser Mitgliedstaat unter Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität auch vorsehen, dass einer Klage gegen eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen, die in den Bewerbungsunterlagen oder im Angebot eines anderen Wirtschaftsteilnehmers enthalten sind, mitzuteilen, ein beim öffentlichen Auftraggeber einzulegender Verwaltungsrechtsbehelf vorausgehen muss. 111 Nach alledem ist auf die Fragen 5 bis 7 zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4, Art. 1 Abs. 3 und 5 sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665 dahin auszulegen sind, dass eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen, die in den Bewerbungsunterlagen oder im Angebot eines anderen Wirtschaftsteilnehmers enthalten sind, mitzuteilen, eine Handlung darstellt, die Gegenstand einer Nachprüfung sein kann, und dass dann, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt wird, vorgesehen hat, dass derjenige, der eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers anfechten möchte, verpflichtet ist, vor der Anrufung des Gerichts einen Verwaltungsrechtsbehelf einzulegen, dieser Mitgliedstaat auch vorsehen kann, dass einer Klage gegen diese den Zugang verweigernde Entscheidung ein solcher vorheriger Verwaltungsrechtsbehelf vorausgehen muss. Zu den Fragen 4, 8 und 9 112 Mit seinen Fragen 4, 8 und 9 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 89/665 sowie Art. 21 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sowohl der öffentliche Auftraggeber als auch gegebenenfalls das zuständige nationale Gericht verpflichtet sind, einem Wirtschaftsteilnehmer, der dies beantragt hat, alle in den von einem Wettbewerber vorgelegten Unterlagen enthaltenen Informationen einschließlich der darin enthaltenen vertraulichen Informationen mitzuteilen. Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob der öffentliche Auftraggeber, wenn er die Mitteilung von Informationen wegen deren Vertraulichkeit ablehnt, seinen Standpunkt zu dieser Vertraulichkeit begründen muss. – Zum Umfang der Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, vertrauliche Informationen zu schützen, und zur Begründungspflicht 113 Gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 gibt ein öffentlicher Auftraggeber, sofern in dieser Richtlinie oder im nationalen Recht, dem der öffentliche Auftraggeber unterliegt, insbesondere in den Rechtsvorschriften betreffend den Zugang zu Informationen, nichts anderes vorgesehen ist, und unbeschadet der Verpflichtungen zur Bekanntmachung vergebener Aufträge und der Unterrichtung der Bewerber und Bieter gemäß den Art. 50 und 55 dieser Richtlinie keine ihm von den Wirtschaftsteilnehmern übermittelten und von diesen als vertraulich eingestuften Informationen weiter, wozu insbesondere technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse sowie die vertraulichen Aspekte der Angebote selbst gehören. Art. 21 Abs. 2 der genannten Richtlinie bestimmt, dass öffentliche Auftraggeber Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben können, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen. 114 Außerdem berechtigt Art. 55 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 zwar ausdrücklich jeden Bieter, der ein ordnungsgemäßes Angebot eingereicht hat, vom öffentlichen Auftraggeber zu verlangen, ihn so schnell wie möglich, in jedem Fall aber binnen 15 Tagen nach Eingang der schriftlichen Anfrage, über die Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots sowie über den Namen des erfolgreichen Bieters zu unterrichten. Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 dieser Richtlinie sehen jedoch vor, dass die öffentlichen Auftraggeber beschließen können, bestimmte Angaben über die Zuschlagserteilung u. a. dann nicht mitzuteilen, wenn die Offenlegung dieser Angaben dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines bestimmten öffentlichen oder privaten Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde. 115 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Hauptziel der Unionsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen der freie Dienstleistungsverkehr und die Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten ist und dass, um dieses Ziel zu erreichen, die öffentlichen Auftraggeber keine das Vergabeverfahren betreffenden Informationen preisgeben dürfen, deren Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb entweder in einem laufenden Vergabeverfahren oder in späteren Vergabeverfahren zu verfälschen. Des Weiteren bedeutet die Pflicht zur Begründung einer Entscheidung, mit der das Angebot eines Bieters im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags abgelehnt wird, nicht, dass dieser Bieter über vollständige Informationen über die Merkmale des vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Angebots verfügen müsste. Da die Vergabeverfahren auf einem Vertrauensverhältnis zwischen den öffentlichen Auftraggebern und den Wirtschaftsteilnehmern beruhen, müssen Letztere nämlich den öffentlichen Auftraggebern alle im Rahmen des Vergabeverfahrens zweckdienlichen Informationen mitteilen können, ohne befürchten zu müssen, dass die öffentlichen Auftraggeber Informationen, deren Preisgabe den Wirtschaftsteilnehmern schaden könnte, an Dritte weitergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 34 bis 36, und vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). 116 Aus den in den Rn. 113 und 114 des vorliegenden Urteils angeführten Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 sowie aus der in Rn. 115 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der mit einem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Mitteilung der als vertraulich geltenden Informationen, die im Angebot des Wettbewerbers, an den der Auftrag vergeben wurde, enthalten sind, befasst ist, diese Informationen grundsätzlich nicht mitteilen muss. 117 Wie der Generalanwalt in den Nrn. 40 und 41 seiner Schlussanträge im Kern ausführt, kann der öffentliche Auftraggeber jedoch nicht an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers gebunden sein, dass die übermittelten Informationen vertraulich seien. Dieser Wirtschaftsteilnehmer muss nämlich dartun, dass die Informationen, deren Offenlegung er sich widersetzt, wirklich vertraulich sind, indem er z. B. nachweist, dass diese Informationen technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse enthalten, dass ihr Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb zu verfälschen, oder dass ihre Offenlegung ihm schaden könnte. 118 Folglich muss der öffentliche Auftraggeber, wenn er Zweifel hat, ob die von diesem Wirtschaftsteilnehmer übermittelten Informationen vertraulich sind, noch bevor er eine Entscheidung erlässt, mit der dem Antragsteller der Zugang zu diesen Informationen gestattet wird, den betroffenen Wirtschaftsteilnehmer in die Lage versetzen, zusätzliche Beweise vorzubringen, um die Wahrung von dessen Verteidigungsrechten zu gewährleisten. Angesichts des Schadens, der entstehen kann, wenn bestimmte Informationen zu Unrecht an einen Wettbewerber weitergeleitet werden, muss der öffentliche Auftraggeber dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer nämlich die Möglichkeit geben, sich auf die Vertraulichkeit oder das Geschäftsgeheimnis zu berufen, bevor er diese Informationen an einen am Rechtsstreit Beteiligten weitergibt (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 54). 119 Außerdem hat sich der öffentliche Auftraggeber zu vergewissern, dass die Entscheidung, die er auf den Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Mitteilung der Informationen, die in den von einem Wettbewerber übermittelten Unterlagen enthaltenen sind, zu erlassen beabsichtigt, mit den in der Richtlinie 2014/24 enthaltenen Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge, insbesondere den in den Rn. 113 und 114 des vorliegenden Urteils genannten Vorschriften über den Schutz vertraulicher Informationen, im Einklang steht. Dieselbe Verpflichtung besteht für diesen öffentlichen Auftraggeber, wenn der Mitgliedstaat, dem er angehört, nach Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 89/665 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, das Recht, eine Klage gegen Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber zu erheben, von der Verpflichtung abhängig zu machen, bei diesen öffentlichen Auftraggebern einen vorherigen Verwaltungsrechtsbehelf einzulegen. 120 Außerdem ist klarzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber, wenn er es ablehnt, einem der Wettbewerber eines Wirtschaftsteilnehmers vertrauliche Informationen dieses Wirtschaftsteilnehmers mitzuteilen, oder wenn er im Rahmen eines obligatorischen vorgerichtlichen Verfahrens mit einem gegen seine Weigerung, diese Informationen offenzulegen, gerichteten Verwaltungsrechtsbehelf befasst wird, auch dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz einer guten Verwaltung nachkommen muss, der Anforderungen mit sich bringt, die die Mitgliedstaaten beachten müssen, wenn sie Unionsrecht ausführen (Urteil vom 9. November 2017, LS Customs Services, C‑46/16, EU:C:2017:839, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Von diesen Anforderungen kommt der Pflicht zur Begründung der von den nationalen Behörden erlassenen Entscheidungen ganz besondere Bedeutung zu, da sie es den Adressaten dieser Entscheidungen ermöglicht, ihre Rechte geltend zu machen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob mit einer Klage gegen die Entscheidungen vorzugehen ist. Diese Pflicht ist außerdem notwendig, um den Gerichten die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen zu ermöglichen und stellt somit eine der Voraussetzungen für die Wirksamkeit der durch Art. 47 der Charta gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle dar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a., 222/86, EU:C:1987:442, Rn. 15, vom 9. November 2017, LS Customs Services, C‑46/16, EU:C:2017:839, Rn. 40, und vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 103). 121 Ferner muss der Grundsatz des Schutzes von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und der Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten im Einklang steht (Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 51 und 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 122 Um das in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 aufgestellte Verbot, von Wirtschaftsteilnehmern übermittelte vertrauliche Informationen weiterzugeben, gegen den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz einer guten Verwaltung, aus dem sich die Begründungspflicht ergibt, abzuwägen, muss ein öffentlicher Auftraggeber klar die Gründe zum Ausdruck bringen, aus denen er der Ansicht ist, dass die Informationen, zu denen Zugang beantragt wird, oder zumindest einige davon, vertraulich sind. 123 Außerdem muss bei dieser Abwägung berücksichtigt werden, dass es einem abgelehnten Bieter in Ermangelung ausreichender Informationen, die es ihm ermöglichen würden, zu überprüfen, ob die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Vergabe des betreffenden Auftrags an einen anderen Wirtschaftsteilnehmer mit etwaigen Fehlern oder Rechtswidrigkeiten behaftet ist, in der Praxis nicht möglich sein wird, sein Recht auf eine wirksame Nachprüfung gemäß Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665 gegenüber einer solchen Entscheidung geltend zu machen, sei es im Rahmen eines Antrags auf Nachprüfung beim öffentlichen Auftraggeber gemäß Abs. 5 dieses Art. 1, sei es im Rahmen einer Klage. Daher muss der öffentliche Auftraggeber, um dieses Recht nicht zu verletzen, nicht nur seine Entscheidung, bestimmte Daten als vertraulich zu behandeln, begründen, sondern muss dem Bieter, der um diese Daten ersucht, auch den wesentlichen Inhalt dieser Daten, insbesondere den Inhalt der Daten betreffend die bestimmenden Gesichtspunkte seiner Entscheidung und des ausgewählten Angebots, in neutraler Form mitteilen, und zwar so weit wie irgend möglich und soweit die Mitteilung geeignet ist, die Vertraulichkeit der spezifischen Elemente dieser Daten, für die insoweit ein Schutz gerechtfertigt ist, zu wahren. 124 Die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, als vertraulich geltende Informationen des Wirtschaftsteilnehmers, an den der öffentliche Auftrag vergeben wurde, zu schützen, darf nämlich nicht so extensiv ausgelegt werden, dass dadurch die Begründungspflicht ihres Inhalts beraubt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 120) und Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665, der insbesondere die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aufstellt, wirksame Nachprüfungsverfahren vorzusehen, die praktische Wirksamkeit genommen wird. Zu diesem Zweck kann der öffentliche Auftraggeber u. a., soweit das nationale Recht, dem er unterliegt, dem nicht entgegensteht, bestimmte Aspekte einer Bewerbung oder eines Angebots sowie deren technische Merkmale in zusammengefasster Form mitteilen, so dass keine Rückschlüsse auf die vertraulichen Informationen möglich sind. 125 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass öffentliche Auftraggeber nach Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben können, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen. Somit kann ein öffentlicher Auftraggeber, wenn die nicht vertraulichen Informationen zu diesem Zweck geeignet sind, auch von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, um die Beachtung des Rechts des abgelehnten Bieters auf eine wirksame Nachprüfung sicherzustellen, indem er den Wirtschaftsteilnehmer, dessen Angebot ausgewählt wurde, auffordert, ihm eine nicht vertrauliche Fassung der Dokumente zu übermitteln, die vertrauliche Informationen enthalten. 126 Schließlich ist klarzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber jedenfalls verpflichtet ist, den betroffenen Wirtschaftsteilnehmer rechtzeitig vor der Durchführung dieser Entscheidung von seiner Entscheidung zu unterrichten, einem seiner Wettbewerber Informationen zu übermitteln, deren Vertraulichkeit dieser Wirtschaftsteilnehmer geltend macht, um es diesem zu ermöglichen, beim öffentlichen Auftraggeber oder beim zuständigen nationalen Gericht vorläufige Maßnahmen wie die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/665 genannten zu beantragen und so zu verhindern, dass ihm ein nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht. – Zum Umfang der Verpflichtung des zuständigen nationalen Gerichts, vertrauliche Informationen zu schützen 127 Bezüglich der Verpflichtungen des zuständigen nationalen Gerichts im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, mit der ein Antrag auf Zugang zu den Informationen, die der Wirtschaftsteilnehmer, dessen Angebot den Zuschlag erhalten hat, übermittelt hat, ganz oder teilweise abgelehnt wird, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665, der die Wirtschaftsteilnehmer vor der Willkür des öffentlichen Auftraggebers schützen soll, darauf abzielt, sicherzustellen, dass in allen Mitgliedstaaten Möglichkeiten einer wirksamen Nachprüfung bestehen, um die effektive Anwendung der Unionsvorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu gewährleisten, vor allem dann, wenn Verstöße noch beseitigt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, Star Storage u. a., C‑439/14 und C‑488/14, EU:C:2016:688, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). 128 Daher haben die Mitgliedstaaten die Modalitäten gerichtlicher Verfahren zum Schutz der Rechte, die das Unionsrecht den durch Entscheidungen öffentlicher Auftraggeber geschädigten Bewerbern und Bietern einräumt, so festzulegen, dass weder die Wirksamkeit der Richtlinie 89/665 noch die dem Einzelnen durch das Unionsrecht eingeräumten Rechte beeinträchtigt werden. Außerdem sollen die Richtlinie 2007/66, wie sich aus ihrem 36. Erwägungsgrund ergibt, und damit die Richtlinie 89/665, die durch sie geändert und vervollständigt wurde, die uneingeschränkte Achtung des in Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sicherstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, Star Storage u. a., C‑439/14 und C‑488/14, EU:C:2016:688, Rn. 42 bis 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich müssen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Modalitäten gerichtlicher Verfahren die Achtung dieses Rechts gewährleisten. Somit ist, trotz des Fehlens von Vorschriften des Unionsrechts über die Modalitäten von Klagen vor nationalen Gerichten, zur Bestimmung der Intensität der gerichtlichen Überprüfung nationaler Entscheidungen, die aufgrund eines Unionsrechtsakts erlassen wurden, auf dessen Zweck abzustellen und darauf zu achten, dass seine Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird (Urteil vom 26. Juni 2019, Craeynest u. a., C‑723/17, EU:C:2019:533, Rn. 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 129 Allerdings verleiht der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens den Parteien im Rahmen einer Nachprüfung betreffend ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags keinen Anspruch auf unbegrenzten und uneingeschränkten Zugang zu allen bei der Nachprüfungsinstanz eingereichten und dieses Vergabeverfahren betreffenden Informationen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 51). Vielmehr ist, wie im Wesentlichen in Rn. 121 des vorliegenden Urteils im Zusammenhang mit den entsprechenden Verpflichtungen der öffentlichen Auftraggeber ausgeführt worden ist, die Verpflichtung, dem abgelehnten Bieter ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen, um sein Recht auf eine wirksame Nachprüfung zu wahren, gegen das Recht anderer Wirtschaftsteilnehmer auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. 130 Das zuständige nationale Gericht hat daher unter vollumfänglicher Berücksichtigung sowohl des Erfordernisses, das öffentliche Interesse an der Wahrung eines lauteren Wettbewerbs im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu schützen, als auch des Erfordernisses, die wirklich vertraulichen Informationen, insbesondere die Geschäftsgeheimnisse, der Teilnehmer des Ausschreibungsverfahrens zu schützen, zu prüfen, ob der öffentliche Auftraggeber zu Recht annahm, dass die Informationen, deren Übermittlung an den Antragsteller er ablehnte, vertraulich waren. Zu diesem Zweck muss das zuständige nationale Gericht alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Aspekte vollständig prüfen. Daher muss es zwingend über die erforderlichen Informationen, einschließlich vertraulicher Informationen und Geschäftsgeheimnisse, verfügen können, um in der Lage zu sein, in voller Kenntnis der Umstände zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 53). 131 Für den Fall, dass das vorlegende Gericht ebenfalls davon ausgehen sollte, dass die betreffenden Informationen vertraulich sind, was ihrer Offenlegung gegenüber den Wettbewerbern des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers entgegenstünde, ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof entschieden hat, der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Allgemeinen zwar das Recht der Verfahrensbeteiligten umfasst, Kenntnis von den Beweismitteln und den beim Gericht eingereichten Erklärungen zu nehmen und diese zu erörtern, es in bestimmten Fällen jedoch zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein kann, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten (Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 47). 132 Zu den Grundrechten, die so geschützt sein können, gehören das in Art. 7 der Charta verankerte Recht auf Achtung des Privatlebens und der Kommunikation sowie das vom Gerichtshof als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts anerkannte Recht auf Schutz von Geschäftsgeheimnissen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 48 und 49). 133 Angesichts der Bedeutung des Schutzes vertraulicher Informationen, auf die u. a. in den Rn. 131 und 132 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, muss die für ein Nachprüfungsverfahren im Bereich der Vergabe eines öffentlichen Auftrags zuständige Stelle daher erforderlichenfalls entscheiden können, dass bestimmte Informationen, die in den in ihrem Besitz befindlichen Akten enthalten sind, nicht an die Parteien und deren Anwälte weitergegeben werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 43). 134 Außerdem ist klarzustellen, dass, wenn das zuständige nationale Gericht der Auffassung ist, dass der öffentliche Auftraggeber zu Recht und mit hinreichender Begründung entschieden hat, dass die verlangten Informationen wegen ihres vertraulichen Charakters nicht übermittelt werden dürfen, in Anbetracht der diesem öffentlichen Auftraggeber nach dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zukommenden Verpflichtungen, wie sie in den Rn. 121 bis 123 des vorliegenden Urteils dargestellt worden sind, das Verhalten dieses öffentlichen Auftraggebers insoweit nicht mit der Begründung beanstandet werden kann, dass er die Interessen des Wirtschaftsteilnehmers, dessen vertrauliche Informationen verlangt wurden, übermäßig geschützt habe. 135 Das zuständige nationale Gericht muss auch prüfen, ob die Begründung der Entscheidung, mit der der öffentliche Auftraggeber die Offenlegung der vertraulichen Informationen abgelehnt hat, oder die Entscheidung, mit der er den Verwaltungsrechtsbehelf gegen die vorherige ablehnende Entscheidung zurückgewiesen hat, hinreichend ist, um es gemäß der in Rn. 120 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zum einen dem Antragsteller zu ermöglichen, seine Rechte zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob mit einer Klage gegen diese Entscheidung vorzugehen ist, und zum anderen den Gerichten die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu ermöglichen. Angesichts des Schadens, der einem Wirtschaftsteilnehmer entstehen kann, wenn bestimmte Informationen zu Unrecht an einen Wettbewerber weitergeleitet werden, ist es außerdem Aufgabe des zuständigen nationalen Gerichts, das Recht des Klägers auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 47 der Charta mit dem Recht auf Schutz der vertraulichen Informationen dieses Wirtschaftsteilnehmers in Einklang zu bringen. 136 Schließlich muss es dem zuständigen nationalen Gericht möglich sein, die Ablehnungsentscheidung oder die Entscheidung über die Zurückweisung des Verwaltungsrechtsbehelfs für nichtig zu erklären, wenn sie rechtswidrig sind, und die Sache gegebenenfalls an den öffentlichen Auftraggeber zurückzuverweisen oder, wenn das nationale Recht es dazu ermächtigt, sogar selbst eine neue Entscheidung zu treffen. Soweit das vorlegende Gericht im Rahmen seiner neunten Frage wissen möchte, ob das mit einem Antrag auf Offenlegung vertraulicher Informationen befasste Gericht selbst nicht nur die Erheblichkeit dieser Informationen, sondern auch deren Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens prüfen muss, genügt der Hinweis, dass es nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89//665 Sache der Mitgliedstaaten ist, die Modalitäten für die Nachprüfungsverfahren festzulegen, die es ermöglichen, Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber anzufechten. 137 Nach alledem sind die Fragen 4, 8 und 9 wie folgt zu beantworten: – Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 89/665 sowie Art. 21 der Richtlinie 2014/24 sind im Licht des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes einer guten Verwaltung dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der mit einem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Mitteilung der als vertraulich geltenden Informationen, die im Angebot eines Wettbewerbers, an den der Auftrag vergeben wurde, enthalten sind, befasst ist, nicht verpflichtet ist, diese Informationen mitzuteilen, wenn deren Übermittlung zu einem Verstoß gegen die Vorschriften des Unionsrechts über den Schutz vertraulicher Informationen führen würde, und zwar auch dann nicht, wenn der Antrag des Wirtschaftsteilnehmers im Rahmen eines Nachprüfungsantrags dieses Wirtschaftsteilnehmers betreffend die Rechtmäßigkeit der Bewertung des Angebots des Wettbewerbers durch den öffentlichen Auftraggeber gestellt wird. Lehnt der öffentliche Auftraggeber die Übermittlung solcher Informationen ab oder weist er den Verwaltungsrechtsbehelf eines Wirtschaftsteilnehmers bezüglich der Rechtmäßigkeit der Beurteilung des Angebots des betreffenden Wettbewerbers zurück und lehnt dabei die Übermittlung ab, so muss er das Recht des Antragstellers auf eine gute Verwaltung gegen das Recht des Wettbewerbers auf Schutz seiner vertraulichen Informationen abwägen, damit seine Ablehnungsentscheidung oder seine Zurückweisungsentscheidung begründet ist und dem Recht eines abgelehnten Bieters auf eine wirksame Nachprüfung nicht seine praktische Wirksamkeit genommen wird. – Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 89/665 sowie Art. 21 der Richtlinie 2014/24 sind im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass das zuständige nationale Gericht, das mit einer Klage gegen eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers befasst ist, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen mitzuteilen, die in den Unterlagen enthalten sind, die der Wettbewerber, an den der Auftrag vergeben wurde, übermittelt hat, oder mit einer Klage gegen eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der der gegen eine solche Ablehnungsentscheidung eingelegte Verwaltungsrechtsbehelf zurückgewiesen wird, verpflichtet ist, das Recht des Klägers auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen das Recht von dessen Wettbewerber auf Schutz seiner vertraulichen Informationen und seiner Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. Zu diesem Zweck muss dieses Gericht, das notwendigerweise über die erforderlichen Informationen, einschließlich vertraulicher Informationen und Geschäftsgeheimnisse, verfügen muss, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, ob diese Informationen übermittelt werden dürfen, alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Aspekte prüfen. Außerdem muss es diesem Gericht möglich sein, die Ablehnungsentscheidung oder die Entscheidung über die Zurückweisung des Verwaltungsrechtsbehelfs für nichtig zu erklären, wenn sie rechtswidrig sind, und die Sache gegebenenfalls an den öffentlichen Auftraggeber zurückzuverweisen oder, wenn das nationale Recht es dazu ermächtigt, sogar selbst eine neue Entscheidung zu treffen. Zur zehnten Frage 138 Mit seiner zehnten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, das mit einem Rechtsstreit zwischen einem von der Vergabe eines Auftrags ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber befasst ist, zum einen von der von Letzterem vorgenommenen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Wirtschaftsteilnehmers, an den der Auftrag vergeben wurde, abweichen und folglich in seiner Entscheidung alle notwendigen Konsequenzen daraus ziehen kann und zum anderen den Gesichtspunkt eines vom öffentlichen Auftraggeber begangenen Beurteilungsfehler von Amts wegen berücksichtigen kann. 139 Nach Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 können öffentliche Auftraggeber in einer der in dieser Vorschrift genannten Situationen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen oder dazu von den Mitgliedstaaten verpflichtet werden. 140 Zunächst ist, da das vorlegende Gericht in seiner zehnten Frage ausdrücklich auf das Urteil vom 3. Oktober 2019, Delta Antrepriză de Construcţii şi Montaj 93 (C‑267/18, EU:C:2019:826) verweist, darauf hinzuweisen, dass sich dieses Urteil auf die Befugnisse des öffentlichen Auftraggebers selbst, eine eigene Beurteilung anhand eines der in Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 genannten fakultativen Ausschlussgründe vorzunehmen, bezieht, so dass es für die Beantwortung der genannten Frage nicht unmittelbar relevant ist, da diese Frage die Befugnisse des mit einem Rechtsstreit zwischen einem abgelehnten Bieter und einem öffentlichen Auftraggeber befassten Gerichts betrifft. 141 Insoweit hat der Gerichtshof zwar in den Rn. 28 und 34 des Urteils vom 19. Juni 2019, Meca (C‑41/18, EU:C:2019:507), festgestellt, dass nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung allein dem öffentlichen Auftraggeber und folglich nicht einem nationalen Gericht die Aufgabe übertragen wurde, in der Phase der Auswahl der Bieter zu beurteilen, ob ein Wirtschaftsteilnehmer von einem Vergabeverfahren auszuschließen ist. 142 Diese Auslegung erfolgte jedoch in Anbetracht des Kontexts der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist und in der der Gerichtshof über eine nationale Regelung zu befinden hatte, wonach die gerichtliche Anfechtung der von einem öffentlichen Auftraggeber wegen erheblicher Mängel bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags getroffenen Entscheidung, diesen zu kündigen, die Beurteilung der Zuverlässigkeit des von dieser Kündigung betroffenen Teilnehmers durch den öffentlichen Auftraggeber, der eine neue Ausschreibung durchführte, in der Phase der Auswahl der Bieter ausschloss (Urteil vom 19. Juni 2019, Meca, C‑41/18, EU:C:2019:507, Rn. 42). 143 Eine Entscheidung, mit der ein öffentlicher Auftraggeber es ablehnt, einen Wirtschaftsteilnehmer, sei es auch stillschweigend, aus einem der in Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 vorgesehenen fakultativen Ausschlussgründe von einem Vergabeverfahren auszuschließen, muss aber zwingend von jeder Person angefochten werden können, die ein Interesse daran hat oder hatte, einen bestimmten Auftrag zu erhalten, und der durch einen Verstoß gegen diese Bestimmung ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, da andernfalls gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, wie es im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge durch Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 sowie durch Art. 47 der Charta gewährleistet ist, verstoßen würde. 144 Daraus folgt, dass ein nationales Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem von der Auftragsvergabe ausgeschlossenen Bewerber oder Bieter und einem öffentlichen Auftraggeber die von diesem vorgenommene Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung eines der in Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 genannten fakultativen Ausschlussgründe in Bezug auf den Wirtschaftsteilnehmer, dem der Auftrag erteilt wurde, erfüllt waren, überprüfen und folglich davon abweichen kann. Somit kann dieses Gericht je nach Fall in diesem Sinne in der Sache selbst entscheiden oder die Sache zur Entscheidung an den öffentlichen Auftraggeber oder an das zuständige nationale Gericht verweisen. 145 Allerdings gebietet es das Unionsrecht den nationalen Gerichten nicht, von Amts wegen die Frage eines Verstoßes gegen Unionsvorschriften aufzuwerfen, wenn sie durch die Prüfung dieser Frage die ihnen auferlegten Grenzen, insbesondere die Grenzen des von den Parteien festgelegten Streitgegenstands, überschreiten müssten, indem sie sich auf andere Tatsachen und Umstände stützen, als sie die Partei, die ein Interesse an der Anwendung der betreffenden Unionsvorschriften hat, ihrem Begehren zugrunde gelegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 1995, van Schijndel und van Veen, C‑430/93 und C‑431/93, EU:C:1995:441, Rn. 21 und 22, sowie vom 19. Dezember 2018, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato – Antitrust und Coopservice, C‑216/17, EU:C:2018:1034, Rn. 40). 146 Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich mangels einer einschlägigen Unionsregelung gemäß dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, die Modalitäten für das Verwaltungsverfahren und das Gerichtsverfahren zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Verfahrensmodalitäten dürfen jedoch u. a., gemäß dem Grundsatz der Äquivalenz, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Rechtsbehelfe (Urteil vom 6. Oktober 2015, Orizzonte Salute, C‑61/14, EU:C:2015:655, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 147 Daher kann ein nationales Gericht die Frage eines Verstoßes eines Wirtschaftsteilnehmers gegen Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 nur dann von Amts wegen prüfen, wenn es nach seinem nationalen Recht dazu ermächtigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 1995, van Schijndel und van Veen, C‑430/93 und C‑431/93, EU:C:1995:441, Rn. 13 und 14). 148 Nach alledem ist auf die zehnte Frage zu antworten, dass Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, das mit einem Rechtsstreit zwischen einem von der Vergabe eines Auftrags ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber befasst ist, von der von Letzterem vorgenommenen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Wirtschaftsteilnehmers, an den der Auftrag vergeben wurde, abweichen und folglich in seiner Entscheidung alle notwendigen Konsequenzen daraus ziehen kann. Hingegen kann ein solches Gericht nach dem Äquivalenzgrundsatz den Gesichtspunkt eines vom öffentlichen Auftraggeber begangenen Beurteilungsfehlers nur dann von Amts wegen berücksichtigen, wenn das nationale Recht dies zulässt. Zur elften Frage 149 Mit seiner elften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 4 und 6 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der, wenn sich ein Wirtschaftsteilnehmer, der Mitglied eines Konsortiums von Wirtschaftsteilnehmern ist, bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Gründen für einen Ausschluss des Konsortiums oder zur Überprüfung, ob dieses die Eignungskriterien erfüllt, einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, ohne dass seine Partner von dieser Täuschung Kenntnis hatten, gegen alle Mitglieder dieses Konsortiums eine Maßnahme zum Ausschluss von jedem öffentlichen Vergabeverfahren verhängt werden kann. 150 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/24 für einen Wirtschaftsteilnehmer das Recht vorsieht, für einen bestimmten Auftrag die Kapazitäten anderer Unternehmen – ungeachtet des Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden rechtlichen Beziehungen – in Anspruch zu nehmen, um sowohl die in Art. 58 Abs. 3 der Richtlinie genannten Kriterien zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit als auch die in Art. 58 Abs. 4 der Richtlinie genannten Kriterien zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit zu erfüllen (Urteil vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). 151 Ein Wirtschaftsteilnehmer, der von diesem Recht Gebrauch machen möchte, muss dem öffentlichen Auftraggeber gemäß Art. 59 Abs. 1 Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie 2014/24 bei Einreichung seines Teilnahmeantrags oder seines Angebots eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) übermitteln, mit der er bestätigt, dass sich er selbst und die Unternehmen, deren Kapazitäten er in Anspruch nehmen möchte, in keiner der in Art. 57 der Richtlinie genannten Situationen befinden, in der Wirtschaftsteilnehmer ausgeschlossen werden oder ausgeschlossen werden können, und/oder, dass das betreffende Eignungskriterium erfüllt ist. 152 Es obliegt dann nach Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 dem öffentlichen Auftraggeber, u. a. zu überprüfen, ob bezüglich dieses Wirtschaftsteilnehmers oder eines seiner Unternehmen Ausschlussgründe nach Art. 57 der Richtlinie vorliegen. Bejahendenfalls kann er vorschreiben, oder sogar durch den Mitgliedstaat, zu dem er gehört, verpflichtet werden, vorzuschreiben, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer ein Unternehmen, dessen Kapazitäten er in Anspruch nehmen möchte, bei dem aber nicht zwingende Ausschlussgründe vorliegen, ersetzt. 153 Allerdings ist klarzustellen, dass Art. 63 der Richtlinie 2014/24 voraussetzt, dass der öffentliche Auftraggeber – bevor er von einem Bieter mit der Begründung, dass sich ein Unternehmen, dessen Kapazitäten dieser Bieter in Anspruch nehmen möchte, in einer der in Art. 57 Abs. 1 und 4 der Richtlinie genannten Situationen befindet, die Ersetzung dieses Unternehmens verlangt – dem Bieter und/oder dem Unternehmen die Möglichkeit gibt, ihm Abhilfemaßnahmen zu präsentieren, die das Unternehmen gegebenenfalls ergriffen hat, um die festgestellte Unregelmäßigkeit zu beheben, und folglich nachzuweisen, dass es von Neuem als ein zuverlässiges Unternehmen angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2019, Delta Antrepriză de Construcții și Montaj 93, C‑267/18, EU:C:2019:826, Rn. 37, und vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 36). 154 Diese Auslegung von Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie ist geeignet, die praktische Wirksamkeit von Art. 57 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie sicherzustellen, der grundsätzlich jedem Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in Art. 57 Abs. 1 und 4 genannten Situationen befindet, das Recht gewährleistet, nachzuweisen, dass die von ihm getroffenen Maßnahmen ausreichen, trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 35). 155 Diese Auslegung trägt außerdem im Einklang mit Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie dazu bei, die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die öffentlichen Auftraggeber sicherzustellen. Aus diesem Grundsatz, der einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, ergibt sich nämlich, dass die von den Mitgliedstaaten oder den öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinie aufgestellten Regeln nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 2008, Michaniki, C‑213/07, EU:C:2008:731, Rn. 48, und vom 30. Januar 2020, Tim, C‑395/18, EU:C:2020:58, Rn. 45). 156 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die öffentlichen Auftraggeber bei der Anwendung fakultativer Ausschlussgründe diesem Grundsatz ganz besonders Rechnung tragen sollen. Dies gilt erst recht, wenn der in der nationalen Regelung vorgesehene Ausschluss den Bieter nicht wegen eines Verstoßes trifft, der ihm zuzurechnen ist, sondern wegen eines Verstoßes, der von einem Unternehmen begangen wurde, dessen Kapazitäten er in Anspruch nehmen möchte und über das er keinerlei Kontrollbefugnis hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2020, Tim, C‑395/18, EU:C:2020:58, Rn. 48, und vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 39). 157 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber nämlich dazu, eine konkrete und auf den Einzelfall bezogene Beurteilung der Verhaltensweise des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers vorzunehmen. Hierzu muss der öffentliche Auftraggeber die Mittel berücksichtigen, die dem Bieter zur Verfügung standen, um das Vorliegen eines Verstoßes in Bezug auf das Unternehmen zu prüfen, dessen Kapazitäten der Bieter in Anspruch zu nehmen beabsichtigte (Urteil vom 3. Juni 2021, Rad Service u. a., C‑210/20, EU:C:2021:445, Rn. 40). 158 Auf die elfte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 4 und 6 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der, wenn sich ein Wirtschaftsteilnehmer, der Mitglied eines Konsortiums von Wirtschaftsteilnehmern ist, bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Gründen für einen Ausschluss des Konsortiums oder zur Überprüfung, ob dieses die Eignungskriterien erfüllt, einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, ohne dass seine Partner von dieser Täuschung Kenntnis hatten, gegen alle Mitglieder dieses Konsortiums eine Maßnahme zum Ausschluss von jedem öffentlichen Vergabeverfahren verhängt werden kann. Kosten 159 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt: 1. Art. 58 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung der Wirtschaftsteilnehmer, nachzuweisen, dass sie einen bestimmten durchschnittlichen Jahresumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Tätigkeitsbereich erzielen, ein Eignungskriterium darstellt, das sich auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit dieser Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Abs. 3 dieser Vorschrift bezieht. 2. Art. 58 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in dem Fall, dass der öffentliche Auftraggeber verlangt hat, dass die Wirtschaftsteilnehmer einen bestimmten Mindestumsatz in dem vom betreffenden öffentlichen Auftrag abgedeckten Bereich erzielt haben, sich zum Nachweis seiner wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nur dann auf die Einkünfte berufen darf, die von einem vorübergehenden Unternehmenszusammenschluss, dem er angehörte, erzielt wurden, wenn er im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Auftrags tatsächlich zur Ausübung einer Tätigkeit dieses Konsortiums beigetragen hat, die derjenigen entspricht, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags ist, für den dieser Wirtschaftsteilnehmer seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nachweisen will. 3. Art. 58 Abs. 4 sowie die Art. 42 und 70 der Richtlinie 2014/24 sind dahin auszulegen, dass sie gleichzeitig mit einer in einer Ausschreibung enthaltenen technischen Vorgabe angewandt werden können. 4. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4, Art. 1 Abs. 3 und 5 sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen, die in den Bewerbungsunterlagen oder im Angebot eines anderen Wirtschaftsteilnehmers enthalten sind, mitzuteilen, eine Handlung darstellt, die Gegenstand einer Nachprüfung sein kann, und dass dann, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrags durchgeführt wird, vorgesehen hat, dass derjenige, der eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers anfechten möchte, verpflichtet ist, vor der Anrufung des Gerichts einen Verwaltungsrechtsbehelf einzulegen, dieser Mitgliedstaat auch vorsehen kann, dass einer Klage gegen diese den Zugang verweigernden Entscheidung ein solcher vorheriger Verwaltungsrechtsbehelf vorausgehen muss. 5. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung sowie Art. 21 der Richtlinie 2014/24 sind im Licht des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes einer guten Verwaltung dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der mit einem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Mitteilung der als vertraulich geltenden Informationen, die im Angebot eines Wettbewerbers, an den der Auftrag vergeben wurde, enthalten sind, befasst ist, nicht verpflichtet ist, diese Informationen mitzuteilen, wenn deren Übermittlung zu einem Verstoß gegen die Vorschriften des Unionsrechts über den Schutz vertraulicher Informationen führen würde, und zwar auch dann nicht, wenn der Antrag des Wirtschaftsteilnehmers im Rahmen eines Nachprüfungsantrags dieses Wirtschaftsteilnehmers betreffend die Rechtmäßigkeit der Bewertung des Angebots des Wettbewerbers durch den öffentlichen Auftraggeber gestellt wird. Lehnt der öffentliche Auftraggeber die Übermittlung solcher Informationen ab oder weist er den Verwaltungsrechtsbehelf eines Wirtschaftsteilnehmers bezüglich der Rechtmäßigkeit der Beurteilung des Angebots des betreffenden Wettbewerbers zurück und lehnt dabei die Übermittlung ab, so muss er das Recht des Antragstellers auf eine gute Verwaltung gegen das Recht des Wettbewerbers auf Schutz seiner vertraulichen Informationen abwägen, damit seine Ablehnungsentscheidung oder seine Zurückweisungsentscheidung begründet ist und dem Recht eines abgelehnten Bieters auf eine wirksame Nachprüfung nicht seine praktische Wirksamkeit genommen wird. 6. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Art. 1 Abs. 3 und 5 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung sowie Art. 21 der Richtlinie 2014/24 sind im Lichte des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass das zuständige nationale Gericht, das mit einer Klage gegen eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers befasst ist, mit der es abgelehnt wird, einem Wirtschaftsteilnehmer als vertraulich geltende Informationen mitzuteilen, die in den Unterlagen enthalten sind, die der Wettbewerber, an den der Auftrag vergeben wurde, übermittelt hat, oder mit einer Klage gegen eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, mit der der gegen eine solche Ablehnungsentscheidung eingelegte Verwaltungsrechtsbehelf zurückgewiesen wird, verpflichtet ist, das Recht des Klägers auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen das Recht von dessen Wettbewerber auf Schutz seiner vertraulichen Informationen und seiner Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. Zu diesem Zweck muss dieses Gericht, das notwendigerweise über die erforderlichen Informationen, einschließlich vertraulicher Informationen und Geschäftsgeheimnisse, verfügen muss, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, ob diese Informationen übermittelt werden dürfen, alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Aspekte prüfen. Außerdem muss es diesem Gericht möglich sein, die Ablehnungsentscheidung oder die Entscheidung über die Zurückweisung des Verwaltungsrechtsbehelfs für nichtig zu erklären, wenn sie rechtswidrig sind, und die Sache gegebenenfalls an den öffentlichen Auftraggeber zurückzuverweisen oder, wenn das nationale Recht es dazu ermächtigt, sogar selbst eine neue Entscheidung zu treffen. 7. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das mit einem Rechtsstreit zwischen einem von der Vergabe eines Auftrags ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber befasst ist, von der von Letzterem vorgenommenen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Wirtschaftsteilnehmers, an den der Auftrag vergeben wurde, abweichen und folglich in seiner Entscheidung alle notwendigen Konsequenzen daraus ziehen kann. Hingegen kann ein solches Gericht nach dem Äquivalenzgrundsatz den Gesichtspunkt eines vom öffentlichen Auftraggeber begangenen Beurteilungsfehlers nur dann von Amts wegen berücksichtigen, wenn das nationale Recht dies zulässt. 8. Art. 63 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit Art. 57 Abs. 4 und 6 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der, wenn sich ein Wirtschaftsteilnehmer, der Mitglied eines Konsortiums von Wirtschaftsteilnehmern ist, bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Gründen für einen Ausschluss des Konsortiums oder zur Überprüfung, ob dieses die Eignungskriterien erfüllt, einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, ohne dass seine Partner von dieser Täuschung Kenntnis hatten, gegen alle Mitglieder dieses Konsortiums eine Maßnahme zum Ausschluss von jedem öffentlichen Vergabeverfahren verhängt werden kann. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Litauisch.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 7. Juli 2021.#Naser Bateni gegen Rat der Europäischen Union.#Außervertragliche Haftung – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran – Liste der Personen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren sind – Zuständigkeit des Gerichts – Verjährung – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht.#Rechtssache T-455/17.
62017TJ0455
ECLI:EU:T:2021:411
2021-07-07T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62017TJ0455 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 7. Juli 2021 (*1) „Außervertragliche Haftung – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran – Liste der Personen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren sind – Zuständigkeit des Gerichts – Verjährung – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht“ In der Rechtssache T‑455/17, Naser Bateni, wohnhaft in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Schlingmann, Kläger, gegen Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.‑P. Hix und M. Bishop als Bevollmächtigte, Beklagter, unterstützt durch Europäische Kommission, vertreten durch C. Hödlmayr, J. Roberti di Sarsina und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte, Streithelferin, betreffend eine Klage nach den Art. 268 und 340 AEUV auf Ersatz des Schadens, der dem Kläger daraus entstanden sein soll, dass sein Name erstens durch den Beschluss 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP (ABl. 2011, L 319, S. 71) in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. 2010, L 195, S. 39) und durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. 2011, L 319, S. 11) in die Liste in Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 281, S. 1), zweitens in die Liste in Anhang IX der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. 2012, L 88, S. 1) sowie drittens in die Liste im Anhang des Beschlusses 2013/661/GASP des Rates vom 15. November 2013 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP (ABl. 2013, L 306, S. 18) und in die Liste im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1154/2013 des Rates vom 15. November 2013 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 (ABl. 2013, L 306, S. 3) aufgenommen wurde, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, des Richters M. Jaeger und der Richterin O. Porchia (Berichterstatterin), Kanzler: B. Lefebvre, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2020 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Der Kläger, Herr Naser Bateni, ist iranischer Staatsangehöriger und lebt seit März 2008 in Deutschland. Dort gründete er im Jahr 2009 die HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH (im Folgenden: HTTS), eine Gesellschaft deutschen Rechts, die als Schiffsagent und technischer Schiffsmanager tätig ist. 2 Hintergrund der vorliegenden Rechtssache sind die restriktiven Maßnahmen, die eingeführt wurden, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen einstellt. Vorliegend stehen insbesondere die Maßnahmen gegen die Islamic Republic of Iran Shipping Lines (im Folgenden: IRISL) in Rede, zu der der Kläger und HTTS dem Rat zufolge Verbindungen haben. 3 Auf völkerrechtlicher Ebene nahm der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) am 23. Dezember 2006 die Resolution 1737 (2006) an, mit der er seine ernste Besorgnis über das von Iran entwickelte Nuklearproliferationsprogramm zum Ausdruck brachte und Druck auf diesen Staat auszuüben suchte, das Programm zu „beschränken“ und in bestimmten Teilen „auszusetzen“, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. 4 Am 24. März 2007 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1747 (2007). Nach Ziff. 5 dieser Resolution „[darf] Iran keine Rüstungsgüter oder sonstiges Wehrmaterial aus seinem Hoheitsgebiet oder durch seine Staatsangehörigen oder unter Benutzung von seine Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen, sei es auf direktem oder indirektem Weg, liefern, verkaufen oder transferieren und [werden] alle Staaten die Beschaffung solcher Artikel aus Iran durch ihre Staatsangehörigen oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen und gleichviel, ob sie ihren Ursprung im Hoheitsgebiet Irans haben oder nicht, untersagen“. 5 Am 3. März 2008 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1803 (2008). In Ziff. 11 dieser Resolution wurden alle Staaten aufgefordert, „die Ladung aller der Iran Air Cargo oder der [IRISL] gehörenden oder von ihnen betriebenen Luftfahrzeuge und Schiffe, deren Ausgangs- oder Bestimmungsort Iran ist, zu überprüfen, sofern es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass das betreffende Luftfahrzeug oder Schiff Güter befördert, die nach dieser Resolution, der Resolution 1737 (2006) oder der Resolution 1747 (2007) verboten sind“. 6 Mit der Resolution 1929 (2010) vom 9. Juni 2010 führte der Sicherheitsrat eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen in Bezug auf IRISL ein. Insbesondere wurden nach den Ziff. 14 bis 22 dieser Resolution die Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten nach der Resolution 1737 (2006) erweitert auf„die in [der] Anlage III aufgeführten Einrichtungen der [IRISL] und auf jede Person oder Einrichtung, die in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handelt, sowie auf Einrichtungen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen, auch durch unerlaubte Mittel, oder nach Feststellung des [Sicherheitsrats] oder des [Sanktions‑]Ausschusses [des Sicherheitsrats] ihnen bei der Umgehung der [in seinen] Resolutionen verhängten Sanktionen oder bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen [seiner] Resolutionen behilflich waren“. 7 In der Europäischen Union wurde der Gemeinsame Standpunkt 2007/140/GASP des Rates vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2007, L 61, S. 49) angenommen und wurde die Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2007, L 103, S. 1) erlassen. 8 Am 17. Juni 2010 nahm der Europäische Rat zur Umsetzung der Resolution 1929 (2010) die „Erklärung zu Iran“ (Anlage II der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010 [Aktenzeichen EUCO 13/10]) an. Darin wurde der Rat ersucht, Maßnahmen zur Umsetzung der in dieser Resolution enthaltenen Maßnahmen sowie Begleitmaßnahmen zu erlassen, damit alle noch bestehenden Bedenken in Bezug auf das Nuklearproliferationsprogramm Irans auf dem Verhandlungsweg ausgeräumt werden können. Diese Maßnahmen sollten mehrere Schlüsselbereiche der iranischen Wirtschaft, darunter „den iranischen Verkehrssektor, insbesondere die [IRISL] und ihre Zweigunternehmen“, betreffen. 9 Mit dem Beschluss 2010/413/GASP vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. 2010, L 195, S. 39) setzte der Rat die vom Europäischen Rat verabschiedete „Erklärung zu Iran“ um. In Anhang II dieses Beschlusses sind die – nicht vom Sicherheitsrat oder seinem durch die Resolution 1737 (2006) eingerichteten Sanktionsausschuss benannten – Personen und Einrichtungen aufgelistet, deren Vermögenswerte eingefroren werden. 10 Durch den Beschluss 2010/413 nahm der Rat HTTS mit der Begründung, dass sie „im Namen der [Hafize Darya Shipping Lines] in Europa [handelt]“, in die Liste der Einrichtungen in Anhang II dieses Beschlusses auf. IRISL sowie eine Reihe weiterer iranischer Reedereien, nämlich IRISL Europe GmbH, Hafize Darya Shipping Lines (im Folgenden: HDSL) und Safiran Pyam Darya Shipping Lines (im Folgenden: SAPID), wurden ebenfalls in die Liste aufgenommen. 11 Infolgedessen wurden IRISL, IRISL Europe, HDSL, SAPID und HTTS durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 195, S. 25) in die Liste in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen. 12 Am 8. Oktober 2010 erhoben IRISL und 17 weitere Gesellschaften, darunter IRISL Europe, HDSL und SAPID, beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Aufnahme ihrer Namen in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 in der durch die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 geänderten Fassung enthaltenen Listen. Diese Klage wurde unter der Rechtssachennr. T‑489/10 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen. 13 Durch den Beschluss 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. 2010, L 281, S. 81) wurde HTTS mit der Begründung „[w]ird kontrolliert von oder handelt im Namen der IRISL“ in der Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 belassen. 14 Am 1. Dezember 2011 erließ der Rat den Beschluss 2011/783/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. 2011, L 319, S. 71). Durch den Beschluss 2011/783 wurde der Name des Klägers auf die Liste der Personen gesetzt, die in Tabelle III des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 aufgeführt sind. 15 Gemäß dem Beschluss 2011/783 wurde durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. 2011, L 319, S. 11) der Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 281, S. 1) geändert, indem u. a. der Name des Klägers in die Liste in diesem Anhang hinzugefügt wurde. 16 Aus dem Beschluss 2011/783 und der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, durch die der Name des Klägers in die Liste in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufgenommen wurde (im Folgenden: erste Listung), geht hervor, dass die Begründung in Bezug auf den Kläger wie folgt lautete: „[e]hemaliger Legal Director der IRISL, Geschäftsführer … [von] … HTTS …, die von der … Union mit Sanktionen belegt wurde“, und „Geschäftsführer der Scheinfirma NHL Basic Limited“. 17 Am 23. März 2012 erließ der Rat die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. 2012, L 88, S. 1) im Anschluss an den Erlass des Beschlusses 2012/35/GASP des Rates vom 23. Januar 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. 2012, L 19, S. 22). Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 267/2012 wurden der Kläger und HTTS aus im Wesentlichen den gleichen wie den bei der ersten Listung genannten Gründen, mit Ausnahme der Bezugnahme auf seine Funktion als Geschäftsführer der Scheinfirma NHL Basic Ltd, in die Liste in Anhang IX dieser Verordnung aufgenommen (im Folgenden in Bezug auf den Kläger: zweite Listung). 18 Mit Urteil vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312), erklärte das Gericht den Beschluss 2012/35 und die Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig, soweit sie HTTS betrafen. 19 Mit Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), gab das Gericht der vom Kläger erhobenen Klage auf Nichtigerklärung der zweiten Listung statt und erklärte diese mit Wirkung vom 16. November 2013 für nichtig, soweit die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 den Kläger betraf. 20 Mit Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453), gab das Gericht der Klage statt, die IRISL und weitere Reedereien, darunter IRISL Europe, HDSL und SAPID, gegen den Beschluss 2010/644, die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010, die Verordnung Nr. 961/2010 und die Verordnung Nr. 267/2012 erhoben hatten, soweit diese Rechtsakte sie betrafen. 21 Am 10. Oktober 2013 erließ der Rat den Beschluss 2013/497/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. 2013, L 272, S. 46) und die Verordnung (EU) Nr. 971/2013 zur Änderung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. 2013, L 272, S. 1). Gemäß ihrem jeweils zweiten Erwägungsgrund zielen der Beschluss 2013/497 und die Verordnung Nr. 971/2013 darauf ab, die Kriterien für die Aufnahme in die Listen hinsichtlich Personen und Einrichtungen, die bereits benannten Personen und Einrichtungen Hilfe dabei geleistet haben, die Bestimmungen der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats oder des Beschlusses 2010/413 und der Verordnung Nr. 267/2012 zu umgehen bzw. gegen diese zu verstoßen, anzupassen, um Personen und Einrichtungen in den Anwendungsbereich der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen einzubeziehen, die selbst gegen die genannten Bestimmungen verstoßen bzw. diese umgangen haben. 22 Mit dem Beschluss 2013/497 wurde insbesondere ein neues Tatbestandsmerkmal in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 eingefügt. Dieses erfasst „Personen und Einrichtungen, die Versicherungsdienstleistungen oder sonstige wesentliche Dienstleistungen für [IRISL] oder für Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen bzw. in deren Namen handeln, erbringen“. Infolgedessen wurde dieses Tatbestandsmerkmal durch die Verordnung Nr. 971/2013 in Art. 23 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 267/2012 eingefügt. 23 Nach der Verkündung der oben in den Rn. 18 bis 20 genannten Urteile wurden der Kläger und HTTS später vom Rat gelistet. Am 15. November 2013 erließ der Rat nämlich den Beschluss 2013/661/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. 2013, L 306, S. 18). Am selben Tag erließ er die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1154/2013 zur Durchführung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. 2012, L 306, S. 3). Durch den Beschluss 2013/661 und die genannte Durchführungsverordnung wurden der Kläger und HTTS wieder in die Listen in Anhang II des Beschlusses 2010/413 bzw. in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufgenommen (im Folgenden, soweit der Kläger betroffen ist, zusammen: dritte Listung). 24 Die dritte Listung war damit begründet, dass der Kläger im Namen von IRISL gehandelt habe. Er sei bis 2008 Direktor von IRISL und anschließend Geschäftsführer der IRISL Europe gewesen. Er sei Geschäftsführer von HTTS, die als Generalvertreterin wesentliche Dienstleistungen für SAPID und HDSL erbringe; diese beiden Gesellschaften seien als Einrichtungen benannt, die für IRISL tätig seien. 25 Mit Urteil vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), gab das Gericht der Nichtigkeitsklage statt, die der Kläger gegen die dritte Listung und HTTS gegen die Verordnung Nr. 1154/2013, soweit diese sie betrifft, erhoben hatten. 26 Mit Schreiben vom 23. März 2017 forderte der Kläger vom Rat Ersatz des Schadens, der ihm durch die gegen ihn verhängten restriktiven Maßnahmen entstanden sei. 27 Mit Schreiben vom 15. Mai 2017 wies der Rat dieses Begehren zurück. 28 Parallel dazu wurde die von HTTS gegen den Rat erhobene Klage auf Zahlung eines Betrags von 2516221,50 Euro zum Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihr durch die gegen sie verhängten restriktiven Maßnahmen entstanden sei, mit Urteil vom 13. Dezember 2017, HTTS/Rat (T‑692/15, EU:T:2017:890), abgewiesen. Dieses Urteil wurde anschließend vom Gerichtshof mit Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), aufgehoben. Der Gerichtshof verwies die Rechtssache gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union an das Gericht zurück, wo die Rechtssache unter der Rechtssachennr. T‑692/15 RENV, HTTS/Rat, im Register eingetragen wurde, und behielt die Entscheidung über die Kosten vor. Verfahren und Anträge der Parteien 29 Mit Klageschrift, die am 14. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Die Rechtssache ist der Dritten Kammer des Gerichts zugewiesen worden. 30 Am 10. November 2017 hat der Rat seine Klagebeantwortung eingereicht. 31 Mit am 20. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat die Kommission beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. 32 Am 26. Oktober 2017 hat der Rat seine Stellungnahme zum Streithilfeantrag der Kommission eingereicht. Am 9. November 2017 hat der Kläger seine Stellungnahme zum Streithilfeantrag der Kommission eingereicht. 33 Mit Entscheidung des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 17. November 2017 ist die Kommission als Streithelferin im vorliegenden Rechtsstreit zugelassen worden 34 Die Kommission hat ihren Streithilfeschriftsatz am 8. Januar 2018 eingereicht, und die Hauptparteien haben hierzu fristgerecht Stellung genommen. 35 Die Erwiderung bzw. die Gegenerwiderung sind vom Kläger am 9. Februar 2018 bzw. vom Rat am 23. März 2018 eingereicht worden. 36 Mit Schreiben, das am 18. April 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. 37 Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) im Rahmen einer ersten prozessleitenden Maßnahme beschlossen, die Parteien zu einer möglichen Aussetzung des Verfahrens bis zu der das Verfahren beendenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑123/18 P anzuhören. Die Hauptparteien haben hierzu fristgerecht Stellung genommen 38 Mit Entscheidung vom 12. Juni 2018 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache ausgesetzt. 39 Nach Verkündung des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), hat das Gericht (Dritte Kammer) auf Vorschlag der Berichterstatterin im Rahmen einer zweiten prozessleitenden Maßnahme beschlossen, die Parteien zu den von ihnen aus diesem Urteil gezogenen Schlüssen für die vorliegende Rechtssache anzuhören. Die Hauptparteien haben hierzu fristgerecht Stellung genommen. 40 Nach einer Neubesetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung hat der Präsident des Gerichts die Rechtssache einem anderen Berichterstatter zugewiesen, der der Ersten Kammer in ihrer neuen Besetzung zugeteilt worden ist. Die vorliegende Rechtssache ist deshalb der Ersten Kammer zugewiesen worden. 41 Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat das Gericht dem Antrag des Klägers auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung stattgegeben und das mündliche Verfahren eröffnet. 42 Mit Entscheidung vom 30. Juni 2020 hat der Präsident der Ersten Kammer gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verfahrensordnung nach Anhörung der Parteien beschlossen, die vorliegende Rechtssache mit der Rechtssache T‑692/15 RENV, HTTS/Rat, zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden. 43 Nachdem die mündliche Verhandlung wegen der mit Covid-19 verbundenen Gesundheitskrise mehrfach verschoben worden war, haben die Parteien in der Sitzung vom 20. November 2020, die mit Einverständnis des Klägers per Videokonferenz stattgefunden hat, mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 44 Der Kläger beantragt, – den Rat zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 250000 Euro für den immateriellen Schaden zu zahlen, den er wegen – seiner Aufnahme in die Tabelle III in Anhang II des Beschlusses 2010/413 durch den Beschluss 2011/783 und seiner Aufnahme in die Tabelle III des Anhangs VIII der Verordnung Nr. 961/2010 durch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, – seiner Aufnahme in die Tabelle III in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012, – seiner Aufnahme in die Tabelle III des Anhangs des Beschlusses 2013/661 und in die Tabelle III des Anhangs der Durchführungsverordnung Nr. 1154/2013 (im Folgenden zusammen: streitige Listen) erlitten hat; – den Rat zu verurteilen, Verzugszinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem von der Europäischen Zentralbank für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz ab dem 24. März 2017 bis zur vollständigen Zahlung des Betrags von 250000 Euro zu zahlen; – dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 45 Der Rat beantragt, – die Klage abzuweisen; – dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 46 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zuständigkeit des Gerichts 47 In der Klagebeantwortung macht der Rat geltend, das Gericht sei für die Entscheidung über eine Schadensersatzklage in Bezug auf die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erlassenen Beschlüsse 2011/783 und 2013/661 nicht zuständig. 48 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes der von restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen oder Einrichtungen verlangt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union, damit dieser Schutz vollständig ist, über eine von diesen Personen oder Einrichtungen erhobene Schadensersatzklage auf Ersatz der Schäden durch in GASP-Beschlüssen vorgesehene restriktive Maßnahmen entscheiden kann (Urteil vom 6. Oktober 2020, Bank Refah Kargaran/Rat, C‑134/19 P, EU:C:2020:793, Rn. 43). 49 Somit ist festzustellen, dass das Gericht für die Entscheidung über eine Schadensersatzklage zuständig ist, soweit diese auf den Ersatz des Schadens gerichtet ist, der durch in GASP-Beschlüssen vorgesehene restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen entstanden sein soll (Urteil vom 6. Oktober 2020, Bank Refah Kargaran/Rat, C‑134/19 P, EU:C:2020:793, Rn. 44). 50 Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die hier in Rede stehende Schadensersatzklage, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, auf den Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der durch den Erlass der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, der Verordnung Nr. 267/2012 und der Durchführungsverordnung Nr. 1154/2013 entstanden sein soll. Darüber hinaus nimmt der Kläger auf die Beschlüsse 2011/783 und 2013/661 lediglich insoweit Bezug, als sie die Grundlage und notwendige Voraussetzung für diese Verordnungen darstellten. 51 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das Gericht für die Entscheidung über den Schadensersatzantrag des Klägers zuständig ist. Verjährung der Schadensersatzklage 52 In der Klagebeantwortung macht der Rat geltend, dass die Schadensersatzklage teilweise verjährt sei. 53 Den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen lägen Rechtsakte des Rates vom 1. Dezember 2011, vom 23. März 2012 und vom 15. November 2013 zugrunde, und die Verjährungsfristen für die jeweils auf diese Rechtsakte gestützten Ansprüche hätten jeweils zu diesen Zeitpunkten zu laufen begonnen. 54 Nach Auffassung des Rates wurden die Verjährungsfristen erst am 23. März 2017 unterbrochen, als der Kläger Schadensersatzansprüche wegen des Erlasses der fraglichen Maßnahmen gegen ihn geltend gemacht habe. 55 Etwaige Schäden, denen Ereignisse zugrunde lägen, die mehr als fünf Jahre vor dem 23. März 2017 zurücklägen, seien somit verjährt. Dies gelte insbesondere für die Schadensersatzansprüche, soweit sie auf die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, die durch die Verordnung Nr. 267/2012 aufgehoben worden sei, gestützt würden. 56 Der Rat fügt hinzu, der Kläger habe Schäden entweder vor dem 23. März 2012 erlitten, und seine Ansprüche in Bezug auf diese Schäden seien daher verjährt, oder er habe sie nach dem 23. März 2012 erlitten, dem Zeitpunkt der Aufhebung der ersten Listung durch die Verordnung Nr. 267/2012. 57 Der Kläger macht zunächst geltend, dass es nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union für die Verjährungsfrist auf den Eintritt des Schadens und nicht auf den Eintritt des der Schadensersatzforderung zugrunde liegenden Ereignisses ankomme. Der durch die erste Listung verursachte immaterielle Schaden sei aber erstmals im April 2012 eingetreten. 58 Sodann trägt der Kläger vor, die Rufschädigung sei ein sukzessiver Schaden, der von April 2012 bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung der dritten Listung angedauert habe. 59 Der Kläger beruft sich für sein Vorbringen, dass im Fall eines sukzessiv eingetretenen Schadens die Verjährung gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union die mehr als fünf Jahre vor der Unterbrechungshandlung liegende Zeit erfasse, ohne die später entstandenen Ansprüche zu berühren, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des der Schadensersatzforderung zugrunde liegenden Ereignisses, auf das Urteil vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union (T‑673/15, EU:T:2017:377), und insbesondere auf dessen Rn. 39 bis 42. 60 Schließlich trägt der Kläger vor, dass die jeweiligen rechtswidrigen restriktiven Maßnahmen des Rates zwar Auslöser der Schäden gewesen seien, für die er nun eine Entschädigung begehre. Die Schäden seien aber erst nach und nach, hauptsächlich ab April 2012, eingetreten. 61 Gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht Anwendung findet, verjähren die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. 62 Es ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehene Verjährungsfrist zum einen den Schutz der Rechte des Geschädigten gewährleisten soll, der über genügend Zeit verfügen muss, um im Hinblick auf eine mögliche Klage sachdienliche Informationen zusammenzutragen, und zum anderen verhindern soll, dass der Geschädigte die Ausübung seines Rechts auf Schadensersatz auf unbegrenzte Zeit hinausschieben kann. Diese Frist schützt daher letztlich den Geschädigten und die Person, die für den Schaden verantwortlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 33 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 49). 63 Nach der Rechtsprechung beginnt diese Frist, wenn alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind; insbesondere in Fällen, in denen die Haftung ihre Ursache in einer Rechtsnorm hat, kann der Lauf dieser Verjährungsfrist nicht beginnen, bevor die Schadensfolgen dieser Rechtsnorm eingetreten sind. Übertragen auf Rechtsstreitigkeiten wegen individueller Entscheidungen bedeutet dies, dass die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, wenn die Folgen der Entscheidung gegenüber den Personen, an die sie gerichtet ist, eingetreten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2007, Holcim [Deutschland]/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 29 und 30). 64 Im vorliegenden Fall trägt der Kläger vor, dass der immaterielle Schaden, dessen Ersatz er fordere, durch die Vornahme der ersten, der zweiten und der dritten Listung ausgelöst worden sei und dass die Folgen der ersten Listung ihm gegenüber erst ab dem 1. Dezember 2011 und bis zum 22. März 2012 eingetreten seien. 65 Hinsichtlich der ersten Listung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das erste Ereignis, durch das die Verjährungsfrist unterbrochen wurde, nämlich die Schadensersatzforderung, die der Kläger gegenüber dem Rat geltend gemacht hat, erst am 23. März 2017 eintrat, d. h. fünf Jahre nach Erlass der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, und jedenfalls nachdem die Folgen dieser Durchführungsverordnung, wie sie der Kläger bezüglich seines immateriellen Schaden anerkannt hat, ab dem 1. Dezember 2011 eingetreten waren. 66 Der Kläger führt zudem aus, dass die jeweiligen rechtswidrigen restriktiven Maßnahmen des Rates zwar Auslöser der Schäden gewesen seien, für die er nun eine Entschädigung begehre, diese Schäden aber erst nach und nach, hauptsächlich ab April 2012, eingetreten seien. 67 Dem Rat ist aber darin zu folgen, dass die erste Listung zu diesem Zeitpunkt aufgrund der zweiten Listung am 23. März 2012, durch die die erste Listung aufgehoben wurde, keine Wirkungen mehr erzeugte. 68 Hinzuzufügen ist, dass das Argument des Klägers zum Vorliegen eines durch die erste Listung ausgelösten sukzessiven Schadens, der erst im April 2012 eingetreten sei und sich über den gesamten Zeitraum ausgewirkt habe, in dem der Kläger von den fraglichen restriktiven Maßnahmen betroffen gewesen sei, hinsichtlich dieser Listung ebenfalls nicht durchgreift. 69 Anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union (T‑673/15, EU:T:2017:377), ergangen ist, auf das sich der Kläger berufen hat, um das Vorliegen eines sukzessiven Schadens zu begründen, ergibt sich der immaterielle Schaden im vorliegenden Fall nach eigenen Angaben des Klägers nicht aus einem einzigen rechtswidrigen Rechtsakt, sondern aus drei verschiedenen Rechtsakten, nämlich der ersten, der zweiten und der dritten Listung. Außerdem trägt der Kläger selbst vor, dass der Schaden, dessen Ersatz er begehrt, erst ab April 2012 eingetreten sei, somit nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Listung endete. 70 Unter diesen Umständen ist die vom Kläger erhobene Schadensersatzklage, soweit sie auf den Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der durch die erste Listung entstanden sein soll, als verjährt und damit unzulässig zu erachten. 71 Was die zweite und die dritte Listung (im Folgenden zusammen: streitige Listungen) betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seine Schadensersatzforderung mit Fax vom 23. März 2017, also fünf Jahre nach der zweiten Listung, an den Rat gerichtet und seine Schadensersatzklage dann am 14. Juli 2017, d. h. binnen zwei Monaten nach Zugang des ablehnenden Schreibens des Rates vom 15. Mai 2017, erhoben hat. Damit ist davon auszugehen, dass diese Schadensersatzklage, soweit sie auf den Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der durch diese Listungen entstanden sein soll, innerhalb der nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Frist erhoben worden ist. Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Rechtsnormen, die bezwecken, den Einzelnen Rechte zu verleihen 72 Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen Rechtsnormen, die bezwecken, den Einzelnen Rechte zu verleihen, macht der Kläger geltend, dass der Rat dadurch, dass er seine Pflicht verletzt habe, Tatsachen, die den Erlass der restriktiven Maßnahmen rechtfertigten, zu ermitteln und nachzuweisen, einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen für die Listung (erste Rüge), eine hinreichend qualifizierte Verletzung des Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz (zweite Rüge) und eine hinreichend qualifizierte Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten, der Unternehmensfreiheit und des Eigentumsrechts begangen habe (dritte Rüge). 73 Im Rahmen der ersten Rüge macht der Kläger vier Argumente geltend. 74 Erstens habe das Gericht in seinem Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), bestätigt durch Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402), entschieden, dass die unberechtigte Listung einer Person ohne ausreichende Tatsachengrundlage einen qualifizierten Verstoß gegen Rechtsnormen darstelle, die bezweckten, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, da der Rat hinsichtlich dieser Pflicht über keinen Wertungsspielraum verfüge, und dass die Regel, die diese Pflicht vorsehe, keine besonders komplexe Situation betreffe. Der Kläger fügt hinzu, dass diese Regel vor der Vornahme der streitigen Listungen durch die Urteile vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat (T‑228/02, EU:T:2006:384), und vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat (T‑390/08, EU:T:2009:401), aufgestellt worden sei und dass der Rat im vorliegenden Fall wie in der Rechtssache, in der das Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), ergangen sei, gegen seine Pflicht verstoßen habe, Tatsachen, die den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen ihn rechtfertigten, zu ermitteln und nachzuweisen. 75 Zweitens macht der Kläger unter Berufung auf die Urteile vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), und vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), die jeweils die streitigen Listungen betrafen, geltend, dass der Rat im Rahmen des Verfahrens, das zur Nichtigerklärung der ersten Listung geführt habe, zum einen erklärt habe, dass er zum Zeitpunkt der zweiten Listung weder über die von der Bundesrepublik Deutschland vorgelegten Informationen noch über den Artikel der New York Times vom 7. Juni 2010 verfügt habe (Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat, T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409, Rn. 52), und zum anderen, dass er Personen und Einrichtungen auf Zuruf durch die Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in die Sanktionslisten aufnehme, ohne eine Prüfung vorzunehmen. 76 Außerdem unterstreicht der Kläger, das Gericht habe im Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), festgestellt, dass der Rat einen „offenkundigen Ermessensfehler“ begangen habe, und im Urteil vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), entschieden, dass sich die Vorgehensweise des Rates durch einen „Mangel an Sorgfalt“ kennzeichne. 77 Außerdem trägt der Kläger vor, das Gericht habe in den Rn. 47 und 48 des Urteils vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), ausdrücklich festgestellt, dass weder die angefochtenen Rechtsakte noch das Schreiben vom 23. März 2012, das der Rat an den Kläger gesandt hatte, um ihm die Gründe zu erläutern, aus denen sein Name weiterhin in der Liste der Personen geführt werde, die beschuldigt würden, die nukleare Proliferation in Iran zu fördern, auch nur den geringsten Hinweis auf die Art der Kontrolle, die die IRISL über HTTS angeblich ausübten, oder die Tätigkeiten, die HTTS im Auftrag der IRISL ausführe, enthielten, die die zweite Listung hätten rechtfertigen können. 78 Zur dritten Listung macht der Kläger schließlich geltend, dass der Rat verschiedene Unterlagen vorgelegt habe. Diese als „Beweismittel“ bezeichneten Unterlagen seien aber nicht geeignet gewesen, eine Verbindung des Klägers zu IRISL und IRISL Europe nachzuweisen, die den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger hätte rechtfertigen können. Hierzu führt er außerdem an, dass in der Rechtssache, in der das Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402), ergangen sei, festgestellt worden sei, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht offenkundig qualifiziert sei, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der Rechtsverstoß festgestellt werde, fortbestanden habe. Dieser Grundsatz müsse auf den Verstoß Anwendung finden, der dadurch begangen worden sei, dass die dritte Listung ungeachtet der Nichtigerklärung der zweiten Listung durch das Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), vorgenommen worden sei. 79 Drittens trägt der Kläger vor, dass keine besondere Schwierigkeit bestanden habe, die den Rat daran gehindert hätte, zu erkennen, dass eine frühere Tätigkeit für sich genommen keine restriktiven Maßnahmen gegen eine Person rechtfertigen könne, und dass der Rat insoweit über kein Ermessen oder allenfalls ein äußerst eingeschränktes Ermessen verfügt habe. 80 Viertens habe der Rat bei der dritten Listung ignoriert, dass das Gericht die Listung von IRISL sowie der in Bezug genommenen weiteren Gesellschaften, insbesondere SAPID und HDSL, durch das Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453), für nichtig erklärt habe und dass daher den beigebrachten „Beweismitteln“ von vornherein jede Relevanz gefehlt habe. 81 Zur zweiten und zur dritten Rüge macht der Kläger geltend, dass die Verletzung der Pflicht, Beweise für das Bestehen einer Verbindung zwischen ihm und IRISL zu erbringen, eine hinreichend qualifizierte Verletzung des Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz, des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten, der Unternehmensfreiheit und des Eigentumsrechts zur Folge habe. 82 Der Rat und die Kommission treten dem Vorbringen des Klägers entgegen. Hinweis auf die Rechtsprechung auf dem Gebiet der außervertraglichen Haftung 83 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Schadensersatzklage einen selbständigen Rechtsbehelf darstellt, der nicht die Aufhebung einer bestimmten Maßnahme zum Ziel hat, sondern den Ersatz des von einem Organ verursachten Schadens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 1971, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, 5/71, EU:C:1971:116, Rn. 3), und dass die Nichtigkeitsklage keine Voraussetzung ist, um eine Schadensersatzklage beim Gericht erheben zu können. 84 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die außervertragliche Haftung der Union einen qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, das tatsächliche Bestehen des Schadens sowie einen Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem betreffenden Organ obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden voraus (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 32). 85 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV kumulativ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Dezember 2010, Fahas/Rat, T‑49/07, EU:T:2010:499, Rn. 93, und Beschluss vom 17. Februar 2012, Dagher/Rat, T‑218/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:82, Rn. 34). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage folglich insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft zu werden brauchten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 14, und vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB, T‑436/09, EU:T:2011:634, Rn. 193). 86 Nach gefestigter Rechtsprechung reicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts der Union z. B. im Rahmen einer Nichtigkeitsklage – so bedauerlich dieser Rechtsverstoß auch sein mag – nicht aus, um automatisch die außervertragliche Haftung der Union wegen der Rechtswidrigkeit des Verhaltens eines ihrer Organe auszulösen. Damit diese Voraussetzung erfüllt ist, muss der Kläger nach der Rechtsprechung nachweisen, dass das fragliche Organ nicht nur einen einfachen Rechtsverstoß begangen hat, sondern einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (vgl. Urteil vom 5. Juni 2019, Bank Saderat/Rat, T‑433/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:374, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Im Übrigen dient der Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes dazu, insbesondere im Bereich der restriktiven Maßnahmen zu verhindern, dass die Aufgabe, die das betreffende Organ im allgemeinen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu erfüllen hat, durch das Risiko beeinträchtigt wird, dass dieses Organ letztlich Schäden zu tragen hat, die den von seinen Handlungen betroffenen Personen möglicherweise entstehen, wobei ihnen jedoch nicht die materiellen oder immateriellen Folgen von Pflichtverletzungen aufgebürdet werden, die das betreffende Organ in offenkundiger und unentschuldbarer Weise begangen hat (vgl. Urteil vom 5. Juni 2019, Bank Saderat/Rat, T‑433/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:374, Rn. 49). 88 Das übergeordnete Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit im Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union rechtfertigt nämlich auch erhebliche negative Folgen, die sich für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer aus Beschlüssen zur Durchführung der von der Union zur Verwirklichung dieses grundlegenden Ziels erlassenen Rechtsakte ergeben (Urteil vom 5. Juni 2019, Bank Saderat/Rat, T‑433/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:374, Rn. 50). Hinweis auf die im Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P) niedergelegten Grundsätze 89 In Rn. 33 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass ein qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, gegeben ist, wenn das betreffende Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Rechtsnorm sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Rechtsnorm dem Unionsorgan belässt. 90 Hierzu hat der Gerichtshof erstens in Rn. 34 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), hervorgehoben, dass ein qualifizierter Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm erforderlich ist, weil eine Abwägung zwischen dem Interesse des Einzelnen am Schutz gegen rechtswidrige Handlungen der Organe und dem Spielraum, der Letzteren belassen werden muss, damit sie in ihrem Handeln nicht gelähmt werden, geboten ist. Eine solche Abwägung ist gerade im Bereich der restriktiven Maßnahmen, in dem die vom Rat vorzunehmende Bewertung wegen der Schwierigkeit der Informationsbeschaffung in vielen Fällen erheblich erschwert ist, von besonderer Bedeutung. 91 Zweitens hat der Gerichtshof in Rn. 43 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), darauf hingewiesen, dass die außervertragliche Haftung der Union die Feststellung eines Verstoßes voraussetzt, den eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Behörde unter vergleichbaren Umständen nicht begangen hätte. 92 Drittens hat der Gerichtshof in den Rn. 44 und 46 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), ausgeführt, dass sich sämtliche Gesichtspunkte, die bei der Beurteilung der Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm vorliegt, zu berücksichtigen sind, auf den Zeitpunkt beziehen, zu dem das betreffende Organ den Beschluss erlassen hat, bzw. auf den Zeitpunkt des Verhaltens des Organs und dass für die Beurteilung der Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm vorliegt, mithin nur die Umstände maßgeblich sein können, unter denen das Organ zum Zeitpunkt der Begehung des Verstoßes gehandelt hat. 93 Viertens hat der Gerichtshof in Rn. 41 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), festgestellt, dass, wenn eine Verordnung, durch die eine restriktive Maßnahme erlassen wurde, durch ein rechtskräftiges Urteil des Gerichts für nichtig erklärt wurde, das erste Element der ersten Voraussetzung der außervertraglichen Haftung der Union, nämlich ein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift der Union, die den Einzelnen Rechte verleiht, hinsichtlich dieser Verordnung erfüllt ist. 94 Fünftens hat der Gerichtshof in den Rn. 77 bis 79 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), festgestellt, dass beim Erlass von Maßnahmen das Handeln im Namen einer Person oder Einrichtung dem Handeln unter der Kontrolle einer Person oder Einrichtung gleichgesetzt werden muss. Er hat darauf hingewiesen, dass dies durch das Ziel von Art. 16 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 961/2010 bestätigt wird, nämlich es dem Rat zu ermöglichen, gegen an der nuklearen Proliferation beteiligte Personen wirksame Maßnahmen zu ergreifen und deren Umgehung zu verhindern. Zudem hat er präzisiert, dass diese Schlussfolgerung ferner durch den Kontext von Art. 16 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 961/2010 bestätigt wird. Würdigung durch das Gericht 95 Ob die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union im vorliegenden Fall erfüllt sind, ist im Licht der Grundsätze zu prüfen, auf die oben in den Rn. 83 bis 94 hingewiesen worden ist. 96 Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das erste Element der ersten Voraussetzung der außervertraglichen Haftung der Union, nämlich ein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift der Union, die den Einzelnen Rechte verleiht, hinsichtlich dieser Listungen in Anbetracht der Ausführungen oben in Rn. 93 als erfüllt anzusehen ist, da die streitigen Listungen durch die Urteile vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), und vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), die rechtskräftig geworden sind, für nichtig erklärt wurden. Somit ist nunmehr zu prüfen, ob die vom Kläger dargelegten Gesichtspunkte geeignet sind, darzutun, dass diese Listungen einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellen, die bezweckt, den Einzelnen Rechte zu verleihen. – Erste Rüge: hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen einer Listung unter Missachtung der Pflicht zur Überprüfung der Tatsachen und zur Vorlage von Beweisen, die die Gründe für den Erlass restriktiver Maßnahmen stützen 97 Das Gericht hat zu prüfen, ob der Rat durch die streitigen Listungen, wenn man ausschließlich die Beweise berücksichtigt, über die er zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Listungen verfügte, einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm begangen hat, die bezweckt, den Einzelnen Rechte zu verleihen. 98 Zunächst sind die Angaben in Erinnerung zu rufen, die dem Rat zum Zeitpunkt der ersten Listung vorlagen, da diese in dem Kontext steht, in dem die streitigen Listungen erfolgten. Insbesondere hat der Rat angegeben, dass die erste Listung darauf gestützt gewesen sei, dass der Kläger bis 2008 Direktor von IRISL gewesen sei, bevor er sich in Europa niedergelassen und HTTS gegründet habe. Zudem habe HTTS ihren Sitz in Hamburg (Deutschland), Schottweg 7, und IRISL Europe, die europäische Tochtergesellschaft von IRISL, ihren Sitz in Hamburg, Schottweg 5, gehabt. Wie der Rat geltend gemacht hat, lagen ihm die Angaben zur Anschrift von HTTS zum Zeitpunkt der Vornahme der ersten Listung tatsächlich vor, wie aus den Identifizierungsinformationen zu den in der Liste im Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgeführten Unternehmen in der Fassung von Anhang V Teil III Nr. 1 Buchst. d und j der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 hervorgeht. 99 Außerdem hat der Rat geltend gemacht, dass ihm auch die Resolutionen 1803 (2008) und 1929 (2010) über IRISL sowie der Bericht des Sanktionsausschusses des Sicherheitsrats, der drei klare Verstöße von IRISL gegen das mit der Resolution 1747 (2007) verhängte Waffenembargo festgestellt habe, vorgelegen hätten. Zum einen ergibt sich, wie der Rat zutreffend ausgeführt hat, der Beweis dafür, dass sich diese Dokumente in seinem Besitz befanden, daraus, dass sie in der Begründung betreffend die Listung IRISL in Anhang II Teil III des Beschlusses 2010/413 und in Teil III des Anhangs der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 genannt werden. 100 Zum anderen sind die drei Verstöße gegen das Waffenembargo, die in dem genannten Bericht festgestellt wurden, nicht in Frage gestellt worden, ebenso wenig wie der Inhalt dieses Berichts, soweit daraus hervorgeht, dass IRISL Vorkehrungen getroffen hatte, um die erlassenen Maßnahmen zu umgehen, indem sie ihre Tätigkeiten auf andere Unternehmen übertrug, und dass sich ihr Sitz in Europa in der Nähe des Sitzes von HTTS befand, die vom Kläger gegründet worden war und deren Geschäftsführer dieser war. Wie der Rat im Wesentlichen vorgetragen hat, handelte es sich hierbei um Indizien für die erste Listung, da diese eine unmittelbare Folge der Listung von IRISL und im Übrigen von HDSL war, wobei HDSL, für die HTTS tätig war, in Anhang II Teil III des Beschlusses 2010/413 und in Teil III des Anhangs der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 aufgenommen worden war, da sie selbst im Namen von IRISL tätig war. 101 Im Übrigen ist die räumliche Nähe des Sitzes von IRISL Europe zum Sitz der HTTS vom Kläger nicht bestritten worden. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf diese Nähebeziehung sogar eingeräumt, dass HTTS zur Zeit der streitigen Listungen auf Angestellte der IRISL Europe zurückgreifen konnte, die ihr einen Teil ihrer Beschäftigten zur Verfügung gestellt hatte. 102 Schließlich hat der Rat geltend gemacht, ohne dass dies vom Kläger bestritten worden wäre, dass HTTS, deren Geschäftsführer der Kläger war, zur Zeit der ersten Listung als Schiffsagentin für HDSL tätig war, die als eng mit IRISL verbunden angesehen wurde und die am 26. Juli 2010 mit der Begründung, dass sie „im Namen der IRISL [handelt, indem sie] Containerdienste mit Schiffen im Besitz der IRISL aus[führt]“, ebenfalls in die Listen der Einrichtungen, die verdächtigt wurden, die nukleare Proliferation im Iran zu fördern, aufgenommen worden war, und dass Herr Bateni bis 2008 Direktor von IRISL war, bevor er sich in Europa niederließ und HTTS gründete. 103 Die Umstände, die der zweiten Listung zugrunde gelegt wurden, sind unter Berücksichtigung dieses Kontexts zu prüfen. Der Rat hat präzisiert, dass die zweite Listung im Wesentlichen auf einen konkreten und nicht bestrittenen Umstand gestützt worden sei, nämlich dass der Kläger bis 2008 Direktor von IRISL und zur Zeit der ersten Listung Geschäftsführer von HTTS gewesen sei. Dies ergebe sich im Übrigen offenkundig aus dem Schreiben vom 17. Januar 2012, mit dem der Kläger die Begründung der ersten Listung gerügt habe. 104 Hinsichtlich der dritten Listung hat der Rat ausgeführt, dass die in den Anlagen A.3 und A.5 der Klageschrift genannten Unterlagen vor dem Erlass dieser Maßnahme ebenfalls verfügbar gewesen und dem Kläger übermittelt worden seien. Dabei handelte es sich um eine öffentliche Quelle, einen Artikel der New York Times vom 7. Juni 2010 mit dem Titel „Companies Linked to IRISL“, der eine Liste von 66 Unternehmen, darunter HTTS und HDSL, enthielt, die mit IRISL in Verbindung standen und denen IRISL Schiffe übertragen habe, und um Dokumente, die belegten, dass der Kläger seit 2009 Geschäftsführer von IRISL Europe und seit 2010 Geschäftsführer von HTTS war. 105 Im Übrigen geht aus den Anlagen A.3 und A.5 der Klageschrift hervor, dass der Rat dem Kläger vor der dritten Listung eine Reihe von Angaben übermittelte, mit denen belegt werden konnte, dass der Kläger bis 2008 Direktor von IRISL und dann von IRISL Europe war und dass HTTS Generalagentin von SAPID und HDSL in Europa für die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen eines Schiffsagenten war. 106 Zudem hat der Rat geltend gemacht, dass er bei der dritten Listung den Abschlussbericht des durch die Resolution 1929 (2010) eingesetzten Expertenpanels vom 12. Juni 2012 sowie den Abschlussbericht dieses Expertenpanels vom 5. Juni 2013 berücksichtigt habe, aus denen hervorgehe, dass IRISL Schiffe auf zwei verbundene Gesellschaften, nämlich HDSL und SAPID, übertragen habe. Darüber hinaus hätten IRISL und die mit ihr verbundenen Unternehmen seit 2008 eine große Anzahl von Änderungen in Bezug auf das wirtschaftliche und das registrierte Eigentum an den Schiffen vorgenommen. Schiffe im wirtschaftlichen Eigentum von IRISL und den mit IRISL verbundenen Gesellschaften hätten ständig die Schiffsnamen, die Flagge und den registrierten Eigentümer gewechselt. Was die Verfügbarkeit dieser Abschlussberichte dieser Expertenpanels der Vereinten Nationen angeht, steht fest, dass diese auf internationaler Ebene anerkannte Tatsachen darstellen. 107 Im Übrigen hat der Rat angegeben, dass ihm bei der dritten Listung eine öffentliche Informationsquelle zur Verfügung gestanden habe, insbesondere der Bericht von Iran Watch vom 2. August 2012 sowie die Erklärungen, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens abgegeben habe, in dem das Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), ergangen sei. Aus diesen Erklärungen der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich erstens, dass HTTS Verbindungen zu HDSL unterhalten habe, die im Frühjahr 2009 im Zusammenhang mit der Privatisierung der IRISL gegründet worden sei. Zweitens habe HDSL Ende November 2009 die Containerschiffflotte der IRISL übernommen, und gleichzeitig sei HTTS zu dem ausschließlichen Zweck gegründet worden, die restriktiven Maßnahmen gegen die IRISL zu umgehen. Drittens sei HTTS der Agent für HDSL in Europa, während die IRISL Europe weiterhin Agent der IRISL für die übrige Flotte der IRISL sei. Viertens übe HTTS ihre gesamte Tätigkeit für die IRISL aus. 108 Hierzu ist klarzustellen, dass diese Erklärungen dem Rat bei der dritten Listung vorlagen, da die Bezugnahme auf diese Erklärungen im Urteil vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312), enthalten ist, wie sich aus dessen Rn. 53 ergibt, und dass dieses Urteil vor dieser Listung ergangen ist. 109 Schließlich hat der Rat auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf die dritte Listung präzisiert, dass sich die Angaben in den oben in den Rn. 104 und 105 angeführten Anlagen A.3 und A.5 der Klageschrift bei der Vornahme dieser Listung in seinem Besitz befunden hätten und vom Gericht in dem Verfahren, in dem das Urteil vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), berücksichtigt worden seien. 110 Nach alledem hat der Rat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens den Nachweis erbracht, dass er bei Erlass der fraglichen restriktiven Maßnahmen über eine Reihe von Indizien verfügte und die streitigen Listungen nicht ohne jegliche Anhaltspunkte vorgenommen hat. 111 Außerdem ist das Vorbringen des Klägers, wonach sich der Beweis für einen erheblichen und offenkundigen Verstoß im vorliegenden Fall unmittelbar aus den Erklärungen des Rates im Verfahren, in dem das Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), ergangen sei, sowie aus diesem Urteil und dem Urteil vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), ergebe, nicht geeignet, einen hinreichend qualifizierten Verstoß des Rates gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, den Einzelnen Rechte zu verleihen, darzutun. 112 Was zum einen die Erklärungen angeht, die der Rat in dem Verfahren, in dem das Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), ergangen ist, abgegeben hat, hat der Rat nämlich entgegen dem Vorbringen des Klägers im Rahmen dieses Verfahrens nicht eingeräumt, den Kläger ohne jegliche Beweise allein auf der Grundlage von Informationen, die von Mitgliedstaaten stammten, in die streitigen Listen aufgenommen zu haben. Er hat lediglich geltend gemacht, von einem Mitgliedstaat darüber informiert worden zu sein, dass der Kläger Direktor von IRISL Europe war, einem Umstand, der in der Begründung der zweiten Listung nicht genannt war und somit nicht Gegenstand einer Prüfung durch das Gericht im Rahmen der Klage gegen diese Listung war. Außerdem hat der Rat in der mündlichen Verhandlung in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, zwar erklärt, dass er zum Zeitpunkt der Vornahme der zweiten Listung weder über die von der Bundesrepublik Deutschland vorgelegten Informationen noch den Artikel der New York Times vom 7. Juni 2010 verfügt habe; es ergibt sich jedoch, dass diese Listung nicht allein auf diese beiden Gesichtspunkte, sondern auf eine größere Zahl Indizien gestützt wurde. Diese Schlussfolgerung wird durch die oben in den Rn. 98 bis 103 genannten Gesichtspunkte bestätigt. 113 Was zum anderen das Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 et T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), in dem das Gericht festgestellt hat, dass der Rat einen „offenkundigen Ermessensfehler“ begangen hatte, und das Urteil vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), betrifft, ist zunächst klarzustellen, dass der offenkundige Ermessensfehler, der im Rahmen einer Nichtigkeitsklage geltend gemacht wird, von der offenkundigen und erheblichen Überschreitung der Grenzen des Ermessens zu unterscheiden ist, die im Rahmen einer Schadensersatzklage zur Feststellung eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsvorschrift, die den Einzelnen Rechte verleiht, geltend gemacht wird. 114 Des Weiteren müssen sich, wie aus Rn. 44 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), hervorgeht und oben in Rn. 92 ausgeführt worden ist, sämtliche Gesichtspunkte, die bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sind, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, den Einzelnen Rechte zu verleihen, auf den Zeitpunkt beziehen, zu dem das betreffende Organ den Beschluss erlassen hat, bzw. auf den Zeitpunkt des Verhaltens des Organs. 115 Somit können die Argumente des Klägers zu den Urteilen vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), und vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), nicht als Gesichtspunkte, die zum Zeitpunkt der streitigen Listungen verfügbar waren, bei der Beurteilung berücksichtigt werden, ob der Rat im Rahmen dieser Listungen einen erheblichen und offenkundigen Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, den Einzelnen Rechte zu verleihen, begangen hat. 116 Was schließlich das Argument betrifft, dass die dritte Listung nach dem Urteil vom 6. September 2013, Bateni/Rat (T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409), erfolgt sei und dass aufgrund des Urteils vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), eine solche Listung einen erheblichen und offenkundigen Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstelle, die bezwecke, den Einzelnen Rechte zu verleihen, ist darauf hinzuweisen, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem dieses Urteil ergangen ist, und dem Zeitpunkt der dritten Listung durch den Beschluss 2013/497 und die Verordnung Nr. 971/2013 ein neues Kriterium für die Listung in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 bzw. Art. 23 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 267/2012 vorgesehen wurde, das umfassender ist als das der juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von IRISL stehen oder in deren Namen handeln. Dieses neue Kriterium nennt auch „Personen und Einrichtungen, die Versicherungsdienstleistungen oder sonstige wesentliche Dienstleistungen für … [IRISL] oder für Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen bzw. in deren Namen handeln, erbringen“, und beschränkt sich somit nicht lediglich auf Personen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von IRISL stehen oder in deren Namen handeln, sondern erfasst auch solche, die Dienstleistungen an Einrichtungen erbringen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Gesellschaft stehen oder in deren Namen handeln. 117 Daher hat sich der Rat bei der dritten Aufnahme in die streitigen Listen nicht darauf beschränkt, die Begründung für die zweite Listung zu wiederholen. Die dritte Listung war nämlich u. a. damit begründet, dass der Kläger Geschäftsführer von HTTS sei, die als Generalagentin wesentliche Dienstleistungen an SAPID und HDSL erbringe. Somit wurde diese erneute Aufnahme des Klägers in die Liste auf ein neues Listungskriterium gestützt, nämlich die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen an Einrichtungen, die im Namen von IRISL handelten. 118 Was das Argument des Klägers betrifft, das Verhalten des Rates im vorliegenden Fall sei identisch mit seinem Verhalten in der Rechtssache, in der das Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), ergangen sei, ist klarzustellen, dass das Gericht in diesem Urteil zwar entschieden hat, dass der Rat einen Rechtsverstoß begangen hatte, wobei er nicht über einen Wertungsspielraum verfügte, dies sich jedoch darauf bezog, dass der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Maßnahmen nicht über Informationen oder Beweise verfügte, die die Gründe für den Erlass dieser restriktiven Maßnahmen gegenüber der klagenden Partei untermauerten, und dass er daher gegen eine Pflicht verstoßen hatte, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahmen bereits aus einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ergab und in Bezug auf die der Rat über keinen Wertungsspielraum verfügte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2019, Bank Saderat/Rat, T‑433/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:374, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung). 119 Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht darum, ob der Rat der Pflicht nachgekommen ist, Beweise beizubringen, die die streitigen Listungen stützen. Hier ist nämlich zu ermitteln, ob der Rat dadurch, dass er diese Listungen auf der Basis von ihm zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Listungen vorliegenden Angaben, insbesondere den oben in den Rn. 98 bis 109 genannten, vorgenommen hat, einen hinreichend qualifizierten Verstoß begangen hat, der die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann. In dieser Hinsicht ist der Spielraum zu berücksichtigen, über den der Rat bei der Bewertung der Indizien verfügte, die herangezogen wurden, um die fraglichen restriktiven Maßnahmen zu untermauern. 120 Insoweit ist in Bezug auf das Argument des Klägers, dass bei der Vornahme der streitigen Listungen keine besondere Schwierigkeit bestanden habe, die den Rat daran gehindert hätte, anzuerkennen, dass eine frühere Tätigkeit als solche nicht die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen eine Person rechtfertigen könne, und der Rat insoweit daher über kein oder allenfalls ein äußerst beschränktes Ermessen verfügt habe, darauf hinzuweisen, dass die zweite Listung darauf gestützt wurde, dass der Kläger Geschäftsführer von HTTS, die als im Namen von IRISL handelnd mit Sanktionen belegt worden sei, sowie Legal Director von IRISL gewesen sei, während die dritte Listung darauf gestützt wurde, dass der Kläger im Namen von IRISL handele und bis 2008 Direktor von IRISL, dann Geschäftsführer von IRISL Europe und schließlich Geschäftsführer von HTTS gewesen sei, die als Generalagentin wesentliche Dienstleistungen an SAPID und HDSL erbracht habe, die beide als Einrichtungen, die im Namen von IRISL handelten, benannt seien. 121 Die streitigen Listungen waren somit sowohl auf die persönliche Beziehung zwischen dem Kläger und IRISL als auch darauf gestützt, dass der Kläger eine Leitungsrolle innerhalb einer Gesellschaft innehatte, die unter der Kontrolle oder im Eigentum von IRISL gestanden haben soll, namentlich HTTS, die wesentliche Dienstleistungen an andere Gesellschaften erbrachte, die unter der Kontrolle oder im Eigentum von IRISL gestanden haben sollen, namentlich HDSL und SAPID. 122 Jedenfalls ist zu der Frage, ob eine frühere Tätigkeit einer Person den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen diese Person hinreichend rechtfertigen kann oder ob weitere Indizien hinzukommen müssen, festzustellen, dass je nach den Umständen die Bezugnahme auf eine in der Vergangenheit ausgeübte Tätigkeit eine hinreichende Rechtfertigung für den Erlass einer restriktiven Maßnahme darstellen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juli 2016, Tomana u. a./Rat und Kommission, C‑330/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:601, Rn. 86). 123 Zudem beließ der Begriff der Gesellschaft, die „im Eigentum oder unter der Kontrolle einer anderen Einrichtung steht“, dem Rat zum Zeitpunkt der Vornahme der streitigen Listungen in Bezug auf die restriktiven Maßnahmen auch ein Ermessen. Zwar hat der Gerichtshof den Inhalt der Begriffe „im Eigentum“ und „unter Kontrolle“ im Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), präzisiert, hat jedoch in Rn. 70 dieses Urteils bestätigt, was das Gericht im Urteil vom 13. Dezember 2017, HTTS/Rat (T‑692/15, EU:T:2017:890), ausgeführt hatte, nämlich dass der Begriff der „im Eigentum oder unter Kontrolle stehenden Gesellschaft“ im Bereich der restriktiven Maßnahmen nicht dieselbe Bedeutung wie allgemein im Gesellschaftsrecht bei der Bestimmung der Verantwortlichkeit einer Gesellschaft, deren Entscheidungen rechtlich unter der Kontrolle eines anderen Unternehmens stehen, im Geschäftsverkehr hat. Der Gerichtshof hat auf dem Gebiet der restriktiven Maßnahmen einer recht weiten Definition des Begriffs „Kontrolle“ den Vorzug gegeben und keine strenge Definition der Wendungen „im Eigentum“ und „unter der Kontrolle“ festgelegt, wie sich aus den Rn. 74 und 75 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), im Wesentlichen ergibt. 124 Somit ist dem Rat und der Kommission darin zu folgen, dass zum Zeitpunkt der Vornahme der streitigen Listungen möglicherweise eine Ungewissheit hinsichtlich des genauen Inhalts der Wendung „im Eigentum oder unter der Kontrolle einer anderen Einrichtung stehende Gesellschaft“ bestand und der Rat folglich über einen gewissen Spielraum bei der Bewertung der Gesichtspunkte verfügte, die geeignet waren, zu belegen, dass HTTS, deren Geschäftsführer der Kläger war, im Eigentum oder unter der Kontrolle einer Gesellschaft stand, die an den nuklearen Aktivitäten des Iran beteiligt war, direkt damit in Verbindung stand oder Unterstützung dafür bereitstellte. 125 Schließlich hat sich der Kläger darauf berufen, dass der Rat bei der dritten Listung ignoriert habe, dass das Gericht die Listung von IRISL sowie der weiteren Gesellschaften, auf die er Bezug genommen habe, insbesondere SAPID und HDSL, mit Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453), für nichtig erklärt habe und den beigebrachten „Beweismitteln“ daher von vornherein jede Relevanz gefehlt habe. Hierzu ist festzustellen, dass, wie der Gerichtshof in Rn. 48 des Urteils vom 31 Januar 2019, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (C‑225/17 P, EU:C:2019:82), ausgeführt hat, die drei Verstöße gegen das durch die Resolution 1747 (2007) errichtete Waffenembargo durch das Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453), nicht in Frage gestellt wurden. In diesem Urteil stellte das Gericht in Rn. 66 fest, dass „die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass die Tatsache, dass die IRISL an drei Vorfällen beteiligt waren, die die Beförderung militärischer Güter unter Verstoß gegen das Verbot nach Ziff. 5 der Resolution 1747 (2007) betrafen, die Gefahr erhöht, dass sie auch an Vorfällen beteiligt sind, die mit der Beförderung proliferationsrelevanter Güter in Verbindung stehen“. 126 Folglich ergibt sich aus der Nichtigerklärung der Listung von IRISL, SAPID und HDSL, die nach der zweiten und der dritten Listung erfolgte, nicht, dass der Rat einen Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen für die Listung begangen hat, der geeignet ist, die außervertragliche Haftung der Union auszulösen. 127 Nach alledem verfügte der Rat entgegen den Ausführungen, die der Kläger im Rahmen seiner ersten Rüge vorgebracht hat, bei Vornahme der zweiten und der dritten Listung über Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit IRISL in Verbindung stand und in deren Namen in Europa handeln und innerhalb von HTTS im Interesse von IRISL tätig sein konnte. 128 Unter diesen Voraussetzungen ist daher, selbst wenn der Rat bei der zweiten und der dritten Listung einen offenkundigen Ermessensfehler begangen hat, indem er sich auf die geltend gemachten Umstände gestützt hat, nicht davon auszugehen, dass dieser Fehler eklatant und unentschuldbar war und eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Behörde ihn unter vergleichbaren Umständen nicht begangen hätte (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Juni 2019, Bank Saderat/Rat, T‑433/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:374, Rn. 73). 129 Somit ist davon auszugehen, dass der Rat zum Zeitpunkt der streitigen Listungen nicht von dem Verhalten abgewichen ist, das eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Behörde an den Tag gelegt hätte. 130 Daraus folgt, dass die erste Rüge, mit der geltend gemacht wird, der Rat habe nicht auf der Grundlage hinreichender Beweise nachgewiesen, dass der Kläger unter der Kontrolle von IRISL gestanden habe, zurückzuweisen ist. – Zweite Rüge: hinreichend qualifizierte Verletzung des Grundrechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz 131 Was die zweite Rüge betrifft, geht aus den Akten hervor, dass der Kläger die erforderlichen Informationen erhalten hat, um die Gründe für den Erlass von restriktiven Maßnahmen gegen ihn zu verstehen, und dass er in der Lage war, die Rechtswidrigkeit der ihn betreffenden restriktiven Maßnahmen geltend zu machen und ihre Nichtigerklärung zu erreichen. 132 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich der Kläger im vorliegenden Fall, nachdem er eine Klage gegen die ihn betreffenden restriktiven Maßnahmen erhoben und das Gericht diese Maßnahmen für nichtig erklärt hat, nicht auf das Vorliegen einer hinreichend qualifizierten Verletzung seines Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz berufen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2018, Bank Refah Kargaran/Rat, T‑552/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:897, Rn. 51). 133 Folglich ist die zweite Rüge als unbegründet zurückzuweisen. – Dritte Rüge: hinreichend qualifizierte Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten sowie der Unternehmensfreiheit und des Eigentumsrechts 134 In Bezug auf die dritte Rüge ist dem Rat dahin zu folgen, dass das Vorbringen des Klägers nicht durch Beweise untermauert ist und daher nicht den Erfordernissen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung genügt. 135 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung u. a. eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss zudem nach ständiger Rechtsprechung so klar und genau sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht – gegebenenfalls, ohne weitere Angaben einholen zu müssen – über die Klage entscheiden kann. Denn um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich aus der Klageschrift selbst ergeben. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass Klagegründe, die in der Klageschrift nicht hinreichend substantiiert angeführt worden sind, als unzulässig anzusehen sind. Entsprechende Anforderungen gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge. Diese unverzichtbare Prozessvoraussetzung hat der Unionsrichter von Amts wegen zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Mai 2016, Italien/Kommission, T‑384/14, EU:T:2016:298, Rn. 38 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Februar 2020, Kampete/Rat, T‑164/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:54, Rn. 112). 136 Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Kläger in der Klageschrift jedoch darauf, den Inhalt der Grundsätze, auf die er sich beruft, wiederzugeben, ohne Gesichtspunkte darzulegen, die das Vorliegen hinreichend qualifizierter Verstöße gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, gegen das Recht auf Schutz personenbezogener Daten sowie gegen die Unternehmensfreiheit und das Eigentumsrecht belegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger überdies auf eine Frage des Gerichts präzisiert, dass die Fragen, die er in dem Abschnitt behandelt habe, der das Vorliegen eines immateriellen Schadens betreffe, der durch die gegen ihn erlassenen restriktiven Maßnahmen verursacht worden sei, nicht im Rahmen des Nachweises, dass eine hinreichend qualifizierte Verletzung der genannten Grundrechte vorliege, herangezogen werden könnten. 137 Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass der Kläger das Vorbringen, mit dem der angebliche qualifizierte Verstoß gegen die oben genannten Grundrechte geltend gemacht wird, nicht hinreichend substantiiert hat. 138 Folglich ist die dritte Rüge als unzulässig zurückzuweisen. 139 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union erfüllt sind. Kosten 140 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 141 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe und Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 142 Da der Kläger unterlegen ist, ist er gemäß dem Antrag des Rates zur Tragung seiner eigenen Kosten sowie der Kosten des Rates zu verurteilen. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abgewiesen. 2. Herr Bateni trägt seine eigenen Kosten und die Kosten, die dem Rat der Europäischen Union entstanden sind. 3. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten. Kanninen Jaeger Porchia Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juli 2021. Der Kanzler E. Coulon Der Präsident M. van der Woude (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Zehnte erweiterte Kammer) vom 19. Mai 2021.#Ryanair DAC gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Spanien – Rekapitalisierungsmaßnahmen zur Unterstützung der für die spanische Wirtschaft systemrelevanten und strategisch bedeutenden Unternehmen im Rahmen der Covid-19-Pandemie – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen – Maßnahme zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats – Maßnahme, die auf die gesamte Wirtschaft eines Mitgliedstaats gerichtet ist – Grundsatz der Nichtdiskriminierung – Freier Dienstleistungsverkehr und Niederlassungsfreiheit – Verhältnismäßigkeit – Kriterium, wonach die Beihilfeempfänger in Spanien niedergelassen sein müssen – Fehlende Abwägung der positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und auf die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs – Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV – Begriff ‚Beihilferegelung‘ – Begründungspflicht.#Rechtssache T-628/20.
62020TJ0628
ECLI:EU:T:2021:285
2021-05-19T00:00:00
Gericht
62020TJ0628 URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer) 19. Mai 2021 (*1) [Text berichtigt durch Beschluss vom 11. August 2021] „Staatliche Beihilfen – Spanien – Rekapitalisierungsmaßnahmen zur Unterstützung systemrelevanter und strategischer Unternehmen für die spanische Wirtschaft angesichts der Covid-19-Pandemie – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen – Maßnahme zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats – Maßnahme, die auf das gesamte Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats abzielt – Grundsatz der Nichtdiskriminierung – Freier Dienstleistungsverkehr und Niederlassungsfreiheit – Verhältnismäßigkeit – Kriterium der Niederlassung der Beihilfeempfänger in Spanien – Fehlende Abwägung der positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs – Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV – Begriff ‚Beihilferegelung‘ – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑628/20, [berichtigt durch Beschluss vom 11. August 2021] Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F.‑C. Laprévote, E. Vahida, V. Blanc, I.‑G. Metaxas‑Maranghidis, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, S. Noë und F. Tomat als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Königreich Spanien, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte, und durch Französische Republik, vertreten durch P. Dodeller und T. Stehelin als Bevollmächtigte, Streithelfer, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 5414 final der Kommission vom 31. Juli 2020 über die staatliche Beihilfe SA.57659 (2020/N) – Spanien COVID-19 – Rekapitalisierungsfonds erlässt DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov (Berichterstatter), des Richters E. Buttigieg, der Richterin K. Kowalik‑Bańczyk, des Richters G. Hesse und der Richterin M. Stancu, Kanzler: I. Pollalis, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2021 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Am 20. Juli 2020 meldete das Königreich Spanien bei der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine Beihilferegelung betreffend die Einrichtung eines Solvenzhilfefonds für strategische Unternehmen (im Folgenden: Fonds) zur Unterstützung der Solvenz lebensfähiger Unternehmen, die als systemrelevant oder strategisch für die spanische Wirtschaft angesehen werden und die aufgrund der Covid-19-Pandemie vorübergehend in Schwierigkeiten geraten sind. 2 Der Fonds bietet Finanzierungen durch den Kauf von Finanzinstrumenten und Wertpapieren, die von in Spanien niedergelassenen, nicht der Finanzbranche angehörenden Unternehmen ausgegeben werden, ohne Beschränkung hinsichtlich Größe oder Wirtschaftssektor. Er wird von einem Verwaltungsrat geleitet, der über die Beihilfeanträge entscheidet und die Bedingungen für die öffentliche Finanzierung der Begünstigten festlegt. Die Sociedad [Estatal] de Participaciones Industriales (Staatsgesellschaft für Industriebeteiligungen, im Folgenden: SEPI), eine öffentliche Holdinggesellschaft, die die Beteiligungen des spanischen Staates verwaltet, ist u. a. für die vorherige Prüfung von Anträgen, die Verwendung der Mittel und die Registrierung der vom Staat erworbenen Titel zuständig. Der Verwaltungsrat legt dem spanischen Ministerrat Entscheidungen über die Gewährung öffentlicher Mittel zur Genehmigung vor. Der Verwaltungsrat des Fonds ist ein interministerieller Ausschuss unter dem Vorsitz des Präsidenten der SEPI und besteht ferner aus Vertretern der Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Industrie und Energie. 3 Das Budget der Beihilferegelung ist auf 10 Mrd. Euro festgelegt und wird aus dem Staatshaushalt finanziert. Die Interventionen des Fonds können grundsätzlich 25 Mio. Euro je Begünstigtem übersteigen. Beihilfen, die 250 Mio. Euro je Begünstigtem übersteigen, werden jedoch einzeln bei der Kommission angemeldet. Die vom Fonds finanzierten befristeten Unterstützungsmaßnahmen werden bis zum 30. Juni 2021 gewährt. 4 Um die in Rede stehende Beihilferegelung in Anspruch nehmen zu können, müssen die Unternehmen eine Reihe kumulativer Förderkriterien erfüllen, nämlich unter anderem – nicht der Finanzbranche angehörende Unternehmen sein, die in Spanien niedergelassen sind und dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben, – aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Wirtschaftszweig, ihrer Verbindung zur öffentlichen Gesundheit und Sicherheit oder ihres Einflusses auf das gesamte Wirtschaftsleben, ihrer Innovationstätigkeit, der Unverzichtbarkeit der von ihnen erbrachten Dienstleistungen oder ihrer Rolle bei der Erreichung der mittelfristigen Ziele betreffend den ökologischen Wandel, die Digitalisierung, die Steigerung der Produktivität und das Humankapital von systemischer oder strategischer Bedeutung sein, – von der Schließung bedroht sein oder ernsthafte Schwierigkeiten haben, ohne vorübergehende öffentliche Unterstützung ihre Geschäftstätigkeit fortführen zu können, – bei einer erzwungenen Beendigung ihrer Tätigkeit eine erhebliche negative Auswirkung auf die nationale oder regionale Wirtschaftstätigkeit oder Beschäftigung entfalten, – ihre mittel- und langfristige Rentabilität nachweisen, indem sie einen Rentabilitätsplan vorlegen, aus dem hervorgeht, wie das Unternehmen die Krise überwinden könnte, und in dem die geplante Verwendung der öffentlichen Unterstützung beschrieben wird, – einen Zeitplan für die Rückzahlung der staatlichen Unterstützung durch den Fonds vorlegen, – nicht als bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden. 5 Darüber hinaus müssen Unternehmen, die diese Beihilferegelung in Anspruch nehmen wollen, anhand geeigneter Nachweise belegen, dass ihnen eine private Finanzierung über Banken oder Finanzmärkte nicht oder nur zu Kosten zur Verfügung steht, die ihre Rentabilität beeinträchtigen würden. 6 Am 31. Juli 2020 erließ die Kommission den Beschluss C(2020) 5414 final über die staatliche Beihilfe SA.57659 (2020/N) – Spanien COVID‑19 – Rekapitalisierungsfonds (im Folgenden: angefochtener Beschluss), in dem sie zu dem Schluss kam, dass die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle und nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV sowie ihrer Mitteilung „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19“ vom 19. März 2020 (ABl. 2020, C 91 I, S. 1) in der am 3. April 2020 (ABl. 2020, C 112 I, S. 1), am 13. Mai 2020 (ABl. 2020, C 164, S. 3) und am 29. Juni 2020 (ABl. 2020, C 218, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Befristeter Rahmen) mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, und erhob daher keine Einwände gegen diese. Verfahren und Anträge der Parteien 7 Mit Schriftsatz, der am 16. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin, die Ryanair DAC, die vorliegende Klage erhoben. 8 Mit Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin gemäß den Art. 151 und 152 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, über die vorliegende Klage im beschleunigten Verfahren zu entscheiden. Mit Beschluss vom 10. November 2020 hat das Gericht (Zehnte Kammer) diesem Antrag stattgegeben. 9 Die Kommission hat ihre Klagebeantwortung am 30. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 10 Gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung hat die Klägerin am 14. Dezember 2020 einen mit Gründen versehenen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. 11 Auf Vorschlag der Zehnten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen. 12 Mit Schriftsätzen, die am 18. Dezember 2020 und am 22. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben das Königreich Spanien und die Französische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. 13 Mit Entscheidungen vom 12. Januar 2021 hat der Präsident der Zehnten Kammer des Gerichts das Königreich Spanien und die Französische Republik als Streithelfer zugelassen. 14 Mit prozessleitenden Maßnahmen vom 14. Januar 2021 ist dem Königreich Spanien und der Französischen Republik gemäß Art. 154 Abs. 3 der Verfahrensordnung die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes gestattet worden. Am 28. bzw. am 29. Januar 2021 haben die Französische Republik und das Königreich Spanien ihre Streithilfeschriftsätze bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 15 Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission und das Königreich Spanien am 5. Februar 2021 gebeten, in der mündlichen Verhandlung zwei Fragen zu beantworten. Die Kommission und das Königreich Spanien sind dieser Bitte nachgekommen. 16 Die Klägerin beantragt, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 17 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen, – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 18 Das Königreich Spanien und die Französische Republik beantragen, die Klage als unzulässig oder, hilfsweise, insgesamt als unbegründet abzuweisen. Rechtliche Würdigung 19 Der Unionsrichter ist befugt, anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, eine Klage als unbegründet zurückzuweisen, ohne zuvor über ihre Zulässigkeit zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 51 und 52, sowie vom 14. September 2016, Trajektna luka Split/Kommission, T‑57/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:470, Rn. 84). Daher ist insbesondere in Anbetracht der Erwägungen, die im vorliegenden Fall zur Bewilligung eines beschleunigten Verfahrens geführt haben, und der Bedeutung, die sowohl für die Klägerin als auch für die Kommission, das Königreich Spanien und die Französische Republik einer raschen Entscheidung in der Sache zukommt, zunächst die Begründetheit der Klage zu prüfen, ohne zuvor über ihre Zulässigkeit zu entscheiden. 20 Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit, zweitens einen Verstoß gegen die Verpflichtung, die positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs abzuwägen, drittens die fehlerhafte Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als Beihilferegelung, viertens eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte und fünftens eine Verletzung der Begründungspflicht geltend macht. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit 21 Der erste Klagegrund besteht im Wesentlichen aus vier Teilen. Mit dem ersten wird geltend gemacht, dass die Beihilferegelung gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoße, mit dem zweiten, dass sie weder erforderlich noch verhältnismäßig sei, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen, mit dem dritten, dass sie den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit beschränke, und mit dem vierten, dass die eingeführte Beschränkung nicht gerechtfertigt sei. Zu den ersten beiden Teilen des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung 22 Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, da die in Rede stehende Maßnahme Unternehmen diskriminiere, die nicht in Spanien niedergelassen seien und dort nicht den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit hätten, so dass sie von der Gewährung der Beihilfe ausgeschlossen seien, obwohl sie ebenfalls von systemischer und strategischer Bedeutung für die spanische Wirtschaft sein könnten, wie dies bei der Klägerin der Fall sei. Eine solche Ungleichbehandlung sei jedoch im Hinblick auf das verfolgte Ziel weder erforderlich noch verhältnismäßig, da Unternehmen, die nicht in Spanien niedergelassen seien und dort auch nicht den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit hätten, aber in diesem Mitgliedstaat aktiv seien, mit denselben durch die Covid-19-Pandemie verursachten Schwierigkeiten konfrontiert seien, da ihr Ausscheiden aus dem spanischen Markt soziale Schwierigkeiten hervorrufen und das spanische Wirtschaftsleben erheblich stören würde und da eine alternative, nicht diskriminierende Maßnahme darin bestünde, die Beihilfe auf der Grundlage der Marktanteile der betreffenden Unternehmen zu gewähren. 23 Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien und die Französische Republik, tritt diesem Vorbringen der Klägerin entgegen. 24 Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV können Beihilfen, die insbesondere der Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats dienen, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. 25 Der Rechtsprechung zufolge ergibt sich aus der allgemeinen Systematik des Vertrags, dass das in Art. 108 AEUV vorgesehene Verfahren niemals zu einem Ergebnis führen darf, das zu den besonderen Bestimmungen des Vertrags im Widerspruch steht. Daher kann eine staatliche Beihilfe, die wegen bestimmter Modalitäten gegen andere Bestimmungen des Vertrags verstößt, von der Kommission nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Ebenso kann eine staatliche Beihilfe, die wegen bestimmter Modalitäten gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts wie den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, von der Kommission nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden (Urteile vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 50 und 51, sowie vom 22. September 2020, Österreich/Kommission, C‑594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 44). 26 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass eines der Kriterien für die Inanspruchnahme der in Rede stehenden Beihilferegelung, dass nämlich die Begünstigten in Spanien niedergelassen sind und den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Gebiet dieses Mitgliedstaats haben, eine unterschiedliche Behandlung von Unternehmen, die in Spanien niedergelassen sind und dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben und denen diese Beihilferegelung zugutekommt, wenn sie auch die anderen Förderkriterien erfüllen, gegenüber denjenigen zur Folge hat, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind oder dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben und die darauf keinen Anspruch haben. 27 Unterstellt, diese Ungleichbehandlung kann, wie die Klägerin geltend macht, einer Diskriminierung gleichgesetzt werden, ist zu prüfen, ob sie durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt ist und ob sie zur Erreichung dieses Ziels erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist. Ebenso ist, soweit sich die Klägerin auf Art. 18 Abs. 1 AEUV beruft, darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit „unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge“ in deren Anwendungsbereich verboten ist. Daher ist zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV, der die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses bildet, zulässig ist. Diese Prüfung setzt zum einen voraus, dass das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung den Anforderungen der letztgenannten Bestimmung entspricht, und zum anderen, dass die Modalitäten der Beihilfegewährung nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. 28 Was zunächst das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung angeht, so ist zu bedenken, dass das Königreich Spanien diese Maßnahme auf Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV gestützt hat (Rn. 5 des angefochtenen Beschlusses). So besteht der Zweck dieser Regelung, wie aus den Rn. 57 und 58 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, darin – entsprechend einer der in Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV genannten Situationen –, die durch die Covid-19-Pandemie verursachte beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Spaniens zu beheben. Die in Rede stehende Beihilferegelung stellt sicher, dass die als systemrelevant oder strategisch für die spanische Wirtschaft angesehenen Unternehmen über eine ausreichende externe Finanzierung verfügen, um ihre Kapitalstruktur in der Zeit der erheblichen Störung des Funktionierens der Kredit‑ und Kapitalmärkte durch die Covid-19-Pandemie wiederherstellen zu können. 29 Da in dem angefochtenen Beschluss sowohl das Vorliegen einer beträchtlichen Störung des Wirtschaftslebens Spaniens infolge der Covid-19-Pandemie als auch deren erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben Spaniens rechtlich hinreichend nachgewiesen sind, ist festzustellen, dass das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllt. 30 Außerdem spiegelt das Kriterium der strategischen und systemischen Bedeutung der Beihilfeempfänger das Ziel der in Rede stehenden Beihilfe, nämlich die Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Spaniens im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV, zutreffend wider. 31 Was sodann die Prüfung angeht, ob die Modalitäten der Beihilfegewährung nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels der in Rede stehenden Beihilferegelung und zur Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erforderlich ist, sind folgende Überlegungen zu berücksichtigen. 32 Was erstens die Eignung und die Erforderlichkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung angeht, so ist festzustellen, dass diese im vorliegenden Fall im Einklang mit Abschnitt 3.11 („Rekapitalisierungsmaßnahmen“) des Befristeten Rahmens angenommen wurde, dessen Rn. 44 und 45 wie folgt lauten: „44. In diesem Befristeten Rahmen sind die EU-beihilferechtlichen Kriterien festgelegt, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten Unternehmen, die wegen des COVID-19-Ausbruchs in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, öffentliche Unterstützung in Form von Eigenkapitalinstrumenten und/oder hybriden Kapitalinstrumenten bereitstellen können. … So soll gewährleistet werden, dass die Störungen im Wirtschaftsleben nicht zu unnötigen Marktaustritten von Unternehmen führen, die vor dem COVID-19-Ausbruch rentabel waren. Die im Rahmen von Rekapitalisierungen gewährten Beträge dürfen nicht über das für die Gewährleistung der Rentabilität der Empfänger erforderliche Minimum hinausgehen; durch Rekapitalisierungen sollte lediglich die vor dem COVID-19-Ausbruch bestehende Kapitalstruktur der Empfänger wiederhergestellt werden. Große Unternehmen müssen darüber Bericht erstatten, inwieweit die erhaltenen Beihilfen ihre Tätigkeiten im Einklang mit den EU-Zielen und den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des ökologischen und des digitalen Wandels, etwa dem EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050, unterstützen. 45. Gleichzeitig betont die Kommission, dass im Rahmen einer Regelung oder einzeln gewährte Unterstützungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten in Form von Eigenkapitalinstrumenten und/oder hybriden Kapitalinstrumenten nur dann in Betracht gezogen werden sollten, wenn keine andere geeignete Lösung gefunden werden kann. Darüber hinaus sollte die Emission solcher Instrumente strengen Auflagen unterliegen, da diese Instrumente den Wettbewerb zwischen Unternehmen stark verfälschen können. Somit müssen bei solchen Eingriffen klare Voraussetzungen für die Beteiligung des Staates am Eigenkapital der betreffenden Unternehmen (Einstieg, Vergütung, Ausstieg), Governance-Bestimmungen und geeignete Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverfälschungen vorgesehen werden. Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass die Gestaltung nationaler Unterstützungsmaßnahmen, die den politischen Zielen der EU hinsichtlich des ökologischen und des digitalen Wandels in ihren Volkswirtschaften gerecht werden, ein nachhaltigeres langfristiges Wachstum ermöglichen wird und die Erreichung des vereinbarten EU-Ziels der Klimaneutralität bis 2050 begünstigen wird.“ 33 Mit der Annahme der fraglichen Beihilferegelung verfolgte das Königreich Spanien somit die Absicht, Rekapitalisierungsmaßnahmen gemäß Abschnitt 3.11 des Befristeten Rahmens in Form von Beteiligungsdarlehen, hybriden Schuldtiteln oder anderen Instrumenten, die in Beteiligungskapital umgewandelt werden können („hybride Kapitalinstrumente“), Aktienzeichnungen („Eigenkapitalinstrumente“), nachrangigen Darlehen oder einem anderen Kapitalinstrument (Rn. 15 des angefochtenen Beschlusses) zugunsten bestimmter Unternehmen, die sich aufgrund der negativen Auswirkungen der Covid‑19‑Pandemie in vorübergehenden Schwierigkeiten befinden, zu ergreifen. 34 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, es sei weder geeignet noch erforderlich, die Beihilfe nur den Unternehmen zu gewähren, die in Spanien niedergelassen seien und dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit hätten. 35 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die in Rede stehende Beihilferegelung in der Gewährung von Eigenkapital oder hybriden Instrumenten durch den spanischen Staat besteht, durch die dieser Mitgliedstaat im Kern vorübergehend eine Beteiligung am Kapital der betreffenden Unternehmen erwirbt, wie sich aus Rn. 45 des Befristeten Rahmens ergibt. In Anbetracht der Art der fraglichen Rekapitalisierungsmaßnahmen ist es legitim, dass der betreffende Mitgliedstaat bestrebt ist, eine stabile Präsenz der für diese Regelung in Frage kommenden Unternehmen in seinem Hoheitsgebiet und eine dauerhafte Verbindung zwischen ihnen und seiner Wirtschaft sicherzustellen. Die Behörden dieses Mitgliedstaats müssen nämlich in der Lage sein, die Verwendung der Beihilfen und die Einhaltung der Governance-Bestimmungen sowie aller anderen Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverfälschungen kontinuierlich und wirksam zu überwachen. Sie müssen auch in der Lage sein, den anschließenden geordneten Ausstieg des spanischen Staates aus dem Kapital dieser Unternehmen zu organisieren und zu überwachen. Zu diesem Zweck muss der betreffende Mitgliedstaat die Befugnis haben, erforderlichenfalls einzugreifen, um die Einhaltung der Bedingungen und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Gewährung der fraglichen öffentlichen Mittel durchzusetzen. 36 Das Förderkriterium, wonach die Beihilfeempfänger in Spanien niedergelassen sein und den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Gebiet dieses Mitgliedstaats haben müssen, spiegelt somit das für den betreffenden Mitgliedstaat bestehende Erfordernis wider, eine gewisse Stabilität der Präsenz dieser Empfänger und ihre dauerhafte Verankerung in der spanischen Wirtschaft sicherzustellen. Dieses Kriterium setzt nicht nur voraus, dass der Beihilfeempfänger seinen Sitz in Spanien hat, sondern auch, dass sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit dort befindet, was gerade zeigt, dass die fragliche Beihilferegelung dazu bestimmt ist, Unternehmen zu unterstützen, die tatsächlich und dauerhaft im spanischen Wirtschaftsleben verwurzelt sind, was mit dem Ziel der Regelung, nämlich der Behebung der beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Spaniens, in Einklang steht. 37 Dagegen ist das Bestehen einer solchen stabilen und dauerhaften Verbindung mit der spanischen Wirtschaft grundsätzlich weniger wahrscheinlich, wenn es sich zum einen um reine Erbringer von Dienstleistungen handelt, deren Erbringung der Natur der Sache nach sehr kurzfristig, wenn nicht sogar sofort, eingestellt werden kann, und zum anderen um Unternehmen, die zwar in Spanien niedergelassen sind, den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit jedoch außerhalb dieses Staates haben, so dass jede öffentliche Finanzierung zur Unterstützung ihrer Tätigkeit weniger geeignet ist, zur Behebung der beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben dieses Mitgliedstaats beizutragen. 38 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis, das Bestehen einer stabilen und dauerhaften Verbindung der Empfänger der in Rede stehenden Beihilfe mit der spanischen Wirtschaft sicherzustellen, der gesamten Regelung zugrunde liegt, wie sich sowohl aus den anderen Förderkriterien als auch aus den Modalitäten der Beihilfegewährung ergibt. 39 Es ist nämlich festzustellen, dass die in Rede stehende Beihilfe Unternehmen vorbehalten ist, die als für die spanische Wirtschaft von systemischer oder strategischer Bedeutung angesehen werden. Mit dieser Ausrichtung der in Rede stehenden Beihilferegelung hat sich das Königreich Spanien dafür entschieden, nur diejenigen Unternehmen zu unterstützen, die eine wesentliche Rolle in seinem Wirtschaftsleben spielen, da ihre Schwierigkeiten aufgrund ihrer systemischen und strategischen Bedeutung die allgemeine Situation der spanischen Wirtschaft erheblich beeinträchtigen würden. Folglich kommen Unternehmen, die nicht als für die spanische Wirtschaft systemisch oder strategisch bedeutend angesehen werden, nicht für die in Rede stehende Beihilfe in Frage, auch wenn sie in Spanien niedergelassen sind und dort den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben. 40 Mehrere andere Förderkriterien spiegeln ebenfalls das Erfordernis für den spanischen Staat wider, sicherzustellen, dass eine dauerhafte, d. h. mittel- bis langfristige Verbindung zwischen den Beihilfeempfängern und seiner Wirtschaft besteht. So bezieht sich das Kriterium der systemischen und strategischen Bedeutung der Empfänger insbesondere auf „ihre Rolle bei der Erreichung der mittelfristigen Ziele betreffend den ökologischen Wandel, die Digitalisierung, die Steigerung der Produktivität und das Humankapital“. Ein weiteres Förderkriterium verlangt von den Beihilfeempfängern, dass sie ihre mittel- und langfristige Rentabilität nachweisen, indem sie einen Rentabilitätsplan vorlegen, aus dem hervorgeht, wie das Unternehmen die Krise überwinden könnte, und in dem die geplante Verwendung der öffentlichen Unterstützung beschrieben wird (Rn. 10 Buchst. d des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus müssen die betroffenen Unternehmen einen Zeitplan für die Rückzahlung der staatlichen Unterstützung durch den Fonds und die Maßnahmen vorlegen, die zur Einhaltung dieses Zeitplans ergriffen werden (Rn. 10 Buchst. e des angefochtenen Beschlusses). Diese Kriterien bringen somit konkret zum einen das Erfordernis zum Ausdruck, dass der betreffende Beihilfeempfänger dauerhaft in die spanische Wirtschaft integriert ist und dies mittel- und langfristig bleibt, um die oben genannten Entwicklungsziele erreichen zu können, und dass zum anderen die spanischen Behörden in der Lage sind, die Einhaltung und Umsetzung ihrer Verpflichtungen zu überwachen. 41 Die in Rede stehende Beihilferegelung enthält auch eine Reihe von nachfolgenden Beschränkungen, die darauf abzielen, Wettbewerbsverfälschungen zu begrenzen und eine solide Governance für die Begünstigten sowie für die Art und Weise der Verwendung der Beihilfe zu gewährleisten (Rn. 36 bis 39 des angefochtenen Beschlusses), und erlegt den nationalen Behörden Transparenz- und Rechenschaftspflichten hinsichtlich der Verwendung der in Rede stehenden Beihilfe auf (Rn. 40 des angefochtenen Beschlusses). So dürfen beispielsweise die Begünstigten, solange sie die erhaltene Beihilfe nicht zurückgezahlt haben, keine übermäßigen Risiken eingehen oder eine durch die Beihilfe finanzierte aggressive kommerzielle Expansion verfolgen. Ebenso dürfen sie nicht zu kommerziellen Zwecken für die vom Fonds getätigten Investitionen werben. Zudem ist es den Begünstigten, solange sie nicht mindestens 75 % der Beihilfe zurückgezahlt haben, untersagt, bestimmte Fusionen oder Übernahmen durchzuführen (Rn. 78 bis 81 des angefochtenen Beschlusses). Des Weiteren dürfen die Begünstigten, solange die Beihilfe nicht vollständig zurückgezahlt ist, keine Dividenden ausschütten (Rn. 82 des angefochtenen Beschlusses), und es gibt eine Obergrenze für die Vergütung ihrer Geschäftsführer (Rn. 83 des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus muss der Begünstigte, wenn sechs Jahre nach der Kapitalzuführung durch den Fonds der Anteil der vom Fonds gehaltenen Aktien nicht auf unter 15 % gesunken ist, den spanischen Behörden einen Umstrukturierungsplan vorlegen, der der Kommission zur Genehmigung vorgelegt wird (Rn. 89 des angefochtenen Beschlusses). Ferner wird ein Mechanismus eingeführt, um das Risiko zu vermeiden, dass der Begünstigte die Anteile des Staates über Dritte zu Preisen zurückkauft, die unter der nominalen staatlichen Investition liegen (Rn. 35 und 74 des angefochtenen Beschlusses). Diese Beschränkungen ex post zeigen auch die Notwendigkeit und die Verpflichtung der spanischen Behörden, verschiedene Aspekte der Tätigkeiten der Begünstigten laufend zu überwachen. Zu diesem Zweck müssen sie die Befugnis haben, gegebenenfalls einzugreifen, um die Einhaltung der Vorschriften durchzusetzen. 42 Durch die Kombination der oben in den Rn. 35 bis 40 behandelten Förderkriterien und der nachfolgenden Beschränkungen hat das Königreich Spanien somit offenkundig im Kern versucht, das Bestehen einer dauerhaften und gegenseitigen Verbindung zwischen den Beihilfeempfängern und seiner Wirtschaft im Rahmen einer mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung sicherzustellen. 43 Mit der Beschränkung der Beihilfe auf Unternehmen, die für die spanische Wirtschaft von systemischer oder strategischer Bedeutung sind, in Spanien niedergelassen sind und dort aufgrund ihrer stabilen und wechselseitigen Verbindungen mit der spanischen Wirtschaft den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben, ist die in Rede stehende Beihilferegelung daher sowohl geeignet als auch erforderlich, um das Ziel der Behebung der beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben dieses Mitgliedstaats zu erreichen. 44 Was zweitens die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung angeht, so ist die Klägerin im Kern der Ansicht, dass ein Unternehmen auch dann von systemischer und strategischer Bedeutung für die spanische Wirtschaft sein könne, wenn es nicht in Spanien niedergelassen sei, so dass das mit dieser Regelung verfolgte Ziel dadurch erreicht werden könne, dass als Förderkriterium nicht das Kriterium des Niederlassungsmitgliedstaats, sondern ein anderes Kriterium herangezogen werde, das sich auf die Marktanteile der betroffenen Unternehmen beziehe. 45 In diesem Zusammenhang kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass ein Unternehmen, das nicht in Spanien niedergelassen ist und den Schwerpunkt seiner Tätigkeit nicht in diesem Mitgliedstaat hat, unter bestimmten Umständen dennoch von systemischer oder strategischer Bedeutung für die spanische Wirtschaft sein kann, jedoch ist zu bedenken, dass die Gewährung öffentlicher Mittel nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV voraussetzt, dass die von dem betreffenden Mitgliedstaat gewährte Beihilfe, auch wenn dieser sich in ernsten Schwierigkeiten befindet, geeignet ist, die Störungen im Wirtschaftsleben dieses Staates zu beheben, was eine Gesamtbewertung der Lage der Unternehmen, die zur Erholung dieses Wirtschaftslebens beitragen können, verlangt und wodurch gerade das Kriterium einer stabilen und dauerhaften Verbindung mit der Wirtschaft des betreffenden Staates relevant wird. 46 Zum einen würde nämlich das Erfordernis einer stabilen und dauerhaften Verankerung der Beihilfeempfänger in der spanischen Wirtschaft, das der in Rede stehenden Beihilferegelung zugrunde liegt, fehlen oder zumindest gemildert, wenn das Königreich Spanien ein anderes Kriterium aufgestellt hätte, das die Förderfähigkeit von Unternehmen zuließe, die – wie die Klägerin – in Spanien als bloße Dienstleistungserbringer tätig sind, da die Erbringung von Dienstleistungen naturgemäß sehr schnell, wenn nicht sogar sofort, eingestellt werden kann, wie oben in Rn. 36 ausgeführt. Somit gäbe es für das Königreich Spanien keine Garantie dafür, dass der Beitrag zu seiner Wirtschaft von Unternehmen, die nicht in seinem Hoheitsgebiet niedergelassen sind und dort nicht den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben, nach der Krise erhalten bliebe, wenn ihnen die Rekapitalisierungsmaßnahmen gewährt würden. 47 Zum anderen bedeutet der Umstand, dass die Klägerin die größte Fluggesellschaft in Spanien ist und etwa 20 % des Marktes in diesem Mitgliedstaat hält oder dass ihr Ausscheiden aus diesem Markt zu sozialen Schwierigkeiten führen würde, nicht, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die in Rede stehende Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt vereinbar hielt. Dieses Argument ist nämlich auf die spezifische Situation der Klägerin auf dem Markt für den Passagierluftverkehr in Spanien gestützt, während die in Rede stehende Beihilferegelung dazu bestimmt ist, die gesamte spanische Wirtschaft ohne Unterscheidung nach dem betreffenden Wirtschaftszweig zu unterstützen, so dass Spanien die allgemeine Lage seiner Wirtschaft und die Aussichten für die mittel- und langfristige wirtschaftliche Entwicklung und nicht die spezifische Situation eines einzelnen Unternehmens berücksichtigt hat. 48 Folglich konnte sich der betreffende Mitgliedstaat bei der Festlegung der Modalitäten für die Inanspruchnahme einer allgemeinen und multisektoralen Beihilferegelung berechtigterweise auf Förderkriterien stützen, die darauf abzielen, Unternehmen zu ermitteln, die sowohl systemisch oder strategisch wichtig für seine Wirtschaft sind als auch eine dauerhafte und stabile Verbindung zu dieser haben. 49 Hinsichtlich der von der Klägerin befürworteten alternativen Beihilferegelung, die auf einem sich auf die Marktanteile der betroffenen Unternehmen beziehenden Förderkriterium beruht, ist festzustellen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet ist, eine abstrakte Betrachtung aller in Betracht kommenden alternativen Maßnahmen vorzunehmen, da der betreffende Mitgliedstaat zwar die Gründe, die zum Erlass der in Rede stehenden Beihilferegelung geführt haben, insbesondere in Bezug auf die festgelegten Förderkriterien im Einzelnen darlegen muss, aber nicht darüber hinaus noch positiv belegen muss, dass keine andere vorstellbare, der Natur der Sache nach hypothetische Maßnahme es erlaubte, das angestrebte Ziel besser zu erreichen. Wenn der besagte Mitgliedstaat keiner solchen Verpflichtung unterliegt, kann die Klägerin nicht verlangen, dass das Gericht die Kommission auffordert, bei dieser normativen Sondierung zur Prüfung denkbarer alternativer Regelungen an die Stelle der nationalen Behörden zu treten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50 In jedem Fall trägt das von der Klägerin befürwortete, auf den Marktanteilen der betroffenen Unternehmen beruhende Förderkriterium den Zielen, die mit der in Rede stehenden Beihilferegelung verfolgt werden, die die beträchtliche Störung im spanischen Wirtschaftsleben in seiner Gesamtheit, seiner Vielfalt und der Perspektive einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beheben soll, nicht hinreichend Rechnung. In dieser Hinsicht hat es den Anschein, dass der spanische Gesetzgeber keine Förderkriterien anwenden wollte, die auf der Größe oder dem Marktanteil der Begünstigten beruhen, sondern vielmehr solche, die auf Erwägungen der mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung der spanischen Wirtschaft beruhen, indem qualitative und nicht quantitative Kriterien verwendet werden. 51 Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission somit eine Beihilferegelung genehmigt, die tatsächlich der Behebung einer beträchtlichen Störung des Wirtschaftslebens eines Mitgliedstaats dient und deren Modalitäten nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels dieser Regelung erforderlich ist. In Anbetracht der oben in Rn. 27 angeführten Grundsätze ist daher festzustellen, dass die besagte Regelung nicht gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und gegen Art. 18 Abs. 1 AEUV verstößt, nur weil sie Unternehmen begünstigt, die in Spanien niedergelassen sind und in diesem Mitgliedstaat den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit haben. 52 Aus alledem ergibt sich, dass das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllt und dass die Modalitäten der Beihilfegewährung nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. 53 Folglich sind die ersten beiden Teile des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Zu den letzten beiden Teilen des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit 54 Die Klägerin weist zum einen darauf hin, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zulässig sei, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt, nicht diskriminierend, erforderlich und im Hinblick auf das verfolgte Ziel des Allgemeininteresses verhältnismäßig sei, und zum anderen darauf, dass diese Voraussetzungen kumulativ seien und eine Beschränkung nicht mehr gerechtfertigt sei, wenn nur eine von ihnen nicht erfüllt sei. Hier sei indessen zunächst einmal die in Rede stehende Beihilferegelung diskriminierend, da sie Unternehmen je nach dem Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen seien, unterschiedlich behandele. Sodann sei sie nicht verhältnismäßig, da sie über das hinausgehe, was erforderlich sei, um ihr Ziel zu erreichen; dies könnte nämlich erreicht werden, ohne die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu beeinträchtigen, wenn sie allen in Spanien tätigen Unternehmen unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen seien, zugutekäme, indem einfach deren jeweiliger Marktanteil berücksichtigt würde. 55 Schließlich mache es das im Allgemeininteresse liegende Ziel, die durch die Covid-19-Pandemie verursachte beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Spaniens zu beheben, nicht erforderlich, nur in Spanien niedergelassene Unternehmen zu unterstützen, da einige der in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätigen Unternehmen, wie die Klägerin, für das spanische Wirtschaftsleben ebenso wichtig seien. Dagegen fragmentiere eine Beihilfe allein für nationale Unternehmen den Binnenmarkt und schalte Konkurrenten aus anderen Mitgliedstaaten aus, schwäche den Wettbewerb, verschlimmere die durch die Covid-19-Pandemie verursachten Schäden, untergrabe letztendlich die Struktur des Luftfahrtsektors und schränke die Rechte der Transportunternehmen der Union zur freien Erbringung von Luftverkehrsdiensten innerhalb des Binnenmarkts, unabhängig von dem Mitgliedstaat, der ihnen die Genehmigung erteilt habe, ein. 56 Soweit die Klägerin ihr Vorbringen auf das Vorliegen einer Diskriminierung durch die in Rede stehende Beihilferegelung und deren fehlende Verhältnismäßigkeit stützt, ist zunächst auf die Prüfung der ersten beiden Teile des ersten Klagegrundes zu verweisen. 57 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass zum einen die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sicherstellen sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Finanzamt Linz, C‑66/14, EU:C:2015:661, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58 Zum anderen steht der freie Dienstleistungsverkehr der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert, und zwar unabhängig davon, ob eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Februar 2003, Stylianakis, C‑92/01, EU:C:2003:72, Rn. 25). 59 Auch wenn die in Rede stehende Beihilferegelung nicht speziell auf den Luftverkehrssektor ausgerichtet ist, ist anzumerken, dass die Klägerin eine angebliche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs vor allem im Luftverkehrssektor rügt. Insoweit ist festzustellen, dass für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs nach Art. 58 Abs. 1 AEUV die Bestimmungen des Titels über den Verkehr, d. h. des Titels VI des AEU-Vertrags, gelten. Der freie Dienstleistungsverkehr im Bereich des Verkehrs unterliegt somit im Rahmen des Primärrechts einer besonderen rechtlichen Regelung (Urteil vom 18. März 2014, International Jet Management, C‑628/11, EU:C:2014:171, Rn. 36). Folglich gilt Art. 56 AEUV, der den freien Dienstleistungsverkehr gewährleistet, nicht als solcher für den Bereich der Luftfahrt (Urteil vom 25. Januar 2011, Neukirchinger, C‑382/08, EU:C:2011:27, Rn. 22). 60 Maßnahmen zur Liberalisierung des Luftverkehrs können somit nur auf der Grundlage von Art. 100 Abs. 2 AEUV erlassen werden (Urteil vom 18. März 2014, International Jet Management, C‑628/11, EU:C:2014:171, Rn. 38). Wie die Klägerin jedoch zu Recht geltend macht, hat der Unionsgesetzgeber auf der Grundlage dieser Bestimmung die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 293, S. 3) erlassen, die gerade darauf gerichtet ist, auf dem Gebiet des Luftverkehrs die Bedingungen für die Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs festzulegen (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Februar 2003, Stylianakis, C‑92/01, EU:C:2003:72, Rn. 23 und 24). 61 Nun trifft es zwar zu, dass die Klägerin aufgrund der Definition des Anwendungsbereichs der in Rede stehenden Beihilferegelung vom Zugang zu vom Königreich Spanien gewährten Rekapitalisierungsmaßnahmen ausgeschlossen ist, doch hat sie nicht dargetan, inwiefern dieser Ausschluss geeignet ist, sie von der Niederlassung in Spanien oder der Erbringung von Dienstleistungen von und nach Spanien abzuhalten. Insbesondere hat die Klägerin nicht die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände angegeben, die dazu führen würden, dass die in Rede stehende Beihilferegelung wettbewerbsbeschränkende Wirkungen entfaltet, die über diejenigen hinausgehen, die das Verbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV auslösen, die aber, wie im Zusammenhang mit den ersten beiden Teilen des ersten Klagegrundes ausgeführt, gleichwohl erforderlich und verhältnismäßig sind, um die durch die Covid-19-Pandemie verursachte beträchtliche Störung des spanischen Wirtschaftslebens im Einklang mit den Anforderungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV zu beheben. 62 Darüber hinaus hat die Kommission in dem angefochtenen Beschluss geprüft, ob die Durchführung der in Rede stehenden Beihilferegelung mit den grundlegenden Verkehrsfreiheiten und insbesondere mit dem freien Kapitalverkehr und der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. Insoweit hat sie festgestellt, dass keines der Förderkriterien, insbesondere nicht diejenigen, die sich auf die systemische oder strategische Bedeutung der Begünstigten für die spanische Wirtschaft und den Umstand beziehen, dass sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in Spanien befinden muss, so ausgelegt oder angewandt werden kann, dass die Gewährung der Beihilfe von der Verlagerung ihrer in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeiten nach Spanien abhängig gemacht wird (Rn. 46, 59 und 60 des angefochtenen Beschlusses). Die Klägerin tritt dieser Beurteilung nicht entgegen. 63 Nach alledem kann kein Teil des ersten Klagegrundes durchgreifen, so dass dieser Klagegrund zurückzuweisen ist. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Verpflichtung, die positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs abzuwägen 64 Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission sei nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme die von ihr erwarteten positiven Auswirkungen im Hinblick auf die Erreichung der in Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV genannten Ziele gegen ihre negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Verfälschung des Wettbewerbs und die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten abzuwägen, was einen offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts und damit einen ausreichenden Grund für die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses darstelle. Zweitens sei der Befristete Rahmen für die Kommission verbindlich und stelle eine zweite und separate Rechtsgrundlage dar, aufgrund deren die Kommission verpflichtet sei, diese Abwägung vorzunehmen. Drittens erhebt die Klägerin für den Fall, dass der Befristete Rahmen so ausgelegt werden sollte, dass er eine solche Abwägungspflicht nicht vorsehe, eine Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV mit der Begründung, dass der Befristete Rahmen dann gegen Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verstoße. 65 Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien und die Französische Republik, weist dieses Vorbringen zurück. 66 Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV können „[a]ls mit dem Binnenmarkt vereinbar … angesehen werden … Beihilfen … zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass ihre Verfasser der Auffassung waren, es liege im Interesse der Union als Ganzer, dass der eine oder andere Mitgliedstaat in der Lage sei, eine größere oder gar existenzielle Krise zu überwinden, die nur schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft aller oder einiger der anderen Mitgliedstaaten und damit für die Union als solche haben könne. Diese Auslegung des Wortlauts von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV wird insofern durch den Vergleich mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV bestätigt, der „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“ betrifft, als der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung eine Voraussetzung enthält, die sich auf den Nachweis bezieht, dass die Handelsbedingungen nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, und die in Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV nicht enthalten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2020, Österreich/Kommission, C‑594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 20 und 39). 67 Soweit also die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllt sind, d. h. im vorliegenden Fall, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat tatsächlich eine beträchtliche Störung des Wirtschaftslebens vorliegt und dass die zur Behebung dieser Störung beschlossenen Beihilfemaßnahmen zu diesem Zweck sowohl erforderlich als auch geeignet und verhältnismäßig sind, sind diese Maßnahmen als im Interesse der Union getroffen anzusehen, so dass diese Bestimmung die Kommission nicht dazu verpflichtet, die positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs abzuwägen, anders als es Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV verlangt. Mit anderen Worten bedarf es im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV keiner solchen Abwägung, da von einem positiven Ergebnis ausgegangen wird. Dass es einem Mitgliedstaat gelingt, eine beträchtliche Störung seines Wirtschaftslebens zu beheben, kann nämlich für die Union im Allgemeinen und den Binnenmarkt im Besonderen nur von Vorteil sein. 68 Folglich ist festzustellen, dass Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV die Kommission – anders als Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV – nicht verpflichtet, die positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs abzuwägen, sondern lediglich zu prüfen, ob die fragliche Beihilfemaßnahme zur Behebung der beträchtlichen Störung des Wirtschaftslebens des betreffenden Mitgliedstaats erforderlich, geeignet und angemessen ist. Das Argument der Klägerin, die Verpflichtung zur Abwägung ergebe sich aus dem Ausnahmecharakter vereinbarer Beihilfen, einschließlich der nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV für vereinbar erklärten Beihilfen, ist daher zurückzuweisen. Aus denselben Gründen kann die Klägerin sich nicht auf das Urteil vom 19. September 2018, HH Ferries u. a./Kommission (T‑68/15, EU:T:2018:563, Rn. 210 bis 214), stützen, da das Gericht dort die Auswirkungen des unterschiedlichen Wortlauts von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b und Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nicht berücksichtigt hat, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 22. September 2020, Österreich/Kommission (C‑594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 20 und 39), unterstrichen hat. 69 Die Klägerin kann sich auch nicht auf den zwingenden Charakter einer Abwägung auf der Grundlage des Befristeten Rahmens berufen und argumentieren, dieser sei für die Kommission verbindlich und stelle eine zweite, gesonderte Grundlage für die diesbezügliche Verpflichtung der Kommission dar, da eine solche Verpflichtung im Befristeten Rahmen nicht enthalten ist. Insbesondere enthält Abschnitt 1.2 („Die Notwendigkeit einer engen Abstimmung der einzelstaatlichen Beihilfemaßnahmen auf europäischer Ebene“) des Befristeten Rahmens, auf den die Klägerin sich bezieht, einen einzigen Punkt, nämlich Rn. 10, der keine diesbezügliche Vorschrift enthält. Was die von der Klägerin ebenfalls angeführte Rn. 16a dieses Rahmens angeht, so betrifft die dort angesprochene Abwägung die Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, nicht aber die von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV. Sie kann sich daher nicht darauf berufen. 70 Da Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV eine solche Abwägung nicht verlangt, steht der Befristete Rahmen, der eine solche Abwägung ebenfalls nicht verlangt, nicht im Widerspruch hierzu, so dass die Einrede der Rechtswidrigkeit ebenfalls zurückzuweisen ist. 71 Der zweite Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: im Wesentlichen fehlerhafte Einstufung der Beihilfe als Beihilferegelung 72 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die in Rede stehende Maßnahme rechtsfehlerhaft als Beihilferegelung eingestuft. Die Förderkriterien seien vage und abstrakt, so dass die für die spätere Auswahl der Beihilfeempfänger zuständigen spanischen Behörden einen großen Ermessensspielraum hätten. Darüber hinaus zeige die Zusammensetzung des Verwaltungsrats, dass die Auswahl der Empfänger rein politisch gewesen sei, da es keine technischen Mittel zur Bestimmung der Eigenschaft des potenziellen Beihilfeempfängers gebe. Nach der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil vom 14. Februar 2019, Belgien und Magnetrol International/Kommission, T‑131/16 und T‑263/16, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:91) sei eine Maßnahme als Beihilferegelung einzustufen, wenn die mit ihrer Durchführung betrauten nationalen Behörden keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Bestimmung der wesentlichen Elemente der fraglichen Beihilfe und hinsichtlich der Zweckmäßigkeit ihrer Gewährung hätten, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe. 73 Die Kommission und das Königreich Spanien treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 74 Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass die fragliche Beihilfe als Beihilferegelung und nicht als Einzelbeihilfe eingestuft wurde (Rn. 1 des angefochtenen Beschlusses). 75 Nach Art. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) ist eine Beihilferegelung „eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können“. 76 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die in Rede stehende Beihilfe nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebunden ist und weder für unbestimmte Zeit noch in unbestimmter Höhe im Sinne der zweiten in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 angeführten Hypothese gewährt wird, so dass diese zweite Hypothese im vorliegenden Fall irrelevant ist. 77 Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die in Rede stehende Beihilfe eine Beihilferegelung im Sinne der ersten in Art. 1 Buchst. d dieser Verordnung angeführten Hypothese darstellt. 78 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich die Kommission im spezifischen Fall einer Beihilferegelung darauf beschränken, die Merkmale der betreffenden Regelung zu untersuchen, um in den Gründen der Entscheidung zu würdigen, ob diese Regelung den Beihilfeempfängern einen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern sichert und so beschaffen ist, dass sie Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen. Daher braucht die Kommission in einer Entscheidung über eine solche Regelung keine Analyse der im Einzelfall aufgrund der Regelung gewährten Beihilfe durchzuführen. Erst im Stadium der Rückforderung der Beihilfen ist es erforderlich, die konkrete Situation jedes einzelnen betroffenen Unternehmens zu untersuchen (vgl. u. a. Urteile vom 9. Juni 2011, Comitato Venezia vuole vivere u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 63, vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission, C‑630/11 P bis C‑633/11 P, EU:C:2013:387, Rn. 114, vom 29. Juli 2019, Azienda Napoletana Mobilità, C‑659/17, EU:C:2019:633, Rn. 27, und vom 4. März 2021, Kommission/Fútbol Club Barcelona, C‑362/19 P, EU:C:2021:169, Rn. 65). 79 Folglich ist im Fall einer Beihilferegelung zu unterscheiden zwischen dem Erlass dieser Regelung einerseits und der Gewährung von Beihilfen auf der Grundlage dieser Regelung andererseits (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 22, und vom 4. März 2021, Kommission/Fútbol Club Barcelona, C‑362/19 P, EU:C:2021:169, Rn. 66). 80 Im Übrigen hat Generalanwältin Kokott festgestellt, dass der Begriff der Regelung im Sinne des Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 weit auszulegen sei. Ihrer Ansicht nach spricht die praktische Wirksamkeit der Beihilfenkontrolle für eine solche weite Auslegung, da Art. 1 Buchst. d dieser Verordnung eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle erfasse. Die Effektivität der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Kommission wäre jedoch gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten oder die Beteiligten diese Überprüfung einer abstrakten Beihilferegelung verhindern könnten, indem sie sie von der gesetzlichen auf die Verwaltungsebene verschöben. Die Kommission müsste dann alle Entscheidungen einzeln aufgreifen, auch wenn sie gleichartig seien (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Belgien und Magnetrol International, C‑337/19 P, EU:C:2020:990, Nrn. 64 und 65). 81 Daher ist als Erstes zu prüfen, ob nach dem Wortlaut von Art. 1 Buchst. d erste Hypothese der Verordnung 2015/1589 die spanischen Rechtsvorschriften die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss als Rechtsgrundlage der streitigen Beihilferegelung angegeben wurden, für sich genommen, d. h. ohne nähere Durchführungsmaßnahmen, die individuelle Gewährung von Beihilfen an Unternehmen, die diese beantragt haben, zulassen, und als Zweites, ob diese Vorschriften die Beihilfeempfänger in einer allgemeinen und abstrakten Weise definieren. 82 Als Erstes ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall nach Rn. 7 des angefochtenen Beschlusses die Rechtsgrundlage für die in Rede stehende Maßnahme das Real Decreto-ley 25/2020, de 3 de julio, de medidas urgentes para apoyar la reactivación económica y el empleo (Königliches Gesetzesdekret 25/20 vom 3. Juli 2020 über dringende Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung und der Beschäftigung, im Folgenden: RDL) und der Acuerdo del Consejo de Ministros sobre el funcionamiento del Fondo de Apoyo a la Solvencia de las Empresas Estratégicas (Beschluss des Ministerrats über die Funktionsweise des Solvenzhilfefonds für strategische Unternehmen, im Folgenden: Ministerratsbeschluss) ist. 83 Hierzu ist festzustellen, dass das RDL und der Ministerratsbeschluss Rechtsakte mit allgemeiner Geltung darstellen, die alle Merkmale der in Rede stehenden Beihilfe regeln. Nach der oben in Rn. 78 angeführten Rechtsprechung erlaubt dies der Kommission, in den Gründen des angefochtenen Beschlusses lediglich die Merkmale dieser Maßnahme, wie sie sich aus den vorgenannten Rechtsakten ergeben, zu würdigen und auf dieser Grundlage festzustellen, ob diese Maßnahme den Begünstigten einen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern verschafft und den im Handel zwischen den Mitgliedstaaten tätigen Unternehmen zugutekommt, ohne dass sie verpflichtet wäre, die in jedem Einzelfall auf der Grundlage dieser Regelung gewährten Beihilfen zu prüfen. 84 Das RDL und der Ministerratsbeschluss regeln nämlich die Form der Beihilfe, ihre Höhe, den Zeitraum ihrer Anwendbarkeit, die Kriterien der Beihilfefähigkeit sowie die für ihre Beantragung zuständigen Stellen und das einzuhaltende Verfahren. 85 Hinsichtlich der Form der Beihilfe ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 und 3 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses, dass diese in Form von Beteiligungsdarlehen, hybriden Schuldtiteln oder anderen Instrumenten, die in Beteiligungskapital umgewandelt werden können („hybride Kapitalinstrumente“), Aktienzeichnungen („Eigenkapitalinstrumente“), nachrangigen Darlehen oder einem anderen Kapitalinstrument gewährt werden kann (Rn. 15 des angefochtenen Beschlusses). Das Gesamtbudget für Beihilfen ist in Art. 2 Abs. 3 des RDL auf 10 Mrd. Euro festgelegt, während gemäß Rn. 3 der Anlage des Ministerratsbeschlusses und Rn. 4.1 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses Beihilfen, die 250 Mio. Euro übersteigen, einzeln bei der Kommission anzumelden sind, wie dies im Übrigen auch in Rn. 51 des Befristeten Rahmens vorgeschrieben ist (Rn. 14 des angefochtenen Beschlusses), und der Mindestbetrag der auf dieser Grundlage gewährten Einzelbeihilfen grundsätzlich auf 25 Mio. Euro je Empfänger festgesetzt wird. Was den Zeitraum der Anwendbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe anbelangt, so kann die Finanzierung durch den Fonds gemäß der Anlage des Ministerratsbeschlusses bis spätestens 30. Juni 2021 gewährt werden (Rn. 10 des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus enthält Art. 2 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses eine erschöpfende Liste von 13 kumulativen Förderkriterien. Ebenso geben die einschlägigen Bestimmungen des RDL und des Ministerratsbeschlusses die für die Anwendung der Beihilfe zuständigen Stellen an und regeln das für die Gewährung der Beihilfe einzuhaltende Verfahren. Insbesondere wird der Fonds von einem Verwaltungsrat geleitet, einem interministeriellen Ausschuss unter dem Vorsitz des Präsidenten der SEPI, der ferner aus Vertretern der Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Industrie und Energie besteht. Zu den Aufgaben der SEPI gehören die Bewertung der Anträge auf Unterstützung, die Verwendung der Mittel und die Registrierung der erworbenen Wertpapiere. Der Verwaltungsrat entscheidet durch Beschluss über die Anträge auf Unterstützung und über die Bedingungen der gewährten Finanzierung, die in einem mit dem Empfänger zu unterzeichnenden Vertrag festgelegt werden. Der Verwaltungsrat unterbreitet die genannten Verträge dem Ministerrat zur Genehmigung (Rn. 8 und 9 des angefochtenen Beschlusses). 86 Was zweitens die Frage betrifft, ob das RDL und der Ministerratsbeschluss die individuelle Gewährung von Beihilfen „ohne nähere Durchführungsmaßnahmen“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 ermöglichen, ist zu beachten, dass das Kriterium der Notwendigkeit „näherer Durchführungsmaßnahmen“ impliziert, dass die Beihilfe im Einzelfall nur durch andere „nähere“ Maßnahmen gewährt werden kann, die die Bestimmungen zur Einführung der in Rede stehenden Beihilfe ergänzen oder präzisieren. 87 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 15 des RDL ausdrücklich vorsieht, dass die Funktionsweise, die Mittelaufbringung und die Abwicklung des Fonds sowie die Förderkriterien und die einzuhaltenden Verfahren im Ministerratsbeschluss festgelegt werden, „ohne dass es einer weiteren gesetzlichen Regelung bedarf“. Wie das Königreich Spanien in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ohne dass die Klägerin ihm insoweit widersprochen hätte, gibt es keinen anderen Rechtsakt, der die einschlägigen Bestimmungen des RDL und des Ministerratsbeschlusses ergänzen oder klarstellen würde. Die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen als Einzelbeihilfen erfolgt somit ausschließlich auf der Grundlage der Bestimmungen des RDL und des Ministerratsbeschlusses, ohne dass nähere Durchführungsmaßnahmen erforderlich sind. 88 Darüber hinaus ist zu betonen, dass der bloße Umstand, dass für die individuelle Gewährung von Beihilfen ein bestimmtes Verfahren einzuhalten ist, wonach Unternehmen, die eine Beihilfe erhalten möchten, diese beantragen müssen und die für die Anwendung der Beihilfe zuständigen Stellen dies prüfen und gegebenenfalls genehmigen müssen, nicht bedeutet, dass nähere Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 vorliegen. 89 Überdies benennt die Klägerin keine näheren Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, die die einschlägigen Bestimmungen des RDL und des Ministerratsbeschlusses ergänzen oder präzisieren würden. 90 Daher ist festzustellen, dass die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss als Rechtsgrundlage für die in Rede stehende Beihilferegelung genannten Vorschriften des spanischen Rechts für sich genommen, d. h. ohne nähere Durchführungsmaßnahmen, die individuelle Gewährung von Beihilfen an Unternehmen, die diese beantragt haben, zulassen. 91 Was als Zweites die Frage betrifft, ob diese Bestimmungen die Beihilfeempfänger in einer allgemeinen und abstrakten Weise definieren, so ist festzustellen, dass die Begünstigten der in Rede stehenden Beihilfe nicht namentlich aufgeführt sind, sondern gemäß Art. 2 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses aufgrund einer erschöpfenden Liste von 13 kumulativen Kriterien mit allgemeiner Geltung definiert werden, von denen einige oben in Rn. 4 zusammengefasst sind. 92 Daraus folgt, dass die Bestimmungen des Ministerratsbeschlusses die Beihilfeempfänger in einer allgemeinen und abstrakten Weise definieren, was die Klägerin im Übrigen nicht in Abrede stellt. 93 Auf die in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage, ob die in Rede stehende Beihilfe ihrer Ansicht nach als Einzelmaßnahme und nicht als Beihilferegelung hätte eingestuft werden müssen, hat die Klägerin außerdem geantwortet, dass es sich weder um das eine noch um das andere handele, sondern um eine Art Beihilfe „sui generis“ oder „undefinierbare“ Beihilfe. Insoweit genügt indessen der Hinweis, dass die Verordnung 2015/1589 zwar zwischen Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen unterscheidet, jedoch keine andere, über diese beiden Beihilfekategorien hinausgehende Art von Beihilfen vorsieht (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache C‑438/16 P, Kommission/Frankreich und IFP Énergies nouvelles, EU:C:2017:951, Nrn. 79 und 80). 94 Daher ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 erfüllt sind, so dass die Kommission die in Rede stehende Beihilfe rechtsfehlerfrei als Beihilferegelung einstufen konnte. 95 Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt. 96 Erstens ist das auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats des Fonds gestützte Argument der Klägerin, die Auswahl der Begünstigten sei rein politisch und der Verwaltungsrat verfüge über keine technischen Mittel, um die Eigenschaft des potenziellen Beihilfeempfängers zu bestimmen, in der Tat unzutreffend. Insbesondere aus Art. 2 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses geht nämlich hervor, dass die Beihilfeanträge zunächst von der SEPI geprüft und bewertet werden, die mit Hilfe unabhängiger Sachverständiger prüft, ob alle Förderkriterien erfüllt sind und die von den Antragstellern vorgelegten Informationen wahrheitsgemäß und ausreichend sind. Es handelt sich also um eine von der SEPI durchgeführte technische Bewertung der Beihilfeanträge, die eine wesentliche Etappe im Verfahren zur Gewährung der Beihilfe darstellt. Die Klägerin lässt diese Etappe des Verfahrens jedoch außer Acht. Sie kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, das Verfahren sei auf keinerlei technische Mittel zur Bestimmung der Eigenschaft des potenziellen Beihilfeempfängers gestützt. 97 Außerdem steht der bloße Umstand, dass sich der Verwaltungsrat aus Vertretern verschiedener Ministerien zusammensetzt, die für Entscheidungen auf dem betreffenden Gebiet zuständig sind, der Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als Beihilferegelung in keiner Weise entgegen. Zum einen ist es angesichts der Auswirkungen auf den Haushalt des spanischen Staates und der beträchtlichen Störung im spanischen Wirtschaftsleben, die mit der fraglichen Beihilfe behoben werden soll, ganz normal, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats in diesen Ministerien tätig sind. Zum anderen wäre es spekulativ, allein aus der Zusammensetzung des Verwaltungsrats zu schließen, dass die Gewährung der Beihilfe das Ergebnis politischer Opportunität sei. Tatsächlich liegen dem Gericht keine Beweise vor, die darauf hindeuten, dass dies der Fall ist. Im Gegenteil werden die Entscheidungen des Verwaltungsrats und die anschließende Genehmigung durch den Ministerrat, wie das Königreich Spanien dargelegt hat, auf der Grundlage der von der SEPI durchgeführten technischen Bewertung der Anträge getroffen. Darüber hinaus kann der Verwaltungsrat bei seinen Sitzungen auch von den technischen Abteilungen der SEPI unterstützt werden, die die Analyse und Bewertung der Anträge durchgeführt haben, wie dies in Art. 8 Abs. 3 des Anhangs III des Ministerratsbeschlusses vorgesehen ist. 98 Jedenfalls legt die Klägerin keine konkreten Beweise dafür vor, dass Entscheidungen über Beihilfeanträge von Erwägungen politischer Opportunität geleitet würden. 99 Zweitens sind die Förderkriterien nach Ansicht der Klägerin vage und abstrakt, so dass der Verwaltungsrat bei ihrer Anwendung einen großen Ermessensspielraum habe. 100 In der Klageschrift gibt die Klägerin nicht an, auf welche der 13 Förderkriterien sich dieses Vorbringen bezieht. Die Gesamtschau ihres dritten Klagegrundes legt jedoch nahe, dass er sich offenbar in erster Linie auf das Kriterium der strategischen und systemischen Bedeutung des Beihilfeempfängers bezieht, das als einziges Kriterium in diesem Teil der Klageschrift ausdrücklich genannt wird, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. 101 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es in der Natur einer Beihilferegelung liegt, dass die Förderkriterien allgemein und abstrakt formuliert sind, so dass sie auf eine unbestimmte Zahl von Empfängern angewendet werden können. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um eine Beihilfe wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende handelt, die auf die gesamte Wirtschaft eines Mitgliedstaats Anwendung finden soll. 102 Sodann enthält das besagte Kriterium eine Reihe spezifischer Hinweise, die zu seiner Klärung und gezielten Anwendung beitragen können, z. B. ob das betreffende Unternehmen zum Gesundheitswesen oder zur öffentlichen Sicherheit gehört, ob es eine Rolle bei der Verwirklichung der mittelfristigen Ziele des ökologischen Wandels oder der Digitalisierung spielt, ob es innovativ ist oder ob es Dienstleistungen wesentlicher Art erbringt. 103 Schließlich kann sich die Klägerin nicht auf das Urteil vom 14. Februar 2019, Belgien und Magnetrol International/Kommission (T‑131/16 und T‑263/16, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:91, Rn. 87), berufen. Zum einen war die Rechtssache, in der dieses Urteil erging, nämlich dadurch gekennzeichnet, dass die meisten wesentlichen Elemente der fraglichen Beihilfe sich nicht aus den Rechtsakten des belgischen Rechts ergaben, auf denen diese Maßnahme beruhte. Aufgrund dessen prüfte das Gericht, ob die Kommission das Vorliegen eines systematischen Vorgehens der belgischen Verwaltung, das selbst als Beihilferegelung eingestuft werden könnte, rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte. Anders als in jener Rechtssache ergeben sich jedoch im vorliegenden Fall alle Merkmale der in Rede stehenden Beihilferegelung aus den Rechtsakten, auf denen sie beruht (siehe oben, Rn. 84 bis 87), wobei sie im Übrigen in keiner Weise auf einem systematischen Vorgehen der Verwaltung beruht, eine Frage, die sich im vorliegenden Fall nicht einmal stellt. 104 Zum anderen und in jedem Fall ist die vom Gericht in Rn. 87 des Urteils vom 14. Februar 2019, Belgien und Magnetrol International/Kommission (T‑131/16 und T‑263/16, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:91), aufgestellte Voraussetzung, auf die sich die Klägerin beruft und nach der die für die Anwendung dieser Regelung zuständigen Behörden über keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Bestimmung der wesentlichen Elemente der fraglichen Beihilfe und hinsichtlich der Zweckmäßigkeit ihrer Gewährung verfügen dürfen, im vorliegenden Fall erfüllt. 105 Hierzu ist anzumerken, dass diese Voraussetzung de facto sicherstellen soll, dass die Bestimmungen zur Einführung der in Rede stehenden Beihilfe alle Elemente enthalten, die für die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt relevant sind, was die Kommission davon entbinden würde, in jedem Einzelfall eine Analyse der gewährten Beihilfe vorzunehmen, wie dies in der oben in Rn. 78 angeführten Rechtsprechung vorgesehen ist. Sollten die nationalen Behörden nämlich über einen Ermessensspielraum verfügen, der es ihnen ermöglicht, die wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Beihilfe festzulegen, zu ändern, zu ergänzen oder von ihnen abzuweichen, wäre die Kommission nicht in der Lage, deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu beurteilen, ohne die spezifischen Bedingungen der Gewährung in jedem Einzelfall zu prüfen. 106 Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Wie oben in Rn. 85 ausgeführt, enthält Art. 2 des Anhangs II des Ministerratsbeschlusses eine erschöpfende Liste von Förderkriterien, die kumulativ erfüllt sein müssen. Die für die Durchführung dieser Regelung zuständigen Behörden dürfen daher keine weiteren Förderkriterien hinzufügen und auch nicht von ihnen abweichen oder ihren Inhalt ändern. Sie sind somit verpflichtet, die Beihilfe zu gewähren, wenn alle Kriterien erfüllt sind und sofern das Gesamtbudget der Maßnahme nicht ausgeschöpft ist, oder die Beihilfe abzulehnen, wenn eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist. Insofern haben sie also keinen Ermessensspielraum, sondern handeln im Rahmen einer gebundenen Zuständigkeit. 107 Gewiss müssen die für die Durchführung der in Rede stehenden Regelung zuständigen Behörden bei der Beurteilung einiger der Förderkriterien, wie z. B. desjenigen, das sich auf die strategische oder systemische Bedeutung des betreffenden Unternehmens bezieht, mitunter komplexe Bewertungen einer Vielzahl relevanter Faktoren vornehmen. Der Umstand, dass sie solche Bewertungen vornehmen müssen, steht jedoch als solcher der Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 nicht entgegen, wobei zum einen die in den Bestimmungen zur Einführung der Beihilfe ausdrücklich festgelegten Förderkriterien zu berücksichtigen sind, von denen die nationalen Behörden nicht abweichen dürfen und die sie nicht ändern oder ergänzen dürfen, und zum anderen zu berücksichtigen ist, dass diese Förderkriterien, von denen einige oben in Rn. 4 behandelt wurden, an sich schon konkrete Anhaltspunkte für die von den nationalen Behörden vorzunehmenden Beurteilungen liefern. 108 In ihrer Klageschrift rügt die Klägerin außerdem Rn. 21 des angefochtenen Beschlusses mit der Begründung, dass „die Befugnis des Verwaltungsrats, im Einzelfall über den Umfang der genehmigungspflichtigen Unternehmensentscheidungen zu entscheiden, die in die Vereinbarung über die vorübergehende öffentliche finanzielle Unterstützung aufzunehmen sind, ebenfalls jeglicher objektiver Kriterien entbehrt“. Dieses Vorbringen beruht jedoch auf einer unvollständigen Auslegung des angefochtenen Beschlusses. In Rn. 20 dieses Beschlusses hat die Kommission nämlich ausgeführt, der Staat habe beim Erwerb von Anteilen ein Vetorecht in Bezug auf bestimmte strategische Entscheidungen des Unternehmens. Die Kommission hat allerdings betont, dass die Ausübung dieser Vetorechte strikt auf das Ziel der Wiederherstellung der Rentabilität des Beihilfeempfängers und auf Angelegenheiten beschränkt sei, die einer behördlichen Genehmigung bedürften, wie z. B. die Entlassung von Arbeitnehmern, die Wahl von weniger umweltschädlichen Produktionsmethoden oder digitale Lösungen. Diese Befugnis des Verwaltungsrats entbehrt daher nicht „jeglicher objektiver Kriterien“, wie von der Klägerin behauptet. 109 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin außerdem vorgetragen, die spanischen Behörden hätten einen großen Ermessensspielraum bei der Festlegung von Höhe und Form der Beihilfe. Dieses Argument wurde jedoch in der Klageschrift nicht vorgebracht, und die Klägerin hat für ihr verspätetes Vorbringen keine Rechtfertigung beigebracht. Es kann auch nicht als eine Erweiterung des dritten Klagegrundes angesehen werden, in dem sich die Klägerin nur auf den angeblichen Ermessensspielraum der spanischen Behörden in Bezug auf die Auswahl der Beihilfeempfänger und die Befugnis des Verwaltungsrats, über den Umfang der genehmigungspflichtigen Unternehmensentscheidungen zu bestimmen, bezieht. Dieses Vorbringen ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 95, vom 16. September 2020, BP/FRA, C‑669/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:713, Rn. 15, und vom 27. September 2012, Ballast Nedam Infra/Kommission, T‑362/06, EU:T:2012:492, Rn. 137). 110 Drittens macht die Klägerin in der Klageschrift noch geltend, „die Kommission [habe] sich ihres Ermessens im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen begeben und einen Rechtsfehler begangen, indem sie Spanien ein Ermessen bei der Auswahl der durch die Beihilferegelung Begünstigten zugestanden [habe]“. Auf die in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage nach der genauen Tragweite dieses Vorbringens hat die Klägerin eingeräumt, dass es sich mit dem Vorbringen zur Einstufung der fraglichen Maßnahme als Beihilferegelung überschneide. Außerdem werfe sie der Kommission mit diesem Vorbringen einen Ermessensmissbrauch vor. Ein etwaiger Ermessensmissbrauch stellt jedoch einen eigenständigen Klagegrund dar, der in der Klageschrift nicht geltend gemacht wurde und daher nicht ohne jeglichen Rechtfertigungsgrund erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden kann. Ein solches neues Vorbringen ist daher nach der oben in Rn. 109 angeführten Rechtsprechung verspätet und somit unzulässig. 111 Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verfahrensrechte der Klägerin 112 Der vierte Klagegrund, betreffend die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerin insofern, als die Kommission trotz des angeblichen Bestehens ernsthafter Zweifel kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet habe, hat in Wirklichkeit subsidiären Charakter für den Fall, dass das Gericht die Beurteilung der Beihilfe als solche nicht prüfen sollte. Nach ständiger Rechtsprechung soll dieser Klagegrund es einer betroffenen Partei nämlich ermöglichen, in dieser Eigenschaft eine Klage nach Art. 263 AEUV zu erheben, was ihr andernfalls verweigert würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 48, und vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 44). Das Gericht hat jedoch die ersten drei Klagegründe geprüft, die sich auf die Beurteilung der Beihilfe als solche beziehen, so dass dieser Klagegrund gegenstandslos ist. 113 Außerdem ist zu beachten, dass dieser Klagegrund keinen eigenständigen Inhalt hat. Im Rahmen eines solchen Klagegrundes kann die Klägerin zur Wahrung der ihr im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens zustehenden Verfahrensrechte nämlich nur Klagegründe anführen, die geeignet sind, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte oder hätte verfügen können, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 81, vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P,EU:C:2009:435, Rn. 35, und vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 59), wie z. B. die Unzulänglichkeit oder Unvollständigkeit der von der Kommission im Vorprüfungsverfahren durchgeführten Prüfung oder das Vorliegen von Beschwerden Dritter. Indessen ist festzustellen, dass der vierte Klagegrund die im ersten bis dritten Klagegrund vorgebrachten Argumente zusammenfasst, ohne besondere Elemente in Bezug auf etwaige ernsthafte Schwierigkeiten hervorzuheben. 114 Da das Gericht die genannten Klagegründe in der Sache geprüft hat, ist eine Prüfung der Stichhaltigkeit dieses Klagegrundes somit nicht erforderlich. Zum fünften Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht 115 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht geprüft habe, ob der Ausschluss der nicht in Spanien niedergelassenen Unternehmen von der Gewährung der Beihilfe mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei. 116 Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien und die Französische Republik, beantragt, den fünften Klagegrund zurückzuweisen. 117 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung eines Rechtsakts der Union zwar die Überlegungen des Urhebers dieses Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann, doch muss sie nicht sämtliche rechtlich oder tatsächlich erheblichen Gesichtspunkte enthalten. Die Beachtung der Begründungspflicht ist im Übrigen nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (vgl. Urteil vom 7. Februar 2018, American Express, C‑304/16, EU:C:2018:66, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 118 Was die Natur des betreffenden Rechtsakts angeht, erging im vorliegenden Fall der angefochtene Beschluss am Ende der durch Art. 108 Abs. 3 AEUV für Beihilfen eingeführten Vorprüfungsphase, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu ermöglichen, ohne das in Abs. 2 dieses Artikels vorgesehene förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, das es seinerseits der Kommission ermöglichen soll, umfassend Kenntnis von allen diese Beihilfe betreffenden Gesichtspunkten zu erhalten. 119 Eine solche, innerhalb kurzer Frist zu treffende Entscheidung muss aber nur die Gründe enthalten, aus denen die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt sieht (Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 65). 120 Was den Kontext des angefochtenen Beschlusses angeht, so ist dieser durch die Covid-19-Pandemie und die äußerste Dringlichkeit gekennzeichnet, mit der die Kommission zunächst den Befristeten Rahmen angenommen hat, mit dem sie sowohl den Mitgliedstaaten als auch den von den Folgen dieser Krise betroffenen Unternehmen eine Reihe von Hinweisen lieferte, sodann die ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Maßnahmen insbesondere in Anwendung dieses Rahmens prüfte und schließlich die Beschlüsse betreffend diese Maßnahmen, einschließlich des angefochtenen Beschlusses, erließ. Insoweit ergibt sich aus den Rn. 1 bis 6 oben, dass zwischen der Anmeldung der in Rede stehenden Beihilferegelung und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses nur elf Tage verstrichen sind. 121 Ungeachtet der Natur des angefochtenen Beschlusses und der außergewöhnlichen Umstände seines Erlasses ist allerdings festzustellen, dass dieser im vorliegenden Fall gleichwohl 92 Randnummern umfasst und es ermöglicht, die tatsächlichen und rechtlichen Gründe zu verstehen, aus denen die Kommission beschlossen hat, keine Einwände gegen die in Rede stehende Beihilferegelung zu erheben. Somit hat die Kommission in dem angefochtenen Beschluss, wenn auch in Anbetracht der Dringlichkeit der Angelegenheit teilweise nur summarisch, dargelegt, warum die in Rede stehende Beihilferegelung die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllte. 122 Was insbesondere die Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf den Ausschluss der nicht in Spanien niedergelassenen Unternehmen von der Gewährung der Beihilfe angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass sich die Begründungspflicht grundsätzlich auf die Gründe beschränkt, aus denen eine bestimmte Kategorie von Wirtschaftsteilnehmern in den Genuss einer bestimmten Maßnahme gelangt, aber keine Rechtfertigung für den Ausschluss aller anderen Wirtschaftsteilnehmer verlangt, die sich nicht in einer vergleichbaren Situation befinden. Da die Zahl der von der Inanspruchnahme einer Maßnahme ausgeschlossenen Kategorien potenziell unbegrenzt ist, kann nämlich von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie für jede von ihnen eine spezifische Begründung gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 81). Da es sich im vorliegenden Fall um eine Beihilferegelung handelt, die für die gesamte Wirtschaft eines Mitgliedstaats gelten soll, so dass die Zahl der von dieser Regelung ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer potenziell unbegrenzt sein kann, geht die Begründungspflicht der Kommission nicht so weit, dass sie prüfen müsste, ob sich alle oder einige der derart ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer in einer mit der Situation der Beihilfeempfänger vergleichbaren Lage befinden, und gegebenenfalls den Ausschluss aller dieser Wirtschaftsteilnehmer von der Gewährung der Beihilfe rechtfertigen müsste. 123 Da überdies in dem angefochtenen Beschluss jedenfalls zum einen die Merkmale der Beihilferegelung, einschließlich der Kriterien für ihre Inanspruchnahme, und zum anderen, wenn auch nur kurz, die Gründe angegeben werden, aus denen die Kommission zu der Auffassung gelangt ist, dass diese Regelung nicht gegen die grundlegenden Verkehrsfreiheiten verstößt (vgl. insbesondere Rn. 46, 59 und 60 des angefochtenen Beschlusses), ermöglicht er es sowohl der Klägerin, ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf auszuüben, wie sich aus ihrem ersten Klagegrund ergibt, der zeigt, dass sie in der Lage war, die Tragweite des angefochtenen Beschlusses insoweit zu verstehen, als auch dem Gericht, seine Kontrolle auszuüben. 124 Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. 125 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 126 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 127 Das Königreich Spanien und die Französische Republik tragen gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Ryanair DAC trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Das Königreich Spanien und die Französische Republik tragen ihre eigenen Kosten. Kornezov Buttigieg Kowalik-Bańczyk Hesse Stancu Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Mai 2021. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 15. April 2021.#Italmobiliare SpA u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartell – Markt für Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Voraussetzungen für die Gewährung der Immunität – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen – Obergrenze der Geldbuße – Dauer des Verwaltungsverfahrens – Angemessene Verfahrensdauer – Leistungsfähigkeit.#Rechtssache C-694/19 P.
62019CJ0694
ECLI:EU:C:2021:286
2021-04-15T00:00:00
Gerichtshof, Tanchev
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Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 24. März 2021.#Foundation for the Protection of the Traditional Cheese of Cyprus named Halloumi gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.#Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionsbildmarke Halloumi χαλλούμι Vermion grill cheese/grill est/grill kase M BELAS PREMIUM GREEK DAIRY SINCE 1927 – Ältere Unionskollektivwortmarke HALLOUMI – Relatives Eintragungshindernis – Bösgläubigkeit – Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Art. 53 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 60 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung 2017/1001).#Rechtssache T-282/19.
62019TJ0282
ECLI:EU:T:2021:154
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 12. März 2020.#Valencia Club de Fútbol, SAD gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Beihilfen Spaniens zugunsten bestimmter Profifußballvereine – Bürgschaft – Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden – Vorteil – Unternehmen in Schwierigkeiten – Kriterium des privaten Kapitalgebers – Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten – Höhe der Beihilfe – Beihilfeempfänger – Diskriminierungsverbot – Begründungspflicht.#Rechtssache T-732/16.
62016TJ0732
ECLI:EU:T:2020:98
2020-03-12T00:00:00
Gericht
62016TJ0732 URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 12. März 2020 (*1) „Staatliche Beihilfen – Beihilfen Spaniens zugunsten bestimmter Profifußballvereine – Bürgschaft – Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden – Vorteil – Unternehmen in Schwierigkeiten – Kriterium des privaten Kapitalgebers – Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten – Höhe der Beihilfe – Beihilfeempfänger – Diskriminierungsverbot – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑732/16, Valencia Club de Fútbol, SAD mit Sitz in Valencia (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. García-Gallardo Gil-Fournier, G. Cabrera López und D. López Rus, Klägerin, unterstützt durch Königreich Spanien, vertreten durch M. J. García-Valdecasas Dorrego und M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte, Streithelfer, gegen Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo, B. Stromsky und P. Němečková als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen einer Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2017/365 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe SA.36387 (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2013/CP) Spaniens zugunsten der Valencia Club de Fútbol, SAD, der Hércules Club de Fútbol, SAD und der Elche Club de Fútbol, SAD (ABl. 2017, L 55, S. 12) erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Schwarcz und C. Iliopoulos, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2019 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Klägerin, die Valencia Club de Fútbol, SAD, ist ein Profifußballverein mit Sitz in Valencia (Spanien). 2 Die Fundación Valencia ist eine nichtkommerzielle Organisation mit dem grundlegenden Ziel des Erhalts, der Verbreitung und Förderung der sportlichen, kulturellen und sozialen Aspekte der Klägerin sowie der Beziehungen zwischen der Klägerin und ihren Anhängern. 3 Am 5. November 2009 gewährte das Instituto Valenciano de Finanzas (im Folgenden: IVF), das Finanzinstitut der Generalitat Valenciana (Regionalregierung von Valencia, Spanien), der Fundación Valencia eine Bürgschaft für ein Bankdarlehen der Bancaja (nunmehr Bankia) in Höhe von 75 Mio. Euro, durch das sie 70,6 % der Aktien der Klägerin erwarb. 4 Die Bürgschaft deckte 100 % des Darlehensbetrags plus Zinsen und Transaktionskosten. Als Gegenleistung musste die Fundación Valencia dem IVF eine jährliche Haftungsprovision in Höhe von 0,5 % zahlen. Als Rückbürgschaft erhielt das IVF ein zweitrangiges Pfandrecht über die von der Fundación Valencia erworbenen Aktien der Klägerin. Die Laufzeit des zugrunde liegenden Darlehens betrug sechs Jahre. Der Zinssatz für das verbürgte Darlehen betrug zunächst 6 % im ersten Jahr und dann die „Euro Interbank Offered Rate“ (Euribor) über ein Jahr plus einer Marge von 3,5 % mit einem Mindestzinssatz von 6 %. Außerdem wurde eine Bereitstellungsprovision von 1 % festgesetzt. Der Zahlungsplan sah Zinszahlungen ab August 2010 vor, wohingegen für das Darlehenskapital eine Rückzahlung in zwei Tranchen in Höhe von jeweils 37,5 Mio. Euro am 26. August 2014 und am 26. August 2015 vereinbart wurde. Die Finanzierung der Rückzahlung des verbürgten Darlehens (Kapital und Zinsen) sollte über den Verkauf der von der Fundación Valencia erworbenen Aktien der Klägerin erfolgen. 5 Am 10. November 2010 stockte das IVF seine Bürgschaft zugunsten der Fundación Valencia um 6 Mio. Euro auf. Zweck dieser Aufstockung der Bürgschaft war eine Erhöhung um 6 Mio. Euro des bestehenden Darlehens der Bankia mit der Absicht, die Zahlung des Kapitals, der Zinsen und die Kosten der Nichtbezahlung der Zinsen des verbürgten Darlehens am 26. August 2010 zu ermöglichen. Das Resultat dieser Aufstockung war eine Veränderung am ursprünglich festgelegten Zahlungsplan sowie die Aushandlung einer Rückzahlung von 40,5 Mio. Euro am 26. August 2014 und einer weiteren Rückzahlung von 40,5 Mio. Euro am 26. August 2015. Der Zinssatz für das Darlehen blieb gleich. 6 Nachdem die Europäische Kommission darüber informiert worden war, dass die Generalitat Valenciana staatliche Beihilfen in Form von Bürgschaften für Bankdarlehen zugunsten der Elche Club de Fútbol, SAD, der Hércules Club de Fútbol, SAD und der Klägerin gewährt haben solle, hat sie das Königreich Spanien am 8. April 2013 aufgefordert, zu dieser Information Stellung zu nehmen. Das Königreich Spanien antwortete am 27. Mai und am 3. Juni 2013. 7 Die Kommission hat das Königreich Spanien mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, ein förmliches Untersuchungsverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten. Das Königreich Spanien übermittelte mit Schreiben vom 10. Februar 2014 eine Stellungnahme zum Eröffnungsbeschluss. 8 Im Lauf des förmlichen Untersuchungsverfahrens erhielt die Kommission Stellungnahmen und Angaben des Königreichs Spanien, des IVF, der Liga Nacional de Fútbol Profesional (im Folgenden: LFP), der Klägerin und der Fundaciόn Valencia. 9 Mit ihrem Beschluss (EU) 2017/365 vom 4. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe SA.36387 (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2013/CP), die Spanien dem Valencia Club de Fútbol Sociedad Anónima Deportiva (Sport-Aktiengesellschaft), dem Hércules Club de Fútbol Sociedad Anónima Deportiva (Sport-Aktiengesellschaft) und dem Elche Club de Fútbol Sociedad Anónima Deportiva (Sport-Aktiengesellschaft) gewährt hat (ABl. 2017, L 55, S. 12, im Folgenden: angefochtener Beschluss), stellte die Kommission fest, dass es sich bei der Bürgschaft der öffentlichen Hand, die das IVF am 5. November 2009 der Fundación Valencia für ein Bankdarlehen zur Zeichnung von Aktien der Klägerin im Rahmen einer von der Klägerin beschlossenen Kapitalaufstockungsmaßnahme gewährte (im Folgenden: Maßnahme 1), und ihrer am 10. November 2010 beschlossenen Erhöhung (im Folgenden: Maßnahme 4) (im Folgenden insgesamt: die fraglichen Maßnahmen) um rechtswidrige staatliche Beihilfen in Höhe von 19193000 Euro bzw. 1188000 Euro handelt, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind (Art. 1). Die Kommission verpflichtete das Königreich Spanien, die genannten Beihilfen von der Klägerin zurückzufordern (Art. 2), wobei die Rückforderung „sofort in wirksamer Weise“ zu erfolgen hatte (Art. 3). 10 Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission als Erstes fest, dass die vom IVF gewährten fraglichen Maßnahmen aus staatlichen Mitteln erfolgt und dem Königreich Spanien zuzurechnen seien. Als Zweites stellte die Kommission fest, dass die Klägerin und nicht die Fundación Valencia, die als Finanzvehikel genutzt worden sei, durch die Beihilfe begünstigt werde, insbesondere da das Ziel der fraglichen Maßnahmen darin bestanden habe, die Kapitalaufstockung der Klägerin zu finanzieren. Die finanzielle Situation der Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Maßnahmen sei jedoch diejenige eines Unternehmens in Schwierigkeiten im Sinne von Rn. 10 Buchst. a oder Rn. 11 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2004, C 244, S. 2, im Folgenden: Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung). In Anbetracht der von der Kommission in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Artikel [107] und [108 AEUV] auf staatliche Beihilfen in Form von Garantien (ABl. 2008, C 155, S. 10, im Folgenden: Garantiemitteilung) festgelegten Kriterien und angesichts der finanziellen Situation der Klägerin und der Bedingungen der ihm gewährten Bürgschaft der öffentlichen Hand kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein ungerechtfertigter Vorteil vorliege, der geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu verfälschen oder zu drohen, ihn zu verfälschen, und Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu haben. Außerdem quantifizierte die Kommission im angefochtenen Beschluss das der Klägerin mutmaßlich gewährte Beihilfeelement, indem sie sich auf den Referenzsatz stützte, der gemäß ihrer Mitteilung über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. 2008, C 14, S. 6, im Folgenden: Mitteilung über die Referenzsätze) anwendbar war, da kein signifikanter Vergleich auf der Grundlage ähnlicher Vorgänge auf dem Markt möglich sei. Im Rahmen der Quantifizierung der streitigen Beihilfe stellte die Kommission fest, dass der Wert der Aktien der Klägerin, an denen IVF als Gegenleistung ein Pfandrecht erhalten habe, praktisch nichtig sei. Schließlich kam die Kommission im angefochtenen Entschluss zu dem Ergebnis, dass die streitige Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, insbesondere angesichts der Grundsätze und Bedingungen, die in den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgesetzt seien. Sie stellte insoweit fest, dass der Rentabilitätsplan der Klägerin vom Mai 2009 nicht umfangreich genug sei, um eine Wiederherstellung der Rentabilität innerhalb eines vertretbaren Zeitraums zu ermöglichen. Verfahren und Anträge der Parteien 11 Mit Klageschrift, die am 20. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 12 Mit besonderem Schriftsatz, der am 28. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Aussetzung des Vollzugs der Art. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses gestellt, soweit die Kommission darin die Rückforderung der der Klägerin mutmaßlich gewährten Beihilfen anordnet. 13 Die Kommission hat am 24. Januar 2017 ihre Klagebeantwortung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 14 Mit Beschluss vom 23. März 2017 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts das Königreich Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen. 15 Am 29. März 2017 hat die Klägerin eine Erwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 16 Am 2. Juni 2017 ist der Streithilfeschriftsatz des Königreichs Spanien bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. 17 Die Kommission hat am 19. Juni 2017 die Gegenerwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 18 Mit am 1. Februar, 15. Februar, 5. April und 27. Juni 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen hat die Klägerin beantragt, bestimmte Teile der Klageschrift, der Klagebeantwortung, der Erwiderung und der Gegenerwiderung gegenüber dem Königreich Spanien vertraulich zu behandeln. Das Königreich Spanien hat keine Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung erhoben. 19 Die Kommission und die Klägerin haben ihre Stellungnahmen zum Streithilfeschriftsatz am 14. und am 17. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 20 Mit Beschluss vom 22. März 2018, Valencia Club de Fútbol/Kommission (T‑732/16 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:171), im Rechtsmittelverfahren bestätigt (Beschluss vom 22. November 2018, Valencia Club de Fútbol/Kommission, C‑315/18 P[R], EU:C:2018:951), hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. 21 Mit Beschlüssen vom 26. April 2018, Valencia Club de Fútbol/Kommission (T‑732/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:237), vom 26. April 2018, Valencia Club de Fútbol/Kommission (T‑732/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:238), und vom 26. April 2018, Valencia Club de Fútbol/Kommission (T‑732/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:239), hat der Präsident der Vierten Kammer die Streithilfeanträge der Fundación Valencia, LFP und Bankia zurückgewiesen. 22 Mit Schreiben vom 25. Mai 2018 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie in der mündlichen Verhandlung gehört werden möchte. 23 Mit Schreiben der Kanzlei des Gerichts vom 5. Februar 2019 hat das Gericht im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen gemäß Art. 89 seiner Verfahrensordnung allen Beteiligten schriftliche Fragen gestellt, die sie am 20. Februar 2019 beantwortet haben. 24 Die Klägerin beantragt, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 25 Die Kommission beantragt, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 26 Das Königreich Spanien beantragt, – der Klage stattzugeben und den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie auf Anlage A.2 verweist 27 Die Kommission beanstandet, dass die Klageschrift einen pauschalen Verweis auf den Bericht der von der Klägerin beauftragten Sachverständigen enthalte, der der Klageschrift in Anlage A.2 beigefügt sei. 28 Für die Zulässigkeit einer Klage ist es nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. Zwar kann ihr Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte der beigefügten Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen wesentlicher Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung in der Klageschrift enthalten sein müssen. Die Anlagen können nur insoweit berücksichtigt werden, als sie die Klagegründe oder Argumente untermauern oder ergänzen, die die klagenden Parteien in ihren Schriftsätzen ausdrücklich angeführt haben, und genau bestimmt werden kann, welche darin enthaltenen Umstände die fraglichen Klagegründe oder Argumente untermauern oder ergänzen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Ryanair und Airport Marketing Services/Kommission, T‑53/16, gegen das Urteil ist ein Rechtsmittel anhängig, EU:T:2018:943, Rn. 379 und die dort angeführte Rechtsprechung). 29 In der vorliegenden Rechtssache enthält die Klageschrift keinesfalls einen pauschalen Verweis auf Anlage A.2, sondern sie identifiziert systematisch bei jeder Bezugnahme auf diese Anlage den oder die genauen Punkte der Anlage, die das in der Klageschrift enthaltene Argument untermauern oder ergänzen. Zudem werden in der Klageschrift mehrfach ganze Auszüge der Anlage wiedergegeben. Folglich hat die Klägerin entgegen dem Vorbringen der Kommission keinen pauschalen Verweis auf Anlage A.2 vorgenommen, und daher ist die Klage insoweit zulässig. Zur Zulässigkeit der in Anlage A.2 enthaltenen Argumente 30 Nach Auffassung der Kommission ist Anlage A.2 unzulässig, da sie Argumente enthalte, die nicht in der Klageschrift übernommen worden seien. 31 Eine Prüfung von Anlage A.2 ergibt, dass die darin enthaltenen Argumente bereits in der Klageschrift ausdrücklich geltend gemacht worden sind. Zudem hat die Kommission die Argumente, die ihrer Meinung nach in der Anlage enthalten sind, ohne in der Klageschrift genannt worden zu sein, nicht identifiziert. 32 Folglich ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit der in Anlage A.2 enthaltenen Argumente zurückzuweisen. Zur Zulässigkeit des achten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht 33 Nach Auffassung der Klägerin geht aus den Ausführungen in den ersten sieben Klagegründen hervor, dass der angefochtene Beschluss im Hinblick auf Gesichtspunkte, die für die Beurteilung des Vorliegens einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit wesentlich seien, mit einem Begründungsmangel behaftet sei. 34 Auf die Frage des Gerichts in der Sitzung, ob die Erfordernisse der Klarheit und Präzision, wie sie sich aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung ergeben, gewahrt wurden, hat die Klägerin in ihrem Vorbringen zu diesem Klagegrund erklärt, sie habe eine komprimierte Darstellung verfolgt, als sie durch Verweis auf die anderen Klagegründe sieben Punkte identifiziert habe, die ihrer Meinung nach einen Begründungsmangel offenbarten. 35 In der vorliegenden Rechtssache stellt das Gericht fest, dass sich die Klägerin darauf beschränkt, allgemein auf die Ausführungen zu verweisen, die den anderen Klagegründen zugrunde liegen. Wie die Kommission zutreffend vorträgt, benennt die Klägerin nicht die Abschnitte des angefochtenen Beschlusses, die einen Begründungsmangel enthalten sollen, und sie legt auch nicht näher dar, weshalb diese Abschnitte es den Beteiligten nicht ermöglichen sollen, die Erwägungen der Kommission nachzuvollziehen. 36 Darüber hinaus sind die Verweise der Klägerin auf die anderen Klagegründe ausschließlich auf das Fehlen von Analysen oder Überprüfungen sowie Beurteilungsfehler gerichtet, und diese Rügen betreffen alle die Stichhaltigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses. 37 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 85). 38 Nach alledem ist festzustellen, dass dieser Klagegrund, wie dargelegt, den Erfordernissen der Klarheit und Präzision, wie sie sich aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung ergeben, nicht genügt. 39 Dieser Klagegrund ist deshalb für unzulässig zu erklären. Darüber hinaus rechtfertigen die Umstände des vorliegenden Falls es nicht, dass das Gericht die Frage, ob die Kommission der Begründungspflicht nachgekommen ist, von Amts wegen berücksichtigt. Zur Begründetheit 40 Die Klägerin stützt ihre Klage auf acht Klagegründe: – Mit dem ersten Klagegrund macht sie im Wesentlichen offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Feststellung eines Vorteils geltend. – Der zweite – hilfsweise geltend gemachte – Klagegrund stützt sich auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Vereinbarkeit der beanstandeten Beihilfen. – Der dritte, vierte und fünfte Klagegrund, die höchst hilfsweise geltend gemacht werden, stützen sich auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler im Stadium der Berechnung der Höhe der Beihilfe, weitere Fehler bei der Berechnung des Kapitals und der Zinsen sowie einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. – Der sechste – hilfsweise geltend gemachte – Klagegrund stützt sich auf einen Fehler bei der Bestimmung des Beihilfebegünstigten. – Mit dem siebten Klagegrund wird ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot geltend gemacht. – Der achte Klagegrund stützt sich auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht. 41 Die Klagegründe sind in der Reihenfolge zu prüfen, in der sie erhoben wurden, mit Ausnahme des sechsten Klagegrundes, der – wie die Klägerin vorschlägt – nach dem ersten Klagegrund zu prüfen ist, und des siebten Klagegrundes, der die sachliche Richtigkeit der Einstufung als rechtswidrige und unvereinbare Beihilfe betrifft und deshalb vor dem dritten Klagegrund zu prüfen ist, der die Berechnung der Höhe der Beihilfe betrifft. Der achte Klagegrund wurde vom Gericht bereits zurückgewiesen (siehe oben, Rn. 33 bis 39). Zum ersten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Feststellung eines Vorteils 42 Der erste Klagegrund besteht aus drei Teilen, mit denen offensichtliche Fehler der Kommission geltend gemacht werden: erstens durch ihre Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten, zweitens durch ihre Feststellung, dass die fraglichen Maßnahmen mehr als 80 % des Darlehensbetrags abdeckten, und drittens durch ihre Schlussfolgerung, dass die Klägerin keinen marktüblichen Preis gezahlt habe. – Zur Tragweite des ersten Klagegrundes und zu seiner Zulässigkeit, soweit er die Maßnahme 4 betrifft 43 Auf eine Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen und anschließend in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass sich der erste Klagegrund nicht nur auf die Maßnahme 1, sondern auch auf die Maßnahme 4 beziehe. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission geltend gemacht, dieser Klagegrund sei unzulässig, soweit er sich auf die Maßnahme 4 beziehe. 44 In diesem Zusammenhang zur Zulässigkeit des Klagegrundes, soweit er sich auf die Maßnahme 4 bezieht, im Hinblick auf die sich aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung ergebenden Erfordernisse der Klarheit und Präzision befragt, hat die Klägerin erklärt, die Maßnahme werde in der Klageschrift ausdrücklich genannt, nämlich bei der Antragstellung und in der Einführung zur Darlegung der Klagegründe. Außerdem seien im Rahmen des ersten Klagegrundes die allgemeinen Verweise auf „die Bürgschaft“ sowie die Erwähnung von „fraglichen Bürgschaftsmaßnahmen“ zwangsläufig so zu verstehen, dass sie sich gleichzeitig auf die Maßnahme 1 und die Maßnahme 4 bezögen. Zudem werde in dem Bericht, der in Anlage A.2 enthalten sei und der Untermauerung aller fraglichen Klagegründe einschließlich des ersten Klagegrundes diene, eine umfassende wirtschaftliche Bewertung der zwei Maßnahmen vorgenommen. Schließlich verweist die Klägerin auf den zweiten Klagegrund, mit dem sie geltend macht, dass es sich bei den Maßnahmen 1 und 4 um ein und dieselbe Beihilfemaßnahme handle. 45 Nach der oben in Rn. 28 angeführten ständigen Rechtsprechung ist es für die Zulässigkeit einer Klage gemäß Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insoweit reicht das bloße abstrakte Anführen eines Klagegrundes für die Erfordernisse der Verfahrensordnung nicht aus (Urteil vom 12. September 2018, De Geoffroy u. a./Parlament, T‑788/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:534, Rn. 72). 46 Im vorliegenden Fall weist die Klägerin als Einführung zu dem mit „Rechtliche Würdigung“ überschriebenen Abschnitt ihrer Klageschrift darauf hin, dass die Maßnahmen 1 und 4 ihrer Meinung nach keine staatliche Beihilfe darstellten, da das Vorliegen eines Vorteils nicht bewiesen sei. Folglich kann der erste Klagegrund, der sich auf den Nachweis des Vorliegens eines Vorteils bezieht, so ausgelegt werden, dass er sich gegen die Beurteilungen richtet, die die Kommission im Hinblick auf sowohl die Maßnahme 1 als auch die Maßnahme 4 vorgenommen hat. 47 Wie jedoch aus den oben in Rn. 45 dargelegten Grundsätzen hervorgeht, reicht es für die Zulässigkeit eines Klagegrundes nicht aus, dass er abstrakt genannt wird. Vielmehr müssen sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen er beruht, zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. 48 Die Umstände, die im Rahmen des ersten Klagegrundes in der Klageschrift dargelegt werden, beziehen sich an keiner Stelle ausdrücklich auf die Maßnahme 4. Das Vorbringen der Klägerin zum ersten Klagegrund, einschließlich des Verweises auf den in Anlage A.2 beigefügten Bericht, beruht ausschließlich auf der These, dass die Situation maßgeblich sei, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 im November 2009 vorgelegen habe, während die Situation am 10. November 2010, dem Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4, nicht erfasst wird. Soweit die Klägerin später in Beantwortung einer Frage des Gerichts auf ihr Vorbringen zum zweiten Klagegrund verweist, wonach es sich bei den Maßnahmen 1 und 4 in Wirklichkeit um ein und dieselbe Beihilfemaßnahme handle, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in der Klageschrift nicht zur Stützung des ersten Klagegrundes geltend gemacht wird. 49 Somit enthält die Klageschrift kein Vorbringen, das sich ausdrücklich gegen die Feststellung eines sich aus der Maßnahme 4 ergebenden Vorteils richtet. Überdies sind die Argumente, die zur Stützung des ersten Klagegrundes vorgebracht werden und sich gegen die Feststellung eines sich aus der Maßnahme 4 ergebenden Vorteils richten sollen, dem Wortlaut der Klageschrift nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen. 50 Somit ist der erste Klagegrund für unzulässig zu erklären, soweit er die Maßnahme 4 betrifft. – Zum ersten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten 51 Die Klägerin, unterstützt durch das Königreich Spanien, legt zunächst die Besonderheiten des Geschäftsmodells von Profifußballvereinen dar, das auf verschiedenen nichtfinanziellen Faktoren beruhe, wie z. B. ihren sozialen und pädagogischen Funktionen, denen der AEU-Vertrag zudem in Art. 165 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV Rechnung trage. Wie die LFP im Verwaltungsverfahren ist auch die Klägerin der Auffassung, dass angesichts dieser sektorspezifischen Besonderheiten die unveränderte Anwendung der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung im vorliegenden Fall nicht angemessen sei. Zudem hätte die Kommission nach Auffassung der Klägerin feststellen müssen, dass der Buchwert von Profifußballvereinen nicht zwangsläufig den Preis, den Kapitalgeber zu zahlen bereit seien, und die für den Fall eines Weiterverkaufs des Vereins zu erwartenden Gewinne abbilde. 52 Sodann beanstandet die Klägerin, dass die Kommission dem Marktwert der Spieler eines Fußballvereins bei der Beurteilung ihrer finanziellen Situation keine Bedeutung beigemessen habe. Insbesondere habe die Kommission den Unterschied zwischen dem Buchwert und dem Marktwert vernachlässigt, obwohl die Klägerin diesen Unterschied im Verwaltungsverfahren erläutert habe, und habe dem Wertverlust der Spieler im Fall eines Zwangsverkaufs infolge finanzieller Schwierigkeiten sowie der Instabilität, die sich aus der Verletzungsgefahr ergebe, gegen die die Klägerin versichert sei, übertriebene Bedeutung beigemessen. 53 Schließlich beruft sich die Klägerin auf die Solidität und Glaubhaftigkeit des Rentabilitätsplans von 2009, dessen Prognosen in Bezug auf die Einnahmen und Ausgaben angemessen seien, mit der Rentabilität vergleichbarer europäischer und spanischer Fußballvereine übereinstimmten und somit ausreichten, um das Funktionieren des Vereins auf einer tragfähigen Grundlage zu ermöglichen. Die Kommission könne sich insoweit nicht auf die Gefahr berufen, dass das verbürgte Darlehen von 2009 nicht zurückgezahlt werde, da die Fundación Valencia und nicht die Klägerin zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sei. Zudem hätten die Einnahmen die Prognosen des Rentabilitätsplans bei Weitem übertroffen, und diese Steigerung sei insbesondere auf die Durchführung eines Rundfunkvertrags zurückzuführen, der vor der Übernahme der Bürgschaft geschlossen worden sei. 54 Die Kommission macht geltend, keines der Argumente der Klägerin könne die Schlussfolgerung in Frage stellen, dass sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Maßnahmen in Schwierigkeiten befunden habe. 55 Zunächst erkenne die Rechtsprechung bei der Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen keine spezielle Ausnahme für Sport an. Zudem sei das vom IVF bei der Gewährung der fraglichen Maßnahmen erklärte Ziel unerheblich, da der Begriff der Beihilfe und der Begriff der finanziellen Schwierigkeiten objektiv seien. Jedenfalls habe die Kommission die maßgeblichen Aspekte des wirtschaftlichen Kontextes des Fußballsektors bei ihrer Prüfung des Rentabilitätsplans berücksichtigt. Der Umstand, dass Kapitalgeber bereit seien, Aktien von Vereinen zu erwerben, die einen negativen Buchwert aufwiesen, stelle nicht in Frage, dass vor einer solchen Investition zuverlässige und plausible Finanzprognosen erstellt werden müssten. Außerdem sei ihr im Verwaltungsverfahren kein Bericht über den Wert des Vermögens der Klägerin vorgelegt worden. 56 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin habe die Kommission den Marktwert ihrer Spieler sehr wohl berücksichtigt, doch sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass ihr gestiegener Wert die Schlussfolgerung, dass sich die Klägerin in Schwierigkeiten befinde, nicht entkräfte. Die von der Klägerin genannten Beispiele von Veräußerungen beträfen im Wesentlichen Transfers, die nach der Gewährung des vom IVF verbürgten Darlehens erfolgt seien, und bewiesen, dass dem Transfer eines Spielers lange Verhandlungen vorausgingen, was von Bedeutung sei, wenn die Veräußerung aufgrund finanzieller Schwierigkeiten schnell erfolgen müsse. Zudem könnten die Spieler nicht gleichzeitig transferiert werden, da sie nicht zum gleichen Zeitpunkt einen gestiegenen Marktwert erreichten. Auch wenn der Verein gegen das Verletzungsrisiko seiner Spieler versichert sei, wirke sich eine Verletzung auf den Verkaufswert des Spielers und mittelbar auf das finanzielle Ergebnis des Vereins aus. 57 Zum Rentabilitätsplan von 2009 macht die Kommission geltend, die Klägerin habe keinen Umstand vorgetragen, der die Feststellung in Frage stelle, wonach der Rentabilitätsplan zum einen keine Analyse der Anfälligkeit mit Bezug auf die Risiken beinhalte, die sich auf die finanziellen Ergebnisse der Klägerin auswirken könnten, und zum anderen Perspektiven zugrunde lege, die nicht geeignet seien, eine Rückkehr zu einer langfristigen Rentabilität zu ermöglichen. Ferner beanstandet die Kommission den vergleichenden und sektoralen Ansatz des Berichts, der Anlage A.2 beigefügt sei und zu dem Ergebnis komme, dass sich die Klägerin nicht in Schwierigkeiten befunden habe. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der Erwiderung sei die Frage, ob die Klägerin in der Lage sei, das verbürgte Darlehen zurückzuzahlen, maßgeblich, da die Klägerin Darlehensempfänger sei. 58 Die Kommission ist im speziellen Bereich der staatlichen Beihilfen durch die von ihr erlassenen Rahmen und Mitteilungen gebunden, soweit sie nicht von den Vorschriften des Vertrags abweichen (Urteil vom 2. Dezember 2010, Holland Malt/Kommission, C‑464/09 P, EU:C:2010:733, Rn. 47). Insbesondere dürfen diese Texte nicht in einem Sinne ausgelegt werden, durch den die Bedeutung der Art. 107 und 108 AEUV eingeschränkt würde oder der den mit diesen verfolgten Zielen zuwiderliefe (Urteil vom 11. September 2008, Deutschland u. a./Kronofrance, C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482, Rn. 61 und 65). 59 Zudem darf der Unionsrichter im Rahmen dieser Kontrolle nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen. Die Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission ausüben, ist nämlich eine beschränkte Kontrolle, in deren Rahmen nur geprüft werden darf, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 60 Nach ständiger Rechtsprechung stützt sich die Kommission bei der Feststellung, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, auf komplexe wirtschaftliche Beurteilungen, die nur einer eingeschränkten Kontrolle des Gerichts unterliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2008, Kahla/Thüringen Porzellan/Kommission, T‑20/03, EU:T:2008:395, Rn. 133; vom 3. März 2010, Freistaat Sachsen/Kommission, T‑102/07 und T‑120/07, EU:T:2010:62, Rn. 122 und 157; vom 12. Mai 2011, Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’agglomération du Douaisis/Kommission, T‑267/08 und T‑279/08, EU:T:2011:209, Rn. 153, und vom 3. Juli 2013, MB System/Kommission, T‑209/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:338, Rn. 37). 61 Indessen verfügt die Kommission zwar über ein weites Ermessen, dessen Ausübung Bewertungen wirtschaftlicher Art voraussetzt, die im Kontext der Union vorzunehmen sind. Dies bedeutet aber nicht, dass der Unionsrichter nicht überprüfen darf, wie die Kommission wirtschaftliche Daten ausgelegt hat. Nach der Rechtsprechung muss der Unionsrichter nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der angeführten Beweise prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 64 und 65, und vom 2. März 2012, Niederlande/Kommission, T‑29/10 und T‑33/10, EU:T:2012:98, Rn. 102). 62 Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission in den Erwägungsgründen 73 bis 77 des angefochtenen Beschlusses auf Rn. 10 Buchst. a und Rn. 11 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung, um die Klägerin ab dem Zeitpunkt der Anwendung der Maßnahme 1 als Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen. 63 Gemäß Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung befindet sich ein Unternehmen unabhängig von der Größe in Schwierigkeiten, „wenn bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist“. Rn. 11 bestimmt: „Selbst wenn keine der in Randnummer 10 genannten Voraussetzungen erfüllt ist, kann ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts.“ 64 Die Kommission stellt im 73. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zunächst fest, dass sich das Gesellschaftskapital der Klägerin in den drei Geschäftsjahren, die der Gewährung von Maßnahme 1 vorausgingen, zwar nicht verringert habe, doch sei das Nettovermögen der Klägerin zum Abschluss der Geschäftsjahre 2006/2007 und 2008/2009 negativ gewesen. Ferner stellt sie fest, dass „mehr als ein Viertel [des Gesellschaftskapitals] im Geschäftsjahr bis Juni 2009 verloren gegangen war“. Nach Auffassung der Kommission sind diese Umstände in der Gesamtschau ausreichend, um festzustellen, dass die Kriterien aus Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung erfüllt seien, da die Klägerin, wenn sie angemessene Maßnahmen ergriffen hätte, um ihr Vermögen wiederherzustellen, z. B. durch eine Kapitalisierung von Verlusten, das gesamte Gesellschaftskapital verloren hätte, weil das Gesellschaftskapital niedriger gewesen sei als die akkumulierten Verluste (74. Erwägungsgrund). 65 Sodann stellt die Kommission im 75. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass die in Rn. 11 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Kriterien ebenfalls erfüllt seien. Die Klägerin habe in den Geschäftsjahren 2006/2007 und 2008/2009 signifikante Verluste erlitten, die sich auf 26,1 Mio. Euro und 59,2 Mio. Euro beliefen, und ihr Umsatz habe sich um mehr als 20 % verringert, und zwar von 107,6 Mio. Euro (Geschäftsjahr 2006/2007) auf 82,4 Mio. Euro (Geschäftsjahr 2008/2009). Die Klägerin sei hoch verschuldet gewesen, wie sich im Schulden-Kapital-Verhältnis zeige, das im Juni 2008 bei 73,5 gelegen habe und im Juni 2007 und im Juni 2009 negativ gewesen sei. 66 Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob die in Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Kriterien erfüllt sind. Nur wenn die Kriterien nicht erfüllt sind, ist gegebenenfalls die Situation der Klägerin im Hinblick auf Rn. 11 der Leitlinien zu prüfen. 67 Um festzustellen, ob die Kriterien erfüllt sind, muss zunächst die Tragweite der Begriffe des Verschwindens und Verlorengehens von Gesellschaftskapital, die in Rn. 10 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung genannt sind (siehe oben, Rn. 63), näher bestimmt werden, da sie zwischen den Beteiligten u. a. im Hinblick auf die Feststellung im 73. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses streitig ist, wonach sich das Gesellschaftskapital der Klägerin vor der Gewährung von Maßnahme 1 nicht verringert habe (siehe oben, Rn. 64). Die Kommission hat insoweit in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Formulierung „mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden“ sei so zu verstehen, dass sie den Fall erfasse, in dem sich das Nettovermögen eines Unternehmens derart verringert habe, dass es weniger als die Hälfte des Gesellschaftskapitals betrage. Es sei unerheblich, dass der Wert des Gesellschaftskapitals konstant bleibe. Das Königreich Spanien macht dagegen geltend, die Kommission verwechsle die Begriffe „Gesellschaftskapital“ und „Eigenmittel“, so dass sie aufgrund der Feststellung im angefochtenen Beschluss, dass sich das Gesellschaftskapital der Klägerin nicht verringert habe, die Anwendung von Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung auf den vorliegenden Fall hätte ausschließen müssen. 68 Insoweit verweisen die Bestimmungen von Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung „analog“ auf Art. 17 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 1977, L 26, S. 1), nunmehr zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses Art. 19 der Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 2012, L 315, S. 74), der bestimmt, dass „[b]ei schweren Verlusten des gezeichneten Kapitals … die Hauptversammlung innerhalb einer durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmenden Frist einberufen werden [muss], um zu prüfen, ob die Gesellschaft aufzulösen ist oder andere Maßnahmen zu ergreifen sind“, wobei die Mitgliedstaaten die Höhe dieses Verlusts „nicht auf mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals festsetzen“ können. Im Rahmen der genannten Richtlinien wird der Begriff „gezeichnetes Kapital“ mit dem Begriff „Gesellschaftskapital“ verwechselt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2000, Diamantis, C‑373/97, EU:C:2000:150, Rn. 3 und 32). Angesichts des Ziels, das mit diesen Bestimmungen verfolgt wird und das die besondere Verpflichtung zur Einberufung der Hauptversammlung begründet, und der Systematik des Textes, in den die Bestimmungen eingebettet sind und der die Fälle der „Herabsetzung des [Gesellschaftsk]apitals“ deutlich und gesondert benennt und die diesbezügliche Zuständigkeit der Hauptversammlung bekräftigt, ergibt sich ganz offensichtlich, dass die „schweren Verluste des [Gesellschaftsk]apitals“, die in Art. 17 der Zweiten Richtlinie 77/91 genannt sind, nicht mit einer Herabsetzung des Gesellschaftskapitals, die von den zuständigen Gesellschaftsorganen beschlossen wird, gleichgesetzt werden können, sondern den Fall einer Verringerung der Eigenmittel erfassen, die gegebenenfalls dazu führen kann, dass die genannten Gesellschaftsorgane beschließen, das Gesellschaftskapital der betreffenden Gesellschaft herabzusetzen. Angesichts der in Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung enthaltenen Verknüpfung mit den Bestimmungen der genannten Richtlinien sind die in Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien genannten Begriffe des Verschwindens und Verlorengehens von Gesellschaftskapital so auszulegen, dass sie mit dem Begriff „schwere Verluste des [Gesellschaftsk]apitals“, der in den Richtlinien genannt wird, im Einklang stehen. 69 Zudem hat das Gericht bereits entschieden, dass die Höhe der Eigenmittel ein maßgeblicher Indikator für die Feststellung ist, ob Gesellschaftskapital im Sinne von Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung verschwunden oder verloren gegangen ist, auch wenn keine Verringerung des Gesellschaftskapitals festgestellt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, EU:T:2005:221, Rn. 196, und vom 3. März 2010, Freistaat Sachsen/Kommission, T‑102/07 und T‑120/07, EU:T:2010:62, Rn. 106). 70 Nach alledem ist festzustellen, dass sich die Kommission auf die Höhe der Eigenmittel der Klägerin stützen konnte, um festzustellen, ob die in Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Kriterien erfüllt waren. 71 Im vorliegenden Fall stellt die Kommission im 73. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass sich aus den finanziellen Ergebnissen der Klägerin zum Abschluss des Geschäftsjahrs 2008/2009 ein negatives Nettovermögen ergebe, da die Verluste insgesamt höher gewesen seien als das Gesellschaftskapital. Ebenfalls im 73. Erwägungsgrund stellt die Kommission fest, dass „mehr als ein Viertel [des Gesellschaftskapitals] im Geschäftsjahr bis Juni 2009 verloren gegangen war“. Diese Feststellung wird durch die finanziellen Ergebnisse der Klägerin untermauert, die im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben werden. Die Eigenmittel der Klägerin betrugen nämlich im Juni 2008 etwas mehr als die Hälfte ihres Gesellschaftskapitals (5,9 bzw. 9,2 Mio. Euro) und wurden, wie bereits dargelegt, im Juni 2009 negativ, was dazu führte, dass mehr als die Hälfte – und somit erst recht mehr als ein Viertel – des Gesellschaftskapitals im Geschäftsjahr 2008/2009 „verloren ging“. 72 Weiterhin ist zu prüfen, ob die drei Argumente, die die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils geltend macht und die erstens die Besonderheiten des Profifußballsektors, zweitens die Verkennung des Marktwerts der Spieler der Klägerin und drittens die Solidität und Glaubhaftigkeit des Rentabilitätsplans von 2009 betreffen, ganz oder teilweise geeignet sind, das Ergebnis der Kommission in Frage zu stellen, wonach die Klägerin aufgrund der Höhe ihrer Eigenmittel im Hinblick auf die in Rn. 10 Buchst. a der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Kriterien ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. 73 Als Erstes ist zunächst zu den Besonderheiten des Profifußballsektors festzustellen, dass Art. 165 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV bestimmt: „Die Union trägt zur Förderung der europäischen Dimension des Sports bei und berücksichtigt dabei dessen besondere Merkmale … sowie dessen soziale und pädagogische Funktion.“ 74 Zwar setzen die in Art. 165 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV festgelegten Anforderungen voraus, dass die Kommission gegebenenfalls die Vereinbarkeit einer Beihilfe im Hinblick auf das Ziel, den Sport zu fördern, im Rahmen ihres in diesem Stadium weiten Ermessens prüft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2016, Magic Mountain Kletterhallen u. a./Kommission, T‑162/13, nicht veröffentlicht,EU:T:2016:341, Rn. 79 und 80), doch in der Vorphase der Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe unterscheidet Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen (Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato Venezia vuole vivere u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 94). 75 Der Gerichtshof hat insoweit zu der sich aus dem AEU-Vertrag ergebenden Notwendigkeit, die Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen, entschieden, dass sie die Nichteinbeziehung einer Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht rechtfertigt, da eine zweckdienliche Berücksichtigung solcher Erfordernisse auf jeden Fall bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Maßnahme gemäß Art. 107 Abs. 3 AEUV erfolgen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 92). 76 Zudem wird die wirtschaftliche Natur des Fußballspiels von Profivereinen, die das Gericht bereits anerkannt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2005, Piau/Kommission, T‑193/02, EU:T:2005:22, Rn. 69), von der Klägerin nicht bestritten. 77 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission nach Art. 165 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV nicht verpflichtet war, anderen Besonderheiten der Klägerin – in ihrer Eigenschaft als Profifußballverein – als denjenigen, die für die Prüfung des objektiven Begriffs „Unternehmen in Schwierigkeiten“ unmittelbar maßgeblich sind, Rechnung zu tragen. 78 Dennoch wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe durch ihr Vorgehen eine Reihe von Faktoren außer Acht gelassen, die als „nichtfinanziell“ und als Besonderheit des Geschäftsmodells von Profifußballvereinen beschrieben werden, wie z. B. die Bedeutung der sportlichen Leistung oder die Zahl der Anhänger und Abonnenten. 79 Die Klägerin beruft sich hier nur auf Parameter, die sich unmittelbar auf die wirtschaftliche Leistung und somit die finanziellen Ergebnisse eines Profifußballvereins beziehen. Ferner bezieht die Klägerin sich in ihren Schriftsätzen auf den bedeutenden Rückgang ihrer Einnahmen aufgrund ihrer Nichtteilnahme an der Champions League der Union des associations européennes de football (UEFA) in der Saison 2008-2009. Somit trägt die von der Kommission durchgeführte Prüfung der finanziellen Ergebnisse der Klägerin zwangsläufig den oben genannten Parametern Rechnung, da sie sich auf die finanzielle Solidität der Klägerin auswirken. 80 Außerdem hat die Kommission bei ihrer Prüfung des Rentabilitätsplans von 2009 mehrere dieser Faktoren ausdrücklich genannt, wie z. B. die sportliche Leistung und die Möglichkeiten der Anhänger, Abos oder Eintrittskarten für Spiele zu kaufen (110. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Das Vorbringen der Klägerin ist somit sachlich unzutreffend. 81 Überdies stützt sich das Vorbringen der Klägerin auf allgemeine Behauptungen, die sich auf den gesamten Sektor beziehen und nicht geeignet sind, die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf die spezielle wirtschaftliche und finanzielle Lage der Klägerin in Frage zu stellen. 82 Die Klägerin macht ferner geltend, der Buchwert von Profifußballvereinen gebe nicht zwangsläufig ihren Kauf- oder Weiterverkaufspreis wieder. Private Kapitalgeber seien bereit, hohe Summen zu zahlen, um die Kontrolle von Fußballvereinen zu übernehmen, deren Buchwert negativ sei. 83 Die Klägerin beschränkt sich jedoch darauf, im Zusammenhang mit dieser Behauptung zwei englische Fußballvereine, die mit einem negativen Buchwert zwischen 2007 und 2009 weiterverkauft worden seien, als Beispiele anzuführen. Jedenfalls ist ein solches Vorbringen, da es derart allgemein gefasst ist, nicht geeignet, die Feststellung zu widerlegen, die die Kommission nach der Prüfung der individuellen Situation der Klägerin getroffen hat (siehe oben, Rn. 64 und 65), da der Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten ausschließlich anhand der konkreten Symptome der finanziellen und wirtschaftlichen Situation des in Rede stehenden Unternehmens zu beurteilen ist (Urteil vom 6. April 2017, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑219/14, EU:T:2017:266, Rn. 184). 84 Als Zweites ist zum Vorbringen, die Kommission habe bei der Beurteilung der finanziellen Situation der Klägerin den Marktwert ihrer Spieler verkannt, vorab festzustellen, dass die Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung in ihrer hier maßgeblichen Fassung in der französischen Sprachversion bestimmen, dass die Kommission „grundsätzlich“ („en principe“) davon ausgeht, dass sich ein Unternehmen bei Vorliegen der in Rn. 10 Buchst. a genannten Fälle in Schwierigkeiten befindet. Insoweit hat die Kommission eine Orientierung gegeben, deren Formulierung die Möglichkeit einräumt, dass sie davon abweicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. April 2017, Saremar/Kommission, T‑220/14, EU:T:2017:267, Rn. 174 [nicht veröffentlicht]). 85 Wie zudem Rn. 9 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung zu entnehmen ist, bezeichnet der Begriff eines Unternehmens in Schwierigkeiten ein Unternehmen, das nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift. Zwar ist die Kommission berechtigt, in den Rn. 10 und 11 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung bestimmte Symptome zu benennen, die besonders deutlich auf finanzielle Schwierigkeiten hinweisen und den Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten konkret veranschaulichen, doch kann sie nicht auf das Ermessen verzichten, über das sie bei der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten verfügt, wie im vorliegenden Fall bei der Prüfung der finanziellen Situation der Klägerin (siehe oben, Rn. 60). 86 Dies vorausgeschickt, ist zunächst festzustellen, dass die Kommission weder den Marktwert noch den Buchwert der Spieler der Klägerin außer Acht gelassen hat, da sie sie bei der Feststellung berücksichtigt hat, dass das Rating der Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Maßnahmen nicht unterhalb die Kategorie CCC gefallen sein könnte (Erwägungsgründe 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses). 87 Die Kommission gibt jedoch im 82. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, dass „der relativ hohe Buchwert der Fußballspieler des FC Valencia (Vermögenswerte) nicht bedeutet, dass der Verein keine finanziellen Schwierigkeiten durchmachte“. Sie weist insoweit darauf hin, dass „der Wert dieser Spieler des FC Valencia bei einem Zwangsverkauf … relativ gering [ist], weil die Käufer die finanziellen Schwierigkeiten des Verkäufers (FC Valencia) ausnutzen würden, um die Preise zu drücken“. Außerdem hänge der Marktwert der Spieler stark von zufallsbedingten Gegebenheiten ab, wie z. B. Verletzungen. 88 Folglich hat sich die Kommission zwar entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht geweigert, den Marktwert ihrer Spieler zu berücksichtigen, um in den Erwägungsgründen 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass das Rating der Klägerin nicht unterhalb die Kategorie CCC gefallen sein könnte, doch hat sie im 82. Erwägungsgrund in Anbetracht der Gefahr einer Abwertung im Fall eines Zwangsverkaufs sowie zufallsbedingter Gegebenheiten, die die Volatilität des Werts der Spieler erhöhten, festgestellt, dass das Vorhandensein dieser Vermögenswerte ihr Ergebnis nicht in Frage stelle, wonach die Klägerin ein Unternehmen in Schwierigkeiten sei. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission erklärt, sie habe sich für die Feststellung, ob sich die Klägerin in Schwierigkeiten befunden habe, ausschließlich auf den Buchwert ihrer Spieler gestützt und sei aus den oben dargelegten Gründen zu dem Ergebnis gekommen, dass der Marktwert nicht relevant sei. 89 Folglich ist zu prüfen, ob die von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen der Tragweite und Verlässlichkeit der Bewertung der Spieler der Klägerin zu ihrem Marktwert mit offensichtlichen Fehlern behaftet sind. 90 Was erstens die Gefahr eines Wertverlusts der Spieler im Fall eines Zwangsverkaufs betrifft, ist vorab festzustellen, dass unabhängig von der Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten feststeht, dass die Klägerin jedenfalls zum Abschluss des Geschäftsjahrs 2008/2009 Finanzbedarf hatte. Es ist nachvollziehbar, dass eine solche Situation, insbesondere wenn sie einem potenziellen Käufer bekannt ist, von diesem instrumentalisiert wird, um einen Weiterverkaufswert der Spieler auszuhandeln, der unter ihrem geschätzten Marktwert liegt. 91 Die vorstehende Feststellung wird durch die von der Klägerin angeführten Beispiele von Spielertransfers, die zu einem Preis erfolgt seien, der annähernd dem geschätzten Marktwert entsprochen habe, nicht in Frage gestellt. Zum einen betrifft die Mehrzahl der angeführten Beispiele entweder den Zeitraum nach der Entscheidung, die Maßnahme 1 zu gewähren, oder einen Zeitraum vor dem im angefochtenen Beschluss geprüften Zeitraum oder ein Geschäftsjahr, in dem sich die finanziellen Ergebnisse der Klägerin verbessert haben sollen. Diese Beispiele sind somit nicht geeignet, die Feststellung zu entkräften, dass im Fall erwiesener und bekannter finanzieller Schwierigkeiten, wie sie zum Abschluss des Geschäftsjahrs 2008/2009 festgestellt wurden, die Vereine, mit denen die Klägerin einen Transfer verhandelt, diese Information ausnutzen würden, um einen Preis zu erzielen, der unter dem Marktwert des betreffenden Spielers liegt. Zum anderen verweist die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage zwar auf einen Transfer, der kurz vor der Gewährung der Maßnahme 1 zu einem Preis oberhalb des geschätzten Marktwerts des Spielers stattfand, doch handelt es sich, wie die Kommission zu Recht feststellt, um ein isoliertes Beispiel, und außerdem fand umgekehrt zum gleichen Zeitpunkt ein Transfer zu einem Preis unterhalb des geschätzten Marktwerts statt. 92 Zweitens ist zur Volatilität des Marktwerts der Spieler angesichts etwaiger, sie betreffender zufallsbedingter Gegebenheiten festzustellen, dass diese Überlegung nachvollziehbar ist. Das Vorbringen der Klägerin kann diese Feststellung nicht in Frage stellen Zum einen ist der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, sie sei gegen das Risiko des Todes oder der dauernden Vollinvalidität ihrer Spieler versichert, nicht geeignet, die Klägerin vor dem Risiko eines Wertverlusts ihrer Spieler im Zusammenhang mit einer Verletzung zu schützen, die die Leistung des betreffenden Spielers nur vorübergehend mindert. Relativiert werden muss zum anderen die Tragweite des Vorbringens der Klägerin, die Volatilität des Marktwerts eines Spielers werde dadurch ausbalanciert, dass es auf die Mannschaft insgesamt ankomme. Wie nämlich die Kommission zu Recht geltend macht, ist die Leistung eines Spielers und somit sein Wert zumindest teilweise vom Zustand und der Leistung des Rests seiner Mannschaft abhängig. 93 Überdies kann sich die Kommission im Rahmen des Ermessens, über das sie bei der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten verfügt, dafür entscheiden, bei der Beurteilung der finanziellen Situation eines Unternehmens der Bewertung seiner den Buchführungsunterlagen zu entnehmenden Vermögenswerte den Vorrang einzuräumen, da diese Bewertung konservativer ist als eine Bewertung auf der Grundlage einer Schätzung des Marktpreises. 94 Nach alledem sind die von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen der Tragweite und Verlässlichkeit der Bewertung der Spieler der Klägerin zu ihrem Marktwert mit keinen offensichtlichen Fehlern behaftet. 95 Als Drittes ist zur geltend gemachten Solidität und Glaubhaftigkeit des Rentabilitätsplans von 2009 festzustellen, dass dieses Argument, das im Rahmen des ersten Teils vorgebracht wird, mit dem ein Fehler bei der Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten beanstandet wird, auch den zweiten Klagegrund stützt, der hilfsweise erhoben wird und die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe betrifft. 96 Zwar können, wie aus Rn. 34 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung hervorgeht, Beihilfen für Unternehmen, die sich in Schwierigkeiten befinden, nur dann für vereinbar mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erklärt werden, wenn sie mit einem Umstrukturierungsplan verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, EU:C:2001:178, Rn. 45), doch sind das Vorliegen und der Inhalt eines solchen Plans im vorliegenden Fall auch Umstände, die für die Feststellung maßgeblich sind, ob sich im Hinblick auf Art. 107 Abs. 1 AEUV ein Vorteil aus der streitigen Bürgschaft ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission, T‑204/97 und T‑270/97, EU:T:2000:148, Rn. 72 bis 74). Die Aussichten auf eine Erholung der finanziellen Situation der Klägerin, die sich gegebenenfalls aus dem Rentabilitätsplan von 2009 ergeben, wirken sich nämlich zumindest mittelbar auf das Risiko der Aktivierung der Bürgschaft aus, da die Rückzahlung des zugrunde liegenden Darlehens durch die Fundación Valencia durch den Weiterverkauf der Aktien der Klägerin erfolgen sollte (siehe oben, Rn. 4), deren Wert zwangsläufig durch die finanzielle Situation der Klägerin beeinflusst wird. 97 Im vorliegenden Fall stellt die Kommission in den Erwägungsgründen 58 und 59 des angefochtenen Beschlusses fest, dass der Rentabilitätsplan zum einen keine Analyse der Anfälligkeit beinhalte und zum anderen auf Perspektiven beruhe, die nicht geeignet seien, eine Rückkehr zu einer langfristigen Rentabilität zu ermöglichen. 98 Was den ersten Grund betrifft, wird von der Klägerin nicht bestritten, dass der Rentabilitätsplan keine Analyse der Anfälligkeit enthielt. Die Klägerin macht jedoch geltend, die Projektionen des Rentabilitätsplans seien dennoch angemessen gewesen, da sie auf plausiblen Entwicklungen ihrer Einnahmen und Kosten beruhten. 99 Insoweit kann die von der Klägerin formulierte Kritik die im angefochtenen Beschluss genannte Begründung, die sich auf die fehlende Analyse der Anfälligkeit stützt, nicht in Frage stellen, und die Kommission konnte zu Recht davon ausgehen, dass das Fehlen der Analyse die fehlende Robustheit der Prognosen im Rentabilitätsplan bestätigt. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang nicht geltend, dass der Markt, auf dem sie tätig ist, Zufällen und Risiken in einem so geringen Maße ausgesetzt ist, dass es nicht erforderlich ist, verschiedene Szenarien zur Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen zu entwerfen, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprechen (vgl. hierzu Rn. 36 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung). 100 Überdies geht aus den Antworten der Klägerin auf die schriftlichen Fragen des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hervor, dass die Prognosen des Rentabilitätsplans, die er als „konservativ“ bezeichnet, in Wirklichkeit für eine Reihe von Parametern, insbesondere in Bezug auf die Einnahmen, auf Projektionen beruhen, die einem potenziellen Eintreten negativer Ereignisse in keiner Weise Rechnung tragen. 101 Was den zweiten Grund betrifft, der oben in Rn. 97 genannt wird, beanstandet die Klägerin die Analyse der Kommission und macht geltend, dass für die Rückkehr zu einer positiven Bilanz ein Horizont von fünf Jahren veranschlagt worden sei und die Rentabilität des Vereins mit den Durchschnittswerten übereinstimme, die in diesem Sektor zu beobachten seien. 102 Zunächst ist festzustellen, dass der zeitliche Horizont, den der Rentabilitätsplan von 2009 für eine Rückkehr zu einer positiven Bilanz vorsieht, nämlich fünf Jahre, nicht unangemessen erscheint, zumal die Kommission nichts Gegenteiliges vorgetragen hat. 103 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin im Wesentlichen darauf beruht, dass ihre finanziellen Ergebnisse nach der Umsetzung des Rentabilitätsplans mit der im Sektor festgestellten durchschnittlichen Rentabilität übereinstimmen würden, und dies trotz der Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss, wonach die Rentabilität der Klägerin sehr niedrig bleiben werde, in Anbetracht der Betriebsmarge und des Gewinns vor Steuern, die am Ende der Umsetzung des Rentabilitätsplans erwartet würden. 104 Wie die Kommission geltend macht, ist der Verweis auf eine durchschnittliche Rentabilität des Sektors nicht angebracht, da die Mitgliedstaaten andernfalls jede Investition in rückläufige, defizitäre oder durch eine niedrige Rentabilität gekennzeichnete Sektoren rechtfertigen könnten, sofern ihre Gewinnaussichten dem Durchschnittswert des Sektors entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2014, Spanien u. a./Kommission, T‑319/12 und T‑321/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:604, Rn. 44). Im vorliegenden Fall wird die Feststellung, dass die erwartete Rentabilität jedenfalls sehr niedrig bleiben werde, durch die von der Klägerin vorgetragenen Umstände, sofern sie den Nachweis dafür erbringen sollen, dass die im Rentabilitätsplan von 2009 erwartete Leistung dem Durchschnittswert des Sektors entspreche, nicht in Frage gestellt. 105 Nach alledem hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie feststellte, der Rentabilitätsplan von 2009 sei nicht solide und glaubhaft genug, um nachzuweisen, dass die Klägerin in der Lage sei, ihre finanzielle Situation zu verbessern. 106 Der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. – Zum zweiten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Feststellung, die Maßnahme 1 decke mehr als 80 % des zugrunde liegenden Darlehensbetrags ab 107 Die Klägerin, unterstützt vom Königreich Spanien, bestreitet, dass die Maßnahme 1100 % des von Bankia gewährten Darlehens in Höhe von 75 Mio. Euro abdeckt. Sie beruft sich insoweit auf den Wert der Anteile der Fundación Valencia an ihrem Kapital und das dem IVF eingeräumte Pfandrecht an diesen Anteilen, das unabhängig von der angewandten Bewertungsmethode zu einer Verringerung der Risikoposition des IVF auf unter 80 % der Darlehenssumme führe. 108 Das Königreich Spanien ergänzt, selbst wenn man annehme, dass die Bürgschaft 100 % des fraglichen Darlehens abdecke, sei dieser Deckungsbetrag durch die Bedingungen der Maßnahme 1 insgesamt gerechtfertigt, da man den Wert des Vereins, die dem IVF übertragenen erheblichen Kontrollrechte und -möglichkeiten der Klägerin, die Prognosen für die Beiträge und Einnahmen sowie den gestiegenen Wert der an IVF verpfändeten Aktien berücksichtigen müsse. 109 Im vorliegenden Fall stellte die Kommission im 86. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses fest, dass die streitige Bürgschaft mehr als 100 % des zugrunde liegenden Darlehens, d. h. den gesamten Darlehensbetrag plus Zinsen und Transaktionskosten, abdecke (8. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 110 Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen im Rahmen des vorliegenden Teils die Frage des Umfangs der durch die streitige Bürgschaft ermöglichten Absicherung der Verpflichtung der Fundación Valencia zur Rückzahlung des Darlehens der Bankia in Höhe von 75 Mio. Euro mit der davon zu unterscheidenden Frage des finanziellen Risikos vermischt, dem das IVF sich für den Fall aussetzt, dass die Fundación Valencia ihrer Rückzahlungsverpflichtung nicht nachkommt. Im ersten Fall handelt es sich um die Beurteilung der Frage, wozu das IVF rechtlich verpflichtet ist. Im zweiten Fall handelt es sich um die Beurteilung der Frage, welchem finanziellen Risiko das IVF ausgesetzt ist. 111 Wie die Kommission jedoch zu Recht geltend macht, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, wäre das IVF verpflichtet, den gesamten Betrag der fälligen Schuld zu zahlen, wenn Bankia das IVF als Bürgen in Anspruch nähme. Folglich deckte die Bürgschaft, die das IVF im Rahmen der Maßnahme 1 übernahm, 100 % des fraglichen Darlehens ab. 112 Im Übrigen wäre die Auslegung, die die Klägerin zum Deckungsumfang einer Bürgschaft vertritt und wonach der Wert der Rückbürgschaften, die vom staatlichen Bürgen aktiviert werden können, integriert wird, nicht mit dem Ziel vereinbar, das mit der Berücksichtigung dieses Parameters verfolgt wird, wie es Nr. 3.2 Buchst. c der Garantiemitteilung zu entnehmen ist. Ziel ist es nämlich, einen Anreiz für den Kreditgeber zu setzen, das mit der Kreditvergabe verbundene Risiko ordnungsgemäß zu bewerten, abzusichern und so gering wie möglich zu halten und insbesondere die Bonität des Kreditnehmers ordnungsgemäß zu prüfen. Der Umstand, dass einem Bürgen der öffentlichen Hand gewisse Rückbürgschaften gewährt werden, ist nämlich nicht geeignet, dem Kreditgeber einen Anreiz zu setzen, bei der Bewertung seines eigenen Risikos sorgfältiger vorzugehen. 113 Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen des Königreichs Spanien in Frage gestellt, wonach ein Deckungsumfang von mehr als 80 % des Betrags des zugrunde liegenden Darlehens im vorliegenden Fall durch die Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Bürgschaft gerechtfertigt sei. 114 Die Prüfung des ersten Teils dieses Klagegrundes hat nämlich ergeben, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als sie die Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten einstufte und den Rentabilitätsplan als nicht hinreichend solide und glaubhaft beurteilte. Folglich konnten weder der Wert des Unternehmens der Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 noch die im Rentabilitätsplan enthaltenen Prognosen für die Beiträge und Einnahmen und erst recht nicht die Rechte, die dem IVF zur Überwachung der Durchführung des Rentabilitätsplans übertragen worden waren, eine vollständige Abdeckung der gesamten Darlehenssumme rechtfertigen. Was den Wert der an IVF verpfändeten Aktien betrifft, kann angesichts der Ausführungen oben in Rn. 112 der Umstand, dass der Bürge der öffentlichen Hand über eine Rückbürgschaft verfügt, die einen bestimmten Wert hat, für sich genommen nicht rechtfertigen, dass der Betrag des zugrunde liegenden Darlehens vollständig abgedeckt wird. 115 Nach alledem ist der vorliegende Teil zurückzuweisen. – Zum dritten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Feststellung, die Maßnahme 1 sei nicht zu einem marktüblichen Preis gewährt worden 116 Die Klägerin, unterstützt vom Königreich Spanien, ist der Auffassung, die Kommission habe sich auf Zinssätze für vergleichbare Darlehen und Kredite, die sie im Zeitraum 2008-2009 erhalten habe, beziehen müssen und die Anwendung der „klassischen Methode“ der Ratingagenturen sei für den vorliegenden Fall ungeeignet. Der durchschnittliche Zinssatz, mit dem sich die Klägerin in diesem Zeitraum finanziert habe, entspreche der Summe aus dem Mindestsatz, der in dem mit Bankia geschlossenen Darlehensvertrag vereinbart worden sei, und dem Zinssatz für die dem IVF gezahlte Bürgschaftsprämie. Der Euribor und im weiteren Sinne die Zinssätze, die auf dem Markt angeboten würden, seien zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 im November 2009 gefallen, und dieser Umstand sei von der Kommission nicht berücksichtigt worden. In der Erwiderung hat die Klägerin erklärt, ein Darlehen, das der Höhe nach dem Darlehen vergleichbar sei, das ihm Bankia gewährt habe, sei zu einem vergleichbaren Zinssatz bewilligt worden. 117 Nach Auffassung des Königreichs Spanien beweisen der Umstand, dass die Maßnahme 1 erst mehrere Wochen nach der Überweisung des Darlehensbetrags an die Fundación Valencia in Kraft getreten sei, sowie die wiederholte Aussetzung seiner Wirkungen infolge von Gerichtsentscheidungen, dass das Darlehen der Bankia unabhängig von einer Bürgschaft der öffentlichen Hand hätte gewährt werden können. Die Bürgschaftsprämie, die dem IVF gezahlt worden sei, entspreche in Wirklichkeit dem Wert der Rückbürgschaften, die den IVF abgesichert hätten. 118 Die Kommission macht geltend, mangels vergleichbarer beobachteter Transaktionen auf dem Markt habe sie im Einklang mit der Mitteilung über die Referenzsätze den Referenzsatz verwendet, der für ein Unternehmen gelte, das sich in einer Situation wie die Klägerin befinde, d. h. dessen Rating der Kategorie CCC entspreche. Die Kommission bestreitet die Relevanz der von der Klägerin angeführten Vergleiche mit anderen Kreditgeschäften, an denen sie im Zeitraum 2008-2009 beteiligt gewesen sei, angesichts der Besonderheiten dieser Geschäfte und insbesondere des Umstands, dass der Kreditbetrag dieser Geschäfte sehr viel niedriger gewesen sei als das durch die Maßnahme 1 verbürgte Darlehen. Zudem sei im Verwaltungsverfahren nicht auf diese Darlehen Bezug genommen worden. Was die fallende Tendenz des Euribor betreffe, so sei seine Entwicklung zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 nicht vorhersehbar gewesen. 119 In der Gegenerwiderung macht die Kommission geltend, die Entscheidung der Klägerin, den Bau eines neuen Stadions im Februar 2009 auszusetzen, sei ein Wendepunkt gewesen, und die Chancen, dass die Klägerin ein Darlehen erhalte, seien vor diesem Zeitpunkt höher gewesen, zumal das Geschäftsjahr 2007/2008 mit Gewinn abgeschlossen worden sei. Was speziell das von der Klägerin angeführte Beispiel eines Darlehens betreffe, dessen Betrag annähernd so hoch gewesen sei wie derjenige des Darlehens der Bankia, so werde die Analyse der Kommission dadurch keineswegs in Frage gestellt, sondern vielmehr bestätigt, da der Wert der Bürgschaften, die dem Darlehensgeber angeboten worden seien, höher gewesen sei als der Wert der Aktien, die im Rahmen des Darlehens der Bankia verpfändet worden seien, und auch ein höherer Zinssatz angewandt worden sei. Zudem bestätige dieses Beispiel die Schwierigkeiten der Klägerin bei der Mobilisierung ausreichender Finanzmittel, einschließlich durch Verpfändung ihrer wertvollsten Vermögenswerte. 120 In Erwiderung auf das Vorbringen des Königreichs Spanien im Streithilfeschriftsatz erklärt die Kommission, der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Maßnahme 1 sei nicht relevant, da erwiesen sei, dass das IVF sich verpflichtet habe, die streitige Bürgschaft zu übernehmen, bevor Bankia der Fundación Valencia das Darlehen gewähre. 121 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, erlangt der Kreditnehmer, für dessen Darlehen die staatlichen Stellen eines Mitgliedstaats eine Bürgschaft übernehmen, normalerweise einen finanziellen Vorteil, da die ihm entstandenen finanziellen Kosten geringer sind als diejenigen, die ihm entstanden wären, wenn er sich die gleichen Finanzmittel und die gleiche Bürgschaft zu Marktpreisen hätte verschaffen müssen (Urteile vom 8. Dezember 2011, Residex Capital IV, C‑275/10, EU:C:2011:814, Rn. 39, und vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 96). 122 Gemäß Nr. 3.2 Buchst. d der Garantiemitteilung ist zur Ermittlung des entsprechenden marktüblichen Entgelts den Merkmalen der Garantie und des Kredits Rechnung zu tragen. Dazu gehören u. a. der Betrag und die Laufzeit der Transaktion, die vom Kreditnehmer geleistete Sicherheit und andere sich auf die Bewertung der Einbringungsquote auswirkende Aspekte, die Ausfallwahrscheinlichkeit aufgrund der finanziellen Lage des Kreditnehmers, der Geschäftsbereich des Kreditnehmers und Prognosen. 123 Wird für die Garantie ein Entgelt gezahlt, das mindestens der entsprechenden, als Vergleichsmaßstab dienenden Garantieprämie auf den Finanzmärkten entspricht, so umfasst die Garantie keine staatliche Beihilfe (vgl. Nr. 3.2 Buchst. d Abs. 2 der Garantiemitteilung). Lässt sich auf den Finanzmärkten keine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab finden, so sind die gesamten Finanzierungskosten des garantierten Kredits einschließlich der Kreditzinsen und der Garantieprämie mit dem marktüblichen Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit zu vergleichen (vgl. Nr. 3.2 Buchst. d Abs. 3 der Garantiemitteilung). Kann kein marktübliches Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit herangezogen werden, ist der Referenzsatz anzuwenden, der im Einklang mit der Mitteilung über die Referenzsätze festgelegt wird (vgl. Nr. 4.2 Abs. 2 der Garantiemitteilung). 124 Im vorliegenden Fall stellte die Kommission in Buchst. c des 86. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses fest, dass man nicht davon ausgehen könne, dass die dem IVF gezahlte Bürgschaftsprämie die finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin und das damit verbundene Risiko des Zahlungsverzugs für die verbürgten Darlehen widerspiegle. Zuvor hatte die Kommission im 85. Erwägungsgrund festgestellt: „Wenn der Kreditnehmer außerdem ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist, dann würde er ohne die Bürgschaft der öffentlichen Hand kein kreditwilliges Finanzinstitut finden.“ 125 An keiner Stelle legt die Kommission in diesen Erwägungsgründen und auch nicht in den Ausführungen zur Feststellung eines Vorteils (Nr. 7.1.2 des angefochtenen Beschlusses) dar, anhand welches Marktpreises sie die fragliche Prämie bewertet. Ebenso wenig prüft die Kommission in diesem Stadium das Pfandrecht, das dem IVF als Rückbürgschaft eingeräumt wurde (siehe oben, Rn. 4). Allgemein beschränkt sich die Kommission darauf, eine Bewertung der finanziellen Situation der Klägerin vorzunehmen und daraus zu folgern, dass die Höhe der an den IVF gezahlten Bürgschaftsprämie nicht den Marktbedingungen entspreche. Auf eine entsprechende Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat die Kommission bestätigt, sie sei der Auffassung gewesen, angesichts der finanziellen Situation der Klägerin, einem Unternehmen in Schwierigkeiten, habe es keinen Marktpreis gegeben, der als Referenz für die an den IVF gezahlte Bürgschaftsprämie habe dienen können. 126 Bei der Feststellung, ob die dem IVF gezahlte Prämie einen Vorteil enthielt, hat die Kommission somit nicht alle maßgeblichen Merkmale der Bürgschaft und des zugrunde liegenden Darlehens, insbesondere die vom Kreditnehmer geleisteten Sicherheiten, berücksichtigt und auch nicht nach einem Marktpreis gesucht, mit dem sich die fragliche Prämie vergleichen ließ, da sie der Auffassung war, dass für ein Unternehmen in Schwierigkeiten ein solcher Marktpreis nicht existiere. 127 Zu diesem letzten Punkt ist festzustellen, dass die Auffassung, es gebe keinen Marktpreis, der als Referenz dienen könne, wenn die verbürgte Transaktion zugunsten eines Unternehmens in Schwierigkeiten erfolge, Nr. 4.1 Buchst. a der Garantiemitteilung widerspricht, der die Berechnung des Beihilfeelements von Garantien regelt, die Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt werden. In der Garantiemitteilung differenziert die Kommission nämlich zwischen den Situationen von Unternehmen in Schwierigkeiten auf der Grundlage ihres Ausfallrisikos, das nicht bei allen gleich ist. Die Garantiemitteilung unterscheidet insoweit zwischen dem Fall, in dem ein Garant auf dem Markt existiert, und dem Fall, in dem er wahrscheinlich nicht existiert. Folglich wird anerkannt, dass ein Marktpreis auch dann existieren kann, wenn die Garantie einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt wird. 128 Insofern stellt die Kommission im 80. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass sich die Klägerin „nach der Definition in Absatz 2.2 und Absatz 4.1 Buchstabe a der Garantiemitteilung … nicht in Schwierigkeiten befunden habe“, nachdem sie in den Erwägungsgründen 74 und 77 festgestellt hatte, dass die Klägerin nach Rn. 10 Buchst. a und Rn. 11 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung ein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei. Insoweit hat sich die Kommission auch die oben in Rn. 127 dargelegte Lesart von Nr. 4.1 Buchst. a der Garantiemitteilung zu eigen gemacht, wonach bei Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung je nach Ausfallrisiko zwei Unterkategorien von Unternehmen zu unterscheiden sind. Dies wird in der spanischen Fassung des angefochtenen Beschlusses, die die einzige verbindliche Fassung ist, noch offensichtlicher, da im 80. Erwägungsgrund das Fehlen einer „schweren Krisensituation“ („situación de crisis grave“) festgestellt wird, wobei das Adjektiv „schwer“ („grave“) den Begriff „Krise“ („crisis“) qualifiziert und die im 80. Erwägungsgrund beschriebene Situation deutlicher von der Situation unterscheidet, die in den Erwägungsgründen 74 und 77 des angefochtenen Beschlusses gemeint ist und eine Kategorie von Unternehmen betrifft, die im Sinne der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung in Schwierigkeiten sind, sich jedoch nicht in einer schweren Krisensituation im Sinne von Nr. 4.1 Buchst. a der Garantiemitteilung befinden. 129 Außerdem ist Nr. 3.3 der Garantiemitteilung entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht zu entnehmen, dass es für Garantien, die Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt werden, keinen Marktpreis gibt. Nr. 3.3 betrifft nämlich das vereinfachte Bewertungsverfahren, das ausnahmsweise bei kleinen und mittleren Unternehmen angewandt werden kann, und enthält lediglich den Hinweis, dass dieses Verfahren nicht auf Unternehmen anwendbar ist, deren Bonität mit CCC/Caa oder schlechter eingestuft ist. 130 Ungeachtet der oben in Rn. 126 festgestellten Versäumnisse in dem Teil des angefochtenen Beschlusses, der die Feststellung des Vorliegens einer Beihilfe betrifft, nimmt die Kommission allerdings im 93. Erwägungsgrund im Rahmen der Quantifizierung der streitigen Beihilfe eine detailliertere Prüfung vor. Zwar prüft die Kommission nicht, ob es eine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab auf den Finanzmärkten gibt, doch verneint sie das Vorliegen eines marktüblichen Entgelts für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit (siehe oben, Rn. 123) aufgrund der „begrenzte[n] Anzahl vorliegender ähnlicher Vorgänge auf dem Markt“, die „keinen signifikanten Vergleich zulässt“. Sie wendet sodann im Einklang mit Nr. 4.2 der Garantiemitteilung den Referenzsatz an, der nach der Mitteilung über die Referenzsätze anwendbar ist (siehe oben, Rn. 123), indem sie ihn mit den gesamten Finanzierungskosten des garantierten Kredits einschließlich der Kreditzinsen und der Garantieprämie vergleicht. Schließlich berücksichtigt die Kommission die Verpfändung der Aktien der Klägerin und kommt zu dem Ergebnis, dass ihr Wert praktisch nichtig sei und folglich keine Auswirkung auf den vorliegend anzuwendenden Referenzsatz habe. 131 Was insbesondere die Feststellung betrifft, es habe nicht ausreichend vergleichbare Transaktionen gegeben, um einen aussagekräftigen Vergleich vorzunehmen, hat das Gericht die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen zu Art und Ausmaß der Untersuchungen befragt, die von ihr durchgeführt wurden, um zu diesem Ergebnis zu gelangen. Auf diese Frage hat die Kommission zunächst im Hinblick auf eine etwaige als Vergleichsmaßstab dienende Garantieprämie erklärt, Finanzinstitute würden keine Transaktionen unterstützen, die derart riskant seien wie jene, bei denen eine Bürgschaft für Unternehmen mit einem CCC‑Rating zu übernehmen sei, und die Verwaltungsakte enthalte keinen gegenteiligen Hinweis. Was ein etwaiges marktübliches Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit betreffe, hätte die administrative Untersuchung keine Informationen zu Zinssätzen von Darlehen zutage gebracht, die in vergleichbaren Situationen gewährt worden seien. In der mündlichen Verhandlung erneut zu diesem Punkt befragt, verwies die Kommission auf den Inhalt des Eröffnungsbeschlusses des förmlichen Prüfverfahrens, in dem sie ihren Zweifeln am Vorliegen eines Marktpreises für eine derartige Transaktion Ausdruck verliehen habe. 132 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich erstens, dass die Kommission nicht geprüft hat, ob es „eine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab auf den Finanzmärkten“ gab, da sie davon ausging, dass sich kein Finanzinstitut für ein Unternehmen in Schwierigkeiten verbürgen würde, und zweitens, dass die Kommission der Meinung war, ihren Untersuchungspflichten im Hinblick auf das Vorliegen eines marktüblichen Entgelts für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit dadurch nachgekommen zu sein, dass sie im Eröffnungsbeschlusses des förmlichen Prüfverfahrens ihren diesbezüglichen Zweifeln Ausdruck verliehen habe. 133 Wie jedoch bereits oben in Rn. 123 dargelegt, schreiben Nr. 3.2 Buchst. d und Nr. 4.2 der Garantiemitteilung vor, dass zunächst nach einem etwaigen Marktpreis gesucht wird, und zwar entweder auf der Ebene der Garantie oder auf der Ebene des zugrunde liegenden Darlehens, und die Bedingungen der streitigen Transaktion mit diesem Marktpreis verglichen werden müssen. Wie oben in Rn. 127 dargelegt, enthält die Garantiemitteilung keine allgemeine Annahme, der zufolge es im Fall eines Unternehmens in Schwierigkeiten keinen Marktpreis geben kann. 134 Folglich hat die Kommission, als sie unterstellte, dass sich kein Finanzinstitut für ein Unternehmen in Schwierigkeiten verbürgen würde und folglich keine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab auf dem Markt angeboten werde, gegen die Garantiemitteilung verstoßen, an die sie gebunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, Deutschland u. a./Kronofrance, C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482, Rn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus den gleichen Gründen hat die Kommission auch gegen ihre Verpflichtung verstoßen, eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei jeden im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob die Klägerin derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem privaten Wirtschaftsteilnehmer erhalten hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 73). 135 Ebenso hat die Kommission im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht aufgrund der „begrenzte[n] Anzahl vorliegender ähnlicher Vorgänge auf dem Markt“ ausgeschlossen, dass es ein marktübliches Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit gibt, denn aus den Antworten der Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens (vgl. oben, Rn. 131) geht hervor, dass diese Feststellung rechtlich nicht hinreichend substantiiert ist. 136 Insoweit ist der Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Wirtschaftsteilnehmers von der Kommission zu erbringen, die während des Verwaltungsverfahrens alle einschlägigen Informationen einzuholen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:186, Rn. 33 und 34, und vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 24). Zudem kann sich die Kommission zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung nicht auf die Lückenhaftigkeit der ihr im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen berufen, da sie nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel genutzt hat, um die erforderlichen Informationen zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 1994, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, C‑324/90 und C‑342/90, EU:C:1994:129, Rn. 29). Dies gilt umso mehr, wenn sich der angefochtene Beschluss nicht auf die Nichtvorlage von Beweismitteln, die die Kommission vom betreffenden Mitgliedstaat angefordert hatte, stützt, sondern auf die Feststellung, dass ein privater Wirtschaftsteilnehmer nicht wie die Behörden dieses Mitgliedstaats gehandelt hätte, wobei diese Feststellung voraussetzt, dass die Kommission über alle relevanten Beweismittel verfügte, die bei der Ausarbeitung ihrer Entscheidung erforderlich waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:186, Rn. 35). 137 Die Kommission hat sich jedoch darauf beschränkt, im Eröffnungsbeschluss des förmlichen Prüfverfahrens darauf hinzuweisen, dass sie bezweifle, dass vergleichbare Transaktionen stattgefunden hätten, ohne jedoch, obwohl sie nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens dazu befugt war, beim betreffenden Mitgliedstaat oder anderen Quellen Informationen zum Vorliegen von Darlehen anzufordern, die dem Darlehen vergleichbar waren, das der streitigen Transaktion zugrunde lag. Überdies beruft sich die Kommission auf keine andere im Verwaltungsverfahren erhaltene Information, die ihre Feststellung zum Fehlen vergleichbarer Transaktionen stützen könnte. 138 Nach alledem ist festzustellen, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlief, als sie zum einen feststellte, dass es auf dem Markt keine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab gebe, und zum anderen, dass kein marktübliches Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit existiere. Somit ist dem dritten Teil des ersten Klagegrundes stattzugeben. – Ergebnis zum ersten Klagegrund und zum Umfang der Nichtigerklärung 139 Das Gericht ist der Ansicht, dass der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes begründet ist und dem Klagegrund daher stattzugeben ist. 140 Zudem geht aus Rn. 50 des vorliegenden Urteils hervor, dass der vorliegende Klagegrund nur insoweit zulässig ist, als er die Maßnahme 1 betrifft. Somit betrifft der Klagegrund, dessen Begründetheit das Gericht geprüft und anschließend festgestellt hat, nur einen speziellen Aspekt der beanstandeten Handlung, nämlich die Maßnahme 1. 141 Folglich sind die verbleibenden Klagegründe nur insoweit zu prüfen, als sie die Maßnahme 4 betreffen. Zum sechsten Klagegrund: Fehler bei der Bestimmung des Beihilfebegünstigten 142 Die Klägerin beanstandet, die Kommission habe nicht festgestellt, dass Bankia die einzige und echte Begünstigte der Maßnahmen 1 und 4 sei, und diese Frage im angefochtenen Beschluss noch nicht einmal geprüft. In der Erwiderung erklärt die Klägerin, Bankia könne zumindest als mittelbare Mitbegünstigte der streitigen Beihilfen angesehen werden. 143 Die Klägerin verweist insoweit auf die finanziellen Interessen der Bankia bei der Durchführung des den fraglichen Maßnahmen zugrunde liegenden Darlehens. Zudem habe Bankia durch diese Transaktion Einfluss über die Fundación Valencia und mittelbar über die Klägerin erworben. Dadurch, dass ihr an den von der Fundación Valencia gehaltenen Aktien der Klägerin ein Pfandrecht eingeräumt worden sei, habe sie zudem ein Vetorecht in Bezug auf jegliche später geplanten Veräußerungen der Aktien des Vereins erworben. Die Beteiligung der Bankia an den Verhandlungen über die Übernahme der Klägerin durch Meriton 2014 (vgl. Erwägungsgründe 24 bis 28 des angefochtenen Beschlusses), insbesondere im Hinblick auf den Schutz ihrer finanziellen Interessen angesichts ihrer Eigenschaft als Hauptgläubigerin des Vereins, bestätige dies. 144 In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, wenn man annehme, dass die Beurteilung des Werts der Verpfändung durch die Kommission zutreffend sei, hätten die Maßnahmen 1 und 4 das Risiko ihrer Insolvenz und das sich daraus ergebende Risiko für Bankia als Hauptgläubigerin begrenzt. 145 Schließlich bestreitet die Klägerin, dass ihr Verkauf im Jahr 2014 eine Übertragung der in den Maßnahmen 1 und 4 enthaltenen Beihilfen auf den neuen Mehrheitsaktionär Meriton zur Folge gehabt habe. Da der Käufer das beihilfebegünstigte Unternehmen zu einem Marktpreis erworben habe, sei die Fundación Valencia – in ihrer Eigenschaft als Verkäuferin – oder Bankia als echte Beihilfebegünstigte anzusehen. 146 Vorab ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nur insoweit geprüft wird, als es den Begünstigten der Maßnahme 4 betrifft (siehe oben, Rn. 141). 147 Im Rahmen des sechsten Klagegrundes macht die Klägerin zunächst geltend, Begünstigte der Maßnahme 4 sei Bankia, und zwar entweder als ausschließliche Begünstigte oder als Mitbegünstigte der Maßnahme (erster Teil). Sodann trägt die Klägerin vor, angesichts ihres Verkaufs, der 2014 zu einem Marktpreis erfolgt sei, sei die Beihilfe auf den Verkäufer, im vorliegenden Fall die Fundación Valencia, oder auf Bankia – entweder als Mitbegünstigte zusammen mit der Fundación Valencia oder als ausschließliche Begünstigte – und nicht auf Meriton übergegangen (zweiter Teil). 148 In diesem Stadium ist der erste Teil des Klagegrundes zu prüfen, der die Identität des Begünstigten zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfemaßnahme betrifft. Der zweite Teil, der eine etwaige Übertragung der Beihilfe im Rahmen des Verkaufs der Klägerin betrifft, ist gegebenenfalls erst in einem späteren Stadium zu prüfen, um festzustellen, von welchem Unternehmen die Beihilfe zurückzufordern ist. Zudem wurde dieses Argument, das die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, auch im angefochtenen Beschluss in diesem Stadium geprüft (vgl. Erwägungsgründe 129 und 130 des angefochtenen Beschlusses). 149 Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 6 bis 8 hervor, dass die Maßnahme 1 aus einer Bürgschaft besteht, die gewährt wurde, um ein Darlehen abzusichern, das der Finanzierung einer Aufstockung des Kapitals der Klägerin diente. Dem zwölften Erwägungsgrund ist zu entnehmen, dass der Zweck der Maßnahme 4 die Aufstockung der übernommenen Bürgschaft war, um ein zusätzliches Darlehen abzusichern, das der Zahlung des Kapitals, der Zinsen und der Kosten der Nichtbezahlung der Zinsen gemäß dem ursprünglich im Rahmen des Darlehens festgelegten Zahlungsplan diente. 150 Art. 107 AEUV untersagt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, ohne danach zu unterscheiden, ob die aus der Beihilfe entstehenden Vorteile unmittelbar oder mittelbar gewährt werden (Urteil vom 4. März 2009, Italien/Kommission, T‑424/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:49, Rn. 108). Insoweit kann die Kommission die Zweckbestimmung, die gegebenenfalls zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme festgelegt wurde, berücksichtigen, um den Empfänger einer Beihilfe zu bestimmen. In einem solchen Fall ist es insbesondere möglich, dass der Beihilfeempfänger eine andere Person ist als diejenige, die das verbürgte Darlehen aufgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2003, Belgien/Kommission, C‑457/00, EU:C:2003:387, Rn. 56 und 57). Letztlich müssen zur Bestimmung des Empfängers einer staatlichen Beihilfe die Unternehmen identifiziert werden, die davon tatsächlich profitiert haben (Urteil vom 3. Juli 2003, Belgien/Kommission, C‑457/00, EU:C:2003:387, Rn. 55). 151 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 7 und 68 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der Zweck der vom IVF übernommenen Bürgschaft, wie er sich aus dem Beschluss des IVF über die Übernahme der Bürgschaft ergebe, darin bestanden habe, ein der Fundación Valencia gewährtes Darlehen abzusichern, das ausschließlich der Finanzierung der Aufstockung des Kapitals der Klägerin gedient habe. Die Klägerin bestreitet insoweit nicht, dass die Bürgschaft des IVF nur dann Anwendung finden sollte, wenn das verbürgte Darlehen für die Zwecke verwendet würde, die in dem Beschluss über die Übernahme der Bürgschaft genannt waren, d. h. die Beteiligung an der Aufstockung des Kapitals der Klägerin. Zudem steht fest, dass die Geldsummen, die im Rahmen des verbürgten Darlehens ausgezahlt wurden, tatsächlich für die Kapitalerhöhung der Klägerin verwendet wurden. 152 Was speziell die Maßnahme 4 betrifft, geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, dass das Ziel dieser Maßnahme ausschließlich darin bestand, der Fundación Valencia zu ermöglichen, weiterhin den Verpflichtungen nachzukommen, die ihr aufgrund des ursprünglich abgeschlossenen Darlehens oblagen. Das ursprünglich vereinbarte Darlehen diente jedoch allein dem Zweck, die Beteiligung der Fundación Valencia an der von der Klägerin beschlossenen Kapitalaufstockung zu ermöglichen, wie oben in Rn. 151 dargelegt. 153 Folglich hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass die Klägerin durch die Maßnahme 4 begünstigt war. 154 Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt. 155 Erstens stellt der Umstand, dass Bankia „Mitbegünstigte“ oder mittelbare Begünstigte der betreffenden Maßnahme sein könnte, als solcher die Feststellung, dass die Klägerin ebenfalls begünstigt wurde, nicht in Frage. Wie die Klägerin zu Recht in ihren Schriftsätzen geltend macht, kann ein und dieselbe Maßnahme ein Unternehmen unmittelbar und ein anderes Unternehmen mittelbar begünstigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, EU:C:2002:363, Rn. 61 und 62). Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, Bankia sei mittelbar durch die Maßnahme 4 begünstigt gewesen, als ins Leere gehend zurückzuweisen. 156 Jedenfalls geht weder aus den Bedingungen des verbürgten Darlehens noch aus den Bedingungen für seine Aufstockung im Jahr 2010 hervor, dass es für die Rückzahlung der Kredite bereitgestellt wurde, die die Klägerin zuvor bei der Bankia aufgenommen hatte. Folglich hatte die Bürgschaft des IVF entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht zwangsläufig zur Folge, dass sich das Risiko verringerte, das Bankia aufgrund der bereits bestehenden Forderungen zu tragen hatte. 157 Zweitens hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass das Entgelt, das sich aus dem verbürgten Darlehen aufgrund der Zahlung des Kapitals und der Zinsen ergab, ein Beihilfeelement enthalten könnte, da die Klägerin lediglich erklärt hat, dass der angewandte Zinssatz in Höhe von mindestens 6 % „hoch“ gewesen sei. 158 Drittens ist der Einfluss, den Bankia über die Klägerin sowie über das Verfahren des späteren Weiterverkaufs der Aktien der Klägerin erlangt haben soll, von den Bedingungen für die Gewährung der Maßnahmen 1 und 4 unabhängig. Insoweit geht weder aus dem Beschluss des IVF über die Übernahme der Bürgschaft noch aus dem Bürgschaftsvertrag vom 5. November 2009 in der am 10. November 2010 geänderten Fassung hervor, dass die Gewährung der streitigen Bürgschaft an die Bedingung geknüpft war, dass Bankia eine erweiterte Kontrolle über die Tätigkeit der Klägerin erhält. Überdies hat die Klägerin keineswegs nachgewiesen, dass ein solcher Einfluss für sich genommen einen Vorteil darstellt, der in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, und sie hat auch keine Umstände vorgetragen, die als Nachweis dafür dienen, dass es sich insofern um eine unverhältnismäßige Gegenleistung für das der Fundación Valencia gewährte Darlehen handelt. 159 Aus alledem ergibt sich, dass der erste Teil des sechsten Klagegrundes zurückzuweisen ist. Zum zweiten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Vereinbarkeit der mutmaßlichen Beihilfen 160 Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes wird nachstehend nur insoweit wiedergegeben und geprüft, als es die Vereinbarkeit der Maßnahme 4 betrifft. 161 Die Klägerin macht zunächst geltend, die Voraussetzung der Einmaligkeit der Beihilfe gemäß Nr. 3.3 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung sei nicht verletzt, da sie durch die Maßnahme 4 insofern nicht begünstigt sei, als sie nach ihrem Erlass keine Geldsumme erhalten habe. Zudem habe sich die Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahme erheblich verbessert. Schließlich sei angesichts früherer Entscheidungen der Kommission und des von ihr verabschiedeten Rahmens sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs davon auszugehen, dass die Maßnahmen 1 und 4 ein und dieselbe Intervention im Rahmen einer einheitlichen Umstrukturierungsstrategie darstellten, was die Anwendung der in Rn. 73 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung vorgesehenen Ausnahme rechtfertige, die für außergewöhnliche und unvorhersehbare Fälle gelte, für die das Unternehmen nicht verantwortlich sei. 162 Im vorliegenden Fall stellt die Kommission im 124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe, wonach ein Unternehmen, das in den vorangegangenen zehn Jahren eine Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe erhalten habe, nicht für eine weitere Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe in Betracht komme, im Rahmen der Maßnahme 4 missachtet worden sei. Das Argument des Königreichs Spanien, die Maßnahmen 1 und 4 seien als eine einzige Beihilfemaßnahme anzusehen, weist die Kommission im gleichen Erwägungsgrund mit der Begründung zurück, die Maßnahme 4 sei weder vorgesehen noch eingeplant gewesen, als die Maßnahme 1 gewährt worden sei, und vielmehr ad hoc beschlossen worden, um die unerwartete Nichtzahlung der Zinsen zum verbürgten Darlehen am 26. August 2010 aufzufangen. Ferner gibt die Kommission im 98. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, dass weder das Königreich Spanien noch die Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens eine Stellungnahme eingereicht hätten, die speziell die Vereinbarkeit der Maßnahme 4 betreffe. Insbesondere haben sie nicht vorgetragen, dass anlässlich der Gewährung der Maßnahme 4 ein Umstrukturierungsplan vorgelegt oder geändert wurde. 163 Vorab ist festzustellen, dass die Prämisse, auf der die Feststellung im 124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beruht, wonach der Grundsatz der einmaligen Beihilfe durch die Maßnahme 4 verletzt sei, mit Fehlern behaftet ist, da die Prüfung des ersten Klagegrundes ergeben hat, dass die Kommission bei der Einstufung der Maßnahme 1 als staatliche Beihilfe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging (siehe oben, Rn. 138). Folglich kann der Grundsatz der einmaligen Beihilfe der Vereinbarkeit der Maßnahme 4 mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nicht entgegenstehen. 164 Dies vorausgeschickt, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten nur dann für mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vereinbar erklärt werden können, wenn sie mit einem Umstrukturierungsplan verbunden sind, der dazu dient, die Tätigkeit dieser Unternehmen zu verringern oder umzuorientieren (vgl. Urteile vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, EU:C:2001:178, Rn. 45, vom 11. Juni 2009, ACEA/Kommission, T‑297/02, EU:T:2009:189, Rn. 137, und vom 11. Juni 2009, ASM Brescia/Kommission, T‑189/03, EU:T:2009:193, Rn. 116; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2009, AEM/Kommission, T‑301/02, EU:T:2009:191, Rn. 141). 165 Erstens ergibt sich jedoch daraus, dass die Klägerin die Einstufung der Maßnahme 4 als staatliche Beihilfe nicht zulässig angefochten hat (siehe oben, Rn. 50), dass weder diese Einstufung noch die sie stützenden Feststellungen im angefochtenen Beschluss als streitig anzusehen sind. Somit ist bei der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes davon auszugehen, dass es sich bei der Maßnahme 4 um eine staatliche Beihilfe handelt, die einem Unternehmen in Schwierigkeiten zugutekommt. 166 Zweitens ist dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, dass im Rahmen der Gewährung der Maßnahme 4 kein Umstrukturierungsplan erstellt wurde (siehe oben, Rn. 162). 167 Die Klägerin ist jedoch, ebenso wie das Königreich Spanien im Verwaltungsverfahren, der Auffassung, dass die Maßnahmen 1 und 4 ein und dieselbe Intervention im Rahmen einer einheitlichen Umstrukturierungsstrategie darstellten. Zwar ist dieses Vorbringen gegenstandslos geworden, soweit es darauf gerichtet ist, eine Verletzung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe durch die Gewährung der Maßnahme 4 in Frage zu stellen – da die Feststellung der Verletzung des Grundsatzes auf einer falschen Prämisse beruht, wie oben in Rn. 163 dargelegt –, doch bleibt es für die Feststellung relevant, ob die Maßnahme 4 als Teil der Durchführung eines Umstrukturierungsplans, und zwar vorliegend des Rentabilitätsplans vom Mai 2009, angesehen werden kann. 168 Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass mehrere aufeinanderfolgende Maßnahmen des Staates für die Zwecke der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV als eine einzige Maßnahme betrachtet werden können. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn aufeinanderfolgende Maßnahmen in Anbetracht ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Zwecks und der Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt dieser Maßnahmen derart eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich unmöglich voneinander trennen lassen (Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL, C‑15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 97). 169 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Maßnahmen 1 und 4 nicht gleichzeitig erlassen wurden, sondern die zwei Bürgschaften mit einem Abstand von über einem Jahr gewährt wurden. Zudem hat die Klägerin nicht bestritten, dass die Aufstockung der Bürgschaft, die im Rahmen der Maßnahme 4 beschlossen wurde, zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 nicht geplant war und im Rentabilitätsplan vom Mai 2009 nicht vorgesehen war. Zudem wurde die Maßnahme 4 erlassen, um die finanziellen Folgen einer der Fundación Valencia zuzurechnenden Nichtzahlung einer Rate des verbürgten Darlehens aufzufangen. Insoweit gibt es zwar einen Zusammenhang zwischen dem Ziel, das darin bestand, es der Fundación Valencia zu ermöglichen, die finanziellen Konsequenzen aus der Nichtzahlung zu tragen, und dem ursprünglichen Ziel, das darin bestand, das Kapital der Klägerin aufzustocken, da die Nichtzahlung im Rahmen der Rückzahlung eines Darlehens erfolgte, das die Kapitalaufstockung finanzieren sollte. Wie die Klägerin jedoch selbst darlegt, besteht der Unterschied zwischen dem Ziel der Maßnahme 4 und demjenigen der Maßnahme 1 darin, dass die Maßnahme 4 in erster Linie dazu diente, die Zahlung des Kapitals, der Zinsen und der Kosten der Nichtzahlung durch die Fundación Valencia abzusichern, wobei die Nichtzahlung der Klägerin zufolge darauf zurückzuführen war, dass es der Fundación Valencia nicht rechtzeitig gelungen sei, ein Aktienpaket der Klägerin zu veräußern. Was die Situation der Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Maßnahmen betrifft, ist zu berücksichtigen, dass die Aufstockung des Kapitals zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4 bereits erfolgt war, so dass sich die finanzielle Lage der Klägerin zu diesem Zeitpunkt von ihrer finanziellen Lage zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 unterschied. 170 Folglich beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie feststellte, dass die Maßnahmen 1 und 4 nicht als ein und dieselbe Maßnahme angesehen werden könnten. 171 Folglich ist die Feststellung, dass die Maßnahme 4 nicht mit einem Umstrukturierungsplan verbunden war, zu bestätigen, was angesichts der oben in Rn. 164 dargelegten Rechtsprechung zur Folge hat, dass sie nicht gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann. 172 Keines der übrigen von der Klägerin vorgebrachten Argumente ist geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. 173 Als Erstes ist in Bezug auf das Vorbringen, zwischen dem Geschäftsjahr 2008/2009 und dem Geschäftsjahr 2009/2010 sei eine erhebliche Verbesserung der finanziellen Situation der Klägerin eingetreten, auf das Ergebnis oben in Rn. 50 zu verweisen, wonach die von der Klägerin vorgenommene Anfechtung der Einstufung der Maßnahme 4 als staatliche Beihilfe unzulässig ist, und festzustellen, dass der Umstand, mit dem diese Einstufung begründet wurde und wonach die Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme ein Unternehmen in Schwierigkeiten war, nicht als streitig angesehen werden kann (siehe oben, Rn. 165). Insoweit geht das Argument einer Verbesserung der finanziellen Situation der Klägerin ins Leere, da der Umstand, dass sie sich in Schwierigkeiten befand, als gegeben anzusehen ist. Jedenfalls ist das Vorbringen der Klägerin ausgesprochen knapp und im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die Finanzindikatoren zu verweisen, die im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aufgeführt sind. Es ist daher nicht geeignet, die Feststellung zu widerlegen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4 ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. 174 Als Zweites macht die Klägerin geltend, sie habe im Zusammenhang mit der Aufstockung der Bürgschaft oder des neuen Darlehens im Rahmen der Maßnahme 4 keine Geldsumme erhalten, und Begünstigte sei insofern die Fundación Valencia. In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, dass die Anfechtung der Beurteilungen der Kommission durch die Klägerin in Bezug auf die Identität des Begünstigten der Maßnahme 4 bereits bei der Prüfung des sechsten Klagegrundes zurückgewiesen wurde. 175 Der zweite Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot 176 Die Klägerin beanstandet, die Kommission habe die Situationen der drei vom angefochtenen Beschluss betroffenen Profifußballvereine gleich behandelt, obwohl sich ihre Situationen erheblich voneinander unterschieden. 177 Die Fundación Hércules habe das vom IVF verbürgte Darlehen nie zurückgezahlt. Was die Fundación Elche betreffe, sei die Kommission, obwohl das IVF zwei Bürgschaften übernommen habe, die zwei verschiedene Darlehen beträfen, der Auffassung gewesen, dass es sich in diesem Fall um eine einzige Beihilfemaßnahme handle. Schließlich habe keiner der zwei anderen Vereine einen Umstrukturierungs- oder Investitionsplan oder Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung vorgelegt. 178 Die Klägerin vergleicht den angefochtenen Beschluss mit dem Beschluss (EU) 2016/1847 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe – SA.41612-2015/C (ex SA.33584-2013/C [ex 2011/NN]) der Niederlande in Bezug auf den Profifußballverein MVV Maastricht (ABl. 2016, L 282, S. 53) und weist darauf hin, dass die Kommission in der genannten Rechtssache von einer einzigen Maßnahme ausgegangen sei, obwohl die fraglichen staatlichen Stellen mehrere Maßnahmen erlassen hätten. Die Klägerin beruft sich auch auf die Unterschiede zwischen den beiden Rechtssachen, was die Einstufung als kleines und mittleres Unternehmen sowie die Anwendung der Kriterien für die Vereinbarkeit betrifft, die in den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung genannt sind. 179 Vorab ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. April 2005, Belgien/Kommission, C‑110/03, EU:C:2005:223, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). 180 Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, erstens, als sie in einem gesonderten Beschluss die dem niederländischen Fußballverein MVV gewährte Beihilfe genehmigt habe, während sie die Beihilfen, die der Klägerin ihrer Meinung nach unter den gleichen Umständen gewährt worden seien, verboten habe, und zweitens, als sie die unterschiedlichen Situationen der drei Vereine, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses seien, gleich behandelt habe. 181 Was als Erstes die Diskriminierung betrifft, die auf der unterschiedlichen Behandlung der Klägerin im angefochtenen Beschluss und des Vereins MVV in dem oben in Rn. 178 angeführten Beschluss beruhen soll, ist die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Kommission, mit dem festgestellt wird, dass eine neue Beihilfe die Voraussetzungen für die Anwendung der in Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV festgelegten Ausnahme nicht erfüllt, nur im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV und nicht im Hinblick auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission zu beurteilen. Der Begriff der staatlichen Beihilfe und die Voraussetzungen für die Gewährleistung der Wiederherstellung der Rentabilität des Beihilfeempfängers hängen von einer objektiven Situation ab, für deren Beurteilung der Zeitpunkt der Annahme der Entscheidung durch die Kommission maßgeblich ist. Die Gründe, aus denen die Kommission die Situation in einer früheren Entscheidung anders beurteilt hat, müssen daher bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses außer Acht bleiben (Urteile vom 17. Juli 2014, Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband/Kommission, T‑457/09, EU:T:2014:683, Rn. 368, und vom 11. Dezember 2014, Österreich/Kommission, T‑251/11, EU:T:2014:1060, Rn. 125). 182 Somit kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Lösung berufen, der die Kommission in ihrem oben in Rn. 178 genannten Beschluss gefolgt ist, um eine Verletzung des Diskriminierungsverbots geltend zu machen. Jedenfalls war der Verein MVV, wie die Kommission zu Recht vorbringt, sowohl aufgrund seiner Rechtsform als auch aufgrund der Zahl seiner Mitarbeiter und seines Umsatzes der Kategorie der kleinen und mittleren Unternehmen zuzuordnen, was ihn von der Klägerin unterscheidet. Die Klägerin hat zudem vor Gericht nicht geltend gemacht, dass sie der gleichen Kategorie entstammt. Allein dieser Umstand wirkt sich jedoch auf die Kriterien der Vereinbarkeit aus, die nach den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung anzuwenden sind, insbesondere auf das Erfordernis, Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Folglich sind die Situation der Klägerin und die Situation des MVV-Vereins nicht vergleichbar. 183 Was als Zweites die Diskriminierung betrifft, die darauf beruhen soll, dass die nach Auffassung der Klägerin unterschiedlichen Situationen der drei im angefochtenen Beschluss genannten Vereine gleich behandelt wurden, sind die von der Klägerin vorgetragenen Umstände nicht geeignet, eine Differenzierung zu bewirken, die einer Gleichbehandlung der Situationen der drei Vereine entgegensteht, zumal die Kommission im vorliegenden Fall für die Feststellung des Vorliegens einer Beihilfe und die anschließende Prüfung ihrer Vereinbarkeit zwei Rahmen anwendet, von denen sie grundsätzlich nicht abweichen kann, ohne gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 211). 184 Insoweit beruht der Umstand, dass die Fundación Hércules im Gegensatz zur Fundación Valencia das verbürgte Darlehen nicht zurückgezahlt hat, auf Ereignissen, die nach der Gewährung der fraglichen Beihilfemaßnahme stattfanden. Es handelt sich somit nicht um eine Information, die zu dem Zeitpunkt verfügbar war, als das IVF sich verpflichtete, eine Bürgschaft für das der Fundación Hércules gewährte Darlehen zu übernehmen. Zudem macht die Klägerin nicht geltend, dass dieser Umstand Teil einer Entwicklung war, die schon bei Gewährung der fraglichen Bürgschaft vorhersehbar war. Folglich ist der Umstand für sich genommen nicht geeignet, die Auffassung der Kommission zu widerlegen, wonach die Situationen der Klägerin und der Hércules Club de Fútbol, SAD im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers und der in der Garantiemitteilung der Kommission festgelegten Kriterien vergleichbar seien. 185 Sodann legt die Klägerin nicht dar, warum der Umstand, dass die Fundación Elche zwei Bürgschaften des IVF für zwei verschiedene Darlehen in Anspruch nahm, ein Unterscheidungsmerkmal darstellen soll, das einer Gleichbehandlung der Elche Club de Fútbol, SAD und der Klägerin entgegensteht. 186 Was die Prüfung der Vereinbarkeit der Maßnahmen betrifft, die zugunsten der zwei anderen, im angefochtenen Beschluss genannten Vereine getroffen wurden, hat die Kommission sehr wohl berücksichtigt, dass diese Vereine weder einen Umstrukturierungsplan noch Ausgleichsmaßnahmen vorgelegt hatten, wie eindeutig den Erwägungsgründen 113 und 118 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, in denen festgestellt wird, dass den in den Rn. 34 und 38 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Anforderungen nicht entsprochen werde. Gleichzeitig werden Tatsachen berücksichtigt, die die Klägerin betreffen, und insoweit wird festgestellt, dass aufgrund ihrer Unzulänglichkeit – nicht ihres Fehlens – die genannten Anforderungen auch in Bezug auf die Klägerin nicht erfüllt seien. Somit ist es objektiv gerechtfertigt, dass die festgestellten Unterschiede zwischen der Situation der Klägerin und der Situation der zwei anderen betroffenen Vereine schließlich zu einer identischen Behandlung geführt haben. 187 Nach alledem ist der siebte Klagegrund zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Berechnung des Beihilfebetrags 188 Die Klägerin, unterstützt vom Königreich Spanien, beanstandet, die Kommission habe den Wert der Rückbürgschaften, die die Fundación Valencia dem IVF angeboten habe, falsch beurteilt. Die Besicherung der von der Fundación Valencia gehaltenen Aktien der Klägerin sei mindestens „normal“ im Sinne der Klassifikation der Mitteilung über die Referenzsätze gewesen, wodurch sich der Betrag der zurückzufordernden Beihilfen um mindestens 6 Mio. Euro reduziere. In ihrer Erwiderung bezieht sich die Klägerin auf den Kaufpreis, der von anderen privaten Zeichnern bei ihrer Kapitalaufstockung 2009 gezahlt worden sei, und auf die Bewertung, die Sachverständige, die sie für das vorliegende Verfahren beauftragt habe, auf der Grundlage des sogenannten „Multiplikatorverfahrens“ anhand einer Stichprobe von Vereinen vorgenommen hätten, die als vergleichbar angesehen worden seien. Selbst wenn die Aktien ausschließlich auf der Grundlage der finanziellen Ergebnisse der Klägerin zu bewerten seien, sei die Kapitaleinlage der Fundación Valencia zu berücksichtigen. Zudem habe der Bürgschaftsvertrag mehrere aufschiebende Bedingungen enthalten, die dem IVF eine Reihe zusätzlicher Absicherungen bieten sollten. 189 Die Kommission macht geltend, angesichts der Informationen, die während des Verwaltungsverfahrens verfügbar gewesen seien, könne keines der Argumente der Klägerin die Feststellungen im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen. Aufgrund der Verluste des Vereins sei der Wert seiner Aktien praktisch nichtig gewesen. Die Aktien hätten nur dann einen Wert gehabt, wenn die Klägerin nicht in Schwierigkeiten gewesen wäre oder wenn glaubhafte Aussichten auf Erholung bestanden hätten. Der Preis, den private Aktionäre bei der Kapitalaufstockung 2009 gezahlt hätten, sei angesichts des Kontexts dieser Anteilszeichnung und der wahrscheinlichen Art der Zeichner nicht relevant. Jedenfalls sei nicht plausibel, dass die Aktien der Klägerin – sofern man annehme, dass ihr Wert nicht null betrage – mindestens 40 % des Darlehens abdeckten, wie von der Mitteilung über die Referenzsätze für eine „normale“ Besicherung vorausgesetzt werde. Zudem sei gegebenenfalls der Wert der Vermögenswerte der Klägerin, die von ihm bereits vor der Kapitalaufstockung als Garantie für Darlehen begeben worden seien, vom Wert der Aktien abzuziehen. 190 Im vorliegenden Fall stellt die Kommission im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zum Wert der an IVF verpfändeten Aktien der Klägerin fest: „[Das streitige] Darlehen [wurde] mit Hilfe angekaufter Aktien [des FC Valencia] als Pfand gesichert. Dennoch [befand] sich [der FC Valencia] in Schwierigkeiten, d. h., [seine] Aktivitäten brachten Verluste, und es gab keinen zuverlässigen Rentabilitätsplan, der gezeigt hätte, dass diese Aktivitäten den Aktionären Vorteile hätten bringen können. Folglich wurden die Verluste [des FC Valencia] in den Wert [seiner] eigenen Aktien … eingerechnet, so dass der Wert dieser Aktien als Garantien für die Darlehen praktisch nichtig war.“ 191 Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes beanstandet die Klägerin die Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf den Wert der Rückbürgschaft, die die Fundación Valencia durch Verpfändung ihrer Aktien angeboten hatte. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die verpfändeten Aktien unabhängig von der gewählten Bewertungsmethode einer „normalen“ Besicherung im Sinne der Mitteilung über die Referenzsätze entsprächen. Die drei Bewertungsmethoden, die die Klägerin in ihren Schriftsätzen benennt, bestehen erstens aus einem Vergleich mit dem Kaufpreis privater Zeichner im Jahr 2009, zweitens aus der Anwendung des „Multiplikatorverfahrens“ anhand einer Stichprobe von für vergleichbar erachteten Vereinen und drittens einer Bewertung ihrer finanziellen Situation. 192 Zu prüfen ist zunächst die Kritik der Klägerin an der Methode, die die Kommission im angefochtenen Beschluss zur Bewertung ihrer Aktien verwendet hat und die auf einer Bewertung ihrer finanziellen Situation beruht (siehe oben, Rn. 190). 193 Insoweit ist die Art der Kontrolle, die das Gericht über die Beurteilung des Werts einer Rückbürgschaft durch die Kommission im Rahmen der Berechnung der genauen Höhe einer Beihilfe ausübt, mit der oben in Rn. 59 beschriebenen Kontrolle identisch. 194 Über das hilfsweise vorgetragene Argument der Kommission, es sei nicht plausibel, dass die fraglichen Aktien mindestens 40 % des Darlehens abdeckten, ist nicht zu entscheiden, da sich der angefochtene Beschluss nicht auf diese Begründung stützt, sondern auf die Feststellung, dass – absolut betrachtet – der Wert der Aktien praktisch nichtig sei. Nach ständiger Rechtsprechung muss nämlich eine Entscheidung aus sich heraus verständlich sein und ihre Begründung darf nicht erst später, wenn die Entscheidung bereits Gegenstand einer Klage vor dem Unionsrichter ist, nachgeholt werden (Urteile vom 12. Dezember 1996, Rendo u. a./Kommission, T‑16/91, EU:T:1996:189, Rn. 45; vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑68/03, EU:T:2007:253, Rn. 254, und vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission, T‑380/10, EU:T:2013:449, Rn. 107). 195 Sodann beanstandet die Klägerin die ihrer Meinung nach fehlerhaften Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Auswirkung der Kapitalaufstockung, die im Jahr 2009 in Höhe von 92,4 Mio. Euro erfolgte, auf ihre finanzielle Situation und somit den Wert ihrer Aktien. 196 Vorab ist festzustellen, dass das Gericht das Vorbringen der Klägerin nur insoweit prüft, als es die Maßnahme 4 betrifft (siehe oben, Rn. 141). Zum Zeitpunkt der Gewährung der genannten Maßnahme am 10. November 2010 waren jedoch die Kapitalaufstockung von 2009 bereits beschlossen und die neu ausgegebenen Aktien gezeichnet. Ihren Niederschlag fanden diese Ereignisse in den finanziellen Ergebnissen der Klägerin für das Geschäftsjahr 2009/2010, die im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben sind und wonach zum Abschluss des Geschäftsjahrs das Gesellschaftskapital der Klägerin im Vergleich zum Vorjahr von 9,2 auf 101,7 Mio. Euro und ihr Eigenkapital von –33,3 auf 57,3 Mio. Euro gestiegen waren. Ferner war ihr Gewinn vor Steuern von –59,2 auf 17,9 Mio. Euro gestiegen. 197 Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich folgern, dass die oben in Rn. 190 wiedergegebene Behauptung der Kommission im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die Aktivitäten der Klägerin Verluste brachten, unzutreffend ist, da das Geschäftsjahr, das der Gewährung der Maßnahme 4 unmittelbar vorausging, mit Gewinn abgeschlossen wurde. 198 Zudem verfügte die Klägerin zum Abschluss des Geschäftsjahrs 2009/2010 dem angefochtenen Beschluss zufolge über erhebliches Eigenkapital in Höhe von 57,3 Mio. Euro. Auf eine Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat die Kommission erklärt, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4 „die Verbindlichkeiten des Vereins seine Vermögenswerte überstiegen“. Soweit sie darunter versteht, dass die Verschuldung des Vereins die Gesamtheit seiner Vermögenswerte übersteigt, ist festzustellen, dass diese Behauptung in keiner Weise substantiiert wurde und von der Kommission selbst widerlegt worden ist, da sie in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat, dass das Nettovermögen der Klägerin zu diesem Zeitpunkt positiv war. Im Rahmen ihrer Antwort hat sich die Kommission darauf berufen, dass die im Geschäftsjahr 2008/2009 verzeichneten Verluste zwei Drittel des Kapitalaufstockungsbetrags von 2009 eingenommen hätten und das negative Eigenkapital, das zum Abschluss desselben Geschäftsjahrs verzeichnet worden sei, etwa einem Drittel des Betrags entsprochen habe. Dieser Umstand stellt jedoch die Feststellung nicht in Frage, wonach zum Abschluss des letzten Geschäftsjahrs vor der Gewährung der Maßnahme 4 das Eigenkapital der Klägerin 57,3 Mio. Euro betrug. 199 In der mündlichen Verhandlung hob die Kommission hervor, dass die Klägerin „Verlustgeschäfte“ realisiert habe, es keinen verlässlichen Umstrukturierungsplan gegeben habe und – selbst wenn man annehme, dass man sich auf den Plan verlassen könne – die Durchführung des Plans jedenfalls für die ersten vier Jahre auf der Realisierung von Verlusten beruhe, was die Feststellung rechtfertige, dass der Wert der Aktien als praktisch nichtig anzusehen sei. Das Geschäftsjahr, das vor der Gewährung der Maßnahme 4 endete, wurde jedoch mit Gewinn abgeschlossen, was zum einen die Behauptung der Kommission widerlegt, wonach die Klägerin nur „Verlustgeschäfte“ realisiert habe, und zum anderen die Relevanz der zuvor im Rentabilitätsplan von 2009 vorgenommenen Projektionen relativiert. 200 Aus dem 76. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4 auf begrenzteren Symptomen beruht als denjenigen, die die Kommission zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 feststellte, was dazu geführt hat, dass sie auf die Maßnahme 4 nur die Kriterien der Rn. 11 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung anwandte, während sie der Auffassung war, dass auf die Maßnahme 1 sowohl Rn. 10 als auch Rn. 11 der Leitlinien anwendbar seien (siehe oben, Rn. 64 und 65). Insoweit stützte sich die Kommission auf die Verluste, die sinkenden Umsätze, das negative Eigenkapital und den Verschuldungsgrad der Klägerin, um festzustellen, dass sie sich zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 1 in Schwierigkeiten befand, während nur der zuletzt genannte Faktor sowie das „Gewinnniveau quasi bei null“ das Ergebnis untermauern, das die Kommission in Bezug auf die Situation der Klägerin bei der Gewährung der Maßnahme 4 formulierte. 201 Angesichts der vorstehenden Ausführungen sind die Gesichtspunkte, auf denen die Feststellungen der Kommission im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf den „praktisch nichtigen“ Wert der Aktien der Klägerin zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahme 4 beruhen, teilweise unzutreffend, da das Geschäftsjahr, das der Gewährung der Maßnahme vorausging, mit Gewinn abgeschlossen wurde. Insofern beging die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie sich im 93. Erwägungsgrund auf Gründe stützte, die sowohl für die Maßnahme 1 als auch für die Maßnahme 4 gelten, um festzustellen, dass der Wert der Aktien der Klägerin „praktisch nichtig“ gewesen sei, und sie maßgebliche Faktoren unberücksichtigt ließ, nämlich das Vorhandensein von erheblichem Eigenkapital und die Realisierung eines Gewinns vor Steuern in dem Geschäftsjahr, das der Maßnahme 4 vorausging. 202 Das Vorbringen der Kommission, wonach der Wert der Vermögenswerte der Klägerin, die sie bereits für frühere Darlehen als Garantie begeben habe, vom Wert ihrer Aktien abzuziehen sei, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. Erstens handelt es sich im Vergleich zu den Gründen, die im angefochtenen Beschluss genannt sind, um einen neuen Grund, der als solcher die oben festgestellten Lücken des angefochtenen Beschlusses nicht schließen kann (vgl. die oben in Rn. 194 angeführte Rechtsprechung). Zweitens legt die Kommission jedenfalls nicht dar, warum eine derart enge Verbindung zwischen dem Wert der von der Klägerin als Garantie begebenen Vermögenswerte und dem Wert der verpfändeten Aktien hergestellt werden sollte. Drittens werden die Darlehen, für die solche Garantien begeben wurden, gegebenenfalls bereits bei den Finanzdaten der Klägerin im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt, auf die sich die Kommission bei ihren Feststellungen zum Wert der fraglichen Aktien stützt. 203 Folglich ist, ohne dass das übrige Vorbringen der Klägerin geprüft werden muss, dem dritten Klagegrund stattzugeben, soweit die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des Werts der verpfändeten Aktien der Klägerin auf einer sachlichen Unrichtigkeit beruht und mit offensichtlichen Fehlern behaftet ist. 204 Angesichts dieses Ergebnisses und im Interesse der Verfahrensökonomie sind der vierte und der fünfte Klagegrund sowie der zweite Teil des sechsten Klagegrundes nicht zu prüfen, da sie ein späteres Prüfungsstadium betreffen und voraussetzen, dass die Merkmale der streitigen Bürgschaft zutreffend festgestellt wurden. 205 Überdies ist zwar dem dritten Klagegrund zu entnehmen, dass er sich nur auf die Berechnung des Betrags der fraglichen Beihilfemaßnahme und nicht auf das Vorhandensein der Beihilfe an sich richtet, doch ist gleichzeitig zu beachten, dass sich die vom Gericht festgestellte offensichtliche Fehlerhaftigkeit der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der dem IVF gewährten Rückbürgschaft angesichts der Voraussetzung des Vorteils auf die Einstufung der fraglichen Maßnahme als staatliche Beihilfe auswirken kann. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Kommission bei einer erneuten Prüfung des Werts der Rückbürgschaft veranlasst sieht, die Natur der Maßnahme 4 als staatliche Beihilfe neu zu beurteilen. Insoweit kommt der Ermittlung des Werts der verpfändeten Aktien der Klägerin nach der allgemeinen Systematik der angefochtenen Entscheidung wesentliche Bedeutung zu (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, EU:T:2005:221, Rn. 319 und 320). 206 Somit ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die der Klägerin gewährten Maßnahmen 1 und 4 betrifft. Kosten 207 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerin die eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Gericht entstandenen Kosten. 208 Nach Artikel 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe und die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich trägt das Königreich Spanien seine eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Der Beschluss (EU) 2017/365 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe SA.36387 (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2013/CP) Spaniens zugunsten der Valencia Club de Fútbol, SAD, der Hércules Club de Fútbol, SAD und der Elche Club de Fútbol, SAD wird in Bezug auf die Valencia Club de Fútbol, SAD für nichtig erklärt. 2. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die von Valencia Club de Fútbol verauslagten Kosten, einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Gericht entstandenen Kosten. 3. Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten. Kanninen Schwarcz Iliopoulos Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. März 2020. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie auf Anlage A.2 verweist Zur Zulässigkeit der in Anlage A.2 enthaltenen Argumente Zur Zulässigkeit des achten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht Zur Begründetheit Zum ersten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Feststellung eines Vorteils – Zur Tragweite des ersten Klagegrundes und zu seiner Zulässigkeit, soweit er die Maßnahme 4 betrifft – Zum ersten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Einstufung der Klägerin als Unternehmen in Schwierigkeiten – Zum zweiten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Feststellung, die Maßnahme 1 decke mehr als 80 % des zugrunde liegenden Darlehensbetrags ab – Zum dritten Teil: offensichtlicher Fehler der Kommission durch ihre Feststellung, die Maßnahme 1 sei nicht zu einem marktüblichen Preis gewährt worden – Ergebnis zum ersten Klagegrund und zum Umfang der Nichtigerklärung Zum sechsten Klagegrund: Fehler bei der Bestimmung des Beihilfebegünstigten Zum zweiten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Vereinbarkeit der mutmaßlichen Beihilfen Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot Zum dritten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Berechnung des Beihilfebetrags Kosten (*1) Verfahrenssprache: Spanisch.
Urteil des Gerichts (Zweite erweiterte Kammer) vom 24. September 2019.#HSBC Holdings plc u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Branche der Euro-Zinsderivate – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Manipulation der Euribor-Referenzzinssätze im Interbankengeschäft – Austausch vertraulicher Informationen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Grundbetrag – Gesamtumsatz – Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht.#Rechtssache T-105/17.
62017TJ0105
ECLI:EU:T:2019:675
2019-09-24T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62017TJ0105 URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer) 24. September 2019 (*1) „Wettbewerb – Kartelle – Branche der Euro-Zinsderivate – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Manipulation der Euribor-Referenzzinssätze im Interbankengeschäft – Austausch vertraulicher Informationen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Grundbetrag – Gesamtumsatz – Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑105/17, HSBC Holdings plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), HSBC Bank plc mit Sitz in London, HSBC France mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: K. Bacon, QC, D. Bailey, Barrister, M. Simpson, Solicitor, sowie Rechtsanwälte Y. Anselin und C. Angeli, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley, B. Mongin und F. van Schaik als Bevollmächtigte im Beistand von B. Lask, Barrister, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate) und auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek (Berichterstatter), der Richter E. Buttigieg, F. Schalin und B. Berke sowie der Richterin M. J. Costeira, Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2019 folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Mit ihrem Beschluss C(2016) 8530 final vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission fest, dass die Klägerinnen – HSBC Holdings plc, HSBC Bank plc und HSBC France – gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, indem sie sich vom 12. Februar bis zum 27. März 2007 an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt hätten, die eine Störung des normalen Verlaufs der Preisfestsetzung auf dem Markt der mit dem „Euro Interbank Offered Rate“ (Euribor) und/oder Euro Over-Night Index Average (EONIA) verknüpften Euro-Zinsderivate (Euro Interest Rate Derivatives, im Folgenden: EIRD) zum Gegenstand gehabt habe (Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses), und erlegte ihnen gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 33606000 Euro auf (Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses). 2 Der HSBC‑Konzern (im Folgenden: HSBC) ist eine Bankengruppe, die u. a. im Investment‑, Corporate- und Wertpapier-Banking tätig ist. HSBC Holdings, die Dachgesellschaft von HSBC, ist die Muttergesellschaft von HSBC France, die wiederum die Muttergesellschaft von HSBC Bank ist. HSBC France und HSBC Bank sind für den EIRD-Handel zuständig. HSBC France ist für Anmeldungen von Zinssätzen beim Euribor-Panel verantwortlich (Erwägungsgründe 58 bis 61 des angefochtenen Beschlusses). 3 Am 14. Juni 2011 befasste die Barclays-Bankengruppe (Barclays plc, Barclays Bank plc, Barclays Directors Ltd, Barclays Group Holding Ltd, Barclays Capital Services Ltd und Barclays Services Jersey Ltd, im Folgenden: Barclays) die Kommission mit einem Antrag auf einen Marker nach der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17), wobei sie die Kommission über das Bestehen eines Kartells in der EIRD-Branche informierte und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit zum Ausdruck brachte. Am 14. Oktober 2011 wurde Barclays ein bedingter Geldbußenerlass gewährt (86. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 4 Zwischen dem 18. und dem 21. Oktober 2011 nahm die Kommission Überprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Finanzinstitute in London (Vereinigtes Königreich) und Paris (Frankreich), darunter denen der Klägerinnen, vor (87. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 5 Am 5. März und 29. Oktober 2013 leitete die Kommission gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ein Zuwiderhandlungsverfahren gegen die Klägerinnen, Barclays, den Crédit agricole SA und den Crédit agricole Corporate and Investment Bank (im Folgenden zusammen: Crédit agricole), die Deutsche Bank AG, die Deutsche Bank Services (Jersey) Ltd und die DB Group Services (UK) Ltd (im Folgenden zusammen: Deutsche Bank), die JP Morgan Chase & Co., die JP Morgan Chase Bank National Association und die JP Morgan Services LLP (im Folgenden zusammen: JP Morgan), die Royal Bank of Scotland plc und die Royal Bank of Scotland Group plc (im Folgenden zusammen: RBS) sowie gegen die Société générale ein (89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 6 Barclays, die Deutsche Bank, die Société générale und RBS äußerten den Wunsch, an einem Vergleichsverfahren nach Art. 10a der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in geänderter Fassung teilzunehmen. HSBC, der Crédit agricole und JP Morgan beschlossen, nicht an diesem Vergleichsverfahren teilzunehmen. 7 Am 4. Dezember 2013 erließ die Kommission gegenüber Barclays, der Deutschen Bank, der Société générale und RBS den Beschluss C(2013) 8512 final in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate [EIRD] [Settlement]) (im Folgenden: Vergleichsbeschluss), mit dem sie zu dem Schluss gelangte, dass diese Unternehmen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, indem sie sich an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt hätten, die eine Störung des normalen Verlaufs der Preisfestsetzung auf dem EIRD-Markt zum Gegenstand gehabt habe (95. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). A. Dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegendes Verwaltungsverfahren 8 Am 19. März 2014 übersandte die Kommission den Klägerinnen sowie dem Crédit agricole und JP Morgan eine Mitteilung der Beschwerdepunkte (98. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 9 Die Klägerinnen konnten die zugänglichen Teile der Kommissionsakte auf DVD einsehen, und ihre Vertreter erhielten zusätzlich Akteneinsicht in den Räumlichkeiten der Kommission (99. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Klägerinnen hatten darüber hinaus Zugang zur Mitteilung der Beschwerdepunkte, die den Parteien, die einen Vergleich geschlossen hatten, übersandt worden war, zu den Antworten dieser Parteien sowie zum Vergleichsbeschluss (100. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 10 Die Klägerinnen legten am 14. November 2014 ihre schriftliche Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte vor und äußerten sich in der Anhörung, die vom 15. bis zum 17. Juni 2015 stattfand, mündlich (104. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 11 Am 6. April 2016 berichtigte die Kommission den Vergleichsbeschluss in Bezug auf die Festsetzung des Betrags der gegen die Société Générale verhängten Geldbuße. Die Klägerinnen hatten Zugang zu diesem berichtigenden Beschluss sowie zum zugrunde liegenden Schriftverkehr und zu den von der Société générale vorgelegten berichtigten Finanzdaten (Erwägungsgründe 105 und 106 des angefochtenen Beschlusses). B. Angefochtener Beschluss 12 Am 7. Dezember 2016 erließ die Kommission auf der Grundlage der Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 den angefochtenen Beschluss. Art. 1 Buchst. b und Art. 2 Buchst. b dieses Beschlusses haben folgenden Wortlaut: „Artikel 1 Die folgenden Unternehmen haben in den angegebenen Zeiträumen durch ihre Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung betreffend Euro-Zinsderivate gegen Art. 101 des Vertrags und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen. Diese Zuwiderhandlung, die sich auf den gesamten EWR erstreckte, bestand in Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen, die bezweckten, den normalen Verlauf der Preisgestaltungselemente in der Branche der Euro-Zinsderivate zu verfälschen: … b) [die Klägerinnen] vom 12. Februar 2007 bis zum 27. März 2007 … Artikel 2 Für die in Art. 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt: … b) gegen [die Klägerinnen], gesamtschuldnerisch haftend: 33606600 Euro.“ 1. Betroffene Produkte 13 Die in Rede stehenden Zuwiderhandlungen beziehen sich auf EIRD, d. h. Euro-Zinsderivate, die an den Euribor oder den EONIA gebunden sind. 14 Der Euribor ist eine Gesamtheit von Referenzzinssätzen, die die Kosten der auf den internationalen Kapitalmärkten häufig verwendeten Kredite im Interbankengeschäft widerspiegeln soll. Er ist definiert als Index der Zinsen, zu denen Termineinlagen in Euro im Interbankengeschäft von einer erstklassigen Bank einer anderen erstklassigen Bank innerhalb der Eurozone angeboten werden. Der Euribor wird anhand des Durchschnitts der Zinssätze berechnet, die von einem Panel, das während des Zeitraums, auf den sich der angefochtene Beschluss bezieht, aus 47 erstklassigen Banken – darunter den oben in Rn. 5 erwähnten Banken – bestand, täglich angeboten und zwischen 10.45 Uhr und 11.00 Uhr morgens bei Thomas Reuters als Berechnungsstelle der EU-Bankenvereinigung (EBF) gemeldet werden. Die Banken stellen einen Beitrag zu den 15 verschiedenen Euribor-Zinssätzen bereit, die eine Laufzeit von einer Woche bis zu zwölf Monaten haben. Der EONIA erfüllt eine mit dem Euribor vergleichbare Funktion, bezieht sich aber auf Übernacht-Zinssätze. Er wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der Grundlage eines Durchschnitts der Zinssätze für ungesicherte („unsecured“) Interbankeneinlagen desselben Banken-Panels berechnet, das für die Festsetzung des Euribor verwendet wird (Erwägungsgründe 20 bis 27 des angefochtenen Beschlusses). 15 Die häufigsten EIRD sind Forward Rate Agreements, Zins-Swaps, Zins-Optionen und Zins-Futures (Erwägungsgründe 4 bis 10 des angefochtenen Beschlusses). 2. Den Klägerinnen vorgeworfene Verhaltensweisen 16 Im 113. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschrieb die Kommission das den oben in Rn. 5 erwähnten Banken vorgeworfene Verhalten wie folgt: „Barclays, die Deutsche Bank, JP Morgan, die Société générale, der Crédit agricole, HSBC und RBS waren an mehreren bilateralen Kontakten im EIRD-Sektor beteiligt, die im Wesentlichen folgende Verhaltensweisen zwischen den verschiedenen Parteien umfassten: a) Gelegentlich kommunizierten und/oder erhielten bestimmte bei verschiedenen Parteien beschäftigte Händler Präferenzen für ein unverändertes, niedriges oder hohes Fixing bestimmter Euribor-Quotierungen; diese Präferenzen hingen von ihren Risiken/Handelspositionen ab. b) Gelegentlich kommunizierten und/oder erhielten bestimmte Händler verschiedener Parteien voneinander detaillierte, nicht öffentlich bekannte/verfügbare Informationen zu den Handelspositionen oder der Absicht künftiger Euribor-Anmeldungen für bestimmte Quotierungen von zumindest einer ihrer jeweiligen Banken. c) Gelegentlich sondierten bestimmte Händler auch die Möglichkeit, ihre EIRD-Handelspositionen auf der Grundlage solcher unter a) oder b) beschriebenen Informationen abzugleichen. d) Gelegentlich sondierten bestimmte Händler auch die Möglichkeit, mindestens eine der künftigen Euribor-Quotierungen ihrer Bank auf der Grundlage solcher unter a) oder b) beschriebenen Informationen abzugleichen. e) Gelegentlich kontaktierte zumindest einer der an solchen Gesprächen beteiligten Händler den für die Euribor-Quotierung zuständigen Mitarbeiter der jeweiligen Bank oder erklärte, ein solcher Kontakt würde stattfinden, um die Quotierung bei der EBF‑Berechnungsstelle in eine bestimmte Richtung oder einer bestimmten Höhe zu verlangen. f) Gelegentlich erklärte mindestens einer der an solchen Gesprächen beteiligten Händler, er würde bereits vor dem Zeitpunkt der täglichen Euribor-Quotierungen bei der Berechnungsstelle die Antwort des für die Quotierung zuständigen Mitarbeiters zurückmelden, oder nahm eine solche Meldung vor bzw. in den Fällen, in denen der Händler dies bereits mit dem für die Quotierung zuständigen Mitarbeiter besprochen hatte, leitete er Informationen in diesem Sinn von dem für die Quotierung zuständigen Mitarbeiter an den Händler einer anderen Partei weiter. g) Gelegentlich legte mindestens ein Händler einer Partei gegenüber einem Händler einer anderen Partei weitere Einzelheiten und sensible Informationen über den Handel bzw. die Strategie zur Preisfestsetzung dieser Bank für EIRD offen.“ 17 Im 114. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fügte die Kommission hinzu: „Daneben besprachen gelegentlich bestimmte bei verschiedenen Parteien beschäftigte Händler das Ergebnis der Euribor-Zinsfestlegung, einschließlich konkreter Quotierungen, nachdem die Euribor-Zinssätze für einen Tag festgelegt und veröffentlicht waren.“ 18 Die Kommission vertrat die Ansicht, diese Verhaltensweisen stellten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dar. 19 Zur Rechtfertigung dieser Einordnung stellte die Kommission erstens fest, dass die genannten Verhaltensweisen einen einheitlichen wirtschaftlichen Zweck verfolgten (Erwägungsgründe 444 bis 450 des angefochtenen Beschlusses), nämlich eine Minderung des von den Teilnehmern für die EIRD zu zahlenden Cashflows bzw. eine Erhöhung des von ihnen zu erhaltenden Cashflows. Zweitens seien die verschiedenen Verhaltensweisen Teil eines gemeinsamen Verhaltensmusters, da eine feste Gruppe von Personen am Kartell beteiligt sei, die Parteien bei ihren wettbewerbswidrigen Tätigkeiten einem sehr ähnlichem Muster gefolgt seien und die verschiedenen Gespräche zwischen den Parteien identische bzw. sich überschneidende Themenbereiche abdeckten und somit einen identischen oder teilweise identischen Inhalt hätten (Erwägungsgründe 451 bis 456). Drittens seien die an den wettbewerbswidrigen Austäuschen beteiligten Händler qualifizierte Fachleute, die Kenntnis von der allgemeinen Tragweite und den wesentlichen Merkmalen des gesamten Kartells gehabt hätten oder hätten haben müssen (Erwägungsgründe 457 bis 483). 20 Die Kommission war der Ansicht, HSBC habe sich an dieser einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt, und hob dabei hervor, dass die bilateralen Austäusche mit Barclays selbst eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV begründeten (486. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 21 Was die Dauer dieser Beteiligung angeht, legte die Kommission in Bezug auf HSBC den Anfangszeitpunkt auf den 12. Februar 2007 (620. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und den Endzeitpunkt auf den 27. März 2007 (625. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) fest. 3. Berechnung des Betrags der Geldbuße a) Grundbetrag der Geldbuße 22 Was erstens die Ermittlung des Umsatzes der am Kartell beteiligten Banken betrifft, ging die Kommission von einem Ersatzwert aus, da EIRD keinen Umsatz im herkömmlichen Sinne generieren. Außerdem hielt sie es in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls für vorzugswürdig, den auf das Jahr umgerechneten Ersatzwert nicht zu berücksichtigen und sich stattdessen auf einen Ersatzwert zu stützen, der den Monaten der Beteiligung der Banken an der Zuwiderhandlung entsprach (640. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie wies darauf hin, dass sie nicht verpflichtet sei, eine mathematische Formel anzuwenden, und bei der Festlegung des Betrags der einzelnen Geldbußen über einen Ermessensspielraum verfüge (647. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 23 Die Kommission erachtete es für angemessen, als Ersatzwert auf die Bareinnahmen aus den Cashflows abzustellen, die jede Bank mit ihrem Portfolio aus mit den einzelnen Euribor- und/oder EONIA-Quotierungen verknüpften und mit Gegenparteien innerhalb des EWR geschlossenen Verträgen über EIRD erhielt (641. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und wandte hierauf einen einheitlichen Abzinsungsfaktor von 98,849 % an. 24 Die Kommission ging in Bezug auf die Klägerinnen daher von einem Umsatz in Höhe von 192081799 Euro aus (648. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 25 Was zweitens die Schwere der Zuwiderhandlung angeht, berücksichtigte die Kommission einen Schwerefaktor von 15 %, da sich die Zuwiderhandlung auf Preisabsprachen und Preisfestsetzungsvereinbarungen bezog. Sie fügte einen Schwerefaktor von 3 % hinzu und verwies dabei auf den Umstand, dass das Kartell den gesamten EWR betroffen und sich auf für sämtliche EIRD relevante Zinssätze bezogen habe und dass diese sich auf den Euro beziehenden Zinssätze von grundlegender Bedeutung für die Harmonisierung der Finanzbedingungen auf dem Binnenmarkt und die Banktätigkeiten in den Mitgliedstaaten seien (Erwägungsgründe 720 und 721 des angefochtenen Beschlusses). 26 Was drittens die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, hob die Kommission hervor, dass sie die „in ganzen Monaten nach unten abgerundete relative“ Dauer der Beteiligung der einzelnen Kartellteilnehmer berücksichtigt habe, was zur Anwendung eines Multiplikationskoeffizienten von 0,08 % auf die Klägerinnen führte (Erwägungsgründe 727 bis 731 des angefochtenen Beschlusses). 27 Viertens fügte die Kommission, da die Zuwiderhandlung in einer horizontalen Preisfestsetzung bestand, einen als „Eintrittsgebühr“ eingestuften Zusatzbetrag von 18 % des Umsatzes hinzu, um Unternehmen unabhängig von der Dauer der Zuwiderhandlung von einer Beteiligung an solchen Verhaltensweisen abzuschrecken (Erwägungsgründe 732 bis 734 des angefochtenen Beschlusses). 28 Die Kommission setzte den Grundbetrag der den Klägerinnen aufzuerlegenden Geldbuße daher auf 37340000 Euro fest (735. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). b) Endbetrag der Geldbuße 29 Was die Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße angeht, stellte die Kommission fest, dass HSBC eine eher marginale bzw. untergeordnete Rolle bei der Zuwiderhandlung gespielt habe, die nicht mit der Rolle der Hauptakteure verglichen werden könne, und gewährte ihr eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 % (Erwägungsgründe 747 bis 749 des angefochtenen Beschlusses). Somit wurde der Endbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses auf 33606000 Euro festgesetzt. II. Verfahren und Anträge der Parteien 30 Mit Klageschrift, die am 17. Februar 2017 bei der Kanzlei eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben. 31 Auf Vorschlag der Zweiten Kammer des Gerichts hat das Gericht gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen. 32 Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und den Parteien am 30. Januar 2019 im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt. Am 14. und 15. Februar 2019 haben die Kommission und die Klägerinnen jeweils auf die Fragen des Gerichts geantwortet. 33 Am 8. März 2019 hat das Gericht den Parteien eine zusätzliche Frage zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung übersandt. 34 Am 18. März 2019 hat das Gericht nach Anhörung der Parteien beschlossen, die mündliche Verhandlung gemäß Art. 109 der Verfahrensordnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten. 35 In der Sitzung vom 19. März 2019 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. In dieser Sitzung ist die Kommission aufgefordert worden, zusätzliche Erläuterungen zur Bestimmung des von ihr auf die Bareinnahmen angewandten Abzinsungsfaktors von 98,849 % zu liefern. 36 Am 2. April 2019 hat die Kommission auf die Frage des Gerichts geantwortet. 37 Am 10. Mai 2019 haben die Klägerinnen zur Antwort der Kommission Stellung genommen. 38 Am 28. Mai 2019 hat die Kommission ihre Stellungnahme vorgelegt. 39 Mit Beschluss vom 4. Juni 2019 hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) das mündliche Verfahren geschlossen. 40 Die Klägerinnen beantragen, – Art. 1 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – hilfsweise, Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – weiter hilfsweise, Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses teilweise für nichtig zu erklären, soweit darin festgestellt wird, dass sie sich an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt haben; – Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – hilfsweise, die gegen sie in Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses verhängte Geldbuße erheblich, bis zu einem vom Gericht als angemessen erachteten Betrag herabzusetzen; – ihre Kosten oder, hilfsweise, einen angemessenen Teil davon der Kommission aufzuerlegen. 41 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung 42 Im Rahmen ihrer Klage begehren die Klägerinnen sowohl die Nichtigerklärung von Art. 1 und Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses als auch die Herabsetzung der mit diesem Art. 2 Buchst. b verhängten Geldbuße. Es soll zwischen der Prüfung des Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses und des Hilfsantrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. b dieses Beschlusses einerseits und der Prüfung des Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. b des erwähnten Beschlusses, mit dem die Kommission den Klägerinnen eine Geldbuße von 33606000 Euro auferlegt hat, und des Antrags auf Herabsetzung dieser Geldbuße andererseits unterschieden werden. 43 Soweit die Klägerinnen sowohl die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses als auch die Herabsetzung der verhängten Geldbuße begehren, ist zunächst hervorzuheben, dass das System der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV besteht, die gemäß Art. 261 AEUV und auf Antrag der Kläger um die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht hinsichtlich der in diesem Bereich von der Kommission verhängten Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann (vgl. Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44 Was erstens den Umfang der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle angeht, so erstreckt sich diese auf sämtliche Bestandteile der Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV, deren eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle der Unionsrichter sicherstellt, und zwar auf der Grundlage der vom Kläger geltend gemachten Klagegründe und unter Berücksichtigung aller von diesem vorgebrachten maßgeblichen Umstände (vgl. Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 45 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Unionsgerichte im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV die vom Urheber der fraglichen Handlung gegebene Begründung nicht durch ihre eigene ersetzen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). 46 Was zweitens den Umfang der dem Unionsrichter in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang mit Art. 261 AEUV eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung betrifft, so ermächtigt diese den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 193 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47 Der Umfang dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ist allerdings – im Gegensatz zu der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle – strikt auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beschränkt (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). A. Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses und Hilfsantrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. b dieses Beschlusses 48 Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses ihres Hilfsantrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. b dieses Beschlusses bringen die Klägerinnen fünf Klagegründe vor. 49 Der erste Klagegrund betrifft die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung. 50 Mit dem zweiten, dem dritten und dem vierten Klagegrund treten die Klägerinnen der von der Kommission vorgenommenen Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung entgegen. Der zweite Klagegrund bezieht sich auf die Schlussfolgerung der Kommission, wonach die Kartellabsprachen zwischen HSBC und den anderen Parteien Teil eines Gesamtplans seien, der ein einheitliches Ziel verfolge. Der dritte und der vierte Klagegrund betreffen die Absicht von HSBC, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, bzw. die Frage, ob sie vom Verhalten der anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Parteien wusste. 51 Der fünfte Klagegrund richtet sich dagegen, dass der angefochtene Beschluss nach einem Vergleichsbeschluss ergangen ist, in dem die Kommission bereits zur Beteiligung von HSBC an der fraglichen Zuwiderhandlung Stellung genommen haben soll. Die Klägerinnen leiten daraus ab, dass die Kommission gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der guten Verwaltung verstoßen sowie die Verteidigungsrechte verletzt hat. 1. Erster Klagegrund: Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV 52 Da die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung in Rede steht, ist darauf hinzuweisen, dass, um unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV genannte Verbot zu fallen, eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt „bezwecken oder bewirken“ muss. 53 Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 49, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 113; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34). 54 Die Unterscheidung zwischen „bezweckten Verstößen“ und „bewirkten Verstößen“ liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 50, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 114; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 35). 55 So steht fest, dass bestimmte kollusive Verhaltensweisen, wie z. B. diejenigen, die zur horizontalen Festsetzung der Preise durch Kartelle führen, als derart geeignet angesehen werden können, negative Auswirkungen auf insbesondere den Preis, die Menge oder die Qualität der Waren und Dienstleistungen zu haben, dass für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig erachtet werden kann. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 115). 56 Lässt jedoch die Prüfung einer Art von Koordinierung zwischen Unternehmen keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Merkmale vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 52, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 116). 57 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, um als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgefasst zu werden, auf den Inhalt ihrer bzw. seiner Bestimmungen und die mit ihr bzw. ihm verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie bzw. er steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 117; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 36). 58 Ferner ist es den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Union nicht verwehrt, die Absicht der Beteiligten zu berücksichtigen, auch wenn sie kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen wettbewerbsbeschränkenden Charakter hat (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 37, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 54, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 118). 59 Was insbesondere den Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern betrifft, sind die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sind, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt betreiben will (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 32, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 119). 60 Zwar nimmt dieses Selbständigkeitspostulat den Wirtschaftsteilnehmern nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die geeignet ist, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Verhalten ins Bild zu setzen, das man selbst auf dem betreffenden Markt an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, wenn diese Kontakte bezwecken oder bewirken, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und Zahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des in Betracht kommenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 33, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 120). 61 So hat der Gerichtshof entschieden, dass der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen kann, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 89, vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 35, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 121). 62 Insbesondere ist davon auszugehen, dass ein Informationsaustausch, der geeignet ist, die Unsicherheiten unter den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ausmaßes und der Modalitäten der von dem betreffenden Unternehmen vorzunehmenden Anpassung auszuräumen, einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 122; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 41). 63 Im Übrigen kann eine abgestimmte Verhaltensweise, auch wenn sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen steht, als Verhaltensweise angesehen werden, die einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt. Der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass nur abgestimmte Verhaltensweisen verboten wären, die sich unmittelbar auf die von den Endverbrauchern zu zahlenden Preise auswirken (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 123; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 36). 64 Aus Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV geht im Gegenteil hervor, dass aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der „unmittelbare[n] oder mittelbare[n] Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen“ bestehen, geeignet sind, einen wettbewerbswidrigen Zweck zu verfolgen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 37, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 124). 65 Jedenfalls ist Art. 101 AEUV, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern auch die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Die Feststellung, dass mit einer abgestimmten Maßnahme ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, setzt daher nicht voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen festgestellt wird (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 38 und 39, sowie vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 125). 66 Schließlich ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV, dass der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise über die Abstimmung zwischen den Unternehmen hinaus ein dieser entsprechendes Marktverhalten und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden voraussetzt (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 126). 67 Insoweit ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gilt, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass eine abgestimmte Verhaltensweise selbst dann unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn auf diesem Markt keine wettbewerbswidrigen Wirkungen eintreten (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 127). 68 Im Licht dieser Erwägungen ist der erste Klagegrund zu prüfen, mit dem die Klägerinnen der Einstufung der von der Kommission beanstandeten einzelnen Kategorien von Verhaltensweisen als bezweckte Zuwiderhandlung entgegentreten. Ihr Vorbringen besteht aus zwei Teilen, je nachdem, ob es sich auf Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Manipulation der Euribor-Quotierungen vom 19. März 2007 einerseits oder auf nicht mit dieser Manipulation zusammenhängende Verhaltensweisen, nämlich Austausche zwischen den Händlern von HSBC und Händlern anderer Banken von Informationen über ihre Handelspositionen oder Medianpreise, andererseits bezieht. 69 In Art. 1 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass aufgrund einer Zuwiderhandlung, die „in Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen [bestand], die bezweckten, den normalen Verlauf der Preisgestaltungselemente in der Branche der [EIRD] zu verfälschen“, gegen Art. 101 AEUV verstoßen worden sei. 70 Diese den Banken, darunter HSBC, zur Last gelegten Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen sind in den Erwägungsgründen 113, 358 und 392 des angefochtenen Beschlusses beschrieben worden. Wie die Klägerinnen zu Recht hervorheben, lassen sie sich in drei Gruppen einteilen, je nachdem, ob sie sich erstens auf die Manipulation der Euribor-Quotierungen (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. a: Austausch von Informationen über ihre Präferenzen für ein Euribor-Zinsniveau; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. d: Austausch von Informationen über die Möglichkeit, die Euribor-Quotierungen abzugleichen; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. e: Kontaktaufnahme mit dem innerhalb seiner Bank für die Euribor-Quotierung zuständigen Mitarbeiter durch den beteiligten Händler; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. f: Vereinbarungen über die Meldung von Versuchen der Einflussnahme auf die Euribor-Quotierungen), zweitens auf einen Austausch von Informationen über Handelspositionen hinsichtlich der EIRD (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. b: Austausch von Informationen über ihre jeweiligen Handelspositionen/Risiken; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. c: Austausch von Informationen über die Möglichkeit, ihre Handelspositionen abzugleichen) oder drittens auf einen Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über ihre Absichten und ihre EIRD-Preisstrategie beziehen (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. g). 71 Das Gericht hält es für erforderlich, zunächst auf zwei Anmerkungen der Kommission und der Klägerinnen einzugehen. 72 Erstens macht die Kommission geltend, die Klägerinnen beanstandeten die verschiedenen HSBC zur Last gelegten Verhaltensweisen zu Unrecht auf Einzelbasis, und hebt ihre Interdependenz hervor. Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei künstlich, danach zu unterscheiden, ob die Manipulation vom19. März 2007, ein Austausch von Informationen über die Handelspositionen oder ein Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über ihre Absichten und ihre EIRD-Preisstrategie, im vorliegenden Fall die EIRD-Medianpreise, in Rede stünden. 73 Dieser Kritik kann jedoch nicht gefolgt werden. Die von den Klägerinnen gemachte Unterscheidung gibt nämlich lediglich die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommene und oben in Rn. 70 in Erinnerung gerufene Unterscheidung wieder. Außerdem geht u. a. aus den Erwägungsgründen 365, 387, 393 und 442 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, diese Verhaltensweisen bezweckten nicht nur kollektiv, sondern auch einzeln eine Beschränkung des Wettbewerbs. 74 Zweitens bemerken die Klägerinnen, dass die Kommission in bestimmten Gründen des angefochtenen Beschlusses zur Rechtfertigung des Vorliegens eines wettbewerbsbeschränkenden Zwecks nicht nur feststelle, dass die fraglichen Verhaltensweisen den normalen Verlauf der Preisgestaltungselemente im EIRD-Sektor verfälscht hätten, sondern auch auf eine Verzerrung sonstiger Bedingungen für Geschäfte mit EIRD im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV verweise. Sie machen geltend, dass eine solche Einstufung, da sie in Art. 1 des angefochtenen Beschlusses nicht enthalten sei, bei der Rechtfertigung der von der Kommission vorgenommenen Einstufung als bezweckte Beschränkung nicht berücksichtigt werden dürfe. 75 Die Kommission trägt vor, die Formulierung des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses hindere sie nicht daran, sich auf ihre Feststellung des Vorliegens einer Verzerrung sonstiger Geschäftsbedingungen zu stützen, da sie diese Feststellung in ihren Erwägungsgründen klar erläutert habe. 76 Es ist daran zu erinnern, dass der Tenor eines Rechtsakts untrennbar mit seiner Begründung verbunden ist, so dass er gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Gründe, die zu seinem Erlass geführt haben, auszulegen ist (vgl. Beschluss vom 30. April 2007, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission, T‑387/04, EU:T:2007:117, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zwar kann allein der verfügende Teil einer Entscheidung Rechtswirkungen erzeugen, jedoch können die Feststellungen in den Gründen einer Entscheidung der Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Unionsrichter unterliegen, soweit sie als Begründung einer beschwerenden Maßnahme die tragenden Gründe für den verfügenden Teil dieser Maßnahme darstellen oder wenn diese Begründung geeignet ist, den materiellen Gehalt des verfügenden Teils der fraglichen Maßnahme zu ändern (vgl. Urteil vom 1. Juli 2009, KG Holding u. a./Kommission, T‑81/07 bis T‑83/07, EU:T:2009:237, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 77 Da die Kommission zur Stützung ihrer Feststellung des Vorliegens von Wettbewerbsbeschränkungen nicht nur auf die Koordinierung und/oder die Preisfestsetzung, sondern – u. a. in den Erwägungsgründen 384, 388, 393, 415, 423 und 488 des angefochtenen Beschlusses – auch auf die Verzerrung sonstiger Geschäftsbedingungen im EIRD-Sektor hingewiesen hat, steht einer Berücksichtigung dieser Ausführungen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses somit grundsätzlich nichts entgegen, obwohl dieser Artikel nicht ausdrücklich auf die genannten Geschäftsbedingungen verweist. a) Erster Teil des Klagegrundes: Beanstandung der Einstufung der Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung 78 Die Klägerinnen machen zunächst geltend, die Banken stünden auf dem EIRD-Markt nur beim Abschluss der EIRD-Verträge und nur auf Basis des festen Zinssatzes, der den EIRD-Preis darstelle, miteinander im Wettbewerb. Die Auffassung der Kommission, wonach das Ziel der Parteien eines EIRD darin bestehe, ihren Cashflow zu optimieren, lasse die Tätigkeiten des Market-Making und der Risikoabsicherung unberücksichtigt. Die vorliegende Rechtssache unterscheide sich von der Rechtssache, die zum Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission (T‑180/15, EU:T:2017:795), geführt habe, in der die Bedeutung der Market-Making-Tätigkeiten zwar nicht erörtert worden sei, aus der sich aber ergebe, dass der feste Zinssatz für Banken, die in dieser Eigenschaft handelten, anders festgelegt werde und Wettbewerb nur auf Basis dieses festen Zinssatzes stattfinde. 79 Was die Manipulation vom 19. März 2007 angeht, erkennen die Klägerinnen im Wesentlichen an, dass diese eine Senkung des Euribor-3M am 19. März 2007 bewirken sollte und dass ein Händler von Barclays in diesem Rahmen einen Händler von HSBC gebeten hat, bei der für die Meldung von Zinssätzen verantwortlichen Person zu intervenieren, damit diese am 19. März 2007 einen niedrigen Zinssatz weitergibt, was auch geschehen ist. Zum einen leugnen sie jedoch, dass diese Manipulation eine Verfälschung der Preisgestaltungselemente und/oder der Geschäftsbedingungen für EIRD bezweckt hat, und zum anderen tragen sie vor, das Ziel einer Manipulation von Cashflows sei nicht wettbewerbswidrig. 80 Erstens leugnen die Klägerinnen, dass die Manipulation vom 19. März 2007 eine Koordinierung und/oder Festlegung der Preisgestaltungselemente für EIRD bezweckte, wie die Kommission im 411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben hat, da diese Manipulation den variablen Zinssatz für EIRD betreffe, während der EIRD-Preis durch den festen Zinssatz gebildet werde. Auch der Euribor-3M stelle weder einen relevanten Faktor für die Festlegung des EIRD-Preises noch ein Gestaltungselement dieses Preises dar. In diesem Zusammenhang tragen sie vor, die Auffassung der Kommission, wonach der feste Zinssatz beim Abschluss neuer EIRD-Verträge auf Basis des variablen Zinssatzes festgelegt werde, beruhe zwangsläufig auf der Tatsache, dass nach der Manipulation neue Verträge geschlossen worden seien. Unter Verweis auf ein in ihrem Auftrag erstelltes Wirtschaftsgutachten tragen sie vor, es sei für die betreffenden Händler ungünstig gewesen, ihre Handelspositionen an die beabsichtigte Manipulation anzupassen. Daraus leiten sie ab, dass der 411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses mit einem Rechtsfehler, einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einem Begründungsmangel behaftet ist. 81 Zweitens lege der angefochtene Beschluss den Schluss nahe, dass die Manipulation vom 19. März 2007 nicht nur eine Festsetzung der Preise, sondern auch einen Austausch von Informationen über die Absichten der Händler darstelle, der eine Verringerung der dem EIRD-Markt inhärenten Unsicherheit zur Folge gehabt habe. Den Beweis für dieses Verhalten habe die Kommission in Bezug auf die Händler von HSBC nicht erbracht. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese Händler von einem Informationsgefälle profitiert hätten, das es ihnen ermöglicht habe, bessere Bedingungen anzubieten als ihre Mitbewerber. Sie bestreiten, zum Nachweis verpflichtet zu sein, dass die Absprache das Verhalten von HSBC in keinerlei Weise beeinflusst hat, und weisen darauf hin, dass die Kommission das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Zwecks nachzuweisen habe. 82 Drittens dürfe der Hinweis im 388. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass es sich bei der Manipulation um eine Festsetzung von Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV handle, nicht berücksichtigt werden, da er im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses nicht enthalten sei. Zudem sei dieser Aspekt der Argumentation der Kommission jedenfalls mit einem Begründungsmangel behaftet, da keinerlei Erläuterung gegeben werde. Dieser Hinweis sei darüber hinaus falsch, da es nicht um Rechte und Pflichten von Vertragsparteien gehe. 83 Viertens sei das Ziel einer Manipulation von Cashflows nicht wettbewerbswidrig, da es nicht im Wege einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen Händlern erreicht worden sei. Wettbewerb auf dem EIRD-Markt finde zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge statt und nicht auf der Ebene des Cashflows, den die Händler für die EIRD bezahlten oder erhielten. Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen, dass sich der Cashflow mittelbar auf den EIRD-Preis auswirken kann. 84 Die Kommission beantragt, den vorliegenden Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. 85 In diesem Teil des Klagegrundes steht die Einstufung der Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung in Rede. Die tatsächliche Beteiligung von HSBC an dieser Manipulation wird u. a. in den Erwägungsgründen 271, 275, 289, 322, 328 und 329 des angefochtenen Beschlusses betrachtet. 86 Das fragliche Verhalten hat demnach im Wesentlichen darin bestanden, am 19. März 2007 niedrige Quotierungen für den Euribor-3M zu melden, um den Zinssatz an diesem Tag zu senken und dank der Zinssatzdifferenz („Spread“) gegenüber den an den EONIA gebundenen Derivaten einen Gewinn aus einer Kategorie von Derivaten zu erzielen, deren Laufzeit an diesem Tag endete. 87 Insbesondere beruhte diese Manipulation hauptsächlich auf einer Manipulation eines EIRD-Typs, nämlich der an den Euribor-3M gebundenen Zins-Futures. Dieser Vertragstyp läuft im Wesentlichen darauf hinaus, dass eine Partei – der Käufer – den vertraglich vereinbarten festen Zinssatz erhält, während die andere Partei – der Verkäufer – den variablen Zinssatz erhält. Die Manipulation bestand darin, schrittweise ein ganz erhebliches „Käuferrisiko“ zu erwerben, für das die Bank also den festen Zinssatz erhält und den variablen Zinssatz zahlt, und dies durch eine konzertierte Aktion zur Senkung des variablen Zinssatzes am Fälligkeitstermin. 88 Der Verweis auf die an den EONIA gebundenen Derivate liegt in der Tatsache begründet, dass die Kartellteilnehmer ihre „Käuferrisiken“ bei an den Euribor-3M gebundenen Zins-Futures durch gegenläufige Risiken, nämlich im vorliegenden Fall durch einen an den EONIA gebundenen „Swap“-Vertrag mit gleicher Fälligkeit, absicherten. Wie oben in Rn. 14 erwähnt, ist der EONIA ein von der EZB berechneter Übernacht-Zinssatz. 89 Indem sie am 19. März 2007 eine künstliche Senkung des Euribor-Zinssatzes gegenüber dem EONIA-Zinssatz bewirkten, konnten die am Kartell beteiligten Banken daher mit einem finanziellen Gewinn rechnen. 90 Aus den Erwägungsgründen 257 und 258 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Idee für diese Manipulation jedenfalls bereits am 1. Februar 2007 bestand, als Gespräche zwischen Händlern der Deutschen Bank, von Barclays und der Société générale stattfanden. Aus dem 271. Erwägungsgrund des genannten Beschlusses ergibt sich, dass ein Händler von Barclays am 12. Februar 2007 einen Händler von HSBC über diesen Plan in Kenntnis gesetzt hat, und aus dem 275. Erwägungsgrund desselben Beschlusses, dass auch am nächsten Tag über diese Manipulation gesprochen worden ist. Im 289. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird ein Gespräch vom 28. Februar 2007 zwischen denselben beiden Händlern über die Verringerung des „Spread“ zwischen dem Euribor-3M und dem EONIA erwähnt. Schließlich wird im 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf ein Gespräch vom 19. März 2007 verwiesen, in dem der Händler von Barclays den Händler von HSBC darum bittet, die für Quotierungen ebendieser Bank verantwortlichen Personen zur Meldung einer sehr niedrigen Euribor-3M-Quotierung zu bewegen, was der letztgenannte Händler mit Erfolg getan haben soll. 91 Die Klägerinnen bestreiten nicht den von der Kommission festgestellten Sachverhalt. Sie vertreten vielmehr die Auffassung, dieser könne die von der Kommission vorgenommene Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung nicht rechtfertigen. 92 Wie aus dem 384. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat die Kommission die Ansicht vertreten, die Manipulation vom 19. März 2007 bezwecke, den im Rahmen der EIRD geschuldeten Cashflows zugunsten der an dieser Manipulation beteiligten Parteien zu beeinflussen. Im 411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sie in Beantwortung eines Arguments der Klägerinnen, mit dem der Einstufung der HSBC zugerechneten Verhaltensweisen als bezweckte Zuwiderhandlung entgegengetreten wird, im Wesentlichen hervorgehoben, dass der Euribor den im Rahmen des „variablen Elements“ der EIRD geschuldeten Cashflow unmittelbar beeinflusse und auch für die Bestimmung des im Rahmen des „festen Elements“ der EIRD geschuldeten Cashflows relevant sei, da er bei Festlegung des festen Zinssatzes über die Renditekurve, die auf den erwarteten variablen Zinssätzen beruhe, mittelbar berücksichtigt werde. 93 Im 394. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass sämtliche im 392. Erwägungsgrund ihres Beschlusses beschriebenen Verhaltensweisen, darunter die Manipulation vom 19. März 2007, den Wettbewerb beschränkten, indem sie zwischen den Marktakteuren ein Informationsgefälle schüfen, da die Teilnehmer an der Zuwiderhandlung zum einen eher in der Lage seien, das Niveau, auf dem der Euribor von ihren kollusiv handelnden Mitbewerbern festgelegt werde oder festgelegt werden müsse, vorab mit einer gewissen Präzision zu kennen, und zum anderen wüssten, ob der Euribor zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einem künstlichen Niveau festgelegt werde oder nicht. 94 Diese Ausführungen enthalten keinen Rechts- oder Beurteilungsfehler. 95 Insoweit ist festzuhalten, dass sich die Manipulation des Euribor offenkundig auf die von den fraglichen Derivaten erzeugten Cashflows ausgewirkt hat. Die Teilnehmer haben am 19. März 2007 eine künstliche Senkung der Euribor-Zinssätze bewirkt, mit dem Ziel, die Beträge, die sie für das „variable Element“ der an den Euribor gebundenen Zins-Futures zu zahlen hatten, zu verringern. 96 Als die Händler von HSBC das „feste Element“ dieser Zins-Futures, d. h. den festen Zinssatz für die von ihnen erwarteten Zahlungen, verhandelt haben, konnten sie das folglich in dem Wissen tun, dass der variable Zinssatz für die von ihnen zu tätigenden Zahlungen niedrig sein würde. Sie waren daher in der Lage, einen wettbewerbsfähigeren Zinssatz als ihre Mitbewerber anzubieten, da sie wussten, dass die mit diesen Verträgen verbundenen Cashflows positiv bleiben würden. 97 Dieses Verhalten hat den Wettbewerb zwangsläufig zu ihren Gunsten und zum Nachteil der anderen Marktteilnehmer beschränkt. Das galt nicht nur für ihre Gegenparteien, die mit einer künstlichen Verringerung der im Rahmen des „variablen Elements“ der EIRD erhaltenen Zahlungen zu tun bekamen, sondern auch für die Banken, die für den fraglichen EIRD-Typ eine „Käuferposition“ einnehmen wollten, das Geschäft aufgrund des von den Teilnehmern an der Manipulation angebotenen wettbewerbsfähigeren Zinssatzes aber nicht abgeschlossen haben. Diese Manipulation hat auch die Marktteilnehmer benachteiligt, die darüber nicht auf dem Laufenden waren und Handelspositionen eingenommen haben, die sich nicht mit denen von HSBC und Barclays vereinbaren ließen. Insoweit ist festzuhalten, dass der von den Händlern dieser beiden Banken in einem unmittelbar nach der Manipulation vom 19. März 2007 geführten und im 329. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Telefongespräch verwendete Wortlaut in Bezug auf die Frage, ob die beiden Händler die negativen Auswirkungen ihrer Manipulation auf ihre Mitbewerber wahrgenommen haben, nichts an Deutlichkeit vermissen lässt. 98 Die verschiedenen von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, die Richtigkeit dieses Ergebnisses in Frage zu stellen. 99 Mit ihrer ersten Reihe von Argumenten tragen die Klägerinnen vor, die Manipulation des Euribor könne den Wettbewerb nicht beschränken, da ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Banken im Wesentlichen nur bei Abschluss der EIRD-Geschäfte bestehe und nur auf Basis des im Rahmen des „festen Elements“ dieser Geschäfte vereinbarten Zinssatzes, der allein den „Preis“ für die EIRD darstelle. 100 Diese Kritik beruht auf der Annahme, dass EIRD-Geschäfte allein auf Basis eines auf dem festen Zinssatz beruhenden Wettbewerbs abgeschlossen werden. Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, sind die von einem EIRD generierten Cashflows jedoch das Ergebnis der Anrechnung der im Rahmen des „festen Elements“ und des „variablen Elements“ des EIRD geschuldeten Zahlungen. Daher wird ein Händler nicht nur in der Lage sein, die Cashflows im Rahmen der laufenden EIRD zu verbessern, indem er den Referenzzinssatz in Abhängigkeit davon manipuliert, ob er sich insgesamt in einer Schuldner- oder in einer Gläubigerposition befindet, sondern auch den festen Zinssatz der Verträge aushandeln können, die er im Besitz von Insider‑Informationen über den variablen Zinssatz, der an den für die Bestimmung der Cashflows relevanten Tagen gilt, schließt. Dies kann für seine Wettbewerbsposition im Vergleich zu derjenigen seiner Wettbewerber, die nicht über solche Informationen verfügen, nur günstig sein. 101 Die Klägerinnen machen unter Verweis auf die Rn. 347 bis 351 des Wirtschaftsgutachtens (vgl. oben, Rn. 80) geltend, es habe nicht im Interesse der an der Manipulation vom 19. März 2007 beteiligten Banken gelegen, ihre Handelspositionen an diese Manipulation anzupassen. Dieses Vorbringen sowie die einschlägigen Passagen des genannten Gutachtens enthalten jedoch nur allgemeine Erwägungen, wonach es nicht im Interesse der Banken liege, bessere Bedingungen als ihre Mitbewerber anzubieten, weil das zu einer geringeren Rentabilität der EIRD führe. Mit ihm lässt sich nicht die Tatsache widerlegen, dass ein Händler, der über Insider‑Informationen bezüglich des an den relevanten Tagen geltenden variablen Zinssatzes verfügt, in der Lage ist, den festen Zinssatz festzulegen, der von ihm angeboten werden muss, um zum einen sicherzustellen, dass der EIRD rentabel ist, er also einen positiven Cashflow für seine Bank und einen negativen Cashflow für seine Gegenpartei generieren wird, und zum anderen dafür zu sorgen, dass dieser feste Zinssatz für die Gegenpartei interessanter erscheint als der von seinen Mitbewerbern angebotene Zinssatz. 102 Diesbezüglich ist zu bemerken, das zwischen der Möglichkeit für die betreffenden Banken, bessere Bedingungen als ihre Mitbewerber anzubieten, einerseits und der Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung andererseits kein Widerspruch besteht. Unter den Umständen des vorliegenden Falls ist diese Möglichkeit nämlich eher Ausdruck einer Störung des Wettbewerbsprozesses auf dem EIRD-Markt, die allein den Banken zum Vorteil gereicht, die sich an der geheimen Absprache beteiligt haben. 103 Die vorstehende Feststellung ist in Anbetracht der Merkmale der Manipulation vom 19. März 2007 umso richtiger. Daraus geht hervor, dass es im Interesse der Banken lag, ihre Handelsposition im Hinblick auf diese Manipulation zu ändern, indem sie mit der Aussicht auf die orchestrierte Senkung des Euribor-3M möglichst große „Käuferrisiken“ für die an diesen Zinssatz gebundenen Zins-Futures erwarben. Es ist insoweit bezeichnend, dass der Händler von HSBC in seinem Telefongespräch mit dem Händler von Barclays, das am 19. März 2007 unmittelbar nach der Manipulation stattgefunden hat und im 329. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnt wird, zu bedauern scheint, dass er nicht so stark von der Manipulation profitiert hat wie der Händler von Barclays, der eine größere „Käuferposition“ aufgebaut hatte. 104 Folglich ist diese erste Reihe von Argumenten, mit der nachgewiesen werden soll, dass die Kommission fälschlicherweise zu dem Schluss gelangt ist, dass das Verhalten, das darauf abzielte, den Euribor-3M-Zinssatz am 19. März 2007 zu manipulieren, einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck verfolgte, in Anbetracht der Bedeutung des Euribor für die Bestimmung der im Rahmen der besagten Verträge geschuldeten Cashflows zurückzuweisen. Ferner ergibt sich daraus, dass das Gericht in der Lage gewesen ist, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben, so dass dieser Aspekt der Ausführungen der Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht mit einem Begründungsmangel behaftet ist. 105 Im Rahmen einer zweiten Reihe von Argumenten werfen die Klägerinnen der Kommission vor, nur auf den EIRD-Handel für eigene Rechnung abgestellt und dabei außer Acht gelassen zu haben, dass HSBC zu Zwecken der Risikoabsicherung und des Market-Making mit EIRD gehandelt habe. 106 Der Begriff „Marktmacher“ ist im 40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wie folgt definiert worden: „Marktmacher sind Privatpersonen oder Gesellschaften, die sich für fähig und willens erklären, Finanzprodukte wie beispielsweise Wertpapiere oder Finanzderivate zu Preisen, die sie selbst allgemein und kontinuierlich (mittels fester Einkaufs- und Verkaufspreise) und nicht für jedes einzelne Geschäft festgelegt haben, zu verkaufen oder zu kaufen.“ Diese Definition wird von den Klägerinnen nicht bestritten. 107 Da „Marktmacher“ allgemein und kontinuierlich auf dem EIRD-Markt tätig sind, schließen sie eine größere Zahl von Geschäften ab als die übrigen Marktakteure, wobei sie stets mit Gewinnerzielungsabsicht handeln. Die Argumentation der Klägerinnen geht dahin, dass ein Marktmacher diesen Gewinn hauptsächlich über die Differenz zwischen den Einkaufs- und den Verkaufspreisen der zahlreichen von ihm geschlossenen Verträge, d. h. die Differenz zwischen der Gesamtheit seiner „Käufer- und Verkäuferpositionen“, und nicht so sehr über die Differenz zwischen dem festen und dem variablen Zinssatz der einzelnen Verträge zu erzielen versuche. 108 Zwar kann ein „Marktmacher“ Gewinn machen, indem er die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis für EIRD ausnutzt; dies schließt jedoch nicht aus, dass er nach einem Gewinn strebt, der auf der Differenz zwischen dem festen und dem variablen Zinssatz ein und desselben EIRD beruht. Es erscheint nämlich nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Händler, der eine besonders große Zahl von Verträgen verhandelt, nicht die Aussicht auf das berücksichtigt, was der variable Zinssatz sein wird, wenn er einen auf dem festen Zinssatz beruhenden Preis vorschlägt. 109 Mehr noch: Die Tatsache, dass der Händler von HSBC ein „Marktmacher“ ist, verstärkt den wenig plausiblen Charakter des Arguments der Klägerinnen, wonach es nicht im Interesse von HSBC gelegen habe, ihre Handelspositionen an die Manipulation vom 19. März 2007 anzupassen, auf das oben in den Rn. 101 bis 103 geantwortet worden ist. Die Akzeptanz einer niedrigeren Rentabilität pro Geschäft ist bei der Aussicht auf den Abschluss einer größeren Zahl von Geschäften nämlich vollkommen logisch. 110 Was schließlich die von den Klägerinnen hervorgehobene Tatsache angeht, dass EIRD auch zu Zwecken der Risikoabsicherung geschlossen werden, so genügt der Hinweis, dass eine solche Nutzung von EIRD nichts an der Möglichkeit für „Marktmacher“ ändert, die EIRD auch zu spekulativen Zwecken zu nutzen, worauf die Kommission im 38. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen hat. 111 In Anbetracht des Vorstehenden ist die zweite Reihe von Argumenten der Klägerinnen zurückzuweisen und der Schluss zu ziehen, dass die Kommission die Manipulation vom 19. März 2007, an der sich HSBC beteiligt hat, zu Recht als bezweckte Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV eingestuft hat. 112 Im Rahmen einer dritten Reihe von Argumenten treten die Klägerinnen der Feststellung der Kommission entgegen, dass die Manipulation vom 19. März 2007 auch als Festsetzung von Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV einzustufen sei. 113 Da die Einstufung der Manipulation vom 19. März 2007 als bezweckte Zuwiderhandlung aus den oben in den Rn. 94 bis 111 dargelegten Gründen rechtlich hinreichend gerechtfertigt wird, ist dieses Vorbringen jedoch als ins Leere gehend zurückzuweisen. Darauf ist nämlich die ständige Rechtsprechung anzuwenden, wonach, wenn bestimmte Gründe einer Entscheidung diese für sich genommen rechtlich hinreichend rechtfertigen können, sich etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts keinesfalls auf dessen verfügenden Teil auswirken (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, C‑302/99 P und C‑308/99 P, EU:C:2001:408, Rn. 27, und vom 12. Dezember 2006, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, T‑155/04, EU:T:2006:387, Rn. 47). 114 In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. b) Zweiter Teil des Klagegrundes: Einstufung der anderen HSBC zur Last gelegten Verhaltensweisen als bezweckte Zuwiderhandlung 115 Im Rahmen dieses Teils des Klagegrundes beanstanden die Klägerinnen die von der Kommission vorgenommene Einstufung von Verhaltensweisen, die nicht die Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 betreffen und im angefochtenen Beschluss als Austausch von Informationen über „Handelspositionen“ einerseits und „detaillierte, nicht öffentlich zugängliche Informationen über ihre Absichten und ihre EIRD-Preisstrategie“ andererseits bezeichnet werden, als bezweckte Zuwiderhandlungen. In Bezug auf die letztgenannte Kategorie ist festgestellt worden, dass HSBC Informationen ausgetauscht hat, die sich auf die „Medianpreise“ der EIRD bezogen haben sollen. 116 Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass sich der in diesem Teil des Klagegrundes in Rede stehende Informationsaustausch auf sechs zwischen dem 12. Februar und dem 27. März 2007 geführte Online-Gespräche beschränke, die sich nicht auf die Manipulation des Euribor bezögen. 117 Sie tragen vor, die im angefochtenen Beschluss als Austausch von Informationen über Handelspositionen beschriebenen Gespräche seien unzureichend, um den betreffenden Händlern eine Koordinierung ihrer Handelspositionen zu ermöglichen. Die Klägerinnen wenden sich gegen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Gespräche vom 12. und 16. Februar sowie vom 9. und 14. März 2007. 118 Was die Gespräche angeht, die im angefochtenen Beschluss als Austausch von Informationen über Preisstrategien beschrieben werden, stellen die Klägerinnen in Abrede, dass es sich beim Medianpreis um einen „Preis“, eine „Preisliste“ oder ein „Preisgestaltungselement“ handle, der, die bzw. das diese Einstufung rechtfertige, und tragen vor, dass der Medianpreis keine vertrauliche Information sei und solche Gespräche eine wettbewerbsfördernde Dimension hätten. Sie wenden sich gegen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Gespräche vom 14. und 16. Februar 2007. 119 Die Kommission erwidert, dass die in der Klageschrift beanstandeten Elemente nicht die einzigen Beispiele für einen Austausch sensibler Informationen seien, an dem sich HSBC beteiligt habe. 120 Sie hebt in Bezug auf die im angefochtenen Beschluss als Austausch von Informationen über Handelspositionen beschriebenen Gespräche hervor, dass einige von ihnen zwar unmittelbar mit der Manipulation vom 19. März 2007 zusammenhingen, sie als solche aber darauf abzielten, die Cashflows im Rahmen der EIRD zu beeinflussen, indem sie den normalen Verlauf des Wettbewerbs verfälschten. 121 In Bezug auf die im angefochtenen Beschluss als Austausch von Informationen über Preisstrategien beschriebenen Gespräche vertritt die Kommission die Auffassung, dass sich mit den Medianpreisen die Einkaufs- und Verkaufspreise antizipieren ließen, dieser Austausch folglich die Unsicherheit hinsichtlich des voraussichtlichen Preisniveaus verringere und dass das Führen solcher Gespräche weder den normalen Bedingungen für das Funktionieren des betreffenden Marktes entspreche noch verbraucherfreundlich sei. 122 Sie hält an ihrer im angefochtenen Beschluss vorgenommenen Beurteilung der Gespräche vom 12., 14. und 16. Februar sowie vom 9. und 14. März 2007 fest. 123 Vorab ist festzuhalten, dass, auch wenn aus der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervorgeht, dass die Beteiligung von HSBC an einer bezweckten Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen ist, die Prüfung dieses zweiten Teils gleichwohl ihre Bedeutung behält. Die Tatsache, dass HSBC andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen an den Tag gelegt hat, ist nämlich für die Beurteilung der Schwere des von HSBC begangenen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und damit auch für die Frage relevant, ob die gegen sie verhängte Geldbuße verhältnismäßig ist. Zu den Gesichtspunkten, die bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung berücksichtigt werden können, zählen nämlich auch die Zahl und die Intensität der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 197). 124 Das Gericht stellt fest, dass das Vorbringen der Klägerinnen in zwei Rügen unterteilt werden kann, je nachdem, ob es sich auf die Frage bezieht, ob die Kommission die Gespräche, die sie als Austausch von Informationen über die Medianpreise beschrieben hat, einerseits und die Gespräche, die sie als Austausch von Informationen über Handelspositionen beschrieben hat, andererseits zu Recht als bezweckte Beschränkung eingestuft hat. 1) Rüge betreffend die Richtigkeit der Einstufung des Austauschs von Informationen über die Medianpreise als bezweckte Beschränkung 125 Es stehen zwei am 14. Februar 2007 (Erwägungsgründe 283 bis 285 des angefochtenen Beschlusses) bzw. am 16. Februar 2007 (Erwägungsgründe 286 bis 288 dieses Beschlusses) geführte Gespräche unter Beteiligung von HSBC in Rede, die sich auf die Medianpreise (im angefochtenen Beschluss auch als „Mids“ bezeichnet) von EIRD bezogen haben sollen. Diese Gespräche gehören zur Kategorie der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die im 113. Erwägungsgrund Buchst. g, im 358. Erwägungsgrund Buchst. g und im 392. Erwägungsgrund Buchst. g des angefochtenen Beschlusses (Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über ihre Absichten und ihre Strategie zur Festlegung der EIRD-Preise) betrachtet werden. 126 Wie die Manipulation vom 19. März 2007 hat die Kommission die Einstufung eines solchen Austauschs als bezweckte Beschränkung im 394. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Verweis auf die Schaffung eines Informationsgefälles zwischen den Marktakteuren gerechtfertigt, da die Kartellteilnehmer zum einen eher in der Lage seien, das Niveau, auf dem der Euribor von ihren kollusiv handelnden Mitbewerbern festgelegt werde oder festgelegt werden müsse, vorab mit einer gewissen Präzision zu kennen, und zum anderen wüssten, ob der Euribor zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einem künstlichen Niveau festgelegt werde oder nicht. 127 Begründungselemente, die sich speziell auf die Medianpreise beziehen, finden sich in anderen Passagen des angefochtenen Beschlusses. 128 So wird im 32. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben, dass die Begriffe „Run“ oder „Mids“„einfach gesagt als Preislisten eines Händlers, eines Handelsdesks oder einer Bank für bestimmte Standardfinanzprodukte beschrieben werden [können]“. Im 34. Erwägungsgrund dieses Beschlusses heißt es, dass der Begriff „Mid“„auf den Median- oder Durchschnittspreis der Einkaufs- und Verkaufspreise (beispielsweise der erhaltenen, berechneten, notierten oder ausgehandelten Preise) für ein bestimmtes Produkt verweist[; s]ie stellen oftmals einen verlässlichen Näherungswert für den Preis dar, zu dem ein Marktmacher mit einem Kunden verhandeln würde, insbesondere wenn der Markt liquide und der Unterschied Käufer/Verkäufer … gering ist“. 129 Im 34. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission darüber hinaus auf den Umstand Bezug genommen, dass, wie eine Bank ihr erläutert habe, „Derivathändler die Mittelpunkte auf ihren Renditekurven verwende[te]n, um die an den Markt weiterzugebenden Einkaufs- oder Verkaufspreise festzulegen[; wenn] ein Derivathändler den Medianpreis eines Mitbewerbers kennt, ist er, obwohl es sich bei diesem Preis nicht wirklich um den Transaktionspreis handelt, eher in der Lage, die tatsächlichen Einkaufs- und Verkaufspreise seiner Mitbewerber zu ermitteln […; d]ie Medianpreise werden verwendet, um Preise festzulegen, Handelspositionen zu verwalten und ein Portfolio zu bewerten“. 130 Im 419. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission in Beantwortung des Vorbringens der Klägerinnen festgestellt, dass es sich beim Medianpreis um die Schätzung des tatsächlichen EIRD-Preises durch die einzelnen Händler handle und es genauso viel Medianpreisschätzungen gebe wie Marktakteure, „da der Mid eine individuelle Preiswahrnehmung [sei] und es sich demnach um einen beabsichtigten Preis [handle]“. Sie hat insoweit darauf hingewiesen, dass der „Verkaufspreis“, wie die Klägerinnen selbst hervorgehoben hätten, in der Regel etwas oberhalb des Medianpreises und der Einkaufspreis etwas unterhalb des Medianpreises festgesetzt werde und Schwankungen beim Mid „für gewöhnlich gleichzeitig zu einer Schwankung sowohl beim Einkaufs- als auch beim Verkaufspreis führ[t]en“, so dass es sich um einen Richtwert handle, der sich nahe an den Preisen bewege. 131 Die Kommission ist darüber hinaus auf die Frage eingegangen, ob die ausgetauschten Informationen geheim sind oder nicht und in welchem Ausmaß der Markt transparent ist. 132 So hat die Kommission im 395. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben, dass dieser Austausch weit über einen Austausch öffentlicher Informationen hinausgehe und eine Steigerung der Transparenz zwischen den Parteien und damit eine spürbare Verringerung der normalen dem Markt inhärenten Unsicherheiten zugunsten der Parteien und zum Nachteil der übrigen Marktteilnehmer bezwecke. 133 Ebenso hat die Kommission in den Erwägungsgründen 399 bis 402 des angefochtenen Beschlusses das Vorbringen zurückgewiesen, mit dem geltend gemacht wird, die ausgetauschten Informationen seien nicht sensibel, weil die Öffentlichkeit weitgehend Zugang zu ihnen habe. Sie hat die Ansicht vertreten, die genauen Preisinformationen seien nicht weitgehend auf dem EIRD-Markt zugänglich, und geltend gemacht, aus den Akten gehe hervor, dass bisweilen unzuverlässige Informationen bewusst auf den öffentlichen Plattformen der Marktakteure kommuniziert würden und die Händler Informationen über die von anderen Händlern festgesetzten Preise benötigten, um ihre eigenen Preiskurven anzupassen. 134 Im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission dem Vorbringen, wonach dieser Austausch ein legitimes Ziel verfolge, nicht gefolgt und hat das im Wesentlichen damit begründet, dass er nicht im Hinblick auf den Abschluss von Transaktionen zwischen den betreffenden Händlern erfolgt sei. Sie hat darüber hinaus hervorgehoben, dass ein solcher Austausch zwischen Marktmachern nur zwischen diesen und nicht zugunsten sämtlicher Marktakteure zu mehr Transparenz führe. 135 Außerdem hat die Kommission im 431. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestritten, dass die geheimen Absprachen wegen bestimmter Merkmale des EIRD-Marktes, insbesondere wegen seines schnellen und flüchtigen Charakters, nur über häufige Kontakte zu spezifischen Details einzelner Handelstransaktionen wie beispielsweise genauen Informationen über einzelne zukünftige Transaktionen stattfinden könnten. Sie hat erneut darauf hingewiesen, dass „die ausgetauschten Informationen über Transaktionsdetails (Preise und Mengen) der meisten auf freihändiger Basis gehandelten EIRD nicht öffentlich waren und [dass] die genauen Informationen den Händlern nützten“. 136 In den Erwägungsgründen 283 bis 285 des angefochtenen Beschlusses ist das Gespräch vom 14. Februar 2007 beschrieben. In diesem Gespräch weist der Händler von HSBC den Händler von Barclays darauf hin, dass der Händler der Deutschen Bank einige seiner Preise auf seinem Bloomberg-Bildschirm veröffentliche, worauf der Händler von Barclays antwortet, dass diese Preise nur Richtpreise seien. Sodann wird im angefochtenen Beschluss in Erinnerung gerufen, dass sich „[der Händler von Barclays] … anschließend nach dem genauen Preis [des Händlers von HSBC] für August erkundigt […; der Händler von HSBC] antwortet ‚4,012‘ und stellt kurz vor Verlassen des Online-Gesprächs klar, dass man ihm auf dem Markt 4,005 bis 4,015 geboten habe“. Die Kommission leitet aus diesem Gespräch ab, dass „[der Händler von Barclays] … [den Händler von HSBC] außerhalb des Kontexts einer möglichen Transaktion um genaue Informationen über die Preisfestsetzung [bittet], worauf [der Händler von HSBC] antwortet …“. 137 Hinsichtlich des Gesprächs vom 16. Februar 2007 hat die Kommission in den Erwägungsgründen 286 bis 288 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass sich „[der Händler von HSBC] und [der Händler von Barclays] … gegenseitig über ihre jeweiligen Durchschnittspreise für einen [an den EONIA gebundenen] Swap (‚T’as quoi 10/11 sp eonia? ‘) und ein [Forward Rate Agreement] (‚et sur le 1011 Jsp fra?‘) [informieren]. [Der Händler von HSBC] ist sich bei seinem Preis für den EONIA-Swap nicht sicher (‚je dois être à la rue … 4,06?‘‚g 4,0625 en mid‘), aber [der Händler von Barclays] beruhigt ihn (‚non, ça va‘), legt anschließend die Preise für die Geschäfte offen und fügt hinzu, dass er dank der Transaktionen mit zwei anderen Marktakteuren, die unterschiedliche Preise für denselben Vertrag böten, einen Gewinn aus [dem Forward Rate Agreement] erzielt habe“. 138 Die Kommission hat keinen Fehler begangen, als sie festgestellt hat, dass der in diesen beiden Gesprächen enthaltene Austausch von Informationen über die Medianpreise einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck verfolge. 139 Als Erstes ist zu festzuhalten, dass Informationen über die Medianpreise entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen für die Preisfestsetzung in der EIRD-Branche relevant sind. 140 Erstens ist zwischen den Parteien unstreitig, dass ein Händler den festen EIRD-Zinssatz auf der Grundlage dessen bestimmt, was er als Medianpreis ansieht, d. h., er legt seinen „Einkaufspreis“ etwas unterhalb und seinen „Verkaufspreis“ etwas oberhalb dieses Preises fest, worauf die Kommission im 419. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen hat. 141 Zweitens ist darüber hinaus festzustellen, dass sich bei Kenntnis des Medianpreises eines Mitbewerbers durch Anwendung der im 34. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Renditekurve beurteilen lässt, was nach Einschätzung dieses Mitbewerbers der variable EIRD-Zinssatz zum Festlegungszeitpunkt sein wird, jedenfalls bei EIRD mit kurzer Laufzeit. In der mündlichen Verhandlung dazu befragt, ob sämtliche Marktteilnehmer die Renditekurve eines EIRD kennen oder diese von der individuellen Wahrnehmung der einzelnen Teilnehmer abhängt, haben die Klägerinnen nämlich selbst hervorgehoben, dass die genannte Renditekurve objektiven Charakter habe und sich nicht aus einer individuellen Beurteilung dieses Produkttyps ergebe. 142 Als Zweites ist festzuhalten, dass Informationen über die Medianpreise bei „OTCs“ (Over-the-counter-Derivaten), d. h. freihändig gehandelten Derivaten, nicht den gleichen öffentlichen Charakter haben wie bei Derivaten, die auf einem regulierten Markt gehandelt werden. Auch wenn zwischen den Parteien unstreitig ist, dass diese Informationen für alle auf einem regulierten Markt tätigen Parteien verfügbar oder feststellbar sind, ist dies bei „OTC“-Derivaten nämlich nicht der Fall. 143 Zwar können sich auf derartige Produkte beziehende Informationen über die Medianpreise veröffentlicht werden, sei es unmittelbar von bestimmten Händlern oder mittelbar über Börsenmaklergesellschaften. Gleichwohl sind solche Informationen weder allgemein verfügbar noch zwangsläufig verlässlich, wovon das am 14. Februar 2007 geführte und oben in Rn. 136 erwähnte Gespräch zwischen dem Händler von HSBC und dem Händler von Barclays über die Medianpreise zeugt, die der Händler der Deutschen Bank auf seiner Bloomberg-Seite veröffentlicht hatte. 144 Als Drittes sei darauf hingewiesen, dass zwischen Mitbewerbern, die unabhängig Informationen sammeln oder auch die künftige Preisgestaltung mit Kunden und Dritten erörtern, einerseits und Mitbewerbern, die Faktoren für die Preisfestsetzung und sogar die Preisentwicklung vor der Festsetzung der Listenpreise miteinander erörtern, andererseits zu unterscheiden ist. Während das erstgenannte Verhalten im Hinblick auf einen freien und unverfälschten Wettbewerb völlig unproblematisch ist, widerspricht das zweitgenannte Verhalten nämlich dem Postulat, wonach jeder Wirtschaftsteilnehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Binnenmarkt betreiben will, diesem Selbständigkeitspostulat, das streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegensteht, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, zu dem sich der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen hat oder das er in Erwägung zieht (vgl. Urteil vom 14. März 2013, Dole Food und Dole Germany/Kommission, T‑588/08, EU:T:2013:130, Rn. 291 und 292 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 145 Außerdem ist ein Austausch nicht öffentlicher, für die Preisfestsetzung relevanter Informationen zwischen Mitbewerbern unter Wettbewerbsgesichtspunkten umso sensibler, wenn er zwischen Händlern erfolgt, die als Marktmacher auftreten, wenn man die bedeutende Rolle berücksichtigt, die diese auf dem EIRD-Markt spielen. Wie oben in den Rn. 106 und 107 hervorgehoben worden ist, sind „Marktmacher“ allgemein und kontinuierlich auf dem EIRD-Markt tätig und schließen somit eine größere Zahl von Geschäften ab als die übrigen Marktakteure. Zur Wahrung des Wettbewerbs auf dem Markt ist es umso grundlegender, dass sie ihre Preise auf autonome Weise festlegen. 146 Als Viertes ist zu bemerken, dass sich die am 14. und 16. Februar 2007 geführten Gespräche zwischen den Händlern von HSBC und denen von Barclays auf genaue und von der anderen Partei verwertbare Informationen bezogen haben. 147 So ergibt sich aus dem Wortlaut des vollständigen Gesprächs vom 14. Februar 2007 nicht nur, dass der Händler von HSBC die Höhe seines Medianpreises (4.012) und den Preis der ihm vorgeschlagenen Transaktionen (4.004/4.0015) offenlegt, sondern auch, dass sich die beiden Händler über ihren Eindruck von der Höhe und der Entwicklung der Preise austauschen. 148 Was das Gespräch vom 16. Februar 2007 angeht, so geht aus den Erläuterungen, die von den Klägerinnen in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst geliefert worden sind, hervor, dass die Händler von HSBC und von Barclays ihre Bewertung des Medianpreises für einen an den EONIA gebundenen Swap, der zehn Monate später anlaufen und einen Monat danach festgelegt werden sollte (10/11 swap EONIA), besprochen und diesen Preis mit dem Medianpreis für ein auf dem Euribor beruhendes Forward Rate Agreement verglichen haben, das sich auf dieselben Daten bezog. Aus diesem Gespräch ergibt sich zum einen, dass der Händler von HSBC seinen Medianpreis für den auf dem EONIA beruhenden Swap infolge der Stellungnahme des Händlers von Barclays neubewertet, und zum anderen, dass sich die Parteien darüber austauschen, wie stark sich diese beiden Derivate preislich unterscheiden sollten. 149 Als Fünftes ist festzuhalten, dass das Vorbringen der Klägerinnen zum vermeintlich „wettbewerbsfördernden“ Charakter des Austauschs von Informationen über die Medianpreise zwischen Marktmachern keinen Erfolg haben kann. Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, der Austausch von Informationen über die Medianpreise sei den Tätigkeiten von Händlern, insbesondere denen von Marktmachern, die auf dem EIRD-Markt tätig seien, um die Risiken zu mindern, inhärent und könne die Unterschiede zwischen Ankaufs- und Verkaufskursen zum Vorteil der Kunden verringern. 150 Es trifft zu, dass bei der Prüfung der Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung nach der oben in Rn. 57 angeführten Rechtsprechung der wirtschaftliche und rechtliche Kontext des Marktes zu berücksichtigen ist, auf dem der Informationsaustausch stattgefunden hat. 151 Es ist sicher auch richtig, dass der EIRD-Markt einen besonderen Charakter aufweist. Auf diesem Markt kommt es häufig vor, dass Banken untereinander EIRD abschließen, insbesondere zu Zwecken der Risikoabsicherung. Mit anderen Worten bringt es die Natur des Marktes mit sich, dass insbesondere als Marktmacher auftretende Banken, die hinsichtlich des EIRD-Angebots an potenzielle Kunden miteinander in Wettbewerb stehen, auch genötigt sind, untereinander zu handeln und folglich in diesem Rahmen vertrauliche Informationen auszutauschen. 152 Es ist jedoch hervorzuheben, dass die Kommission diesen Aspekt des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts des EIRD-Marktes berücksichtigt hat, da sie im Rahmen von Vertragsverhandlungen ausgetauschte Informationen von ihrer Analyse ausgeschlossen hat. 153 Festzustellen ist, dass die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen über den Rahmen einer bloßen Kritik, wonach der wirtschaftliche und rechtliche Kontext des EIRD-Marktes nicht berücksichtigt worden sei, hinausgehen und der Kommission vorwerfen, etwaigen wettbewerbsfördernden Auswirkungen der Gespräche zwischen Händlern nicht Rechnung getragen zu haben. 154 Insoweit ist zu bemerken, dass etwaige wettbewerbsfördernde Auswirkungen – außer bei Nebenabreden zu einer Hauptmaßnahme (vgl. Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung) – lediglich im Rahmen der Beurteilung von Art. 101 Abs. 3 AEUV berücksichtigt werden können. Aus einer ständigen Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass eine „rule of reason“, d. h. eine Prüfung, bei der die wettbewerbsfördernden und wettbewerbswidrigen Auswirkungen einer Vereinbarung im Rahmen von deren Einstufung gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV gegeneinander abgewogen werden, im Wettbewerbsrecht der Union nicht zulässig ist (Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. Oktober 2003, Van den Bergh Foods/Kommission, T‑65/98, EU:T:2003:281, Rn. 106). 155 Es war daher Sache der Klägerinnen, nachzuweisen, dass die Gespräche über die Medianpreise entweder unmittelbar mit dem Funktionieren des EIRD-Marktes verbunden und dafür notwendig waren oder die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllten. 156 Zum einen ist festzuhalten, dass die Klägerinnen der Kommission im Rahmen der vorliegenden Klage nicht vorwerfen, Art. 101 Abs. 3 AEUV falsch angewandt zu haben. 157 Zum anderen sei, soweit das Vorbringen der Klägerinnen dahin verstanden werden kann, dass ein Austausch von Informationen über die Medianpreise zwischen Marktmachern ihres Erachtens untrennbar mit dem Funktionieren des EIRD-Marktes verknüpft ist, darauf hingewiesen, dass, wenn eine bestimmte Maßnahme oder Tätigkeit wegen ihrer Neutralität oder ihrer positiven Wirkung auf den Wettbewerb nicht von dem grundsätzlichen Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst wird, auch eine Beschränkung der geschäftlichen Selbständigkeit eines oder mehrerer an dieser Maßnahme oder Tätigkeit Beteiligten nicht unter dieses grundsätzliche Verbot fällt, wenn sie für die Durchführung dieser Maßnahme oder Tätigkeit objektiv notwendig ist und zu den Zielen der einen oder der anderen in einem angemessenen Verhältnis steht (vgl. Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). Denn wenn es nicht möglich ist, eine solche als Nebenabrede eingestufte Beschränkung von der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit zu unterscheiden, ohne deren Bestehen oder Ziele zu gefährden, muss die Vereinbarkeit dieser Beschränkung zusammen mit der Vereinbarkeit der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit, für die sie eine Nebenabrede bildet, mit Art. 101 AEUV untersucht werden, und dies auch dann, wenn die Beschränkung als solche auf den ersten Blick unter das grundsätzliche Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV zu fallen scheint (Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 90). 158 Damit eine Beschränkung als Nebenabrede eingestuft werden kann, ist zum einen zu untersuchen, ob die Beschränkung für die Durchführung der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit objektiv notwendig ist, und zum anderen, ob sie im rechten Verhältnis zu ihr steht (Urteile vom 18. September 2001, M6 u. a./Kommission, T‑112/99, EU:T:2001:215, Rn. 106, sowie vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 64). 159 Was die erste Voraussetzung angeht, ist nach der Rechtsprechung zu ermitteln, ob die Durchführung dieser Maßnahme oder Tätigkeit ohne die fragliche Beschränkung unmöglich wäre. Der Umstand, dass die Maßnahme oder Tätigkeit ohne die Beschränkung nur schwerer durchführbar oder weniger rentabel wäre, verleiht dieser Beschränkung daher nicht den für ihre Qualifizierung als Nebenabrede erforderlichen Charakter einer „objektiv notwendigen“ Beschränkung. Diese Auslegung würde nämlich darauf hinauslaufen, diesen Begriff auf Beschränkungen auszudehnen, die für die Durchführung der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit nicht strikt unerlässlich sind. Dieses Ergebnis würde die praktische Wirksamkeit des in Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgesprochenen Verbots beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 91). 160 Diese erste Voraussetzung, angewandt auf die Umstände des vorliegenden Falls, läuft auf eine Prüfung hinaus, ob der EIRD-Markt unmöglich funktionieren könnte, wenn die Marktmacher keine Informationen über die Medianpreise austauschen. Dazu genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen zwar einräumen, dass ein solcher Austausch zwischen Händlern wettbewerbsfördernde Auswirkungen haben kann, da er es diesen Händlern ermöglicht hat, die Unsicherheit hinsichtlich des Niveaus, auf dem sie ihre Positionen abdecken und folglich günstigere Preise anbieten konnten, zu verringern. Die Klägerinnen weisen jedoch nicht nach, dass der Markt der freihändig gehandelten Derivate ohne einen solchen Informationsaustausch zwischen Händlern, die als Marktmacher auftreten, nicht funktionieren könnte. Die erste Voraussetzung ist daher im vorliegenden Fall nicht erfüllt. 161 Nach alledem ist die erste Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen. 2) Rüge betreffend die Richtigkeit der Einstufung des Austauschs von Informationen über Handelspositionen als bezweckte Beschränkung 162 Im Rahmen der vorliegenden Rüge wird die von der Kommission vorgenommene Einstufung der Verhaltensweisen beanstandet, die in den Erwägungsgründen 271 bis 276 (Gespräch vom 12. Februar 2007), 286 bis 288 (Gespräch vom 16. Februar 2007), 295 (Gespräch vom 9. März 2007) und 296 bis 298 (Gespräch vom 14. März 2007) des angefochtenen Beschlusses beschrieben sind. In ihrer Klagebeantwortung trägt die Kommission vor, auch am 13. und 28. Februar sowie am 19. März 2007 hätten Gespräche über Handelspositionen stattgefunden. 163 Was die von der Kommission in Bezug genommenen Gespräche vom 13. und 28. Februar sowie vom 19. März 2007 angeht, so genügt der Hinweis, dass sie allesamt im Hinblick auf die Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 geführt worden sind oder damit im Zusammenhang standen und dass folglich bereits festgestellt worden ist, dass sie Teil einer Verhaltensweise mit wettbewerbswidrigem Zweck waren. Im Übrigen beanstanden die Klägerinnen im Rahmen dieses Teils des Klagegrundes nicht die Einstufung der Gespräche als bezweckte Beschränkung. 164 In Bezug auf die Gespräche vom 12. und 16. Februar 2007 ist eine ähnliche Feststellung zu treffen, da bereits angemerkt worden ist, dass die Kommission diese Gespräche zu Recht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft hatte. Zum einen geht aus dem ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes hervor, dass das Gespräch vom 12. Februar 2007, wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, im Rahmen der Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 geführt wurde und als solches Teil einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV war. Zum anderen hat die Kommission aus den im Rahmen der ersten Rüge dieses Teils des Klagegrundes dargelegten Gründen ebenfalls zu Recht entschieden, dass das Gespräch vom 16. Februar 2007 Teil einer Zuwiderhandlung gegen denselben Art. 101 Abs. 1 AEUV war, soweit es in einem Austausch von Informationen über die Medianpreise bestand. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob dasselbe konkrete Verhalten noch aus einem anderen Grund als bezweckte Zuwiderhandlung einzustufen ist. 165 Es bleiben somit nur die Gespräche vom 9. und 14. März 2007. 166 Diese Gespräche fallen unter die Kategorie der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die im 113. Erwägungsgrund Buchst. b, im 358. Erwägungsgrund Buchst. b und im 392. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses (Austausch von Informationen zwischen Händlern über ihre jeweiligen Handelspositionen/Risiken in Bezug auf EIRD) sowie in den Erwägungsgründen 113, 358 und 392 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses (Austausch von Informationen zwischen Händlern über die Möglichkeit, ihre Handelspositionen abzugleichen) betrachtet werden. 167 Aus den Erwägungsgründen 394 und 395 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass zur Rechtfertigung der Einstufung des Austauschs von Informationen über die Handelspositionen als bezweckte Zuwiderhandlung dieselbe Erwägung verwendet wird wie für die Manipulation vom 19. März 2007 und den Austausch von Informationen über die Medianpreise, nämlich dass er ein für die Teilnehmer günstiges Informationsgefälle schaffe, indem er die Transparenz zwischen den Parteien steigere und die normalen dem Markt inhärenten Unsicherheiten spürbar verringere. 168 Zu bemerken ist, dass an keiner Stelle im angefochtenen Beschluss eine Definition des Begriffs „Handelsposition“ gegeben wird. Aus den verschiedenen Verwendungen dieses Ausdrucks im genannten Beschluss geht gleichwohl hervor, dass damit die Zusammensetzung des Anlageportfolios eines Händlers (das „Book“) sowie Höhe und Richtung seiner Risiken auf dem EIRD-Markt gemeint sind. 169 Begründungselemente, die sich speziell auf die Handelspositionen beziehen, finden sich in anderen Passagen des angefochtenen Beschlusses. 170 So hat die Kommission im 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass RBS zufolge jeder Marktmacher ein Transaktionslogbuch mit einer Liste von Verträgen bereithalte, und daraus abgeleitet, dass „die Marktmacher … dank des gegenseitigen Austauschs von Informationen über ihre Handelspositionen in der Lage [seien], auf dieser Grundlage ihre jeweilige Nachfrage und ihr jeweiliges Angebot im Zusammenhang mit den genannten Verträgen zu bestimmen, und … die Informationen zu ihren Gunsten verwenden könn[t]en[; das könne] sie zur Anpassung ihrer eigenen Transaktionsmodelle veranlassen und führ[e] dazu, dass sie besser informiert [seien] als die Marktmacher von Mitbewerbern und anderen Marktakteuren“. 171 Im 417. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission geltend gemacht, dass „der Austausch von Informationen über die Handelspositionen … dazu [diene], zu überprüfen, ob die Geschäftsinteressen der Parteien übereinstimmten, bevor sie andere abgestimmte Maßnahmen ergreifen k[ö]nnten, um den Wert der EIRD zum Nachteil der nicht am Kartell beteiligten Mitbewerber zu beeinflussen“. Sie hat dem hinzugefügt, dass „der Austausch solcher Informationen auf einem intransparenten EIRD-Markt … die Kartellteilnehmer in die Lage [versetze], besser informiert zu sein als die anderen Marktakteure“. In demselben Erwägungsgrund hat die Kommission darüber hinaus hervorgehoben, dass „die Kartellteilnehmer … dank des gegenseitigen Austauschs von Informationen über ihre Handelspositionen und damit dank der Möglichkeit, ihre eigenen Transaktionsmodelle anzupassen, den Wert ihrer Portfolios beeinflussen k[ö]nnten, weshalb dieser Wert wiederum die Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 [Buchst. a AEUV] und de facto die Struktur des Wettbewerbs auf dem EIRD-Markt beeinfluss[e]“. 172 Das Gespräch vom 9. März 2007, das zwischen einem Händler von HSBC und einem Händler der Deutschen Bank geführt worden ist, wird im 295. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses betrachtet. Die Kommission hat darin festgestellt, dass sich dieses Gespräch auf die spezifischen Handelspositionen wichtiger Akteure bezogen und außerhalb des Kontexts einer potenziellen Transaktion stattgefunden habe. 173 Das Gespräch vom 14. März 2007 wird in den Erwägungsgründen 296 bis 298 des angefochtenen Beschlusses besprochen. Daraus geht hervor, dass sich dieses Gespräch auf zurückliegende Spekulationsgeschäfte mit der Zinssatzdifferenz zwischen dem EONIA und dem Euribor‑1M bezogen hat, in deren Rahmen der Händler von HSBC Verluste erlitten hatte, während der von Barclays einen beträchtlichen finanziellen Gewinn erzielt haben soll. Außerdem erläutert der Händler von Barclays dem Händler von HSBC, wie der Markt seiner Ansicht nach funktioniert hat, und hebt hervor, dass das Gleiche für die Fälligkeiten von Juni gelten dürfte. 174 Um die Richtigkeit der Einstufung dieser Gespräche als bezweckte Beschränkung beurteilen zu können, sei in Erinnerung gerufen, dass die Gespräche, wie die Kommission festgestellt hat, zur Störung des normalen Verlaufs der Preisgestaltungselemente in der EIRD-Branche beigetragen hatten. Außerdem hat die Kommission – u. a. im 417. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses – festgestellt, dass die Gespräche über die Handelspositionen auch sonstige Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV beeinflusst hätten. 175 Diese zweite Einstufung wird zwar nicht im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses genannt, kann aus den oben in den Rn. 74 bis 77 erläuterten Gründen grundsätzlich aber trotzdem berücksichtigt werden, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie rechtlich hinreichend begründet ist. 176 Insoweit sei darauf hingewiesen, dass die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung nach ständiger Rechtsprechung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollfunktion ausüben kann. Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung). 177 Wie die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen zu Recht bemerken, lässt sich dem angefochtenen Beschluss nicht entnehmen, welche „sonstigen Geschäftsbedingungen“ nach dem Austausch von Informationen über Handelspositionen unter Beteiligung von HSBC koordiniert worden sein sollen. Folglich erfüllt eine solche Rechtfertigung nicht die Kriterien, an die in der oben in Rn. 176 erwähnten Rechtsprechung erinnert worden ist, so dass sie bei der Kontrolle der Richtigkeit der Einstufung des Austauschs von Informationen über die Handelspositionen als bezweckte Beschränkung nicht berücksichtigt werden kann. 178 Deshalb ist im Rahmen der vorliegenden Rüge zu prüfen, ob die Kommission zu Recht annehmen durfte, dass ein solcher Informationsaustausch den normalen Verlauf der Preisgestaltungselemente in der EIRD-Branche gestört hat. 179 Insoweit ist als Erstes zu bemerken, dass ein Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern über die Zusammensetzung ihres Anlageportfolios oder die Höhe ihrer Risiken nicht die gleiche Relevanz für die Festsetzung der Preise auf dem EIRD-Markt hat wie ein Austausch von Informationen über die Medianpreise. Aus den oben in den Rn. 139 bis 141 dargelegten Gründen lässt sich auf der Basis solcher Informationen über die Medianpreise nämlich leichter ermitteln, was ein Mitbewerber als festen Zinssatz für ein Derivat vorschlägt und wo der variable Zinssatz nach seiner Wahrnehmung am Festlegungstag liegen wird, was für einen Austausch von Informationen über die Handelspositionen, die sich nicht unmittelbar auf die EIRD-Zinssätze beziehen, nicht gilt. 180 Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Kommission selbst anerkannt, dass ein Austausch von Informationen über die Handelspositionen naturgemäß nicht die gleiche wettbewerbsbeschränkende Tragweite habe wie ein Austausch von Informationen über die Medianpreise. 181 Diese Schlussfolgerung wird auch durch eine Auslegung des angefochtenen Beschlusses untermauert. Daraus geht hervor, dass die meisten Austausche von Informationen über die Handelspositionen eher Komplementärcharakter im Verhältnis zu anderen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen mit erwiesenermaßen wettbewerbsbeschränkendem Zweck gehabt haben. So hebt die Kommission im 417. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass „der Austausch von Informationen über die Handelspositionen … dazu [diene], zu überprüfen, ob die Geschäftsinteressen der Parteien übereinstimmten, bevor sie andere abgestimmte Maßnahmen ergreifen k[ö]nnten, um den Wert der EIRD zum Nachteil der nicht am Kartell beteiligten Mitbewerber zu beeinflussen“. 182 Daher hing der Großteil der über die Handelspositionen geführten Gespräche, an denen die Händler von HSBC teilgenommen haben, mit der Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 zusammen. Dies ist der Fall bei den Gesprächen mit dem Händler von Barclays vom 12., 13. und 28. Februar sowie vom 19. März 2007. 183 Etwas anderes gilt für die Gespräche vom 9. und 14. März 2007, die nicht mit Blick auf die Manipulation des Euribor vom 19. März 2007 geführt worden sind. 184 Als Zweites geht aus der oben in den Rn. 54, 55, 59 und 62 angeführten Rechtsprechung hervor, dass ein Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern zwar gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen kann, wenn er die Unsicherheit hinsichtlich des Funktionierens des betreffenden Marktes verringert oder beseitigt und infolgedessen den Wettbewerb zwischen Unternehmen einschränkt, die Einstufung als bezweckte Zuwiderhandlung aber trotzdem einem Informationsaustausch vorbehalten werden muss, der den Wettbewerb so nachteilig beeinflusst, dass seine Auswirkungen nicht mehr geprüft zu werden brauchen. Dies gilt insbesondere für einen Informationsaustausch, der Unsicherheiten bei den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Umfangs und der Modalitäten der Anpassung des künftigen Marktverhaltens der betreffenden Unternehmen beseitigen könnte. 185 Als Drittes ist demnach zu prüfen, ob die anlässlich der Gespräche vom 9. und 14. März 2007 ausgetauschten Informationen die Unsicherheit über den Markt in einer Weise verringert oder beseitigt haben, dass die Kommission daraus eine Beeinflussung des normalen Verlaufs der Preisgestaltungselemente in der EIRD-Branche herleiten konnte, ohne ihre Auswirkungen untersuchen zu müssen. 186 Was erstens das Gespräch vom 9. März 2007 angeht, ist hervorzuheben, dass die Kommission dem Händler von HSBC im 295. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vorwirft, den Händler der Deutschen Bank über seine Handelspositionen informiert zu haben, indem er u. a. „j’ai fait la patte 5 ans … je suis flattener à des niveau[x] imbattables! et je reste short du court euro“ schrieb, worauf der Händler der Deutschen Bank mit „bravo bien joué“ antwortete. Sie wirft dem Händler von HSBC darüber hinaus vor, in demselben Gespräch „flattener euro maintenant 2‑5 ans short de juin et sept 7 euribor“ über sein Portfolio geschrieben zu haben, was die Kommission dahin ausgelegt hat, dass er „eine Verringerung des Spread zwischen den Preisen von EIRD mit einer Laufzeit zwischen zwei und fünf Jahren [erwartete] und [dass der Händler von HSBC] eine kurze Handelsposition auf die Zins-Futures von Juni und September 2007 [hatte]“. Die Kommission hat ferner darauf hingewiesen, dass der Händler der Deutschen Bank ihm mit „moi j’ai pas de h8 et de 2y!“ geantwortet habe, was die Kommission so ausgelegt hat, als bedeutete dies, dass „im März 2008 keine Zins-Futures [abliefen] und es keine Zins-Futures auf EIRD mit einer Laufzeit von zwei Jahren gab“. 187 Zu bemerken ist, dass die Händler zwar die Zusammensetzung ihres Portfolios besprochen und dabei außerhalb des Kontexts einer potenziellen Transaktion Informationen mit vertraulichem Charakter ausgetauscht haben. 188 Allerdings weist die Kommission entgegen ihrem Vorbringen nicht rechtlich hinreichend nach, dass dieses Gespräch den Händlern einen Informationsvorsprung verschafft hätte, auf dessen Grundlage sie anschließend ihre Handelsstrategien abgleichen konnten. 189 Zum einen vermittelt dieses Gespräch nämlich den Eindruck, dass sich der Händler von HSBC gegenüber dem Händler der Deutschen Bank mit einem von ihm getätigten erfolgreichen Geschäft brüstet, wozu Letzterer ihn beglückwünscht. Auf der Basis der erteilten Informationen, die weder sehr genau noch sehr detailliert sind, kann dieses Gespräch nicht als die Erläuterung einer „Strategie“ betrachtet werden, die, wenn sie nur dem Händler der Deutschen Bank bekannt gewesen wäre, diesen in eine so vorteilhafte Lage im Verhältnis zu seinen Mitbewerbern versetzt hätte, dass die Kommission daraus hätte ableiten können, dass das genannte Gespräch einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck verfolgte. 190 Zum anderen beziehen sich die von den Händlern erteilten bruchstückhaften Informationen über ihr Portfolio, wie die Klägerinnen hervorheben, ohne dass die Kommission dem widerspricht, weder auf die Laufzeiten der betreffenden Zinssätze noch auf den Umfang der betreffenden Positionen. 191 Mangels genauerer diesbezüglicher Informationen lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass das besagte Gespräch die Unsicherheit über den Markt in einer Weise verringert oder beseitigt hätte, dass die Kommission daraus eine Beeinflussung des normalen Verlaufs der Preisgestaltungselemente in der EIRD-Branche hätte herleiten können, ohne seine Auswirkungen untersuchen zu müssen. 192 Was zweitens das in den Erwägungsgründen 296 bis 298 des angefochtenen Beschlusses genannte Gespräch vom 14. März 2007 betrifft, so ist zwar festzuhalten, dass die zwischen den Händlern ausgetauschten Informationen – anders als beim vorherigen Gespräch – genau und klar sind. Der Händler von Barclays informiert den Händler von HSBC darüber, wie in Zukunft ein finanzieller Gewinn erzielt werden kann, wenn man auf die Zinssatzdifferenz zwischen dem Euribor-1M und dem EONIA setzt. 193 Festzustellen ist jedoch, dass der Händler von Barclays dem Händler von HSBC auf diese Weise keinerlei vertrauliche Informationen liefert. Er setzt ihn lediglich über seine Beobachtung in Kenntnis, wonach im Wesentlichen der EONIA-Zinssatz den Euribor-1M-Zinssatz beeinflussen könne. Auch wenn der Händler von HSBC von diesem Merkmal der Interaktion zwischen den beiden Zinssätzen nichts zu wissen schien, handelt es sich hierbei um eine einfache Beobachtung, die alle Marktbeobachter hätten machen können. Daher ist nicht davon auszugehen, dass diese einem Mitbewerber gegebene Erläuterung die Unsicherheit über den Markt in einer Weise verringert oder beseitigt, dass die Kommission daraus eine Beeinflussung des normalen Verlaufs der Preisgestaltungselemente in der EIRD-Branche herleiten konnte. 194 In Anbetracht des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die Gespräche vom 9. und 14. März 2007 weder einzeln noch zusammengenommen als Gespräche mit wettbewerbsbeschränkendem Zweck im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV betrachtet werden können. 195 Somit tragen die Klägerinnen im zweiten Teil des ersten Klagegrundes zu Recht vor, die Kommission habe die Gespräche vom 9. und 14. März 2007 nicht als Gespräche mit wettbewerbsbeschränkendem Zweck ansehen dürfen. 2. Zweiter, dritter und vierter Klagegrund: von der Kommission vorgenommene Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung 196 Der zweite, der dritte und der vierte Klagegrund sind gegen die Feststellung der Kommission gerichtet, dass sich HSBC an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt habe. 197 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 156 und die dort angeführte Rechtsprechung). 198 Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer solchen einheitlichen und komplexen Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 157 und die dort angeführte Rechtsprechung). 199 Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 158 und die dort angeführte Rechtsprechung). 200 Hat sich ein Unternehmen dagegen an einer oder mehreren wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bilden, unmittelbar beteiligt, ist aber nicht nachgewiesen, dass es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung sämtlicher von den anderen Kartellbeteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die genannten Kartellbeteiligten in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, so ist die Kommission lediglich berechtigt, dieses Unternehmen für die Verhaltensweisen, an denen es sich unmittelbar beteiligt hat, und die Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen, die die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen wie der von ihm verfolgten Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten und für die nachgewiesen ist, dass es von ihnen wusste oder sie vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 159 und die dort angeführte Rechtsprechung). 201 Bei der Qualifizierung verschiedener Vorgänge als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist nicht zu prüfen, ob sie insofern in einem Komplementaritätsverhältnis stehen, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einheitliches Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben. Die den Begriff des einheitlichen Ziels betreffende Voraussetzung bedeutet vielmehr, dass geprüft werden muss, ob nicht Gesichtspunkte, die die verschiedenen die Zuwiderhandlung ausmachenden Verhaltensweisen kennzeichnen, vorliegen, die darauf hindeuten könnten, dass die von anderen beteiligten Unternehmen vorgenommenen Handlungen nicht das gleiche Ziel oder die gleiche wettbewerbswidrige Wirkung haben und sich daher nicht wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:866, Rn. 247 und 248). 202 Soweit die Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dazu führt, dass einem Unternehmen die Beteiligung an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zugerechnet wird, sei außerdem darauf hingewiesen, dass die Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). 203 Der Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV setzt voraus, dass die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise beibringt. Nicht jeder der von der Kommission beigebrachten Beweise muss jedoch notwendigerweise diesem Kriterium in Bezug auf jedes Element der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, dass das Bündel der von diesem Organ angeführten Indizien bei einer Gesamtbetrachtung dieses Erfordernis erfüllt (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 204 Ferner müssen dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen. Die Unschuldsvermutung ist nämlich ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). 205 Darüber hinaus ist der Grundsatz der Unschuldsvermutung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). 206 Im vorliegenden Fall hat die Kommission, wie bereits oben in Rn. 70 hervorgehoben worden ist, drei Gruppen von Verhaltensweisen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft, je nachdem, ob sie sich erstens auf die Manipulation der Euribor-Quotierungen (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. a: Austausch von Informationen über die Präferenzen für ein Euribor-Zinsniveau; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. d: Austausch von Informationen über die Möglichkeit, die Euribor-Quotierungen abzugleichen; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. e: Kontaktaufnahme mit dem innerhalb seiner Bank für die Euribor-Quotierung zuständigen Mitarbeiter durch den beteiligten Händler; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. f: Vereinbarungen über die Meldung von Versuchen der Einflussnahme auf die Euribor-Quotierungen), zweitens auf einen Austausch von Informationen über Handelspositionen hinsichtlich der EIRD (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. b: Austausch von Informationen über die jeweiligen Handelspositionen/Risiken; Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. c: Austausch von Informationen über die Möglichkeit, die Handelspositionen abzugleichen) oder drittens auf einen Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über die Absichten und die EIRD-Preisstrategie beziehen (Erwägungsgründe 113, 358 und 392 Buchst. g). 207 Die im angefochtenen Beschluss vorgebrachten Gründe zur Rechtfertigung dieser Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung finden sich in den Erwägungsgründen 442 bis 492 des angefochtenen Beschlusses und sind oben in Rn. 19 zusammengefasst. Die Kommission hat festgestellt, dass ein einheitliches wirtschaftliches Ziel vorliege (Erwägungsgründe 444 bis 450), sowie die Auffassung vertreten, dass die verschiedenen in Rede stehenden Verhaltensweisen Teil eines gemeinsamen Verhaltensmusters seien (Erwägungsgründe 451 bis 456) und dass die Händler der betreffenden Banken die allgemeine Tragweite und die wesentlichen Merkmale des gesamten Kartells gekannt hätten oder hätten kennen müssen (Erwägungsgründe 457 bis 483). 208 Wie aus der oben in den Rn. 197 und 198 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, sind drei Elemente entscheidend für die Feststellung der Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung. Das erste betrifft das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung selbst. Die verschiedenen in Rede stehenden Verhaltensweisen müssen Teil eines „Gesamtplans“ mit einheitlichem Ziel sein. Das zweite und das dritte Element betreffen die Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an ein Unternehmen. Zum einen muss dieses Unternehmen die Absicht gehabt haben, durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Teilnehmern verfolgten gemeinsamen Ziele beizutragen. Zum anderen muss es von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten gewusst haben oder musste es vernünftigerweise vorhersehen können und bereit sein, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. Mit ihrem zweiten, dritten bzw. vierten Klagegrund bestreiten die Klägerinnen das Vorliegen dieser drei Elemente. a) Zweiter Klagegrund: Bestreiten des Vorliegens eines „Gesamtplans“ mit einheitlichem Ziel 209 Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes bestreiten die Klägerinnen das Vorliegen eines „Gesamtplans“ mit einheitlichem Ziel und leiten daraus ab, dass die von der Kommission vorgenommene Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung falsch ist. 210 Die einschlägigen Gründe des angefochtenen Beschlusses finden sich in dessen Erwägungsgründen 444 bis 456 unter den Überschriften „Einheitliches wirtschaftliches Ziel“ und „Gemeinsames Verhaltensmuster“ und sind oben in Rn. 19 zusammengefasst worden. 211 Das Vorbringen der Klägerinnen im zweiten Klagegrund lässt sich in zwei Teile einteilen, je nachdem, ob es sich im Wesentlichen auf das einheitliche Ziel der Zuwiderhandlung oder das Vorliegen eines „Gesamtplans“ bezieht. 1) Erster Teil des Klagegrundes: einheitliches Ziel der Zuwiderhandlung 212 Nach Auffassung der Klägerinnen können Gespräche zwischen Händlern über Fragen, die nichts mit der Manipulation der Zinssätze zu tun haben, nicht dasselbe einheitliche Ziel haben wie Gespräche über die Manipulation dieser Zinssätze. 213 Die Kommission vertritt die Ansicht, sämtliche in Rede stehenden Verhaltensweisen könnten dem von ihr ermittelten einheitlichen Ziel zugeordnet werden. 214 Im 445. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist das von der Kommission festgestellte einheitliche Ziel als „[Minderung der] von [den Kartellparteien] geschuldeten Cashflows (oder [Erhöhung] der von ihnen zu erhaltenden Cashflows) und folglich [Erhöhung] des Werts der EIRD in ihrem Portfolio zum Nachteil der Gegenparteien an diesen EIRD“ beschrieben worden. 215 Wie oben in Rn. 100 erläutert worden ist, ergeben sich die Cashflows im Zusammenhang mit einem EIRD aus der Differenz zwischen dem festen Zinssatz des Vertrags, d. h. dem zwischen den Parteien ausgehandelten Zinssatz, und dem variablen Zinssatz, der vom Referenzzinssatz abhängt. 216 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des einzigen Ziels nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs in einem bestimmten Sektor bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des einzigen Ziels könnte dem Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einzigen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten (Urteile vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, EU:T:2007:380, Rn. 180, vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, EU:T:2010:165, Rn. 92, sowie vom 30. November 2011, Quinn Barlo u. a./Kommission, T‑208/06, EU:T:2011:701, Rn. 149). 217 Hieraus ergibt sich notwendigerweise, dass nur Wettbewerbsbeschränkungen, die nachweislich eine Störung des normalen Verlaufs des festen oder des variablen EIRD-Zinssatzes bezweckten, unter das von der Kommission festgestellte einheitliche Ziel fallen können. Es widerspräche nämlich der oben in Rn. 216 angeführten Rechtsprechung, wenn unter dieses Ziel wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen subsumiert würden, die in keinem hinreichend engen Zusammenhang mit der Festlegung besagter Zinssätze stehen. 218 Folglich ist zu prüfen, ob die drei von der Kommission hervorgehobenen Gruppen von Verhaltensweisen, die oben in den Rn. 70 und 206 in Erinnerung gerufen worden sind, mit diesem einheitlichen Ziel in Verbindung gebracht werden können. Insoweit ist zwischen den Verhaltensweisen, die sich auf die Manipulation der Euribor-Quotierungen beziehen, einerseits und dem Austausch von Informationen über Handelspositionen hinsichtlich der EIRD und dem Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über die Absichten und die EIRD-Preisstrategie andererseits zu unterscheiden. 219 Was erstens die Manipulationen der Euribor-Quotierungen angeht, so fallen diese notwendigerweise unter das von der Kommission ermittelte einheitliche Ziel, da der variable Zinssatz eines EIRD unmittelbar auf dem Referenzzinssatz beruht. 220 Deshalb kann in Bezug auf HSBC ohne Weiteres festgestellt werden, dass die oben in den Rn. 85, 163 und 164 betrachteten Gespräche vom 12., 13. und 28. Februar sowie vom 19. März 2007, die mit Blick auf die Manipulation vom 19. März 2007 geführt worden sind, dieses einheitliche Ziel verfolgen. 221 In ihrer Erwiderung machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass Manipulationen verschiedener Laufzeiten von Referenzzinssätzen so eng miteinander verknüpft seien, dass sie zu derselben einheitlichen Zuwiderhandlung gehörten. 222 Insoweit ist zu bemerken, dass HSBC nach den Feststellungen der Kommission an einem im 339. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Gespräch vom 27. März 2007 beteiligt war, in dem der Händler von Barclays die Möglichkeit einer zukünftigen Manipulation der Referenzzinssätze in Betracht gezogen hat. Aufgrund dieses Gesprächs, dessen wettbewerbsbeschränkender Zweck von den Klägerinnen nicht bestritten wird, ist das Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung in Bezug auf die Klägerinnen auf den 27. März 2007 festgesetzt worden. 223 Obwohl diese Kritik der Klägerinnen summarisch und erst im Erwiderungsstadium vorgetragen wird, kann sie vom Gericht gleichwohl untersucht werden. Zum einen ist das Gericht in der Lage, den Sinn der Kritik zu verstehen, und zum anderen stellt die Kritik eine bloße Erweiterung des bereits in der Klageschrift enthaltenen Vorbringens und nicht die Geltendmachung eines neuen Klagegrundes im Laufe des Verfahrens dar, was gemäß Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung verboten wäre. Diese Kritik weist nämlich einen so engen Zusammenhang mit der Klageschrift auf, dass sie als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2017, Petrov u. a./Parlament, T‑452/15, EU:T:2017:822, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 224 Was die Begründetheit dieser Kritik angeht, so ist hervorzuheben, dass die oben in Rn. 216 erwähnte Rechtsprechung die Kommission zwar daran hindert, eine Definition des einheitlichen Ziels zu wählen, die so weit ist, dass sie einem allgemeinen Verweis auf eine Verzerrung des Wettbewerbs in einem bestimmten Sektor gleichkäme, es aber der Logik des Begriffs einer einheitlichen Zuwiderhandlung widerspräche, wenn der Kommission eine Verpflichtung auferlegt würde, dieses einheitliche Ziel so genau zu definieren, dass die Definition de facto einer Subsumtion verschiedener Verhaltensweisen unter dieselbe Zuwiderhandlung entgegenstünde. 225 Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass verschiedene Manipulationen von Referenzzinssätzen dasselbe einheitliche Ziel verfolgen können. 226 Was zweitens den Austausch von Informationen über Handelspositionen und den Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über die Absichten und die EIRD-Preisstrategie betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass es hier nur um die Austausche geht, die nicht mit Blick auf eine Manipulation der Referenzzinssätze oder im Zusammenhang damit stattgefunden haben. 227 Die Gespräche, die von den Händlern mit Blick auf eine Manipulation der Referenzzinssätze oder im Zusammenhang damit geführt worden sind, fallen nämlich aus den oben in den Rn. 219 bis 225 dargelegten Gründen unter das einheitliche Ziel der Zuwiderhandlung. Aus den oben in den Rn. 181 und 182 dargelegten Gründen gilt dies in Bezug auf HSBC für die am 12., 13. und 28. Februar sowie am 19. März 2007 geführten Gespräche über die Handelspositionen, an denen ihre Händler teilgenommen haben. 228 Anders als die Klägerinnen vorzutragen scheinen, lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass ein Austausch von Informationen über Handelspositionen und ein Austausch detaillierter, nicht öffentlich zugänglicher Informationen über ihre Absichten und ihre EIRD-Preisstrategie, auch wenn sie nicht mit Blick auf eine Manipulation der Referenzzinssätze oder im Zusammenhang damit stattgefunden haben, unter das von der Kommission festgestellte einheitliche Ziel fallen können. Aus den oben in den Rn. 216 und 217 erläuterten Gründen ist eine solche Subsumtion jedoch nur möglich, sofern die Kommission nachgewiesen hat, dass diese Austausche eine Störung des normalen Verlaufs des festen oder des variablen EIRD-Zinssatzes bezweckten. In Bezug auf HSBC ergibt sich oben aus den Rn. 139 bis 161, dass dies bei den Gesprächen vom 14. und 16. Februar 2007, an denen ihre Händler teilgenommen haben, der Fall gewesen ist. 229 In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. 2) Zweiter Teil des Klagegrundes: Bestreiten des Vorliegens eines „Gesamtplans“ 230 Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen die Behauptung der Kommission, dass die verschiedenen aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen Teil eines Gesamtplans gewesen seien, der eine Verbesserung der aktuellen und zukünftigen Handelspositionen ihrer Bank bezweckt habe, da es keinerlei Beweis für einen Gesamtplan gebe. In diesem Zusammenhang tragen sie im Wesentlichen vor, die Rechtfertigung, die daraus hergeleitet werde, dass die genannten Verhaltensweisen von einer „festen Gruppe von Einzelpersonen“ an den Tag gelegt worden seien, könne auf HSBC keine Anwendung finden. Außerdem lasse sich mit dem Verweis auf das „Geheimnis“ im angefochtenen Beschluss nicht feststellen, dass ihrer Art nach sehr unterschiedliche Verhaltensweisen ein einheitliches wirtschaftliches Ziel verfolgten. Sie machen darüber hinaus geltend, die Behauptungen der Kommission, dass die Gespräche „denselben oder nahezu denselben Inhalt“ gehabt oder sich „immer auf die gleiche Art von Geschäften“ bezogen hätten, seien zumindest in Bezug auf HSBC tatsächlich falsch. 231 Die Kommission trägt im Wesentlichen vor, sie habe das Vorliegen eines „Gesamtplans“ im angefochtenen Beschluss rechtlich hinreichend nachgewiesen. 232 Im 446. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission das Vorliegen eines „Gesamtplans“ im Wesentlichen auf den Umstand gestützt, dass die Parteien durch Festlegung allgemeiner Regeln für ihr Tätigwerden bzw. Fernbleiben vom Markt, die zur Folge gehabt hätten, dass der Wettbewerb zwischen ihnen durch eine Zusammenarbeit auf Kosten der übrigen Marktteilnehmer ersetzt worden sei, eindeutig eine gemeinsame Strategie verfolgt hätten, die ihr individuelles Geschäftsverhalten eingeschränkt habe. Darüber hinaus hat sie im 451. Erwägungsgrund hervorgehoben, dass das Kartell von einer festen Personengruppe „geleitet und aufrechterhalten“ worden sei, und im 452. Erwägungsgrund, dass die Parteien bei ihren wettbewerbswidrigen Tätigkeiten einem sehr ähnlichen Muster gefolgt seien. In den Erwägungsgründen 452 bis 456 hat sie insoweit darauf hingewiesen, dass die Kontakte zwischen den Banken oftmals gleichzeitig oder kurz nacheinander stattgefunden hätten, dass diese Kommunikation, wie der Sprachgebrauch belege, oftmals zwischen den am Kartell beteiligten Personen verlaufen sei, dass die Parteien Vorkehrungen getroffen hätten, um ihre Kontakte zu verheimlichen, und dass die verschiedenen Kommunikationen einen identischen oder teilweise identischen Inhalt hätten. 233 Aus den verschiedenen von der Kommission im angefochtenen Beschluss erläuterten Gründen leitet das Gericht ab, dass das zentrale Element, mit dem sich das Vorliegen eines „Gesamtplans“ nachweisen lässt, die im 451. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehobene Tatsache ist, dass das Kartell von einer festen Personengruppe „geleitet und aufrechterhalten“ wurde. 234 Die anderen im angefochtenen Beschluss genannten und oben in Rn. 232 zusammengefassten Gründe wie beispielsweise die Ähnlichkeit der wettbewerbswidrigen Tätigkeiten der Händler auf dem Markt, ihre Häufigkeit oder der Wille dieser Händler, ihr Verhalten geheim zu halten, können nämlich zwar den Eindruck verstärken, dass ein „Gesamtplan“ vorliegt; mangels schlüssigerer Beweise lässt sich mit ihnen für sich genommen aber nicht das Vorliegen eines solchen Plans nachweisen. 235 Folglich kann das Vorliegen eines solchen „Gesamtplans“, der die Einstufung als einheitliche Zuwiderhandlung rechtfertigen würde, nur insoweit festgestellt werden, als diese verschiedenen Verhaltensweisen als Verhaltensweisen anzusehen sind, die unter Leitung oder Aufsicht derselben Personengruppe stattgefunden haben. 236 Insoweit ist zu bemerken, dass die Klägerinnen nicht den Grund, dass das Kartell von einer festen Gruppe von Händlern geleitet und aufrechterhalten worden sei, als solchen anfechten, sondern vielmehr geltend machen, keiner der Händler von HSBC sei Teil dieser Gruppe gewesen. Festzustellen ist, dass sich das Vorbringen nicht so sehr auf die Richtigkeit der von der Kommission vorgenommenen Einstufung als einheitliche Zuwiderhandlung, sondern vielmehr auf deren Zurechenbarkeit an HSBC bezieht, die im Rahmen des vierten Klagegrundes geprüft werden soll. 237 Unter diesem Vorbehalt sind der zweite Teil des Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. b) Vierter Klagegrund: Bestreiten der Tatsache, dass HSBC das rechtswidrige Verhalten der anderen Teilnehmer kannte 238 Die Klägerinnen wenden sich gegen die Feststellung der Kommission, dass HSBC die mutmaßlich rechtswidrigen Verhaltensweisen der anderen Banken gekannt habe oder hätte kennen müssen. Weder mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses, die sich auf sämtliche Banken bezögen, noch mit den Gründen, die speziell HSBC beträfen, lasse sich nachweisen, dass HSBC die allgemeine Tragweite und die wesentlichen Merkmale des gesamten Kartells gekannt habe oder hätte kennen müssen. 239 Die Klägerinnen machen u. a. geltend, aus dem Gespräch vom 12. Februar 2007 lasse sich lediglich ableiten, dass der Händler von HSBC eine ungefähre Vorstellung vom allgemeinen Plan zur Manipulierung des Euribor-3-M am 19. März 2007 gehabt habe, ohne jedoch zu wissen, welche Banken beteiligt gewesen seien, und bestreiten, dass der Händler von Barclays den Händler von HSBC eindeutig über die Beteiligung anderer Banken an der genannten Manipulation informiert hat oder dass dieser sich dessen vollkommen bewusst war. Jedenfalls bedeute die Tatsache, dass der Händler von HSBC möglicherweise von der Beteiligung anderer Banken an der Manipulation vom 19. März 2007 gewusst habe, nicht, dass er auch von der umfassenderen Reihe von Kontakten zwischen anderen Banken gewusst habe, die über einen längeren Zeitraum stattgefunden hätten. Auch sei der im 491. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellte Umstand, dass der Händler von Barclays einen Händler von HSBC – am 27. März 2007 – auf eine zukünftige Wiederholung der Manipulation vom 19. März 2007 hingewiesen habe, im Rahmen eines Gesamtkartells, das zwischen dem 12. Februar und dem 26. März 2007 bestanden habe, irrelevant. 240 Die Kommission trägt zunächst vor, HSBC habe sich über ihre Kontakte mit Barclays an allen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildeten, beteiligt; dieser Umstand genüge, um sie für all diese Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen. 241 Die Kommission macht geltend, sie habe gleichwohl bewiesen, dass HSBC die rechtswidrigen Verhaltensweisen der anderen Unternehmen gekannt habe oder vernünftigerweise habe vorhersehen können. Sie bezieht sich insoweit auf den Inhalt der Informationsaustausche zwischen HSBC und Barclays vom 12. Februar sowie vom 7. und 19. März 2007. Die Kommission tritt dem Argument der Klägerinnen entgegen, wonach die Tatsache, dass HSBC von der Manipulation vom 19. März 2007 gewusst habe, nicht bedeute, dass sie auch von den anderen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gewusst habe. 242 Die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die sich auf die Kenntnis von den rechtswidrigen Verhaltensweisen beziehen, finden sich in den Erwägungsgründen 457 bis 465 des angefochtenen Beschlusses, was die allen Banken gemeinsamen Gründe betrifft, und in den Erwägungsgründen 471 bis 476 dieses Beschlusses, was die Gründe betrifft, die sich speziell auf HSBC beziehen. 243 Die allen Banken gemeinsamen Gründe beruhen auf der im 457. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Annahme, dass die an den wettbewerbswidrigen Informationsaustauschen beteiligten Händler qualifizierte Fachleute waren, die die allgemeine Tragweite und die Merkmale des Kartells kannten oder hätten kennen müssen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission erstens im 458. Erwägungsgrund auf den sehr spezifischen Kontext verwiesen, in dem die Händler tätig sind und der durch bilaterale Informationsaustausche gekennzeichnet ist, die registriert und kontrolliert werden. Zweitens hat sie im 459. Erwägungsgrund hervorgehoben, dass die an den Vereinbarungen beteiligten Händler gewusst hätten, dass die Händler anderer Banken bereit waren, sich an der gleichen Art von Kartellverhalten betreffend Preisgestaltungselemente und andere EIRD-Handelsbedingungen zu beteiligen. Drittens hat sie in den Erwägungsgründen 460 und 461 des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht, die Beweismittel zeigten, dass eine verbreitete allgemeine Kenntnis vom deklaratorischen Charakter des Verfahrens zur Festlegung der Euribor-Zinssätze und folglich der Möglichkeit bestehe, dieses Verfahren über Quotierungen der „Panel-Banken“ zu beeinflussen. Viertens hat sie im 463. Erwägungsgrund hervorgehoben, dass die einzelnen in Rede stehenden Banken seit mehreren Jahren auf dem betreffenden Markt tätig seien und sich die Händler nicht überrascht gezeigt hätten, als sie gebeten worden seien, ihr Verhalten untereinander abzustimmen. Aus dem Zusammenwirken dieser Elemente hat sie in den Erwägungsgründen 462 und 464 im Wesentlichen abgeleitet, dass die an bilateralen Informationsaustauschen beteiligten Händler gewusst hätten oder hätten wissen müssen, dass vermutlich mehrere Banken an den geheimen Absprachen beteiligt seien, auch wenn ihnen diese Information nicht ausdrücklich mitgeteilt worden war. Im 465. Erwägungsgrund hat die Kommission darüber hinaus hervorgehoben, dass die Gespräche der Händler akribisch dokumentiert und streng beaufsichtigt worden seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass ihre Leitung von den wesentlichen Merkmalen des Kartellplans und der Beteiligung ihrer Arbeitnehmer an diesem Plan gewusst habe oder hätte wissen müssen. Zudem müsse sie die Vorkehrungen berücksichtigen, die von den Händlern getroffen worden seien, um ihre Absprachen geheim zu halten. 244 Was die Gründe angeht, die sich speziell auf HSBC beziehen, so hat die Kommission erstens im 471. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben, dass der Händler von Barclays dem Händler von HSBC bereits zu Beginn der Beteiligung von HSBC an der Zuwiderhandlung – am 12. Februar 2007 – die geplante Manipulation vom 19. März 2007 in einer Weise erläutert habe, die impliziert habe, dass andere Banken an dieser Manipulation beteiligt gewesen seien. Zweitens hat sie im 472. Erwägungsgrund unterstrichen, dass der Händler von HSBC über die sehr engen Bindungen zwischen dem Händler von Barclays einerseits und den Händlern von JP Morgan, der Société Générale und der Deutschen Bank andererseits auf dem Laufenden gewesen sei. Drittens hat sie im 472. Erwägungsgrund festgestellt, dass die Händler der Deutschen Bank und von Barclays den Händler von HSBC für einen zuverlässigen Kartellpartner gehalten hätten. Daraus hat sie im 473. Erwägungsgrund abgeleitet, dass die Händler von HSBC gewusst hätten oder zumindest hätten wissen müssen, dass ihre Gespräche mit Barclays Teil eines Netzes wettbewerbswidriger Kontakte gewesen seien, das jedenfalls Barclays, die Deutsche Bank, die Société générale, HSBC und eine oder mehrere nicht genannte Banken umfasst habe, die über die Manipulation vom 19. März 2007 dazu beitragen sollten, die beabsichtigten wettbewerbswidrigen Wirkungen zu erzielen. Außerdem hat sie dem in den Erwägungsgründen 475 und 476 hinzugefügt, dass sich HSBC in Anbetracht des kurzen Zeitraums ihrer Beteiligung an den geheimen Absprachen fortgesetzt am Plan beteiligt habe. 245 Zunächst ist hervorzuheben, dass dem oben in Rn. 240 angeführten Argument der Kommission, wonach sich HSBC an sämtlichen in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen beteiligt habe, was genüge, um sie für alle Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen, nicht gefolgt werden kann. 246 Insoweit ist zu bemerken, dass die zur Last gelegten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zumindest in Bezug auf HSBC im Rahmen bilateraler Gespräche stattgefunden haben. Daher kann der Umstand, dass die Gespräche, an denen HSBC teilgenommen hat, möglicherweise zu jeder der in den Erwägungsgründen 113, 358 und 392 des angefochtenen Beschlusses genannten Kategorien gehört haben, sein Vorliegen unterstellt als solcher nicht genügen, um HSBC für das rechtswidrige Verhalten der Banken zur Verantwortung zu ziehen, zu denen sie keine direkten Kontakte unterhalten hat. Entsprechend der oben in Rn. 198 angeführten Rechtsprechung hatte die Kommission nachzuweisen, dass HSBC von diesem von den anderen Banken beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte. 247 Diesbezüglich ist zwischen der Manipulation vom 19. März 2007 und ihrer möglichen Wiederholung einerseits und den anderen von der Kommission im Rahmen der einheitlichen Zuwiderhandlung berücksichtigten Verhaltensweisen andererseits zu unterscheiden. 1) Kenntnis von HSBC über die Beteiligung anderer Banken an der Manipulation vom 19. März 2007 und ihre mögliche Wiederholung 248 HSBC hat sich vom 12. Februar bis zum 19. März 2007 an der oben in den Rn. 85 bis 90 beschriebenen Manipulation zur Erschließung der Vorteile aus der Meldung niedriger Quotierungen für den Euribor‑3M vom 19. März 2007 beteiligt. Außerdem ist in einem im 329. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten Gespräch vom 19. März 2007, das zwischen einem der Händler von HSBC und dem Händler von Barclays geführt worden ist, eine mögliche Wiederholung dieser Manipulation erörtert worden. Diese Wiederholung hat der Händler von Barclays in einem mit einem anderen Händler von HSBC am 27. März 2007 geführten Gespräch, das im 339. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnt wird, erneut angesprochen. 249 Was die Manipulation vom 19. März 2007 angeht, so ist festzustellen, dass die Kommission über unmittelbare Beweise verfügt, aus denen hervorgeht, dass HSBC wusste, dass sie sich zusammen mit anderen Banken an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligte. 250 Die Kommission hat im 471. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass sich diese Kenntnis von HSBC über die Beteiligung anderer Banken aus dem Gespräch vom 12. Februar 2007 ergebe. 251 Die Lektüre der Niederschrift dieses Gesprächs zeigt, dass der Händler von Barclays das Gespräch auf den Gewinn lenkt, der erzielt werden könne, wenn der „Spread“ zwischen zwei Derivaten – den auf dem Euribor-3M beruhenden Zins-Futures und den auf dem EONIA beruhenden Zins-Swaps – am 19. März 2007 manipuliert werde. 252 Zum einen geht aus diesem Gespräch hervor, dass der Händler von Barclays HSBC über den „Gesamtplan“ der beabsichtigten Manipulation informiert, nämlich eine schrittweise Erhöhung der „Käuferpositionen“ für die an den Euribor-3M gebundenen Zins-Futures, gefolgt von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zur Senkung dieses Zinssatzes am 19. März 2007. 253 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen geht in diesem Zusammenhang aus dem späteren Gespräch vom 13. Februar 2007, in dem der Händler von HSBC hervorhebt, dass das Verhalten des Händlers von Barclays nicht mit dem am Vortag besprochenen Plan übereinstimme, hervor, dass der Händler von HSBC versteht, wie die Manipulation funktionieren soll. Er findet es nämlich verdächtig, dass das Verhalten von Barclays von der festgelegten Strategie abweicht. Auch wenn die Antwort von Barclays („je clean juste quelque truc“) den Händler von HSBC kaum zu überzeugen scheint („mouai[s]“), geht aus der Tatsache, dass er auf ein offenkundig der beabsichtigten Manipulation zuwiderlaufendes Verhalten von Barclays hinweist, gleichwohl hervor, dass er die Manipulation verstanden hat. 254 Zum anderen hat der Händler von Barclays im Gespräch vom 12. Februar 2007 hervorgehoben, dass andere Banken an dieser Manipulation beteiligt seien, auch wenn er ihre Identität nicht hat preisgeben wollen. Daraus geht hervor, dass sich der Händler von HSBC vollkommen bewusst war, dass sich andere Banken an der genannten Manipulation beteiligten. 255 Auch wenn der Händler von Barclays die Identität der Banken nicht preisgegeben hat, war der Händler von HSBC nach diesem Gespräch daher über die Absicht einiger Banken informiert, den Euribor-Zinssatz am 19. März 2007 über aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zu senken. Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass HSBC im Sinne der oben in Rn. 198 angeführten Rechtsprechung von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste. 256 Diese Schlussfolgerung hat auch für die Gespräche vom 19. und 27. März 2007 über eine mögliche Wiederholung der Manipulation zu gelten. Die Händler von HSBC, die an diesen Gesprächen teilgenommen haben, konnten nämlich vernünftigerweise vorhersehen, dass die Manipulation zu den gleichen Bedingungen und somit zusammen mit anderen Banken wiederholt werden würde. 257 Außerdem ist festzustellen, dass sich HSBC vom 12. bis zum 27. März 2007 fortgesetzt an dieser einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hat. 258 In diesem Zusammenhang geht aus einer ständigen Rechtsprechung hervor, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit, wenn kein Beweismaterial vorliegt, das geeignet ist, die Dauer einer Zuwiderhandlung unmittelbar nachzuweisen, die Kommission verpflichtet, Beweismaterial beizubringen, das sich auf Fakten bezieht, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass vernünftigerweise der Schluss gezogen werden kann, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 482 und die dort angeführte Rechtsprechung). 259 Auch wenn der Zeitraum, der zwischen zwei Ausdrucksformen einer Zuwiderhandlung liegt, ein relevantes Kriterium für den Nachweis der Kontinuität einer Zuwiderhandlung ist, kann doch die Frage, ob dieser Zeitraum hinreichend lang ist, um als Unterbrechung der Zuwiderhandlung zu gelten, nicht abstrakt beantwortet werden. Sie ist vielmehr im Zusammenhang mit der Funktionsweise des fraglichen Kartells zu beurteilen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 483 und die dort angeführte Rechtsprechung). 260 Zwar ist im Zusammenhang mit der Funktionsweise der in Rede stehenden Zuwiderhandlung die tägliche Festsetzung der Euribor-Sätze zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass eine Manipulation dieser Zinssätze zeitlich begrenzte Wirkung hat und wiederholt werden muss, damit diese Wirkungen fortgesetzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 222). 261 Auch ist darauf hinzuweisen, dass bei Vorliegen von Umständen, unter denen die Fortsetzung einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise besonderer Durchführungsmaßnahmen bedarf, die Kommission bei Fehlen eines Beweises für das Ergreifen dieser Maßnahmen nicht von der Fortsetzung des Kartells ausgehen darf (vgl. Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 223 und die dort angeführte Rechtsprechung). 262 Im vorliegenden Fall ist jedoch zu bemerken, dass sich HSBC am 19. März 2007 nicht nur an der für diesen Tag geplanten Manipulation beteiligt hat, wobei sie von der Beteiligung anderer Banken wusste, sondern auch – über ihre Händler – mit Barclays eine mögliche Wiederholung dieser Manipulation besprochen hat, wobei das Gespräch am 27. März 2007 von einem anderen Händler von HSBC fortgesetzt worden ist. Es lässt sich daher der Schluss ziehen, dass besondere Durchführungsmaßnahmen im Sinne der oben in Rn. 261 angeführten Rechtsprechung ergriffen worden sind. 2) Kenntnis von HSBC über die Beteiligung anderer Banken an den anderen Verhaltensweisen, die Teil der einheitlichen Zuwiderhandlung waren 263 Hier geht es um die Frage, ob die Kommission HSBC für ihre Beteiligung an der einheitlichen Zuwiderhandlung sämtliche Verhaltensweisen der anderen betreffenden Banken zurechnen durfte. 264 Wie aus der oben in den Rn. 198 und 199 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, hatte die Kommission entweder nachzuweisen, dass HSBC vom Bestehen anderer rechtswidriger Verhaltensweisen wusste oder dass HSBC sie vernünftigerweise vorhersehen konnte. Nach der oben in Rn. 203 angeführten Rechtsprechung darf sich die Kommission auch auf ein Bündel von Indizien stützen. 265 Aus derselben Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass dieses Bündel von Indizien bei einer Gesamtbetrachtung ernsthaften, genauen und übereinstimmenden Beweisen entsprechen muss. Außerdem beinhaltet die Unschuldsvermutung nach der oben in Rn. 204 angeführten Rechtsprechung, dass dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen müssen. 266 Erstens ist festzustellen, dass die Klägerinnen zu Recht im Wesentlichen geltend machen, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass HSBC vom Vorliegen eines „Gesamtplans“ mit einheitlichem Ziel wusste oder hätte wissen müssen, der rechtfertigen konnte, dass ihr sämtliche unter dieses einheitliche Ziel fallende Verhaltensweisen zugerechnet wurden, unabhängig davon, ob sie sich unmittelbar daran beteiligt hatte oder nicht. 267 Aus den oben in den Rn. 233 bis 235 dargelegten Gründen ist nämlich zu bemerken, dass es sich bei dem zentralen Element, mit dem das Vorliegen eines „Gesamtplans“ gerechtfertigt werden kann, um die Tatsache handelt, dass die verschiedenen mit der festgestellten einheitlichen Zuwiderhandlung beabsichtigten Verhaltensweisen von derselben Personengruppe gesteuert oder kontrolliert worden sind. 268 Die Klägerinnen heben jedoch zu Recht hervor, dass keiner der Händler von HSBC Teil dieser Personengruppe war. Aus dem angefochtenen Beschluss geht vielmehr hervor, dass die Händler von HSBC vom Händler von Barclays nur sehr fragmentarische Informationen erhalten haben, die auf das beschränkt waren, was für ihre Beteiligung an der Manipulation vom 19. März 2007 und deren spätere Wiederholung unbedingt erforderlich war. 269 Daher lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Händler von HSBC aus den bruchstückhaften Informationen, die ihnen im Rahmen eines eindeutig bestimmten Verhaltens – der Manipulation vom 19. März 2007 – übermittelt worden waren, selbst hätten ableiten müssen, dass eine feste Gruppe von Händlern, deren Identität ihnen nicht offengelegt worden ist, an anderen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen auf dem EIRD-Markt beteiligt war. 270 Zweitens lässt sich mit der oben in den Rn. 242 bis 244 zusammengefassten Begründung des angefochtenen Beschlusses aus ähnlichen Gründen nicht nachweisen, dass HSBC vom rechtswidrigen Verhalten der anderen Unternehmen wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte. 271 Mit Ausnahme der von der Kommission hervorgehobenen Tatsache, dass der Händler von Barclays dem Händler von HSBC die geplante Manipulation vom 19. März 2007 in einer Weise erläutert hat, die implizierte, dass andere Banken an dieser Manipulation beteiligt waren, beruhen die übrigen von der Kommission vorgebrachten Elemente nämlich in Wirklichkeit auf der Prämisse, dass die Händler von HSBC aus der Tatsache, dass sich die Händler anderer auf dem EIRD-Markt tätiger Banken kannten, hätten ableiten müssen, dass diese Händler anderen wettbewerbsbeschränkenden Tätigkeiten nachgingen, die sich möglicherweise auf die von den EIRD generierten Cashflows auswirkten. 272 Von einer solchen Prämisse kann nicht ausgegangen werden, ohne die oben in Rn. 203 angeführte Rechtsprechung zu missachten. 273 In Anbetracht des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die Beteiligung von HSBC an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nur in Bezug auf ihre eigenen Verhaltensweisen im Rahmen dieser Zuwiderhandlung einerseits und die Verhaltensweisen der anderen Banken im Rahmen der Manipulation vom 19. März 2007 und deren etwaiger Wiederholung andererseits festgestellt werden kann. 274 Die Kommission hat HSBC daher zu Unrecht andere Verhaltensweisen als die oben in Rn. 273 genannten Verhaltensweisen zugerechnet. c) Dritter Klagegrund: Absicht von HSBC, sich an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zu beteiligen 275 Im Rahmen ihres dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die in der oben in Rn. 198 angeführten Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung – wonach ein Unternehmen die Absicht haben muss, durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beizutragen – sei in Bezug auf sie nicht erfüllt. 276 In diesem Rahmen tragen sie im Wesentlichen vor, HSBC habe in Anbetracht der Vielfalt der ihr zur Last gelegten Verhaltensweisen nicht wissen können, dass sie sich an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteilige. Die Klägerinnen heben darüber hinaus hervor, dass sich HSBC auf eine andere und im Vergleich zu den Hauptakteuren eher nebensächliche Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt habe. 277 Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. 278 In Anbetracht der oben in Rn. 274 vom Gericht getroffenen Feststellung zum vierten Klagegrund genügt es, den vorliegenden Klagegrund in Bezug auf die Manipulation vom 19. März 2007 und ihre Wiederholung zu untersuchen. 279 Diesbezüglich geht aus dem von der Kommission vorgebrachten Beweismaterial eindeutig hervor, dass die Absicht bestand, sich an einer einheitlichen Zuwiderhandlung zu beteiligen. Was insbesondere die Manipulation vom 19. März 2007 angeht, so hat der Händler von HSBC offenbar zwar am Funktionieren dieser Manipulation gezweifelt – wie das Gespräch vom 13. Februar 2007 und die Tatsache belegen, dass er anschließend bedauert zu haben scheint, keine größere Käuferposition für an den Euribor‑3M gebundene Zins-Futures aufgebaut zu haben –, er hat sich aber dennoch zusammen mit den Händlern der anderen Banken an der orchestrierten Senkung der Euribor‑3M-Zinssätze vom 19. März 2007 beteiligt, indem er den innerhalb seiner Bank für Quotierungen zuständigen Mitarbeiter gebeten hat, an diesem Tag niedrige Fixings zu melden, was auch geschehen ist. 280 Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. 3. Fünfter Klagegrund: Rechtsfehler und Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften im Verlauf des Verwaltungsverfahrens 281 Die Klägerinnen tragen vor, die Haftung von HSBC sei bereits im Vergleichsbeschluss festgestellt worden, wodurch ihr Recht auf Anhörung unwiderruflich verletzt worden sei. Sie leiten daraus ab, dass der angefochtene Beschluss wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung einerseits sowie gegen die Grundsätze der guten Verwaltung und der Wahrung der Verteidigungsrechte andererseits für nichtig erklärt werden müsse. Ferner verweisen sie auf die vor Erlass des angefochtenen Beschlusses getätigten Aussagen des Kommissars Almunia zu den Ergebnissen der Untersuchung über die EIRD. Sie heben darüber hinaus hervor, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt hätten, zur Mitteilung über die Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen, die an die Parteien gerichtet worden sei, die sich zum Abschluss eines Vergleichs entschlossen hätten. 282 Die Kommission beantragt, den vorliegenden Klagegrund zurückzuweisen. 283 Was die Rüge angeht, mit der geltend gemacht wird, der Vergleichsbeschluss sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung ergangen, ist in Erinnerung zu rufen, dass es sich bei diesem Grundsatz um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts handelt, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte niedergelegt und in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 284 Der Grundsatz der Unschuldsvermutung bedeutet, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Dieser Grundsatz verbietet damit jede ausdrückliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (vgl. Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 257 und die dort angeführte Rechtsprechung). 285 Aus einer ständigen Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die Kommission verpflichtet ist, in einem Verwaltungsverfahren in Kartellsachen den in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz der guten Verwaltung zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung). 286 Nach Art. 41 der Charta der Grundrechte hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung). 287 Die Frage, ob sich ein etwaiger Mangel an objektiver Unparteilichkeit der Kommission infolge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung gegenüber HSBC beim Erlass des Vergleichsbeschlusses möglicherweise auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses ausgewirkt hat, lässt sich jedoch nicht von der Frage trennen, ob die Feststellungen im letztgenannten Beschluss von den durch die Kommission vorgelegten Beweisen ausreichend getragen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 270, und vom 16. Juni 2011, Bavaria/Kommission, T‑235/07, EU:T:2011:283, Rn. 226). 288 Wenn angenommen wird, dass die Kommission aufgrund eines etwaigen Mangels an objektiver Unparteilichkeit möglicherweise zu Unrecht festgestellt hat, dass die Gespräche vom 9. und 14. März 2007, an denen HSBC teilgenommen hatte, einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck verfolgten, einerseits, oder dass HSBC im Rahmen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bestimmte Verhaltensweisen der anderen Banken, die nicht mit der Manipulation vom 19. März 2007 oder deren Wiederholung zusammenhingen, zugerechnet werden konnten, andererseits, ist daher zu bemerken, dass die Rechtswidrigkeit dieser Aspekte des angefochtenen Beschlusses bereits nach Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes bzw. des vierten Klagegrundes festgestellt worden ist. 289 Was die anderen im angefochtenen Beschluss getroffenen Feststellungen anbelangt, könnte ein etwaiger Mangel an objektiver Unparteilichkeit der Kommission nur dann zur Nichtigerklärung des genannten Beschlusses führen, wenn erwiesen ist, dass er ohne diese Unregelmäßigkeit inhaltlich anders ausgefallen wäre (Urteil vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 283). Im vorliegenden Fall ist im Rahmen einer umfassenden Überprüfung der einschlägigen Gründe dieses Beschlusses festgestellt worden, dass die Kommission die Beteiligung von HSBC an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung – außer in Bezug auf die oben in Rn. 288 erwähnten Aspekte – rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte. Daher deutet nichts darauf hin, dass der angefochtene Beschluss ohne den zeitlich früheren Vergleichsbeschluss anders ausgefallen wäre. 290 Die Klägerinnen machen in ihrer Erwiderung geltend, der Mangel an objektiver Unparteilichkeit der Kommission sei unter den Umständen des vorliegenden Falls gravierender als in den Rechtssachen, die zu den Urteilen vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission (T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 270 und 283), und vom 16. Juni 2011, Bavaria/Kommission (T‑235/07, EU:T:2011:283, Rn. 226), geführt hätten, da sich die Kommission in jenen Rechtssachen nach Anhörung der Parteien voreingenommen gezeigt habe. 291 Es ist jedoch festzustellen, dass der Grundsatz, wonach eine derartige Unregelmäßigkeit nur dann zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen kann, wenn erwiesen ist, dass der Beschluss ohne diese Unregelmäßigkeit inhaltlich anders ausgefallen wäre, Teil einer gefestigten Rechtsprechung ist, die auf das Urteil vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission (40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, EU:C:1975:174, Rn. 90 und 91), zurückgeht. Insoweit ist zu bemerken, dass jenes Urteil in einem Kontext ergangen ist, der mehr oder weniger dem der vorliegenden Rechtssache ähnelt, da die Klägerinnen der Kommission in jener Rechtssache vorwarfen, den Grundsatz des fairen Verfahrens dadurch verletzt zu haben, dass sie bestimmte öffentliche Erklärungen abgab, in denen die behaupteten Zuwiderhandlungen als erwiesen dargestellt wurden, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem angeblich sogar die Beteiligten noch nicht zu den sie betreffenden Rügen hatten Stellung nehmen können. 292 Aus den gleichen Gründen sind auch die übrigen von den Klägerinnen zur Stützung ihrer Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der guten Verwaltung vorgebrachten Argumente und die Rüge einer Verletzung ihrer Verteidigungsrechte als ins Leere gehend zurückzuweisen. 293 In Anbetracht des Vorstehenden ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen. 4. Folgen der im Rahmen des ersten und des vierten Klagegrundes festgestellten Fehler für die Rechtmäßigkeit von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses 294 Art. 1 des angefochtenen Beschlusses lautet: „Die folgenden Unternehmen haben in den angegebenen Zeiträumen durch ihre Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung betreffend Euro-Zinsderivate gegen Art. 101 des Vertrags und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen. Diese Zuwiderhandlung, die sich auf den gesamten EWR erstreckte, bestand in Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen, die bezweckten, den normalen Verlauf der Preisgestaltungselemente in der Branche der Euro-Zinsderivate zu verfälschen: … b) [die Klägerinnen] vom 12. Februar 2007 bis zum 27. März 2007 …“ 295 Zu bemerken ist, dass sich die Fehler, die von der Kommission bei der von ihr vorgenommenen Einstufung der oben in den Rn. 166 bis 195 genannten Gespräche vom 9. und 14. März 2007 begangen worden sind, nicht auf die Rechtmäßigkeit von Art. 1 und insbesondere von Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses auswirken, da die darin enthaltene Feststellung selbst bei Nichtberücksichtigung dieser beiden Gespräche gerechtfertigt bleibt. 296 Gleiches gilt für die oben in den Rn. 263 bis 274 genannten Fehler, die von der Kommission bei der genauen Bestimmung der Verhaltensweisen begangen worden sind, die HSBC im Rahmen der Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zugerechnet werden konnten. Die gemeinsame Beteiligung von HSBC und anderen Banken an der Manipulation vom 19. März 2007 und die Absicht, diese Manipulation zu wiederholen, können Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses nämlich als solche rechtlich hinreichend rechtfertigen. 297 Soweit auch die Anzahl und die Intensität der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu den Faktoren gehören, die für die Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung von Belang sein können, ist es jedoch aus den oben in Rn. 123 dargelegten Gründen Sache des Gerichts, bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Betrags der Geldbuße gegebenenfalls Konsequenzen aus diesen Beurteilungsfehlern zu ziehen. B. Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses und Hilfsantrag auf Herabsetzung des Betrags der verhängten Geldbuße 298 Die Klägerinnen bestreiten die Rechtmäßigkeit von Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses, mit dem die Kommission ihnen wegen der Beteiligung von HSBC an der Zuwiderhandlung eine Geldbuße auferlegt hat. Dieser Klagegrund lässt sich in vier Teile unterteilen, da die Klägerinnen erstens die Verwendung aktualisierter Bareinnahmen zur Beurteilung des Umsatzes, zweitens den angewandten Schwerefaktor, drittens den angewandten Zusatzbetrag und viertens die Beurteilung der mildernden Umstände beanstanden. Die Klägerinnen begehren in erster Linie die Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses und hilfsweise, dass das Gericht von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch macht, um die gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen. 299 Im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, dass sie den Umsatz auf die von HSBC im Zuwiderhandlungszeitraum für die EIRD erhaltenen Bareinnahmen, auf die ein Faktor von 98,849 % angewandt worden ist, gestützt hat. 300 Die Ausführungen der Kommission finden sich in den Erwägungsgründen 639 bis 648 des angefochtenen Beschlusses. 301 Als Erstes hat die Kommission im 639. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Zinsderivate keinen Umsatz im herkömmlichen Sinne generierten, und daher als Ausgangspunkt für die Berechnung der Geldbußen einen spezifischen Ersatzwert für den Umsatz angewandt. Im 640. Erwägungsgrund hat sie es für vorzugswürdig gehalten, sich nicht auf den Ersatzwert für den im Vorjahr erzielten Umsatz zu stützen, und die Ansicht vertreten, es sei in Anbetracht der kurzen Dauer der von einigen Parteien begangenen Zuwiderhandlung, des wechselnden Umfangs des EIRD-Marktes während des Zuwiderhandlungszeitraums und der unterschiedlichen Dauer der Beteiligung der betreffenden Banken besser, sich auf den Umsatz zu stützen, den die Unternehmen in den Monaten ihrer jeweiligen Beteiligung an der Zuwiderhandlung tatsächlich erzielt hatten. 302 Im 641. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sie festgestellt, dass der Umsatz im herkömmlichen Sinne den wirtschaftlichen Vorteilen entspreche, die meist in Form von Barmitteln oder barähnlichen Vermögenswerten zugeflossen waren, und darauf hingewiesen, dass das wettbewerbswidrige Verhalten in der vorliegenden Rechtssache u. a. geheime Absprachen über die Preisgestaltungselemente betreffe, die für die mit den EIRD zusammenhängenden Cashflows relevant waren. Aus diesen Gründen hat sie beschlossen, für alle Parteien den Jahresumsatz auf Basis der Bareinnahmen, nämlich den „Cashflows, die jede Bank mit ihrem jeweiligen Portfolio aus mit den einzelnen Euribor- und/oder EONIA-Quotierungen verknüpften und mit Gegenparteien innerhalb des EWR geschlossenen Verträgen über EIRD erhielt“, zu bestimmen. 303 Im 642. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sie in Bezug auf HSBC einen Betrag von 16688253649 Euro an Bareinnahmen festgesetzt. 304 Als Zweites hat es die Kommission im 643. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses für angemessen erachtet, die gegenüber HSBC und den anderen Banken festgesetzten Bareinnahmen um einen geeigneten einheitlichen Faktor herabzusetzen, um den Besonderheiten des EIRD-Marktes und insbesondere dem Ausgleich Rechnung zu tragen, der dem Handel mit Derivaten inhärent ist. Im 648. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist dieser einheitliche Faktor auf 98,849 % festgesetzt worden. 305 Zur Rechtfertigung der Höhe dieses Abzinsungsfaktors werden im angefochtenen Beschluss fünf verschiedene Gründe angeführt. Erstens hat sich die Kommission im 644. Erwägungsgrund auf den Ausgleich gestützt, der dem Handel mit Derivaten im Allgemeinen inhärent ist und nach den Berechnungen der International Swap Dealer Association auf eine Ermäßigung zwischen 85 und 90 % hinausläuft. 306 Zweitens hat sie im 645. Erwägungsgrund hervorgehoben, dass der Ausgleich der EIRD einen besonderen Charakter aufweise, da der Vergleich zwischen den Nettobareinnahmen und den Nettobarzahlungen der Parteien im Rahmen der EIRD zeige, dass die Anwendung eines Zinssatzes zwischen 85 und 90 % zu Geldbußen mit einer zu starken Abschreckungswirkung führen würde. 307 Drittens hat sie im 646. Erwägungsgrund festgestellt, dass das EIRD-Kartell zu einem Aufschlag geführt habe, der deutlich unter dem Aufschlag von 20 % liege, den derartige Kartelle in den konventionellen Sektoren in der Regel verursachten. 308 Viertens hat sie im 647. Erwägungsgrund darauf hingewiesen, dass sie nicht verpflichtet sei, eine genaue mathematische Formel anzuwenden, und bei der Bestimmung des Betrags der einzelnen Geldbußen über einen Ermessensspielraum verfüge. 309 Fünftens hat die Kommission im 648. Erwägungsgrund hervorgehoben, dass sie auf die Adressaten des angefochtenen Beschlusses den Zinssatz angewandt habe, den sie auch für die Berechnung der gegen die Adressaten des Vergleichsbeschlusses verhängten Geldbußen verwendet habe. 310 Als Drittes hat die Kommission auf die während des Verwaltungsverfahrens geäußerte Kritik geantwortet. In diesem Rahmen hat sie in den Erwägungsgründen 656 bis 662 des angefochtenen Beschlusses in Abrede gestellt, dass der Rückgriff auf die aktualisierten Bareinnahmen unangebracht sei. So hat sie geltend gemacht, die Berücksichtigung der aktualisierten Bareinnahmen stehe – verglichen mit den von den Klägerinnen vorgeschlagenen Nettobareinnahmen und ‑zahlungen, die zu negativen Ergebnissen führen könnten – eher im Einklang mit den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006), wonach der Umsatz und nicht der Gewinn den Ausgangspunkt für die Festsetzung von Geldbußen darstelle. 311 Was die gegenüber dem Abzinsungsfaktor geäußerte Kritik angeht, hat die Kommission im 710. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses u. a. hervorgehoben, dass sie hinsichtlich ihrer Absicht, die Bareinnahmen um einen einheitlichen Faktor von wenigstens 97,5 % herabzusetzen, transparent gewesen sei. Sie hat im 713. Erwägungsgrund darüber hinaus geltend gemacht, sie habe keine individuellen Abzinsungsfaktoren angewandt, da diese zu einer Ungleichbehandlung hätten führen können. 312 Im Rahmen dieses Teils des Klagegrundes bringen die Klägerinnen im Wesentlichen drei Rügen vor, um die Rechtmäßigkeit der Berechnung des Umsatzes zu bestreiten. Erstens bestreiten sie grundsätzlich, dass auf die Bareinnahmen, auf die ein Abzinsungsfaktor von 98,849 % angewandt worden ist, zurückgegriffen werden kann. Zweitens vertreten sie die Ansicht, die Kommission habe zu Unrecht Bareinnahmen aus vor dem Kartell geschlossenen Verträgen einbezogen. Drittens schließlich beanstanden sie die Begründung des Abzinsungsfaktors. 1. Erste Rüge: fälschlicher Rückgriff auf die aktualisierten Bareinnahmen 313 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe im 639. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zwar zu Recht festgestellt, dass Zinsderivate „keinen Umsatz im herkömmlichen Sinne generier[t]en“, diesen Umsatz aber falsch beurteilt, indem sie sich auf die im Rahmen der EIRD erhaltenen Bareinnahmen gestützt habe, auf die ein Abzinsungsfaktor von 98,849 % angewandt worden sei. Sie werfen der Kommission vor, dass sie lediglich die Geldeingänge aus den EIRD und nicht auch die Geldausgänge berücksichtigt hat, obwohl sich eine Manipulation der Referenzzinssätze auf beide Aspekte auswirke. Dieser Ansatz habe zu einer erheblichen Überschätzung der durch den EIRD-Handel generierten Einkünfte beigetragen. Der im 659. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Grund, dass die Berücksichtigung eingehender Zahlungen nicht zu einem Null- oder Negativumsatz führen könne, mache Bareinnahmen nicht zu einem geeigneten Indikator für den Umsatz. Gleiches gelte für die im 660. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervorgehobene Tatsache, dass in den Leitlinien von 2006 der Umsatz den Ausgangspunkt für die Festsetzung von Geldbußen darstelle. 314 Die Kommission ist der Ansicht, sie habe als Maßstab für die Beurteilung des Umsatzes zu Recht die Bareinnahmen verwendet, auf die ein Abzinsungsfaktor angewandt worden sei. 315 Sie weist darauf hin, dass die für die EIRD aufgewendeten Gelder nicht unberücksichtigt geblieben seien. Die Anwendung des Abzinsungsfaktors habe gerade den Zweck, den dem Handel mit Derivaten inhärenten Ausgleich zu berücksichtigen. Ein solcher Ansatz sei unter dem Blickwinkel der Abschreckung geeigneter als der von den Klägerinnen bevorzugte Ansatz, der auf den Nettobareinnahmen und ‑zahlungen beruhe und zu negativen Werten führen könne. 316 Das Gericht erinnert zunächst daran, dass, was die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung angeht, mit der eine Geldbuße verhängt wird, die oben in Rn. 44 in Erinnerung gerufene gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle, die der Unionsrichter über alle Gesichtspunkte der in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV ergangenen Entscheidungen der Kommission ausübt, beinhaltet, dass dieser Richter weder hinsichtlich der Wahl der Gesichtspunkte, die bei der Anwendung der in den Leitlinien genannten Kriterien berücksichtigt wurden, noch hinsichtlich ihrer Bewertung auf den Ermessensspielraum der Kommission verweisen kann, um auf eine solche gründliche Kontrolle zu verzichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 62). 317 Erstens sei daran erinnert, dass EIRD unstreitig „keinen Umsatz im herkömmlichen Sinne [generieren]“, worauf im 639. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen worden ist. 318 Zweitens verweist Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 zwar allgemein auf die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung; nach der von der Kommission in ihren Leitlinien von 2006 gewählten Methode für die Anwendung dieser Vorschrift kommt dem Begriff „Umsatz“ aber eine zentrale Rolle zu, da er zur Feststellung der wirtschaftlichen Bedeutung der Zuwiderhandlung und des jeweiligen Gewichts des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76). Nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendet die Kommission „[z]ur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße … den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen“. In Ziff. 6 der Einleitung dieser Leitlinien wird präzisiert, dass „[d]ie Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer eine Formel dar[stellt], die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt“. 319 Drittens sei darauf hingewiesen, dass es der Kommission freisteht, die in den Leitlinien genannte Methode nicht anzuwenden, wenn es Gründe gibt, die dies rechtfertigen. Die Notwendigkeit, dass die Kommission, wenn sie Sanktionen nach Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt, jede individuelle Situation konkret prüft, setzt nämlich zwangsläufig voraus, dass sie gegebenenfalls von der Methode der Leitlinien abweicht, wenn die Besonderheiten der individuellen Situation es verlangen. Diese von der Rechtsprechung (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 209 und 210) hervorgehobene Möglichkeit ist nunmehr ausdrücklich in Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 wiedergegeben. 320 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie den Umsatz der EIRD auf Basis der aktualisierten Bareinnahmen beurteilt hat. Dies beinhaltet u. a. eine Prüfung, ob der von der Kommission bevorzugte Ansatz die Möglichkeit bot, den EIRD inhärenten Ausgleich zu berücksichtigen, da sich aus diesen Verträgen sowohl Einnahmen als auch Zahlungen ergeben. 321 Es sei daran erinnert, dass die Kommission nach den Ziff. 15 und 16 der Leitlinien von 2006 den Umsatz eines Unternehmens mittels der zuverlässigsten Daten bestimmt, die von diesem Unternehmen verfügbar sind. Sind die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig, kann die Kommission den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten und/oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen. 322 Festzustellen ist, dass der von der Kommission bevorzugte Ansatz den Umsatz – und damit die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung – besser wiedergibt als der von den Klägerinnen während des Verwaltungsverfahrens vorgeschlagene alternative Ansatz, der auf den Nettobareinnahmen und ‑zahlungen beruht. Der letztgenannte Ansatz liefe im Wesentlichen darauf hinaus, dass lediglich der Saldo der während des Zuwiderhandlungszeitraums realisierten Cashflows zu berücksichtigen wäre, also eine Größe, die dem Gewinn aus dem Handel mit Derivaten nahekommt. 323 Wie die Kommission im 659. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht in Erinnerung gerufen hat, widerspräche eine solche Beschränkung nämlich der Logik, die ihrer Entscheidung zugrunde gelegen hat, in der Methode der Leitlinien von 2006 den Grundbetrag anhand des Umsatzes festzusetzen, also die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht der Beteiligung des betreffenden Unternehmens wiederzugeben. 324 Da zum einen der von der Kommission bevorzugte Ansatz der Logik entspricht, die der Entscheidung für den Umsatz zugrunde liegt, und zum anderen die Klägerinnen während des Verwaltungsverfahrens keine geeignetere alternative Methode vorgeschlagen haben, lässt sich somit nicht der Schluss ziehen, dass die grundsätzliche Berücksichtigung der aktualisierten Bareinnahmen als solche falsch gewesen wäre. 325 Gleichwohl ist es in dem von der Kommission bevorzugten Ansatz nicht nur von Belang, dass die Bestimmung der Höhe der Bareinnahmen mangelfrei ist. Dies gilt auch für die Bestimmung der Höhe des angewandten Abzinsungsfaktors. 326 Wegen des besonders hohen Betrags, der sich aus der Tatsache ergibt, dass nur die Bareinnahmen berücksichtigt werden, d. h. ohne Abzug der entsprechenden Zahlungen, spielt dieser Faktor nämlich eine wesentliche Rolle bei der Ermittlung des Umsatzes. 327 Zur Veranschaulichung lässt sich auf Basis der Anwendung der von der Kommission im angefochtenen Beschluss herangezogenen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Schwere, der Dauer, dem Zusatzbetrag und den mildernden Umständen, und ohne der Frage vorzugreifen, ob diese Gesichtspunkte zutreffen, feststellen, dass ein Unterschied von beispielsweise 0,1 % bei besagtem Faktor zu einer Änderung des Endbetrags der Geldbuße von beinahe 16221000 Euro führen würde. 328 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der genauen Höhe des Abzinsungsfaktors in dem von der Kommission bevorzugten Modell zur Bestimmung des Umsatzes eine fundamentale Bedeutung zukommt, da die kleinste Änderung dieses Faktors erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der gegen die betreffenden Unternehmen festgesetzten Geldbuße haben kann. 329 Unter diesem Vorbehalt ist die erste Rüge zurückzuweisen. 2. Zweite Rüge: fälschliche Berücksichtigung der Bareinnahmen aus Verträgen, die vor Beginn der Beteiligung von HSBC an der Zuwiderhandlung geschlossen worden sind 330 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe zu Unrecht die aktualisierten Bareinnahmen aus Verträgen berücksichtigt, die vor den HSBC zur Last gelegten Verhaltensweisen geschlossen worden seien. 331 Die Kommission beantragt, diese Rüge zurückzuweisen. 332 Wie der Gerichtshof bereits hervorgehoben hat, zielt Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 darauf ab, bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht dieses Unternehmens daran wiedergibt. Folglich kann der in Ziff. 13 verwendete Umsatzbegriff zwar nicht so weit ausgedehnt werden, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht vom Anwendungsbereich des zur Last gelegten Kartells erfasst werden, jedoch würde das mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel beeinträchtigt, wäre dieser Begriff dahin zu verstehen, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von diesem Kartell betroffen waren (Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 19). 333 Folglich dürfen Umsätze, die im Rahmen von Verträgen erzielt wurden, die vor dem Zeitraum der Zuwiderhandlung geschlossen worden waren, ebenso wie diejenigen, die im Rahmen von während des Zeitraums der Zuwiderhandlung geschlossenen Verträgen erzielt worden waren, für die aber nicht nachgewiesen worden ist, dass sie speziell Gegenstand einer Absprache waren, zu Recht in den gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 berechneten Umsatz einbezogen werden, um den Grundbetrag der Geldbuße zu berechnen (Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 20). 334 Eine solche Lösung gilt für den vorliegenden Fall umso mehr, als die Manipulation des Euribor, an der sich HSBC beteiligt hat, den variablen Zinssatz der an den Euribor-3M gebundenen und am 19. März 2007 auslaufenden Verträge beeinflusste, unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem 12. Februar 2007 – dem Ausgangspunkt für die Beteiligung von HSBC an der Zuwiderhandlung – geschlossen worden waren. 335 Die zweite Rüge ist daher zurückzuweisen. 3. Dritte Rüge: unzureichende Begründung des von der Kommission angewandten Abzinsungsfaktors von 98,849 % 336 Die Klägerinnen machen geltend, die Bestimmung des Abzinsungsfaktors leide insoweit an einem Begründungsmangel, als sich aus ihr nicht ableiten lasse, weshalb der Grundbetrag der Geldbuße in dieser Höhe festgesetzt worden sei. Sie heben u. a. hervor, dass dieser Betrag einen hypothetischen Aufschlag von 2 bis 4 Basispunkten berücksichtige, ohne dass erläutert werde, inwiefern ein solcher Aufschlag in Fällen realistisch sei, in denen eine Bank den Referenzzinssatz in Wirklichkeit nur um höchstens 0,1 Basispunkt variieren lassen könne, wie Fn. 441 des angefochtenen Beschlusses belege. Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass es umso mehr geboten sei, die Begründungspflicht zu beachten, als die Kommission einen neuen, nicht zuvor verwendeten Ansatz für die Ermittlung des Umsatzes anwende. 337 Die Kommission macht geltend, der Abzinsungsfaktor von 98,849 % werde ausreichend begründet, da die Klägerinnen den in den Erwägungsgründen 643 bis 646 des angefochtenen Beschlusses angeführten Gründen entnehmen könnten, inwiefern dieser Faktor als geeignet angesehen worden sei. Was den Hinweis im 646. Erwägungsgrund auf den berücksichtigten Aufschlag von 2 bis 4 Basispunkten angehe, werde im angefochtenen Beschluss klargestellt, dass es sich hierbei um einen hypothetischen Aufschlag handle. In diesem Zusammenhang ruft die Kommission in Erinnerung, dass sie bei der Bestimmung des Betrags der einzelnen Geldbußen über einen Ermessensspielraum verfüge und nicht verpflichtet sei, einem mathematischen Ansatz zu folgen. 338 Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Blickwinkel muss die vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 146 bis 148 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 114 und 115, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 44). 339 Außerdem ist das Begründungserfordernis anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt betroffene Personen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 116, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 45). 340 Nach der Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P,EU:C:2011:620, Rn. 149, vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46). 341 In Bezug auf eine Entscheidung, mit der eine Geldbuße verhängt wird, ist die Kommission verpflichtet, eine Begründung insbesondere für die Höhe der verhängten Geldbuße und hinsichtlich der dafür angewandten Methode zu geben (Urteil vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, EU:T:2006:270, Rn. 91). Es ist Sache der Kommission, in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien anzugeben, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermessen, wobei sie nicht verpflichtet ist, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Methode für die Berechnung der Geldbuße zu machen (Urteil vom 13. Juli 2011, Schindler Holding u. a./Kommission, T‑138/07, EU:T:2011:362, Rn. 243). Sie muss jedoch darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat (Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 61). 342 Nähere während des Gerichtsverfahrens gemachte Angaben des Autors einer angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der Entscheidungsgründe durch den Unionsrichter nützlich sein können, da das Organ so die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann. Zusätzliche Erläuterungen über seine Begründungspflicht hinaus können den Unternehmen daher nähere Angaben zur Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße verschaffen sowie darüber hinaus zur Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem Gericht die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen es außer der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat. Diese Befugnis ändert jedoch nichts am Umfang der Begründungspflicht (Urteil vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 45 und 47). 343 Die Kommission trägt unter Verweis auf die oben in Rn. 341 angeführte Rechtsprechung im Wesentlichen vor, sie sei nicht verpflichtet, im angefochtenen Beschluss die Berechnung, die zur Anwendung eines Abzinsungsfaktors von 98,849 % geführt habe, genau zu erläutern. 344 Das Gericht stellt insoweit fest, dass das Begründungserfordernis in Anwendung der oben in Rn. 339 angeführten Rechtsprechung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Diese Umstände weisen zwei auffällige Besonderheiten auf. 345 Zum einen hat die Kommission im vorliegenden Fall beschlossen, die in den Leitlinien von 2006 niedergelegte Methode anzuwenden und gerade nicht von ihr abzuweichen, was sie nach der oben in Rn. 319 angeführten Rechtsprechung und Ziff. 37 dieser Leitlinien hätte tun dürfen. Sie hat sich daher dafür entschieden, einer Methode zu folgen, in der die Ermittlung des „Umsatzes“ aus den oben in Rn. 318 dargelegten Gründen eine zentrale Rolle spielte, während sie im 639. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hatte, dass EIRD keinen Umsatz im herkömmlichen Sinne generierten. 346 Es war folglich von wesentlicher Bedeutung, dass die Klägerinnen anhand der Begründung des angefochtenen Beschlusses prüfen konnten, ob der von der Kommission gewählte Ersatzwert eventuell mit einem Mangel behaftet war, der die Anfechtung des Beschlusses ermöglichte, und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen konnte. 347 Zum anderen spielt der Abzinsungsfaktor, wie oben in Rn. 325 hervorgehoben worden ist, aufgrund des besonders hohen Betrags der Bareinnahmen, auf den er Anwendung finden soll, im Ansatz der Kommission eine wesentliche Rolle. 348 Da die Kommission beschlossen hat, für die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße ein Rechenmodell zu verwenden, in dem der Abzinsungsfaktor eine wesentliche Rolle spielen soll, war es unter den Umständen des vorliegenden Falls somit erforderlich, den betroffenen Unternehmen zu erläutern, wie sie auf einen Abzinsungsfaktor von genau 98,849 % gekommen war, und es dem Gericht in Anwendung der oben in Rn. 316 angeführten Rechtsprechung zu ermöglichen, eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle über diesen Gesichtspunkt des angefochtenen Beschlusses auszuüben. 349 Aus den Erwägungsgründen 643, 644 bis 646 und 648 des angefochtenen Beschlusses geht lediglich hervor, dass der Abzinsungsfaktor oberhalb von 90 % liegen musste, da der Vergleich zwischen den Nettobareinnahmen und den Nettobarzahlungen der Parteien im Rahmen der EIRD zeigte, dass die Anwendung eines Zinssatzes zwischen 85 und 90 % zu Geldbußen mit einer zu starken Abschreckungswirkung führen würde, einerseits, und das fragliche Kartell zu einem Aufschlag geführt hat, der deutlich unter dem Aufschlag von 20 % liegt, den derartige Kartelle in den konventionellen Sektoren in der Regel verursachen, andererseits. Im 648. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weist die Kommission zum einen darauf hin, dass sie eine Schätzung der in den Erwägungsgründen 643 bis 646 erwähnten Faktoren vorgenommen habe, ohne jedoch klarzustellen, welchen Wert sie diesen verschiedenen Faktoren zugewiesen hat, um den Abzinsungsfaktor auf genau 98,849 % festzusetzen. Zum anderen habe sie bei der Ermittlung des Umsatzes die Methode angewandt, die sie auch für die Berechnung der Geldbußen im Vergleichsbeschluss verwendet habe. Festzustellen ist jedoch, dass im Vergleichsbeschluss keine zusätzlichen Angaben zur Festlegung des Abzinsungsfaktors auf 98,849 % gemacht werden. 350 Der einzige andere Hinweis im angefochtenen Beschluss besteht in der Tatsache, dass die Kommission im 710. Erwägungsgrund an ihre während des Verwaltungsverfahrens formulierte Klarstellung erinnert, wonach der einheitliche Abzinsungsfaktor bei wenigstens 97,5 % liege. 351 Festzustellen ist, dass den Klägerinnen mit diesen Erwägungen nicht verdeutlicht wird, weshalb der Abzinsungsfaktor auf 98,849 % festgesetzt worden ist und beispielsweise nicht höher. Wegen des Fehlens genauerer Erläuterungen zu den Gründen, aus denen diese Erwägungen zur Festsetzung des Abzinsungsfaktors in genau dieser Höhe geführt haben, kann das Gericht außerdem keine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle über einen Gesichtspunkt des Beschlusses ausüben, der sich möglicherweise beträchtlich auf die Höhe der gegen die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße ausgewirkt hat. 352 Zwar hat die Kommission dem Gericht nach der mündlichen Verhandlung zusätzliche Erläuterungen zur Festsetzung dieses Abzinsungsfaktors auf 98,849 % gegeben. Aus einer Gesamtauslegung der oben in den Rn. 340 und 342 angeführten Rechtsprechung geht allerdings hervor, dass das Gericht solche zusätzlichen Erläuterungen bei der inneren Kontrolle der Entscheidungsgründe nur dann berücksichtigen könnte, wenn sie eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. 353 In Anbetracht des Vorstehenden ist der dritten Rüge des ersten Teils des Klagegrundes stattzugeben und Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, ohne dass es einer Prüfung der anderen Teile des Klagegrundes bedarf. 354 Da dem Hauptantrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses stattgegeben worden ist, braucht der hilfsweise gestellte Antrag der Klägerinnen auf Herabsetzung der Geldbuße nicht geprüft zu werden. Kosten 355 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 356 Im vorliegenden Fall sind die Klägerinnen mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses unterlegen und haben mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. b des genannten Beschlusses Erfolg gehabt. Unter diesen Umständen sind bei angemessener Würdigung der Umstände des Falls jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 2 Buchst. b des Beschlusses C(2016) 8530 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate) wird für nichtig erklärt. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die HSBC Holdings plc, die HSBC Bank plc und die HSBC France tragen ihre eigenen Kosten. 4. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten. Prek Buttigieg Schalin Berke Costeira Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte erweiterte Kammer) vom 24. September 2019.#Großherzogtum Luxemburg gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Beihilfe Luxemburgs – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheid (tax ruling) – Vorteil – Fremdvergleichsgrundsatz – Selektiver Charakter – Vermutung – Wettbewerbsbeschränkung – Rückforderung.#Rechtssache T-755/15.
62015TJ0755
ECLI:EU:T:2019:670
2019-09-24T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62015TJ0755 URTEIL DES GERICHTS (Siebte erweiterte Kammer) 24. September 2019 (*1) „Staatliche Beihilfen – Beihilfe Luxemburgs – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheid (tax ruling) – Vorteil – Fremdvergleichsgrundsatz – Selektiver Charakter – Vermutung – Wettbewerbsbeschränkung – Rückforderung“ In den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15, Großherzogtum Luxemburg, zunächst vertreten durch D. Holderer und T. Uri, dann durch T. Uri als Bevollmächtigte im Beistand zunächst der Rechtsanwälte D. Waelbroeck, S. Naudin und A. Steichen, dann der Rechtsanwälte D. Waelbroeck und A. Steichen, Kläger in der Rechtssache T‑755/15, unterstützt durch Irland, zunächst vertreten durch E. Creedon, G. Hodge und A. Joyce, dann durch G. Hodge, M. Browne und A. Joyce und schließlich durch A. Joyce und J. Quaney als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gallagher, M. Collins, SC, B. Doherty und S. Kingston, Barristers, Streithelfer, Fiat Chrysler Finance Europe mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: J. Rodríguez, Solicitor, sowie Rechtsanwälte G. Maisto und M. Engel, Klägerin in der Rechtssache T‑759/15, unterstützt durch Irland, zunächst vertreten durch E. Creedon, G. Hodge, K. Duggan und A. Joyce, dann durch G. Hodge, K. Duggan, M. Browne und A. Joyce und schließlich durch A. Joyce und J. Quaney als Bevollmächtigte im Beistand von M. Collins, P. Gallagher, SC, S. Kingston und B. Doherty, Barristers, Streithelfer, gegen Europäische Kommission, vertreten durch P.‑J. Loewenthal und B. Stromsky als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend Klagen nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/2326 der Kommission vom 21. Oktober 2015 über die staatliche Beihilfe SA.38375 (2014/C ex 2014/NN) Luxemburgs zugunsten von Fiat (ABl. 2016, L 351, S. 1) erlässt DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin V. Tomljenović (Berichterstatterin), des Richters E. Bieliūnas, der Richterin A. Marcoulli und des Richters A. Kornezov, Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2018 folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. Zu dem FFT von den luxemburgischen Steuerbehörden gewährten Steuervorbescheid 1 Am 14. März 2012 richtete der Steuerberater von Fiat Chrysler Finance Europe, vormals Fiat Finance and Trade Ltd (im Folgenden: FFT), ein Schreiben an die luxemburgischen Steuerbehörden, um eine steuerliche Vorentscheidung (einen Steuervorbescheid) zu beantragen. [vertraulich] (1 ) 2 Am 3. September 2012 erließen die luxemburgischen Steuerbehörden einen Steuervorbescheid zugunsten von FFT (im Folgenden: fraglicher Steuervorbescheid). Dieser Bescheid war in einem Schreiben enthalten, in dem darauf hingewiesen wurde, dass, „was das Schreiben vom 14. März 2012 über die Finanzierungstätigkeiten von FFT innerhalb des Konzerns anbelangt, bestätigt wird, dass die Verrechnungspreis-Analyse in Übereinstimmung mit dem Rundschreiben 164/2 vom 28. Januar 2011 durchgeführt wurde und mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang steht“. 3 Im Schreiben vom 3. September 2012 hieß es ferner, dass der darin enthaltene Bescheid für die Steuerbehörden für einen Zeitraum von fünf Jahren (d. h. vom Steuerjahr 2012 bis zum Steuerjahr 2016) verbindlich sei. B. Zum Verwaltungsverfahren vor der Kommission 4 Am 19. Juni 2013 übermittelte die Kommission dem Großherzogtum Luxemburg ein erstes Auskunftsersuchen, in dem sie um detaillierte Informationen über die Praxis des Landes im Bereich der Steuervorbescheide ersuchte. Auf dieses erste Auskunftsersuchen folgte ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen dem Großherzogtum Luxemburg und der Kommission, bis diese am 24. März 2014 einen Beschluss erließ, mit dem dem Großherzogtum Luxemburg aufgegeben wurde, ihr Informationen zu übermitteln. 5 Am 11. Juni 2014 leitete die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV (im Folgenden: Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens) in Bezug auf den fraglichen Steuervorbescheid ein. Zwischen dem Tag des Erlasses des Einleitungsbeschlusses und dem 15. Juli 2015 tauschte sich die Kommission mit dem Großherzogtum Luxemburg sowie mit FFT u. a. wiederholt über den fraglichen Steuervorbescheid aus. C. Zum angefochtenen Beschluss 6 Am 21. Oktober 2015 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2016/2326 über die staatliche Beihilfe SA.38375 (2014/C ex 2014/NN) Luxemburgs zugunsten von Fiat (ABl. 2016, L 351, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss). 1. Beschreibung der beanstandeten Maßnahme 7 In Abschnitt 2 („Beschreibung der Maßnahme“) des angefochtenen Beschlusses beschrieb die Kommission erstens FFT, Begünstigte des fraglichen Steuervorbescheids, die zur Fiat/Chrysler-Automobilgruppe (im Folgenden: Fiat/Chrysler-Gruppe) gehörte. Sie wies darauf hin, dass FFT in Europa (ausgenommen Italien) niedergelassenen Unternehmen dieser Gruppe Treasury-Dienstleistungen und Finanzierungen zur Verfügung stelle und dass sie ihre Tätigkeiten von Luxemburg aus betreibe, wo sich ihre Hauptniederlassung befinde. FFT sei insbesondere in folgenden Bereichen tätig: Marktfinanzierungen und Liquiditätsanlagen, Beziehungen zu Finanzmarktteilnehmern, Finanzkoordinierungs- und Beratungsdienste für die Gesellschaften der Gruppe, Cash-Management-Dienste für die Unternehmen der Gruppe, kurzfristige und mittelfristige gruppeninterne Finanzierung und Koordinierung mit den anderen Finanzierungsgesellschaften (Erwägungsgründe 34 bis 51 des angefochtenen Beschlusses). 8 Zweitens beschrieb die Kommission den fraglichen Steuervorbescheid und führte aus, dass dieser von der luxemburgischen Steuerverwaltung am 3. September 2012 erlassen worden sei. Der Bescheid sei zum einen im Anschluss an ein Schreiben des Steuerberaters von FFT an die luxemburgische Steuerverwaltung vom 14. März 2012, das einen Antrag auf Genehmigung einer Vereinbarung über Verrechnungspreise enthalten habe, und zum anderen an einen Bericht über die Verrechnungspreisgestaltung einschließlich einer vom Steuerberater zur Unterstützung des Antrags von FFT auf Erlass eines Steuervorbescheids über Verrechnungspreise erstellten Analyse der Verrechnungspreise (im Folgenden: Verrechnungspreis-Bericht), ergangen (Erwägungsgründe 9, 53 und 54 des angefochtenen Beschlusses). 9 Die Kommission beschrieb den fraglichen Steuervorbescheid als Billigung einer Methode, nach der die Gewinne innerhalb der Fiat/Chrysler-Gruppe FFT zugewiesen würden und auf deren Grundlage es FFT möglich sei, ihre an das Großherzogtum Luxemburg zu entrichtende Körperschaftsteuer auf Jahresbasis zu bestimmen. Der Steuervorbescheid sei für die Dauer von fünf Jahren, vom Steuerjahr 2012 bis zum Steuerjahr 2016, bindend gewesen (Erwägungsgründe 52 und 54 des angefochtenen Beschlusses). 10 Die Kommission stellte fest, dass dem Verrechnungspreis-Bericht zufolge die am besten geeignete Methode zur Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT die geschäftsvorfallbezogene Nettogewinnmethode (transactional net margin method, im Folgenden: TNMM) sei. Diese Methode bestehe darin, die Nettogewinne zu berücksichtigen, die bei vergleichbaren Transaktionen von unabhängigen Unternehmen erzielt worden wären. Diese Wahl war laut dem Bericht gerechtfertigt, da FFT ausschließlich Finanzdienstleistungen an Unternehmen der Fiat/Chrysler-Gruppe erbringe. Nach dem Verrechnungspreis-Bericht sei die FFT geschuldete Vergütung, die den steuerpflichtigen Gewinn darstelle, in Bezug auf das Kapital zu bestimmen, das FFT benötige, um in Bezug auf die verwendeten Vermögenswerte ihre Funktionen wahrzunehmen und die entsprechenden Risiken zu übernehmen (Erwägungsgründe 55 und 56 des angefochtenen Beschlusses). 11 Insbesondere stellte die Kommission fest, dass im Verrechnungspreis-Bericht, wie er mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt werde, vorgeschlagen worden sei, eine FFT für ihre Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten und die von ihr übernommenen Risiken geschuldete Gesamtvergütung zu berechnen, die sich aus zwei Komponenten zusammensetze (70. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses): – einer „Risiko-Vergütung“, die berechnet werde, indem die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT, die in analoger Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II auf 28500000 Euro geschätzt würden, mit der erwarteten Rendite vor Steuern multipliziert werde, die unter Anwendung des „Capital Asset Pricing Model“ (im Folgenden: CAPM) auf 6,05 % geschätzt werde; – einer „Vergütung für die Funktionen“, die berechnet werde, indem das, was als „für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetztes Eigenkapital von FFT“ bezeichnet und auf 93710000 Euro geschätzt werde, mit dem Marktzins für kurzfristige Einlagen, der auf 0,87 % geschätzt werde, multipliziert werde. 12 Außerdem wies die Kommission darauf hin, dass mit dem fraglichen Steuervorbescheid der im Verrechnungspreis-Bericht enthaltene Vorschlag gebilligt werde, den Teil des Eigenkapitals von FFT, der die Beteiligungen von FFT an Fiat Finance North America Inc. (im Folgenden: FFNA) und Fiat Finance Canada Ltd (im Folgenden: FFC) unterlege, nicht zu vergüten (69. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 2. Beschreibung der Luxemburger Bestimmungen über Verrechnungspreise 13 Die Kommission führte aus, dass der fragliche Steuervorbescheid auf der Grundlage von Art. 164 Abs. 3 des Luxemburger Einkommensteuergesetzes (Loi modifiée du 4 décembre 1967 concernant l’impôt sur le revenu, Gesetz vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer in geänderter Fassung, im Folgenden: Einkommensteuergesetz) und des Rundschreibens zum Einkommensteuergesetz Nr. 164/2 des Direktors der Verwaltung für direkte Steuern vom 28. Januar 2011 (Circulaire L.I.R. no 164/2 du directeur des contributions luxembourgeoises, du 28 janvier 2011, im Folgenden: Rundschreiben) verabschiedet worden sei. Zum einen werde mit diesem Artikel der Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht verankert, nach dem Transaktionen zwischen Unternehmen ein und derselben Gruppe (im Folgenden: integrierte Unternehmen) so vergütet werden sollten, wie es bei unabhängigen Unternehmen der Fall sei, die unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen Geschäfte abschlössen (im Folgenden: nicht-integrierte oder eigenständige Unternehmen). Zum anderen werde im Rundschreiben u. a. erklärt, wie eine „Arm’s length“-Vergütung (fremdvergleichskonforme Vergütung) zu bestimmen sei, insbesondere im Fall von Gruppenfinanzierungsgesellschaften (Erwägungsgründe 74 bis 83 des angefochtenen Beschlusses). 3. Beschreibung der OECD-Leitlinien 14 Die Kommission legte die Grundsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Bereich der Verrechnungspreise dar und führte aus, dass sich die Verrechnungspreise auf Preise bezögen, die für geschäftliche Transaktionen zwischen verschiedenen Einheiten derselben Unternehmensgruppe berechnet würden. Um zu vermeiden, dass multinationale Unternehmen einen finanziellen Anreiz hätten, Gebieten, in denen ihr Gewinn am höchsten besteuert werde, möglichst wenig Gewinn zuzuweisen, sollten Steuerverwaltungen Verrechnungspreise zwischen integrierten Unternehmen nur dann akzeptieren, wenn die Transaktionen im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz so vergütet worden seien, als ob sie zwischen eigenständigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen ausgehandelt worden wären. Dieser Grundsatz sei in Art. 9 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (im Folgenden: OECD-Musterabkommen) vorgesehen (Erwägungsgründe 84 bis 87 des angefochtenen Beschlusses). 15 Die Kommission wies darauf hin, dass die Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, die am 27. Juni 1995 vom OECD-Ausschuss für Steuerfragen erlassen und am 22. Juli 2010 wesentlich aktualisiert worden seien (im Folgenden: OECD-Leitlinien), fünf Methoden vorsähen, um in Bezug auf Transaktionen und die Gewinnverteilung zwischen integrierten Unternehmen eine Annäherung an die Preisgestaltung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erreichen. Nur zwei von ihnen seien im Rahmen des angefochtenen Beschlusses entscheidend (Erwägungsgründe 88 und 89 des angefochtenen Beschlusses). 16 Bei der ersten Methode, die eine geschäftsvorfallbezogene Standardmethode sei, handele es sich um die Preisvergleichsmethode (comparable uncontrolled price method, im Folgenden: CUP). Bei dieser Methode werde der für den Transfer von Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen einer Transaktion zwischen zwei Unternehmen, die miteinander verbunden seien, berechnete Preis mit dem Preis verglichen, der für den Transfer von Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen einer vergleichbaren, unter vergleichbaren Umständen durchgeführten Transaktion zwischen Unternehmen, die voneinander unabhängig seien, berechnet werde (90. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 17 Die zweite Methode sei die TNMM, eine indirekte Methode, die verwendet werde, um in Bezug auf Transaktionen und die Gewinnzuweisung zwischen Unternehmen derselben Gruppe eine Annäherung an den Fremdvergleichspreis zu erreichen. Sie bestehe in einer Schätzung der potenziellen Höhe des Gewinns nach dem Fremdvergleichsgrundsatz für eine als Ganzes betrachtete Tätigkeit und nicht für einzelne Transaktionen. Dazu werde ein Indikator für das Gewinn-Niveau, wie Kosten, Umsatz oder Anlageinvestition, genommen, auf den eine Gewinnrate angewandt werde, die der Gewinnrate bei vergleichbaren auf dem freien Markt durchgeführten Transaktionen entspreche (91. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 4. Würdigung der beanstandeten Maßnahme 18 In Abschnitt 7 („Würdigung des angefochtenen Beschlusses“) gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass eine staatliche Beihilfe vorliege. 19 Sie erinnerte zunächst an die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, wonach eine Maßnahme nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werde, wenn es sich erstens um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln finanzierte Maßnahme handele, wenn die Maßnahme zweitens geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sie drittens einem Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffe und wenn sie viertens den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe. Sodann stellte sie fest, dass die erste Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt sei. Zum einen sei der fragliche Steuervorbescheid dem Großherzogtum Luxemburg zuzuweisen. Zum anderen führe dieser Bescheid für den Staat zu einer Einbuße an Einnahmen, da jede Steuersenkung für FFT zu einer Einbuße an Steuereinnahmen führe, die das Großherzogtum Luxemburg anderenfalls gehabt hätte (Erwägungsgründe 185 bis 188 des angefochtenen Beschlusses). 20 Zur zweiten und zur vierten Voraussetzung führte die Kommission zum einen aus, dass FFT zu einer Gruppe gehöre, die in allen Mitgliedstaaten tätig sei, so dass eine Beihilfe zugunsten von FFT geeignet sei, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen. Zum anderen verbessere der fragliche Steuervorbescheid, da er FFT von einer Steuerpflicht befreie, die finanzielle Lage von FFT und verfälsche den Wettbewerb oder drohe, den Wettbewerb zu verfälschen (189. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 21 Zur dritten Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe führte die Kommission aus, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT dadurch einen selektiven Vorteil verschaffe, dass er eine Verringerung der von FFT in Luxemburg zu entrichtenden Steuern bewirke, da er von den Steuern abweiche, die FFT unter dem allgemeinen Steuersystem hätte entrichten müssen (190. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 22 Zunächst erinnerte die Kommission daran, dass nach der Rechtsprechung eine Analyse in drei Schritten erforderlich sei, um festzustellen, ob eine Steuermaßnahme selektiv sei. Erstens werde das allgemeine oder normale in dem jeweiligen Mitgliedstaat anwendbare Steuersystem festgestellt, nämlich das „Bezugssystem“. Zweitens sei festzustellen, ob die fragliche Steuermaßnahme eine Abweichung von diesem System darstelle, da sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführe, die sich im Hinblick auf die mit dem System verbundenen Zielsetzungen in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden. Drittens müsse, wenn die Maßnahme eine Abweichung vom Bezugssystem darstelle, der Staat nachweisen, dass die Maßnahme durch das Wesen oder den inneren Aufbau des Bezugssystems gerechtfertigt sei (192. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 23 Zum ersten Schritt der Bestimmung des Bezugssystems stellte die Kommission fest, dass es sich dabei im vorliegenden Fall um das allgemeine Luxemburger Körperschaftsteuersystem handele, dessen Ziel in der Besteuerung der Gewinne aller steuerpflichtigen Unternehmen in Luxemburg bestehe. Das allgemeine Luxemburger Körperschaftsteuersystem werde auf inländische und auf ausländische, in Luxemburg ansässige Unternehmen einschließlich der Luxemburger Zweigniederlassungen der ausländischen Unternehmen angewandt. Der Unterschied bei der Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne von eigenständigen Unternehmen bzw. von integrierten Unternehmen wirke sich jedoch nicht auf die Zielsetzung des Luxemburger Körperschaftsteuersystems aus, das darauf abziele, die Gewinne aller in Luxemburg ansässigen Unternehmen zu besteuern, unabhängig davon, ob es sich um integrierte oder nicht-integrierte Unternehmen handele. Im Hinblick auf das immanente Ziel dieses Systems befänden sich beide Typen von Unternehmen in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation. Die Kommission wies das gesamte Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT zurück, wonach Art. 164 des Einkommensteuergesetzes oder das Rundschreiben das relevante Bezugssystem darstellten, sowie ihr Vorbringen, das für die Bewertung der Selektivität des fraglichen Steuervorbescheids zu berücksichtigende Bezugssystem solle nur Unternehmen einschließen, die Verrechnungspreisvorschriften unterlägen (Erwägungsgründe 193 bis 215 des angefochtenen Beschlusses). 24 Zum zweiten Schritt führte die Kommission aus, dass die Frage, ob eine Steuermaßnahme eine Abweichung vom Bezugssystem darstelle oder nicht, in der Regel mit der Feststellung eines Vorteils, der dem Begünstigten durch diese Maßnahme gewährt werde, einhergehe. Wenn eine Steuermaßnahme zu einer ungerechtfertigten Verringerung der Steuerverbindlichkeit eines Begünstigten führe, der ohne diese Maßnahme unter dem Bezugssystem höhere Steuern entrichten müsste, stelle diese Verringerung sowohl den durch die Steuermaßnahme gewährten Vorteil als auch die Abweichung vom Bezugssystem dar. Außerdem ermögliche die Feststellung des wirtschaftlichen Vorteils nach der Rechtsprechung bei Einzelbeihilfen grundsätzlich eine Annahme der Selektivität (Erwägungsgründe 216 bis 218 des angefochtenen Beschlusses). 25 Eine Steuermaßnahme, die ein einer Gruppe angehörendes Unternehmen dazu veranlasse, Verrechnungspreise zu berechnen, die nicht mit den Preisen vergleichbar seien, die von unabhängigen Unternehmen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbart würden, verschaffe diesem Unternehmen einen Vorteil, da sie eine Verringerung seiner Steuerbemessungsgrundlage und damit der in Anwendung des allgemeinen Körperschaftsteuersystems zu entrichtenden Steuer bewirke, was der Gerichtshof anerkannt habe. Daher müsse die Kommission prüfen, ob die von der Luxemburger Steuerbehörde durch den fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode zur Bestimmung der steuerpflichtigen Gewinne von FFT in Luxemburg von einer Methode abweiche, die zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führe und somit dem Fremdvergleichsgrundsatz entspreche. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass der Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verschaffe (Erwägungsgründe 222 bis 227 des angefochtenen Beschlusses). 26 Folglich vertrat die Kommission die Auffassung, dass der Fremdvergleichsgrundsatz notwendigerweise einen festen Bestandteil der Prüfung der den integrierten Unternehmen gewährten steuerlichen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 107 Abs.1 AEUV bilde, und zwar unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat diesen Grundsatz in seinem nationalen Rechtssystem verankert habe oder nicht. In Erwiderung auf das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg im Verwaltungsverfahren erläuterte die Kommission sodann, dass sie nicht geprüft habe, ob der fragliche Steuervorbescheid mit dem in Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes bzw. im Rundschreiben definierten Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang stehe, sondern dass sie beabsichtigt habe, festzustellen, ob die Luxemburger Steuerbehörde FFT einen selektiven Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV gewährt habe (Erwägungsgründe 228 bis 231 des angefochtenen Beschlusses). 27 Erstens führte die Kommission aus, dass mehrere vom Großherzogtum Luxemburg akzeptierte und der Verrechnungspreis-Analyse im fraglichen Steuervorbescheid zugrunde liegende methodologische Entscheidungen dazu geführt hätten, dass die Körperschaftsteuer, die die eigenständigen Unternehmen zu entrichten gehabt hätten, verringert worden sei (Erwägungsgründe 234 bis 240 des angefochtenen Beschlusses). 28 Als Erstes war die Kommission hinsichtlich des zu vergütenden Eigenkapitals der Auffassung, dass die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT, die der Steuerberater bei der Anwendung der TNMM zur Schätzung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für die von FFT wahrgenommenen Funktionen gewählt habe, keinen geeigneten Indikator für die Gewinnhöhe bildeten. Daher habe der Steuerberater, indem er die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel in Höhe von 28,5 Mio. Euro berücksichtigt habe und nicht das bilanzielle Eigenkapital von 287,5 Mio. Euro im Jahr 2011, auf deren Grundlage das CAPM angewandt worden sei, die steuerpflichtige Vergütung von FFT durch zehn geteilt. Die Kommission wies darauf hin, dass sie insoweit sämtliche Argumente des Großherzogtums Luxemburg und von FFT zurückgewiesen habe (Erwägungsgründe 248 bis 266 des angefochtenen Beschlusses). 29 Als Zweites stellte die Kommission zur Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II in Bezug auf die Bestimmung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel fest, dass das Großherzogtum Luxemburg Fehler begangen habe, die dazu geführt hätten, dass die Höhe der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT zu niedrig geschätzt worden sei und damit die von FFT zu entrichtenden Steuern niedriger gewesen seien (Erwägungsgründe 267 bis 276 des angefochtenen Beschlusses). 30 Als Drittes wies die Kommission darauf hin, dass der Steuerberater mehrere Abzüge von den verbleibenden Eigenmitteln von FFT vorgenommen habe, die dazu geführt hätten, dass kein marktbasiertes Ergebnis erzielt worden sei. Wären die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel richtig geschätzt worden, wäre das Eigenkapital wahrscheinlich nicht über die regulatorischen Eigenmittel hinausgegangen. Ferner sei die Entscheidung des Steuerberaters, die von ihm als „Eigenmittel zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ bezeichnete Eigenmittelkomponente bei der Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT zu isolieren und ihr eine Vergütung von „Null“ zuzuweisen, unangemessen gewesen. Die vom Großherzogtum Luxemburg insoweit vorgebrachten Argumente seien nicht stichhaltig (Erwägungsgründe 277 bis 291 des angefochtenen Beschlusses). 31 Als Viertes vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Entscheidung des Steuerberaters, einen Beta-Faktor von 0,29 für die Anwendung des CAPM zur Bestimmung der auf die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT anzuwendenden Eigenkapitalrendite heranzuziehen, zu einer Gewinnzuweisung zugunsten von FFT geführt habe, die nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe (Erwägungsgründe 292 bis 301 des angefochtenen Beschlusses). 32 Angesichts oben dargelegten Feststellungen war die Kommission insbesondere der Ansicht, erstens, dass die angemessene Vergütung für die Finanzierungs- und Treasury-Funktionen von FFT unter Berücksichtigung der bilanziellen Eigenmittel festgelegt werden müsse, zweitens, dass das Jahr 2012 das geeignete Bezugsjahr für die Bewertung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg sei, drittens, dass die mit dem fraglichen Steuervorbescheid genehmigte Eigenkapitalrendite vor Steuern von 6,05 % (und nach Steuern von 4,3 %), die anhand des CAPM berechnet worden sei, wesentlich niedriger sei als die im Finanzsektor erforderliche Eigenkapitalrendite, die stets bei mindestens 10 % gelegen habe, und viertens, dass die erforderliche Eigenkapitalrendite 10 % nach Steuern betrage, angewandt auf den Gesamtbetrag des bilanziellen Eigenkapitals (Erwägungsgründe 302 bis 311 des angefochtenen Beschlusses). 33 Zweitens wies die Kommission das Vorbringen von FFT zurück, wonach der Fiat/Chrysler-Gruppe kein Vorteil entstanden sei, da jede Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage in Luxemburg vollständig durch eine Erhöhung des steuerlichen Abzugs in anderen Mitgliedstaaten ausgeglichen worden sei (Erwägungsgründe 312 bis 314 des angefochtenen Beschlusses). 34 Drittens führte sie hilfsweise aus, dass der fragliche Steuervorbescheid auf jeden Fall einen selektiven Vorteil gewähre, und zwar auch bei dem vom Großherzogtum Luxemburg und von FFT geltend gemachten begrenzteren Bezugssystem, das aus Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und dem Rundschreiben bestehe, die den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht verankerten (Erwägungsgründe 315 bis 317 des angefochtenen Beschlusses). 35 Viertens trat die Kommission dem Vorbringen von FFT entgegen, wonach die Kommission, um zu beweisen, dass FFT infolge des fraglichen Steuervorbescheids eine selektive Behandlung zu ihren Gunsten zuteil geworden sei, diesen Steuervorbescheid mit der Verwaltungspraxis der Luxemburger Steuerverwaltung auf der Grundlage des Rundschreibens hätte vergleichen müssen, insbesondere mit den Steuervorbescheiden, die anderen Finanzierungs- und Treasury-Unternehmen gewährt worden seien und die das Großherzogtum Luxemburg der Kommission als repräsentative Stichprobe seiner Praxis im Bereich der Steuervorbescheide übermittelt habe (Erwägungsgründe 318 bis 336 des angefochtenen Beschlusses). 36 Fünftens hätten weder das Großherzogtum Luxemburg noch FFT Gründe angeführt, die die selektive Behandlung von FFT infolge des fraglichen Steuervorbescheids hätten rechtfertigen können. Die Kommission habe auch keinen Grund festgestellt, der die Vorzugsbehandlung, die FFT zugutegekommen sei, gerechtfertigt hätte (Erwägungsgründe 337 und 338 des angefochtenen Beschlusses). 37 Die Kommission zog daher den Schluss, dass in Anbetracht der vorangegangenen Erwägungen der fragliche Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil verschafft habe, da er dazu geführt habe, dass FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystem, hilfsweise nach dem Steuersystem der integrierten Unternehmen, weniger Steuern habe zahlen müssen als die eigenständigen Unternehmen (Erwägungsgründe 339 und 340 des angefochtenen Beschlusses). 38 Schließlich war die Kommission der Auffassung, dass Begünstigte des fraglichen Vorteils die Fiat/Chrysler-Gruppe als Ganzes sei, da FFT eine wirtschaftliche Einheit mit den anderen Einheiten dieser Gruppe bilde, denen die FFT gewährte Verringerung der Steuern zugutekomme, da diese Verringerung der Steuern zwangsläufig zu einer Verringerung der Preise für gruppeninterne Darlehen führe (Erwägungsgründe 341 bis 345 des angefochtenen Beschlusses). 39 Auf der Grundlage dieser Erwägungen zog die Kommission den Schluss, dass der fragliche Steuervorbescheid eine staatliche Beihilfe darstelle und dass es sich um eine Betriebsbeihilfe handele (Erwägungsgründe 346 und 347 des angefochtenen Beschlusses). 40 In Abschnitt 8 („Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt“) des angefochtenen Beschlusses vertrat die Kommission die Auffassung, dass die FFT gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Insoweit stellte sie zum einen fest, dass das Großherzogtum Luxemburg keine der in den in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV aufgeführten Ausnahmen geltend gemacht habe, und zum anderen, dass die fragliche Beihilfe, die als eine Betriebsbeihilfe anzusehen sei, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden könne (Erwägungsgründe 348 bis 351 des angefochtenen Beschlusses). 41 In Abschnitt 9 („Rechtswidrigkeit der Beihilfe“) des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass das Großherzogtum Luxemburg die Kommission weder nach Art. 108 Abs. 3 AEUV über den geplanten fraglichen Steuervorbescheid unterrichtet noch das in diesem Artikel dargelegte Durchführungsverbot eingehalten habe. Deshalb handele es sich um eine rechtswidrige Beihilfe, die unter Verstoß gegen diese Bestimmung durchgeführt worden sei (Erwägungsgründe 352 und 353 des angefochtenen Beschlusses). 42 In Abschnitt 10 („Rückforderung“) des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission erstens aus, dass das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg zur Wahrung der Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit unbegründet sei (Erwägungsgründe 354 bis 364 des angefochtenen Beschlusses). 43 Zweitens wies sie darauf hin, dass sie nicht verpflichtet sei, den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen, da es genüge, dass der angefochtene Beschluss Angaben enthalte, die es seinem Adressaten ermöglichten, diesen Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen. Im vorliegenden Fall schlug die Kommission im angefochtenen Beschluss eine Methode vor, die geeignet sei, den selektiven Vorteil, der FFT durch den fraglichen Steuervorbescheid gewährt worden sei, zu beseitigen, und wies darauf hin, dass sie auch eine andere Berechnungsmethode anerkennen könne, wenn das Großherzogtum Luxemburg vor dem Datum der Durchführung des angefochtenen Beschlusses eine Rückforderungsmethode vorschlagen sollte, sofern deren Anwendung zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führe (Erwägungsgründe 365 bis 369 des angefochtenen Beschlusses). 44 Drittens vertrat die Kommission die Auffassung, dass das Großherzogtum Luxemburg zunächst die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe, die durch den fraglichen Steuervorbescheid gewährt worden sei, von FFT zurückfordern müsse. Sollte FFT nicht in der Lage sein, den vollen Betrag der Beihilfe zurückzuzahlen, habe das Großherzogtum Luxemburg den verbleibenden Betrag von der Fiat Chrysler Automobiles NV, der Rechtsnachfolgerin der Fiat SpA, zurückzufordern, da es sich bei diesem Unternehmen um die Entität handele, die die Gruppe kontrolliere, der FFT angehöre (370. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 45 Abschließend stellte die Kommission fest, dass das Großherzogtum Luxemburg durch den fraglichen Steuervorbescheid FFT und der Gruppe, der FFT angehöre, unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig eine staatliche Beihilfe gewährt habe, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei; deshalb sei das Großherzogtum Luxemburg verpflichtet, die Beihilfe von FFT oder, sollte diese nicht den Gesamtbetrag der Beihilfe zurückzahlen, von Fiat Chrysler Automobiles zurückzufordern (371. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 46 Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet: „Artikel 1 Der [fragliche] Steuervorbescheid zugunsten von [FFT], welcher es dem genannten Unternehmen ermöglicht, seine Steuerverpflichtungen in Luxemburg auf jährlicher Basis für einen Zeitraum von fünf Jahren zu bestimmen, stellt eine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist und vo[m Großherzogtum] Luxemburg unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig durchgeführt worden ist. Artikel 2 (1)   [Das Großherzogtum] Luxemburg fordert die in Artikel 1 genannte, mit dem Binnenmarkt unvereinbare und rechtswidrige Beihilfe von [FFT] zurück. (2)   Etwaige Beträge, die nach der in Absatz 1 beschriebenen Rückforderung nicht von [FFT] beigetrieben werden können, werden von Fiat Chrysler Automobiles N.V. zurückgefordert. (3)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden. (4)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet. Artikel 3 (1)   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert. (2)   [Das Großherzogtum] Luxemburg stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird. Artikel 4 (1)   [Das Großherzogtum] Luxemburg übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses Informationen zu der Methode, nach der der genaue Beihilfebetrag berechnet wird. (2)   [Das Großherzogtum] Luxemburg unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Luxemburg unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Artikel 5 Dieser Beschluss ist an [das Großherzogtum] Luxemburg gerichtet.“ II. Verfahren und Anträge der Parteien A. Zum schriftlichen Verfahren und zu den Anträgen der Parteien in der Rechtssache T‑755/15 47 Mit Klageschrift, die am 30. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg in der Rechtssache T‑755/15 eine Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben. 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers und zur vorrangigen Behandlung 48 Mit Schriftsatz, der am 6. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, dass die Rechtssache von einem erweiterten Spruchkörper entschieden wird. Das Gericht hat gemäß Art. 28 Abs. 5 der Verfahrensordnung vermerkt, dass die Rechtssache T‑755/15 an die Fünfte erweiterte Kammer verwiesen wurde. 49 Am 26. September 2016 ist die Berichterstatterin im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts der Siebten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der daher die Rechtssache T‑755/15 zugewiesen worden ist. 50 Da ein Mitglied der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 6. Februar 2017 den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen. 51 Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer am 12. Dezember 2017 gemäß Art. 67 Abs. 2 der Verfahrensordnung entschieden, dass die Rechtssache T‑755/15 mit Vorrang entschieden wird. 2. Zum Antrag auf Behandlung im beschleunigten Verfahren 52 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 30. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, die Rechtssache T‑755/15 im beschleunigten Verfahren nach Art. 151 der Verfahrensordnung des Gerichts zu behandeln. Am 2. Februar 2016 hat das Gericht entschieden, diesem Antrag nicht stattzugeben. 3. Zur Streithilfe 53 Mit Schriftsatz, der am 6. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. 54 Mit Schriftsatz, der am 7. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Irland beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Großherzogtums Luxemburg zugelassen zu werden. 55 Mit Beschluss vom 25. Mai 2016 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts den Streithilfeanträgen des Vereinigten Königreichs und von Irland stattgegeben. 56 Das Vereinigte Königreich hat mit Schriftsatz, der am 9. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, seinen Streithilfeantrag zurückgenommen. 57 Mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts das Vereinigte Königreich als Streithelfer in der Rechtssache T‑755/15 gestrichen. 4. Zu den Anträgen auf vertrauliche Behandlung 58 Mit Schriftsätzen, die am 29. April 2016, 27. Juni 2016 und 24. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift, in der Erwiderung, in der Gegenerwiderung und in bestimmten Anlagen zu diesen Schriftsätzen gegenüber dem Vereinigten Königreich und Irland vertraulich zu behandeln. Mit am 3. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat das Großherzogtum Luxemburg dem Gericht mitgeteilt, dass es seine Anträge auf vertrauliche Behandlung gegenüber Irland für den Fall einer Verbindung der Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 aufrechterhalten wolle. 5. Zu den Anträgen der Parteien 59 Das Großherzogtum Luxemburg beantragt, – die vorliegende Klage für zulässig und begründet zu erklären; – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – hilfsweise, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wird; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 60 Irland, das dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge des Großherzogtums Luxemburg beigetreten ist, beantragt, den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären. 61 Die Kommission beantragt, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – dem Großherzogtum Luxemburg die Kosten aufzuerlegen. B. Zum schriftlichen Verfahren und zu den Anträgen der Parteien in der Rechtssache T‑759/15 62 Mit Klageschrift, die am 29. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat FFT in der Rechtssache T‑759/15 eine Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben. 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers und zur vorrangigen Behandlung 63 Am 26. September 2016 ist die Berichterstatterin im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts der Siebten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der daher die Rechtssache T‑759/15 zugewiesen worden ist. 64 Auf Vorschlag der Siebten Kammer hat das Gericht am 15. Februar 2017 die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen. 65 Da ein Mitglied der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 23. Februar 2017 den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen. 66 Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer am 12. Dezember 2017 gemäß Art. 67 Abs. 2 der Verfahrensordnung entschieden, dass die Rechtssache T‑759/15 mit Vorrang entschieden wird. 2. Zum Antrag auf beschleunigtes Verfahren 67 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 29. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat FFT beantragt, die Rechtssache T‑759/15 im beschleunigten Verfahren nach Art. 151 der Verfahrensordnung des Gerichts zu behandeln. Am 2. Februar 2016 hat das Gericht entschieden, diesem Antrag nicht stattzugeben. 3. Zur Streithilfe 68 Mit Schriftsatz, der am 6. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. 69 Mit Schriftsatz, der am 7. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Irland beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von FFT zugelassen zu werden. 70 Mit Beschluss vom 18. Juli 2016 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts den Streithilfeanträgen des Vereinigten Königreichs und von Irland stattgegeben. 71 Das Vereinigte Königreich hat mit Schriftsatz, der am 9. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, seinen Streithilfeantrag zurückgenommen. 72 Mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts das Vereinigte Königreich als Streithelfer in der Rechtssache T‑759/15 gestrichen. 4. Zu den Anträgen auf vertrauliche Behandlung 73 Mit Schriftsätzen, die am 20. Mai 2016, 11. Juni 2016, 27. Juli 2016 und 28. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat FFT beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift, in der Klagebeantwortung, in der Erwiderung sowie in bestimmten Anlagen zu diesen Schriftsätzen gegenüber dem Vereinigten Königreich und Irland vertraulich zu behandeln. 74 Mit am 17. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat FFT mitgeteilt, dass es, für den Fall einer Verbindung mit der Rechtssache T‑755/15, seine Anträge auf vertrauliche Behandlung gegenüber Irland aufrechterhalte. 5. Zu den Anträgen der Parteien 75 FFT beantragt, – die Klage für zulässig zu erklären; – die Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 76 Irland, das dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge von FFT beigetreten ist, beantragt, den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären. 77 Die Kommission beantragt, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – FFT die Kosten aufzuerlegen. C. Zur Verbindung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zum mündlichen Verfahren in den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 1. Zur Verbindung 78 Mit Schriftsatz, der am 1. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, die Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden. 79 Mit Schriftsatz, der am 1. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat auch FFT beantragt, die Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden. 80 Mit Beschluss vom 27. April 2018 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien die Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden und entschieden, die vertraulichen Daten aus der Irland zugänglichen Akte zu entfernen. 2. Zum mündlichen Verfahren in den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 81 Mit Schreiben, das am 7. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. 82 Mit Schreiben, das am 10. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat FFT gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. 83 Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren in den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung hat das Gericht die Parteien aufgefordert, Fragen schriftlich zu beantworten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen. 84 Am 24. Mai 2017 hat FFT einen Schriftsatz mit neuen Beweisen eingereicht, zu dem die Parteien Stellung genommen haben. 85 In der Sitzung vom 21. Juni 2018 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Verbindung der Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung 86 Nach Art. 19 Abs. 2 der Verfahrensordnung hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts die in seine Zuständigkeit fallende Entscheidung über die Verbindung der Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung auf die Siebte erweiterte Kammer des Gerichts übertragen. 87 Nachdem die Parteien in der Sitzung zu einer etwaigen Verbindung gehört worden sind, sind die Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verfahrensordnung wegen Zusammenhangs zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden. B. Zu den Klagegründen und zur Gliederung der Prüfung der vorliegenden Klagen 88 Die Klagen in den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 sind auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtet, soweit der fragliche Steuervorbescheid als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft und die Rückforderung der Körperschaftsteuerbeträge angeordnet wird, die das Großherzogtum Luxemburg bei FFT und der Fiat/Chrysler-Gruppe nicht erhoben habe. 89 Das Großherzogtum Luxemburg stützt seine Klage auf drei Gründe. 90 Der erste Klagegrund, der sich im Wesentlichen auf die Voraussetzung des Vorliegens einer selektiven Beihilfe und auf die Zuständigkeit der Kommission in Steuersachen bezieht, besteht aus drei Teilen. Erstens macht das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass die Kommission im Rahmen der Prüfung der Selektivität der beanstandeten Maßnahme zu Unrecht angenommen habe, dass der relevante Bezugsrahmen das allgemeine Körperschaftsteuersystem sei (erster Teil). Zweitens habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass der fragliche Steuervorbescheid vom festgestellten Bezugsrahmen und vom Fremdvergleichsgrundsatz abweiche (zweiter Teil). Drittens habe die Kommission gegen die Art. 4 und 5 EUV sowie Art. 114 AEUV verstoßen, als sie eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe, die darin bestehe, einen Fremdvergleichsgrundsatz sui generis vorzuschreiben (dritter Teil). 91 Mit dem zweiten Klagegrund, der aus zwei Teilen besteht, wird ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV und die Begründungspflicht der Kommission nach Art. 296 AEUV gerügt, da diese weder den Beweis eines Vorteils (erster Teil) noch den einer Wettbewerbsbeschränkung (zweiter Teil) erbracht habe. 92 Der dritte, hilfsweise vorgebrachte Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1). Da diese Verordnung jedoch durch die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) aufgehoben wurde, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses anwendbar war, ist dieser Klagegrund dahin zu verstehen, dass damit ein Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 der letzteren Verordnung gerügt wird. Der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, dass die Kommission die Rückforderung der Beihilfe unter Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit (erster Teil) und unter Verletzung seiner Verteidigungsrechte (zweiter Teil) angeordnet habe. 93 FFT stützt ihre Klage auf vier Gründe. 94 Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen und betrifft einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV. Mit dem ersten Teil macht FFT geltend, dass die Kommission den Begriff des selektiven Vorteils falsch angewandt habe. In diesem Zusammenhang erhebt sie vier Rügen. Sie rügt erstens die fehlerhafte Bestimmung des relevanten Bezugsrahmens, zweitens die fehlerhafte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in einer neuen und ungenauen Auslegung und drittens den fehlenden Nachweis, dass der Fiat/Chrysler-Gruppe ein Vorteil gewährt worden sei. Die vierte Rüge betrifft den Umstand, dass selbst unter der Annahme, dass der fragliche Steuervorbescheid vom allgemeinen Körperschaftsteuersystem abweiche, eine Rechtfertigung für diese Abweichung bestehe. Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht FFT geltend, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass der fragliche Steuervorbescheid zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könne. 95 Der zweite Klagegrund besteht ebenfalls aus zwei Teilen und betrifft einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV. Die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie im angefochtenen Beschluss nicht erläutert habe, wie sie den Fremdvergleichsgrundsatz aus dem Unionsrecht abgeleitet habe und was dieser Grundsatz besage (erster Teil). Sodann habe die Kommission nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie der Ansicht sei, dass der fragliche Steuervorbescheid den Wettbewerb verfälsche (zweiter Teil). 96 Der dritte Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. FFT macht geltend, dass die Definition des Fremdvergleichsgrundsatzes durch die Kommission Rechtsunsicherheit und Verwirrung hinsichtlich der Frage erzeuge, unter welchen Voraussetzungen ein Steuervorbescheid gegen die Beihilfevorschriften verstoße. 97 Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gerügt, da die Kommission den fraglichen Steuervorbescheid nicht anhand der von der OECD erlassenen einschlägigen Vorschriften beurteilt habe. 98 Aus der vorstehenden Darstellung ergibt sich, dass das Großherzogtum Luxemburg und FFT, wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge, im Wesentlichen fünf Gruppen von Klagegründen geltend machen: – Die erste Gruppe betrifft einen Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV, soweit die Beurteilung der Kommission zu einer verschleierten steuerlichen Harmonisierung führe (dritter Teil des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑755/15). – Die zweite Gruppe betrifft einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV, gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass der fragliche Steuervorbescheid insbesondere deshalb einen Vorteil gewähre, weil er nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe (zweiter Teil des ersten Klagegrundes und erster Teil des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑755/15, zweite und dritte Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes, erster Teil des zweiten Klagegrundes, dritter Klagegrund und vierter Klagegrund in der Rechtssache T‑759/15). – Die dritte Gruppe betrifft einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV, soweit die Kommission die Selektivität dieses Vorteils festgestellt habe (erster Teil des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑755/15 und erste Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑759/15). – Die vierte Gruppe betrifft einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV und die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die fragliche Maßnahme den Wettbewerb beschränke und den Handel zwischen Mitgliedstaaten verfälsche (zweiter Teil des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑755/15 und zweiter Teil des ersten und des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑759/15). – Die fünfte Gruppe betrifft einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und die Verletzung der Verteidigungsrechte, soweit die Kommission die Rückforderung der fraglichen Beihilfe angeordnet habe (dritter Klagegrund in der Rechtssache T‑759/15). 99 Das Gericht wird die Klagegründe in der oben in Rn. 98 angeführten Reihenfolge der Gruppen von Klagegründen prüfen. C. Zur ersten Gruppe von Klagegründen: Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV, soweit die Kommission eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe 100 Das Großherzogtum Luxemburg macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe ihre Zuständigkeiten überschritten und gegen die Art. 4 und 5 EUV verstoßen, indem sie eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe, obwohl die direkten Steuern nach Art. 114 AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Die Kommission habe sich zur „Rechtsmittelkammer der [nationalen] Steuerverwaltungen“ gemacht, indem sie kontrolliert habe, ob der fragliche Steuervorbescheid im Hinblick auf das luxemburgische Recht und die OECD ungewöhnlich sei. 101 Irland trägt vor, dass der angefochtene Beschluss gegen die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die insbesondere in Art. 3 Abs. 6 EUV und Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV festgelegt sei, verstoße, da die direkte Besteuerung in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle. Die Kommission nehme damit eine verschleierte Harmonisierung vor. 102 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 103 Im Wesentlichen streiten die Parteien über die Frage, ob die Kommission insoweit gegen die Zuständigkeitsregeln verstoßen habe, als sie im angefochtenen Beschluss eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe. 104 Nach ständiger Rechtsprechung fallen die direkten Steuern beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, diese müssen ihre Befugnisse jedoch unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Spanien, C‑269/09, EU:C:2012:439, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten in Bereichen, die – wie die direkte Besteuerung – in der Union nicht harmonisiert sind, nicht vom Anwendungsbereich der Regelung über die Kontrolle staatlicher Beihilfen ausgenommen. Folglich kann die Kommission eine steuerliche Maßnahme als staatliche Beihilfe einstufen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 28, vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 81, und vom 25. März 2015, Belgien/Kommission, T‑538/11, EU:T:2015:188, Rn. 65 und 66). 105 Mangels einer einschlägigen Unionsregelung fallen die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen und die Verteilung der Steuerbelastung auf die unterschiedlichen Produktionsfaktoren und Wirtschaftssektoren in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 97). 106 Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede steuerliche Maßnahme, die sich u. a. auf die von den Steuerbehörden berücksichtigte Besteuerungsgrundlage auswirkt, dem Anwendungsbereich von Art. 107 AEUV entzogen wäre. Wenn eine solche Maßnahme nämlich faktisch zu einer unterschiedlichen Behandlung von Gesellschaften führt, die sich im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Lage befinden, und somit den durch sie Begünstigten selektive Vorteile verschafft, die „bestimmte“ Unternehmen oder „bestimmte“ Produktionszweige begünstigen, kann sie als eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 104). 107 Da die Kommission dafür zuständig ist, über die Einhaltung von Art. 107 AEUV zu wachen, kann ihr folglich nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre Befugnisse überschritten, als sie den fraglichen Steuervorbescheid prüfte, um zu untersuchen, ob er eine staatliche Beihilfe darstellte und gegebenenfalls mit dem Binnenmarkt im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vereinbar war. 108 Das Großherzogtum Luxemburg rügt daher zu Unrecht, dass die Kommission sich zur steuerlichen Rechtsmittelkammer des Großherzogtums Luxemburg gemacht habe, da die Kommission lediglich ihre Befugnisse nach Art. 107 AEUV ausgeübt hat, als sie die Frage prüfte, ob der fragliche Steuervorbescheid mit dem Beihilferecht im Einklang stand. 109 Die Kommission hat mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses daher weder gegen die Art. 4 und 5 EUV noch gegen Art. 114 AEUV verstoßen. 110 Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Irland nicht in Frage gestellt. 111 Erstens ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg und Irland geltend machen, die Kommission habe eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen, indem sie die luxemburgischen Vorschriften außer Acht gelassen habe, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Berechnung der Steuer nicht fremdvergleichskonform gewesen sei, und sich auf Vorschriften berufen habe, die nicht Teil des luxemburgischen Steuersystems seien, festzustellen, dass dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen ist. 112 Zwar ergibt sich aus der oben in Rn. 105 dargelegten Rechtsprechung, dass die Kommission beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts nicht befugt ist, unter Außerachtlassung der nationalen Steuervorschriften eigenständig die sogenannte „normale“ Besteuerung eines integrierten Unternehmens zu bestimmen. 113 Doch auch wenn sich die sogenannte „normale“ Besteuerung nach den nationalen Steuervorschriften bestimmt und das Vorliegen eines Vorteils in Bezug auf diese nachzuweisen ist, ändert dies nichts daran, dass, wie in Rn. 106 oben ausgeführt, eine steuerliche Maßnahme, die sich auf die von den Steuerbehörden berücksichtigte Besteuerungsgrundlage auswirkt, unter Art. 107 Abs. 1 AEUV fallen kann. Daher hat die Kommission dadurch, dass sie geprüft hat, ob der fragliche Steuervorbescheid im Einklang mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen steht, keine „steuerliche Harmonisierung“ vorgenommen, sondern von der ihr in Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, indem sie in einem konkreten Fall geprüft hat, ob dieser Steuervorbescheid seinem Begünstigten einen Vorteil gegenüber der sogenannten „normalen“ Besteuerung, wie sie im nationalen Steuerrecht vorgesehen ist, gewährt hat. 114 Zweitens machen das Großherzogtum Luxemburg und Irland geltend, dass der angefochtene Beschluss „vollständige Rechtsunsicherheit“ schaffe, und zwar nicht nur in den Mitgliedstaaten, sondern auch in Drittstaaten. Diese Maßnahme sei, u. a. von Entscheidungsträgern der Vereinigten Staaten von Amerika, heftig kritisiert worden. Dabei handele es sich um eine „Premiere“, die rechtswidrig sei und dazu führe, dass die Mitgliedstaaten alle ihre Steuervorbescheide anmelden müssten und die bestehenden Steuervorbescheide in Frage gestellt würden. Dieses Vorbringen ist als unbegründet zurückzuweisen. 115 Zum einen geht aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervor, dass die Kommission davon ausgegangen wäre, dass jeder Steuervorbescheid zwangsläufig eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV darstelle. Soweit nämlich ein solcher Steuervorbescheid keinen selektiven Vorteil gewährt, insbesondere indem er durch eine Abweichung von den „normalen“ Steuervorschriften zu einer Verminderung der Steuerbelastung des durch ihn Begünstigten führt, stellt er keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV dar und unterliegt keiner Anmeldungspflicht nach Art. 2 der Verordnung 2015/1589. 116 Zum anderen kann der angefochtene Beschluss entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Irland keine „vollständige Rechtsunsicherheit“ in den Mitgliedstaaten oder Drittstaaten erzeugen. Er stellt nämlich nur die Anwendung der Art. 107 und 108 AEUV, wonach eine öffentlich-rechtliche Maßnahme, die eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstellen würde, verboten und die Beihilfe zurückzufordern ist, auf den fraglichen Steuervorbescheid dar. 117 Nach alledem ist der Klagegrund, mit dem gerügt wird, dass die Kommission eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe, als unbegründet zurückzuweisen. D. Zur zweiten Gruppe von Klagegründen: Fehlen eines Vorteils 1. Vorbemerkungen 118 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Einstufung als staatliche Beihilfe verlangt, dass alle in Art. 107 AEUV genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Daher ist anerkannt, dass eine Maßnahme nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert werden kann, wenn es sich erstens um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln bestrittene Maßnahme handelt, zweitens die Maßnahme geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt wird und sie viertens den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 119 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss, wie sich aus den Rn. 21 bis 37 oben ergibt, die beiden Kriterien des Vorliegens eines Vorteils und der Selektivität der fraglichen Maßnahme gemeinsam geprüft hat. 120 Insbesondere vertrat die Kommission zum einen in erster Linie die Auffassung, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT im Hinblick auf das allgemeine Luxemburger Körperschaftsteuersystem einen selektiven Vorteil verschaffe, da die damit gebilligte Methode nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe. Dieser bilde notwendigerweise einen festen Bestandteil der Prüfung der Kommission von den Unternehmen einer Gruppe gewährten steuerlichen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 107 Abs.1 AEUV, unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat diesen Grundsatz in seinem nationalen Rechtssystem verankert habe oder nicht. Diesem Grundsatz zufolge hätten gruppeninterne Transaktionen so vergütet werden sollen, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen ausgehandelt worden wären (im Folgenden: Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben wurde) (vgl. Erwägungsgründe 219 bis 231 des angefochtenen Beschlusses, insbesondere den 228. Erwägungsgrund). Die Kommission erläuterte sodann in den Erwägungsgründen 234 bis 311 des angefochtenen Beschlusses, dass die Methode zur Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT, die der fragliche Steuervorbescheid akzeptiert habe, nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis (fremdvergleichskonformes Ergebnis) habe führen können. 121 Zum anderen führte die Kommission hilfsweise aus, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil gewährt habe, da er von Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und vom Rundschreiben abgewichen sei, die den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht festlegten (vgl. (Erwägungsgründe 316 bis 317 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission verwies sodann auf ihre im Zusammenhang mit ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung vorgenommenen Analyse, wonach die im fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis habe führen können (vgl. Erwägungsgründe 234 bis 311 des angefochtenen Beschlusses). 122 Der Ansatz der Kommission, der darin besteht, die Kriterien des Vorteils und der Selektivität gemeinsam zu prüfen, ist nicht für sich genommen falsch, da, wie die Kommission vorträgt, sowohl der Vorteil als auch sein selektiver Charakter geprüft werden. Das Gericht hält es jedoch für sachdienlich, zunächst zu untersuchen, ob die Kommission auf das Vorliegen eines Vorteils schließen durfte, bevor sie gegebenenfalls die Frage prüfte, ob dieser Vorteil als selektiv anzusehen ist. 123 Insoweit ist festzustellen, dass bestimmte Argumente des Großherzogtums Luxemburg und von FFT, darunter das Vorbringen im zweiten Teil des ersten Klagegrundes des Großherzogtums Luxemburg, zwar als sich auf die Selektivität der fraglichen Maßnahme beziehend dargestellt werden. Nach Auffassung des Gerichts sind sie jedoch auch auf die Feststellung gerichtet, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass die fragliche Maßnahme FFT einen Vorteil verschafft habe. Das Gericht wird daher die im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes des Großherzogtums Luxemburg vorgetragenen Argumente gemeinsam mit den Klagegründen prüfen, mit denen die Schlussfolgerung der Kommission, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschaffe, beanstandet wird. 124 In Anbetracht dieser Erwägungen wird das Gericht die Klagegründe zur Stützung des Vorbringens, dass FFT keinen Vorteil erlangt habe, prüfen und dabei zwischen – erstens – den Rügen, die gegen die von der Kommission in erster Linie vertretene Auffassung erhoben werden, und – zweitens – den Rügen, die gegen die von ihr hilfsweise vertretene Auffassung vorgebracht werden, unterscheiden. Schließlich wird das Gericht drittens die Rüge des Großherzogtums Luxemburg prüfen, wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass auf der Ebene der Fiat/Chrysler-Gruppe ein Vorteil vorliege. 2. Zu der von der Kommission in erster Linie vertretenen Auffassung, wonach der fragliche Steuervorbescheid vom allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystem abweiche 125 Die vom Großherzogtum Luxemburg und von FFT vorgetragenen Klagegründe, mit denen die von der Kommission vorgenommene Prüfung des Vorteils gerügt wird, die ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung zugrunde liegt, lassen sich wie folgt zusammenfassen. Erstens bestreiten das Großherzogtum Luxemburg und FFT, unterstützt durch Irland, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie ihn die Kommission im angefochtenen Beschluss beschreibt, existiert, und beanstanden, wie die Kommission ihn als Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines selektiven Vorteils angewandt hat. Zweitens rügt das Großherzogtum Luxemburg die Schlussfolgerung der Kommission, wonach die im fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode zur Bestimmung der Höhe der von FFT zu entrichtenden Steuer nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe. a) Zu den Klagegründen, mit denen die fehlerhafte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen gerügt wird 126 Im Wesentlichen werfen das Großherzogtum Luxemburg und FFT der Kommission vor, unter Verstoß gegen die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten einen unionsrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatz aufgestellt und den fraglichen Steuervorbescheid anhand dieses Grundsatzes geprüft zu haben, ohne das luxemburgische Recht zu berücksichtigen. Mit der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben sei, habe die Kommission außerdem gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen und ihre Begründungspflicht verletzt. 127 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 128 Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 219 bis 231 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, dass sie, um festzustellen, ob ein selektiver Vorteil bestehe, prüfen könne, ob ein Steuervorbescheid wie der fragliche vom Fremdvergleichsgrundsatz, wie im angefochtenen Beschluss beschrieben, abweiche. Sie hat sodann die Umrisse dieses Fremdvergleichsgrundsatzes dargestellt. 129 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 216, 231 und 311 des angefochtenen Beschlusses ergibt, die Prüfung anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben wird, im Rahmen der Analyse des selektiven Vorteils vornimmt, die ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung zugrunde liegt. Wie aus den Erwägungsgründen 216, 219 und 301 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, besteht diese Analyse darin, zu prüfen, ob der fragliche Steuervorbescheid vom allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystem abweicht. Insoweit hat die Kommission vorab in den Erwägungsgründen 194 bis 199 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass das Ziel des allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystems darin bestehe, die Gewinne aller in Luxemburg ansässigen Unternehmen zu besteuern, unabhängig davon, ob es sich um integrierte oder nicht-integrierte Unternehmen handele, und dass sich beide Typen von Unternehmen im Hinblick auf dieses Ziel in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden. 130 Zur Definition des Fremdvergleichsgrundsatzes hat die Kommission in den Erwägungsgründen 222 und 225 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass nach diesem Grundsatz die gruppeninternen Transaktionen so vergütet werden sollten, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen ausgehandelt worden wären. Im 226. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sie weiter ausgeführt, dass das Ziel dieses Grundsatzes sei, sicherzustellen, dass zwischen den Unternehmen einer Gruppe getätigte Transaktionen auf der Grundlage der Gewinne besteuert würden, die erzielt worden wären, wenn dieselben Transaktionen zwischen eigenständigen Unternehmen abgeschlossen worden wären. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung außerdem vorgetragen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz ein Instrument zur Beurteilung der Höhe der Preise gruppeninterner Transaktionen sei. 131 Zur Rechtsnatur des Fremdvergleichsgrundsatzes hat die Kommission im 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass dieser Grundsatz notwendigerweise einen Bestandteil der Prüfung von den Unternehmen einer Gruppe gewährten steuerlichen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 107 AEUV bilde, unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat diesen Grundsatz in seinem nationalen Rechtssystem verankert habe oder nicht. Bei dem von ihr angewandten Fremdvergleichsgrundsatz handele es sich um einen allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der Besteuerung, der in den Anwendungsbereich von Art. 107 AEUV falle. Dabei hat sie sich auf das Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), zur Steuerregelung für Koordinationszentren in Belgien gestützt, in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass die in dieser Regelung vorgesehene Methode zur Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens diesen Zentren einen selektiven Vorteil verschafft habe. Insbesondere hat sich die Kommission auf Rn. 96 dieses Urteils bezogen, in der der Gerichtshof ausgeführt hat, dass die Methode zur Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens es diesen Zentren „nicht [ermöglicht], zu ähnlichen Verrechnungspreisen wie unter freien Wettbewerbsbedingungen zu gelangen“. 132 Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes heißt es im 227. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission, „[u]m festzustellen, ob [das Großherzogtum] Luxemburg FFT einen selektiven Vorteil gewährt hat, … folglich prüfen [muss], ob die von der Luxemburger Steuerbehörde durch den [fraglichen] Steuervorbescheid gebilligte Methode für die Bestimmung der steuerpflichtigen Gewinne von FFT in Luxemburg von einer Methode abweicht, die zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führt und somit dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht“. Im 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses heißt es weiter, dass der Fremdvergleichsgrundsatz angewandt werde, um festzustellen, ob der steuerpflichtige Gewinn eines einer Gruppe zugehörenden Unternehmens für die Zwecke der Berechnung der Körperschaftsteuer auf der Grundlage einer Methode berechnet worden sei, die mit den Marktbedingungen vergleichbar sei, so dass das jeweilige Unternehmen im Rahmen des allgemeinen Körperschaftsteuersystems gegenüber nicht-integrierten Unternehmen, deren steuerpflichtiger Gewinn vom Markt bestimmt werde, keine Vorzugsbehandlung erfahre. 133 Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission die fragliche Maßnahme anhand des – im angefochtenen Beschluss beschriebenen und in den Rn. 130 bis 132 oben dargelegten – Fremdvergleichsgrundsatzes prüfen konnte, der darin besteht, zu untersuchen, ob gruppeninterne Transaktionen so vergütet werden, als ob sie unter Marktbedingungen ausgehandelt worden wären. 134 Wie in Rn. 104 oben dargelegt, fallen die direkten Steuern nach ständiger Rechtsprechung beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, diese müssen jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Spanien, C‑269/09, EU:C:2012:439, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Besteuerung, auch wenn sie Fragen betreffen, die in der Union nicht harmonisiert sind, nicht vom Anwendungsbereich der Regelung über die Kontrolle staatlicher Beihilfen ausgenommen. 135 Daraus folgt, dass die Kommission eine steuerliche Maßnahme dann als staatliche Beihilfe einstufen kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 28, und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 81). Die Mitgliedstaaten müssen ihre Befugnisse in Steuersachen nämlich unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (Urteil vom 3. Juni 2010, Kommission/Spanien, C‑487/08, EU:C:2010:310, Rn. 37). Folglich haben die Mitgliedstaaten in diesem Kontext jede Maßnahme zu unterlassen, die eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellen könnte. 136 Was die Voraussetzung anbelangt, wonach die fragliche Maßnahme einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen muss, ist daran zu erinnern, dass als staatliche Beihilfen nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (vgl. Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia, C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 21). 137 Insbesondere ist eine Maßnahme, mit der staatliche Stellen bestimmten Unternehmen eine steuerliche Vergünstigung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, die Begünstigten aber finanziell besserstellt als die übrigen Steuerpflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV (Urteil vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C‑387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14; vgl. auch Urteil vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 138 Bei steuerlichen Maßnahmen kann das tatsächliche Vorliegen einer Vergünstigung nur in Bezug auf eine sogenannte „normale“ Besteuerung festgestellt werden (Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 56). Folglich verschafft eine solche Maßnahme dem Begünstigten dann einen wirtschaftlichen Vorteil, wenn sie die Belastungen vermindert, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia, C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 22). 139 Um zu bestimmen, ob ein steuerlicher Vorteil besteht, ist daher die Situation des Begünstigten, die sich aus der Anwendung der fraglichen Maßnahme ergibt, mit der Situation zu vergleichen, in der sich der Begünstigte ohne die fragliche Maßnahme befände (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2018, Cellnex Telecom und Telecom Castilla-La Mancha/Kommission, C‑91/17 P und C‑92/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:284, Rn. 114), wenn die normalen Steuervorschriften angewandt würden. 140 Im Kontext der Bestimmung der steuerlichen Situation eines integrierten Unternehmens, das einer Unternehmensgruppe angehört, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Preise der von diesem Unternehmen durchgeführten gruppeninternen Transaktionen nicht unter Marktbedingungen festgelegt werden. Diese Preise werden nämlich zwischen Unternehmen vereinbart, die derselben Gruppe angehören, so dass sie nicht von den Marktkräften bestimmt werden. 141 Wird jedoch im nationalen Steuerrecht für die Zwecke der Körperschaftsteuerpflicht nicht zwischen integrierten Unternehmen und nicht-integrierten Unternehmen unterschieden, wird damit beabsichtigt, den Gewinn aus der wirtschaftlichen Tätigkeit eines solchen integrierten Unternehmens so zu besteuern, als ob er aus zu Marktpreisen getätigten Transaktionen stammte. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen ihrer Befugnis nach Art. 107 Abs. 1 AEUV eine steuerliche Maßnahme prüft, die einem solchen integrierten Unternehmen gewährt wurde, die Steuerbelastung, die sich für dieses Unternehmen aus der Anwendung der steuerlichen Maßnahme ergibt, mit der Steuerbelastung vergleichen kann, die sich für ein Unternehmen in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation, das seine Tätigkeiten unter Marktbedingungen ausübt, aus der Anwendung der normalen Steuervorschriften des nationalen Rechts ergibt. 142 Dies wird im Übrigen, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt hat, durch das Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), bestätigt, in dem es um das belgische Steuerrecht ging, das dieselben Bedingungen für integrierte und nicht-integrierte Unternehmen vorsah. Der Gerichtshof hat nämlich in Rn. 95 dieses Urteils anerkannt, dass eine abweichende Beihilferegelung „mit der sonst anwendbaren Regelung zu vergleichen [ist], die auf der Differenz zwischen Erträgen und Kosten eines Unternehmens beruht, das sich in freiem Wettbewerb betätigt“. 143 In diesem Zusammenhang gestattet Art. 107 Abs. 1 AEUV, wenn die nationalen Behörden mit dieser einem integrierten Unternehmen gewährten steuerlichen Maßnahme ein gewisses Preisniveau für eine gruppeninterne Transaktion gebilligt haben, der Kommission, zu kontrollieren, ob dieses Preisniveau demjenigen entspricht, das unter Marktbedingungen vereinbart worden wäre, um zu prüfen, ob sich daraus eine Verminderung der Belastungen ergibt, die das in Rede stehende Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und ihm damit ein Vorteil im Sinne dieses Artikels verschafft wird. Der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben wurde, stellt daher ein Instrument dar, das es ihr gestattet, diese Prüfung im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse nach Art. 107 Abs. 1 AEUV vorzunehmen. Die Kommission hat im Übrigen im 225. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend erläutert, dass der Fremdvergleichsgrundsatz als „Bezugskriterium“ für die Feststellung herangezogen werde, ob ein integriertes Unternehmen infolge einer steuerlichen Maßnahme, die seine Verrechnungspreise bestimme, einen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erhalte. 144 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wenn sie dieses Instrument anwendet, um zu kontrollieren, ob der steuerpflichtige Gewinn eines integrierten Unternehmens in Anwendung einer steuerlichen Maßnahme einer verlässlichen Annäherung an einen unter Marktbedingungen erzielten steuerpflichtigen Gewinn entspricht, das Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nur unter der Voraussetzung feststellen kann, dass die Abweichung zwischen den beiden Vergleichsfaktoren über die Ungenauigkeiten hinausgeht, die der zur Erlangung dieser Annäherung verwendeten Methode innewohnen. 145 Im vorliegenden Fall betrifft der fragliche Steuervorbescheid die Bestimmung der Vergütung von FFT für ihre gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten für die Zwecke der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns nach dem luxemburgischen Einkommensteuergesetz, das – unabhängig von der Frage, ob die normalen Steuervorschriften weit oder eng zu bestimmen sind – darauf gerichtet ist, integrierte und unabhängige Unternehmen in Luxemburg hinsichtlich der Körperschaftsteuer gleich zu besteuern. Die Kommission durfte daher prüfen, ob der steuerpflichtige Gewinn von FFT in Anwendung des fraglichen Steuervorbescheids niedriger war als die Steuerbelastung von FFT ohne diesen Steuervorbescheid und in Anwendung der normalen Steuervorschriften des luxemburgischen Rechts. Da FFT ein integriertes Unternehmen ist und das luxemburgische Einkommensteuergesetz das Ziel hat, den Gewinn aus der wirtschaftlichen Tätigkeit eines solchen integrierten Unternehmens so zu besteuern, als ob er aus zu Marktpreisen getätigten Transaktionen stammte, ist im Rahmen der Prüfung des fraglichen Steuervorbescheids der steuerpflichtige Gewinn von FFT, der sich aus der Anwendung dieses Steuervorbescheids ergibt, mit der Situation zu vergleichen, die sich für ein Unternehmen in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation, das seine Tätigkeiten unter Marktbedingungen ausübt, aus der Anwendung der normalen Steuervorschriften des luxemburgischen Rechts ergibt. Wurde in diesem Rahmen mit dem fraglichen Steuervorbescheid ein bestimmtes Preisniveau für die gruppeninternen Transaktionen gebilligt, ist zu kontrollieren, ob dieses Preisniveau demjenigen entspricht, das unter Marktbedingungen vereinbart worden wäre. 146 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Prüfung der Frage, ob ein integriertes Unternehmen einen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erlangt hat, der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, eine Verrechnungspreismethode verwendet zu haben, die sie als im vorliegenden Fall geeignet ansieht, um die Höhe der Verrechnungspreise für eine Transaktion oder für mehrere eng verbundene Transaktionen, die Teil der beanstandeten Maßnahme sind, zu prüfen. Die Kommission muss ihre methodologische Entscheidung allerdings rechtfertigen. 147 Die Kommission hat zwar zutreffend ausgeführt, dass sie nicht formal an die OECD-Leitlinien gebunden sei, doch ändert dies nichts daran, dass diese Leitlinien auf wichtigen Arbeiten von Gruppen renommierter Experten beruhen, dass sie den internationalen Konsens zu Verrechnungspreisen widerspiegeln und dass sie daher sicherlich praktische Bedeutung für die Auslegung von die Verrechnungspreise betreffenden Fragen haben, wie die Kommission im 87. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses anerkannt hat. 148 Daher ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass sie im Rahmen ihrer Analyse nach Art. 107 Abs. 1 AEUV prüfen konnte, ob gruppeninterne Transaktionen so vergütet wurden, als ob sie unter Marktbedingungen ausgehandelt worden wären. Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT nicht in Frage gestellt. 149 Erstens ist zum Vorbringen von FFT, die Kommission habe keine Rechtsgrundlage für ihren Fremdvergleichsgrundsatz angegeben, festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 228 und 229 des angefochtenen Beschlusses zwar ausgeführt hat, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie im angefochtenen Beschluss beschrieben, unabhängig davon bestehe, ob ein solcher Grundsatz im nationalen Rechtssystem verankert sei, und dass sie nicht geprüft habe, ob der fragliche Steuervorbescheid mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang stehe, der in Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes oder im Rundschreiben vorgesehen sei, die den Fremdvergleichsgrundsatz im luxemburgischen Recht verankerten. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, den sie angewandt habe, nicht der sei, der in Art. 9 des OECD-Musterabkommens verankert sei. 150 Die Kommission hat im 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses jedoch auch erläutert, dass der Fremdvergleichsgrundsatz notwendigerweise einen festen Bestandteil der Prüfung von den Unternehmen einer Gruppe gewährten steuerlichen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 1 AEUV bilde und dass er ein allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der Besteuerung sei, der in den Anwendungsbereich von Art. 107 AEUV falle. 151 Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich daher, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission beschrieben wurde, ein Instrument ist, das sie im Rahmen der Prüfung nach Art. 107 Abs. 1 AEUV zu Recht verwendet hat. 152 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission vorgetragen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie im angefochtenen Beschluss beschrieben, nicht unter das Unionsrecht oder das Völkerrecht falle, sondern dem allgemeinen Steuersystem, wie vom nationalen Recht vorgesehen, inhärent sei. Wenn ein Mitgliedstaat im Rahmen seines nationalen Steuersystems den Ansatz der getrennten rechtlichen Einheit wähle, bei dem steuerrechtlich auf die rechtlichen und nicht auf die wirtschaftlichen Einheiten abgestellt werde, laufe dies zwangsläufig auf den Fremdvergleichsgrundsatz hinaus, der im fraglichen Mitgliedstaat verbindlich sei, und zwar unabhängig davon, ob er ausdrücklich oder stillschweigend im nationalen Recht verankert worden sei. 153 Hierzu haben das Großherzogtum Luxemburg und FFT in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Kommission mit diesem Vorbringen ihren Standpunkt zum Fremdvergleichsgrundsatz, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben sei, zu ändern scheine. Es ist jedoch, selbst wenn die vom Großherzogtum Luxemburg und von FFT vorgebrachte Auslegung zuträfe, jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Stadium der mündlichen Verhandlung die Rechtsgrundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie sie im angefochtenen Beschluss dargelegt wurde, nicht ändern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140, Rn. 116). Auf jeden Fall stellt die Erläuterung in der mündlichen Verhandlung die Feststellung in Rn. 151 oben, wonach sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, dass der Fremdvergleichsgrundsatz im Rahmen der Prüfung nach Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen wird, nicht in Frage. Im Übrigen geht aus sämtlichen Schriftsätzen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT hervor, dass diese den angefochtenen Beschluss in dem Sinne verstanden haben, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben wurde, im Rahmen der Prüfung einer nationalen Steuermaßnahme nach Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen wird. 154 Daher ist das Vorbringen von FFT zurückzuweisen, wonach die Kommission keine Rechtsgrundlage für den Fremdvergleichsgrundsatz, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben werde, angegeben habe. 155 Zweitens genügt, soweit FFT geltend macht, die Kommission habe den Inhalt des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben werde, nicht erläutert, der Hinweis, dass sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, dass es sich um ein Instrument handelt, mit dem sich kontrollieren lässt, ob gruppeninterne Transaktionen so vergütet werden, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen ausgehandelt worden wären (vgl. oben, Rn. 151). Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen. 156 Drittens wirft das Großherzogtum Luxemburg der Kommission im Wesentlichen vor, den fraglichen Steuervorbescheid anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie im angefochtenen Beschluss beschrieben, geprüft zu haben, obwohl dieser Grundsatz ein Kriterium sei, das im luxemburgischen Steuerrecht keine Rolle spiele. Der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben werde, gestatte es ihr, methodologische Standards für die Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns vorzuschreiben, die es in den nationalen Rechtsvorschriften nicht gebe, was eine verschleierte Harmonisierung im Bereich der direkten Besteuerung unter Verstoß gegen die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten zur Folge habe. Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen. 157 Insoweit ist lediglich daran zu erinnern, dass sich, wie oben in den Rn. 138 und 141 ausgeführt, die sogenannte „normale“ Besteuerung zwar nach den nationalen Steuervorschriften bestimmt und das tatsächliche Vorliegen eines Vorteils in Bezug auf diese festzustellen ist. Sehen diese nationalen Vorschriften jedoch vor, dass integrierte Unternehmen unter denselben Bedingungen wie eigenständige Unternehmen besteuert werden, gestattet Art. 107 Abs. 1 AEUV es der Kommission, zu kontrollieren, ob das von den nationalen Behörden für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage eines integrierten Unternehmens gebilligte Preisniveau für die gruppeninternen Transaktionen demjenigen entspricht, das unter Marktbedingungen vereinbart worden wäre. 158 Daher überschreitet die Kommission ihre Befugnisse nicht, wenn sie prüft, ob die mit einer nationalen Steuermaßnahme gebilligte Methode zu einem Ergebnis führt, das im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz, wie oben in Rn. 151 definiert, festgestellt wurde. 159 Ferner genügt, soweit das Großherzogtum Luxemburg und FFT geltend machen, die Kommission habe eine Beurteilung im Licht des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgenommen, ohne das Vorliegen eines Vorteils anhand des nationalen Steuerrechts zu prüfen, der Hinweis, dass sich aus den Erwägungsgründen 231, 266, 276, 291, 301 und 339 des angefochtenen Beschlusses klar ergibt, dass die Kommission geprüft hat, ob der fragliche Steuervorbescheid zu einer Verringerung der steuerlichen Belastung von FFT im Vergleich zu derjenigen geführt hat, die FFT in Anwendung der luxemburgischen Steuervorschriften normalerweise zu tragen gehabt hätte. Sie hat daher sehr wohl geprüft, ob der fragliche Steuervorbescheid zu einer Verminderung der Steuerbelastung in Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften geführt hatte. Die Kommission hat in diesem Kontext ihre Prüfung zwar anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgenommen, diesen Grundsatz jedoch, wie oben in Rn. 151 festgestellt, als ein Instrument herangezogen, das es gestattete, zu prüfen, ob die Höhe der Verrechnungspreise von FFT im Verhältnis zu einer Situation, in der die Preise unter Marktbedingungen gebildet worden wären, künstlich verringert worden war. Folglich ist das Vorbringen, die Kommission habe die luxemburgischen Steuerrechtsvorschriften durch eine fremde Norm ersetzt, zurückzuweisen. 160 Viertens machen FFT und Irland im Wesentlichen geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss zu Unrecht festgestellt, dass im Bereich der Besteuerung ein allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung bestehe. 161 Es trifft zu, dass die Kommission im 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass der Fremdvergleichsgrundsatz ein allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der Besteuerung sei, der in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV falle. Diese Formulierung darf jedoch nicht aus ihrem Kontext gerissen und dahin ausgelegt werden, dass die Kommission das Bestehen eines allgemeinen Grundsatzes der steuerlichen Gleichbehandlung, der Art. 107 Abs. 1 AEUV inhärent sei, festgestellt hätte, was diesem Artikel eine zu große Tragweite gäbe. 162 Jedenfalls ergibt sich implizit, aber zwangsläufig aus den Erwägungsgründen 222 bis 231 des angefochtenen Beschlusses und insbesondere den Erwägungsgründen 226 und 229, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben wurde, von dieser nur als ein Instrument angesehen wurde, das es ihr gestattete, zu kontrollieren, ob die gruppeninternen Transaktionen so vergütet werden, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen ausgehandelt worden wären. Das Vorbringen von FFT und Irland kann die Feststellung in Rn. 146 oben nicht in Frage stellen, wonach die Kommission im Rahmen ihrer Analyse nach Art. 107 Abs. 1 AEUV prüfen durfte, ob die gruppeninternen Transaktionen so vergütet wurden, als ob sie unter Marktbedingungen ausgehandelt worden wären. 163 Das Vorbringen von FFT und Irland ist daher insoweit zurückzuweisen. 164 Fünftens beanstandet FFT, die Kommission sei im angefochtenen Beschluss von dem Konzept des Fremdvergleichsgrundsatzes abgewichen, das sie im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens herangezogen habe. In den Rn. 14 und 62 des Einleitungsbeschlusses habe sich die Kommission auf Art. 9 des OECD-Musterabkommens bezogen. 165 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass FFT aus ihrer Behauptung, der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben worden sei, unterscheide sich von dem Fremdvergleichsgrundsatz, auf den sich die Kommission im Einleitungsbeschluss bezogen habe, keine rechtlichen Folgen zieht. Deshalb ist dieses Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen. 166 Jedenfalls ist dieses Vorbringen auch als unbegründet zurückzuweisen. 167 Denn zum einen bezog sich die Kommission in Rn. 14 des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens zwar auf den „Fremdvergleichsgrundsatz nach Art. 9 [des OECD-Musterabkommens]“, diese Bezugnahme erfolgte aber im Rahmen des mit „Einführung in die Steuerbescheide im Bereich Verrechnungspreise“ überschriebenen Abschnitts. Aus der von FFT angeführten Rn. 14 des Einleitungsbeschlusses ergibt sich nicht, dass die Kommission ihre vorläufige Beurteilung auf Art. 9 des OECD-Musterabkommens gestützt hätte. Auch im von FFT angeführten 62. Erwägungsgrund dieses Beschlusses bezog sich die Kommission zwar auf die OECD-Leitlinien, stellt diese jedoch nur als ein „Referenzdokument“ bzw. als „geeignete Leitlinien“ dar. Dies unterscheidet sich jedoch nicht von der Darstellung, die die Kommission im angefochtenen Beschluss gewählt hat. 168 Zum anderen ergibt sich aus den Erwägungsgründen 58 und 59 des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, dass die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens ihren Standpunkt dargelegt hat, wonach sie den Fremdvergleichsgrundsatz im Rahmen der Kontrolle nach Art. 107 AEUV heranziehen könne, um zu prüfen, ob eine Steuermaßnahme einem integrierten Unternehmen einen selektiven Vorteil gewähre. 169 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 61. Erwägungsgrund des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ausgeführt hat, dass eine Besteuerungsmethode, die auf Verrechnungspreise angewandt werde, die nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprächen, und dazu führe, dass die Steuerbemessungsgrundlage des durch sie Begünstigten verringert werde, einen Vorteil verschaffe. Dafür hat sie sich, wie sie es später auch im angefochtenen Beschluss getan hat, auf das Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), berufen. 170 Sechstens ist das Vorbringen von FFT, der Standpunkt der Kommission zum Fremdvergleichsgrundsatz weiche von ihrer früheren Entscheidungspraxis ab, zurückzuweisen, da diese Entscheidungspraxis, die andere Fälle betrifft, nicht die Gültigkeit einer beanstandeten Entscheidung berühren kann, die nur anhand der objektiven Normen des AEU-Vertrags zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291, Rn. 21). 171 Siebtens ist, soweit FFT darauf hinweist, dass die Kommission in Bezug auf den Begriff des Fremdvergleichsgrundsatzes, den sie herangezogen habe, sehr undurchsichtig gewesen sei und es abgelehnt habe, ihr die Präsentation zu übermitteln, die sie im Rahmen eines Seminars über staatliche Beihilfen in Brüssel gegeben habe, dieses Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen. Der Standpunkt der Kommission bezüglich des Fremdvergleichsgrundsatzes ergibt sich nämlich aus den Erwägungsgründen 219 bis 231 des angefochtenen Beschlusses, so dass der Umstand, dass die Kommission nach einem Seminar keine Präsentation übermittelte, keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hat. 172 Achtens macht FFT geltend, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben, nicht derjenige sei, der von der OECD herangezogen werde. Letzterer erlaube „angemessene Anpassungen“, wie die Nicht-Berücksichtigung der Beteiligung ihrer Tochtergesellschaften im Rahmen der Berechnung der Vergütung für die Funktionen von FFT. Dies werde im Übrigen im Bericht einer Unternehmensberatungsgesellschaft erläutert, der der Klageschrift beigefügt sei. Dieses Vorbringen ist als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen. 173 Was die Behauptung angeht, der Fremdvergleichsgrundsatz sei nicht derjenige, der von der OECD herangezogen werde, bringt FFT nämlich kein konkretes Argument vor, mit Ausnahme desjenigen betreffend die Berücksichtigung ihrer Beteiligungen. Soweit jedoch FFT geltend macht, die Kommission habe Nr. 2.74 der OECD-Leitlinien verkannt, wonach bei der Anwendung der TNMM angemessene Anpassungen vorzunehmen sind, ist – abgesehen davon, dass die Kommission, wie oben in Rn. 147 dargelegt, nicht formal an die OECD-Leitlinien gebunden ist – festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von FFT die Möglichkeit nicht ausgeschlossen hat, „angemessene Anpassungen“ vorzunehmen. Sie hat nämlich lediglich festgestellt, dass im vorliegenden Fall der Ausschluss der Beteiligungen von FFT an FFNA und FFC nicht gerechtfertigt sei. Diese Frage wird im Übrigen unten in den Rn. 273 bis 278 geprüft. 174 Außerdem ist zum einen, soweit FFT auf den Bericht einer Unternehmensberatungsgesellschaft verweist, in dem ein Sachverständiger Ausführungen zum Nachweis dafür gemacht habe, dass die Kommission die Beteiligungen von FFT an Tochtergesellschaften nicht hätte berücksichtigen dürfen, der Verweis auf diese Ausführungen nach ständiger Rechtsprechung unzulässig, da sie nicht in der Klageschrift selbst enthalten sind. Nach der Rechtsprechung kann der Text der Klageschrift zwar zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Passagen beigefügter Unterlagen untermauert und ergänzt werden. Eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlage beigefügt sind, kann jedoch nicht das Fehlen der wesentlichen Gesichtspunkte in der Klageschrift ausgleichen, da die Anlagen eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion haben (vgl. Urteil vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung). 175 Zum anderen ist jedenfalls, selbst unter der Annahme, dass die Kommission zu Unrecht nicht die von FFT angeführten „angemessenen Anpassungen“ vorgenommen hat, darauf hinzuweisen, dass dies keinen Einfluss auf die Feststellung hätte, dass FFT nichts vorträgt, dem sich entnehmen ließe, warum der von der Kommission herangezogene Fremdvergleichsgrundsatz falsch sein soll. Dass die OECD-Leitlinien „angemessene Anpassungen“ vorsehen, um jeder tatsächlichen Situation Rechnung zu tragen, und dass im vorliegenden Fall Umstände vorliegen könnten, die zu solchen Anpassungen führen, stellt nämlich nicht die Feststellung in Frage, dass der Fremdvergleichsgrundsatz im Wesentlichen erfordert, dass die integrierten Unternehmen Verrechnungspreise in Rechnung stellen, die denen entsprechen, die unter Wettbewerbsbedingungen in Rechnung gestellt würden, was der Prüfung entspricht, die die Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommen hat. 176 Neuntens ist das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg zurückzuweisen, wonach der Fremdvergleichsgrundsatz, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben, subjektiv und willkürlich sei. Zum einen genügt nämlich der Hinweis, dass die Prüfung anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie sich aus dem 231. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, darin besteht, zu prüfen, ob die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreismethode es gestattet, eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu erreichen. Zum anderen bezieht sich die Kommission für die Zwecke ihrer Analyse weitgehend auf die OECD-Leitlinien, über die ein breiter Konsens besteht, was das Großherzogtum Luxemburg und FFT übrigens auch nicht bestreiten. 177 Zehntens macht FFT geltend, die Kommission habe unter Verstoß gegen ihre Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV nicht erläutert, was die Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie im angefochtenen Beschluss beschrieben, und was sein Inhalt sei. 178 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 15. Juli 2004, Spanien/Kommission, C‑501/00, EU:C:2004:438, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). 179 Im vorliegenden Fall ist bereits oben in den Rn. 149 bis 151 und 154 festgestellt worden, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von FFT die Rechtsgrundlage sowie den Inhalt des Fremdvergleichsgrundsatzes in den Erwägungsgründen 219 bis 231 des angefochtenen Beschlusses dargelegt hat. Der angefochtene Beschluss ist daher hinsichtlich dieser Fragen hinreichend begründet. Ferner geht, wie oben in Rn. 153 ausgeführt, aus sämtlichen Schriftsätzen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT hervor, dass diese den angefochtenen Beschluss in dem Sinne verstanden haben, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission in diesem Beschluss beschrieben wurde, im Rahmen der Prüfung einer nationalen Steuermaßnahme nach Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen wurde. 180 Elftens ist, soweit FFT geltend macht, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss in den Erwägungsgründen 219 bis 231 und insbesondere im 228. Erwägungsgrund beschrieben, Rechtsunsicherheit und Verwirrung schaffe, da sich ihm nicht entnehmen lasse, ob ein Steuervorbescheid, der auf Verrechnungspreisen beruhe, gegen die Beihilfevorschriften verstoße, ein solches Vorbringen zurückzuweisen. 181 Nach der Rechtsprechung gebietet der Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen, und soll die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten (Urteil vom 15. Februar 1996, Duff u. a./Kommission, C‑63/93, EU:C:1996:51, Rn. 20). 182 Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe nach Maßgabe der Wirkungen der Maßnahme auf die Wettbewerbsposition des Begünstigten definiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 87). Daraus ergibt sich, dass Art. 107 AEUV jede Beihilfemaßnahme verbietet, unabhängig von ihrer Form oder der zur Gewährung einer solchen Beihilfe verwendeten Regelungstechnik (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 79). 183 Zum anderen ist daran zu erinnern, dass das luxemburgische Steuerrecht vorsieht, dass integrierte und nicht-integrierte Unternehmen unter denselben Bedingungen der Körperschaftsteuer unterliegen. Es war deshalb vorhersehbar, dass die Kommission im Rahmen der Prüfung nach Art. 107 AEUV untersuchen könnte, ob die mit dem Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreismethode von einem unter Marktbedingungen festgelegten Preis abwich, um zu prüfen, ob dieser Steuervorbescheid dem Begünstigten einen Vorteil verschaffe. 184 Soweit sich FFT darauf beschränkt, zu behaupten, der 228. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei unklar formuliert und führe zu Rechtsunsicherheit, genügt der Hinweis, dass der angefochtene Beschluss insgesamt zu betrachten ist. Wie sich jedoch aus den Rn. 130 bis 132 oben ergibt, hat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Definition, den Umfang und die Rechtsnatur des Fremdvergleichsgrundsatzes erläutert. Außerdem geht, wie oben in Rn. 115 festgestellt, aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervor, dass die Kommission davon ausgegangen wäre, dass jeder Steuervorbescheid zwangsläufig eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV darstelle. Soweit nämlich ein solcher Steuervorbescheid keinen selektiven Vorteil gewährt, insbesondere indem er zu einer Verminderung der Steuerbelastung des durch ihn Begünstigten führt, stellt er keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV dar und unterliegt keiner Anmeldungspflicht nach Art. 2 der Verordnung 2015/1589. 185 Zwölftens ist, soweit FFT geltend macht, die Kommission habe gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, da niemand vorhergesehen habe oder habe vorhersehen können, dass die Kommission einen anderen Fremdvergleichsgrundsatz als den von der OECD vorgesehenen anwenden würde, diese Rüge zurückzuweisen. 186 Nach ständiger Rechtsprechung steht nämlich die Möglichkeit, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, jedem Wirtschaftsteilnehmer offen, bei dem ein Organ durch präzise Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2013, Kone u. a./Kommission, C‑510/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:696, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall weist FFT jedoch nicht nach und trägt nicht einmal vor, inwiefern sie präzise Zusicherungen der Kommission dahin erhalten habe, dass der fragliche Steuervorbescheid die Voraussetzungen einer Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV nicht erfülle. Der bloße Umstand, dass FFT der Ansicht ist, die Kommission habe bestimmte frühere Entscheidungen im Bereich der staatlichen Beihilfen ausdrücklich auf den Fremdvergleichsgrundsatz nach Art. 9 des OECD-Musterabkommens gestützt, stellt keine präzise Zusicherung im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung dar. 187 Unter diesen Umständen sind sämtliche Rügen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT betreffend den Fremdvergleichsgrundsatz, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben wurde, als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen. b) Zum Klagegrund einer falschen Berechnungsmethode bei der Ermittlung der Vergütung von FFT 188 Das Großherzogtum Luxemburg macht im Wesentlichen geltend, der fragliche Steuervorbescheid habe FFT keinen Vorteil verschafft, da er nicht zu einer Verringerung der von FFT entrichteten Steuern geführt habe. In diesem Rahmen bestreitet das Großherzogtum Luxemburg, dass die Methode zur Berechnung der Vergütung von FFT Fehler aufgewiesen habe, die von den luxemburgischen Steuerbehörden gebilligt und von der Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt worden seien. 189 Die Kommission tritt dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg entgegen. 1) Vorbemerkungen 190 Mit dem zweiten Teil seines ersten Klagegrundes trägt das Großherzogtum Luxemburg vor, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den im luxemburgischen nationalen Recht verankerten Fremdvergleichsgrundsatz, die OECD-Leitlinien oder den Fremdvergleichsgrundsatz, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss beschrieben, handele. 191 Im Wesentlichen bestreitet das Großherzogtum Luxemburg, dass die Methode zur Berechnung der Vergütung von FFT die fünf von der Kommission festgestellten Fehler aufweist. 192 Zunächst stellt das Großherzogtum Luxemburg im Wesentlichen die Beurteilung der Kommission in Frage, wonach das Eigenkapital von FFT nicht hätte aufgeteilt werden dürfen und ein einheitlicher Satz auf den Gesamtbetrag des bilanziellen Eigenkapitals von FFT hätte angewandt werden müssen (im Folgenden: erster Fehler). 193 Sodann macht das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass es entgegen der Feststellung der Kommission im angefochtenen Beschluss keinen Fehler begangen habe, als es die Verwendung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel bestätigt (im Folgenden: zweiter Fehler) und die Höhe dieser hypothetischen regulatorischen Eigenmittel berechnet habe (im Folgenden: dritter Fehler). Es habe auch keinen Fehler begangen, als es den Abzug der Beteiligungen von FFT an FFC und FFNA gebilligt habe (im Folgenden: vierter Fehler). Der zweite, der dritte und der vierte Fehler knüpfen an den ersten Fehler an, der die Segmentierung des Kapitals betrifft. 194 Schließlich bestreitet das Großherzogtum Luxemburg den fünften von der Kommission festgestellten Fehler betreffend die Berechnung der Rendite von 6,05 %, angewandt auf das hypothetische regulatorische Kapital (im Folgenden: fünfter Fehler). 195 Die fünf vom Großherzogtum Luxemburg bestrittenen Fehler, insbesondere der erste Fehler betreffend die Segmentierung des Eigenkapitals, werden zwar im angefochtenen Beschluss nicht klar als solche dargestellt, ergeben sich jedoch im Wesentlichen aus dem Text des Beschlusses. 196 Die Kommission hat nämlich in den Erwägungsgründen 248 bis 301 des angefochtenen Beschlusses (Abschnitte 7.2.2.5 bis 7.2.2.9 des Beschlusses) ausgeführt, dass die Methode zur Ermittlung der Vergütung der Finanzierungstätigkeiten von FFT, die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt worden sei, mehrere Fehler in den methodologischen Entscheidungen, Parametern und Anpassungen enthalten habe. Die festgestellten Fehler betreffen zum einen die Höhe des zu vergütenden Kapitals, d. h. den Indikator für die Gewinnhöhe, und zum anderen den anzuwendenden Renditesatz. 197 Was zum einen die Höhe des zu vergütenden Kapitals anbelangt, war die Kommission im Wesentlichen der Auffassung, dass die Entscheidung, das Eigenkapital in drei Kategorien aufzuteilen, auf die verschiedene Renditesätze angewandt würden, falsch sei, was dem ersten Fehler entspricht. Wie sich nämlich insbesondere aus den Erwägungsgründen 265, 278 und 287 des angefochtenen Beschlusses ergibt, vertrat die Kommission die Meinung, dass ein einheitlicher Renditesatz auf das gesamte bilanzielle Eigenkapital hätte angewandt werden müssen. So hat die Kommission im 265. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass man bei Heranziehung des bilanziellen Eigenkapitals keine separate „Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen“ hätte berechnen müssen. 198 Der erste Fehler bildet die Grundlage für den zweiten, den dritten und den vierten Fehler, die jeweils den Gegenstand eines klar bestimmten Abschnitts im angefochtenen Beschluss bilden. Zunächst hat die Kommission in den Erwägungsgründen 249 bis 266 des angefochtenen Beschlusses (Abschnitt 7.2.2.6 des Beschlusses) die Ansicht vertreten, dass die Verwendung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel als Gewinnindikator falsch gewesen sei, was dem zweiten Fehler entspricht. Sodann hat sie in den Erwägungsgründen 267 bis 276 des angefochtenen Beschlusses (Abschnitt 7.2.2.7) ausgeführt, dass, selbst wenn die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel verwendet werden könnten, die Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II in Analogie, um die hypothetische Höhe der regulatorischen Eigenmittel von FFT zu ermitteln, falsch gewesen sei, was dem dritten Fehler entspricht. Schließlich hat sie den Erwägungsgründen 277 bis 291 des angefochtenen Beschlusses (Abschnitt 7.2.2.8) darauf hingewiesen, dass der Abzug der Beteiligungen an FFNA und FFC falsch gewesen sei, was dem vierten Fehler entspricht. 199 Was zum anderen die Rendite betrifft, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 292 bis 301 des angefochtenen Beschlusses (Abschnitt 7.2.2.9) die Ansicht vertreten, dass die Höhe der Rendite des zu vergütenden Kapitals, die in Anwendung des CAPM in Höhe von 6,05 % berechnet worden war, falsch gewesen sei, was dem fünften Fehler entspricht. 200 Das Gericht wird daher nacheinander die fünf von der Kommission festgestellten und vom Großherzogtum Luxemburg bestrittenen Fehler, wie sie oben in den Rn. 196 bis 199 dargelegt sind, prüfen. 201 Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass das Großherzogtum Luxemburg und die Kommission im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes der Rechtssache T‑755/15 in Anbetracht der mit der Bewertung der Verrechnungspreise verbundenen Zufallsgrößen und der Tatsache, dass es sich um einen Eingriff in die Handlungsfreiheit der nationalen Behörden handelt, über den Umfang der Kontrolle streiten, die die Kommission über die vom Großherzogtum Luxemburg verwendete Methode zur Berechnung der Vergütung von FFT im fraglichen Steuervorbescheid ausüben durfte. 202 Im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen obliegt es grundsätzlich der Kommission, im angefochtenen Beschluss den Beweis für das Vorliegen einer solchen Beihilfe zu erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑68/03, EU:T:2007:253, Rn. 34, und vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 95). In diesem Zusammenhang hat die Kommission das Verfahren zur Prüfung der fraglichen Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass einer endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 90, und vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 63). 203 Hingegen obliegt es dem Mitgliedstaat, der eine Differenzierung zwischen Unternehmen vorgenommen hat, darzutun, dass diese Unterscheidung durch die Natur oder den inneren Aufbau des fraglichen Systems gerechtfertigt ist. Der Begriff der staatlichen Beihilfe umfasst nämlich staatliche Maßnahmen, die zwischen Unternehmen differenzieren und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder der Struktur der Regelung folgt, mit der sie in Zusammenhang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2012, BNP Paribas und BNL/Kommission, C‑452/10 P, EU:C:2012:366, Rn. 120 und 121 und die dort angeführte Rechtsprechung). 204 Nach alledem oblag es der Kommission, im angefochtenen Beschluss nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt waren. Insoweit steht zwar fest, dass der Mitgliedstaat über einen Wertungsspielraum bei der Billigung von Verrechnungspreisen verfügt, dieser Spielraum jedoch nicht dazu führen kann, dass der Kommission ihre Befugnis, zu kontrollieren, dass die fraglichen Verrechnungspreise nicht zur Gewährung eines selektiven Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV führen, entzogen wird. Dabei hat die Kommission zu berücksichtigen, dass ihr der Fremdvergleichsgrundsatz gestattet, zu prüfen, ob ein von einem Mitgliedstaat gebilligter Verrechnungspreis einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis entspricht und ob die im Rahmen dieser Prüfung eventuell festgestellte Abweichung nicht über die Ungenauigkeiten hinausgeht, die der zur Erlangung dieser Annäherung verwendeten Methode innewohnen. 205 Das Großherzogtum Luxemburg und die Kommission streiten auch darüber, wie weit die Kontrolle geht, die das Gericht hinsichtlich der Beurteilungen der Kommission im Zusammenhang mit der Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT ausüben kann. Nach Ansicht der Kommission sollte das Gericht nur eine beschränkte Kontrolle dieser wirtschaftlichen Beurteilungen, die komplex seien, vornehmen. Insoweit ergibt sich aus Art. 263 AEUV, dass Gegenstand der Nichtigkeitsklage die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der dort aufgeführten Unionsorgane ist. Mit der Prüfung der im Rahmen einer solchen Klage geltend gemachten Klagegründe wird daher ein Ersatz für die umfassende Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens weder bezweckt noch bewirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 84). 206 Was den Bereich der staatlichen Beihilfen angeht, so ist der Begriff der staatlichen Beihilfe, wie er im AEU-Vertrag definiert ist, ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteile vom 4. September 2014, SNCM und Frankreich/Corsica Ferries France, C‑533/12 P und C‑536/12 P, EU:C:2014:2142, Rn. 15, und vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 87). 207 Hinsichtlich der Frage, ob eine Methode zur Ermittlung eines Verrechnungspreises eines integrierten Unternehmens im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz steht, hat die Kommission, wie bereits oben ausgeführt, bei der Anwendung dieses Instruments im Rahmen ihrer Beurteilung nach Art. 107 Abs. 1 AEUV zu berücksichtigen, dass es um eine Annäherung geht. Die Kontrolle des Gerichts ist somit darauf gerichtet, zu überprüfen, ob die im angefochtenen Beschluss aufgezeigten Fehler, auf die die Kommission ihre Feststellung zum Vorliegen eines Vorteils stützte, über die Ungenauigkeiten hinausgehen, die der Anwendung einer Methode zur Erlangung einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis innewohnen. 208 Die verschiedenen von der Kommission festgestellten Fehler sind in diesem Licht zu untersuchen. 2) Zum ersten Fehler: fehlende Berücksichtigung des gesamten Eigenkapitals von FFT 209 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das gesamte bilanzielle Eigenkapital zu berücksichtigen sei, um auf FFT eine einheitliche Rendite von 10 %, unabhängig von ihren verschiedenen Aktivitäten, anzuwenden. Bei der mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode werde der Grundsatz der „Funktionsanalyse“ im Einklang mit den luxemburgischen Vorschriften und denjenigen der OECD angewandt, um dem gemischten Charakter der Tätigkeiten von FFT Rechnung zu tragen. Dabei würden die verwendeten Vermögenswerte und die übernommenen Risiken berücksichtigt. Zur Bestimmung der Vergütung von FFT seien daher die Vermögenswerte oder das Kapital zu isolieren, die mit der Ausübung der Transaktionen oder der einschlägigen Funktionen verbunden seien, so dass entsprechend den OECD-Leitlinien nur das Betriebsvermögen oder das eingesetzte Kapital zu berücksichtigen sei. Das Rundschreiben setze diese Erfordernisse um, da es zunächst die Holdingfunktionen von seinem Anwendungsbereich ausnehme, sodann die Terminologie der OECD-Leitlinien übernehme und schließlich das Eigenkapital bestimme, das die mit den Finanzierungstätigkeiten verbundenen Risiken abdecke. 210 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. i) Bemerkungen zum fraglichen Steuervorbescheid 211 Erstens betrifft der fragliche Steuervorbescheid, wie aus ihm hervorgeht und wie im angefochtenen Beschluss festgestellt wurde (vgl. insbesondere den 70. Erwägungsgrund des Beschlusses), die Ermittlung der Vergütung von FFT für ihre gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten. Die von FFT in Luxemburg zu entrichtende Steuer wird daher berechnet, indem der normale in Luxemburg geltende Körperschaftsteuersatz auf den Nettogewinn angewandt wird, den FFT auf der Grundlage der mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Vergütung erzielt hat. 212 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der fragliche Steuervorbescheid die Vergütung von FFT für die Transaktionen bestimmt, die zu ihren gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten gehören. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Art von Transaktion nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig ist. 213 Sodann bestreiten die Parteien nicht, dass der fragliche Steuervorbescheid, da es sich bei den Transaktionen, die die gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT bilden, um gruppeninterne Transaktionen handelt, die Ermittlung des Verrechnungspreises für diese Transaktionen in einer Höhe betrifft, die derjenigen entspricht, die vereinbart worden wäre, wenn diese Art von Transaktion zwischen eigenständigen Unternehmen unter Marktbedingungen abgeschlossen worden wäre. Außerdem bestreiten sie nicht, dass dieser Steuervorbescheid FFT gestattet, ihre Besteuerungsgrundlage in Luxemburg zu bestimmen. 214 Schließlich hat die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Wahl der Verwendung der TNMM als Methode zur Ermittlung der angemessenen Höhe der Verrechnungspreise für die Transaktionen, die die Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT bilden, beanstandet. Insoweit steht fest, dass die richtige Anwendung der TNMM im vorliegenden Fall in einer Analyse der Kapitalrendite besteht. 215 Die Parteien streiten daher im Wesentlichen nur über die Höhe der Vergütung von FFT für die Transaktionen, die zu ihren gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten gehören. 216 Zweitens teilte, wie sich aus dem Verrechnungspreis-Bericht ergibt und wie die Kommission in Tabelle 2 des angefochtenen Beschlusses und in den Erwägungsgründen 61, 62, 65 und 70 dieses Beschlusses festgestellt hat, dieser Bericht das Eigenkapital von FFT, dessen Gesamtbetrag sich auf 287477000 Euro beläuft, für die Zwecke der Berechnung der Kapitalrendite in drei Kategorien von Mitteln auf, und zwar – die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel im Sinne der Rahmenvereinbarung Basel II für die Vergütung der „Risiken“, nämlich 28523000 Euro, auf die eine Rendite von 6,05 % angewandt wird; – das Eigenkapital von FFT, das eingesetzt wird, um die Beteiligungen an FFNA und FFC zu vergüten, im Zusammenhang mit den „Holdingtätigkeiten“ von FFT, nämlich 165244000 Euro, auf die keine Rendite angewandt wurde; – das für die Wahrnehmung der „Funktionen“ eingesetzte Eigenkapital, nämlich 93710000 Euro, auf die eine Rendite von 0,87 %, angewandt wird. Dieses Eigenkapital entspricht dem gesamten bilanziellen Eigenkapital, vermindert um die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel und den Betrag der Beteiligungen von FFT an FFNA und FFC. 217 Insoweit bestreiten die Parteien nicht, dass die Segmentierung des Eigenkapitals die Basis des für die Berechnung dieser Rendite berücksichtigten Kapitals beschränkt. Sie streiten im Wesentlichen über den Grundsatz selbst, der darin besteht, im Rahmen der TNMM Kapital spezifischen Funktionen zuzuweisen, die unterschiedlichen Renditen unterliegen. Das Großherzogtum Luxemburg und FFT sind nämlich der Ansicht, dass diese Segmentierung des Kapitals nicht nur im Einklang mit den OECD-Leitlinien und dem Rundschreiben stehe, sondern in Anbetracht der verschiedenen Tätigkeiten von FFT auch angemessen sei. Die Kommission meint hingegen, dass eine solche Segmentierung falsch sei. 218 Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Segmentierung des Eigenkapitals, auf das verschiedene Renditesätze angewandt werden, keine verlässliche Annäherung an ein fremdvergleichskonformes Ergebnis erlaubt und so zu einer Verminderung der Steuerbelastung von FFT beigetragen hat. ii) Zur Möglichkeit der Segmentierung des Kapitals in den OECD-Leitlinien und dem Rundschreiben 219 Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen eingeräumt haben, ist die Möglichkeit, das Kapital eines integrierten Unternehmens nach Maßgabe seiner verschiedenen Tätigkeiten aufzuteilen, im Rundschreiben und in den OECD-Leitlinien, auf die das Rundschreiben verweist, weder erlaubt noch verboten. 220 Jedenfalls lässt keines der Argumente des Großherzogtums Luxemburg in seinen Schriftsätzen die Feststellung zu, dass die OECD-Leitlinien oder das Rundschreiben die Segmentierung des Kapitals gestatten, um ein fremdvergleichskonformes Ergebnis zu erzielen. 221 Erstens macht das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass die Anwendung einer einheitlichen Rendite auf das Eigenkapital von FFT in seiner Gesamtheit gegen die Empfehlungen der OECD-Leitlinien und insbesondere das Erfordernis verstoße, eine sogenannte „Funktionsanalyse“ der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens vorzunehmen, die darin bestehe, zwischen den verschiedenen Tätigkeiten eines Unternehmens zu unterscheiden und die damit jeweils verbundenen Vermögenswerte und Risiken zu bestimmen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Nr. D.1.2.2 der OECD-Leitlinien, der die „Funktionsanalyse“ betrifft, entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg nicht den Schluss zulässt, dass es im vorliegenden Fall richtig war, das Kapital von FFT nach Maßgabe ihrer verschiedenen Tätigkeiten aufzuteilen. 222 Aus Nr. 1.42 der OECD-Leitlinien ergibt sich nämlich, dass die mit der jeweiligen Tätigkeit verbundenen Vermögenswerte, und nicht das Kapital, einzeln betrachtet und mit spezifischen Risiken oder Tätigkeiten verknüpft werden können. Zwar kann, wie das Großherzogtum Luxemburg vorträgt, sowohl die Rentabilität des Kapitals als auch die der Vermögenswerte bei der Anwendung der TNMM als Indikator herangezogen werden; dies bedeutet jedoch nicht, dass das Eigenkapital dem Betriebsvermögen gleichgestellt wird. Denn im Unterschied zum Betriebsvermögen ist das Kapital austauschbar und unterliegt unabhängig von der Tätigkeit, deren Verwirklichung es dient, einem Risiko. 223 Zweitens ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg auf die Nrn. 2.77 und 2.78 der OECD-Leitlinien verweist, mit der Kommission lediglich festzustellen, dass daraus zwar im Wesentlichen hervorgeht, dass nur die Elemente berücksichtigt werden dürfen, die mit einer Transaktion zusammenhängen, dort jedoch nicht vorgesehen ist, dass nur das Kapital berücksichtigt werden darf, das mit den steuerpflichtigen Tätigkeiten zusammenhängt. Wie nämlich die Kommission zu Recht geltend macht, ist das Kapital naturgemäß austauschbar. 224 Drittens ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg vorträgt, im luxemburgischen Recht sei es möglich, gewissen Kapitalbestandteilen gewisse Funktionen zuzuordnen, darauf hinzuweisen, dass der fragliche Steuervorbescheid, wie oben in den Rn. 212 bis 215 ausgeführt, nur die Ermittlung der Vergütung von FFT für die Transaktionen, die zu ihren gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten gehören, in fremdvergleichskonformer Höhe betrifft. Wie sich aus den Rn. 137 bis 139 oben ergibt, durfte die Kommission nach Art. 107 Abs. 1 AEUV kontrollieren, ob die Höhe dieser Vergütung unter einer fremdvergleichskonformen Höhe lag und ob der Steuervorbescheid damit FFT einen Vorteil verschafft hatte. Die Funktionsanalyse der untersuchten Transaktion gestattet es insbesondere, gegebenenfalls das untersuchte Unternehmen, die am besten geeignete Verrechnungspreismethode und den zu prüfenden Finanzindikator auszuwählen oder die signifikanten Vergleichbarkeitsfaktoren zu identifizieren, die berücksichtigt werden sollen. 225 Hingegen betrifft der fragliche Steuervorbescheid nicht die Frage, ob aufgrund einer Funktionsanalyse zu FFT gewisse Teile des Kapitals von FFT nach dem luxemburgischen Einkommensteuergesetz nicht der Steuer unterliegen. 226 Das Großherzogtum Luxemburg stützt sein Vorbringen ferner auf einen juristischen Artikel über das luxemburgische Steuerrecht und auf eine Großherzogliche Verordnung. Es ist jedoch festzustellen, dass dieser Artikel und diese Verordnung, die das luxemburgische Recht betreffen, selbst unter der Annahme, dass sie im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV für die Prüfung der Frage, ob die Vergütung von FFT unter einer fremdvergleichskonformen Höhe lag, relevant wären, nicht belegen, dass das Eigenkapital von FFT für die Zwecke der Berechnung der Kapitalrendite nach Maßgabe der verschiedenen Tätigkeiten von FFT aufgeteilt werden durfte. 227 Zum einen ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg auf das Règlement grand-ducal du 16 juillet 1987, modifiant le règlement grand-ducal du 23 juillet 1983 portant exécution de l’article 1er de la loi du 23 juillet 1983 modifiant certaines dispositions de la loi du 4 décembre 1967 concernant l’impôt sur le revenu (Großherzogliche Verordnung vom 16. Juli 1987 zur Änderung der Großherzoglichen Verordnung vom 23. Juli 1983 über die Durchführung von Art. 1 des Gesetzes vom 23. Juli 1983 zur Änderung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer (veröffentlicht im Mémorial A Nr. 65 vom 6. August 1987, S. 1540) verweist, festzustellen, dass es nach dieser Verordnung „zulässig [ist], dass die Vermögensgegenstände durch Eigenkapital in folgender Reihenfolge finanziert werden: Sachanlagen und immaterielle Anlagen, Finanzanlagen, verfügbare und realisierbare Vermögenswerte“. Die Großherzogliche Verordnung sieht jedoch entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg nicht vor, dass das Eigenkapital eines Unternehmens bestimmten seiner Vermögenswerte zugewiesen werden kann. 228 Zum anderen ist, soweit sich das Großherzogtum Luxemburg auf einen Auszug aus einer juristischen Zeitschrift über das luxemburgische Steuerrecht beruft, wonach „die deutsche Lehre, indem sie sich auf rein wirtschaftliche Erwägungen stützt, es zulässt, dass die langfristigen Mittel vorrangig der Finanzierung der langfristigen Vermögenswerte zugewiesen werden“ und dass „[man i]n diesem Sinn … annehmen [kann], dass das Eigenkapital zunächst das Anlagevermögen finanziert“, darauf hinzuweisen, dass diese Stellungnahme im Schrifttum nicht ausreicht, um den Standpunkt des Großherzogtums Luxemburg zu untermauern, wonach das Eigenkapital eines Unternehmens im Rahmen der Anwendung der TNMM aufgeteilt werden könne, um spezifischen Vermögenswerten oder Tätigkeiten zugewiesen zu werden. Denn dieser Auszug lässt sich zwar dahin verstehen, dass die von einem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen vorrangig durch Eigenkapital finanziert werden, doch ergibt sich die Antwort auf die Frage, ob eine solche Erwägung im Rahmen der Anwendung der TNMM und insbesondere für die Zwecke der Ermittlung einer Kapitalrendite relevant ist, nicht klar aus seinem Wortlaut. Überdies wird dieser Auszug ohne genaue Angabe des Kontexts, in dem er steht, vorgelegt und ohne durch andere Stellungnahmen im Schrifttum untermauert zu werden, so dass seine Beweiskraft erheblich eingeschränkt ist. 229 Folglich ist zu schließen, dass die Segmentierung des Kapitals eines integrierten Unternehmens nach Maßgabe seiner verschiedenen Tätigkeiten weder ausdrücklich erlaubt noch verboten ist. Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die im fraglichen Steuervorbescheid vorgenommene Segmentierung in Anbetracht der Besonderheiten des Einzelfalls angemessen ist. iii) Zur Angemessenheit der Segmentierung des Eigenkapitals 230 Die Parteien streiten über die Frage, ob die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass es im vorliegenden Fall nicht angemessen gewesen sei, das Eigenkapital aufzuteilen. 231 Erstens ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Segmentierung des Eigenkapitals von FFT nicht durch die Notwendigkeit, die Vergütung der verschiedenen Funktionen von FFT zu unterscheiden, gerechtfertigt ist. 232 Entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg spiegelt die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Segmentierung des Eigenkapitals nämlich nicht die verschiedenen im Verrechnungspreis-Bericht im Rahmen der sogenannten „Funktionsanalyse“ aufgezeigten Funktionen oder Tätigkeiten wider, für die der fragliche Steuervorbescheid die Höhe der Vergütung bestätigt. 233 Wie oben in Rn. 211 ausgeführt, betrifft die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode nicht die Ermittlung der Vergütung für die Holdingtätigkeiten von FFT, sondern ausschließlich die Vergütung für ihre gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Funktionen. 234 Insoweit ist festzustellen, dass der Verrechnungspreis-Bericht [vertraulich]. 235 Die drei mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Eigenkapitalkategorien beziehen sich jedoch auf die Vergütung der Risiken bzw. die Vergütung der Holdingtätigkeiten und die Vergütung für die Funktionen. Zur letzteren Kategorie heißt es im Verrechnungspreis-Bericht, dass [vertraulich]. Dieses Segment erfasst daher sämtliche Tätigkeiten von FFT, die Gegenstand des fraglichen Steuervorbescheids sind. 236 Daraus ergibt sich somit, dass entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg die Segmentierung des Eigenkapitals nicht darauf gerichtet ist, das Erfordernis der Unterscheidung der Funktionen von FFT zu erfüllen. 237 Zweitens ist festzustellen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass die Segmentierung des Eigenkapitals, wie sie mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt worden sei, unangemessen sei, da sie auf einer rein künstlichen Analyse der Verwendung des Eigenkapitals von FFT beruhe. 238 Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission im 282. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt hat, die Segmentierung des Eigenkapitals von FFT nicht angemessen war, weil diese Mittel naturgemäß austauschbar sind. Da nämlich das gesamte Eigenkapital von FFT Risiken ausgesetzt ist und für die Gewährleistung der Solvenz von FFT voll zur Verfügung steht, müsste dieses Kapital voll vergütet werden und dürfte nicht aufgeteilt werden. 239 Selbst wenn es zuträfe, dass ein Teil des Eigenkapitals von FFT den Beteiligungen an FFNA und FFC zugeordnet ist, die bereits besteuert wurden und daher nicht mehr steuerpflichtig sind, hätte dies keine Auswirkung auf die Feststellung, dass auch dieser Teil des Eigenkapitals Risiken ausgesetzt ist und daher Gegenstand einer Risikovergütung sein müsste. 240 Wie sich aus den Erwägungsgründen 247 und 286 des angefochtenen Beschlusses ergibt, ließ das Großherzogtum Luxemburg dadurch, dass es eine Segmentierung des Eigenkapitals vornahm anstatt das gesamte Eigenkapital als Grundlage heranzuziehen, auf der die Kapitalrendite berechnet wird, den Umstand außer Acht, dass das gesamte Eigenkapital erforderlich ist, um die Finanzierungsfunktionen sicherzustellen und etwaige Verluste aus den Finanzierungstätigkeiten zu absorbieren. Wenn nämlich, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Leverage-Ratio zwischen dem Kapital und den Krediten von [vertraulich] % auf 1,3 oder 1,5 % übergeht, wäre sie niedriger als das, was für ein Kreditinstitut akzeptabel sei. 241 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass FFT, wie die Kommission – vom Großherzogtum Luxemburg unwidersprochen – im 247. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, eine Funktion der Fristentransformation und eine Finanzvermittlerfunktion wahrnimmt, da sie im Hinblick auf die Erfüllung des Finanzierungsbedarfs der Gruppe auf den Märkten Darlehen aufnimmt. Dem 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge stammen die FFT‑Mittel von Finanzierungsinstrumenten wie Anleiheemissionen, befristeten Bankdarlehen, bestätigten und unbestätigten Kreditlinien. Wenn FFT auf dem Markt Darlehen aufnimmt, um seine Tätigkeiten zu finanzieren, berücksichtigen die Marktteilnehmer, bei denen es die Darlehen aufnimmt, daher das gesamte Kapital von FFT, wie das Großherzogtum Luxemburg im Übrigen im Rahmen seiner Antworten auf die Fragen in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat. Bei der Segmentierung des Eigenkapitals nach Maßgabe der Tätigkeiten von FFT bleibt jedoch außer Betracht, dass ihre steuerpflichtigen Gewinne je nach den Fremdkapitalkosten, die insbesondere von der Höhe ihres Eigenkapitals abhängen, unterschiedlich ausfallen. 242 Als Zweites sind die drei Segmente, wie sie mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurden, jedenfalls künstlich. 243 Zunächst genügt in Bezug auf das erste Segment, nämlich das für die Übernahme der Risiken eingesetzte Eigenkapital, der Hinweis, dass, wie oben in Rn. 238 festgestellt, das gesamte Eigenkapital von FFT Risiken ausgesetzt ist. 244 Sodann ist zum zweiten Segment, nämlich dem Eigenkapital von FFT, das für die Beteiligungen an FFNA und FFC eingesetzt wird, lediglich festzustellen, dass, da Kapital austauschbar ist, der Teil der Mittel, der dem Betrag der Beteiligungen an FFNA und FFC entspricht, nicht vom Rest des Eigenkapitals von FFT abgespaltet werden kann. Entgegen den Ausführungen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT in der mündlichen Verhandlung würde bei einer Zahlungsunfähigkeit von FFT, auch wenn das Halten der Beteiligungen an FFNA und FFC zu keiner steuerpflichtigen Dividende führte, da die Dividenden von FFNA und FFC schon vor der Ausschüttung an FFT als Holding besteuert wurden, das im Zusammenhang mit dem Halten dieser Beteiligungen stehende Eigenkapital nämlich wie das gesamte übrige Eigenkapital verwendet, um die Schulden von FFT zu begleichen. Unter diesen Umständen ist das Kapital von FFT, ob es den von ihr gehaltenen Beteiligungen zugeordnet werden kann oder nicht, jedenfalls Risiken ausgesetzt und bei der Berechnung der Vergütung von FFT zu berücksichtigen. 245 Außerdem könnten in einem gruppeninternen Kontext die Beteiligungen einer Muttergesellschaft an ihren Tochtergesellschaften in Wirklichkeit als eine alternative Form der Kapitalzufuhr zur Gewährung eines gruppeninternen Darlehens angesehen werden. Auch deshalb ist die Unterscheidung zwischen dem zweiten Segment und dem ersten, das laut dem Verrechnungspreis-Bericht dem Eigenkapital entspricht, das Risiken, u. a. dem Kreditrisiko und dem Kontrahentenrisiko (58. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ausgesetzt ist, künstlich, da beide letztlich Ausdruck einer gruppeninternen Finanzierungstransaktion sein können, wie das Großherzogtum Luxemburg im Wesentlichen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. 246 Schließlich ist zum dritten Segment, nämlich dem für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetzten Eigenkapital, festzustellen, dass dieses, wie die Kommission im 277. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dem verbleibenden Eigenkapital entspricht, das sich ergibt, wenn die ersten beiden Segmente vom gesamten Eigenkapital abgezogen werden. Daraus folgt, dass dieses Segment aufgrund seines Charakters als Restgröße in Wahrheit keiner bestimmten Funktion oder Tätigkeit entspricht. Außerdem entspricht es, wie die Kommission im 265. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, keiner gebräuchlichen Eigenkapitalkomponente, die bei der Berechnung der Renditeanforderung verwendet wird. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass [vertraulich]. Diese Funktionen entsprechen jedoch den Funktionen, für die die Vergütung von FFT berechnet wird, wie sie mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wird. Diese Segmentierung ist daher zwangsläufig unangemessen. 247 Daraus ergibt sich somit, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie im Wesentlichen davon ausging, dass die Segmentierung des Eigenkapitals falsch war und dass der Gesamtbetrag des Eigenkapitals von FFT für die Zwecke der Vergütung der Risiken berücksichtigt werden musste. 248 Die übrigen Argumente des Großherzogtums Luxemburg vermögen nicht zu überzeugen. 249 Soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, dass FFT Steuer in derselben Höhe zu entrichten gehabt hätte, wenn ihre Tätigkeiten zwischen drei getrennten Einheiten aufgeteilt gewesen wären, kann dieses Vorbringen keinen Erfolg haben. 250 Zum einen entspricht nämlich, wie oben in Rn. 235 ausgeführt, die Segmentierung des Eigenkapitals nicht den verschiedenen von FFT wahrgenommenen Funktionen. Zum anderen berücksichtigen, wie oben in Rn. 241 dargelegt, die Marktteilnehmer, bei denen FFT Darlehen aufnimmt, deren gesamtes Eigenkapital, und die Kreditaufnahmekapazität von FFT wirkt sich zwangsläufig auf ihre Finanzierungstätigkeiten und Gewinne aus. Es lässt sich daher nicht davon ausgehen, dass FFT Steuer in derselben Höhe zu entrichten hätte, wenn ihr Kapital von drei getrennten Gesellschaften gehalten würde, um Tätigkeiten mit einer anderen Rendite auszuüben. Außerdem wäre, wie oben in Rn. 240 festgestellt, das die Finanzierungstätigkeiten betreffende Eigenkapital von FFT im Hinblick auf die entsprechenden Risiken, wenn sie berücksichtigt würden, unzureichend. Jedenfalls ist dieses Argument zurückzuweisen, da es eine hypothetische Situation betrifft, die nichts mit derjenigen zu tun hat, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist. 251 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Gesamtbetrag des Eigenkapitals von FFT für die Zwecke der Berechnung der Vergütung ihrer gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten hätte berücksichtigt werden müssen. 3) Zum zweiten Fehler: Berücksichtigung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel 252 Das Großherzogtum Luxemburg rügt im Wesentlichen die Beurteilung der Kommission, wonach es falsch gewesen sei, die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel für die Vergütung der Risiken im Zusammenhang mit den gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT zu berücksichtigen. Insoweit beanstandet das Großherzogtum Luxemburg die Beurteilung der Kommission, wonach es wirtschaftlich nicht vernünftig sei, eine Eigenkapitalrendite auf der Grundlage des regulatorischen Kapitals von FFT anzuwenden, während die TNMM verlange, das Eigenkapital zu bewerten, das den verschiedenen Funktionen von FFT zugeordnet sei, und weist darauf hin, dass die Rahmenvereinbarung Basel II und das CAPM internationale Standards seien. 253 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Die von FFT vorgenommene Berechnung der Besteuerungsgrundlage anhand des hypothetischen regulatorischen Kapitals sei zum einen falsch und zum anderen inkohärent. 254 Erstens ist daran zu erinnern, dass die verlangten regulatorischen Eigenmittel, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 254 und 262 des angefochtenen Beschlusses – vom Großherzogtum Luxemburg unwidersprochen – ausgeführt hat, in der Rahmenvereinbarung Basel II als Anteil an den von einer Bank oder einem Finanzinstitut gehaltenen Vermögenswerten definiert werden, die nach dem jedem einzelnen Vermögenswert zugrunde liegenden Risiko gewichtet werden. Die regulatorischen Eigenmittel stellen daher die von einer Regulierungsbehörde vorgenommene Schätzung einer Mindestkapitalausstattung dar, die eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut aufrechterhalten muss, und begründen keinen Anspruch auf die Gewinne des fraglichen Unternehmens oder auf die Vergütung der von diesem Unternehmen übernommenen Risiken. 255 Zweitens ist zu der Beurteilung der Kommission, die ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung zugrunde liegt und nach der die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Entscheidung, das hypothetische regulatorische Kapital von FFT zu berücksichtigen, falsch sei, mit der Kommission festzustellen, dass die regulatorischen Eigenmittel im Unterschied zum bilanziellen Eigenkapital, das für die Finanzierungstätigkeiten von FFT verwendet wird, in keinem Zusammenhang mit den Gewinnen stehen, die ein Investor von der Gesellschaft, in die er investiert, verlangen würde. Die regulatorischen Eigenmittel stellen nämlich keinen angemessenen Indikator für die von einer Bank oder einem Finanzinstitut erzielten Gewinne dar, sondern nur die Umsetzung einer diesen Instituten auferlegten aufsichtsrechtlichen Anforderung. Die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel, die in entsprechender Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II ermittelt werden, können erst recht keinen angemessenen Indikator für die Ermittlung der Vergütung des Risikos, dem das Kapital von FFT ausgesetzt ist, darstellen. 256 Diese Feststellung wird durch keines der Argumente des Großherzogtums Luxemburg in Frage gestellt. 257 Als Erstes rechtfertigt der vom Großherzogtum Luxemburg in Beantwortung der Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung angeführte Umstand, dass die Steuerverwaltung sich gefragt habe, ob FFT über eine ordnungsmäßige Kapitalausstattung verfüge, nicht, dass die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel als Indikator für die Gewinnhöhe verwendet wurden. 258 Als Zweites ist das Argument des Großherzogtums Luxemburg, wonach FFT als Finanzierungsgesellschaft verpflichtet gewesen sei, über ein Mindestkapital im Einklang mit dem Rundschreiben zu verfügen, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es genügt nämlich die Feststellung, dass eine solche Verpflichtung, wie von der Kommission bemerkt, nicht belegt, dass das im Einklang mit dieser Verpflichtung gehaltene Mindestkapital einen angemessenen Indikator für die Gewinnhöhe darstellt, da eine regulatorische Verpflichtung nicht die erzielten Gewinnanteile widerspiegelt. 259 Drittens ist zu der von der Kommission hilfsweise vorgenommenen Beurteilung, dass es inkohärent sei, die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel für die Ermittlung der Rendite des bilanziellen Eigenkapitals – im Unterschied zur Rendite der regulatorischen Eigenmittel – zu berücksichtigen, als Erstes festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg, selbst unter der Annahme, dass es richtig gewesen sei, nur die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel als Indikator für die Gewinnhöhe heranzuziehen, keine schlüssige Erklärung bietet, um die Inkohärenz bei der herangezogenen Methode zu rechtfertigen. 260 Wie jedoch die Kommission in den Erwägungsgründen 253 und 254 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, ist eine Eigenkapitalrendite eine Rentabilitätskennzahl. Die Berücksichtigung des bilanziellen Eigenkapitals gestattet es, den Nettogewinn zu bestimmen, der die Vergütung für die Anteilseigner bildet, während die regulatorischen Eigenmittel keinen Anspruch auf die Gewinne der Gesellschaft widerspiegeln, sondern nur die Mittel darstellen, die eine reglementierte Gesellschaft zu halten verpflichtet ist. 261 Das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg, wonach die für die Ermittlung der Eigenkapitalrendite verwendete Methode nicht „inkohärent“ sei, weil sie zum einen gestatte, die unterschiedlichen Tätigkeiten von FFT zu berücksichtigen, und zum anderen die Rahmenvereinbarung Basel II ebenso wie das CAPM eine internationale Referenz sei, ist insoweit als ins Leere gehend zurückzuweisen. Ihm lässt sich nämlich nichts entnehmen, was erklären könnte, warum die regulatorischen Eigenmittel für die Ermittlung der Rendite des bilanziellen Eigenkapitals verwendet werden können. 262 Als Zweites ist auch darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission im 263. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, die Wahl der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT als Indikator für die Gewinnhöhe inkohärent ist, da der im Verrechnungspreis-Bericht für die Zwecke der Berechnung des CAPM vorgenommene Vergleich von FFT mit 66 vom Steuerberater bestimmten Gesellschaften nicht auf den hypothetischen regulatorischen Eigenmitteln dieser 66 Gesellschaften beruht. 263 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Großherzogtum Luxemburg das hypothetische regulatorische Kapital von FFT nicht als Grundlage für die Berechnung der Risikovergütung hätte heranziehen dürfen. 264 Da festgestellt worden ist, dass die Kommission zutreffend davon ausgegangen ist, dass die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel nicht zur Berechnung der Vergütung von FFT verwendet werden konnten, ist das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg nicht zu prüfen, mit dem die Beurteilung der Kommission gerügt werden soll, wonach die Berechnung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT falsch gewesen sei (dritter Fehler). Denn diese Erwägungen wurden von der Kommission, wie sich aus dem 276. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, hilfsweise angestellt und beruhen auf der unzutreffenden Prämisse, dass die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel als Gewinnindikator verwendet werden konnten, um die Vergütung der von FFT übernommenen Risiken zu berechnen. 4) Zum vierten Fehler: fehlende Berücksichtigung der Beteiligungen von FFT 265 Das Großherzogtum Luxemburg rügt die Beurteilung der Kommission, wonach das Kapital im Zusammenhang mit den Beteiligungen von FFT an FFC und FFNA bei der Berechnung der Vergütung der gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT hätte berücksichtigt werden müssen. 266 Zunächst macht das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission hätte feststellen müssen, dass die Vergütung der Beteiligungen an FFNA und FFC definitionsgemäß vom Anwendungsbereich der Verrechnungspreise ausgenommen sei. Die aus den Beteiligungen stammenden Dividenden seien nämlich von der Steuer befreit, und mit dieser Finanzierung gehe keine finanzielle Belastung einher oder werde von ihr abgezogen. 267 Sodann müsse, entgegen der Behauptung der Kommission im 282. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, nach luxemburgischem Recht die einzelnen Finanzierungsquellen so weit wie möglich den einzelnen Vermögenswerten der Gesellschaft zugeordnet werden. Die von FFT gehaltenen Beteiligungen würden jedoch mit Eigenmitteln in einer Höhe von 165244000 Euro finanziert, die nicht in den Anwendungsbereich der Verrechnungspreise fielen und bei den Berechnungen betreffend die Vergütung der von FFT übernommenen Risiken für ihre gruppeninternen Finanzierungstätigkeiten nicht zu berücksichtigen seien. 268 Außerdem gestatte die Anwendung der Regeln der Rahmenvereinbarung Basel II den Ausschluss der Beteiligungen an anderen Kreditinstituten. Soweit die Kommission dieses Argument im 281. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen habe, weil FFT kein Kreditinstitut sei, stehe dies im Widerspruch zum Rest des angefochtenen Beschlusses, in dem die Kommission die Rahmenvereinbarung Basel II angewandt habe. 269 Überdies rügt das Großherzogtum Luxemburg die Beurteilung der Kommission im 286. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach im Wesentlichen die Beteiligungen an FFNA und FFC vom bilanziellen Eigenkapital nicht abgezogen werden könnten, weil das den Leverage-Effekt von FFT sinken ließe, der dem Verhältnis Verschuldung/Eigenmittel entspreche, der unter Berücksichtigung dieser Beteiligungen [vertraulich] % betrage, und zwar [vertraulich] die Verschuldungsquote des Durchschnitts der europäischen Banken – die je nach der Stichprobe 2,9 % oder 3,3 % betrage. Zum einen sei nämlich das von der Kommission herangezogene Banken-Panel und der sich daraus ergebende Durchschnitt keineswegs eine entscheidende Referenz, da andere Banken höhere Verschuldungsquoten hätten. Zum anderen hätten nicht die individuellen bilanziellen Eigenmittel, sondern die konsolidierten bilanziellen Eigenmittel berücksichtigt werden müssen. Außerdem sei die von der Kommission verwendete Stichprobe nicht repräsentativ. 270 Schließlich ist das Großherzogtum Luxemburg der Ansicht, dass der von der Kommission im 288. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Vergleich mit Fiat Finance SpA (im Folgenden: FF), einer in Italien niedergelassenen Treasury-Gesellschaft, weder relevant noch schlüssig sei. Insoweit bestreitet es, dass auf FF dieselbe Methode wie auf FFT, nämlich, die Beteiligungen von den Eigenmitteln abzuziehen, anzuwenden sei, weil das zu einem negativen Kapital von FF führen würde. Zum einen sei FF ein italienisches Steuersubjekt und kein luxemburgisches. Zum anderen habe die Kommission lediglich nachgewiesen, dass im Fall von FF die Beteiligungen mit Fremdkapital finanziert worden seien. 271 Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 277 bis 290 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen die Auffassung vertreten hat, dass das Großherzogtum Luxemburg einen Beurteilungsfehler begangen habe, als es die von FFT mit 165244000 Euro bewertete „Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ (Tabelle 2 des angefochtenen Beschlusses) isoliert und ihr eine Vergütung von Null zugewiesen habe. Dies habe dazu geführt, dass die Steuerverbindlichkeiten von FFT geringer gewesen seien. 272 Ferner steht fest, dass mit der vom Großherzogtum Luxemburg im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode für die Zwecke der Festsetzung der von FFT zu entrichtenden Steuer ermittelt werden soll, welche Vergütung FFT für ihre gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten erhalten hätte, wenn sie unter Marktbedingungen tätig gewesen wäre. Diese Methode besteht darin, die Kapitalrendite zu berechnen. In diesem Kontext könnte der Umstand, dass FFT als Holdinggesellschaft nicht für die Dividenden steuerpflichtig ist, die sie von FFNA und FFC, von denen feststeht, dass sie in Bezug auf die Dividenden besteuert werden, bezieht, zwar dafür sprechen, dass das diesen Beteiligungen zugeordnete Kapital für die Ermittlung der Steuer, die FFT zu entrichten hätte, wenn sie fremdvergleichskonform tätig wäre, nicht zu berücksichtigen wäre. Allerdings kann ein solches Vorbringen aus den folgenden Gründen keinen Erfolg haben. 273 Erstens ist festzustellen, dass, wie die Kommission im 282. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausführt, das Eigenkapital austauschbar ist. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit von FFT werden die Gläubiger auf der Grundlage des gesamten Eigenkapitals bezahlt. Daher würde bei Zahlungsunfähigkeit von FFT entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg sowie von FFT in der mündlichen Verhandlung auch dann, wenn das Halten der Beteiligungen an FFNA und an FFC zu keiner steuerpflichtigen Dividende führte, da die Dividenden von FFNA und FFC schon vor der Ausschüttung an FFT als Holding besteuert wurden, das Eigenkapital im Zusammenhang mit dem Halten dieser Beteiligungen wie das gesamte übrige Eigenkapital verwendet, um die Schulden von FFT zu begleichen. Unter diesen Umständen ist das Kapital von FFT, ob es den Beteiligungen, die sie hält, zugeordnet werden kann oder nicht, jedenfalls Risiken ausgesetzt und bei der Berechnung der Vergütung von FFT zu berücksichtigen, selbst wenn die Beteiligungen an FFNA und FFC zu keinem steuerpflichtigen Einkommen führen würden. 274 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission zu Recht ausführt, das Großherzogtum Luxemburg nicht nachweist, dass die anderen Gesellschaften, mit denen es FFT verglichen hat, die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften von ihrem Kapital abgezogen haben oder dass es nicht üblich ist, dass auf dem Markt tätige Finanzinstitute solche Beteiligungen halten. Unter diesen Umständen hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss der Beteiligungen von FFT an ihren zwei Tochtergesellschaften es nicht erlaubte, einen angemessenen Vergleich zwischen FFT und anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen vorzunehmen. 275 Drittens würde FFT, selbst wenn die Grundsätze der Rahmenvereinbarung Basel II im vorliegenden Fall anwendbar wären, die Voraussetzung für den Abzug eines Teils ihres Eigenkapitals in Höhe der Beteiligungen an FFNA und FFC – nämlich dass für FFT, FFNA und FFC in Luxemburg kein konsolidierter Jahresabschluss erstellt wird – nicht erfüllen. Wie nämlich die Kommission in den Erwägungsgründen 112 und 281 des angefochtenen Beschlusses festgestellt und das Großherzogtum Luxemburg in Beantwortung der prozessleitenden Maßnahmen bestätigt hat, war der Jahresabschluss von FFT in Luxemburg konsolidiert. 276 Viertens bestreitet das Großherzogtum Luxemburg zwar, dass die Leverage-Ratio von FFT mit der von der Kommission verwendeten Stichprobe von Banken zu vergleichen sei, bringt jedoch weder ein Argument noch einen Beweis vor, anhand dessen sich nachvollziehen ließe, warum diese Ratio – wenn davon auszugehen wäre, dass die Eigenmittel zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC nicht zu berücksichtigen sind, obwohl sie fast 60 % des gesamten Eigenkapitals von FFT darstellen (Tabelle 2 des angefochtenen Beschlusses) – nicht deutlich niedriger wäre als die von der Kommission festgestellte und sogar die vom Großherzogtum Luxemburg selbst herangezogene. 277 Da sich die Leverage-Ratio nämlich im Verhältnis zur Höhe des Eigenkapitals berechnet, ist festzustellen, dass zwar die Leverage-Ratio von [vertraulich] %, die die Kommission ermittelte, [vertraulich] wenn das gesamte Eigenkapital von FFT berücksichtigt wurde, [vertraulich] wenn der Anteil des Eigenkapitals in Höhe der Beteiligungen an FFNA und FFC nicht berücksichtigt wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob der Marktstandard 2,9 %, oder 3,3 %, wie von der Kommission ermittelt, oder sogar 4 bis 4,5 % ist, wie sich aus der Stichprobe der vom Großherzogtum Luxemburg herangezogenen Quoten ergibt. 278 In Anbetracht der oben in den Rn. 271 bis 277 dargelegten Erwägungen ist festzustellen, dass die Kommission zutreffend davon ausgegangen ist, dass das Großherzogtum Luxemburg zu Unrecht einen Teil des Eigenkapitals von FFT – in Höhe ihrer Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften – nicht in das Kapital einbezogen hatte, das bei der Ermittlung der Vergütung von FFT für ihre gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten zu berücksichtigen gewesen wäre. 279 Aus den Ausführungen in den Rn. 209 bis 278 oben ergibt sich, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Gesamtbetrag des Eigenkapitals von FFT für die Zwecke der Berechnung der Vergütung von FFT hätte berücksichtigt werden müssen und dass ein einheitlicher Satz hätte angewandt werden müssen. Jedenfalls hat sie auch zutreffend festgestellt, dass die Methode, die darin bestand, zum einen das hypothetische regulatorische Kapital von FFT heranzuziehen und zum anderen die Beteiligungen von FFT an FFNA und FFC nicht in den Betrag des zu vergütenden Kapitals einzubeziehen, es nicht gestattete, zu einem fremdvergleichskonformen Ergebnis zu gelangen. 280 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die vom Großherzogtum Luxemburg gebilligte Methode die Vergütung von FFT minimierte, auf deren Grundlage die von FFT zu entrichtende Steuer festgesetzt wird, ohne dass es erforderlich wäre, die Rügen des Großherzogtums Luxemburg zum fünften von der Kommission festgestellten Fehler betreffend den Renditesatz zu prüfen. Allein die Feststellung, dass die Höhe des zu vergütenden Kapitals zu niedrig geschätzt wurde, genügt nämlich im vorliegenden Fall, um einen Vorteil zu bejahen. 281 Erstens ist das Verhältnis zwischen dem Kapital, das bei der im fraglichen Steuervorbescheid gewählten Methode tatsächlich berücksichtigt wird, und dem gesamten Eigenkapital so bedeutend, dass ein Fehler bei der Ermittlung des zu vergütenden Kapitals unabhängig von der Höhe des anzuwendenden einheitlichen Renditesatzes zwangsläufig zu einer Verminderung der Steuerbelastung von FFT führt. Das hypothetische regulatorische Kapital, das sich auf 28 Mio. Euro beläuft, beträgt nur ungefähr 10 % des gesamten Eigenkapitals, das sich seinerseits auf 287 Mio. Euro beläuft. 282 Zweitens umfasst, wie in Rn. 211 oben ausgeführt, die Methode zur Ermittlung der Vergütung der gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT, wie sie mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurde, zwei Schritte, nämlich erstens die Ermittlung der Höhe des zu vergütenden Kapitals und zweitens die Ermittlung des anzuwendenden Renditesatzes. Im Rahmen des ersten Schrittes unterscheidet die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode drei verschiedene Beträge, auf die drei verschiedene Sätze angewandt werden, die nach verschiedenen Methoden ermittelt werden. Folglich ist es, da der erste Schritt der Berechnung falsch ist, nicht erforderlich, den zweiten Schritt dieser Berechnung zu prüfen. Denn die Feststellung eines Fehlers beim ersten Schritt der mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode macht zwangsläufig die Prüfung etwaiger Fehler bei der Berechnung des Renditesatzes, die den zweiten Schritt dieser Methode darstellt, gegenstandslos. Die Rendite müsste vom Großherzogtum Luxemburg anhand des Kapitals, das zu berücksichtigen gewesen wäre, vollständig neu berechnet werden. Im Übrigen ergibt sich aus dem 311. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass eine korrekte Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT auf der Grundlage der Anwendung eines einheitlichen Satzes auf den Gesamtbetrag ihres bilanziellen Eigenkapitals zu berechnen wäre. 283 Die Parteien streiten allerdings darüber, ob der Renditesatz 10 % betragen müsste, wie die Kommission geltend macht, oder 6,05 %, wie das Großherzogtum Luxemburg vorträgt (304. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Folglich wäre, selbst unter der Annahme, dass der niedrigere Satz anzuwenden wäre, die sich daraus ergebende Vergütung von FFT deutlich höher als die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte. Dieser Satz, der dem auf das erste Segment angewandten entspricht, würde nämlich auf den Gesamtbetrag des Eigenkapitals angewandt, der zehnmal höher liegt als der Betrag, auf den er nach dem fraglichen Steuervorbescheid angewandt wurde. In diesem Kontext ist jedenfalls festzustellen, dass das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg zum Renditesatz die Feststellung der Kommission, dass ein Vorteil vorliegt, nicht in Frage stellen kann. 284 Folglich ist das Gericht der Auffassung, dass es, obwohl das Großherzogtum Luxemburg den fünften von der Kommission festgestellten Fehler betreffend den Renditesatz beanstandet hat (siehe oben, Rn. 194), nicht erforderlich ist, die Begründetheit dieses Vorbringens zu prüfen. 285 Unter diesen Umständen sind sämtliche Rügen, die das Großherzogtum Luxemburg gegen die von der Kommission vorgenommene Prüfung der Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT erhebt, zurückzuweisen. 286 Aus den Feststellungen in den Rn. 211 bis 285 oben ergibt sich, dass die Kommission zutreffend davon ausgegangen ist, dass mit dem fraglichen Steuervorbescheid eine Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT gebilligt wurde, die es nicht gestattete, zu einem fremdvergleichskonformen Ergebnis zu gelangen, und zu einer Verminderung der Steuerbelastung von FFT führte. Folglich hat sie zu Recht in erster Linie die Auffassung vertreten, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschafft. 3. Zu der von der Kommission hilfsweise vertretenen Auffassung, dass der fragliche Steuervorbescheid von Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und vom Rundschreiben abgewichen sei 287 Allein die Feststellung oben in Rn. 286, dass die von der Kommission in erster Linie vertretene Auffassung fehlerfrei ist, genügt, um davon auszugehen, dass die Kommission nachgewiesen hat, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschafft. Dennoch hält es das Gericht für sachdienlich, der Vollständigkeit halber die von der Kommission hilfsweise vertretene Auffassung zu prüfen, wonach dieser Steuervorbescheid von Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und vom Rundschreiben abgewichen sei. 288 Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass das Großherzogtum Luxemburg im Rahmen des zweiten Teils seines ersten Klagegrundes geltend macht, dass der fragliche Steuervorbescheid im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe, wie er im luxemburgischen nationalen Recht vorgesehen sei. 289 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 290 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission in Abschnitt 7.2.4 („Hilfsweise Argumentation: Selektiver Vorteil aufgrund einer Abweichung von Artikel 164 [des Einkommensteuergesetzes] und/oder dem Rundschreiben“) (Erwägungsgründe 315 bis 317 des angefochtenen Beschlusses) hilfsweise ausgeführt hat, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil gewährt habe, da er vom Fremdvergleichsgrundsatz nach luxemburgischem Recht, der in Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und im Rundschreiben festgelegt sei, abgewichen sei (vgl. Erwägungsgründe 316 und 317 des angefochtenen Beschlusses). 291 Im 316. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt: „Hilfsweise [verschafft] der [fragliche] Steuervorbescheid FFT auch im Rahmen des begrenzteren Bezugssystems, das aus Gruppenunternehmen besteht, die Verrechnungspreise anwenden und unter Artikel 164 Absatz 3 [des Einkommensteuergesetzes] und das Rundschreiben fallen, einen selektiven Vorteil... Diese Bestimmungen verankern den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht, demzufolge Transaktionen zwischen Unternehmen einer Gruppe in einer Höhe vergütet werden müssen, die auch von unabhängigen Unternehmen akzeptiert worden wäre, die die Preise unter vergleichbaren Umständen unter freien Wettbewerbsbedingungen aushandeln. Abschnitt 2 des Rundschreibens enthält insbesondere eine Beschreibung des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien, die in innerstaatliches Recht umgesetzt wurden, dargelegt wird.“ 292 Sodann hat die Kommission im 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses daran erinnert, dass sie bereits in Abschnitt 7.2.2 dieses Beschlusses aufgezeigt hatte, dass der fragliche Steuervorbescheid nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis habe führen können. Auf der Grundlage dieser Feststellung hat sie den Schluss gezogen, dass der fragliche Steuervorbescheid „FFT auch bei Zugrundelegung des begrenzteren Bezugssystems nach Artikel 164 Absatz 3 [des Einkommensteuergesetzes] oder dem Rundschreiben einen restriktiven Vorteil verschafft, da er dazu führt, dass die Steuerverbindlichkeit von FFT geringer ist als sie es bei korrekter Anwendung des in dieser Bestimmung dargelegten Fremdvergleichsgrundsatzes gewesen wäre“. 293 Aus den Erwägungsgründen 316 und 317 des angefochtenen Beschlusses geht klar hervor, dass die Kommission den Schluss gezogen hat, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil verschaffe, da er dazu führe, dass die Steuerverbindlichkeit von FFT geringer sei als sie es bei korrekter Anwendung des in Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und im Rundschreiben festgelegten Fremdvergleichsgrundsatzes gewesen wäre. 294 Allerdings hat die Kommission sich bei dieser Schlussfolgerung auf die Prüfung des fraglichen Steuervorbescheids gestützt, die sie im Zusammenhang mit ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung vorgenommen hatte. So hat sie darauf hingewiesen, dass sie bereits in Abschnitt 7.2.2 des angefochtenen Beschlusses aufgezeigt habe, dass der fragliche Steuervorbescheid nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis habe führen können. 295 Insoweit ist erstens festzustellen, dass Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes bestimmt, dass „[s]teuerpflichtiges Einkommen … verdeckte Gewinnausschüttungen [umfasst]“ und dass „[e]ine verdeckte Gewinnausschüttung … insbesondere [entsteht], wenn ein Aktionär oder eine interessierte Partei entweder direkt oder indirekt Gewinne von einem Unternehmen oder einem Verein bezieht, die er normalerweise nicht erhalten hätte, wenn er kein Aktionär oder keine interessierte Partei gewesen wäre“. Außerdem sieht Nr. 2 des Rundschreibens vor, dass, „wenn eine gruppeninterne Dienstleistung erbracht wurde, …, ebenso wie bei anderen Arten von gruppeninternen Transfers, ermittelt werden [muss], ob die vereinbarte Vergütung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, das heißt, ob sie dem Preis entspricht, der unter vergleichbaren Umständen von unabhängigen Unternehmen vereinbart und gezahlt worden wäre“. Daraus ergibt sich, dass Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und das Rundschreiben vorsehen, dass die Vergütung der gruppeninternen Transaktionen so zu ermitteln ist, als ob der Preis dieser Transaktionen zwischen eigenständigen Unternehmen vereinbart worden wäre. Das Großherzogtum Luxemburg und FFT rügen im Übrigen nicht die Beurteilung der Kommission im 75. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach diese Bestimmungen den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Recht verankern. 296 Zweitens ist festzustellen, dass das Rundschreiben auf Art. 9 des OECD-Musterabkommens und auf die OECD-Leitlinien als internationale Referenznorm für die Festsetzung von Verrechnungspreisen verweist. Im Rahmen ihrer Würdigung des selektiven Vorteils, der ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung zugrunde lag, hat sich die Kommission jedoch weitgehend auf die OECD-Leitlinien bezogen, insbesondere um die fünf Fehler in der Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT festzustellen. Daraus folgt, dass die Kommission im Rahmen dieser Würdigung und im Rahmen der Würdigung, die ihrer hilfsweise vertretenen Auffassung zugrunde lag, dasselbe Prüfungsschema verwenden konnte. 297 Folglich ist unter den Umständen des vorliegenden Falls zu schließen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass sie ihre im Hinblick auf den Fremdvergleichsgrundsatz, wie er im angefochtenen Beschluss beschrieben ist, vorgenommene Würdigung, die darin bestand, die Vergütung von FFT zu ermitteln, übertragen konnte, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschafft, da FFT eine geringere Steuer entrichtet hat als die, die sie nach Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetz und dem Rundschreiben zu entrichten gehabt hätte. 298 Das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg, wonach der fragliche Steuervorbescheid im Einklang mit dem luxemburgischen Recht stehe, kann die Feststellung in Rn. 297 oben nicht in Frage stellen. Dieses Vorbringen ist nämlich bereits oben in den Rn. 226 und 227 zurückgewiesen worden. 299 Nach alledem hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT jedenfalls einen selektiven Vorteil verschafft, da er dazu führt, dass die Steuerschuld von FFT geringer ist als sie es nach Art. 164 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes und dem Rundschreiben gewesen wäre. 4. Zum Klagegrund des Fehlens eines Vorteils auf der Ebene der Gruppe 300 Das Großherzogtum Luxemburg und FFT machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass auf der Ebene der Fiat/Chrysler-Gruppe ein Vorteil vorliege, und daher gegen ihre Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV sowie Art. 107 AEUV verstoßen. 301 Insbesondere ist das Großherzogtum Luxemburg der Ansicht, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei offensichtlich fehlerhaft und widersprüchlich, da die Kommission es im 314. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses abgelehnt habe, die Auswirkungen auf der Ebene der Fiat/Chrysler-Gruppe zu berücksichtigen, gleichzeitig aber auf die Auswirkungen dieses Vorteils verwiesen habe, um in den Erwägungsgründen 342 und 344 des Beschlusses diese Gruppe als Begünstigte der angeblichen Beihilfe zu bezeichnen. 302 Zum einen macht das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass im Unterschied zum Sachverhalt in der Rechtssache, in der der Beschluss vom 31. August 2010, France Télécom/Kommission (C‑81/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:475, Rn. 43), ergangen sei, die etwaigen von den anderen Tochtergesellschaften getragenen Belastungen, wie eine höhere Steuer, nicht „in keiner Beziehung“ zu dem Vorteil stünden, den FFT erhalten haben solle. Zum anderen stützt es sich auf das Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T‑515/13 und T‑719/13, EU:T:2015:1004, Rn. 115 und 116), um zu beanstanden, dass die Kommission weder untersucht noch begründet habe, inwiefern die Fiat/Chrysler-Gruppe tatsächlich einen Vorteil erlangt habe. 303 FFT trägt vor, die Kommission habe gegen Art. 107 AEUV verstoßen, indem sie die Auswirkungen des fraglichen Steuervorbescheids auf die Fiat/Chrysler-Gruppe insgesamt bei der Bestimmung, ob FFT und die Fiat/Chrysler-Gruppe einen Vorteil erlangt hätten, außer Acht gelassen habe. 304 Zum einen habe die Kommission im 155. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/276/EU der Kommission vom 26. Mai 2010 über die von Belgien gewährte staatliche Beihilfe in Form einer Vergleichsvereinbarung über eine Ermäßigung der Mehrwertsteuerschuld zugunsten der Gesellschaft Umicore SA (vormals Union Minière SA) (Beihilfe C 76/03 [ex NN 69/03]) (ABl. 2011, L 122, S. 76, im Folgenden: Umicore-Beschluss) anerkannt, dass die nationalen Steuerverwaltungen bei der Beurteilung der Verrechnungspreise über einen Ermessensspielraum verfügen müssten. Der behauptete Vorteil zugunsten von FFT sei jedoch nicht unverhältnismäßig und ergebe sich nur aus diesem Ermessensspielraum. 305 Zum anderen habe die Kommission im 314. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass nicht zu prüfen gewesen sei, ob die Auswirkung des fraglichen Steuervorbescheids auf der Ebene der Gruppe nicht neutral gewesen sei. Selbst wenn die Transaktionen zwischen FFT und einer anderen Gesellschaft der Gruppe FFT eine höhere Gewinnspanne in Luxemburg gewährt hätten, hätte das bedeutet, dass die andere Gesellschaft der Fiat/Chrysler-Gruppe das Recht gehabt hätte, umso mehr Zinsen als Kosten abzuziehen. 306 Außerdem sei der angefochtene Beschluss widersprüchlich, da die Kommission zum einen feststelle, dass der Steuervorteil der gesamten Gruppe zugutekomme, und es zum anderen ablehne, die Auswirkungen der Maßnahme auf die gesamte Gruppe zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall würden jedoch im Unterschied zum Sachverhalt in der Rechtssache, in der das Urteil vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission (T‑427/04 und T‑17/05, EU:T:2009:474), ergangen sei, die Auswirkungen der Maßnahme auf der Ebene der Gruppe neutralisiert, so dass es keinen Vorteil gebe. 307 Die sieben anderen Urteile, auf die die Kommission verweise, stützten nicht deren Standpunkt, wonach es nicht ihre Aufgabe sei, das Vorliegen eines Vorteils auf der Ebene der Fiat/Chrysler-Gruppe zu überprüfen. 308 Insoweit weist FFT darauf hin, dass sich der Umfang der Auswirkungen auf die Fiat/Chrysler-Gruppe im Hinblick auf die Feststellung, ob der fragliche Steuervorbescheid einen Vorteil verschafft habe, an den Schwierigkeiten zeige, die diese Gruppe gehabt habe, da die italienische Steuerverwaltung die Auffassung vertreten habe, dass der steuerpflichtige Gewinn von FFT zu hoch sei, um als unter Marktbedingungen erzielt angesehen zu werden. Folglich habe FFT seinen steuerpflichtigen Gewinn zu hoch geschätzt und zu viel Körperschaftsteuer in Luxemburg gezahlt. 309 Schließlich hätte die Kommission, was die verschiedenen methodologischen Punkte betreffe, ein Verhältnismäßigkeitskriterium anwenden müssen, um zu bestimmen, ob der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschaffe. Außerdem unterstütze FFT vorbehaltlos das Vorbringen im Rahmen der Rechtssache T‑755/15, mit dem das Großherzogtum Luxemburg die Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT beanstande und die von der Kommission festgestellten Fehler in Abrede stelle. 310 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 311 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Großherzogtum Luxemburg nicht zwischen den Argumenten zum Nachweis des Vorliegens eines Verstoßes gegen Art. 107 AEUV und denen, die einen insoweit bestehenden Begründungsmangel betreffen, unterscheidet. Es ist jedoch festzustellen, dass mit seinem Vorbringen im Wesentlichen zum einen ein Begründungsmangel nachgewiesen werden soll, soweit der angefochtene Beschluss inkohärent sei, und zum anderen ein Verstoß gegen Art. 107 AEUV, soweit nach seiner Ansicht und nach Ansicht von FFT die Kommission nicht den Schluss habe ziehen dürfen, dass FFT und die Fiat/Chrysler-Gruppe einen Vorteil erlangt hätten. 312 Erstens ist zum Vorbringen einer Inkohärenz des angefochtenen Beschlusses zum einen festzustellen, dass die Kommission im 314. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen den Schluss gezogen hat, dass FFT einen selektiven Vorteil erlangt habe, da ihre Steuerbelastung in Luxemburg gesenkt worden sei. Hierzu hat die Kommission in diesem Erwägungsgrund weiter ausgeführt, dass der Rechtsprechung zufolge der Umstand, dass diese Verringerung der Steuer in Luxemburg zu einer höheren Steuerbelastung in einem anderen Mitgliedstaat geführt habe, keinen Einfluss auf die Einstufung dieser Maßnahme als Beihilfe habe. 313 Zum anderen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 341 bis 345 des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass der fragliche Steuervorbescheid zwar FFT einen selektiven Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verschaffe, die ihr gewährte steuerliche Vergünstigung jedoch der gesamten Gruppe zugutekomme, da FFT und die Fiat/Chrysler-Gruppe eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Da die Höhe der von FFT entrichteten Steuern die Preisgestaltung der gruppeninternen Darlehen beeinflusse, die FFT den Unternehmen dieser Gruppe gewähre, führten Verringerungen der von FFT zu entrichtenden Steuern zwangsläufig zu einer Verringerung der Preise für gruppeninterne Darlehen. 314 Daher ist, was die Voraussetzung des Vorliegens eines Vorteils betrifft, die nach der oben in Rn. 118 angeführten Rechtsprechung die dritte Voraussetzung ist, die erfüllt sein muss, um eine staatliche Beihilfe bejahen zu können, festzustellen, dass die Ausführungen der Kommission im angefochtenen Beschluss im Zusammenhang mit der Bestimmung des Begünstigten der Beihilfe nicht inkohärent sind, da im Wesentlichen festgestellt wurde, dass dieser Begünstige unmittelbar FFT und mittelbar die Fiat/Chrysler-Gruppe sei, weil FFT mit der Fiat/Chrysler-Gruppe eine wirtschaftliche Einheit und daher ein Unternehmen im beihilferechtlichen Sinne bildet. 315 Daher ist diese erste Rüge des Großherzogtums Luxemburg betreffend einen Begründungsmangel als unbegründet zurückzuweisen. 316 Zur Rüge, dass die Kommission gegen Art. 107 AEUV verstoßen habe, als sie davon ausgegangen sei, dass FFT und die Fiat/Chrysler-Gruppe einen Vorteil erlangt hätten, ist zunächst zu bemerken, dass, wie die Kommission darlegt, das Großherzogtum Luxemburg nichts dafür vorbringt, dass die Fiat/Chrysler-Gruppe und FFT keine wirtschaftliche Einheit im beihilferechtlichen Sinne bilden. Jedenfalls wird, wie die Kommission im 342. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, FFT vollständig von der Fiat SpA kontrolliert, die ihrerseits die Fiat/Chrysler-Gruppe kontrolliert. Daher käme jeder Vorteil, der FFT zugutekäme, dieser Gruppe insgesamt zugute, insbesondere wenn er, wie die Kommission – vom Großherzogtum Luxemburg unwidersprochen – darlegt, zu Bedingungen für die von FFT den anderen Gesellschaften der Gruppe gewährten Darlehen führt, die aufgrund der verminderten Steuerschuld von FFT günstiger sind. 317 Außerdem ist, selbst unter der Annahme, dass dieser Faktor relevant sein könnte, jedenfalls festzustellen, dass weder das Großherzogtum Luxemburg noch FFT nachweisen, dass die FFT in Luxemburg zugutekommenden Steuernachlässe durch Erhöhungen der Steuern in anderen Mitgliedstaaten „neutralisiert“ werden. 318 Selbst wenn dies aber der Fall wäre, ließe eine solche „Neutralisierung“ nicht den Schluss zu, dass FFT oder die Fiat/Chrysler-Gruppe nicht in Luxemburg einen Vorteil erlangt hätten. Denn bei einer Steuermaßnahme ist, um zu bestimmen, ob ein Vorteil vorliegt, ein Vergleich mit den normalen Steuervorschriften vorzunehmen, so dass die Steuervorschriften eines anderen Mitgliedstaats nicht relevant sind (vgl. entsprechend Urteil vom 11. November 2004, Spanien/Kommission, C‑73/03, nicht veröffentlicht, EU:C:2004:711, Rn. 28). Da festgestellt worden ist, dass einem integrierten Unternehmen aufgrund einer von einem Mitgliedstaat gewährten Steuermaßnahme eine Verringerung der steuerlichen Belastung zugutekommt, die es nach den normalen Steuervorschriften normalerweise zu tragen gehabt hätte, wirkt sich die steuerliche Situation eines anderen Unternehmens der Gruppe in einem anderen Mitgliedstaat nicht auf das Vorliegen eines Vorteils aus. Aus demselben Grund – und ohne dass es erforderlich wäre, über die Zulässigkeit der Dokumente zu entscheiden, die FFT nach der Erwiderung zum Beleg dafür vorgelegt hat, dass ein Schiedsverfahren eingeleitet worden sei, um eine Doppelbesteuerung von FFT in Luxemburg und Italien zu vermeiden – ist das Vorbringen von FFT, dass ihre Einkünfte jedenfalls entweder in Italien oder in Luxemburg besteuert würden, so dass sie keinen Vorteil erlange, als unbegründet zurückzuweisen. 319 Diese Feststellung wird durch keines der Argumente des Großherzogtums Luxemburg und von FFT in Frage gestellt. 320 Erstens ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, dass die Kommission sich nicht auf den Beschluss vom 31. August 2010, France Télécom/Kommission (C‑81/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:475, Rn. 43), habe beziehen können, da sie nicht geprüft habe, ob die Fiat/Chrysler-Gruppe tatsächlich einen Vorteil erlangt habe, dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission im 343. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass jede steuerliche Vorzugsbehandlung von FFT zwangsläufig den anderen Gesellschaften der Gruppe zugutekomme, für die sie Verrechnungspreise in Rechnung stelle. 321 Zweitens ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg sich auf das Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T‑515/13 und T‑719/13, EU:T:2015:1004, Rn. 115 und 116), beruft, um darzutun, dass die Kommission hätte untersuchen müssen, ob die Fiat/Chrysler-Gruppe tatsächlich einen Vorteil erlangt habe, festzustellen, dass – abgesehen davon, dass dieses Urteil vom Gerichtshof aufgehoben wurde (Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a., C‑128/16 P, EU:C:2018:591) – der Sachverhalt in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, jedenfalls keinen Bezug zum hier vorliegenden Sachverhalt aufweist. 322 Im Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T‑515/13 und T‑719/13, EU:T:2015:1004), hat das Gericht nämlich entschieden, dass die Kommission zu Unrecht die Auffassung vertreten hatte, dass die Begünstigten einer Beihilfe die wirtschaftlichen Interessenvereinigungen (WIV) und ihre Mitglieder seien, obwohl nicht festgestellt werden konnte, dass die Mitglieder, die allein von der Rückforderungsanordnung betroffen waren, selektive Vorteile genossen. 323 Im vorliegenden Fall hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass nicht nur FFT, sondern auch alle Gesellschaften, die Teil der Gruppe sind und mit FFT Geschäfte tätigen, in den Genuss des FFT gewährten Steuervorteils kommen, weil sich dieser auf die Preisgestaltung ihrer gruppeninternen Darlehen auswirkt. Dieses Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 324 Drittens ist, soweit FFT meint, die Kommission hätte, insbesondere in Anbetracht des Umicore-Beschlusses, ein Verhältnismäßigkeitskriterium anwenden müssen, um zu bestimmen, ob der fragliche Steuervorbescheid einen Vorteil verschaffe, dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Denn zum einen ist die Kommission nicht an ihre Entscheidungspraxis gebunden. Zum anderen hat sie, wie sie im Umicore-Beschluss darlegt, den Steuerbehörden einen Ermessensspielraum im Rahmen einer Transaktion zur Beendigung eines Rechtsstreits, um ein möglicherweise langes oder ungewisses Verfahren zu vermeiden, zuerkannt, nicht aber im Rahmen eines Steuervorbescheids, mit dem die Steuer bestimmt werden soll, die eine Gesellschaft in Zukunft zu entrichten hat. 325 Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 326 Folglich ist im Licht der Erwägungen in den Rn. 118 bis 325 oben festzustellen, dass die Kommission nicht gegen Art. 107 AEUV verstoßen hat, als sie zu dem Schluss gelangt ist, dass FFT und die Fiat/Chrysler-Gruppe einen Vorteil erlangt hatten, der sich daraus ergab, dass FFT eine geringere Steuer entrichtet hat als diejenige, die ein Unternehmen, das Geschäfte am Markt abwickelt, zu entrichten gehabt hätte. 327 Unter diesen Umständen ist die zweite Gruppe von Klagegründen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT betreffend das Vorliegen eines Vorteils insgesamt zurückzuweisen. E. Zur dritten Gruppe von Klagegründen: Fehlen der Selektivität des FFT gewährten Vorteils 328 Mit dem ersten Klagegrund in der Rechtssache T‑755/15 und der ersten Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑759/15 machen das Großherzogtum Luxemburg und FFT geltend, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass der fragliche Steuervorbescheid eine selektive Maßnahme sei. Sie tragen hauptsächlich vor, die Kommission habe im Rahmen ihrer Prüfung der Selektivität in drei Schritten einen falschen Bezugsrahmen berücksichtigt. Der fragliche Steuervorbescheid weiche nicht von der Besteuerungsregelung für integrierte Unternehmen ab, die der maßgebliche Bezugsrahmen sei. Außerdem habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT zu günstigeren Bedingungen als anderen integrierten Unternehmen eingeräumten gewährt worden sei. 329 Die Auffassung der Kommission, wonach sie jedenfalls von der Selektivität des fraglichen Steuervorbescheids habe ausgehen dürfen, da es sich um eine Einzelbeihilfe gehandelt und sie nachgewiesen habe, dass FFT damit ein Vorteil verschafft werde, sei falsch. Die Rechtsprechung unterscheide zwischen Ad-hoc-Einzelbeihilfen und steuerlichen Einzelmaßnahmen zur Anwendung einer allgemeinen Steuerregelung. In letzterem Fall dürfe die Selektivität nicht vermutet werden, sondern müsse anhand des luxemburgischen Rechts und der luxemburgischen Praxis geprüft werden, um festzustellen, ob die Anwendungsvoraussetzungen diskriminierend seien oder der Ermessensspielraum der nationalen Behörden übermäßig sei. Der fragliche Steuervorbescheid sei keine Ad-hoc-Einzelbeihilfe, sondern eine Einzelbeihilfe, die im Zusammenhang mit einer allgemeinen Regelung – nämlich den Rechtsvorschriften über Verrechnungspreise -stehe, die die Auferlegung zusätzlicher Belastungen vorschreibe, wie es in der Rechtssache der Fall gewesen sei, in der das Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:362), ergangen sei. 330 Irland macht geltend, dass nach der Rechtsprechung und der Lehre das einzige relevante Bezugssystem für die Prüfung der Selektivität einer Steuermaßnahme das Steuersystem des Mitgliedstaats sei, zu dem die Maßnahme gehöre, nicht aber ein abstraktes oder hypothetisches Steuersystem, wie es die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Unrecht angewandt habe. Das zu berücksichtigende Bezugssystem sei das der spezifischen Besteuerungsregelung für integrierte Unternehmen. 331 Die Kommission tritt diesem Vorbringen insgesamt entgegen. 332 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das aus Art. 107 Abs. 1 AEUV folgende Erfordernis der Selektivität klar vom begleitenden Nachweis eines wirtschaftlichen Vorteils zu unterscheiden ist, so dass die Kommission, wenn sie einen Vorteil – in einem weiten Sinne – festgestellt hat, der sich unmittelbar oder mittelbar aus einer bestimmten Maßnahme ergibt, außerdem nachweisen muss, dass dieser Vorteil spezifisch einem oder mehreren Unternehmen zugutekommt. Sie muss insbesondere dartun, dass die in Rede stehende Maßnahme zwischen Unternehmen differenziert, die sich im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Lage befinden. Der Vorteil muss also selektiv gewährt werden und geeignet sein, bestimmte Unternehmen in eine günstigere Lage zu versetzen als andere (Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL, C‑15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 59). 333 Allerdings ist beim Erfordernis der Selektivität danach zu unterscheiden, ob die fragliche Maßnahme als allgemeine Beihilferegelung oder als Einzelbeihilfe gewährt werden soll. In letzterem Fall kann, wenn ein wirtschaftlicher Vorteil festgestellt wird, dessen Selektivität grundsätzlich vermutet werden (im Folgenden: Selektivitätsvermutung). Bei der Prüfung einer allgemeinen Beihilferegelung muss hingegen festgestellt werden, ob die betreffende Maßnahme dessen ungeachtet, dass sie einen allgemeinen Vorteil verschafft, diesen allein zugunsten bestimmter Unternehmen oder Branchen schafft (Urteile vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL, C‑15/14 P, EU:C:2015:362, Rn. 60, und vom 30. Juni 2016, Belgien/Kommission, C‑270/15 P, EU:C:2016:489, Rn. 49; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 26. Oktober 2016, Orange/Kommission, C‑211/15 P, EU:C:2016:798, Rn. 53 und 54). In den Fällen, in denen es um eine Einzelbeihilfe geht, gilt die Selektivitätsvermutung unabhängig davon, ob es auf dem betroffenen Markt oder den betroffenen Märkten Wirtschaftsteilnehmer gibt, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 79). 334 Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission für die Einstufung einer nationalen steuerlichen Maßnahme, die keine Einzelbeihilfe darstellt, als „selektiv“ in einem ersten Schritt die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende allgemeine oder „normale“ Steuerregelung ermitteln und in einem zweiten Schritt dartun, dass die steuerliche Maßnahme von dieser allgemeinen Regelung insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf das mit der allgemeinen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteile vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49; vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 57, und vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 85). 335 Der Begriff „staatliche Beihilfe“ erfasst jedoch Maßnahmen, mit denen eine Unterscheidung zwischen Unternehmen eingeführt wird, die sich im Hinblick auf das mit der fraglichen rechtlichen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist, weil sie sich aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sich die Maßnahmen einfügen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 336 Auf der Grundlage einer Methode in drei Schritten, wie sie oben in den Rn. 334 und 335 dargelegt wurde, ist es daher möglich, zu dem Ergebnis zu gelangen, dass eine nationale steuerliche Maßnahme, die keine Einzelbeihilfe darstellt, selektiv ist. 337 Vorliegend hat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Selektivität der fraglichen Maßnahme in erster Linie nach den oben in den Rn. 334 bis 336 angeführten drei Schritten geprüft. Sie hat sich jedoch auch auf die Selektivitätsvermutung gestützt, wonach bei einer Maßnahme, die einen Vorteil verschafft und eine Einzelbeihilfe darstellt, davon ausgegangen wird, dass sie selektiv ist. Im 218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und in ihren Schriftsätzen hat die Kommission darauf hingewiesen, dass „[g]emäß dem Gerichtshof … im Fall von Einzelbeihilfen (im Gegensatz zu Beihilferegelungen) ‚die Feststellung des wirtschaftlichen Vorteils grundsätzlich eine Annahme der Selektivität‘ [ermöglicht]“ und dass FFT im vorliegenden Fall von einer „Einzelbeihilfe“ profitiere. Außerdem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung der Fragen des Gerichts ausgeführt, dass sie die Selektivität des fraglichen Vorteils im angefochtenen Beschluss in mehrfacher Hinsicht nachgewiesen habe, einschließlich mittels der Selektivitätsvermutung, deren Rechtmäßigkeit in der Rechtsprechung allerdings erst nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses bestätigt worden sei. 338 Das Gericht hält es für angebracht, mit der Prüfung des Vorbringens des Großherzogtums Luxemburg und von FFT zu beginnen, wonach die Kommission weder die Selektivität der Beihilfe habe vermuten noch habe feststellen dürfen, dass sie die Selektivitätsvermutung nicht widerlegt hätten. 339 Erstens ist zur Selektivitätsvermutung zu bemerken, dass diese, wie sich im Wesentlichen aus der oben in Rn. 333 angeführten Rechtsprechung ergibt, unter zwei Voraussetzungen gilt, nämlich dass die fragliche Maßnahme eine Einzelbeihilfe darstellt (und nicht eine Beihilferegelung) und dass sie dem begünstigten Unternehmen einen Vorteil gewährt. Da es sich um eine einfache Vermutung handelt, ist es folglich Sache des Klägers, der sie widerlegen will, nachzuweisen, dass die eine oder die andere dieser beiden Voraussetzungen nicht erfüllt ist. 340 Was zum einen die Voraussetzung des Vorliegens eines Vorteils betrifft, so ist diese erfüllt. Wie nämlich oben in Rn. 286 dargelegt, konnten das Großherzogtum Luxemburg und FFT nicht nachweisen, dass die Kommission zu Unrecht festgestellt hat, dass die Steuer, die FFT zu entrichten hatte, niedriger war als diejenige, die sie unter normalen Marktbedingungen zu entrichten gehabt hätte. 341 Was zum anderen die Voraussetzung, dass es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine Einzelbeihilfe handelt, angeht, so bestreiten das Großherzogtum Luxemburg und FFT sowohl in ihren Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung der Fragen des Gerichts im Wesentlichen, dass der fragliche Steuervorbescheid eine Ad-hoc-Einzelbeihilfe darstellen kann. Es handele sich vielmehr um eine einzelne Durchführungsmaßnahme, die sich in den Rahmen einer allgemeinen Regelung einfüge, wie es in der Rechtssache der Fall gewesen sei, in der das Urteil vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL (C‑15/14 P, EU:C:2015:362), ergangen sei. 342 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Einzelbeihilfen nach Art. 1 Buchst. e der Verordnung 2015/1589 Beihilfen, die nicht aufgrund einer Beihilferegelung gewährt werden, und einzelne nach Art. 2 dieser Verordnung anmeldungspflichtige Zuwendungen aufgrund einer Beihilferegelung sind. 343 Nach Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 ist eine Beihilferegelung „eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können“. 344 Aus der oben in Rn. 343 angeführten Definition der Beihilferegelung in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung lassen sich folgende Erwägungen ableiten. 345 Erstens sind, um das Vorliegen einer Beihilferegelung feststellen zu können, grundsätzlich Bestimmungen zu identifizieren, auf deren Grundlage die Beihilfen gewährt werden. Es ist jedoch bereits entschieden worden, dass sich die Kommission im Rahmen der Prüfung einer Beihilferegelung bei fehlender Identifizierung eines Rechtsakts zur Einführung einer solchen Beihilferegelung auf Umstände stützen kann, die in ihrer Gesamtheit darauf schließen lassen, dass der Sache nach eine Beihilferegelung vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 1994, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, C‑324/90 und C‑342/90, EU:C:1994:129, Rn. 14 und 15). 346 Zweitens müssen sich, soweit die Einzelbeihilfen ohne nähere Durchführungsmaßnahmen gewährt werden, die wesentlichen Elemente einer Beihilferegelung zwangsläufig aus den Bestimmungen ergeben, die als Grundlage dieser Regelung identifiziert wurden. 347 Drittens dürfen die nationalen Behörden, wenn sie eine Beihilferegelung anwenden, über kein Ermessen bei der Bestimmung der wesentlichen Elemente der fraglichen Beihilfe und hinsichtlich der Zweckmäßigkeit ihrer Gewährung verfügen. Damit nämlich das Vorliegen solcher Durchführungsmaßnahmen ausgeschlossen ist, müsste sich die Befugnis der nationalen Behörden auf eine technische Anwendung der Bestimmungen, die die fragliche Regelung darstellen sollen, beschränken, gegebenenfalls nachdem sie geprüft haben, dass die Antragsteller die Voraussetzungen erfüllen, um von der Regelung zu profitieren. 348 Viertens ergibt sich aus Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, dass die die Beihilferegelung begründenden Rechtsakte die Empfänger in einer allgemeinen und abstrakten Weise definieren müssen, selbst wenn die ihnen gewährte Beihilfe unbestimmt bleibt. 349 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass, wie die Kommission in Beantwortung der Fragen in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, der fragliche Steuervorbescheid nicht als eine aufgrund einer Beihilferegelung gewährte Maßnahme angesehen werden kann. 350 Zunächst stellen weder das allgemeine Körperschaftsteuersystem noch die spezifische Besteuerungsregelung für integrierte Unternehmen noch irgendeine andere von den Parteien identifizierte Bestimmung eine Regelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d erster und zweiter Halbsatz der Verordnung 2015/1589 dar, auf deren Grundlage die fragliche Maßnahme FFT gewährt wurde. Die Parteien berufen sich auch nicht auf Umstände, die in ihrer Gesamtheit darauf schließen lassen, dass der Sache nach eine Beihilferegelung vorliegt. 351 Sodann bezieht sich die fragliche Maßnahme nicht allgemein auf den Erlass von Steuervorbescheiden durch die Steuerbehörden, sondern auf einen Steuervorbescheid, der spezifisch und konkret FFT betrifft (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 80 und 81). Es steht jedoch fest, dass mit dem fraglichen Steuervorbescheid die Höhe der Steuer bestimmt werden soll, die allein FFT nach den anwendbaren luxemburgischen Steuerbestimmungen zu entrichten hat, so dass dieser Steuervorbescheid ausschließlich die individuelle Situation von FFT betrifft. Demnach ergeben sich die wesentlichen Elemente der Beihilfemaßnahme und insbesondere die Tatbestandsmerkmale des Vorteils, nämlich die Billigung einer Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT auf der Grundlage einer Segmentierung des Eigenkapitals und die Anwendung verschiedener Renditesätze nach Maßgabe dieser Segmentierung, wodurch von einem marktbasierten Ergebnis abgewichen wird, nur aus dem fraglichen Steuervorbescheid und nicht aus den Bestimmungen des luxemburgischen Steuerrechts, auf dessen Grundlage der fragliche Steuervorbescheid erlassen worden sein soll. 352 Schließlich ergibt sich, wie das Großherzogtum Luxemburg in Beantwortung der mündlichen Fragen des Gerichts ausgeführt hat, jedenfalls aus den luxemburgischen Rechtsvorschriften selbst, dass die Steuerverwaltung über einen Spielraum bei der Beurteilung der Frage verfügt, welche Methode zur Berechnung der Besteuerungsgrundlage einer Gesellschaft, die einen Antrag auf Steuervorbescheid stellt, in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls die beste ist. Die luxemburgischen Steuerbehörden müssen nämlich, wenn sie Steuervorbescheide gewähren, in jedem Fall eine spezifische Analyse, die Anlass zu einer komplexen Würdigung gibt, vornehmen. Dieser Wertungsspielraum, über den die luxemburgische Verwaltung bei jedem Steuervorbescheid verfügt, schließt daher aus, dass der fragliche Steuervorbescheid nur eine Durchführungsmaßnahme einer Beihilferegelung darstellt. 353 Dabei ist der Umstand, dass der fragliche Steuervorbescheid keine isolierte Maßnahme, sondern einer von zahlreichen Steuervorbescheiden ist, die Unternehmen in Luxemburg gewährt wurden, für die Feststellung, dass der fragliche Steuervorbescheid, da er FFT einen Vorteil verschafft hat, eine Einzelbeihilfe an dieses Unternehmen darstellt, unerheblich. 354 Aus den vorstehenden Ausführungen und insbesondere den Rn. 345 und 350 oben folgt, dass der fragliche Steuervorbescheid weder eine Beihilferegelung noch eine aufgrund einer solchen Regelung gewährte Einzelbeihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. d erster und zweiter Halbsatz der Verordnung 2015/1589 darstellt. Zum einen enthält der fragliche Steuervorbescheid keine Bestimmung, auf deren Grundlage Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. d erster und zweiter Halbsatz der Verordnung 2015/1589 gewährt werden könnten. Zum anderen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Steuervorbescheid auf der Grundlage einer solchen Bestimmung erlassen worden wäre. 355 Unter diesen Umständen ist somit festzustellen, dass der fragliche Steuervorbescheid eine Einzelbeihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. e der Verordnung 2015/1589 darstellt. 356 Dieses Ergebnis wird durch das weitere Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT nicht in Frage gestellt. 357 Erstens ist das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg, wonach die Kommission eine in Anwendung einer Beihilferegelung erlassene Beihilfe nicht habe in Frage stellen können, ohne zuvor die Regelung selbst in Frage zu stellen, als unbegründet zurückzuweisen, da der fragliche Steuervorbescheid nicht in Anwendung einer Beihilferegelung erlassen wurde. 358 Zweitens ist das Vorbringen von FFT, wonach der fragliche Steuervorbescheid die Anwendung der Verrechnungspreisvorschriften in Luxemburg darstelle und die Kommission nicht bestimmt habe, welche Unternehmen sich mit FFT in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden, und die erheblichen Unterschiede zwischen Gruppenunternehmen und eigenständigen Unternehmen nicht berücksichtigt habe, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Dieses Vorbringen stellt nämlich nicht die Feststellung in Frage, dass die fragliche Maßnahme eine Ad-hoc-Einzelbeihilfe ist. 359 Nach alledem hat die Kommission jedenfalls fehlerfrei die Ansicht vertreten, dass der FFT durch den fraglichen Steuervorbescheid verschaffte Vorteil selektiv war, da die Voraussetzungen der Selektivitätsvermutung im vorliegenden Fall erfüllt waren. 360 Selbst wenn aber die Selektivitätsvermutung nicht gegolten hätte, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kommission den FFT durch den fraglichen Steuervorbescheid verschafften Vorteil auch bei der in den Rn. 334 bis 336 oben angeführten dreistufigen Prüfung für selektiv hielt. Wie bereits ausgeführt, besteht diese Prüfung darin, in einem ersten Schritt den relevanten Bezugsrahmen zu ermitteln, sodann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die in Rede stehende Maßnahme von diesem Bezugsrahmen abweicht, und schließlich in einem dritten Schritt zu untersuchen, ob sich eine solche Abweichung mit der Natur und dem inneren Aufbau der den Bezugsrahmen bildenden Vorschriften rechtfertigen lässt. Die Kommission hat diese Prüfung vorgenommen, indem sie als Bezugsrahmen das allgemeine luxemburgische Körperschaftsteuersystem und hilfsweise Art. 164 des Einkommensteuergesetzes und das Rundschreiben heranzog. 361 Zum ersten und zweiten Schritt ist jedoch unabhängig von dem von der Kommission herangezogenen Bezugsrahmen, sei es das allgemeine Körperschaftsteuersystem oder Art. 164 des Einkommensteuergesetzes und das Rundschreiben, festzustellen, dass die Kommission davon ausgehen durfte, dass der Steuervorbescheid von den Vorschriften abwich, die jeweils den Bezugsrahmen bildeten. Wie nämlich in den Rn. 286 und 299 oben festgestellt, ist die Kommission – sowohl im Rahmen der Würdigung im Hinblick auf das allgemeine Körperschaftsteuersystem, die ihrer in erster Linie vertretenen Auffassung zugrunde liegt, als auch im Rahmen der Würdigung im Hinblick auf Art. 164 des Einkommensteuergesetzes und das Rundschreiben, die ihrer hilfsweise vertretenen Auffassung zugrunde liegt – zu Recht davon ausgegangen, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen Vorteil verschafft. Die Kommission hat allerdings, wie in Rn. 122 oben festgestellt, die Frage, ob ein Vorteil vorliegt, und die sich im Rahmen der Prüfung der Selektivität stellende Frage der Abweichung von den zuvor ermittelten Bezugsrahmen gemeinsam untersucht. Wie sie nämlich im 217. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, geht die Frage, ob der fragliche Steuervorbescheid eine Abweichung vom Bezugssystem darstellt, mit der Feststellung eines Vorteils, der dem Begünstigten durch diese Maßnahme gewährt wird, einher. 362 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das Vorbringen der Parteien, mit dem der von der Kommission ermittelte Bezugsrahmen beanstandet wird, ins Leere geht und das Vorbringen, mit dem die Würdigung der Kommission im Zusammenhang mit dem zweiten Schritt ihrer Prüfung – Abweichung vom Bezugsrahmen – beanstandet wird, als unbegründet zurückzuweisen ist. 363 Zum dritten Schritt ist zu bemerken, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, dass weder das Großherzogtum Luxemburg noch FFT Gründe angeführt hätten, die die selektive Behandlung von FFT infolge des fraglichen Steuervorbescheids hätten rechtfertigen können. Auch sie selbst habe keinen Grund festgestellt, der die Vorzugsbehandlung, die FFT zugutegekommen sei, gerechtfertigt hätte (Erwägungsgründe 337 und 338 des angefochtenen Beschlusses). 364 Außerdem genügt, soweit FFT die Abweichung damit rechtfertigen will, dass der fragliche Steuervorbescheid im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz stehe, der Hinweis, dass dieses Vorbringen auf einer unzutreffenden Prämisse beruht. 365 Zum Vorbringen von FFT, mit dem fraglichen Steuervorbescheid lasse sich eine Doppelbesteuerung vermeiden, ist, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, festzustellen, dass FFT weder vorträgt noch nachweist, dass eine Doppelbesteuerung nur durch den Erlass des fraglichen Steuervorbescheids vermieden werden konnte. Darüber hinaus steht die Frage der Doppelbesteuerung, wie die Kommission zutreffend anmerkt, jedenfalls in keinem Zusammenhang mit der Frage der Feststellung der Selektivität eines Vorteils und ist insoweit unerheblich. 366 Aus den Erwägungen in den Rn. 360 bis 365 oben ergibt sich daher, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie auf der Grundlage der Prüfung der Selektivität in drei Schritten die Selektivität der fraglichen Maßnahme bejahte. 367 Nach alledem ist die dritte Gruppe von Klagegründen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT, mit denen geltend gemacht wird, der FFT gewährte Vorteil sei nicht selektiv, insgesamt zurückzuweisen. F. Zur vierten Gruppe von Klagegründen: Wettbewerbsbeschränkung 368 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, dass die Kommission unter Verstoß gegen die Art. 107 und 296 AEUV keinen Beweis irgendeiner tatsächlichen oder potenziellen Beschränkung des Wettbewerbs erbracht habe. 369 Zum einen tue die Kommission weder im 189. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses noch in den Erwägungsgründen 343 und 345 dieses Beschlusses dar, inwiefern die Befreiung von FFT von einer Steuerschuld, die diese normalerweise hätte begleichen müssen, bewirkt habe, die Position von FFT oder der Fiat/Chrysler-Gruppe auf irgendeinem Markt zu stärken. Zum anderen reiche der bloße pauschale Verweis im 189. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die finanzielle Lage dieser Gruppe offenkundig nicht aus, um eine solche, auch nur potenzielle, Wirkung bejahen zu können. 370 FFT macht zudem geltend, dass die Kommission gegen die Art. 107 und 296 AEUV verstoßen habe, da sie im angefochtenen Beschluss die Auswirkungen des fraglichen Steuervorbescheids auf den Wettbewerb praktisch nicht untersucht habe. 371 Erstens habe sich die Kommission im 189. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses mit der Feststellung begnügt, dass der fragliche Steuervorbescheid die finanzielle Lage von FFT und die der Fiat/Chrysler-Gruppe gestärkt habe und daher den Wettbewerb habe verfälschen können. 372 Nach der Rechtsprechung sei eine Maßnahme nach ihren Wirkungen zu beurteilen und nicht nach ihren Zielen. Allein die Feststellung, dass die verringerte Steuerschuld in Luxemburg die Wettbewerbsfähigkeit der Fiat/Chrysler-Gruppe gestärkt habe, komme einer Verurteilung wegen des Ziels gleich, obwohl nur die Wirkung zähle. Die Kommission könne nicht stets davon ausgehen, dass der Wettbewerb verfälscht werde. Der vorliegende Sachverhalt sei komplex, und es müsse die Gesamtwirkung des fraglichen Steuervorbescheids auf die Gruppe berücksichtigt werden. 373 Selbst wenn aber FFT eine übertrieben niedrige Körperschaftsteuer in Luxemburg zugutegekommen wäre, habe sie, weil sie keine Dienstleistungen oder Güter an Dritte liefere, keine Wettbewerbsstellung auf einem Markt, dessen Wettbewerb verfälscht werden könnte. 374 Zweitens trägt FFT vor, dass die Ausführungen im 345. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die nicht Teil der im angefochtenen Beschluss angestellten Untersuchung der Wirkungen auf den Wettbewerb seien, unrichtig seien. 375 Drittens macht FFT geltend, die Kommission habe sich bei ihrer Schlussfolgerung, dass der fragliche Steuervorbescheid den Wettbewerb beeinträchtigt habe, darauf gestützt, dass FFT weniger Körperschaftsteuer gezahlt habe als ein eigenständiges Unternehmen. Dies sei falsch. 376 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 377 In Bezug auf die von der Kommission festgestellte Beschränkung des Wettbewerbs, die die vierte Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe darstellt, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 189. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zunächst daran erinnert hat, dass bei einer vom Staat gewährten Maßnahme davon ausgegangen werde, dass sie den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe, wenn sie die Wettbewerbssituation des Begünstigten gegenüber seinen Wettbewerbern stärke. Sodann hat sie ausgeführt, dass der fragliche Steuervorbescheid, da er FFT von einer Steuerpflicht befreit habe, der sie im Rahmen des allgemeinen Körperschaftsteuersystems hätte nachkommen müssen, den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe, indem er die finanzielle Lage von FFT und der Fiat/Chrysler-Gruppe stärke. 378 Außerdem hat die Kommission in den Erwägungsgründen 343 bis 345 des angefochtenen Beschlusses, die den Begünstigten der beanstandeten Maßnahme betreffen, darauf hingewiesen, dass der fragliche Steuervorbescheid der Fiat/Chrysler-Gruppe als Ganzes zugutekomme, da nicht nur FFT, sondern die ganze Gruppe zusätzliche Mittel erhielten. Die Höhe der von FFT in Luxemburg entrichteten Steuern beeinflusse die Preisgestaltung bei den gruppeninternen Darlehen, die FFT den Unternehmen dieser Gruppe gewähre, da diese Preisgestaltung nach Maßgabe der durchschnittlichen Kapitalkosten der Gruppe erfolge. Verringerungen der von FFT zu entrichtenden Steuern führten daher zwangsläufig zu einer Verringerung der Preise für gruppeninterne Darlehen. 379 Wie in Rn. 178 oben dargelegt, muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung nach ständiger Rechtsprechung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegungen des Organs, das den beanstandeten Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. 380 Angewandt auf die Qualifizierung einer Beihilfemaßnahme verlangt dieser Grundsatz, dass die Gründe angeführt werden, aus denen die betreffende Maßnahme nach Ansicht der Kommission in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt. Dabei hat die Kommission auch in den Fällen, in denen sich aus den Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt worden ist, ergibt, dass sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, zumindest diese Umstände in der Begründung ihrer Entscheidung anzugeben (Urteile vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 89, und vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C‑494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 49). 381 Was die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung angeht, verfälschen nach der Rechtsprechung Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen (Urteile vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, EU:C:2000:467, Rn. 30, und vom 3. März 2005, Heiser, C‑172/03, EU:C:2005:130, Rn. 55). 382 Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen oder den Wettbewerb zu verfälschen (vgl. Urteil vom 10. Januar 2006, Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C‑222/04, EU:C:2006:8, Rn. 140 und die dort angeführte Rechtsprechung). 383 Was insbesondere Betriebsbeihilfen wie die in Rede stehende Beihilfe betrifft, so ergibt sich, wie die Kommission geltend macht, aus der Rechtsprechung, dass diese Beihilfen ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, und grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (vgl. Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato Venezia vuole vivere u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung). 384 Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 189, 343 und 345 des angefochtenen Beschlusses, deren Inhalt oben in den Rn. 377 und 380 wiedergegeben wird, hervor, dass die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass FFT und die Gruppe, der sie angehöre, einen Vorteil erlangten, der sich aus einer Verringerung der Steuern ergebe, die ihre Wettbewerber nicht in Anspruch nehmen könnten und die somit ihre finanzielle Lage auf dem Markt stärke, so dass der fragliche Steuervorbescheid den Wettbewerb beschränke. Die Verminderung der Steuerbelastung von FFT infolge des fraglichen Steuervorbescheids gewähre der ganzen Gruppe zusätzliche Mittel, da sie zu einer Verringerung der Preise für gruppeninterne Darlehen führe. In Anbetracht der oben in den Rn. 379 bis 382 angeführten Rechtsprechung reichen diese Gesichtspunkte für die Feststellung aus, dass die Kommission die Umstände dargelegt hat, aus denen sie der Ansicht war, dass die fragliche Maßnahme geeignet war, den Wettbewerb zu beeinträchtigen und den Handel zu verfälschen. Insoweit ist daran zu erinnern, dass FFT, wie sich aus Rn. 7 oben ergibt, in Europa, ausgenommen Italien, niedergelassenen Unternehmen dieser Gruppe Treasury-Dienstleistungen und Finanzierungen zur Verfügung stellt. 385 Es ist daher festzustellen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt und keinen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie zu dem Schluss gelangt ist, dass die fragliche Maßnahme den Wettbewerb auf dem Markt beschränken kann, da die entsprechende Verringerung der Steuer die finanzielle Lage von FFT und der Gruppe, der sie angehört, zulasten ihrer Wettbewerber verbessert. 386 Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von FFT nicht in Frage gestellt. 387 Erstens ist, soweit sich das Großherzogtum Luxemburg auf das Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T‑515/13 und T‑719/13, EU:T:2015:1004), beruft, darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil des Gerichts, wie in Rn. 321 oben ausgeführt, vom Gerichtshof mit Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C‑128/16 P, EU:C:2018:591), aufgehoben wurde. 388 Jedenfalls ist festzustellen, dass das Gericht im Urteil vom 17. Dezember 2015, Spanien u. a./Kommission (T‑515/13 und T‑719/13, EU:T:2015:1004), zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beschluss der Kommission unzureichend begründet sei, da er die Gründe, aus denen der Vorteil, der den Investoren und nicht den Reedereien oder den Schiffswerften, die die Beihilfe erhalten hätten, verschafft worden sei, eine Wettbewerbsverfälschung darstellen könne, nicht hinreichend klar erkennen lasse. Der vorliegende Fall liegt jedoch anders, da der Vorteil FFT und der Gruppe, der sie angehört, gewährt wird. Daher erfordern die Umstände der vorliegenden Rechtssache keine andere Erläuterung als die, dass FFT und die Gesellschaften der Fiat/Chrysler-Gruppe durch die verminderte Steuerbelastung einen Vorteil erlangt hatten und der Wettbewerb auf den Märkten, auf denen die Gesellschaften der Fiat/Chrysler-Gruppe tätig waren, dadurch beeinträchtigt wurde. 389 Zweitens beruft sich FFT für ihr Vorbringen, die Kommission hätte den Sachverhalt eingehender prüfen müssen, auf drei Urteile. 390 Als Erstes ist hinsichtlich der Urteile vom 17. September 1980, Philip Morris/Kommission (730/79, EU:C:1980:209, Rn. 11), und vom 15. Juni 2000, Alzetta u. a./Kommission (T‑298/97, T‑312/97, T‑313/97, T‑315/97, T‑600/97 bis T‑607/97, T‑1/98, T‑3/98 bis T‑6/98 und T‑23/98, EU:T:2000:151, Rn. 80), darauf hinzuweisen, dass, anders als FFT vorträgt, die Kommission in diesen Rechtssachen zwar den relevanten Markt, den früheren Zustand des Wettbewerbs und das Ziel der Beihilfe spezifisch bestimmt hat, sich aus diesen Urteilen jedoch nicht ergibt, dass die Kommission systematisch eine solche Analyse durchführen muss, wenn sie die Gründe darlegt, aus denen die fragliche Maßnahme den Wettbewerb verfälscht. Wie oben in Rn. 384 festgestellt, hat die Kommission die Gründe genannt, aus denen die fragliche Maßnahme eine Betriebsbeihilfe war, die es FFT und den Gesellschaften der Fiat/Chrysler-Gruppe gestattete, einen Vorteil zu erlangen und ihre finanzielle Lage zu stärken, und FFT erlaubte, die Preise für gruppeninterne Darlehen zu verringern. 391 Außerdem hat die Kommission – anders als es in der Rechtssache, in der das Urteil vom 24. Oktober 1996, Deutschland u. a./Kommission (C‑329/93, C‑62/95 und C‑63/95, EU:C:1996:394), ergangen ist, in dem der Gerichtshof die Entscheidung der Kommission mangels ausreichender Begründung für nichtig erklärt hat, und in der Rechtssache, die dem Urteil vom 13. März 1985, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission (296/82 und 318/82, EU:C:1985:113), zugrunde lag, der Fall war – hier durchaus dargelegt, aus welchen Gründen sie eine Wettbewerbsbeschränkung bejaht hat. 392 Dieses Vorbringen ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 393 Drittens genügt, soweit FFT geltend macht, dass eine Maßnahme nach ihren Wirkungen und nicht nach ihren Zielen zu beurteilen sei, der Hinweis, dass nach der oben in Rn. 118 angeführten Rechtsprechung eine Beihilfe den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen muss. Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch, wie oben in Rn. 384 ausgeführt, zutreffend festgestellt, dass die fragliche Maßnahme zu einer Wettbewerbsverfälschung führte. 394 Viertens ist, soweit FFT vorträgt, die Kommission habe sich für ihre Schlussfolgerung, dass der fragliche Steuervorbescheid den Wettbewerb beeinträchtigt habe, auf die falsche Annahme gestützt, dass FFT weniger Körperschaftsteuer gezahlt habe als ein eigenständiges Unternehmen, dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Die Kommission war nämlich zu Recht der Ansicht, dass FFT ein Steuervorteil zugutekommen ist, so dass sie den Schluss ziehen durfte, dass dieser Vorteil geeignet ist, den Wettbewerb auf den Märkten zu verfälschen, auf denen FFT und die Gruppe, der sie angehört, tätig sind. 395 Fünftens ist, soweit FFT geltend macht, dass sie, weil sie keine Dienstleistungen oder Güter an Dritte liefere, selbst unter der Annahme, dass ihr eine übertrieben niedrige Körperschaftsteuer in Luxemburg zugutegekommen sei, keine Wettbewerbsstellung auf einem Markt habe, dessen Wettbewerb verfälscht werden könnte, oder dass die Güter und Dienstleistungen, die die Gesellschaften der Gruppe anböten, marktkonform seien, ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Da FFT nämlich eine Verringerung ihrer steuerlichen Belastung zugutekommt, ist sie in der Lage, die Tätigkeiten der anderen Gesellschaften der Gruppe zu geringeren Kosten zu finanzieren, so dass der Wettbewerb auf den Märkten, auf denen diese Gesellschaften tätig sind, verfälscht wird. 396 Sechstens macht FFT geltend, dass die Ausführungen im 345. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die nicht Teil der im angefochtenen Beschluss angestellten Untersuchung der Wirkungen auf den Wettbewerb seien, unrichtig seien. Die Kommission habe zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass ein Zusammenhang zwischen der Höhe der von FFT in Luxemburg entrichteten Steuern und der Höhe der Zinsen bestehe, die für die Darlehen von FFT an die Gesellschaften der Fiat/Chrysler-Gruppe gelte. Insoweit genügt die Feststellung, dass es, wie im Übrigen FFT selbst einräumt, für die Feststellung, dass eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, unerheblich wäre, wenn der Kommission bei der zu berücksichtigenden Höhe der Zinsen ein Fehler unterlaufen wäre. Dieses Vorbringen ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen. 397 Siebtens ist, soweit FFT geltend macht, es bestehe eine Ähnlichkeit zwischen der vom Gerichtshof im Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam (C‑494/06 P, EU:C:2009:272), für nichtig erklärten Entscheidung und der vorliegenden Rechtssache, dieses Vorbringen, das FFT im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes nicht geltend gemacht hat, als unbegründet zurückzuweisen. Denn der Gerichtshof hat, wie die Kommission vorträgt, in jener Rechtssache festgestellt, dass die fragliche Beihilfe keine Betriebsbeihilfe darstellt. Außerdem hat FFT die von der Kommission im vorliegenden Fall angeführte Rechtsprechung, wonach Betriebsbeihilfen grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen, nicht in Frage gestellt. FFT weist auch nicht nach, dass diese Vermutung hier nicht gelten würde. 398 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sind die Klagegründe des Großherzogtums Luxemburg und von FFT, wonach die Kommission das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung nicht nachgewiesen habe, zurückzuweisen. G. Zur fünften Gruppe von Klagegründen: Rückforderung der Beihilfe 399 Diese Gruppe von Klagegründen, die das Großherzogtum Luxemburg hilfsweise geltend macht, betrifft die Rückforderung der Beihilfe und gliedert sich in zwei Teile. 1. Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Verordnung 2015/1589, da die Rückforderung der angeblichen Beihilfe mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sei 400 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 verstoßen, als sie die Rückforderung der angeblichen Beihilfe angeordnet habe. 401 Irland schließt sich dieser Auffassung des Großherzogtums Luxemburg an. 402 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 403 Es ist daran zu erinnern, dass Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 vorsieht: „In Negativbeschlüssen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern … Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde.“ 404 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission zunächst darauf hingewiesen, dass sie nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 verpflichtet sei, die Rückforderung aller rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen anzuordnen, es sei denn, dass diese Rückforderung gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde (Erwägungsgründe 354 und 355 des angefochtenen Beschlusses). Sodann hat sie ausgeführt, dass die Argumente des Großherzogtums Luxemburg, wonach die Rückforderung die Grundsätze des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit verletze, unbegründet seien (364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Was zum einen den Vertrauensschutz betreffe, so habe sie dem Großherzogtum Luxemburg oder FFT keine präzisen Zusicherungen gegeben (Erwägungsgründe 356 bis 358 des angefochtenen Beschlusses). Was zum anderen den Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit angehe, so gebe es keine früheren Beschlüsse, die zu Unsicherheit darüber hätten führen können, dass Steuervorbescheide zur Gewährung einer staatlichen Beihilfe führen könnten. Nach der Rechtsprechung sei sie insbesondere auch nicht verpflichtet, die genaue Höhe der zurückzufordernden Beihilfe anzugeben (Erwägungsgründe 360 bis 363 des angefochtenen Beschlusses). 405 Nach der Rechtsprechung gebietet der Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt und die unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen voraussehbar sein müssen (Urteil vom 15. Februar 1996, Duff u. a./Kommission, C‑63/93, EU:C:1996:51, Rn. 20). 406 Im vorliegenden Fall ist erstens, soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, dass nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 die Rückforderung nicht angeordnet werden dürfe, da sie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße, festzustellen, dass die Rechtsnorm, die zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, nämlich Art. 107 AEUV, und die vier Voraussetzungen für das Vorliegen einer solchen Beihilfe, die oben in Rn. 118 angeführt sind, klar und bestimmt sind. 407 Für den Begriff der staatlichen Beihilfe ist darauf abzustellen, welche Auswirkungen die Maßnahme auf die Wettbewerbsstellung des durch sie Begünstigten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 87). Daraus ergibt sich, dass Art. 107 AEUV jede Beihilfemaßnahme verbietet, unabhängig von ihrer Form oder der zur Gewährung einer solchen Beihilfe verwendeten Regelungstechnik (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 79). 408 Folglich besteht kein Zweifel, dass jede öffentlich-rechtliche Maßnahme – wie ein Steuervorbescheid –, die die Voraussetzungen des Art. 107 AEUV erfüllt, grundsätzlich verboten ist und Gegenstand einer Rückzahlungsanordnung sein muss. 409 Zweitens ist jedenfalls festzustellen, dass, wie die Kommission vorgetragen hat, keine objektive Tatsache vorliegt, die dem Großherzogtum Luxemburg oder FFT den Schluss erlauben würde, dass die Kommission Art. 107 AEUV nicht auf Steuervorbescheide anwenden würde. Zum einen ergibt sich aus den in Fn. 71 des angefochtenen Beschlusses angeführten Entscheidungen der Kommission, deren Richtigkeit das Großherzogtum Luxemburg nicht bestreitet, dass die Kommission in der Vergangenheit die Vereinbarkeit von Steuervorbescheiden mit Art. 107 AEUV geprüft hat. Zum anderen bestreitet das Großherzogtum Luxemburg nicht, dass die Kommission bereits einzelne Steuermaßnahmen geprüft und den Fremdvergleichsgrundsatz herangezogen hat, um die Rückforderung von Beihilfen anzuordnen. 410 Unter diesen Umständen kann die bloße Anwendung von Art. 107 AEUV auf den fraglichen Steuervorbescheid keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit darstellen. Folglich kann kein Verstoß gegen diesen Grundsatz geltend gemacht werden, um zu rechtfertigen, dass die sich aus dem fraglichen Steuervorbescheid ergebende Beihilfe in Anwendung von Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 nicht zurückgefordert wird. 411 Die übrigen Argumente des Großherzogtums Luxemburg vermögen nicht zu überzeugen. 412 Zunächst ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg vorträgt, dass das von der Kommission verwendete Prüfungsschema der Steuerbemessungsgrundlage von FFT nicht hinreichend vorhersehbar gewesen sei, dass Flexibilität erforderlich sei und keine wirklichkeitsfremde Genauigkeit verlangt werden dürfe und dass nicht von Bösgläubigkeit auszugehen sei, daran zu erinnern, dass die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen über einen Wertungsspielraum verfügen und die Kommission nur dann, wenn sie bei der Bestimmung dieser Preise einen Fehler in dem Sinne feststellt, dass diese Verrechnungspreise einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis nicht entsprechen, das Vorliegen einer Beihilfe feststellen darf (siehe oben, Rn. 204). Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission schließen durfte, dass das Großherzogtum Luxemburg mit dem fraglichen Steuervorbescheid Fehler in der Methode zur Ermittlung der Vergütung von FFT gebilligt hat, die von solcher Art sind, dass sie es nicht gestatteten, zu einem Verrechnungspreis zu gelangen, der die Preise widerspiegelte, die unter Marktbedingungen ausgehandelt worden wären. Unter diesen Umständen kann man nicht davon ausgehen, dass die Kommission eine wirklichkeitsfremde Genauigkeit verlangt hat oder dass ihr Prüfungsschema unvorhersehbar war. Das Großherzogtum Luxemburg kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die Kommission das Vorliegen einer Beihilfe feststelle und ihre Rückforderung anordne. 413 Sodann genügt, soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, dass seine Praxis der Steuervorbescheide im Einklang mit dem Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und den OECD-Leitlinien stehe, der Hinweis, dass die Kommission festgestellt hat, dass das Großherzogtum Luxemburg mit dem fraglichen Steuervorbescheid, der bei ihr nicht angemeldet worden sei, eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV gewährt habe. Damit hat sie zum einen die Praxis der Steuervorbescheide als solche nicht in Frage gestellt. Zum anderen ist die Frage, ob eine staatliche Beihilfe vorliegt, anhand der in Art. 107 AEUV vorgesehenen Kriterien zu prüfen. Unter diesen Umständen ändert die Tatsache, dass der Rat der Europäischen Union oder die OECD Vorschriften über Verrechnungspreise genehmigt haben, die für die Kommission nicht bindend sind, nichts an der Feststellung, dass der fragliche Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil gewährt. 414 Außerdem bringen das Großherzogtum Luxemburg und Irland vor, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit es erfordern könne, die Rückwirkung eines Rechtsakts zu beschränken, wenn erhebliche wirtschaftliche Risiken vorlägen und die Beteiligten gutgläubig seien. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Soweit das Großherzogtum Luxemburg damit jedoch die Rückforderung der fraglichen Beihilfemaßnahme beanstanden will, genügt der Hinweis, dass eine Rückforderungsanordnung keine rückwirkende Anwendung eines Rechtsakts ist. Die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe im Wege der Rückforderung ist nämlich die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und zielt auf die Wiederherstellung der früheren Lage ab (Urteil vom 19. Oktober 2005, CDA Datenträger Albrechts/Kommission, T‑324/00, EU:T:2005:364, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung). 415 Soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, dass der angefochtene Beschluss schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen oder schwerwiegende Störungen für es und für andere Mitgliedstaaten bedeute, wie das u. a. von Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika dargelegt worden sei, ist zum einen jedenfalls festzustellen, dass Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 nicht vorsieht, dass eine für unvereinbar erklärte Beihilfe aus einem solchen Grund nicht zurückgefordert werden könnte. Zum anderen lässt keines der Argumente des Großherzogtums Luxemburg den Schluss zu, dass es solch schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen gibt. Es ist nämlich klar, dass die Rückforderung der fraglichen Maßnahme als solche keine negativen wirtschaftlichen Wirkungen für das Großherzogtum Luxemburg haben kann, da die zurückgeforderten Beträge seinen öffentlichen Finanzen zugewiesen sind. Ferner kann, anders als das Großherzogtum Luxemburg offenbar meint, die Rückforderung der Beihilfe, die FFT in Anwendung des fraglichen Steuervorbescheids erhalten hat, von FFT als solche nicht unmittelbar dazu führen, dass „eine sehr große Zahl von Steuervorbescheiden im Großherzogtum Luxemburg und möglicherweise Tausende solcher Bescheide in allen anderen Mitgliedstaaten“ in Frage gestellt werden. Der bloße Umstand, dass die Kommission einen Steuervorbescheid in Frage gestellt hat, der einem Unternehmen einen selektiven Vorteil gewährt, bedeutet nämlich nur, dass dieser unter Verstoß gegen Art. 107 AEUV erlassene Steuervorbescheid Gegenstand einer Rückforderung sein wird, aber nicht, dass alle Steuervorbescheide, einschließlich derjenigen, die keine staatlichen Beihilfen darstellen, Gegenstand einer Rückforderung sein werden. 416 Daher ist nicht davon auszugehen, dass der angefochtene Beschluss neue oder schwerwiegende Folgen für die internationale Besteuerung hat, da die Kommission immer befugt war, zu prüfen, ob eine steuerliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV darstellt. 417 Schließlich ist, soweit Irland im Wesentlichen vorträgt, die Kommission dürfe, wenn sie den Beihilfebetrag nicht bestimme, nicht, wie sie es im angefochtenen Beschluss getan habe, nahelegen, dass sich der Mitgliedstaat für diese Bestimmung an sie wende, lediglich festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg im vorliegenden Fall weder vorbringt noch nachweist, dass die Ausführungen der Kommission zur Methode der Berechnung der von FFT geschuldeten Steuer im 311. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses so ungenau gewesen seien, dass es ihm unmöglich gewesen sei, die Höhe der erhaltenen Beihilfe zu berechnen, ohne sich an die Kommission zu wenden, so dass der angefochtene Beschluss eine Rechtsunsicherheit geschaffen habe. Im Gegenteil erkennt das Großherzogtum Luxemburg an, die zurückzufordernde Beihilfe auf 23,1 Mio. Euro geschätzt zu haben. Dieses Argument ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 418 Nach alledem ist der erste Teil der die Rückforderung betreffenden Gruppe von Klagegründen als unbegründet zurückzuweisen. 2. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen die Verordnung 2015/1589, da die Rückforderung der angeblichen Beihilfe gegen die Verteidigungsrechte verstoße 419 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, dass eine Beihilfe, wenn ihre Höhe nicht geschätzt werden könne, nach der Entscheidungspraxis der Kommission nicht zurückzufordern sei. Wenn es nicht möglich sei, die Beihilfe genau zu quantifizieren, oder keine Parameter bestünden, die es einem Mitgliedstaat ermöglichten, die Beihilfe in Zusammenarbeit mit der Kommission genau zu quantifizieren, würden nämlich seine Verteidigungsrechte verletzt, was ein Hindernis für die Rückforderung darstelle. 420 Insoweit weist das Großherzogtum Luxemburg darauf hin, dass es zwar von der Begünstigten der angeblichen Beihilfe die Zahlung eines Betrags auf ein Sperrkonto verlangt habe. Dieser Betrag sei nach den Angaben der Kommission im 311. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses berechnet worden, begleitet von der Klarstellung, dass diese Berechnung unbeschadet der Beanstandung der von der Kommission verwendeten Methode sei. Allerdings sei diese Berechnung völlig künstlich, da es unmöglich sei, die angebliche Beihilfe genau zu bestimmen, „es sei denn, es würden die völlig willkürlichen Beurteilungen herangezogen, die die Kommission im vorliegenden Fall vorgenommen“ habe. Es gebe nämlich laut der OECD und der Kommission keinen richtigen Verrechnungspreis, sondern nur eine große Bandbreite richtiger Preise. Außerdem habe das Großherzogtum Luxemburg keinen plausiblen Spielraum, um von der Methode abzuweichen, die die Kommission im angefochtenen Beschluss vorschlage. 421 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 422 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission zunächst im 367. Erwägungsgrund darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung das Unionsrecht nicht verlange, den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen, sondern es genüge, dass der Beschluss der Kommission Angaben enthalte, die es seinem Adressaten ermöglichten, diesen Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen. Sie hat sodann erläutert, dass sie im 311. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine Methode bestimmt habe, die geeignet sei, den selektiven Vorteil, der FFT gewährt worden sei, zu beseitigen, wenn das Großherzogtum Luxemburg weiterhin die TNMM verwende; das Großherzogtum Luxemburg könne aber vor dem Datum der Durchführung des vorliegenden Beschlusses auch eine andere Methode verwenden (Erwägungsgründe 367 bis 369 des angefochtenen Beschlusses). 423 Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg die Beurteilung der Kommission nicht beanstandet, wonach sich aus dem Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Frankreich (C‑441/06, EU:C:2007:616, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung), ergibt, dass ein Beschluss der Kommission nicht zwangsläufig den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe anzugeben hat, wenn er Angaben enthält, die es dem Mitgliedstaat ermöglichen, diesen Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen. 424 Zweitens macht das Großherzogtum Luxemburg nicht geltend, dass der angefochtene Beschluss im vorliegenden Fall keine Angaben enthielte, die es ihm ermöglichten, den zurückzufordernden Betrag selbst zu bestimmen. So erkennt es nämlich zum einen an, diesen Betrag im Hinblick auf seine Rückforderung von FFT berechnet und mit 23,1 Mio. Euro veranschlagt zu haben. Zum anderen ist es keineswegs der Auffassung, dass die von der Kommission herangezogene Berechnungsmethode ungenau wäre, sondern macht im Wesentlichen lediglich geltend, dass diese Methode ihm nicht den „plausiblen Spielraum [einräume], um von der dogmatischen Position der Kommission abzuweichen“. Damit erkennt das Großherzogtum Luxemburg zumindest implizit an, dass diese Methode hinreichend genau ist, um es ihm zu ermöglichen, den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe zu berechnen. 425 Unter diesen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die Verteidigungsrechte des Großherzogtums Luxemburg verletzt zu haben, indem sie im angefochtenen Beschluss den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe nicht angegeben hat. 426 Keines der vom Großherzogtum Luxemburg vorgebrachten Argumente kann dieses Ergebnis in Frage stellen. 427 Zunächst ist, soweit das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, der Umstand, dass es von FFT verlangt habe, einen Betrag von 23,1 Mio. Euro auf ein Sperrkonto zu überweisen, ändere nichts daran, dass es die von der Kommission verwendete Berechnungsmethode beanstande, dieses Argument als ins Leere gehend zurückzuweisen. Das Großherzogtum Luxemburg weist nämlich nicht nach, dass der angefochtene Beschluss so ungenau wäre, dass es nicht in der Lage wäre, den zurückzufordernden Betrag zu bestimmen. Es beanstandet nämlich lediglich die von der Kommission für die Berechnung des Betrags der zurückzufordernden Beihilfe verwendete Methode, die es als willkürlich einstuft. Die Frage, ob die Methode richtig ist, steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der Verletzung der Verteidigungsrechte, die mit dem zweiten Teil der fünften Gruppe von Klagegründen gerügt wird. 428 Sodann genügt zum Vorbringen des Großherzogtums Luxemburgs, der angefochtene Beschluss verstoße dadurch, dass er eine „große Bandbreite“ möglicher Beträge bestimme, gegen das Erfordernis, den Beihilfebetrag relativ genau zu bestimmen, zum einen der Hinweis, dass die Kommission, indem sie eine Methode festlegte, die das Großherzogtum Luxemburg befolgte, die in der oben in Rn. 423 angeführten Rechtsprechung aufgestellte Bedingung erfüllt hat, wonach die Methode es ermöglichen muss, ohne Schwierigkeiten den zurückzufordernden Betrag zu bestimmen. Zum anderen betrifft die von der Kommission vorgeschlagene Bandbreite nicht den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe, sondern den Betrag, den sie für die Steuerbemessungsgrundlage von FFT als angemessen ansieht. Eine solche Angabe ist jedoch hinreichend genau, um es dem Großherzogtum Luxemburg zu ermöglichen, den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe zu berechnen. Außerdem kann der Umstand, dass die Kommission darauf hinwies, dass andere Methoden zu anderen Beträgen führen könnten und dass die Möglichkeit bestehe, eine andere Methode der Berechnung des zurückzufordernden Betrags vorzuschlagen, weder in Frage stellen, dass der angefochtene Beschluss hinreichend genaue Angaben zur Rückforderung enthält, noch für sich genommen die Rückforderung der Beihilfe verhindern. 429 Unter diesen Umständen ist der zweite Teil der die Rückforderung betreffenden fünften Gruppe von Klagegründen und damit diese Gruppe von Klagegründen insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. 430 Nach alledem sind die Klagen in den Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 abzuweisen. I. Kosten A. In der Rechtssache T‑755/15 431 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Großherzogtum Luxemburg unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 432 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Irland trägt daher seine eigenen Kosten. B. In der Rechtssache T‑759/15 433 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da FFT unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 434 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Irland trägt daher seine eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtssachen T‑755/15 und T‑759/15 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden. 2. Die Klagen werden abgewiesen. 3. Das Großherzogtum Luxemburg trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission in der Rechtssache T‑755/15 entstanden sind. 4. Fiat Chrysler Finance Europe trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Kommission in der Rechtssache T‑759/15 entstanden sind. 5. Irland trägt seine eigenen Kosten. Van der Woude Tomljenović Bieliūnas Marcoulli Kornezov Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019. Unterschriften Inhaltsverzeichnis (*1) Verfahrenssprachen: Französisch und Englisch. (1 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 12. Dezember 2018.#Mylan Laboratories Ltd und Mylan, Inc. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für das Herz-Kreislauf-Medikament Perindopril (Originalpräparat und Generika) – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Vergleich zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Zusammenspiel von Wettbewerbs- und Patentrecht – Zurechnung der Zuwiderhandlung – Geldbußen.#Rechtssache T-682/14.
62014TJ0682
ECLI:EU:T:2018:907
2018-12-12T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 3. Mai 2018.#SB gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.#Öffentlicher Dienst – Bedienstete auf Zeit – Befristeter Vertrag – Entscheidung über die Nichtverlängerung – Einrede der Rechtswidrigkeit – Begründungspflicht – Fürsorgepflicht – Altersdiskriminierung.#Rechtssache T-200/17.
62017TJ0200
ECLI:EU:T:2018:244
2018-05-03T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 5. Februar 2018.#PTC Therapeutics International Ltd gegen Europäische Arzneimittel-Agentur.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokument, das sich im Besitz der EMA befindet und im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna vorgelegt wurde – Entscheidung, einem Dritten Zugang zum Dokument zu gewähren – Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen – Keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit.#Rechtssache T-718/15.
62015TJ0718
ECLI:EU:T:2018:66
2018-02-05T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62015TJ0718 URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 5. Februar 2018 (*1) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna vorgelegtes Dokument im Besitz der EMA – Beschluss, einem Dritten Zugang zu dem Dokument zu gewähren – Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen – Keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit“ In der Rechtssache T‑718/15 PTC Therapeutics International Ltd mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigte: zunächst C. Thomas, Barrister, G. Castle, B. Kelly, H. Billson, Solicitors, und M. Demetriou, QC, dann C. Thomas, M. Demetriou, G. Castle und B. Kelly, Klägerin, unterstützt durch European Confederation of Pharmaceutical Entrepreneurs (Eucope), Prozessbevollmächtigte: D. Scannell, Barrister, und S. Cowlishaw, Solicitor, Streithelferin, gegen Europäische Arzneimittelagentur (EMA), vertreten durch T. Jabłoński, A. Spina, S. Marino, A Rusanov und N. Rampal Olmedo als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses EMA/722323/2015 der EMA vom 25. November 2015, mit dem einem Dritten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) Zugang zu einem Dokument gewährt wurde, das Informationen enthält, die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung des Inverkehrbringens des Arzneimittels Translarna vorgelegt worden waren, erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie des Richters F. Schalin (Berichterstatter) und der Richterin J. Costeira, Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2017 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Klägerin, die PTC Therapeutics International Ltd, ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das auf die Entwicklung von Verbindungen kleiner Moleküle spezialisiert ist, die genetische Anomalien korrigieren oder ausgleichen sollen. Sie hat Ataluren entwickelt, das der Wirkstoff eines Arzneimittels ist, das bei der Behandlung einer „Muskeldystrophie Duchenne“ genannten Krankheit eingesetzt wird; die Klägerin verkauft das Arzneimittel unter der Marke Translarna. 2 Im Oktober 2012 reichte die Klägerin bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Rahmen des zentralisierten Verfahrens einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna für die Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne ein, wobei sie darauf hinwies, dass das Vorliegen einer Nonsense-Mutation im Dystrophin-Gen durch eine genetische Untersuchung festgestellt werden müsse. Im Januar 2014 sprach sich der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) gegen die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen aus, da nicht nachgewiesen worden sei, dass der Nutzen des Arzneimittels Translarna die Risiken im Zusammenhang mit seiner Verwendung überstiegen. Aufgrund eines von der Klägerin eingereichten Antrags auf Überprüfung empfahl der CHMP im Mai 2014 die Erteilung einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen für das Arzneimittel Translarna im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Kommission vom 29. März 2006 über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen (ABl. 2006, L 92, S. 6), was insbesondere bedeutete, dass das Arzneimittel Translarna einen ungedeckten medizinischen Bedarf der Patienten erfüllte, die an einer tödlichen Krankheit litten, dass aber noch keine vollständigen klinischen Daten vorhanden waren. Am 31. Juli 2014 wurde die beantragte Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt. 3 Am 13. Oktober 2015 unterrichtete die EMA die Klägerin, dass ein pharmazeutisches Unternehmen bei ihr am 29. Juli 2015 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) einen Antrag auf Zugang zu einem Bericht über die klinische Prüfung in der Akte des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna (im Folgenden: streitiger Bericht) gestellt habe. Es handelt sich um eine Placebo-kontrollierte Wirksamkeits- und Sicherheitsstudie der Phase 2 B zu Ataluren bei Personen, die an einer Duchenne-Nonsense-Mutation oder einer Becker-Muskeldystrophie leiden. Dieses Dokument stellt den wesentlichen klinischen Test dar, der vor der Erteilung der bedingten Genehmigung für das Arzneimittel Translarna durchgeführt wurde. 4 Nachdem die Klägerin eine Fristverlängerung erhalten hatte, beantragte sie am 30. Oktober 2015 bei der EMA, den streitigen Bericht in seiner Gesamtheit als vertraulich zu behandeln. 5 Am 5. November 2015 lehnte die EMA den Antrag der Klägerin, den gesamten streitigen Bericht als vertraulich zu behandeln, ab. 6 In ihrer Antwort vom 12. November 2015 erhielt die Klägerin ihren Standpunkt aufrecht, dass der gesamte streitige Bericht als vertraulich anzusehen sei, weshalb sie die Schwärzung bestimmter Passagen darin verweigere. 7 Am 25. November 2015 erließ die EMA den Beschluss EMA/722323/2015, mit dem einem Dritten gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zum gesamten streitigen Bericht, vorbehaltlich gewisser Schwärzungen, gewährt wurde (im Folgenden: angefochtener Beschluss). 8 In der Begründung des angefochtenen Beschlusses legte die EMA dar, dass sie beschlossen habe, dem Antragsteller Zugang zum gesamten streitigen Bericht zu gewähren, vorbehaltlich gewisser aus eigener Initiative vorgenommener Schwärzungen, wie die der Verweise auf die Gespräche mit der U.S. Food and Drug Administration (Lebensmittel- und Arzneimittel-Behörde, Vereinigte Staaten) über die Erstellung von Protokollen, der Chargennummern, der Materialien und Ausrüstung, der sondierenden Analysen, der quantitativen und qualitativen Beschreibung der Methode zur Messung der Arzneimittelkonzentration sowie der Beginn- und Enddaten der Behandlung und anderer Daten, die die Identifikation der Patienten hätten gestatten können. 9 Die EMA antwortete auch auf die Stellungnahme der Klägerin im Rahmen der Konsultation nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001. Hierzu bezog sie sich auf Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, wonach der Zugang zur Gesamtheit eines beantragten Dokuments nur verweigert werden könne, wenn eine oder mehrere der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung für seinen gesamten Inhalt gälten. Die Klägerin habe jedoch nicht nachgewiesen, dass jeder Bestandteil des streitigen Berichts eine vertrauliche geschäftliche Information darstelle. In diesem Kontext wies die EMA auch darauf hin, dass ein Teil des Inhalts des streitigen Berichts bereits öffentlich zugänglich sei. Außerdem entspreche die Verbreitung des streitigen Berichts den Voraussetzungen nach Art. 39 Abs. 3 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 214, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) in Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) (ABl. 1994, L 336, S. 3), da dem Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eine Ausschließlichkeitsfrist für die Daten nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1) und damit ein Schutz gegen unlauteren gewerblichen Gebrauch gewährt werde. 10 Zur Rüge der Klägerin bezüglich der ihr für ihre Bemerkungen gewährten Frist legte die EMA dar, dass Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 die EMA verpflichte, die Anträge auf Zugang binnen fünfzehn Tagen zu beantworten. Dies bedeute auch, dass das Verfahren der Konsultation Dritter zeitlich begrenzt sein müsse. 11 Zu den Rechtssachen, in denen die Beschlüsse vom 25. Juli 2014, Deza/ECHA (T‑189/14 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:686), und vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587), ergangen sind, auf die sich die Klägerin beruft, wies die EMA darauf hin, dass in ihnen keine Entscheidungen zur Hauptsache ergangen seien und sie jedenfalls vom Antrag auf Zugang zum streitigen Bericht zu unterschieden seien, da die Berichte, die diese Rechtssachen betroffen hätten, einen anderen Inhalt als der streitige Bericht gehabt hätten. 12 Außerdem entspreche die Verbreitung der Berichte über klinische Studien der Verordnung Nr. 1049/2001, der Transparenzpolitik der EMA und dem TRIPS-Übereinkommen. 13 Schließlich legte die EMA im angefochtenen Beschluss dar, dass der Beschluss, eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erteilen, bereits gefasst worden sei, so dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht anwendbar sei, und dass jedenfalls eine ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses nachgewiesen werden müsse, so dass die bloße Tatsache, dass eine laufende „regulatorische Beziehung“ bestehe, nicht hinreiche. Verfahren und Anträge der Parteien 14 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 9. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. Mit gesondertem Schriftsatz vom selben Tag hat sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zwecks Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Beschlusses gestellt. 15 Mit Beschluss vom 20. Juli 2016, PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:425), hat der Präsident des Gerichts den Vollzug des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt. Mit Beschluss vom 1. März 2017, EMA/PTC Therapeutics International (C‑513/16 P[R], nicht veröffentlicht, EU:C:2017:148), hat der Vizepräsident des Gerichtshofs das Rechtsmittel der EMA gegen den Beschluss vom 20. Juli 2016, PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:425), zurückgewiesen. 16 Am 17. März 2016 hat die EMA ihre Klagebeantwortung eingereicht. 17 Die Erwiderung ist bei der Kanzlei des Gerichts am 30. Mai 2016 eingegangen. 18 Mit Schriftsatz, der am 29. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin, die European Confederation of Pharmaceutical Entrepreneurs (Eucope) beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 17. Juni 2016 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. 19 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts ist der Berichterstatter der Zweiten Kammer zugeteilt worden, der daher die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist. 20 Die Gegenerwiderung ist am 12. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. 21 Der Streithilfeschriftsatz ist bei der Kanzlei des Gerichts am 19. August 2016 eingegangen. 22 In der Sitzung vom 14. Juli 2017 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 23 Die Klägerin beantragt nach ihrem letzten Schriftsatz, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der EMA die Verfahrenskosten sowie die sonstigen Kosten und Auslagen aufzuerlegen, die der Klägerin im Zusammenhang mit der vorliegenden Rechtssache entstanden sind. 24 Die EMA beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 25 Die Streithelferin beantragt, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären. Rechtliche Würdigung 26 Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe. Erstens sei der streitige Bericht durch Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgrund einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit geschützt, zweitens stelle der streitige Bericht in seiner Gesamtheit eine vertrauliche geschäftliche Information dar, die durch Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt sei, drittens würde die Veröffentlichung des streitigen Berichts den Entscheidungsprozess der EMA beeinträchtigen, viertens habe es die EMA unterlassen, die rechtlich gebotene Abwägung vorzunehmen, und fünftens wäre das Ergebnis der rechtlich gebotenen ordnungsgemäßen Abwägung die Entscheidung gewesen, keinen einzigen Teil des streitigen Berichts zu veröffentlichen. Zum ersten Klagegrund: Schutz des streitigen Berichts aufgrund einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich oder nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 27 Im Rahmen des ersten Klagegrundes ersucht die Klägerin das Gericht, das Bestehen einer allgemeinen Vermutung anzuerkennen, nach der die EMA den Zugang zu den Berichten über klinische Versuche in der Akte zu einem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen ablehnen kann. 28 Nach Ansicht der Klägerin ging die EMA zu Unrecht nicht von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit des streitigen Berichts aus, wie dies bei zutreffender Auslegung von Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit den Verordnungen Nr. 726/2004 und Nr. 141/2000 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. 2000, L 18, S. 1), mit der Verordnung Nr. 507/2006 und mit dem TRIPS-Übereinkommen erforderlich wäre. 29 Die oben in Rn. 28 angeführten Verordnungen sähen eine spezifische Verbreitungs- und Transparenzregelung für den Sektor der pharmazeutischen Erzeugnisse vor, in deren Rahmen der Gesetzgeber eine Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Interessen vorgenommen habe, um zu bestimmen, welcher Grad der Verbreitung allgemein einen angemessenen Ausgleich im Bereich der öffentlichen Gesundheit und insbesondere im besonders sensiblen Bereich der Arzneimittel für seltene Leiden schaffe. 30 In diesem Kontext bringt die Klägerin, unterstützt durch die Streithelferin, Folgendes vor: – Wenn der Zugang zu Dokumenten im Besitz der EMA in einem wirtschaftlichen oder regulatorischen Kontext beantragt werde, der zu einer Sonderregelung gehöre, die verschiedene Ziele verfolge, habe das Gericht sich zu bemühen, eine kohärente Anwendung der gesamten Regelung sicherzustellen, es sei denn, dass die relevanten Bestimmungen eine Regel umfassten, die ausdrücklich den Vorrang eines Regelwerks vor einem anderen verankerte. – Die Definition einer eigenen Verbreitungsregelung durch eine spezielle sektorbezogene Verordnung schaffe eine „allgemeine Vermutung“, dass die Dokumente nur nach dieser Regelung und zu den von ihr vorgesehenen Bedingungen verbreitet werden dürften und dass sie im Übrigen für die Zwecke sowohl von Art. 4 Abs. 2 als auch von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 als vertraulich zu behandeln seien, vorbehaltlich der Möglichkeit, anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls nachzuweisen, dass ein bestimmtes Dokument nicht von der Vermutung erfasst oder seine Verbreitung nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 dennoch durch ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ gerechtfertigt sei. – Ein solcher Ansatz sei von der Rechtsprechung bereits anerkannt worden. – Im vorliegenden Fall enthalte die Verordnung Nr. 726/2004 gemeinsam mit anderen einschlägigen Verordnungen konkrete und ausführliche Bestimmungen über die Informationen im Besitz der EMA, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen seien oder nicht. – Im Kontext einer höchst kompetitiven und innovativen pharmazeutischen Industrie, die durch teure Investitionen gekennzeichnet sei, schafften die Verordnung Nr. 726/2004 und die anderen einschlägigen Verordnungen ein sehr sensibles Gleichgewicht zwischen einerseits den Interessen der Transparenz, legitimen Erwägungen des Allgemeininteresses und der Zweckmäßigkeit der Vermeidung einer Verdoppelung der Forschungstätigkeiten und andererseits dem Erfordernis eines angemessenen Anreizes für die Unternehmen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Wettbewerber in der Lage wären, ohne Gegenleistung ihre Innovationen auszunützen, wobei die Vorteile der Stimulierung mehrerer Forschungsquellen und das angemessene und offene Funktionieren einer Regelung der Prüfung der Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen die Unternehmen nicht davon abhielten, alle relevanten Informationen vollständig und wahrheitsgetreu vorzulegen. – Es sei im Übrigen der Wesensgehalt der Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen, dass alle als Verfahrensstücke einer Akte zu einem Antrag über die Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere die klinischen und nichtklinischen Studien, wie der streitige Bericht, durch die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt seien. – Die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit müsse während der gesamten Dauer und selbst über die Ausschließlichkeitsfrist für die geschäftlichen Daten hinaus gelten und dürfe nicht nach dem Erlass des Beschlusses über die Genehmigung für das Inverkehrbringen erlöschen; jede andere Auslegung sei mit der praktischen Wirksamkeit der Verordnung Nr. 726/2004 unvereinbar. – Außerdem sei im vorliegenden Fall nur eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden. Das bedeute, dass der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Erteilung einer vollwertigen Genehmigung für das Inverkehrbringen noch nicht abgeschlossen sei. Daher müsse jedes Studiendokument (regelmäßig aktualisierte Berichte über die Sicherheit) zumindest bis zur Erteilung einer vollwertigen Genehmigung für das Inverkehrbringen oder der endgültigen Versagung einer laufenden bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen geheim gehalten werden, damit die EMA die Sicherheit und die Wirksamkeit des fraglichen Arzneimittels ohne äußere Einmischung prüfen könne. – Die Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004, 141/2000 und 507/2006 seien im Licht der Anforderungen des TRIPS-Übereinkommens und insbesondere seines Art. 39 Abs. 3 auszulegen, der den Schluss stütze, dass für den streitigen Bericht eine allgemeine Vermutung gelten müsse. – Die von der EMA angeführte Aufgabe der Schwärzung Zeile für Zeile sei in administrativer Hinsicht besonders belastend, was den Standpunkt untermauere, dass sich die EMA nach einer die praktische Wirksamkeit der Verordnung Nr. 726/2004 wahrenden Auslegung auf eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der Dokumente stützen könne, die ihr im Rahmen der Akten zu den Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegt würden, einschließlich der Berichte über klinische Studien. – Die von der EMA geltend gemachten Gründe für die Zurückweisung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit des streitigen Berichts reichten nicht aus. 31 Die EMA tritt diesem Vorbringen entgegen. 32 Die Klägerin bringt im Rahmen des ersten Klagegrundes im Wesentlichen vor, dass sich die allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gälten, auch auf den streitigen Bericht bezögen, der im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach den Verordnungen Nrn. 141/2000, 726/2004 und 507/2006 für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna vorgelegt worden sei, und dass folglich die Verbreitung dieses Berichts grundsätzlich die Geschäftsinteressen beeinträchtige. Somit beruht die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit, die die Klägerin geltend macht, auf der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen. 33 Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 die Bestimmungen über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten der EMA für alle Dokumente dieser Agentur gelten, d. h. für Dokumente aus allen ihren Tätigkeitsbereichen, die von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind und sich in ihrem Besitz befinden. Zwar soll die genannte Verordnung der Öffentlichkeit ein Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren, doch unterliegt dieses Recht bestimmten Schranken aus Gründen des öffentlichen oder des privaten Interesses (Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 85). 34 Der Gerichtshof hat ferner die Möglichkeit für die Organe und betreffenden Agenturen anerkannt, sich auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten können, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten können (Urteile vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 54, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72, sowie vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 45; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50). 35 Das Bestehen einer solchen Vermutung schließt nicht das Recht des Beteiligten aus, darzulegen, dass die Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, nicht gilt (Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 103). 36 Allerdings ist zu beachten, dass das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit bestimmter Kategorien von Dokumenten eine Ausnahme von der Verpflichtung darstellt, die die Verordnung Nr. 1049/2001 dem betreffenden Organ auferlegt, jedes der von einem Antrag auf Zugang umfassten Dokumente konkret und individuell zu prüfen, um festzustellen, ob diese einer der Ausnahmen unterliegen, die u. a. in Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen sind. Ebenso wie die Rechtsprechung verlangt, die von der angeführten Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen von der Verbreitung strikt auszulegen und anzuwenden, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten der Unionsorgane abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75, und vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 48), sind die Anerkennung und die Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit strikt auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 81). 37 Die Unionsgerichte haben daher in mehreren Urteilen bestimmte Kriterien für die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nach Maßgabe der Art der Rechtssache entwickelt. 38 Zunächst müssen nach der Rechtsprechung zum einen die beantragten Dokumente der gleichen Dokumentenkategorie angehören oder gleichartig sein, damit der Person, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu Dokumenten beantragt, eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit wirksam entgegengehalten werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50, und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72). 39 Zum anderen wird nach der oben in Rn. 38 angeführten Rechtsprechung die Anwendung allgemeiner Vermutungen wesentlich durch die zwingende Notwendigkeit bestimmt, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt wird. Somit kann die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung darauf gestützt werden, dass der Zugang zu den Dokumenten bestimmter Verfahren mit deren ordnungsgemäßem Ablauf unvereinbar ist und diese Verfahren zu beeinträchtigen droht, denn die allgemeinen Vermutungen ermöglichen die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens, indem sie die Einflussnahme Dritter beschränken (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge von Generalanwalt Wathelet in den verbundenen Rechtssachen LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:528, Rn. 66, 68, 74 und 76). 40 Außerdem betraf in allen Rechtssachen, in denen die Entscheidungen, in denen allgemeine Vermutungen der Vertraulichkeit aufgestellt wurden, ergangen sind, die betreffende Verweigerung des Zugangs eine Gesamtheit von Dokumenten, die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte eines noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens klar umschrieben waren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 12 bis 22, vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 75, sowie vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 69 und 70). 41 Schließlich sehen die Unionsgerichte in der Anwendung von speziellen Regeln, die in einem Rechtsakt über ein vor einem Unionsorgan durchgeführtes Verfahren vorgesehen sind, für dessen Zwecke die beantragten Dokumente verfasst wurden, eines der Kriterien, die die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, McCullough/Cedefop, T‑496/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:374, Rn. 91, und Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:325, Nr. 75). 42 Die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgeführten Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten dürfen nicht ausgelegt werden, ohne die in den betreffenden Verordnungen vorgesehenen speziellen Regeln für den Zugang zu diesen Dokumenten zu berücksichtigen. 43 In diesem Sinne hat der Gerichtshof festgestellt, dass in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV bestimmte Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) die Verwendung der in der Akte des genannten Verfahrens enthaltenen Dokumente restriktiv regeln, da diese Verordnungen vorsehen, dass die Parteien eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV kein Recht auf unbeschränkten Zugang zu den Dokumenten der Kommissionsakte besitzen und dass Dritte mit Ausnahme der Beschwerdeführer im Rahmen eines solchen Verfahrens nicht über ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Kommissionsakte verfügen. Der Gerichtshof hat befunden, dass ein verallgemeinerter Zugang zu den Dokumenten der Akte eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 geeignet wäre, das Gleichgewicht zu bedrohen, das der Unionsgesetzgeber durch die Verordnungen Nrn. 1/2003 und 773/2004 sicherstellen wollte, nämlich das Gleichgewicht zwischen einerseits der Verpflichtung der betroffenen Unternehmen zur Übermittlung gegebenenfalls sensibler geschäftlicher Informationen an die Kommission, damit diese das Bestehen eines Kartells feststellen und dessen Vereinbarkeit mit Art. 101 AEUV beurteilen kann, und andererseits der Verbürgung eines verstärkten Schutzes der so der Kommission übermittelten Informationen im Rahmen des Berufsgeheimnisses und des Geschäftsgeheimnisses. Der Gerichtshof hat hieraus geschlossen, dass die Kommission für die Zwecke der Anwendung der Ausnahmen des Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ohne konkrete und individuelle Prüfung jedes einzelnen Dokuments der Akte eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV zu der Annahme berechtigt ist, dass die Verbreitung dieser Dokumente grundsätzlich den Schutz der geschäftlichen Interessen der an einem solchen Verfahren beteiligten Unternehmen beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 86, 87, 90 und 93). 44 Ebenfalls anhand des oben in Rn. 41 angeführten Kriteriums hat das Gericht im Gegenteil festgestellt, dass sich keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit aus der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1) ergibt, da diese Verordnung die Verwendung der in der Akte eines Verfahrens für die Zulassung der Verwendung eines chemischen Stoffes enthaltenen Dokumente nicht restriktiv regelt, im Unterschied zu den Fällen, für die der Gerichtshof und das Gericht die Geltung der allgemeinen Vermutungen zur Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten zugelassen hatten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Januar 2017, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2017:4, Rn. 39). 45 Im vorliegenden Fall beantragte die Klägerin am 29. Oktober 2012 eine bedingte Genehmigung für das Arzneimittel Translarna nach Art. 14 Abs. 7 der Verordnung Nr. 726/2004. Das diesen Antrag betreffende Verwaltungsverfahren wurde am 31. Juli 2014 durch die Erteilung der beantragten Genehmigung für das Inverkehrbringen abgeschlossen. Der auf die Verordnung Nr. 1049/2001 gestützte Antrag auf Zugang wurde erst am 29. Juli 2015 gestellt, und der angefochtene Beschluss trägt das Datum 25. November 2015. Folglich gehört der streitige Bericht nicht zu einem noch anhängigen Verwaltungsverfahren. Daher kann, selbst wenn die oben in Rn. 39 angeführte Rechtsprechung, wonach die Anwendung einer allgemeinen Vermutung durch die zwingende Notwendigkeit gerechtfertigt sein kann, das ordnungsgemäße Funktionieren des fraglichen Verfahrens sicherzustellen, im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen anwendbar sein sollte, die Verbreitung des streitigen Berichts dieses Verfahren nicht beeinträchtigen. 46 Ebenso regeln, im Unterschied zu den Fällen, für die der Gerichtshof und das Gericht die Geltung der allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit zur Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten zugelassen haben, die Verordnungen Nrn. 141/2000 und 726/2004 die Verwendung der in der Akte eines Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels enthaltenen Dokumente nicht restriktiv. Sie sehen keine Beschränkung des Zugangs zur Akte auf die „betroffenen Parteien“ oder auf die „Beschwerdeführer“ vor. 47 Insbesondere enthält die Verordnung Nr. 141/2000 keine spezifische Bestimmung über den Zugang zu Dokumenten. 48 Die Verordnung Nr. 726/2004 sieht in ihrem Art. 73 vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der EMA Anwendung findet und dass ihr Verwaltungsrat die Durchführungsbestimmungen für diese Verordnung erlässt. Keine andere Bestimmung der Verordnung Nr. 726/2004 kann dahin ausgelegt werden, dass sie die Absicht des Gesetzgebers erkennen ließe, eine Regelung des eingeschränkten Zugangs zu den Dokumenten über eine allgemeine Vermutung ihrer Vertraulichkeit zu schaffen. 49 Die Verordnung Nr. 726/2004 schreibt nämlich der EMA in Art. 11, Art. 13 Abs. 3, Art. 36, Art. 38 Abs. 3 und Art. 57 Abs. 1 und 2 die Veröffentlichung von drei Dokumenten vor, nämlich des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts (im Folgenden: EPAR), der Zusammenfassung der Merkmale der betreffenden Arzneimittel und der für den Benutzer bestimmten Packungsbeilage nach Streichung aller vertraulichen Angaben geschäftlicher Art. Diese Bestimmungen nennen die Mindestinformationen, die die EMA durch die drei genannten Dokumente der Öffentlichkeit proaktiv zur Verfügung stellen soll. Das Ziel des Gesetzgebers ist zum einen, dass den medizinischen Fachleuten die Merkmale des betreffenden Arzneimittels und die Art, auf die es den Patienten zu verschreiben ist, in möglichst verständlicher Weise mitgeteilt werden, und zum anderen, dass die nicht berufszugehörige Öffentlichkeit in einer verständlichen Sprache über die optimale Art der Anwendung des Arzneimittels und dessen Wirkungen unterrichtet wird. Diese Regelung einer proaktiven Veröffentlichung eines Minimums an Informationen stellt daher keine spezifische Regelung für den Zugang zu den Dokumenten dar, die dahin auszulegen wäre, dass alle Daten und Informationen, die nicht in den drei angeführten Dokumenten enthalten sind, als vertraulich anzusehen wären. 50 Art. 11, Art. 12 Abs. 3 und Art. 36 sowie Art. 37 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 zeigen ebenso den Willen des Gesetzgebers, dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen transparent ist, selbst wenn in diesem Verfahren keine Entscheidung erlassen wird oder es zu einer die Genehmigung für das Inverkehrbringen versagenden Entscheidung führt. Diese Bestimmungen sehen nämlich vor, dass sowohl die Informationen über einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen, den der Antragsteller vor der Abgabe eines Gutachtens durch die EMA zurückgezogen hat, als auch diejenigen betreffend einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen, der abgelehnt wurde, öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. 51 Auch die Verordnung Nr. 507/2006, deren Rechtsgrundlage die Verordnung Nr. 726/2004 ist, zeigt den Willen des Gesetzgebers, dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen transparent ist. Außerdem sehen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 507/2006, auf die sich die Klägerin bezieht, die Veröffentlichung bestimmter Informationen vor, wie die der spezifischen Auflagen für den Inhaber einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen und des zeitlichen Rahmens für ihre Erfüllung (Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung), des Gutachtens des CHMP im Rahmen eines Antrags auf Verlängerung einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen (Art. 6 Abs. 3 dieser Verordnung) und der deutlichen Angabe des bedingten Charakters der Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Packungsbeilage für den Patienten (Art. 8 dieser Verordnung). Diese Bestimmungen, die nur den Zweck haben, die EMA zur proaktiven Veröffentlichung dieser Informationen zu verpflichten, ebenso wie diejenigen der Verordnung Nr. 726/2004, wie oben in Rn. 49 dargelegt, betreffen nicht die Regelung über den Zugang zu den im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und können daher keinesfalls dahin ausgelegt werden, dass sie insoweit eine Sonderregelung vorsähen. 52 Daraus folgt, dass der in den Verordnungen Nrn. 726/2004 und 1049/2001 vorherrschende Grundsatz der des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen ist und dass die Ausnahmen von diesem Grundsatz die in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten einschließlich der Ausnahme für vertrauliche geschäftliche Informationen sind. In Anbetracht des oben in Rn. 36 angeführten Erfordernisses einer strikten Auslegung ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber implizit der Auffassung war, dass die Integrität des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen bei Fehlen einer Vermutung der Vertraulichkeit nicht beeinträchtigt wäre. 53 Nach alledem ist davon auszugehen, dass keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der Dokumente in einer im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels vorgelegten Akte und insbesondere der Berichte über klinische Studien besteht, die sich aus der Anwendung der Verordnung Nr. 141/2000 in Verbindung mit den Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004 und 507/2006 ergäbe. Es kann daher nicht angenommen werden, dass für die Berichte über klinische Studien eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit mit der impliziten Begründung gilt, dass sie grundsätzlich und in vollem Umfang offenkundig von der Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen der Antragsteller einer Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasst wären. Somit obliegt es der EMA, sich anhand einer konkreten und tatsächlichen Prüfung jedes Dokuments der Akte zu einem Antrag über die Genehmigung für das Inverkehrbringen Gewissheit zu verschaffen, ob es insbesondere unter das Geschäftsgeheimnis im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fällt. 54 Außerdem ist auch darauf hinzuweisen, dass die EMA nach Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 die Durchführungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 1049/2001 („Regeln zur Durchführung der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang zu den Dokumenten der EMA“) erlassen hat. Ebenso hat sie zur Festigung ihrer Politik hinsichtlich des Zugangs zu den Dokumenten am 30. November 2010 das Dokument EMA/110196/2006 („Politik der [EMA] hinsichtlich des Zugangs zu den Dokumenten [betreffend Human- und Tierarzneimittel]“) erlassen. Darin wird darauf hingewiesen, dass, während ein angemessener Schutz der vertraulichen geschäftlichen Informationen, der personenbezogenen Daten und der anderen spezifischen Interessen gewährt werde, der Zugang zu einem Dokument nur verweigert werde, wenn eine der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen als anwendbar angesehen werde. 55 In Anwendung ihrer Politik hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten hat die EMA auch das Dokument EMA/127362/2006 erstellt, in dem das Ergebnis ihrer Politik in Bezug auf den Zugang zu Dokumenten betreffend die Human- und Tierarzneimittel festgehalten ist. Dieses Dokument enthält eine Ergebnistabelle, die auf der Grundlage der Erfahrungen der EMA im Bereich der Anträge auf Zugang zu Dokumenten vervollständigt wird. Diese Tabelle wurde zum einen durch das Dokument EMA/484118/2010 über die Empfehlungen der Direktoren der Arzneimittelagenturen zur Transparenz und zum anderen durch den gemeinsamen Leitfaden der EMA und der Direktoren der Arzneimittelagenturen betreffend die Feststellung der vertraulichen geschäftlichen Informationen und der personenbezogenen Daten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen, die mit dem Erlass einer Entscheidung veröffentlicht werden konnten, ergänzt. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die EMA die Berichte über klinische Studien als öffentlich ansieht und sie daher veröffentlicht, sobald das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels abgeschlossen ist. Ebenso geht aus Rn. 3.2 des oben angeführten gemeinsamen Leitfadens hervor, dass „[i]m Allgemeinen … die Daten in den Studienberichten über klinische Versuche als Daten angesehen [werden], die verbreitet werden können, da sie nicht als vertrauliche geschäftliche Informationen oder personenbezogene Daten angesehen werden, die geschützt werden müssen“, und dass „[i]n begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn innovative Analysemethoden oder Studiendesigns verwendet werden, … geprüft werden [wird], ob die Informationen entfernt werden müssen“. 56 Im Übrigen ist auch die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. 2014, L 158, S. 1), auch wenn sie auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, ein Indiz dafür, dass eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Diese Verordnung geht nämlich, wie sich aus ihrem 68. Erwägungsgrund ergibt, davon aus, dass die Berichte über klinische Studien grundsätzlich öffentlich zugänglich sind, „sobald eine [Genehmigung für das Inverkehrbringen] erteilt wurde“. 57 Daraus folgt, dass der Klagegrund, der auf das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere der Berichte über klinische Studien gestützt wird, zurückzuweisen ist. 58 Keines der Argumente der Klägerin kann dieses Ergebnis in Frage stellen. 59 Erstens greift das Vorbringen der Klägerin nicht durch, dass es der Wesensgehalt der Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen sei, dass alle als Verfahrensstücke einer Akte zu einem Antrag über die Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere die klinischen und nichtklinischen Studien durch die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt seien, und dass die Rechtsprechung zum vorläufigen Rechtsschutz und das Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), diesen Ansatz stützten. Zunächst wird dieses Vorbringen in keiner Weise untermauert. Sodann liegt es nicht auf der Hand, dass klinische und nichtklinische Studien selbst vertraulich sind (siehe oben, Rn. 53). Diese können nämlich darauf beschränkt sein, einem von der EMA vorgeschriebenen regulatorischen Schema zu folgen, und enthalten möglicherweise kein neuartiges Element. Außerdem trägt die Transparenz des Verfahrens, das die EMA anwendet, und die Möglichkeit, Zugang zu den von den Fachleuten dieser Agentur zur Ausarbeitung ihrer wissenschaftlichen Beurteilung verwendeten Dokumenten zu erhalten, dazu bei, dieser Behörde in den Augen der Adressaten ihrer Rechtsakte größere Legitimität zu verleihen und das Vertrauen dieser Adressaten gegenüber der Behörde zu stärken sowie für eine größere Verantwortung der Behörde gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System zu sorgen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489, Rn. 56). Schließlich kann aus dem Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), sowie den Beschlüssen vom 25. April 2013, AbbVie/EMA (T‑44/13 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:221), und vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587), auf die sich die Klägerin beruft, keine Anerkennung des Bestehens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der Berichte über klinische Studien hergeleitet werden. Wie die EMA zu Recht vorbringt, kann aus den Beschlüssen zum vorläufigen Rechtsschutz keine solche Schlussfolgerung gezogen werden. Was das Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), betrifft, geht aus diesem, abgesehen davon, dass es vor dem Erlass der Nr. 1049/2001 ergangen ist, nicht hervor, dass der Gerichtshof den vertraulichen Charakter sämtlicher Informationen in einem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen bestätigt hätte. 60 Zweitens ist das Vorbringen, wonach zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit der Verordnung Nr. 726/2004 eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit während der gesamten Dauer und selbst über die Ausschließlichkeitsfrist für die geschäftlichen Daten hinaus gelten müsse und nicht nach dem Erlass des Beschlusses über die Genehmigung für das Inverkehrbringen erlöschen dürfe, irrelevant, da keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit anwendbar ist. 61 Drittens greift das Argument, eine Auslegung der Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004, 141/2000 und 507/2006 im Licht der Anforderungen des TRIPS-Übereinkommens und insbesondere dessen Art. 39 Abs. 3 spreche für die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit, nicht durch. 62 Es ist festzustellen, dass Art. 39 des TRIPS-Übereinkommens zwar nicht als solcher herangezogen werden kann, um den angefochtenen Beschluss für ungültig zu erklären, jedoch sind die Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004, 141/2000 und 507/2006 so auszulegen, dass ihre Vereinbarkeit mit dem Inhalt dieser Bestimmung gewährleistet ist. Die Vorschriften des TRIPS-Übereinkommens, das Teil der von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichneten und sodann mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigten WTO-Übereinkommen ist, sind nämlich integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung. Besteht eine Unionsregelung in einem vom TRIPS-Übereinkommen erfassten Bereich, findet das Unionsrecht Anwendung, was die Verpflichtung umfasst, so weit wie möglich eine diesem Übereinkommen entsprechende Auslegung vorzunehmen, ohne dass der fraglichen Bestimmung des Übereinkommens jedoch eine unmittelbare Wirkung zuerkannt werden könnte (vgl. Urteil vom 11. September 2007, Merck Genéricos – Produtos Farmacêuticos, C‑431/05, EU:C:2007:496, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 63 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 39 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens Informationen, die einen kommerziellen Wert darstellen, vor der Nutzung und Verbreitung durch Dritte geschützt sind, wenn sie in dem Sinne geheim sind, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich sind. Abs. 3 dieses Artikels verpflichtet die Mitgliedstaaten, in denen die Vorlage nicht offenbarter Test- oder sonstiger Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, Voraussetzung für die Marktzulassung pharmazeutischer Erzeugnisse ist, in denen neue chemische Stoffe verwendet werden, diese Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch zu schützen. 64 Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens kann jedoch nicht bedeuten, dass der Schutz, der den Rechten des geistigen Eigentums gewährt wird, absoluten Vorrang vor dem Grundsatz hat, dass die Informationen, die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels für seltene Leiden vorgelegt werden, offenzulegen sind. In diesem Sinne läuft die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass sämtliche von ihr vorgelegten Informationen vertraulich seien, darauf hinaus, das von den Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004, 141/2000 und 507/2006 geschaffene Gleichgewicht nicht zu berücksichtigen und den Mechanismus nicht anzuwenden, der im Wesentlichen die Veröffentlichung der Informationen über die Arzneimittel, die Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens sind, mit Ausnahme der vertraulichen Angaben geschäftlicher Art, vorsieht. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da sie in Wirklichkeit dazu führt, die Rechtmäßigkeit dieser Bestimmungen im Hinblick auf Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens in Frage zu stellen. 65 Soweit außerdem die Klägerin mit ihrem Vorbringen nahelegt, dass kein Mechanismus zum Schutz des geistigen Eigentums bestehe, genügt der Hinweis, dass zum einen den Inhabern der Daten eine Schutzfrist für diese nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 zugutekommt. Zum anderen gilt für sie nach den in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen ein Schutz der vertraulichen geschäftlichen Informationen, die in einer Akte zu einem Antrag über die Genehmigung für das Inverkehrbringen enthalten sind, einschließlich derjenigen betreffend die Herstellung des Erzeugnisses und der anderen technischen und industriellen Spezifikationen der zur Herstellung des Stoffs angewandten Qualitätsprozesse. 66 Viertens reicht zum Vorbringen, dass die Aufgabe der Schwärzung der vertraulichen Daten in administrativer Hinsicht sowohl für die EMA als auch für den Dritten, von dem die Daten stammten, besonders belastend sei, so dass dieser Umstand noch mehr für das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit spreche, die Feststellung, dass eine solche Auffassung dem Wortlaut und dem Geist der Verordnung Nr. 1049/2001 widerspricht. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Zugang zu den im Besitz der Organe befindlichen Dokumenten einen Grundsatz darstellt, während seine Verweigerung die Ausnahme ist. Der durch die Ausübung des Zugangsrechts und die Wahrnehmung des Interesses des Antragstellers bedingte Arbeitsaufwand ist grundsätzlich unerheblich, wenn es um die Bestimmung des Umfangs dieses Rechts geht. Mit anderen Worten kann nach der Rechtsprechung die administrative Arbeit, die dadurch verursacht wird, dass der Öffentlichkeit ein Zugang zu Dokumenten gewährt wird, keine stichhaltige Rechtfertigung für die Verweigerung dieses Zugangs darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, T‑2/03, EU:T:2005:125, Rn. 103 bis 108, und vom 10. September 2008, Williams/Kommission, T‑42/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:325, Rn. 86). Entsprechend kann außerdem der Arbeitsaufwand eines Dritten für die Bestimmung, welcher Teil des beantragten Dokuments von einer der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 umfasst ist, im Rahmen der Frage, ob ein Dokument oder Teile von diesem verbreitet werden können oder nicht, nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen liegt es im Interesse des konsultierten Dritten, von dem das Dokument stammt, Gründe zu liefern, um das Organ, bei dem ein Antrag auf Zugang gestellt wird, zu unterstützen, damit die geeigneten Ausnahmen gegebenenfalls angewandt werden können. 67 Fünftens rügt die Klägerin, dass die EMA im angefochtenen Beschluss nicht hinreichend dargelegt habe, aus welchen Gründen sie der Ansicht gewesen sei, dass für den streitigen Bericht keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gelte, und beanstandet die Gründe für diese Ansicht. 68 Soweit die Klägerin der EMA vorwirft, einen Verstoß gegen die Pflicht zur Begründung des angefochtenen Beschlusses begangen zu haben, ist diese Rüge zurückzuweisen. Da nämlich zum einen die EMA eine konkrete Prüfung des streitigen Berichts vorgenommen hat, war sie nicht verpflichtet, die Gründe anzugeben, aus denen sie das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der beantragten Dokumente zurückgewiesen hat. Zum anderen gehen die Gründe, aus denen die EMA der Ansicht war, dass für das gesamte beantragte Dokument keine Vertraulichkeit gewährt werden könne, klar aus dem angefochtenen Beschluss, wie er in den vorstehenden Rn. 8 bis 13 zusammengefasst worden ist, hervor. Ebenso ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass die EMA eingehend auf die Stellungnahme der Klägerin im Rahmen der Konsultation nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 antwortete. Insbesondere geht zum Vorbringen, es habe eine Gefahr des unlauteren Gebrauchs der Daten bestanden, aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die EMA darauf hinwies, dass die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Daten durch eine Ausschließlichkeitsfrist für die Daten nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 geschützt seien. Im angefochtenen Beschluss wird außerdem dargelegt, dass nach Art. 16 der Verordnung Nr. 1049/2001 der Beschluss der EMA, Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, unbeschadet der Rechte des geistigen Eigentums gelte, die an den Dokumenten oder ihrem Inhalt bestehen könnten, und nicht als eine ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung oder eine Lizenz ausgelegt werden könne, die demjenigen, der den Zugang beantragt habe, die Nutzung, Vervielfältigung, Veröffentlichung, Verbreitung oder einen anderen Gebrauch der Dokumente oder ihres Inhalts gestatte. Darüber hinaus könne die Gefahr der Nutzung der Dokumente unter Umgehung der Exklusivität der Daten und unter Verstoß gegen die Verordnungen Nrn. 726/2004 und 1049/2001 keinen Grund für die Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten darstellen, da die gegenteilige Auffassung praktisch zu einer fast vollständigen Lähmung der Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zugang zu den Dokumenten der EMA führe. Eine solche Auffassung verstoße gegen die Transparenzbestimmungen des AEU-Vertrags und der Verordnung Nr. 1049/2001. Schließlich bestehe stets die Gefahr der rechtswidrigen Nutzung von nach der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgehändigten Dokumenten, und die anderen europäischen Rechtsvorschriften sowie die nationalen Rechtsvorschriften sähen damit im Zusammenhang stehende Abhilfemaßnahmen vor. Folglich entsprächen die Gründe im angefochtenen Beschluss den Begründungserfordernissen nach Art. 296 AEUV. 69 Es ist festzustellen, dass die Klägerin in Wirklichkeit den Umstand rügt, dass die EMA Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 angewandt hat und dass sie deshalb einen teilweisen Zugang zum streitigen Bericht gewährt und es somit abgelehnt hat, das Bestehen einer allgemeinen Vermutung anzuerkennen. Soweit die Rüge der Klägerin die für dieses Ergebnis angeführten Gründe selbst betrifft, kann sie jedoch nicht durchgreifen. Insoweit ergibt sich aus Rn. 57, dass die Anerkennung einer solchen Vermutung bereits ausgeschlossen worden ist. 70 Außerdem ist nach dem Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 66 und 67), das betreffende Organ, wenn eine allgemeine Vermutung besteht, nicht verpflichtet, seine Entscheidung auf diese zu stützen. Sie kann jederzeit die vom Antrag auf Zugang erfassten Dokumente konkret prüfen und eine Begründung geben, die sich aus einer solchen konkreten Prüfung ergibt. 71 Sodann ist das Erfordernis nach dem TRIPS-Übereinkommen, die der EMA vorgelegten Dokumente gegen ihren unlauteren gewerblichen Gebrauch zu schützen, aus den oben in den Rn. 61 bis 65 dargelegten Gründen erfüllt. Insoweit bringt die Klägerin zu Unrecht vor, dass die Vorgehensweise der EMA zwangsläufig voraussetze, dass alle ihre Wettbewerber stets das Gesetz beachteten und dass sie durch eine rechtmäßige Verwendung des streitigen Berichts keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen könnten. Zum einen soll nämlich der in der Verordnung Nr. 726/2004 vorgesehene Schutz der Daten die Wettbewerber gerade daran hindern, die in einer Akte zu einem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen enthaltenen Studien zu nutzen. Zum anderen stellt die von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 gewährleistete Vertraulichkeit bestimmter Daten einen Schutz gegen den unlauteren Gebrauch geschäftlich sensibler Daten dar. 72 Die Klägerin macht auch geltend, dass die EMA die Voraussetzungen für eine proaktive Nutzung der Dokumente vorgesehen habe und somit die Möglichkeit ihres unlauteren Gebrauchs einräume. Die EMA lehne jede Verantwortung für die Beachtung dieser Voraussetzungen durch die Beteiligten ab, was ein Eingeständnis darstelle, dass diese Voraussetzungen nicht geeignet seien, die Wettbewerber daran zu hindern, sich ungerechte Vorteile zu verschaffen. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, weil es voraussetzt, dass Daten, die auf unlautere Weise verwertet werden können, als vertraulich angesehen werden müssten. Das gänzliche Fehlen einer Gefahr unlauteren Gebrauchs von Daten kann nämlich nicht garantiert werden. Es ist daher normal, dass die EMA eine Verantwortung hierfür zurückweist. Außerdem lässt dieser Grund nicht den Schluss zu, dass für sämtliche Dokumente, die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegt werden, eine Vermutung der Vertraulichkeit zu gelten hat. 73 Darüber hinaus bringt die Klägerin vor, dass es zahlreiche Möglichkeiten gebe, wie ihre Wettbewerber die durch den streitigen Bericht erlangten Kenntnisse nutzen könnten, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zulasten der Klägerin zu ziehen. Jedoch wird damit in keiner Weise dargetan, dass die Gesamtheit der Informationen den Schutz einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit verdient. 74 Schließlich wirkt sich der Umstand, dass der Klägerin eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde, nicht auf die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente auf der Grundlage der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen aus. 75 Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Der streitige Bericht stelle zur Gänze eine durch Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützte vertrauliche geschäftliche Informationen dar 76 Im Rahmen des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin, unterstützt durch die Streithelferin, Folgendes geltend: – Die Gewährung des Zugangs zum streitigen Bericht könne die geschäftlichen Interessen der Klägerin konkret und tatsächlich beeinträchtigen, da ihre Wettbewerber aus verschiedenen Gründen die in diesem Bericht enthaltenen Informationen und Daten zu ihrem Vorteil verwenden könnten, wodurch diesen ein „Fahrplan“ zur Erlangung ihrer eigenen Genehmigung für das Inverkehrbringen eines ähnlichen Arzneimittels gegeben werde. Die EMA habe daher einen Rechtsfehler begangen, indem sie festgestellt habe, dass dieser Bericht nicht insgesamt geschäftlich vertraulich sei. – Außerdem sei der streitige Bericht zur Gänze als vertraulich anzusehen, auch wenn Teile davon im EPAR verbreitet worden seien, da das Ganze mehr als die Summe seiner Teile sei. Im streitigen Bericht seien die Versuchsdaten, das Studiendesign und die Analyse sowie die Darstellung der nichtklinischen Informationen nach einer innovativen Strategie zusammengestellt worden. Folglich bilde dieser Bericht ein „untrennbares Ganzes von wirtschaftlichem Wert“ im Sinne der sich aus den Beschlüssen vom 25. Juli 2014, Deza/ECHA (T‑189/14 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:686, Rn. 54), und vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587, Rn. 56), ergebenden Rechtsprechung. – Die EMA halte daher erfolglos ihren Standpunkt aufrecht, wonach die Klägerin nachweisen müsse, dass „jedes Element“ dieses Dokuments geschäftlich vertraulich sei. – Zum Argument der EMA, die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung des streitigen Berichts durch einen Wettbewerber sei kein Grund für die Annahme, dass eine Information nach der Verordnung Nr. 1049/2001 vertraulich sei, genüge es, auf das Vorbringen im Rahmen des ersten Klagegrundes zu verweisen. Das TRIPS-Übereinkommen verlange den Schutz der der EMA vorgelegten Dokumente gegen ihren unlauteren gewerblichen Gebrauch und gestatte ihre Verbreitung nur dann, wenn Schutzmaßnahmen gegen einen solchen Gebrauch ergriffen würden. 77 Die EMA tritt diesem Vorbringen insgesamt entgegen. 78 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15 Abs. 3 AEUV jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden, das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union hat. Die Verordnung Nr. 1049/2001 soll ausweislich ihres vierten Erwägungsgrundes und ihres Art. 1 der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren. 79 Der Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten unterliegt gleichwohl Schranken aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses. Die Verordnung Nr. 1049/2001, insbesondere ihr elfter Erwägungsgrund und ihr Art. 4, sieht nämlich eine Ausnahmeregelung vor, nach der die Organe und Einrichtungen gehalten sind, Dokumente nicht offenzulegen, wenn durch die Verbreitung eines dieser Interessen beeinträchtigt würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53, und vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40). 80 Da die Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, sind sie strikt auszulegen und anzuwenden (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 63, vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 36, und vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75). 81 Der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschütztes Interesse betrifft, kann jedoch nicht für die Anwendung dieser Verordnung ausreichen (Urteile vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 51, und vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, T‑2/03, EU:T:2005:125, Rn. 69). 82 Zum einen muss nämlich das betreffende Organ, wenn es beschließt, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem angemessen absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Zum anderen muss ein Organ bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 45, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 32, und vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 53). 84 Was den Begriff der geschäftlichen Interessen betrifft, so kann nach der Rechtsprechung nicht jede Information über eine Gesellschaft und ihre Geschäftsbeziehungen unter den Schutz fallen, der den geschäftlichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu garantieren ist, da andernfalls die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe zu gewähren, vereitelt würde (Urteile vom15. Dezember 2011, CDC Hydrogene Peroxide/Kommission, T‑437/08, EU:T:2011:752, Rn. 44, und vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 81). Zudem definiert der gemeinsame Leitfaden der EMA und der Direktoren der Arzneimittelagenturen betreffend die Feststellung der vertraulichen geschäftlichen Informationen und der personenbezogenen Daten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen die „vertrauliche geschäftliche Information“ als jede Information, die nicht öffentlich ist oder nicht öffentlich zugänglich ist und deren Verbreitung die wirtschaftlichen Interessen oder die Wettbewerbsstellung ihres Eigentümers beeinträchtigen kann. 85 Daher muss für die Anwendung der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmeregelung dargetan werden, dass die beantragten Dokumente Angaben enthalten, die durch ihre Veröffentlichung die geschäftlichen Interessen einer juristischen Person beeinträchtigen könnten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die beantragten Dokumente sensible Geschäftsinformationen u. a. zu den geschäftlichen Strategien der betreffenden Unternehmen oder ihren Geschäftsbeziehungen enthalten oder wenn sie Angaben zu dem betroffenen Unternehmen selbst enthalten, die dessen Sachverstand zeigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 82 bis 84). 86 Im Licht der Erwägungen in den vorstehenden Rn. 78 bis 85 ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, die EMA habe durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen. 87 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des ersten Klagegrundes ergeben hat, dass keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit bestand, die die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere den gesamten streitigen Bericht vor der Verbreitung schützte. Daraus folgt, dass der streitige Bericht nur dann in seiner Gesamtheit als geschäftlich vertraulich im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen werden kann, wenn die Daten in diesem Bericht insgesamt vertrauliche Geschäftsinformationen darstellen. 88 Dies ist hier nicht der Fall. 89 Insoweit kann als Erstes das Vorbringen der Klägerin, dass nach der sich aus den Beschlüssen vom 25. Juli 2014, Deza/ECHA (T‑189/14 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:686), und vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587), ergebenden Rechtsprechung der streitige Bericht ein „untrennbares Ganzes von wirtschaftlichem Wert“ bilde und in seiner Gesamtheit eine vertrauliche Behandlung verdiene, keinen Erfolg haben. Der Ausdruck „untrennbares Ganzes von wirtschaftlichem Wert“, der im Übrigen nur im Beschluss vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587), vorkommt, wurde im Rahmen der Prüfung des Klagegrundes des Bestehens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gebraucht. Wie sich jedoch aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt, wurde in diesen Beschlüssen für die Dokumente, die sich im Rahmen der Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Humanarzneimitteln im Besitz der EMA befinden, keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit anerkannt. Außerdem steht fest, dass der streitige Bericht eine Reihe von Informationen enthält, die im EPAR veröffentlicht wurden, wobei der Letztere öffentlich zugänglich ist und Daten enthält, die unmittelbar aus diesem Bericht stammen. Um die vertrauliche Behandlung des streitigen Berichts insgesamt verlangen zu können, ist es folglich Sache der Klägerin, darzutun, dass die Zusammenstellung der öffentlich zugänglichen Daten mit denjenigen, die dies nicht sind, insgesamt eine sensible geschäftliche Angabe darstellt, deren Verbreitung ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigen würde. Das Vorbringen, dass „das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist“, ist jedoch zu vage, um darzutun, dass diese Zusammenstellung der Informationen die behaupteten Folgen haben könnte. Genaue und konkrete Erläuterungen der Klägerin wären umso erforderlicher gewesen, als, wie oben in Rn. 80 dargelegt, die Ausnahmeregelungen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen und daher strikt auszulegen und anzuwenden sind. 90 Als Zweites ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, dass die Verbreitung des streitigen Berichts einem Wettbewerber einen „Fahrplan“ gebe, wie ein Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen für ein Konkurrenzprodukt auszufüllen sei. Die Klägerin hat nämlich die Neuheit ihrer Modelle, Analysen oder Methoden nicht nachgewiesen. Wie die EMA geltend gemacht hat, stützen sich die in der betreffenden klinischen Studie verwendeten Modelle und Methoden auf ein Know-how im Bereich der Personaleinstellung, der Parameter und der statistischen Analysen, die in der Wissenschaft weitgehend verfügbar waren, und diese Studie folgt den anwendbaren Leitlinien und gründet sich daher auf die jüngsten Grundsätze. Außerdem enthält das Dokument keine Information über die Zusammensetzung oder die Herstellung des Arzneimittels Translarna, da die EMA proaktiv die Bezugnahmen auf die Gespräche mit der U.S. Food and Drug Administration über die Erstellung von Protokollen, die Chargennummern, die Materialien und Ausrüstung, die erläuternden Analysen, die quantitative und qualitative Beschreibung der Methode zur Messung der Arzneimittelkonzentration sowie die Beginn- und Enddaten der Behandlung und andere Daten, die zur Identifikation der Patienten führen könnten, unkenntlich gemacht hat. Folglich würde die Verbreitung des streitigen Berichts den Wettbewerbern der Klägerin keine nützliche Information über die Strategie für die langfristige klinische Entwicklung und über die Studiendesigns zusätzlich zu den bereits öffentlich zugänglichen Informationen über das Arzneimittel Translarna verschaffen. 91 Als Drittes ist festzustellen, dass das Risiko der missbräuchlichen Verwendung des streitigen Berichts durch einen Wettbewerber nicht für sich genommen einen Grund für die Annahme darstellt, dass eine Information eine vertrauliche geschäftliche Information nach der Verordnung Nr. 1049/2001 ist. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die EMA nach ihrer eigenen Politik keine vertraulichen geschäftlichen Informationen, wie die detaillierten Informationen über die Qualität und die Herstellung der Arzneimittel, verbreitet. Im vorliegenden Fall verbreitete die EMA, wie oben in Rn. 90 ausgeführt, keine solchen Informationen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin nichts dazu vorgetragen hat, warum die von der EMA vorgenommenen Schwärzungen nicht hinreichend sein sollten. Außerdem müsste ein anderes Unternehmen, selbst wenn es die Mehrheit der im streitigen Bericht enthaltenen Informationen in der von der Klägerin vorgebrachten Weise verwendete, stets seine eigenen Studien und die entsprechenden Versuche durchführen und erfolgreich sein eigenes Arzneimittel entwickeln. Überdies kommt dem Arzneimittel Translarna nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 ein Marktexklusivitätsrecht für einen Zeitraum von zehn Jahren nach der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugute, innerhalb dessen kein ähnliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden darf. Daher ist das Vorbringen, der streitige Bericht sei insgesamt als vertraulich anzusehen, da seine Verbreitung Wettbewerbern gestatten könnte, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beantragen, rechtlich unbegründet. 92 Außerdem hat der Zeitraum des Marktexklusivitätsrechts, in dem kein ähnliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden darf, zum Ziel, dem Urheber der Daten zu erlauben, die von ihm für die Entwicklung seines Arzneimittels getätigten Investitionen wieder hereinzubringen, und die Verbreitung des streitigen Berichts nach der Verordnung Nr. 1049/2001 kann diesem Ziel in keiner Weise zuwiderlaufen. Somit ist kaum vorstellbar, dass die Verwendung von Informationen knapp zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna die geschäftlichen Interessen beeinträchtigen könnte. 93 Bei Arzneimitteln für seltene Leiden, wie im vorliegenden Fall, gilt diese Exklusivität jedoch in drei Ausnahmefällen nicht mehr, wovon einer der in Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 141/2000 vorgesehene ist, wonach „der zweite Antragsteller in seinem Antrag nachweisen kann, dass das zweite Arzneimittel, obwohl es dem bereits zugelassenen und als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenen Arzneimittel ähnlich ist, sicherer, wirksamer oder unter anderen Aspekten klinisch überlegen ist“. In einem solchen Fall hat der CHMP die Ähnlichkeit der beiden Arzneimittel und die Überlegenheit des Arzneimittels, für das der neue Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen gestellt wird, zu bewerten. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung des streitigen Berichts für einen Wettbewerber nicht hinreichend wäre, um einen vollständigen Bericht über seine eigenen Tests und seine eigenen Ergebnisse zu erstellen und sich dabei lediglich auf die veröffentlichten Daten zu stützen. In dieser Hinsicht begünstigt die Veröffentlichung des streitigen Berichts, im Übrigen ohne die geschäftlichen Daten, die Wettbewerber nicht. 94 Als Letztes führt die Klägerin eine Gefahr des sofortigen Verlusts des Vorteils der Ausschließlichkeitsfrist für die Daten im Fall der Verbreitung des streitigen Berichts an, da diese von Wettbewerbern in Drittländern, die dies erlaubten, verwendet werden könnten. Neben der Tatsache, dass dieses Vorbringen der Klägerin vage ist, deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Zugang zu den Informationen im streitigen Bericht, die unter dem Blickwinkel der geschäftlichen Interessen der Klägerin keinen vertraulichen Charakter aufweisen, für sich allein die Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen in einem Drittland durch ein konkurrierendes pharmazeutisches Unternehmen erleichtern würde. Dies ist umso offensichtlicher, als die relevanten Daten wie diejenigen über die quantitative und qualitative Beschreibung der Methode der Messung der Konzentration des Arzneimittels ihrerseits vertraulich bleiben. Die Klägerin hat nichts Konkretes für das Bestehen einer solchen Gefahr in bestimmten Drittländern vorgetragen. Überdies liefe die Nichtverbreitung sämtlicher Studien, um zu verhindern, dass die Behörden eines Drittlands einem Hersteller den Marktzugang gewähren, ohne dass dieser seine eigenen Studien vorlegen müsste, darauf hinaus, das vom Unionsrecht eingeräumte Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten, die Informationen über zugelassene Medikamente enthalten, zunichtezumachen. 95 Aus alledem folgt, dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist. Zum dritten Klagegrund: Die Veröffentlichung des streitigen Berichts würde den Entscheidungsprozess der EMA beeinträchtigen 96 Zur Stützung des dritten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, dass die Verbreitung des streitigen Berichts jedenfalls verfrüht wäre, da die EMA noch keinen endgültigen Beschluss über die vollwertige Genehmigung für das Inverkehrbringen erlassen habe und sie weiterhin Daten der Klägerin im Rahmen der Verpflichtungen Letzterer aufgrund der bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalte. Die EMA sei daher zu Unrecht im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass der Beschluss über die Erteilung einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen und der Beschluss, eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen in eine vollwertige Genehmigung für das Inverkehrbringen umzuwandeln, zu zwei verschiedenen Entscheidungsprozessen gehörten. Folglich sei nicht ausgeschlossen, dass die verfrühte Verbreitung des streitigen Berichts von einem Wettbewerber dazu verwendet werden könnte, die EMA hinsichtlich der Erteilung einer vollwertigen Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beeinflussen, was der Grund sei, aus dem der Bericht von der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst sein sollte. 97 Nach Auffassung der EMA ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. 98 Im Rahmen des dritten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Verbreitung des streitigen Berichts den Entscheidungsprozess der EMA beeinträchtige und so Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwiderlaufe. 99 Nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 wird der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments. 100 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der streitige Bericht im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Translarna vorgelegt und bewertet wurde und dass die EMA sodann der Klägerin die Genehmigung für dessen Inverkehrbringen für eine bestimmte therapeutische Indikation erteilte. Folglich war das Verfahren abgeschlossen, als der Antrag auf Zugang zu diesem Bericht von einem Dritten gestellt wurde, so dass Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht anwendbar ist. 101 Die Tatsache, dass im vorliegenden Fall eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde, ändert hieran nichts. Ob eine vollständige Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wird, wird erst in weiterer Folge auf der Grundlage einer oder mehrerer ergänzender Studien, und zwar im Rahmen eines anderen Entscheidungsprozesses, entschieden. Mit anderen Worten handelt es sich um zwei verschiedene Entscheidungsprozesse, die sich auf unterschiedliche Tests gründen. Der streitige Bericht betrifft jedoch eine fertige Studie, die zu einem abgeschlossenen Entscheidungsprozess gehört, der keine Auswirkung auf den künftigen Entscheidungsprozess betreffend die Erteilung einer vollständigen Genehmigung für das Inverkehrbringen hat, die von anderen Studien abhängt. 102 Aus diesem Grund ist die Behauptung, dass die Daten, die im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegt worden seien, der zur Erteilung der bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen geführt habe, zu einem „unvollständigen Datengebilde“ gehörten, weder zutreffend noch relevant. Ebenso kann das Argument, wonach der streitige Bericht von einem Wettbewerber verwendet werden könnte, um die EMA in ihrem künftigen Entscheidungsprozess zu beeinflussen, nicht durchgreifen. Insoweit besteht, wie die EMA darlegt, kein wesentlicher Unterschied zwischen einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen und einer vollständigen Genehmigung für das Inverkehrbringen, da jederzeit, selbst nach der Erteilung einer vollständigen Genehmigung für das Inverkehrbringen, jeder Beteiligte einschlägige wissenschaftliche Informationen vorlegen kann, die die EMA berücksichtigen kann, um ein hohes Sicherheits- und Wirksamkeitsniveau der Arzneimittel zu gewährleisten, mit dem Ziel, die öffentliche Gesundheit zu schützen. 103 Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Die EMA habe es unterlassen, die rechtlich gebotene Abwägung vorzunehmen 104 Die Klägerin, unterstützt durch die Streithelferin, bringt vor, dass es Sache der EMA in ihrer Eigenschaft als die Verbreitung befürwortende Partei sei, das Bestehen eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Verbreitung der vertraulichen Informationen der Klägerin nachzuweisen, und wirft der EMA vor, diesen Gesichtspunkt nicht geprüft zu haben. Insbesondere habe die EMA nicht berücksichtigt, inwieweit die Sonderbestimmungen der Verordnung Nr. 726/2004, die den Zugang zu den der EMA von den Antragstellern von Genehmigungen für das Inverkehrbringen übermittelten Dokumenten regelten, die Verpflichtungen der Union nach dem TRIPS-Übereinkommen, die Grundrechte und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit relevant seien. 105 Die EMA tritt diesem Vorbringen entgegen. 106 Nach Art. 4 Abs. 2 letzter Satzteil der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Unionsorgane den Zugang zu einem Dokument nicht, sofern seine Verbreitung durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist, selbst wenn diese Verbreitung den Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person oder den Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten der Unionsorgane beeinträchtigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Oktober 2014, Schenker/Kommission, T‑534/11, EU:T:2014:854, Rn. 74). 107 In diesem Zusammenhang muss das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abgewogen werden, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 zufolge aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2010, Agapiou Joséphidès/Kommission und EACEA, T‑439/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:442, Rn. 136). 108 Im vorliegenden Fall ist die EMA, wie sie betont, nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass der streitige Bericht durch die Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 habe geschützt werden müssen. Aus diesem Grund war sie weder verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Verbreitung des streitigen Berichts zu bestimmen oder zu bewerten, noch, es gegen das Interesse der Klägerin abzuwägen, die Vertraulichkeit dieses Berichts zu wahren. 109 Das Vorbringen der Klägerin geht folglich ins Leere; dieser Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Das Ergebnis der rechtlich gebotenen ordnungsgemäßen Abwägung wäre die Entscheidung gewesen, keinen einzigen Teil des streitigen Berichts zu veröffentlichen 110 Im Rahmen des fünften Klagegrundes bringt die Klägerin vor, dass jedenfalls eine angemessene Interessenabwägung offensichtlich zu einem für sie günstigen Ergebnis geführt hätte. Der EPAR habe die geeigneten Informationen über die Sicherheit und die Wirksamkeit des Arzneimittels Translarna bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Verbreitung könnte dem öffentlichen Interesse schaden, da sie das Vertrauen der Antragsteller von Genehmigungen für das Inverkehrbringen in das Verfahren zur Erteilung dieser Genehmigung und in die Sicherheit der mit der EMA geteilten geschäftlich vertraulichen Informationen beeinträchtige. 111 Die EMA erinnert an ihr Vorbringen, wonach der Inhalt des streitigen Berichts in seiner Gesamtheit nicht als Geschäftsgeheimnis habe angesehen werden können und sie daher nicht ein die Verbreitung rechtfertigendes überwiegendes Interesse gegen das besondere Interesse, das durch die Nichtübermittlung des streitigen Berichts geschützt werden solle, habe abwägen können. 112 Der fünfte Klagegrund beruht auf der Annahme, dass der streitige Bericht oder ein Teil davon vertraulich sei. Aus der Prüfung der vorstehenden Klagegründe geht jedoch hervor, dass die EMA rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass keine vertraulichen Informationen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001, mit Ausnahme der oben in Rn. 8 angeführten geschwärzten Passagen, vorlagen, so dass sie das besondere Interesse an der Vertraulichkeit nicht gegen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung abzuwägen hatte. 113 Der fünfte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 114 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin im Verfahren in der Hauptsache unterlegen ist, ist sie entsprechend dem Antrag der EMA zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu verurteilen. 115 Eucope trägt nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die PTC Therapeutics International Ltd trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) entstandenen Kosten, einschließlich der Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. 3. Die European Confederation of Pharmaceutical Entrepreneurs (Eucope) trägt ihre eigenen Kosten. Prek Schalin Costeira Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Februar 2018. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 5. Februar 2018.#MSD Animal Health Innovation GmbH und Intervet international BV gegen Europäische Arzneimittel-Agentur.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Tierarzneimittels Bravecto vorgelegte Dokumente im Besitz der EMA – Beschluss, einem Dritten Zugang zu den Dokumenten zu gewähren – Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen – Keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit.#Rechtssache T-729/15.
62015TJ0729
ECLI:EU:T:2018:67
2018-02-05T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62015TJ0729 URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 5. Februar 2018 (*1) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Tierarzneimittels Bravecto vorgelegte Dokumente im Besitz der EMA – Beschluss, einem Dritten Zugang zu den Dokumenten zu gewähren – Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen – Keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit“ In der Rechtssache T‑729/15 MSD Animal Health Innovation GmbH mit Sitz in Schwabenheim (Deutschland), Intervet international BV mit Sitz in Boxmeer (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt P. Bogaert, B. Kelly und H. Billson, Solicitors, J. Stratford, QC, und C. Thomas, Barrister, dann P. Bogaert, B. Kelly, J. Stratford und C. Thomas, Klägerinnen, gegen Europäische Arzneimittelagentur (EMA), vertreten durch T. Jabłoński, A. Spina, S. Marino, A Rusanov und N. Rampal Olmedo als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses EMA/785809/2015 der EMA vom 25. November 2015, mit dem einem Dritten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) Zugang zu Dokumenten gewährt wurde, die Informationen enthalten, die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung des Inverkehrbringens des Tierarzneimittels Bravecto vorgelegt worden waren, erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek (Berichterstatter) sowie der Richter E. Buttigieg und B. Berke, Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2017 folgendes Urteil Sachverhalt 1 Die Klägerinnen, die MSD Animal Health Innovation GmbH (im Folgenden: MSD) und die Intervet international BV (im Folgenden: Intervet), gehören beide zur Unternehmensgruppe Merck, die in der Gesundheitsversorgung weltweit führend ist. 2 Im November 2012 beantragte Intervet eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Bravecto, eines Tierarzneimittels, das zur Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden verwendet wird. MSD ist der Sponsor von fünf Toxizitätsstudien, die in Form von ausführlichen Berichten über nichtklinische Studien bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Bravecto zur Akte gereicht wurden. 3 Am 11. Februar 2014 erteilte die Europäische Kommission die Genehmigung für das Inverkehrbringen der Bravecto-Kautabletten in verschiedenen Stärken für Hunde mit unterschiedlichem Körpergewicht. Bravecto wurde somit für die Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden genehmigt. 4 Mit E‑Mail vom 24. August 2015 teilte die EMA den Klägerinnen mit, dass ein Dritter bei ihr auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) den Zugang zu den fünf Berichten über die Toxizitäts-Studien in der Akte zu Bravecto beantragt hatte. Da sie beabsichtigte, den Inhalt von drei dieser fünf Berichte zu verbreiten, forderte die EMA die Klägerinnen auf, ihr ihre Vorschläge für Schwärzungen im Hinblick auf die Verbreitung dieser drei unter der Bezeichnung „Studienberichte der Gruppe 1“ zusammengefassten Berichte, nämlich die Studie über die Toxizität bei dermaler Exposition von Ratten mit der Referenznummer C45151, die Studie über die Toxizität bei dermaler Exposition von Ratten mit der Referenznummer C88913 und die Studie zur oralen Toxizität bei Ratten mit der Referenznummer C45162 (im Folgenden gemeinsam: Studienberichte der Gruppe 1) mitzuteilen. 5 Mit Schreiben vom 8. September 2015 legten die Klägerinnen dar, sie hätten festgestellt, welche Informationen in den Studienberichten der Gruppe 1 sie als vertraulich ansähen, und fügten als Anlage diese Berichte bei, in denen sie die Teile gekennzeichnet hatten, für die sie Vertraulichkeit beanspruchten. 6 Mit einem Beschluss EMA/671379/2015 vom 9. Oktober 2015 (im Folgenden: Beschluss vom 9. Oktober 2015) wies die EMA die Klägerinnen darauf hin, dass sie einige vorgeschlagene Schwärzungen übernehme – nämlich den Konzentrationsbereich des Wirkstoffs, die Einzelheiten über die in den analytischen Tests verwendete interne Referenznorm und die Bezugnahmen auf die zukünftigen Entwicklungsprojekte – und dass sie andere ablehne. 7 Mit E‑Mail vom 19. Oktober 2015 machten die Klägerinnen geltend, dass die EMA mit dem Beschluss vom 9. Oktober 2015 in Wirklichkeit ihren Vorschlag der Nichtverbreitung für die Mehrheit der von ihr als vertraulich angesehenen Informationen abgelehnt habe. Für jeden Bericht über Studien des Loses 1 gelte eine Vermutung der Vertraulichkeit. 8 Am 28. Oktober 2015 hielten die EMA und die Klägerinnen eine Telefonkonferenz ab. Die Klägerinnen legten dabei die Gründe dar, aus denen sie der Ansicht waren, dass die von ihnen bezeichneten Informationen vertraulich bleiben müssten. Die EMA wiederholte ihren im Beschluss vom 9. Oktober 2015 eingenommenen Standpunkt. 9 Mit Schreiben vom 3. November 2015 wiesen die Klägerinnen darauf hin, dass für die Studienberichte der Gruppe 1 die Vermutung der Vertraulichkeit gelte und dass sie bloß hilfsweise spezifische Schwärzungen in diesen Berichten unter Angabe der Gründe vorgeschlagen hätten. 10 Mit Schreiben vom 25. November 2015 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) führte die EMA zum einen aus, dass der vorliegende Beschluss den vom 9. Oktober 2015 ersetze. Zum anderen legte sie dar, dass sie den von ihr in diesem Beschluss geäußerten Standpunkt aufrechterhalte, und bestätigte ihren Beschluss, die Dokumente zu verbreiten, die ihrer Ansicht nach nicht vertraulich waren. Dem angefochtenen Beschluss waren Tabellen mit den aktualisierten Gründen der Klägerinnen und den angepassten Antworten der EMA beigefügt. Verfahren und Anträge der Parteien 11 Am 17. Dezember 2015 haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben. Mit gesondertem Schriftsatz vom selben Tag haben sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß Art. 278 AEUV zwecks Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Beschlusses gestellt. 12 Mit Beschluss vom 20. Juli 2016, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA (T‑729/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:435), hat der Präsident des Gerichts den Vollzug des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt. 13 Die Klägerinnen beantragen, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der EMA die Kosten aufzuerlegen. 14 Die EMA beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 15 Im angefochtenen Beschluss stellte die EMA zunächst fest, dass die vom Antrag auf Dokumentenzugang betroffenen Berichte, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses seien, die Studienberichte der Gruppe 1 seien. 16 Nach dem Hinweis darauf, dass der angefochtene Beschluss den Beschluss vom 9. Oktober 2015 aufhebe und ersetze, legte die EMA dar, dass sie eine zusätzliche Frist gewährt habe, damit MSD weiteres Vorbringen zum Nachweis des vertraulichen Charakters der Dokumente erstatten könne, hinsichtlich deren sie der Ansicht sei, dass die Verbreitung weder die laufenden und zukünftigen Entscheidungsprozesse der EMA noch die Wettbewerbsstellung und das wirtschaftliche Interesse der Klägerinnen ernsthaft beeinträchtige. Sie habe die zusätzlichen Argumente geprüft, die ihr am 3. November 2015 dargelegt worden seien, und hinsichtlich der Angaben über den Konzentrationsbereich des Wirkstoffs, über die Einzelheiten der in den analytischen Tests verwendeten internen Referenznorm und über einen Antrag auf Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände ihr Einverständnis erklärt. Sie lehnte es hingegen ab, andere Daten unkenntlich zu machen, und verwies insoweit auf drei für jede der Studien ausgearbeitete Tabellen, die jeweils 64, 72 und 48 Seiten umfassten. Die Tabellen im Anhang zum angefochtenen Beschluss enthalten somit die ausführliche Begründung für ihre Ablehnung. 17 Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf fünf Gründe. Der erste betrifft den Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 aufgrund einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001, der zweite einen Schutz dieser Berichte über Studien als vertrauliche geschäftliche Informationen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, der dritte einen gegen Beeinträchtigungen des Entscheidungsprozesses gerichteten Schutz dieser Berichte über Studien nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001, der vierte das Fehlen einer Interessenabwägung und der fünfte eine unangemessene Interessenabwägung. Zum ersten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 aufgrund einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 18 Im Rahmen des ersten Klagegrundes bringen die Klägerinnen im Wesentlichen vor, dass eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels vorgelegten Unterlagen bestehe, und führen insoweit die folgenden Argumente an: – In den sektorbezogenen Vorschriften über Arzneimittel habe der Gesetzgeber eine eigene Verbreitungsregelung vorgesehen, die Vorrang vor der Regelung über den Zugang zu Dokumenten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 habe. Nach dieser Regelung seien für die Anwendung von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels vorgelegten Unterlagen durch eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit geschützt. – Es sei im Übrigen der Wesensgehalt der Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen, dass alle als Verfahrensstücke einer Akte über die Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere die klinischen und nichtklinischen Studien durch die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt seien. – Das Bestehen dieser Vermutung werde durch die Auslegung der Verordnung Nr. 1049/2001 und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1) im Licht der Erfordernisse nach dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 214, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) und insbesondere seines Art. 39 Abs. 3 bestätigt. – Die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit müsse während der gesamten Dauer und über die Ausschließlichkeitsfrist für die geschäftlichen Daten hinaus gelten und erlösche nicht nach dem Erlass des Beschlusses über die Genehmigung für das Inverkehrbringen. Jede andere Auslegung sei mit der praktischen Wirksamkeit der Verordnung Nr. 726/2004 unvereinbar. – Jedenfalls hätten die Berichte zumindest bis zum Abschluss der beabsichtigten Entscheidungsprozesse als vertraulich zu gelten. – Nach der Rechtsprechung gehörten alle Studienberichte der Gruppe 1 zu derselben Dokumentenkategorie, und für sie müsse die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gelten, um das Erreichen der Ziele des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen zu gewährleisten und den ordnungsgemäßen Ablauf des zweiseitigen Verfahrens durch die Beschränkung der Einflussnahme Dritter aufrechtzuerhalten. Außerdem müssten die Studienberichte der Gruppe 1 einen höheren Schutz genießen als die Berichte des Ausschusses für Arzneimittel, da sie von den Klägerinnen und nicht vom Ausschuss für Tierarzneimittel (im Folgenden: CVMP) erstellt worden seien. – Die EMA habe nicht hinreichend begründet, weshalb die Verbreitung der Passagen in den Studienberichten der Gruppe 1 als Ausnahme von der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gerechtfertigt sei. Sie habe im Gegenteil ohne jede Begründung die unwiderlegliche Vermutung aufgestellt, dass alle Informationen, die sich auf die in Rede stehende Genehmigung für das Inverkehrbringen bezögen, verbreitet werden dürften, und habe so die Politik der Nichtverbreitung in Frage gestellt, die sie bis zum Jahr 2010 befolgt habe. 19 Die EMA tritt diesem Vorbringen entgegen. 20 Die Klägerinnen bringen im Rahmen dieses Klagegrundes im Wesentlichen vor, dass sich die die Verweigerung des Zugangs rechtfertigenden allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gälten, auch auf die Studienberichte der Gruppe 1 bezögen, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach den Verordnungen Nrn. 141/2000 und 726/2004 für das Inverkehrbringen von Bravecto vorgelegt worden seien, und dass folglich die Verbreitung dieser Dokumente grundsätzlich die Geschäftsinteressen beeinträchtige. Somit stützen die Klägerinnen die von ihnen geltend gemachte allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit auf die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen. 21 Für die Prüfung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 die Bestimmungen über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten der EMA für alle Dokumente dieser Agentur gelten, d. h. für Dokumente aus allen ihren Tätigkeitsbereichen, die von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind und sich in ihrem Besitz befinden. Außerdem soll die genannte Verordnung zwar der Öffentlichkeit ein Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren, doch unterliegt dieses Recht bestimmten Schranken aus Gründen des öffentlichen oder des privaten Interesses (Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 85). 22 Der Gerichtshof hat ferner die Möglichkeit für die Organe und betreffenden Agenturen anerkannt, sich auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten können, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten (Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50). Das Bestehen einer solchen Vermutung schließt nicht das Recht des Beteiligten aus, darzulegen, dass die Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, nicht gilt (Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 103). 23 Allerdings ist zu beachten, dass das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit bestimmter Kategorien von Dokumenten eine Ausnahme von der Verpflichtung darstellt, die die Verordnung Nr. 1049/2001 dem betreffenden Organ auferlegt, jedes der von einem Antrag auf Zugang umfassten Dokumente konkret und individuell zu prüfen, um festzustellen, ob diese einer der Ausnahmen unterliegen, die u. a. in Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen sind. Ebenso wie die Rechtsprechung verlangt, die von der angeführten Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen von der Verbreitung strikt auszulegen und anzuwenden – da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten der Unionsorgane abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75, und vom3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 48) –, sind die Anerkennung und die Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit strikt auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 81). 24 Die Unionsgerichte haben daher in mehreren Urteilen bestimmte Kriterien für die Anerkennung einer solchen Vermutung nach Maßgabe der Art der Rechtssache entwickelt. 25 Zum einen müssen nach mehreren Urteilen des Gerichtshofs die beantragten Dokumente der gleichen Dokumentenkategorie angehören oder gleichartig sein, damit der Person, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu Dokumenten beantragt, eine allgemeine Vermutung wirksam entgegengehalten werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50, und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72). 26 Zum anderen kann die Anwendung allgemeiner Vermutungen durch die zwingende Notwendigkeit bestimmt sein, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt wird. Somit kann die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung darauf gestützt werden, dass der Zugang zu den Dokumenten bestimmter Verfahren mit deren ordnungsgemäßem Ablauf unvereinbar ist und diese Verfahren zu beeinträchtigen droht, denn die allgemeinen Vermutungen ermöglichen die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens, indem sie die Einflussnahme Dritter beschränken (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge von Generalanwalt Wathelet in den verbundenen Rechtssachen LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:528, Nrn. 66, 68, 74 und 76). 27 In diesem Sinne hat das Gericht z. B. festgestellt, dass, solange während des Vorverfahrens einer Untersuchung im Rahmen eines EU-Pilotverfahrens die Gefahr bestand, den Charakter des Vertragsverletzungsverfahrens zu verändern, dessen Ablauf zu beeinträchtigen und die Ziele dieses Verfahrens zu beeinträchtigen, die Anwendung der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf die zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat gewechselten Dokumente gerechtfertigt war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission, T‑306/12, EU:T:2014:816, Rn. 57 bis 63). 28 Außerdem betraf in allen Rechtssachen, in denen die Entscheidungen, in denen solche Vermutungen aufgestellt wurden, ergangen sind, die betreffende Verweigerung des Zugangs eine Gesamtheit von Dokumenten, die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte zu einem noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren klar umschrieben waren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 128, vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 49 und 50, sowie vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 69 und 70). 29 Schließlich sehen die Unionsgerichte in der Anwendung von speziellen Regeln, die in einem Rechtsakt über ein vor einem Unionsorgan durchgeführtes Verfahren vorgesehen sind, für dessen Zwecke die beantragten Dokumente verfasst wurden, eines der Kriterien, die die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, McCullough/Cedefop, T‑496/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:374, Rn. 91, und Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:325, Nr. 75). Die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgeführten Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten dürfen somit nicht ausgelegt werden, ohne die in den betreffenden Verordnungen vorgesehenen speziellen Regeln für den Zugang zu diesen Dokumenten zu berücksichtigen. 30 In diesem Sinne hat der Gerichtshof festgestellt, dass in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV bestimmte Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) die Verwendung der in der Akte des genannten Verfahrens enthaltenen Dokumente restriktiv regeln, da diese Verordnungen vorsehen, dass die Parteien eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV kein Recht auf unbeschränkten Zugang zu den Dokumenten der Kommissionsakte besitzen und dass Dritte mit Ausnahme der Beschwerdeführer im Rahmen eines solchen Verfahrens nicht über ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Kommissionsakte verfügen. Der Gerichtshof hat befunden, dass ein verallgemeinerter Zugang zu den Dokumenten der Akte eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 geeignet wäre, das Gleichgewicht zu bedrohen, das der Unionsgesetzgeber in den Verordnungen Nrn. 1/2003 und 773/2004 sicherstellen wollte, nämlich das Gleichgewicht zwischen einerseits der Verpflichtung der betroffenen Unternehmen zur Übermittlung gegebenenfalls sensibler geschäftlicher Informationen an die Kommission, damit diese das Bestehen eines Kartells feststellen und dessen Vereinbarkeit mit Art. 101 AEUV beurteilen kann, und andererseits der Verbürgung eines verstärkten Schutzes der so der Kommission übermittelten Informationen im Rahmen des Berufsgeheimnisses und des Geschäftsgeheimnisses. Der Gerichtshof hat hieraus geschlossen, dass die Kommission für die Zwecke der Anwendung der Ausnahmen des Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ohne konkrete und individuelle Prüfung jedes einzelnen Dokuments der Akte eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV zu der Annahme berechtigt ist, dass die Verbreitung dieser Dokumente grundsätzlich den Schutz der geschäftlichen Interessen der an einem solchen Verfahren beteiligten Unternehmen beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 86, 87, 90 und 93). 31 Ebenfalls anhand dieses Kriteriums hat das Gericht festgestellt, dass sich im Gegenteil keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit aus der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1) ergibt, da diese Verordnung die Verwendung der in der Akte eines Verfahrens für die Zulassung der Verwendung eines chemischen Stoffes enthaltenen Dokumente nicht restriktiv regelt, im Unterschied zu den Fällen, für die der Gerichtshof und das Gericht die Geltung der allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit zur Rechtfertigung der Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten zugelassen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Januar 2017, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2017:4, Rn. 39). 32 Im vorliegenden Fall gehören die streitigen Dokumente nicht zu einem noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, da die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Bravecto am 11. Februar 2014 erteilt worden war und der Antrag auf Zugang zu den streitigen Dokumenten erst am 24. August 2015 gestellt wurde. Selbst wenn die oben in den Rn. 26 und 27 angeführte Rechtsprechung, wonach die Anwendung einer allgemeinen Vermutung durch die zwingende Notwendigkeit gerechtfertigt sein kann, das ordnungsgemäße Funktionieren des fraglichen Verfahrens sicherzustellen, im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen anwendbar sein sollte, kann folglich die Verbreitung der streitigen Dokumente dieses Verfahren nicht beeinträchtigen, da das Verfahren abgeschlossen war, bevor der Antrag auf Zugang zu den streitigen Dokumenten durch einen Dritten gestellt wurde. 33 Im Unterschied zu den Fällen, für die der Gerichtshof und das Gericht die Geltung der allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit zur Rechtfertigung der Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten zugelassen haben, regelt zudem die Verordnung Nr. 726/2004 die Verwendung der in der Akte eines Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels enthaltenen Dokumente nicht restriktiv. Sie sieht keine Beschränkung des Zugangs zur Akte auf die „betroffenen Parteien“ oder auf die „Beschwerdeführer“ vor. 34 Die Verordnung Nr. 726/2004 sieht in Art. 73 ausdrücklich vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der EMA Anwendung findet und dass ihr Verwaltungsrat die Durchführungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 1049/2001 erlässt. Keine andere Bestimmung der Verordnung Nr. 726/2004 kann dahin ausgelegt werden, dass sie die Absicht des Gesetzgebers erkennen ließe, eine Regelung des eingeschränkten Zugangs zu den Dokumenten über eine allgemeine Vermutung ihrer Vertraulichkeit zu schaffen. 35 Die Verordnung Nr. 726/2004 schreibt nämlich der EMA in Art. 11, Art. 13 Abs. 3, Art. 36, Art. 38 Abs. 3 und Art. 57 Abs. 1 und 2 die Veröffentlichung von drei Dokumenten vor, nämlich des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts (im Folgenden: EPAR), der Zusammenfassung der Merkmale der betreffenden Arzneimittel und der für den Benutzer bestimmten Packungsbeilage nach Streichung aller vertraulichen Angaben geschäftlicher Art. Diese Bestimmungen nennen die Mindestinformationen, die die EMA durch die drei genannten Dokumente der Öffentlichkeit proaktiv zur Verfügung stellen soll. Das Ziel des Gesetzgebers ist zum einen, dass den medizinischen Fachleuten die Merkmale des betreffenden Arzneimittels und die Art, auf die es den Patienten zu verschreiben ist, in möglichst verständlicher Weise mitgeteilt werden, und zum anderen, dass die nicht berufszugehörige Öffentlichkeit in einer verständlichen Sprache über die optimale Art der Anwendung des Arzneimittels und dessen Wirkungen unterrichtet wird. Diese Regelung einer proaktiven Veröffentlichung eines Minimums an Informationen stellt daher keine spezifische Regelung für den Zugang zu den Dokumenten dar, die dahin auszulegen wäre, dass alle Daten und Informationen, die nicht in den drei angeführten Dokumenten enthalten sind, als vertraulich anzusehen wären. 36 Die Art. 11, 12 und 36 sowie Art. 37 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 zeigen ebenso den Willen des Gesetzgebers, dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen transparent ist, selbst wenn in diesem Verfahren keine Entscheidung erlassen wird oder es zu einer die Genehmigung für das Inverkehrbringen versagenden Entscheidung führt. Diese Bestimmungen sehen nämlich vor, dass sowohl die Informationen über einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen, den der Antragsteller vor der Abgabe eines Gutachtens durch die EMA zurückgezogen hat, als auch diejenigen betreffend einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen, der abgelehnt wurde, öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. 37 Daraus folgt, dass der in den Verordnungen Nrn. 726/2004 und 1049/2001 vorherrschende Grundsatz der des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen ist und dass die Ausnahmen von diesem Grundsatz die in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten einschließlich der Ausnahme für vertrauliche geschäftliche Informationen sind. In Anbetracht des oben in Rn. 23 angeführten Erfordernisses einer strikten Auslegung ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber keine spezifische Regelung für den Zugang zu den Dokumenten vorgesehen und in diesem Sinne keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 eingeführt hat. 38 Nach alledem ist davon auszugehen, dass keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der Dokumente und der Berichte einer Akte über die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels besteht, die sich aus der Anwendung der Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 726/2004 ergäbe. Daher kann nach dem Ende des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels nicht angenommen werden, dass für die Dokumente der Verwaltungsakte, einschließlich der Berichte über die Sicherheitsstudien, eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit aus dem impliziten Grund gilt, dass sie grundsätzlich und in vollem Umfang offenkundig von der Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen der Antragsteller einer Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasst wären. Somit obliegt es der EMA, sich anhand einer konkreten und tatsächlichen Prüfung jedes Dokuments der Verwaltungsakte Gewissheit zu verschaffen, ob es insbesondere unter das Geschäftsgeheimnis im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fällt. 39 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die EMA nach Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 die Durchführungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 1049/2001 erlassen hat. Ebenso hat sie zur Festigung ihrer Politik über den Zugang zu den Dokumenten am 30. November 2010 das Dokument EMA/110196/2006 „Politik der [EMA] hinsichtlich des Zugangs zu den Dokumenten (betreffend die Human- und Tierarzneimittel)“ erlassen. Darin wird darauf hingewiesen, dass, während ein angemessener Schutz der vertraulichen geschäftlichen Informationen, der personenbezogenen Daten und der anderen spezifischen Interessen gewährt werde, der Zugang zu einem Dokument nur verweigert werde, wenn eine der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen als anwendbar angesehen werde. 40 Die EMA hat in Anwendung ihrer Politik hinsichtlich des Zugangs zu den Dokumenten auch das Dokument EMA/127362/2006 erstellt, in dem das Ergebnis ihrer Politik in Bezug auf den Zugang zu Dokumenten betreffend die Human- und Tierarzneimittel festgehalten ist. Dieses Dokument enthält eine Ergebnistabelle, die auf der Grundlage der Erfahrungen der Agentur im Bereich der Anträge auf Zugang zu Dokumenten vervollständigt wurde. Diese Tabelle wurde zum einen durch das Dokument EMA/484118/2010 über die Empfehlungen der Direktoren der Arzneimittelagenturen über die Transparenz und zum anderen durch den gemeinsamen Leitfaden der EMA und der Leiter der Arzneimittelagenturen betreffend die Feststellung der vertraulichen geschäftlichen Informationen und der personenbezogenen Daten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen, die mit dem Erlass einer Entscheidung veröffentlicht werden konnten, ergänzt. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die EMA die Akten der Antragsteller als öffentlich ansieht, sobald das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels abgeschlossen ist, und dass diese nach Anhörung des Inhabers dieser Dokumente grundsätzlich zugänglich sind. 41 Daraus folgt, dass der auf das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der streitigen Informationen gestützte Klagegrund jedenfalls zurückzuweisen ist. 42 Keines der von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente kann dieses Ergebnis in Frage stellen. 43 Erstens ist die Tatsache, dass die Studienberichte der Gruppe 1 von den Klägerinnen erstellt worden sind und nicht aus einem Bewertungsbericht des CVMP stammen, der sich auf die vom Antragsteller einer Genehmigung für das Inverkehrbringen übermittelten Informationen gründet, nicht für sich genommen ein Grund, aus dem diese Berichte einen höheren Schutz genießen müssten. Ausschlaggebend ist nämlich die Frage, ob die betreffende Information einen vertraulichen geschäftlichen Charakter aufweist, unabhängig davon, ob diese Information vom CVMP in seinen Bewertungsbericht aufgenommen wurde oder ob sie unmittelbar vom Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen stammt. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand allein, dass alle Daten in den Studienberichten der Gruppe 1 der gleichen Dokumentenkategorie angehören sollen, nicht ausreicht, um davon auszugehen, dass für sie die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gilt. 44 Zweitens greift das Vorbringen der Klägerinnen nicht durch, wonach es der Wesensgehalt der Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen sei, dass alle als Verfahrensstücke einer Akte zur Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente und insbesondere die klinischen und nichtklinischen Studien durch die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt seien und dass die Rechtsprechung zum vorläufigen Rechtsschutz und das Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), diesen Ansatz stützten. Zunächst wird dieses Vorbringen in keiner Weise untermauert. Sodann liegt es nicht auf der Hand, dass klinische und nichtklinische Studien selbst vertraulich sind. Diese können nämlich darauf beschränkt sein, einem von der EMA vorgeschriebenen regulatorischen Schema zu folgen, und enthalten möglicherweise kein neuartiges Element. Außerdem trägt die Transparenz des Verfahrens, das die EMA anwendet, und die Möglichkeit, Zugang zu den von den Fachleuten dieser Agentur zur Ausarbeitung ihrer wissenschaftlichen Beurteilung verwendeten Dokumente zu erhalten, dazu bei, dieser Behörde in den Augen der Adressaten ihrer Rechtsakte größere Legitimität zu verleihen und das Vertrauen dieser Adressaten gegenüber der Behörde zu stärken sowie für eine größere Verantwortung der Behörde gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System zu sorgen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489, Rn. 56). Schließlich kann aus dem Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), sowie den Beschlüssen vom 25. April 2013, AbbVie/EMA (T‑44/13 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:221), und vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, EU:T:2015:587), auf die sich die Klägerinnen berufen, keine Anerkennung des Bestehens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 hergeleitet werden. Wie die EMA zu Recht vorbringt, kann aus den Beschlüssen zum vorläufigen Rechtsschutz keine solche Schlussfolgerung gezogen werden. Was das Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, EU:C:1997:32), betrifft, geht aus diesem, abgesehen davon, dass es vor dem Erlass der Verordnung Nr. 1049/2001 ergangen ist, nicht hervor, dass der Gerichtshof den vertraulichen Charakter sämtlicher Informationen in einer Genehmigung für das Inverkehrbringen bestätigt hätte. 45 Drittens geht das Vorbringen ins Leere, dass die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 unerlässlich sei, um das Erreichen der Ziele des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen zu gewährleisten und den ordnungsgemäßen Ablauf des zweiseitigen Verfahrens aufrechtzuerhalten. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Studienberichte der Gruppe 1 im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Bravecto vorgelegt und bewertet wurden, dass die EMA den Klägerinnen die Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels für eine bestimmte therapeutische Indikation gewährte und dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Bravecto abgeschlossen war, als der Antrag auf Zugang zu diesen Berichten von einem Dritten gestellt wurde. 46 In diesem Kontext machen die Klägerinnen geltend, um die praktische Wirksamkeit der Verordnung Nr. 726/2004 sicherzustellen, müsse die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit während der gesamten Dauer und selbst über die Ausschließlichkeitsfrist für die geschäftlichen Daten hinaus gelten und dürfe nicht nach dem Erlass der Entscheidung über die Genehmigung für das Inverkehrbringen erlöschen. Andere Daten könnten im Rahmen von neuen Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen wiederverwendet werden. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Die Möglichkeit einer Wiederverwendung von Daten stellt nämlich für sich genommen keinen Grund für die Annahme dar, dass diese Informationen vertraulich sind oder den Entscheidungsprozess im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen könnten. Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass nur die Teile der Studienberichte der Gruppe 1, die sich nicht auf die bereits genehmigte Indikation beziehen, die spezifische Einzelheiten zum laufenden Antrag oder zu zukünftigen Entwicklungsprojekten enthalten und die nicht in einem öffentlich zugänglichen Dokument (wie dem EPAR) genannt sind, als vertrauliche geschäftliche Informationen angesehen werden können. Die EMA kann daher den Zugang zu denjenigen Elementen in den Studienberichten der Gruppe 1, die nicht die drei angeführten Arten von Daten betreffen, nicht verweigern. In diesem Sinne ist zu beachten, dass im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen wurde, dass die Bezugnahmen in den Studienberichten der Gruppe 1 auf jedes zukünftige Entwicklungsprojekt der Klägerinnen unkenntlich gemacht worden seien und dass diese Informationen „keine Einzelheiten über den derzeit laufenden Antrag im Hinblick auf die Hinzufügung einer neuen Darreichungsform offenbaren“. Diese Erwägungen haben die Klägerinnen im Übrigen nicht in Frage gestellt. 47 Viertens ist das Vorbringen zu prüfen, dass die Auslegung der Verordnungen Nrn. 1049/2001 und 726/2004 im Licht der Anforderungen nach dem TRIPS-Übereinkommen und insbesondere seinem Art. 39 Abs. 2 und 3 die EMA zu dem Schluss hätte führen müssen, dass für die Studienberichte der Gruppe 1 eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gegolten habe. 48 Es ist festzustellen, dass Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens, auf den sich die Klägerinnen beziehen, zwar nicht als solcher herangezogen werden kann, um den angefochtenen Beschluss für ungültig zu erklären, jedoch sind die Verordnungen Nrn. 1049/2001 und 726/2004 so auszulegen, dass ihre Vereinbarkeit mit dem Inhalt dieser Bestimmung gewährleistet ist. Die Vorschriften des TRIPS-Übereinkommens, das Teil der von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichneten und sodann mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigten WTO-Übereinkommen ist, sind nämlich integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung. Besteht eine Unionsregelung in einem vom TRIPS-Übereinkommen erfassten Bereich, findet das Unionsrecht Anwendung, was die Verpflichtung umfasst, so weit wie möglich eine diesem Übereinkommen entsprechende Auslegung vorzunehmen, ohne dass der fraglichen Bestimmung des Übereinkommens jedoch eine unmittelbare Wirkung zuerkannt werden könnte (vgl. Urteil vom 11. September 2007, Merck Genéricos – Produtos Farmacêuticos, C‑431/05, EU:C:2007:496, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 49 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 39 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens Informationen, die einen kommerziellen Wert darstellen, vor der Nutzung und Verbreitung durch Dritte geschützt sind, wenn sie in dem Sinne geheim sind, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich sind. Abs. 3 dieses Artikels verpflichtet die Mitgliedstaaten, in denen die Vorlage nicht offenbarter Test- oder sonstiger Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, Voraussetzung für die Marktzulassung pharmazeutischer Erzeugnisse ist, in denen neue chemische Stoffe verwendet werden, diese Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch zu schützen. 50 Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens kann jedoch nicht bedeuten, dass der Schutz, der den Rechten des geistigen Eigentums gewährt wird, absoluten Vorrang vor der Vermutung hat, dass die Informationen, die im Rahmen eines Antrags auf Ausnahme vom Marktexklusivitätsrecht eines Arzneimittels für seltene Leiden vorgelegt werden, offenzulegen sind. In diesem Sinne läuft die von den Klägerinnen vertretene Auffassung, dass sämtliche von ihr vorgelegten Informationen vertraulich seien, darauf hinaus, das von den angeführten Verordnungen geschaffene Gleichgewicht nicht zu berücksichtigen und den Mechanismus nicht anzuwenden, der im Wesentlichen die Veröffentlichung der Informationen über die Arzneimittel, die Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens sind, mit Ausnahme der vertraulichen Angaben geschäftlicher Art, vorsieht. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da sie in Wirklichkeit dazu führt, die Rechtmäßigkeit des Mechanismus der Verordnungen Nrn. 1049/2001 und 726/2004 im Hinblick auf Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens in Frage zu stellen. 51 Überdies legen die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen nahe, dass kein Mechanismus zum Schutz des geistigen Eigentums bestehe. Zum einen kommt jedoch den Inhabern der Daten eine Schutzfrist für diese nach Art. 39 Abs. 10 der Verordnung Nr. 726/2004 zugute. Zum anderen gilt für sie nach den in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen ein Schutz der vertraulichen geschäftlichen Informationen, die in einer Akte über die Genehmigung für das Inverkehrbringen enthalten sind, einschließlich derjenigen betreffend die Herstellung des Erzeugnisses und der anderen technischen und industriellen Spezifikationen der zur Herstellung des Stoffs angewandten Qualitätsprozesse. 52 Fünftens rügen die Klägerinnen sowohl, dass die EMA nicht hinreichend dargelegt habe, aus welchen Gründen sie der Ansicht gewesen sei, dass für die Studienberichte der Gruppe 1 keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gelte, und beanstanden die Gründe für diese Ansicht. Soweit die Argumente der Klägerinnen in Wirklichkeit als Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht zu verstehen sind, sind sie zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss enthält nämlich vollständige und ausführliche Überlegungen, die die Gründe, aus denen die EMA vom Nichtbestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der streitigen Informationen ausging, zur Gänze nachvollziehbar machen. Insbesondere weist die EMA darauf hin, dass die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gegen die Bestimmungen des AEU-Vertrags und der Verordnung Nr. 1049/2001 über die Transparenz verstoße. Insoweit erinnert sie an den Inhalt von Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie von Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001. Zum Vorbringen, es bestehe die Gefahr eines unlauteren Gebrauchs der Daten, die die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit rechtfertigen solle, weist die EMA darauf hin, dass die zur Stützung eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Daten durch eine Ausschließlichkeitsfrist für die Daten nach den Art. 13 und 13a der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 1) geschützt seien. Insoweit könne die Übermittlung von Informationen nach der Verordnung Nr. 1049/2001 den durch Art. 39 des TRIPS-Übereinkommen und die Art. 13 und 13a der Richtlinie 2001/82 eingeführten Schutz nicht beeinträchtigen. Im angefochtenen Beschluss wird außerdem dargelegt, dass nach Art. 16 der Verordnung Nr. 1049/2001 der Beschluss der EMA, Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, unbeschadet der Rechte des geistigen Eigentums gelte, die an den Dokumenten oder ihrem Inhalt bestehen könnten, und nicht als eine ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung oder eine Lizenz ausgelegt werden könne, die demjenigen, der den Zugang beantragt habe, die Nutzung, Vervielfältigung, Veröffentlichung, Verbreitung oder einen anderen Gebrauch der Dokumente oder ihres Inhalts gestatte. Darüber hinaus könne die Gefahr der Nutzung der Dokumente unter Umgehung der Exklusivität der Daten und unter Verstoß gegen die Richtlinie 2001/82 und die Verordnung Nr. 1049/2001 keinen Grund für die Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten darstellen, da die gegenteilige Auffassung praktisch zu einer fast vollständigen Lähmung der Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zugang zu den Dokumenten der EMA führe. Eine solche Auffassung verstoße gegen die Transparenzbestimmungen des AEU-Vertrags und der Verordnung Nr. 1049/2001. Schließlich bestehe stets die Gefahr der rechtswidrigen Nutzung von nach der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgehändigten Dokumenten, und die anderen europäischen und nationalen Rechtsvorschriften sähen damit im Zusammenhang stehende Abhilfemaßnahmen vor. Folglich entsprächen die Gründe für die Zurückweisung des Bestehens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 im angefochtenen Beschluss den Begründungserfordernissen nach Art. 296 AEUV. 53 Soweit die Rüge der Klägerinnen die für dieses Ergebnis angeführten Gründe selbst betrifft, kann sie nicht durchgreifen. Zunächst kann, wie sich aus der Prüfung in den vorstehenden Rn. 20 bis 41 ergibt, aus der Verordnung Nr. 726/2004 nicht das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 hergeleitet werden. 54 Sodann ist das Erfordernis nach dem TRIPS-Übereinkommen, die der EMA vorgelegten Dokumente gegen ihren unlauteren gewerblichen Gebrauch zu schützen, aus den oben in den Rn. 47 bis 51 dargelegten Gründen erfüllt. Insoweit bringen die Klägerinnen zu Unrecht vor, dass die Vorgehensweise der EMA zwangsläufig voraussetze, dass alle ihre Wettbewerber immer das Gesetz beachteten und dass sie durch eine rechtmäßige Verwendung der Studienberichte der Gruppe 1 keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen könnten. Zum einen soll nämlich der in der Verordnung Nr. 726/2004 vorgesehene Schutz der Daten die Wettbewerber gerade daran hindern, die in einer Akte über die Genehmigung für das Inverkehrbringen enthaltenen Studien zu nutzen. Zum anderen stellt die von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 gewährleistete Vertraulichkeit bestimmter Daten einen Schutz gegen den unlauteren Gebrauch geschäftlich sensibler Daten dar. 55 Die Klägerinnen machen geltend, dass die EMA die Voraussetzungen für eine proaktive Nutzung der Dokumente vorgesehen habe und somit die Möglichkeit ihres unlauteren Gebrauchs einräume. Die EMA lehne jede Verantwortung für die Beachtung dieser Voraussetzungen durch die Betroffenen ab, was ein Eingeständnis darstelle, dass diese Voraussetzungen nicht geeignet seien, die Wettbewerber daran zu hindern, sich ungerechte Vorteile zu verschaffen. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, weil es voraussetzt, dass Daten, die auf unlautere Weise verwertet werden können, als vertraulich anzusehen sind. Das gänzliche Fehlen einer Gefahr unlauteren Gebrauchs von Daten kann jedoch nicht garantiert werden. Es ist daher normal, dass die EMA eine Verantwortung hierfür zurückweist. Außerdem lässt dieser Grund nicht den Schluss zu, dass für sämtliche Daten die Vermutung der Vertraulichkeit zu gelten hat. 56 Darüber hinaus bringen die Klägerinnen vor, dass es zahlreiche Möglichkeiten gebe, wie ihre Wettbewerber die durch die Studienberichte der Gruppe 1 erlangten Kenntnisse nutzen könnten, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zulasten der Klägerinnen zu ziehen. Jedoch wird damit in keiner Weise dargetan, dass die Gesamtheit der Informationen den Schutz einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit verdient. 57 Schließlich greift das Vorbringen der Klägerinnen nicht durch, dass die Antragsteller einer Genehmigung für das Inverkehrbringen in Anbetracht der Verbreitung der Daten ein Interesse hätten, das Minimum an Informationen vorzulegen, das erforderlich ist, um die Voraussetzungen für die Vorlage der Akte über die Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erfüllen und diese Genehmigung für ihr Arzneimittel zu erlangen. Dieses Vorbringen setzt voraus, dass sich die EMA mit einem Minimum an Informationen begnügen wird, um ein die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels befürwortendes Gutachten zu erstellen, was in Anbetracht der Höhe der Anforderungen nach der Unionsregelung wenig wahrscheinlich ist. 58 Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 als vertrauliche geschäftliche Informationen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 59 Im Rahmen des zweiten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, dass die Studienberichte der Gruppe 1 insgesamt geschäftlich vertraulich im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 seien, da sie u. a. ein regulatorisches Know-how, Fähigkeiten der klinischen Bewertung und die kreative strategische Vorgehensweise von MSD für die Erstellung ihrer Sicherheitsstudien offenbarten. Die öffentlichen und die geheimen wissenschaftlichen Daten seien nach einer innovativen Strategie angeordnet und zusammengestellt worden und bildeten ein untrennbares Ganzes von wirtschaftlichem Wert. So lieferten sie einen Bezugspunkt, der den Wettbewerbern helfen könne, und zeigten den Weg oder den „Fahrplan“ zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen für jedes Arzneimittel, das denselben Wirkstoff enthalte. Sie offenbarten zukünftige Produktentwicklungen und könnten zur Gänze verwendet werden, um die von den Wettbewerbern eingereichten Akten zu den Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen zu ergänzen. Insoweit hätten die Klägerinnen erhebliche Mittel für die Ausarbeitung der Studienberichte der Gruppe 1 investiert, und deren Verwendung zur Feinabstimmung verschaffe so einem potenziellen Wettbewerber einen Vorteil. Die Ausschließlichkeitsfrist für die Daten, die den Inhabern von Genehmigungen für das Inverkehrbringen gewährt werde, stelle keinen vollkommenen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb dar. 60 Die EMA tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. 61 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15 Abs. 3 AEUV jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden, das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union hat. Die Verordnung Nr. 1049/2001 soll ausweislich ihres vierten Erwägungsgrundes und ihres Art. 1 der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren (Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, und vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40). 62 Außerdem ist zu beachten, dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln durch die Verordnung Nr. 726/2004 geregelt ist, die insoweit ein unionsrechtliches Verfahren einführt. Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 sieht vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der EMA Anwendung findet. Daraus folgt, dass der Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten bezüglich der Dokumente im Besitz der EMA grundsätzlich zu wahren ist. 63 Der Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten unterliegt gleichwohl Schranken aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses. Die Verordnung Nr. 1049/2001, insbesondere ihr elfter Erwägungsgrund und ihr Art. 4, sieht nämlich eine Ausnahmeregelung vor, nach der die Organe und Einrichtungen gehalten sind, Dokumente nicht offenzulegen, wenn durch die Verbreitung eines dieser Interessen beeinträchtigt würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53, und vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40). 64 Da die Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, sind sie strikt auszulegen und anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75, sowie vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 48). 65 Überdies ist festzustellen, dass die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001, insbesondere in seinem Abs. 2, vorgesehene Ausnahmeregelung auf einer Abwägung der in einer bestimmten Situation widerstreitenden Interessen beruht, nämlich der Interessen, die durch die Verbreitung der betreffenden Dokumente begünstigt würden, auf der einen Seite und derjenigen, die durch diese Verbreitung gefährdet würden, auf der anderen. Die Entscheidung, die über einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten getroffen wird, hängt davon ab, welchem Interesse im jeweiligen Fall der Vorrang einzuräumen ist (Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 42, und vom 23. September 2015, ClientEarth und International Chemical Secretariat/ECHA, T‑245/11, EU:T:2015:675, Rn. 168). 66 Um die Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument zu rechtfertigen, genügt es grundsätzlich nicht, dass dieses Dokument im Zusammenhang mit einer Tätigkeit oder einem Interesse steht, wie sie in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnt sind, da das betroffene Organ oder gegebenenfalls die Person, die die Informationen im streitigen Dokument übermittelt hat, auch dartun muss, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine in diesem Artikel vorgesehene Ausnahme geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 116, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 57, und vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 64) und dass die Gefahr einer Beeinträchtigung dieses Interesses absehbar und nicht rein hypothetisch ist (Urteile vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, T‑2/03, EU:T:2005:125, Rn. 69, und vom 22. Mai 2012, Sviluppo Globale/Kommission, T‑6/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:245, Rn. 64). 67 Was den Begriff der geschäftlichen Interessen betrifft, so kann nach der Rechtsprechung nicht jede Information über eine Gesellschaft und ihre Geschäftsbeziehungen unter den Schutz fallen, der den geschäftlichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu garantieren ist, da andernfalls die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe zu gewähren, vereitelt würde (Urteile vom 15. Dezember 2011, CDC Hydrogene Peroxide/Kommission, T‑437/08, EU:T:2011:752, Rn. 44, und vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 81). Zudem definiert der gemeinsame Leitfaden der EMA und der Leiter der Arzneimittelagenturen betreffend die Feststellung der vertraulichen geschäftlichen Informationen und der personenbezogenen Daten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen die „vertrauliche geschäftliche Information“ als jede Information, die nicht öffentlich ist oder nicht öffentlich zugänglich ist und deren Verbreitung die wirtschaftlichen Interessen oder die Wettbewerbsstellung ihres Eigentümers beeinträchtigen kann. 68 Daher muss für die Anwendung der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmeregelung dargetan werden, dass die streitigen Dokumente Angaben enthalten, die durch ihre Veröffentlichung die geschäftlichen Interessen einer juristischen Person beeinträchtigen könnten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die beantragten Dokumente sensible Geschäftsinformationen u. a. zu den geschäftlichen Strategien der betreffenden Unternehmen oder ihren Geschäftsbeziehungen enthalten oder wenn sie Angaben zu dem betroffenen Unternehmen selbst enthalten, die dessen Sachverstand zeigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 82 bis 84). 69 Im Licht der Erwägungen in den vorstehenden Rn. 61 bis 68 ist das Vorbringen der Klägerinnen zu prüfen, dass die EMA durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses, mit dem sie die Verbreitung der streitigen Informationen genehmigt habe, gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen habe. 70 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des ersten Klagegrundes ergeben hat, dass keine die Gesamtheit der Studienberichte der Gruppe 1 vor der Verbreitung schützende allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit bestand. Daraus folgt, dass die Studienberichte der Gruppe 1 nur dann in ihrer Gesamtheit als geschäftlich vertraulich im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen werden können, wenn die Daten in diesen Berichten insgesamt vertrauliche Geschäftsinformationen darstellen. 71 Die Klägerinnen bringen als Erstes vor, dass die Studienberichte der Gruppe 1 ein regulatorisches Know-how, Fähigkeiten der klinischen Bewertung und die kreative strategische Vorgehensweise von MSD für die Erstellung ihrer Sicherheitsstudien offenbarten. 72 Die EMA weist jedoch zu Recht darauf hin, dass alle Sicherheitstests, die in den Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Tierarzneimitteln enthalten sind, den im Anhang I der Richtlinie 2001/82 vorgesehenen Anforderungen entsprochen haben müssen. Ebenso ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass die EMA nach dem Abschluss eines harmonisierten Abkommens zwischen der Union, Japan und den USA Leitlinien zu den Toxizitätsstudien veröffentlicht hat und dass diese öffentlichen Leitlinien, die fortschreitend über viele Jahre ausgearbeitet wurden, heute einen umfangreichen Bestand darstellen, der die pharmazeutische Industrie bei der Durchführung der erforderlichen Studien im Hinblick auf die Zulassung eines Tierarzneimittels anleiten soll. 73 Im vorliegenden Fall weist die EMA im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass die Studien unter Beachtung der Leitlinien und der international akzeptierten Empfehlungen entworfen worden seien. Sie bezieht sich insbesondere auf die „Leitlinien der OECD für Chemikalienversuche, Abschnitt 4, Auswirkungen auf die Gesundheit, Nr. 410, dermale Toxizität bei wiederholter Dosis: 21/28 Tage, angenommen am 12. Mai 1981“, auf „International Council for Harmonisation, Topic S 3A Toxicokinetics: A Guidance for Assessing Systemic Exposure in Toxicology Studies (CPMP/ICH/384/95)“ (Internationale Konferenz für die Harmonisierung der technischen Erfordernisse für die Registrierung von Humanarzneimitteln [ICH], Thema S 3A, Toxikokinetik: Leitlinien für die Bewertung der systemischen Exposition in toxikologischen Studien), auf „VICH, Guideline 31, Studies to evaluate the Safety of Residues of Veterinary Drugs in Human Food: Repeat-Dose (90 Days) Toxicity Testing, octobre 2002“ (Internationale Konferenz für die Harmonisierung der technischen Erfordernisse für die Registrierung von Tierarzneimitteln [VICH], Leitlinie 31, Studien zur Bewertung der Sicherheit der Rückstände von Tierarzneimitteln in der menschlichen Nahrung: Toxizitätsstudie durch wiederholte Verabreichung [90 Tage], Oktober 2002) und auf „Guidance for Industry. Bioanalytical Method Validation, U. S. Department of Health and Human Services, Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research (CDER), Center for Veterinary Medicine (CVM), mai 2001“ (Leitlinien für den Sektor. Validation der bioanalytischen Methode, Ministerium für Gesundheit und Sozialdienste der USA, Nahrungsmittel- und Arzneimittelverwaltung, Bewertungs- und Forschungszentrum für Arzneimittel [CDER], Zentrum für Tiermedizin [CVM], Mai 2001). 74 Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestritten haben, das in den angeführten Leitlinien vorgesehene Protokoll und die angeführten Empfehlungen befolgt zu haben. Daher haben sie die Tatsache nicht in Frage gestellt, dass die Studienberichte der Gruppe 1 die anwendbaren Leitlinien beachteten und dass sie auf in der Wissenschaft bekannten und weitgehend zugänglichen Grundsätzen beruhten. Dieser Umstand stützt somit die Schlussfolgerung der EMA, wonach diese Berichte keinen innovativen Charakter aufweisen. 75 Außerdem wird das Vorbringen der Klägerinnen, die Studienberichte der Gruppe 1 lieferten eine innovative Strategie in Bezug auf die Art und Weise der Planung eines Toxikologieprogramms, in keiner Weise untermauert. Die Klägerinnen haben nämlich nichts Konkretes dafür vorgetragen, dass die Berichte einzigartige und bedeutsame Angaben enthielten, die Einblicke in ihre allgemeine Kreativstrategie und ihr Entwicklungsprogramm geben könnten. 76 Ebenso machen die Klägerinnen geltend, selbst wenn die Ausgestaltung der Sicherheitsstudien teilweise standardisiert sei, könnten die Leitlinien das Know-how im Bereich der den Wirkstoff betreffenden Daten nicht ersetzen. Jedoch ist, wie die EMA darlegt, die Behauptung eines Know-hows, das in den Dokumenten enthalten sein soll, vage und erlaubt es nicht, festzustellen, worin der befolgte innovative Ansatz bestehen soll. Aus denselben Gründen bringen die Klägerinnen erfolglos vor, es bestehe ein erheblicher Unterschied zwischen den Leitfäden, die Empfehlungen zu den Dokumenten enthielten, die für einen Antrag vorzulegen seien oder nicht, und den Dokumenten, die die zur Stützung dieses Antrags eingereichte Akte tatsächlich umfasse. 77 Sie berufen sich auch auf Einzelheiten zu den Normen der internen Verwaltung, die eine von MSD entwickelte Toxikologiestudie enthalte, ohne diese jedoch zu benennen oder gar konkrete Anhaltspunkte dafür vorzulegen, warum diese Normen ein „geheimes, mit erheblichem Aufwand und Kosten entwickeltes Know-how“ widerspiegeln sollen. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich die EMA bereit erklärte, die Einzelheiten der für die analytischen Tests verwendeten internen Referenznorm nicht zu verbreiten. 78 Als Zweites werfen die Klägerinnen der EMA im Wesentlichen vor, nichts zur Widerlegung des Vorbringens angeführt zu haben, dass die Informationen vertraulich seien, weil sie den Weg oder den „Fahrplan“ zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen für jedes Arzneimittel, das denselben Wirkstoff enthalte, zeigten. 79 Soweit, erstens, dieses Vorbringen als Rüge eines Begründungsmangels zu verstehen sein sollte, ist es zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss enthält nämlich genaue Gründe, die das Vorbringen der Klägerinnen zu diesem Punkt betreffen, wie sich sowohl aus den Antworten auf die allgemeinen Erwägungen sowie aus den besonderen Antworten ergibt, die die streitigen Informationen betreffen, die nach Ansicht der EMA keinen vertraulichen Charakter aufweisen (vgl. S. 331 und 339 des Anhangs des Schreibens vom 25. November 2015). 80 Wenn, zweitens, das Vorbringen der Klägerinnen als eine Rüge auszulegen sein sollte, mit der der vertrauliche Charakter der Studienberichte der Gruppe 1 insgesamt dargetan und festgestellt werden soll, dass die EMA den Beweis des Gegenteils nicht erbracht habe, ist es zurückzuweisen. Zunächst kommt die Überlegung, die streitigen Informationen seien insgesamt aus dem Grund vertraulich, dass sie den Weg oder den „Fahrplan“ zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zeigten, eher einer Berufung auf eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gleich, die die EMA zu widerlegen hätte. Die Prüfung des ersten Klagegrundes hat jedoch gezeigt, dass eine solche Vermutung im Rahmen der Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Tierarzneimitteln nicht besteht. Sodann ist das Vorbringen zur Stützung dieser Rüge vage und nicht untermauert. Die bloße Behauptung, dass die streitigen Informationen den Weg oder den „Fahrplan“ zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zeigten, erlaubt nämlich nicht die Feststellung, dass sie vertraulich wären. Es kann daher nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die EMA Gründe hätte vorbringen müssen, die den Nachweis des Gegenteils erlaubten. Schließlich ist festzustellen, dass die EMA im angefochtenen Beschluss die Schwärzung bestimmter Informationen vorgesehen hat. Sie weist nämlich, ohne dass die Klägerinnen ihr in diesem Punkt widersprechen, darauf hin, dass die Dokumente keine Information über die Zusammensetzung oder Herstellung von Bravecto enthielten, da folgende Informationen der Studienberichte der Gruppe 1 unkenntlich gemacht worden seien: Einzelheiten über die Konzentrationsbereiche der Wirkstoffe, Einzelheiten über die in den analytischen Tests verwendete interne Referenznorm sowie Bezugnahmen auf die zukünftigen Entwicklungsprojekte. 81 Als Drittes kann das Vorbringen der Klägerinnen keinen Erfolg haben, dass nach der sich aus den Beschlüssen vom 25. Juli 2014, Deza/ECHA (T‑189/14 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:686), und vom 23. Mai 2016, Pari Pharma/EMA (T‑235/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:309), ergebenden Rechtsprechung die Studienberichte der Gruppe 1 ein untrennbares Ganzes von wirtschaftlichem Wert bildeten und daher in ihrer Gesamtheit eine vertrauliche Behandlung verdienten. Zum einen enthalten diese Berichte unstreitig eine Reihe von Informationen, die veröffentlicht wurden. Der EPAR über Bravecto ist nämlich öffentlich zugänglich und enthält Daten, die unmittelbar aus den Studienberichten der Gruppe 1 stammen, was zwangsläufig bedeutet, dass zumindest ein Teil der Daten in diesen Berichten öffentlich zugänglich ist. Folglich obliegt es den Klägerinnen, um die vertrauliche Behandlung der Gesamtheit der Berichte verlangen zu können, darzutun, dass die Zusammenstellung der öffentlich zugänglichen Daten mit denjenigen, die dies nicht sind, insgesamt eine sensible geschäftliche Angabe darstellt, deren Verbreitung ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigen würde. Der Vortrag der Klägerinnen, dass der EPAR weniger ausführlich sei und keine Angaben zu der Art und Weise enthalte, wie die Ergebnisse zu Bravecto erlangt worden seien, ist insoweit unerheblich. Die Klägerinnen haben nur vage und allgemeine Erklärungen vorgetragen, um darzutun, dass diese Zusammenstellung die behaupteten Folgen hinsichtlich einer Beeinträchtigung ihres Know-hows und ihrer Geschäftsgeheimnisse haben könnte. Genaue und konkrete Erläuterungen der Klägerin wären umso erforderlicher gewesen, als, wie oben in Rn. 64 dargelegt, die Ausnahmeregelungen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 strikt auszulegen und anzuwenden sind, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen. 82 Zum anderen bestimmt sich die Beeinträchtigung des Schutzes der geschäftlichen Interessen einer Person im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht zwingend nach dem Vermögenswert der Information, die offengelegt werden soll. 83 In diesem Rahmen ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, dass im Unterschied zu den Berichten des Ausschusses für Humanarzneimittel, die vom Antragsteller einer Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegte Daten enthielten, die Studienberichte der Gruppe 1 von den Klägerinnen selbst stammten, was ihren vertraulichen Charakter verstärke. Wie nämlich oben in Rn. 81 dargelegt, haben die Klägerinnen nicht konkret dargetan, dass die Verbreitung der streitigen Informationen ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigen würde. 84 Als Viertes ist das Vorbringen der Klägerinnen, dass die Wettbewerber in der Lage wären, die Studien als Hilfe bei der Konzipierung ihrer eigenen toxikologischen Studien zu verwenden und ihre eigenen Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen an den von MSD beigebrachten Elementen auszurichten, in doppelter Hinsicht zu relativieren. Zum einen müssen die Konkurrenzunternehmen jedenfalls ihre eigenen Studien nach den anwendbaren wissenschaftlichen Leitlinien durchführen und alle für die Vollständigkeit ihrer Akte erforderlichen Daten liefern. Es ist daher nicht offensichtlich, dass die Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 ihnen erlauben würde, den Vorgang zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen ihres Arzneimittels zu beschleunigen und die Genehmigung klinischer Tests rascher zu erhalten. Insoweit ist nichts Konkretes vorgetragen worden. Zum anderen gewähren die Verordnung Nr. 726/2004 und die Richtlinie 2001/82, wie die EMA im angefochtenen Beschluss darlegt, regulatorischen Dokumenten, die für die Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegt werden, einen Schutz mittels der Ausschließlichkeit für die Daten. Ein Konkurrenzunternehmen wird sich daher nicht darauf beschränken können, die Sicherheitsstudien der Klägerinnen zu verwenden, sondern wird die von ihm selbst durchgeführten Studien vorlegen müssen. 85 Als Fünftes machen die Klägerinnen erfolglos geltend, dass die Ausschließlichkeitsfrist für die Daten, die den Inhabern von Genehmigungen für das Inverkehrbringen gewährt werde, keinen vollkommenen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb darstelle und dass es zahllose wirtschaftliche Nachteile gebe, denen die Inhaber von Genehmigungen für das Inverkehrbringen im Fall der allseitigen Verbreitung ihrer klinischen und nichtklinischen Daten ausgesetzt seien. Aus den vorstehenden Randnummern geht hervor, dass die Klägerinnen das Bestehen der in ihren Schriftsätzen geltend gemachten geschäftlichen Nachteile nicht dargetan haben. 86 In diesem Kontext vertreten die Klägerinnen die Auffassung, dass sowohl der Wirkstoff als auch die Referenznorm für die Durchführung der Analysen, die zu den erwarteten Ergebnissen führten, unerlässlich seien und dass ihre Wettbewerber nicht in der Lage wären, dieselben Ergebnisse vorzulegen, ohne ihre Ausschließlichkeitsrechte in Bezug auf den Wirkstoff zu verletzen. Wie jedoch bereits dargelegt, war die EMA der Ansicht, dass der Konzentrationsbereich des Wirkstoffs sowie die Einzelheiten der bei den analytischen Tests verwendeten internen Referenznorm unkenntlich zu machen seien. Die Klägerinnen haben nichts dafür vorgetragen, warum diese Schwärzungen nicht hinreichend sein und inwiefern folglich die Wettbewerber ihre Ausschließlichkeitsrechte hinsichtlich des Wirkstoffs verletzen sollten. 87 Als Sechstes führen die Klägerinnen eine Gefahr des sofortigen Verlusts des Vorteils der Ausschließlichkeitsfrist für die Daten im Fall der Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 an, da diese von Wettbewerbern in Drittländern, die dies erlaubten, verwendet werden könnten. Neben der Tatsache, dass dieses Vorbringen der Klägerinnen vage und ungenau ist, deutet nichts darauf hin, dass der Zugang zu den in Rede stehenden Informationen, die unter dem Blickwinkel der geschäftlichen Interessen der Klägerinnen keinen vertraulichen Charakter aufweisen, für sich allein die Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen in einem Drittland durch ein konkurrierendes pharmazeutisches Unternehmen erleichtern würde. Dies ist umso offensichtlicher, als Daten wie diejenigen über den Konzentrationsbereich des Wirkstoffs, über die Einzelheiten der in den analytischen Tests verwendeten internen Referenznorm und über einen Antrag auf Festsetzung von Grenzwerten für Rückstände ihrerseits vertraulich bleiben. Die Klägerinnen haben nichts Konkretes für das Bestehen einer solchen Gefahr in bestimmten Drittländern vorgetragen. Überdies liefe die Nichtverbreitung sämtlicher Studien, um zu verhindern, dass die Behörden eines Drittlands einem Hersteller Zugang zu seinem Markt gewähren, ohne dass dieser seine eigenen Studien vorlegen müsste, darauf hinaus, das vom Unionsrecht eingeräumte Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten, die Informationen über zugelassene Medikamente enthalten, zunichtezumachen. 88 Als Siebtes scheint – angenommen, die Studienberichte der Gruppe 1 könnten als Bestandteil einer Akte zur Genehmigung für das Inverkehrbringen verwendet werden, die von Wettbewerbern in einem Verfahren zur Genehmigung eines mit Bravecto konkurrierenden Generikums eingereicht wird – ein solches Generikum erst nach Ablauf von zehn Jahren (vgl. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2001/82) vermarktet werden zu können. Somit ist kaum vorstellbar, dass die Verwendung von Informationen knapp zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen von Bravecto die geschäftlichen Interessen der Klägerinnen beeinträchtigen könnte. 89 Als Achtes machen die Klägerinnen auch erfolglos geltend, dass sie erhebliche Mittel in die Ausarbeitung der Berichte investiert hätten und dass dies offensichtlich deren potenziellen kommerziellen Wert beweise. Zunächst bestimmt sich, wie oben in Rn. 82 dargelegt, die Beeinträchtigung des Schutzes der geschäftlichen Interessen einer Person im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht zwingend nach dem Vermögenswert der Information, die offengelegt werden soll. Mit anderen Worten bedeutet die Tatsache, dass die Durchführung von Sicherheitsstudien für pharmazeutische Unternehmen finanzielle Investitionen impliziert, für sich genommen nicht, dass diese Studien vertraulich wären. Sodann müssen, wie oben in Rn. 72 dargelegt, sämtliche Sicherheitstests, die in den Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen enthalten sind, den Anforderungen der Richtlinie 2001/82 und der Leitlinien der EMA zu den Toxizitätstests entsprochen haben. Schließlich sind die Daten in den Studienberichten der Gruppe 1 durch die Ausschließlichkeit geschützt (siehe oben, Rn. 84). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist festzustellen, dass sämtliche pharmazeutischen Unternehmen ihre eigenen Sicherheitsstudien durchführen müssen, da sie sich nicht darauf beschränken können, sich auf diejenigen von Konkurrenzunternehmen zu beziehen. Sie müssen somit in diesem Rahmen genauso wie die Klägerinnen finanzielle Investitionen tätigen. Somit ist nicht ersichtlich, dass die Verbreitung solcher Informationen, die einen kommerziellen Wert haben sollen, allein deshalb die geschäftlichen Interessen der Klägerinnen beeinträchtigen würden und dass diese Informationen von Amts wegen als geschäftlich vertraulich anzusehen wären. 90 Als Neuntes kann auch das Argument, wonach die Wettbewerber in der Lage sein würden, die zukünftigen Projekte von MSD mit Bravecto in und außerhalb der Union zu beeinträchtigen, keinen Erfolg haben. Es geht nämlich aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die EMA es akzeptierte, die Bezugnahmen in den Studienberichten der Gruppe 1 auf sämtliche zukünftigen Entwicklungsprojekte der Klägerinnen zu entfernen. Unter Berücksichtigung dieses Umstands ist, wie die EMA vorbringt, nicht ersichtlich, inwiefern die Verbreitung der Dokumente die zukünftigen Projekte zur Entwicklung anderer Indikationen von Bravecto beeinträchtigen könnte. 91 Als Zehntes ist das Vorbringen irrelevant, die Wettbewerber könnten die Klägerinnen dadurch schädigen, dass sie aus dem Zusammenhang gerissene Passagen der Studienberichte der Gruppe 1 mit dem Ziel verbreiteten, dem Ruf von Bravecto zu schaden. Die Möglichkeit, dem Ruf des Inhabers der Dokumente zu schaden, stellt nämlich kein geeignetes Kriterium für die Feststellung dar, ob eine Information vertraulich ist oder nicht. 92 Als Elftes ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass die nichtklinischen Informationen in den Studienberichten der Gruppe 1 den Wettbewerbern von MSD erlauben würden, leichter eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erlangen. Die Klägerinnen haben keine Angabe in diesen Berichten angeführt und ihr Vorbringen auch nicht durch eine konkrete Argumentation untermauert, wonach die nichtklinischen Informationen als vertraulich anzusehen wären. 93 Als Letztes bringen die Klägerinnen vor, der Ansatz der EMA, von den Klägerinnen zu verlangen, darzutun, inwiefern die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Konkurrenzprodukts sich auf den unlauteren Gebrauch ihrer Dokumente stütze, stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung, nach der nur dargetan werden müsse, dass der unlautere Gebrauch ihrer Daten vernünftigerweise vorhersehbar und nicht rein hypothetisch sei. Ein solches Vorbringen ist irrelevant, da die Klägerinnen, wie die EMA ausgeführt hat, eine hypothetische Gefahr der unlauteren Verwendung ihrer Daten nicht dargetan haben. Wie nämlich bereits oben in Rn. 84 dargelegt, müssen die Konkurrenzunternehmen jedenfalls ihre eigenen Studien nach den anwendbaren wissenschaftlichen Leitlinien durchführen und alle für die Vollständigkeit ihrer Akte erforderlichen Daten liefern. Unter diesen Umständen ist nicht vernünftigerweise vorhersehbar, dass der Abgleich mit der Akte der Klägerinnen deren Wettbewerbern erlauben könnte, ihr eigenes regulatorisches Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und schneller die Genehmigung für die Durchführung klinischer Versuche zu erhalten. 94 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gegen Beeinträchtigungen des Entscheidungsprozesses 95 Zur Stützung des dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen zunächst geltend, dass die Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 jedenfalls verfrüht wäre. Die EMA sei der Ansicht, dass sie nur Informationen betreffend anschließende Anträge der Klägerinnen unkenntlich machen könne und nicht diejenigen im Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen, der zur Vorlage der Berichte geführt habe. Die Klägerinnen sind jedoch der Auffassung, dass, wenn die Verbreitung einen zukünftigen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen beeinträchtigen könne, die in Rede stehenden Informationen unter Art. 4 Abs. 3 (sowie unter Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1409/2001) fielen und vertraulich behandelt werden müssten. Sodann machen sie geltend, dass die Verbreitung von Daten für die Antragsteller von Genehmigungen für das Inverkehrbringen einen Anreiz böten, nur das zur Stützung ihres Antrags erforderliche Minimum an Informationen mitzuteilen. Schließlich bringen sie vor, dass sie unmittelbar und individuell von den möglichen Auswirkungen der Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 auf den Entscheidungsprozess der EMA bezüglich Bravecto betroffen seien und dass sie daher das Recht hätten, ihre Argumente nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 geltend zu machen. 96 Die EMA bestreitet, dass die Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Bravecto beeinträchtigen könnte. 97 Im Rahmen des dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, dass die Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 den Entscheidungsprozess beeinträchtige und so Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwiderlaufe. 98 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme voraussetzt, dass dargetan wird, dass der Zugang zu den beantragten Dokumenten geeignet war, den Schutz des Entscheidungsprozesses der Kommission tatsächlich konkret zu beeinträchtigen, und dass diese Gefahr der Beeinträchtigung absehbar und nicht rein hypothetisch war (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Muñiz/Kommission, T‑144/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:596, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Ebenso ist zu beachten, dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 klar danach unterscheidet, ob das Verfahren abgeschlossen ist oder nicht. So fällt auf der einen Seite nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 dieser Verordnung jedes Dokument in den Anwendungsbereich der Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat. Auf der anderen Seite sieht Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 dieser Verordnung vor, dass die fragliche Ausnahme, nachdem der Beschluss gefasst worden ist, lediglich diejenigen Dokumente erfasst, die Stellungnahmen für den internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs enthalten (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 78). 100 Nur für einen Teil der Dokumente für den internen Gebrauch, nämlich für diejenigen, die Stellungnahmen für den internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs enthalten, ermöglicht daher Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 auch nach der Beschlussfassung die Zugangsverweigerung, wenn ihre Verbreitung den Entscheidungsprozess dieses Organs ernstlich beeinträchtigen würde (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 79). 101 Daraus folgt, dass sich nach Ansicht des Unionsgesetzgebers nach Fassung des Beschlusses die Erfordernisse des Schutzes des Entscheidungsprozesses weniger akut darstellen, so dass die Verbreitung sämtlicher Dokumente mit Ausnahme derjenigen, die in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgeführt sind, niemals den Entscheidungsprozess beeinträchtigen kann und die Verweigerung der Verbreitung eines derartigen Dokuments nicht statthaft ist, selbst wenn seine Verbreitung diesen Prozess ernstlich beeinträchtigt hätte, wäre sie vor Fassung des fraglichen Beschlusses erfolgt (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 80). 102 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Studienberichte der Gruppe 1 im Rahmen des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Bravecto vorgelegt und bewertet wurden, dass die EMA den Klägerinnen die Genehmigung für sein Inverkehrbringen für eine bestimmte therapeutische Indikation gewährte und dass das Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen von Bravecto abgeschlossen war, als der Antrag auf Zugang zu diesen Berichten von einem Dritten gestellt wurde. Die Bestimmung, auf die sich die Klägerinnen im Wesentlichen beziehen, ist somit Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001. 103 Das Vorbringen der Klägerinnen ist unter Berücksichtigung dieser Erwägungen zu prüfen. 104 Vorab ist auf das Vorbringen der EMA einzugehen, dass der von den Klägerinnen geltend gemachte dritte Klagegrund zurückzuweisen sei, da diese insoweit kein konkretes berechtigtes Interesse hätten. Die EMA stützt sich darauf, dass Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 für den Fall, dass ein Dokument von einem Dritten stamme, vorsehe, dass das Organ diesen konsultiere, um festzustellen, ob eine der Ausnahmeregelungen von Art. 4 Abs. 1 oder 2 dieser Verordnung anwendbar sei, es sei denn, es sei klar, dass das Dokument verbreitet werden müsse bzw. nicht verbreitet werden dürfe. Da jedoch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung die die Nichtverbreitung rechtfertigende Ausnahme, auf die sich der Inhaber der Dokumente berufe, nur auf Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 beruhen könne, hätten die Klägerinnen für die Berufung auf einen möglichen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung vor dem Gericht kein Rechtsschutzinteresse. 105 Dies läuft im Wesentlichen auf die Annahme hinaus, dass die Beschränkung, wonach die Dritten, von denen die Daten stammten, nur konsultiert werden müssten, „um zu beurteilen, ob eine der Ausnahmeregelungen [von Art. 4] Absätze 1 oder 2 [der Verordnung Nr. 1049/2001] anwendbar ist“, nicht aber eine der Ausnahmeregelungen von Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung auch im Verfahren vor dem Gericht gelte. 106 Die Klägerinnen sind jedoch in keiner Weise rechtlich daran gehindert, einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 im Rahmen einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht geltend zu machen. Das den Klägerinnen durch Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung auferlegte Erfordernis, sich bei der Konsultation auf die in den Abs. 1 und 2 dieses Artikels vorgesehenen Ausnahmen zu beschränken, kann nicht ipso iure der Geltendmachung eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung vor dem Gericht entgegenstehen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerinnen nach ihrem Vortrag sowohl vom Beschluss der EMA, die Dokumente, die sie als vertraulich ansehen, zu verbreiten als auch von den Auswirkungen dieser Verbreitung auf den Entscheidungsprozess der EMA hinsichtlich Bravecto unmittelbar betroffen sind. 107 Folglich kann der Klagegrund nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass die Klägerinnen hinsichtlich seiner Geltendmachung kein Rechtsschutzinteresse hätten. 108 In der Sache machen die Klägerinnen als Erstes geltend, dass die Studienberichte der Gruppe 1 für neue Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen verwendet werden würden, da sie vorhätten, sich für ihre zukünftigen Anträge auf sie zu stützen. Die in Rede stehenden Informationen fielen somit unter Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001, und ihre Verbreitung beeinträchtige daher ernstlich den Entscheidungsprozess der EMA im Rahmen des anhängigen Verwaltungsverfahrens und zukünftiger Verwaltungsverfahren. 109 Diese Argumente greifen nicht durch. Wie erstens die EMA zu Recht vorbringt, genießen die Inhaber der Genehmigungen für das Inverkehrbringen – die für deren Erlangung Daten über Sicherheitstests vorgelegt haben – am Ende des Genehmigungsverfahrens für das Inverkehrbringen Schutz ihrer Daten auf mehreren Ebenen. Zum einen kommt den Inhabern der Daten eine Schutzfrist für diese nach Art. 39 Abs. 10 der Verordnung Nr. 726/2004 zugute. Zum anderen gilt für sie ein Schutz der vertraulichen geschäftlichen Informationen, die in einer Akte zur Genehmigung für das Inverkehrbringen enthalten sind, einschließlich der Informationen betreffend die Herstellung des Erzeugnisses und der anderen technischen und industriellen Spezifikationen der für die Herstellung des Stoffs angewandten Qualitätsprozesse. In Anbetracht dieser Garantien kann der Zugang zu den Studienberichten der Gruppe 1, sobald die Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde, die Interessen der Klägerinnen a priori nicht beeinträchtigen. 110 Zweitens stellt der Umstand, dass andere Daten im Rahmen neuer Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen wiederverwendet werden könnten, für sich genommen keinen Grund für die Annahme dar, dass diese Informationen vertraulich sind oder dass sie den Entscheidungsprozess im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen könnten. Wie oben in Rn. 46 ausgeführt, achtete die EMA im angefochtenen Beschluss darauf, dass die Daten, die sich nicht auf die bereits genehmigte Indikation beziehen, und diejenigen, die mit den zukünftigen Entwicklungsprojekten im Zusammenhang stehen, vertraulich bleiben. 111 Drittens ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerinnen nichts vorgetragen haben, was den Schluss zulässt, dass die behauptete Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses ernstlich war. Nach der oben in den Rn. 98 und 99 angeführten Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der Feststellung in der vorstehenden Rn. 102 war es jedoch Sache der Klägerinnen, darzutun, dass der Zugang zu den Studienberichten der Gruppe 1 geeignet war, den Schutz des Entscheidungsprozesses der Kommission tatsächlich konkret zu beeinträchtigen, und dass diese Gefahr der Beeinträchtigung absehbar und nicht rein hypothetisch war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2008, Muñiz/Kommission, T‑144/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:596, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies darzutun war umso notwendiger, als die Erfordernisse des Schutzes des Entscheidungsprozesses weniger dringlich waren. 112 Als Zweites bringen die Klägerinnen erfolglos vor, dass die Verbreitung der Daten wie der Studienberichte der Gruppe 1 einen Anreiz für die Antragsteller der Genehmigungen für das Inverkehrbringen biete, der EMA nur ein Minimum an sensiblen Informationen anzuvertrauen, und im Wesentlichen eine kontraproduktive Wirkung habe. 113 Zum einen haben die pharmazeutischen Unternehmen, die für ihr Arzneimittel eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erlangen wollen, kein Interesse daran, der EMA möglichst wenig Informationen zu übermitteln, da ein solcher Ansatz ihre Erfolgsaussicht erheblich verringert. 114 Zum anderen kann die Anerkennung möglicher Vorbehalte eines pharmazeutischen Unternehmens, im Rahmen seines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels der EMA Informationen anzuvertrauen, weil diese nach der Verordnung Nr. 1049/2001 verbreitet werden könnten, nicht die Grundlage für eine ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 24. Mai 2011, Batchelor/Kommission, T‑250/08, EU:T:2011:236, Rn. 80). 115 Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: fehlende Interessenabwägung 116 Die Klägerinnen führen an, dass die EMA im angefochtenen Beschluss wiederholt beiläufig darauf hingewiesen habe, dass die Informationen jedenfalls verbreitet werden könnten, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse dies rechtfertige. Die EMA bezeichne jedoch weder die Art des öffentlichen Interesses noch die Gründe, aus denen es Vorrang vor den Interessen der Klägerinnen haben solle. Eine Auslegung von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 im Licht von Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens müsse jedoch ergeben, dass, wenn eine Gefahr des unlauteren Gebrauchs der Daten bestehe, ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung nur dann bestehe, wenn es erforderlich sei, die Öffentlichkeit zu schützen, wobei ein solches Erfordernis im vorliegenden Fall jedoch nicht bestehe. Zur Wahrung ihrer Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und zum Schutz ihrer beruflichen Daten und des Eigentumsrechts (einschließlich des geistigen Eigentums) hätte die EMA prüfen müssen, ob die Verbreitung gegenüber der Beeinträchtigung der Interessen der Klägerinnen verhältnismäßig gewesen sei und ob es möglicherweise andere Lösungen (wie eine unabhängigen universitären Forschern vorbehaltene Mitteilung) gegeben habe. Die von der EMA geltend gemachten Bedenken bezüglich der öffentlichen Gesundheit seien nicht geeignet, ein überwiegendes öffentliches Interesse zu begründen, da diese Gründe in Wahrheit nur auf allgemeine und nicht untermauerte Behauptungen gestützt seien. In diesem Sinne könne sich die EMA nicht auf ihren Auftrag im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Transparenzverpflichtung nach der Verordnung Nr. 1049/2001 berufen, um die Studienberichte der Gruppe 1 zu verbreiten, da die Verordnung Nr. 726/2004 bereits eine ausführliche Zugangsregelung einführe, die die Nichtverbreitung der in kommerzieller Hinsicht vertraulichen Daten vorsehe. 117 Die EMA tritt diesem gesamten Vorbringen entgegen. 118 Vorab ist die genaue Tragweite des von den Klägerinnen geltend gemachten vierten Klagegrundes zu bestimmen. Aus Rn. 111 der Klageschrift geht hervor, dass der der EMA gemachte Vorwurf, keine Interessenabwägung vorgenommen zu haben, erhoben wird, „nachdem der (insgesamt oder teilweise) vertrauliche Charakter der Studienberichte der Gruppe 1 festgestellt“ wurde. Der Klagegrund betrifft also nicht den – zeitlich früheren – Zeitpunkt, zu dem sich die EMA die Frage stellt, ob bestimmte Informationen vertraulich sind oder nicht. Die Argumentation der Klägerinnen in den Rn. 114 ff. der Klageschrift ist jedoch mehrdeutig und legt nahe, dass sie der EMA auch vorwerfen, im ersten Schritt ihrer Überlegungen, nämlich bei der Beurteilung, ob die bestimmte Informationen vertraulich sind oder nicht, keine Interessenabwägung vorgenommen zu haben. 119 Nach dieser Klarstellung ist der Klagegrund in erster Linie insoweit zu prüfen, als er sich auf das Fehlen einer Interessenabwägung bezieht, obwohl die streitigen Informationen vertraulich seien, und sodann hilfsweise insoweit, als er das Vorliegen einer der in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen betrifft. 120 Als Erstes ist zu beachten, dass nach Art. 4 Abs. 2 letzter Satzteil der Verordnung Nr. 1049/2001 die Unionsorgane den Zugang zu einem Dokument nicht verweigern, sofern seine Verbreitung durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist, selbst wenn diese Verbreitung den Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person oder den Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten der Unionsorgane beeinträchtigen würde (Urteil vom 7. Oktober 2014, Schenker/Kommission, T‑534/11, EU:T:2014:854, Rn. 74). In diesem Zusammenhang muss das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abgewogen werden, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 zufolge aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2010, Agapiou Joséphidès/Kommission und EACEA, T‑439/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:442, Rn. 136). 121 Das überwiegende öffentliche Interesse an der Verbreitung eines Dokuments muss sich zwar nicht unbedingt von den Grundsätzen unterscheiden, auf denen die Verordnung Nr. 1049/2001 aufbaut (Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 92), doch sind nach der Rechtsprechung bloß allgemeine Erwägungen nicht geeignet darzutun, dass der Transparenzgrundsatz eine besondere Dringlichkeit aufweist, die gegenüber den Gründen für die Verweigerung der Freigabe der fraglichen Dokumente schwerer wiegen könnte, und der Antragsteller muss konkret Umstände anführen, die ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der betroffenen Dokumente rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 93 und 94, und vom 23. September 2015, ClientEarth und International Chemical Secretariat/ECHA, T‑245/11, EU:T:2015:675, Rn. 193). 122 Zum einen ist die EMA, wie sie betont, nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Informationen durch eine Ausnahmeregelung wie die nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 hätten geschützt werden müssen. Aus diesem Grund war sie weder verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Verbreitung der Informationen zu bestimmen oder zu bewerten, noch, es gegen das Interesse der Klägerinnen abzuwägen, die Vertraulichkeit dieser Information zu wahren. 123 Zum anderen ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen, die EMA habe im angefochtenen Beschluss wiederholt beiläufig darauf hingewiesen, dass die Informationen jedenfalls verbreitet werden könnten, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe, ungenau und nicht untermauert ist. Die Klägerinnen bezeichnen nämlich nicht die Randnummern des angefochtenen Beschlusses, in denen sich die EMA auf das überwiegende öffentliche Interesse beziehen soll, und ermöglichen es somit nicht, den Kontext dieser Erwägungen zu berücksichtigen. 124 Als Zweites ist festzustellen, dass, sollte davon auszugehen sein, dass die Klägerinnen der EMA vorwerfen, bei der Prüfung des vertraulichen oder nicht vertraulichen Charakters jeder Information keine Interessenabwägung vorgenommen zu haben, die vorgebrachten Argumente nicht durchgreifen können. 125 Erstens beruht die Argumentation der Klägerinnen auf der unrichtigen Annahme, dass eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit bestehe. Die Prüfung des ersten Klagegrundes hat nämlich gezeigt, dass eine solche Vermutung für die Berichte über die vom Antrag auf Dokumentenzugang betroffenen Sicherheitsstudien nicht bestand. 126 Zweitens machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass die EMA unter Berücksichtigung aller Sonderbestimmungen der Verordnung Nr. 726/2004 hätte vorsichtig vorgehen müssen, als sie die Frage der Verbreitung der Studienberichte der Gruppe 1 nach der Verordnung Nr. 1049/2001 geprüft habe, und dass sie somit die Frage des überwiegenden öffentlichen Interesses in ihre Beurteilung hätte einbeziehen müssen. 127 Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 sieht jedoch ausdrücklich vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der EMA Anwendung findet. Diese ist daher aufgrund des in Art. 15 AEUV und in der Verordnung Nr. 1049/2001 niedergelegten Grundsatzes der Transparenz verpflichtet, Zugang zu den Dokumenten in ihrem Besitz zu gewähren, d. h. insbesondere zu den ihr im Rahmen von Anträgen auf Genehmigung für das Inverkehrbringen übermittelten Studienberichten. Nur wenn diese Dokumente unter eine der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 fallen, ist der Zugang zu ihnen zu verweigern. Daher sieht entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Verordnung Nr. 726/2004 keine Sonderregelung für den Dokumentenzugang vor, der vom allgemeinen Grundsatz der Transparenz nach der Verordnung Nr. 1049/2001 abwiche. 128 Die EMA hat daher keinen Rechtsfehler begangen, als sie das Kriterium des überwiegenden öffentlichen Interesses nicht in seine Beurteilung des vertraulichen oder nicht vertraulichen Charakters der Daten in den Studienberichten der Gruppe 1 einbezog. 129 Drittens machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 im Licht von Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens hätte ausgelegt und angewandt werden müssen. Da eine Gefahr des unlauteren Gebrauchs der Daten bestanden habe, hätten die Studienberichte der Gruppe 1 nur verbreitet werden können, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an dieser Verbreitung bestanden habe, wobei dieses Interesse nur habe bestehen können, wenn der Schutz der Öffentlichkeit erforderlich gewesen sei. Ein solches Interesse habe jedoch im vorliegenden Fall nicht bestanden. 130 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die von Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens erfassten „regulatorischen Daten“ sowohl durch Art. 39 Abs. 10 der Verordnung Nr. 726/2004 als auch durch Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt sind. Diese beiden Bestimmungen sehen nämlich Maßnahmen vor, die sicherstellen sollen, dass die Daten gegen unlauteren gewerblichen Gebrauch geschützt sind. Solche Maßnahmen entsprechen den Anforderungen von Art. 39 Abs. 3 a. E. des TRIPS-Übereinkommens. Es war somit Sache der Klägerinnen, darzulegen, inwiefern der von den oben angeführten Bestimmungen vorgesehene Schutz nicht hinreichend gewesen sein soll, so dass es erforderlich gewesen wäre, ein überwiegendes öffentliches Interesse darzutun. 131 Viertens sind die Klägerinnen der Auffassung, dass die EMA zur Wahrung ihrer Grundrechte auf Achtung des Privatlebens sowie zum Schutz ihrer beruflichen Daten und des Eigentumsrechts (einschließlich des geistigen Eigentums) hätte prüfen müssen, ob die Verbreitung gegenüber der Beeinträchtigung der Interessen der Klägerinnen verhältnismäßig gewesen sei und ob es möglicherweise andere Lösungen (wie eine unabhängigen universitären Forschern vorbehaltene Mitteilung) gegeben habe. Diese Argumente greifen indes nicht durch. Diese Frage ist nämlich im Kontext der Verordnung Nr. 1049/2001 zu prüfen. Wie jedoch die EMA zu Recht darlegt, geht aus der Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 726/2004 hervor, dass jeder Bürger vorbehaltlich der in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der EMA, einschließlich der von den pharmazeutischen Unternehmen für die Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgelegten Dokumente, hat. Im vorliegenden Fall hat sich die EMA darauf beschränkt, diese Bestimmungen anzuwenden. In Anbetracht des Fehlens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit der Studienberichte der Gruppe 1 konnte sie somit den Zugang zu diesen Berichten insgesamt nur verweigern, wenn sämtliche Informationen darin als geschäftlich vertrauliche Informationen angesehen worden wären, deren Verbreitung die geschäftlichen Interessen der Klägerinnen beeinträchtigen konnte, was diese nicht dargetan haben. Unter diesen Umständen konnte die EMA die Grundrechte der Klägerinnen durch die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht verletzen. 132 Was insoweit den der EMA gemachten konkreten Vorwurf anbelangt, nicht geprüft zu haben, ob die Verbreitung im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Interessen der Klägerinnen verhältnismäßig gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, die übrigen Teile des Dokuments freigegeben werden und dass der teilweise Zugang zu diesem Dokument nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2001, Rat/Hautala, C‑353/99 P, EU:C:2001:661, Rn. 27 und 28). 133 Nach der Rechtsprechung ergibt sich nämlich aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 selbst, dass ein Organ oder eine Einrichtung zu prüfen hat, ob zu Dokumenten, die Gegenstand eines Zugangsantrags sind, ein teilweiser Zugang in der Form zu gewähren ist, dass eine etwaige Zugangsverweigerung auf die Angaben beschränkt wird, die von den betreffenden Ausnahmen erfasst sind. Das Organ oder die Einrichtung hat einen solchen teilweisen Zugang zu gewähren, wenn das von ihm oder ihr mit der Verweigerung des Zugangs zum Dokument verfolgte Ziel dadurch erreicht werden kann, dass sich das Organ darauf beschränkt, die Stellen unkenntlich zu machen, die das geschützte öffentliche Interesse beeinträchtigen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Dezember 2001, Rat/Hautala, C‑353/99 P, EU:C:2001:661, Rn. 29, und vom 12. September 2013, Besselink/Rat, T‑331/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:419, Rn. 84). 134 Die eingehende Analyse der einzelnen im angefochtenen Beschluss enthaltenen Dokumente zeigt, dass die EMA den Antrag auf Dokumentenzugang unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, dessen Anwendung im Bereich des Zugangs zu Dokumenten in der oben in den Rn. 132 und 133 angeführten Rechtsprechung beschrieben worden ist, geprüft hat. 135 Fünftens sind nach Ansicht der Klägerinnen die von der EMA geltend gemachten Bedenken bezüglich der öffentlichen Gesundheit nicht geeignet, ein überwiegendes öffentliches Interesse darzutun, da diese Gründe in Wirklichkeit nur auf allgemeine und nicht untermauerte Behauptungen gestützt seien, die nicht spezifisch mit den Studienberichten der Gruppe 1 in Zusammenhang stünden. Dieses Argument ist zurückzuweisen, da die Klägerinnen keine Randnummer des angefochtenen Beschlusses anführen, in der die EMA auf Überlegungen bezüglich der öffentlichen Gesundheit hingewiesen hätte. Außerdem scheint die EMA ihren Beschluss, die Studienberichte der Gruppe 1 zu verbreiten, nicht auf Bedenken bezüglich der öffentlichen Gesundheit gestützt zu haben. Ausschlaggebend für den angefochtenen Beschluss waren allein Gründe, die die Frage betreffen, ob die betroffenen Dokumente unter eine der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen. 136 Sechstens ist der von den Klägerinnen gegenüber der EMA erhobene Vorwurf, sich für die Verbreitung der Dokumente auf die Sicherheit von Bravecto zu beziehen, aus Gründen, die den in der vorstehenden Rn. 135 angeführten entsprechen, irrelevant. Die Klägerinnen haben nämlich keine Randnummer des angefochtenen Beschlusses angeführt, die darauf hinwiese, dass sich die EMA für ihren Beschluss, die Studienberichte der Gruppe 1 zu verbreiten, auf die Sicherheit von Bravecto bezog. Wie die EMA zu Recht vorbringt, sind nach der allgemeinen Regel die Dokumente im Besitz der Unionsorgane öffentlich zugänglich. Somit musste festgestellt werden, ob die Studienberichte der Gruppe 1 insgesamt oder teilweise unter eine der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen. Da die EMA diese Ausnahmen im vorliegenden Fall nicht für anwendbar hielt, hatte sie keine Interessenabwägung vorzunehmen und erst recht nicht das die Verbreitung erlaubende überwiegende öffentliche Interesse zu bezeichnen und darzutun, wie sich aus der vorstehenden Rn. 128 ergibt. 137 Überdies ist der Hinweis angebracht, dass die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen Verwirrung stiften, indem sie den Eindruck erwecken, dass jede von der EMA beschlossene Verbreitung von Dokumenten im Rahmen ihrer Aufgabe des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und im Namen der öffentlichen Gesundheit erfolge, die sie als im überwiegenden öffentlichen Interesse liegend ansehe. Die Tatsache, dass die Auswirkung, die die betreffenden Dokumente auf die öffentliche Gesundheit haben können, einer der Gründe ist, aus denen der Unionsgesetzgeber die Transparenz verstärkt und das Recht auf Zugang zu den Dokumenten im Besitz u. a. der EMA eingeführt hat, bedeutet jedoch nicht, dass die Verbreitung von Dokumenten wie den Studienberichten der Gruppe 1 zwangsläufig im Namen des überwiegenden öffentlichen Interesses der öffentlichen Gesundheit erfolgt und das Erfordernis impliziert, eine Interessenabwägung vorzunehmen. Wie oben in den Rn. 135 und 136 ausgeführt, musste zunächst festgestellt werden, ob die Studienberichte der Gruppe 1 insgesamt oder teilweise unter eine der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen. 138 Nach alledem ist der vierte Klagegrund jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: unangemessene Interessenabwägung 139 Im Rahmen des fünften Klagegrundes bringen die Klägerinnen vor, dass jedenfalls eine angemessene Interessenabwägung, bei der die mit der Verordnung Nr. 726/2004 eingeführte Verbreitungsregelung, das TRIPS-Übereinkommen, die Grundrechte der Klägerinnen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt worden wären, offensichtlich zu einem für sie günstigen Ergebnis geführt hätte. Der EPAR habe bereits die geeigneten Informationen öffentlich zugänglich gemacht und das Teilen der in den Studienberichten der Gruppe 1 enthaltenen Daten aus Gründen der öffentlichen Gesundheit hätte nach Modalitäten erfolgen können, die die Rechte des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen weniger beeinträchtigten (z. B. durch einen beschränkten und bedingten Zugang). Außerdem sei hinsichtlich der Sicherheit von Bravecto keine Befürchtung geäußert worden, die eine besondere Prüfung gerechtfertigt hätte. 140 Die EMA wiederholt, dass die Dokumente nicht als vertrauliche geschäftliche Informationen eingestuft werden könnten und sie daher nicht ein die Verbreitung rechtfertigendes überwiegendes öffentliches Interesse gegen die Nichtübermittlung der Dokumente habe abwägen können. 141 Der von den Klägerinnen geltend gemachte fünfte Klagegrund beruht erneut auf der Annahme, dass die Studienberichte der Gruppe 1 oder ein Teil davon vertraulich seien. Aus der Prüfung der vorstehenden Klagegründe geht jedoch hervor, dass die EMA rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass keine vertraulichen Informationen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorlagen und sie daher das besondere Interesse an der Vertraulichkeit nicht gegen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung abzuwägen hatte. 142 Die Prüfung der ersten vier Klagegründe hat auch ergeben, dass dieser Ansatz der EMA mit dem TRIPS-Übereinkommen, den Grundrechten der Klägerinnen auf Achtung des Privatlebens sowie auf Schutz ihrer beruflichen Daten und des Eigentumsrechts und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stand. 143 Folglich kann der EMA keine unangemessene Interessenabwägung vorgeworfen werden. 144 Der fünfte Klagegrund ist daher jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 145 Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Kosten 146 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen im Verfahren in der Hauptsache unterlegen sind, sind sie entsprechend dem Antrag der EMA zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu verurteilen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die MSD Animal Health Innovation GmbH und die Intervet international BV tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes. Prek Buttigieg Berke Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Februar 2018. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 aufgrund einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 Zum zweiten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 als vertrauliche geschäftliche Informationen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 Zum dritten Klagegrund: Schutz der Studienberichte der Gruppe 1 nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gegen Beeinträchtigungen des Entscheidungsprozesses Zum vierten Klagegrund: fehlende Interessenabwägung Zum fünften Klagegrund: unangemessene Interessenabwägung Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 25. Oktober 2017.#Arnaldo Lucaccioni gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Belastung durch Asbest und andere Stoffe – Berufskrankheit – Art. 73 des Statuts – Gemeinsame Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten – Art. 14 – Art. 266 AEUV – Ermessensmissbrauch – Ärzteausschuss – Kollegialitätsprinzip – Verstoß des Ärzteausschusses gegen den ihm erteilten Auftrag – Begründungspflicht – Schadensersatzklage – Verfahrensdauer – Immaterieller Schaden.#Rechtssache T-551/16.
62016TJ0551
ECLI:EU:T:2017:751
2017-10-25T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Dritte erweiterte Kammer) vom 7. Juni 2017.#Guardian Europe Sàrl gegen Europäische Kommission und Gerichtshof der Europäischen Union.#Außervertragliche Haftung – Vertretung der Union – Verjährung – Beseitigung der Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung – Genauigkeit der Klageschrift – Zulässigkeit – Art. 47 der Charta der Grundrechte – Angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens – Gleichbehandlung – Materieller Schaden – Erlittene Verluste – Entgangener Gewinn – Immaterieller Schaden – Kausalzusammenhang.#Rechtssache T-673/15.
62015TJ0673
ECLI:EU:T:2017:377
2017-06-07T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62015TJ0673 URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer) 7. Juni 2017 (*1) „Außervertragliche Haftung — Vertretung der Union — Verjährung — Beseitigung der Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung — Genauigkeit der Klageschrift — Zulässigkeit — Art. 47 der Charta der Grundrechte — Angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens — Gleichbehandlung — Materieller Schaden — Erlittene Verluste — Entgangener Gewinn — Immaterieller Schaden — Kausalzusammenhang“ In der Rechtssache T‑673/15 Guardian Europe Sàrl mit Sitz in Bertrange (Luxemburg), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Louis und C. O’Daly, Solicitor, Klägerin, gegen Europäische Union, vertreten durch: 1. Europäische Kommission, Prozessbevollmächtigte: N. Khan, A. Dawes und P. van Nuffel als Bevollmächtigte, 2. Gerichtshof der Europäischen Union, Prozessbevollmächtigte: J. Inghelram und K. Sawyer als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch die Dauer des Verfahrens in der mit dem Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entschiedenen Rechtssache und durch den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 endg. der Kommission vom 28. November 2007 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39165 – Flachglas) und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein soll, erlässt DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richterin I. Labucka sowie der Richter E. Bieliūnas (Berichterstatter), V. Kreuschitz und I. S. Forrester, Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2017 folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Guardian Industries Corp. und die Klägerin, die Guardian Europe Sàrl, erhoben mit Klageschrift, die am 12. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts einging, eine Klage gegen die Entscheidung K(2007) 5791 endg. der Kommission vom 28. November 2007 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39165 – Flachglas) (im Folgenden: Entscheidung K(2007) 5791). In der Klageschrift beantragten die Klägerinnen im Wesentlichen, die Entscheidung für teilweise nichtig zu erklären, soweit sie die Klägerinnen betreffe, und die mit der Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen. 2 Mit Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), wies das Gericht die Klage ab. 3 Mit Rechtsmittelschrift, die am 10. Dezember 2012 einging, legten Guardian Industries und die Klägerin ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), ein. 4 Mit Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), hat der Gerichtshof erstens das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), aufgehoben, soweit damit der auf einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bei der Berechnung des Betrags der gegen Guardian Industries und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße gestützte Klagegrund zurückgewiesen worden ist und diese beiden Unternehmen zur Tragung der Kosten verurteilt worden sind. Zweitens hat der Gerichtshof Art. 2 der Entscheidung K(2007) 5791 für nichtig erklärt, soweit damit die gegen Guardian Industries und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße auf 148000000 Euro festgesetzt wird. Drittens hat der Gerichtshof die gegen Guardian Industries und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen aufgrund der in Art. 1 der Entscheidung K(2007) 5791 festgestellten Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße auf 103600000 Euro festgesetzt. Viertens hat der Gerichtshof das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Fünftens hat der Gerichtshof die Kosten geteilt. II. Verfahren und Anträge der Parteien 5 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 19. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage gegen die Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, erhoben. 6 Am 17. Februar 2016 hat das Gericht die vorliegende Rechtssache an die Dritte erweiterte Kammer verwiesen. 7 Die Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union haben am 16. bzw. am 18. Februar 2016 eine Klagebeantwortung eingereicht. 8 Die Klägerin hat am 22. April 2016 eine Erwiderung eingereicht. Der Gerichtshof der Europäischen Union und die Kommission haben am 25. Mai bzw. am 7. Juni 2016 eine Gegenerwiderung eingereicht. 9 Am 12. September 2016 hat das Gericht festgestellt, dass es für die Vorbereitung der Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache und deren Beilegung in Anbetracht ihres Gegenstands erforderlich ist, dass ihm die Akten der dem Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), zugrunde liegenden Rechtssache (im Folgenden: Rechtssache T‑82/08) zur Verfügung stehen. Deshalb hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung beschlossen, die Akten der Rechtssache T‑82/08 im vorliegenden Verfahren beizuziehen. 10 Am 14. Dezember 2016 hat das Gericht die Klägerin aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen und eine Frage zu beantworten. Die Klägerin ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 11 Am 16. Dezember 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zustellung der Akten der Rechtssache T‑82/08 beantragt. 12 Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Januar 2017 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 13 Die Klägerin beantragt, — die Union, vertreten durch die Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, zum Ersatz des Schadens, der der Klägerin dadurch entstanden ist, dass das Gericht die Anforderungen im Zusammenhang mit der Wahrung einer angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens verkannt hat, durch Zahlung der nachstehenden Beträge zuzüglich Zinsen ab dem 12. Februar 2010 in Höhe des zum maßgeblichen Zeitpunkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihre Refinanzierungsgeschäfte angewandten Durchschnittszinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten zu verurteilen: — Kosten einer Bankbürgschaft in Höhe von 936000 Euro; — Opportunitätskosten oder entgangener Gewinn in Höhe von 1671000 Euro; — immaterieller Schaden in Höhe von 14800000 Euro; — die Union, vertreten durch die Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, zum Ersatz des Schadens, der ihr durch den Verstoß der Kommission und des Gerichts gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden ist, durch Zahlung der nachstehenden Beträge zuzüglich Zinsen in Höhe des zum maßgeblichen Zeitpunkt von der EZB auf ihre Refinanzierungsgeschäfte angewandten Durchschnittszinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten zu verurteilen: — Kosten einer Bankbürgschaft in Höhe von 1547000 Euro; — Opportunitätskosten oder entgangener Gewinn in Höhe von 9292000 Euro; — immaterieller Schaden in Höhe von 14800000 Euro; — den Beklagten die Kosten aufzuerlegen. 14 Die Kommission beantragt, — die Klage, soweit sie gegen sie gerichtet ist, abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 15 Der Gerichtshof der Europäischen Union beantragt, — den Antrag auf Entschädigung als unzulässig zurückzuweisen, soweit er die Schäden vor dem 19. November 2010 und den Ersatz eines materiellen Schadens im Zusammenhang mit Opportunitätskosten oder entgangenem Gewinn betrifft; — den Antrag auf Entschädigung jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen, soweit er den materiellen wie auch den immateriellen Schaden betrifft; — hilfsweise, den Antrag auf Entschädigung als unbegründet zurückzuweisen, soweit er den materiellen Schaden betrifft, und nach billigem Ermessen einen Ersatz des immateriellen Schadens in Höhe von höchstens 5000 Euro zuzuerkennen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Zulässigkeit 16 Die Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union erheben mehrere Einreden der Unzulässigkeit. 1. Zur Zulässigkeit des Schadensersatzantrags, der mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens begründet wird, soweit er gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichtet ist 17 Die Kommission macht geltend, der Antrag auf Ersatz des Schadens, der durch einen Verstoß gegen die Anforderungen im Zusammenhang mit der Wahrung einer angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens (im Folgenden: angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens) entstanden sein solle, sei insoweit unzulässig, als er gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichtet sei, da die Klägerin im Rahmen dieses Antrags keine Rügen gegen sie erhebe. 18 Dazu genügt der Hinweis, dass im Rahmen einer Klage auf Ersatz des Schadens, der durch einen Verstoß gegen die Anforderungen im Zusammenhang mit der Wahrung einer angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens durch ein Unionsgericht entstanden sein soll, die Union vom Gerichtshof der Europäischen Union vertreten wird (vgl. Beschlüsse vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union, T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2, Rn. 14 bis 19 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 2. Februar 2015, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:80, Rn. 22 bis 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 19 Folglich ist der Antrag auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein soll, insoweit unzulässig, als er sich gegen die Union, vertreten durch die Kommission, richtet. 2. Zu den Unzulässigkeitseinreden wegen Verjährung 20 Die Kommission macht geltend, der Antrag auf Ersatz des Schadens, der durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden sein solle, sei insoweit unzulässig, als er gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichtet sei. Nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei der Antrag nämlich nur zulässig, soweit er sich auf den Ersatz von Schäden richte, die weniger als fünf Jahre vor Erhebung der Klage in der vorliegenden Rechtssache, d. h. nach dem 19. November 2010, entstanden seien. Da die Klägerin jedoch beanstande, dass das Gericht die Entscheidung K(2007) 5791 nicht spätestens am 12. Februar 2010 wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung für nichtig erklärt habe, ergebe sich aus deren Vorbringen, dass die Schäden, die der Klägerin zufolge nach dem 12. Februar 2010 entstanden seien, vollständig dem Gerichtshof der Europäischen Union anzulasten seien. 21 Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, dass beide Schadensersatzanträge verjährt seien, soweit sie Schäden beträfen, die vor dem 19. November 2010 entstanden seien. Folglich seien die Schadensersatzanträge unzulässig, soweit sie Zeiträume vor diesem Datum beträfen. 22 In Bezug auf den Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden sein sollen, macht die Klägerin geltend, dass ihr Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 5791 die Verjährungsfrist nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union unterbrochen habe. Was im Übrigen ihren Antrag auf Ersatz der Schäden betrifft, die durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden sein sollen, tritt die Klägerin dem Vorbringen des Gerichtshofs der Europäischen Union entgegen. 23 Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, bestimmt: „Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Unionsorgan geltend macht. …“ 24 Vorliegend beantragt die Klägerin den Ersatz der Schäden, die ihr zum einen durch die Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und zum anderen durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein sollen. Die materiellen Schäden, die durch diese Verstöße entstanden seien, bestünden erstens aus der Zahlung von Kosten einer Bankbürgschaft für den nicht unmittelbar entrichteten Betrag der Geldbuße (im Folgenden: Kosten einer Bankbürgschaft) und zweitens aus dem entgangenen Gewinn aufgrund der Differenz zwischen den von der Kommission zurückgezahlten Zinsen auf den Teil der Geldbuße, den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe, und den Einnahmen, die die Klägerin hätte erzielen können, wenn sie den Betrag, den der Gerichtshof letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe, nicht der Kommission gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte (im Folgenden: entgangener Gewinn). Im Übrigen beantragt die Klägerin den Ersatz eines immateriellen Schadens, der durch eine Beeinträchtigung ihres Rufes entstanden sei. 25 Zu prüfen ist erstens die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz der Schäden, die durch den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden sein sollen, und zweitens die Verjährung der Ansprüche auf Ersatz der Schäden, die durch die behaupteten hinreichend qualifizierten Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden sein sollen. a) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens begründet wird 26 In dem speziellen Fall einer Schadensersatzklage, die auf den Ersatz eines Schadens gerichtet ist, der durch einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden sein soll, muss, wenn eine Entscheidung die streitige Verfahrensdauer beendet hat, der Beginn der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten fünfjährigen Verjährungsfrist auf den Tag gelegt werden, an dem die Entscheidung erlassen wurde. Dieser Tag ist nämlich ein bestimmter Zeitpunkt, der anhand objektiver Kriterien festgelegt wird. Er garantiert die Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und ermöglicht den Schutz der Rechte der Klägerin (Urteil vom 10. Januar 2017, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, EU:T:2017:1, Rn. 47). 27 Vorliegend verlangt die Klägerin mit ihrem ersten Antrag den Ersatz des Schadens, der durch den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein soll. Diese Rechtssache wurde durch das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), abgeschlossen. Folglich begann die Verjährungsfrist am 27. September 2012. 28 Die Klägerin hat ihre Klage in der vorliegenden Rechtssache am 19. November 2015, d. h. vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, erhoben und damit die Verjährungsfrist unterbrochen. 29 Folglich ist der Anspruch, der in der vorliegenden Rechtssache geltend gemacht wird, insoweit nicht verjährt, als er einen Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen, zum Gegenstand hat. 30 Nach alledem ist die Einrede der Unzulässigkeit, die vom Gerichtshof der Europäischen Union erhoben worden ist und mit der Verjährung des Antrags auf Ersatz der Schäden begründet wird, die durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen, zurückzuweisen. b) Zur Verjährung der Schadensersatzansprüche, die mit hinreichend qualifizierten Verstößen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung begründet werden 31 Es ist zu differenzieren zwischen der Verjährung des Anspruchs, mit dem ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 geltend gemacht wird, und der Verjährung des Anspruchs, mit dem ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), geltend gemacht wird. 1) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem hinreichend qualifizierten Verstoß in der Entscheidung K(2007) 5791 begründet wird 32 Nach der Rechtsprechung beginnt in Fällen, in denen die Haftung der Union ihre Ursache möglicherweise in einer individuellen Entscheidung hat, die Verjährungsfrist zu laufen, wenn die Folgen der betreffenden Entscheidung gegenüber den Personen, an die sie gerichtet ist, eingetreten sind. Eine andere Rechtsauffassung liefe darauf hinaus, den Grundsatz der Eigenständigkeit der Klagen dadurch in Frage zu stellen, dass das Verfahren der Schadensersatzklage vom Ausgang einer Nichtigkeitsklage abhängig gemacht würde (Urteil vom 19. April 2007, Holcim (Deutschland)/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 30, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 38). 33 Als Erstes ist in Bezug auf die behaupteten materiellen Schäden zunächst festzustellen, dass die geltend gemachten Schadensfolgen der Entscheidung K(2007) 5791 gegenüber der Klägerin zwangsläufig bereits mit dem Erlass der Entscheidung, mit der eine Geldbuße gegen die Klägerin verhängt worden ist, eingetreten sind. Im Übrigen kann die Verjährungsfrist entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht durch ihren Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 5791 unterbrochen worden sein. Für die Auslösung des Laufs der Verjährungsfrist ist es nämlich unerheblich, dass das rechtswidrige Verhalten der Union durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2007, Holcim (Deutschland)/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 31). 34 Somit hätte die Klägerin eine Klage auf Feststellung der außervertraglichen Haftung der Union aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 von dem Zeitpunkt an erheben können, zu dem die Ursache der geltend gemachten Schäden feststand, also im vorliegenden Fall ab Stellung der Bankbürgschaft für einen Teil des Betrags der Geldbuße und ab Zahlung der Geldbuße für den anderen Teilbetrag (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2007, Holcim (Deutschland)/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 32). 35 Im Übrigen begann die Verjährung erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die behaupteten materiellen Schäden tatsächlich eingetreten waren, d. h. ab dem Zeitpunkt, zu dem erstmals die Kosten der Bankbürgschaft anfielen und sich der entgangene Gewinn zeigte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 2007, Holcim (Deutschland)/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 33, und vom 17. Juli 2008, Kommission/Cantina sociale di Dolianova u. a., C‑51/05 P, EU:C:2008:409, Rn. 63). 36 Somit hätten sich, ihr Nachweis unterstellt, die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden, die aus der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft und entgangenem Gewinn aufgrund eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 bestehen sollen, zum Zeitpunkt der Zahlung der ersten Kosten der Bankbürgschaft und zu dem Zeitpunkt, zu dem der geltend gemachte entgangene Gewinn sich zu manifestieren begonnen hätte, d. h. mehr als fünf Jahre vor Erhebung der vorliegenden Klage, gezeigt. 37 Die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden bestehen zum einen aus den Beträgen, die sie einer Bank für die Gewährung einer Bürgschaft habe zahlen müssen, und zum anderen aus dem oben in Rn. 24 genannten entgangenen Gewinn. Dem Akteninhalt ist jedoch zu entnehmen, dass sich der Betrag der geltend gemachten materiellen Schäden nach Maßgabe der Zahl der verstrichenen Tage erhöht haben soll. 38 Somit sind die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden sukzessiv eingetreten. 39 Im Fall eines sukzessiv eingetretenen Schadens erfasst die Verjährung gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union die mehr als fünf Jahre vor der Unterbrechungshandlung liegende Zeit, ohne die später entstandenen Ansprüche zu berühren (Urteil vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 70, vgl. auch Urteil vom 16. Dezember 2015, Chart/SEAE, T‑138/14, EU:T:2015:981, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 40 Da die Klägerin ihre Klage in der vorliegenden Rechtssache am 19. November 2015 erhoben und damit die Verjährung unterbrochen hat, ist der Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden, die durch den behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen, insoweit verjährt, als er materielle Schäden betrifft, die vor dem 19. November 2010 entstanden sind. 41 Als Zweites ist zum geltend gemachten immateriellen Schaden, der aus einer Beeinträchtigung des Rufes der Klägerin bestehen soll, festzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift geltend macht, der Schaden sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden, d. h. am 28. November 2007. 42 Die Beeinträchtigung des Rufes ist, auch wenn sie unterschiedliche Formen annehmen kann, im Allgemeinen ein Schaden, der täglich aufs Neue entsteht und so lange andauert, bis die mutmaßliche Ursache der Rufbeeinträchtigung behoben wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ursache der behaupteten Beeinträchtigung eine Entscheidung der Kommission sein soll, die zunächst erlassen und mittels einer Pressemitteilung bekannt gemacht wird und anschließend im Amtsblatt der Europäischen Union in Form einer Zusammenfassung veröffentlicht wird. 43 Folglich ist der immaterielle Schaden, den die Klägerin mit einer Beeinträchtigung ihres Rufes begründet und der durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein soll, sukzessiv eingetreten. 44 Nach der oben in Rn. 39 angeführten Rechtsprechung ist der Schadensersatzanspruch insoweit verjährt, als er den Ersatz einer Rufbeeinträchtigung betrifft, die vor dem 19. November 2010 erfolgte. 45 Als Drittes ist das Argument der Kommission zurückzuweisen, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich, dass die Schäden, die für den Zeitraum nach dem 12. Februar 2010 geltend gemacht würden, vollständig dem Gerichtshof der Europäischen Union anzulasten seien. Zum einen stützt sich dieses Argument auf eine unzutreffende Auslegung des Inhalts der Schriftsätze der Klägerin. Zum anderen hatte das Gericht vor dem 27. September 2012 nicht über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung K(2007) 5791 gemessen am Grundsatz der Gleichbehandlung entschieden. 46 Nach alledem ist der Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden und des immateriellen Schadens, die der Klägerin durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen, insoweit verjährt, als er sich auf Schäden bezieht, die vor dem 19. November 2010 entstanden sein sollen. 2) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem hinreichend qualifizierten Verstoß im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), begründet wird 47 Die Schäden, die durch den behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein sollen, sind zwangsläufig nach dem Tag der Urteilsverkündung entstanden. 48 Folglich ist die vorliegende Schadensersatzklage nicht von der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten Verjährung betroffen, da sie am 19. November 2015 und somit weniger als fünf Jahre nach dem Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), erhoben worden ist. 49 Aus diesem Grund ist der Anspruch auf Ersatz der Schäden, die durch den behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein sollen, nicht verjährt. 3. Zu den Unzulässigkeitseinreden, die damit begründet werden, dass der Ersatz des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitige 50 Nach Auffassung der Kommission und des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Anträge der Klägerin auf Ersatz des oben in Rn. 24 genannten entgangenen Gewinns zurückzuweisen. Die Union habe der Klägerin nämlich bereits nach dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), Zinsen in Höhe von 988620 Euro gezahlt. Wenn die Klägerin diesen Betrag nicht für ausreichend gehalten habe, hätte sie eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Kommission vom Dezember 2014, in der die Höhe der Zinsen festgelegt worden sei, erheben müssen, was sie nicht getan habe. 51 Die Kommission weist ferner darauf hin, dass sie nach dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), der Klägerin nach Art. 90 Abs. 4 ihrer Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) Zinsen gezahlt habe. Diese Vorschrift begrenze den Rückzahlungsbetrag auf den unrechtmäßigen Betrag der Geldbuße einschließlich der aufgelaufenen Zinsen gemäß Art. 90 Abs. 2 der Delegierten Verordnung, wonach die Beträge umsichtig und folglich mit einem relativ bescheidenen Ertrag anzulegen seien. Die Klägerin habe es jedoch unterlassen, Art. 90 Abs. 4 der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012 mit einer Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV anzufechten. 52 Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. 53 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer außervertraglichen Haftung der Union für Handlungen oder Unterlassungen ihrer Organe als ein gegenüber anderen Klagen selbständiger Rechtsbehelf mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten geschaffen und von Voraussetzungen abhängig gemacht worden, die ihrem besonderen Zweck angepasst sind (Urteile vom 28. April 1971, Lütticke/Kommission, 4/69, EU:C:1971:40, Rn. 6, vom 12. April 1984, Unifrex/Kommission und Rat, 281/82, EU:C:1984:165, Rn. 11, und vom 10. Juli 2014, Nikolaou/Rechnungshof, C‑220/13 P, EU:C:2014:2057, Rn. 54). 54 Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Dezember 2014 den Betrag der Geldbuße erstattet, den die Klägerin gezahlt hatte und den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden hat. Darüber hinaus hat die Kommission auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 988620 Euro gezahlt. 55 Somit ist die Kommission, als sie im Dezember 2014 den Betrag der Geldbuße, der im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), für zu Unrecht gezahlt befunden worden ist, zuzüglich Zinsen erstattet hat, dem Urteil gemäß Art. 90 Abs. 4 der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012 nachgekommen, wonach u. a. nach Ausschöpfung des Rechtswegs und der Aufhebung oder Verringerung der Geldbuße oder Vertragsstrafe die unrechtmäßigen Beträge, einschließlich der etwa aufgelaufenen Zinsen, dem betreffenden Dritten zurückgezahlt werden. 56 Nach Art. 266 Abs. 2 AEUV besteht für das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die Verpflichtung, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung des Art. 340 Abs. 2 AEUV ergeben. 57 Im Übrigen hat das Gericht bereits entschieden, dass Art. 266 AEUV die Verwaltung nur dann verpflichtet, den zusätzlichen Schaden, der möglicherweise aus der für nichtig erklärten rechtswidrigen Handlung entstanden ist, zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen von Art. 340 Abs. 2 AEUV erfüllt sind (Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 62). 58 Hier beruft sich die Klägerin, die u. a. einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 geltend macht, gerade darauf, dass die Voraussetzungen von Art. 340 Abs. 2 AEUV erfüllt seien und es Gegenstand dieser Klage sei, das Vorliegen der Voraussetzungen zu beurteilen. 59 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme geltend macht, mit der die Kommission ihr im Dezember 2014 die Zinsen gezahlt hat. 60 Zweitens ist die in der vorliegenden Rechtssache erhobene Schadensersatzklage nicht darauf gerichtet, die Klägerin in finanzieller Hinsicht wieder in die Lage zu versetzen, in der sie gewesen wäre, wenn die Kommission die Maßnahme im Dezember 2014 nicht ergriffen hätte. Mit anderen Worten bezweckt die vorliegende Klage nicht das gleiche Ergebnis wie eine Nichtigkeitsklage gegen die Maßnahme vom Dezember 2014. 61 Die Klägerin beantragt nämlich zum einen den Ersatz des oben in Rn. 24 genannten entgangenen Gewinns. Folglich beantragt sie weder die Erstattung des Betrags der Geldbuße, der im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden worden ist, noch die Zahlung von Zinsen, die auf diesen Betrag aufgelaufen sind, als er im Besitz der Kommission war. 62 Zum anderen könnte eine etwaige Nichtigerklärung der Maßnahme vom Dezember 2014 nicht dazu führen, dass der Klägerin ein Betrag in Höhe des geltend gemachten entgangenen Gewinns und somit ein Betrag, der die von der Kommission gezahlten Zinsen übersteigt, gezahlt würde. 63 Es ist daher festzustellen, dass die Klägerin den Ersatz eines Schadens beantragt, der sich zum einen von dem Schaden unterscheidet, der durch eine fehlerhafte Durchführung des Urteils vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), entstanden sein soll, und zum anderen über die Beträge hinausgeht, die die Kommission im Dezember 2014 erstattet hat. 64 Der Schadensersatzantrag, den die Klägerin wegen des geltend gemachten entgangenen Gewinns stellt, hat somit nicht das gleiche Ziel und die gleiche Wirkung wie eine etwaige Nichtigkeitsklage gegen die Maßnahme der Kommission vom Dezember 2014 und kann daher nicht als wegen Verfahrensmissbrauchs unzulässig angesehen werden. 65 Folglich sind die Unzulässigkeitseinreden, die damit begründet werden, dass der Ersatz des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Wirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitigen würde, zurückzuweisen. 4. Zur Unzulässigkeitseinrede, die mit der fehlenden Klarheit und Bestimmtheit der Klageschrift in Bezug auf den Antrag auf Ersatz des geltend gemachten immateriellen Schadens begründet wird 66 Die Kommission ist der Auffassung, der Antrag auf Ersatz des geltend gemachten immateriellen Schadens sei offensichtlich unzulässig, da die Klageschrift nur vage und unbewiesene Ausführungen enthalte, wonach die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße zu deren ungerechtfertigter Stigmatisierung geführt habe, da sie einen völlig falschen Eindruck von ihrer Rolle beim Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln erwecke. 67 In der Klageschrift wird jedoch ausgeführt, die behauptete Stigmatisierung beruhe auf dem Umstand, dass mit der Entscheidung K(2007) 5791 gegen die Klägerin die höchste Geldbuße verhängt worden sei, obwohl sie die kleinste Flachglasherstellerin und ihre Beteiligung am Kartell am kürzesten gewesen sei. Daraus hätten, so die Klägerin, zwischen dem Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung K(2007) 5791 und dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), das den Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße reduziert habe, Dritte den Schluss gezogen, dass die Klägerin eine besondere Verantwortung für das Kartell auf dem Flachglasmarkt trage. 68 Folglich enthält die Klageschrift hinreichend klare und genaue Angaben zu dem von der Klägerin geltend gemachten immateriellen Schaden. Anhand dieser Angaben konnte die Kommission zum einen die Argumentation der Klägerin nachvollziehen und zum anderen ihre Verteidigung vorbereiten. Zudem ermöglichen die Angaben dem Gericht, über die Klage zu entscheiden. 69 Die von der Kommission erhobene Unzulässigkeitseinrede, die mit fehlender Klarheit und Bestimmtheit der Klageschrift in Bezug auf den Antrag auf Ersatz des geltend gemachten immateriellen Schadens begründet wird, ist somit zurückzuweisen. 5. Ergebnis zur Zulässigkeit 70 Erstens ist der Anspruch auf Ersatz der Schäden, die durch einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen, insoweit unzulässig, als er gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichtet ist. 71 Zweitens ist der Anspruch auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen, insoweit verjährt, als er sich auf die materiellen Schäden und den immateriellen Schaden bezieht, die vor dem 19. November 2010 entstanden sein sollen. 72 Dagegen sind die Ansprüche auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), und einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen, nicht verjährt. 73 Zurückzuweisen sind drittens die Unzulässigkeitseinreden, die damit begründet werden, dass der Ersatz des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitigen würde, und die Unzulässigkeitseinrede, die mit fehlender Klarheit und Bestimmtheit der Klageschrift in Bezug auf den Antrag auf Ersatz des geltend gemachten immateriellen Schadens begründet wird. B. Zur Begründetheit 74 Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. 75 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 340 Abs. 2 AEUV, dass die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon abhängen, dass eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, tatsächliches Vorliegen eines Schadens und Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteile vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, EU:C:1982:318, Rn. 16, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 106). 76 Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden brauchen (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 81). Außerdem ist das Unionsgericht nicht verpflichtet, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 42, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 13). 77 Die Klägerin beantragt den Ersatz der Schäden, die ihr erstens durch hinreichend qualifizierte Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), und zweitens durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen. 1. Zu den Anträgen auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch hinreichend qualifizierte Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), entstanden sein sollen 78 Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe in der Entscheidung K(2007) 5791 die internen Verkäufe der vertikal integrierten Flachglashersteller von der Berechnung der gegen diese Hersteller verhängten Geldbußen ausgenommen. Zudem weist die Klägerin darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), die Entscheidung K(2007) 5791 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung für nichtig erklärt habe. Daher beantragt die Klägerin den Ersatz der Schäden, die ihr durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden seien. 79 Zweitens sei ihre Klage gegen die Entscheidung K(2007) 5791 mit dem Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), abgewiesen worden, obwohl sie mit dieser Klage die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße aufgrund der Diskriminierung durch den Ausschluss der internen Verkäufe von der Berechnung der gegen die vertikal integrierten Flachglashersteller verhängten Geldbußen beantragt habe. Zudem habe der Gerichtshof mit dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aufgehoben. Insofern beantragt die Klägerin den Ersatz der Schäden, die ihr durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden seien. a) Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen 80 Die Klägerin macht geltend, durch den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 seien ihr materielle Schäden und ein immaterieller Schaden entstanden, die zu ersetzen seien. 81 Nach ständiger Rechtsprechung muss der Schaden, für den im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher sein; insoweit ist der Kläger beweispflichtig (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, EU:C:2006:708, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist Sache des Klägers, schlüssige Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihm geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteil vom 16. September 1997, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, C‑362/95 P, EU:C:1997:401, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). 82 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung bezieht sich die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Organe und dem Schaden besteht (Urteile vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, EU:T:2005:453, Rn. 193, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, EU:C:1979:223, Rn. 21). Es obliegt dem Kläger, das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem beanstandeten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden zu beweisen (vgl. Urteil vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Die Begründetheit des Antrags der Klägerin ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen. 1) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 84 Die Klägerin macht geltend, durch den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 seien ihr zwei Arten von materiellen Schäden entstanden, nämlich erstens ein Schaden, der durch die Zahlung der Kosten für die Bankbürgschaft entstanden sei, und zweitens ein Schaden, der dem oben in Rn. 24 genannten entgangenen Gewinn entspreche. i) Vorbemerkungen 85 Als die Kommission der Klägerin ihre Entscheidung K(2007) 5791 mitteilte, wies sie die Klägerin darauf hin, dass, falls diese ein Verfahren vor dem Gericht oder dem Gerichtshof einleite, während der Anhängigkeit der Rechtssache keine Maßnahme zur Beitreibung der in der Entscheidung verhängten Geldbuße getroffen werde, sofern zwei Voraussetzungen vor dem Ablauf der Zahlungsfrist erfüllt seien. Nach Art. 86 Abs. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 357, S. 1) seien dies die beiden folgenden Voraussetzungen: Erstens müsse die Forderung der Kommission ab dem Ablauf der Zahlungsfrist in Höhe von 5,64 % verzinst werden, und zweitens müsse vor dem Zahlungstermin eine für die Kommission akzeptable Bankbürgschaft gestellt werden, die sowohl die Hauptschuld als auch Zinsen und Zuschläge abdecke. 86 Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache dargelegt, dass sie durch die Entscheidung K(2007) 5791 zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 148000000 Euro verurteilt worden sei. In einem ersten Schritt habe sie sofort den Betrag von 111000000 Euro gezahlt und eine Bankbürgschaft für den Restbetrag in Höhe von 37000000 Euro gestellt. In einem zweiten Schritt habe sie die Bankbürgschaft mit Wirkung vom 2. August 2013 aufgelöst und der Kommission den Betrag von 37000000 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5,64 %, d. h. 48263003 Euro, gezahlt. In einem dritten Schritt habe sich nach dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), mit dem die Geldbuße um 44400000 Euro herabgesetzt worden sei, herausgestellt, dass die angepasste Geldbuße in Höhe von 103600000 Euro von Anfang an durch die Zahlung des Betrags von 111000000 Euro gedeckt gewesen sei. Aus diesem Grund erstattete die Kommission der Klägerin den Betrag von 55663003 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 988620 Euro. Der Betrag von 55663003 Euro ergab sich durch Addition des Betrags, der der Kommission nach Auflösung der Bankgarantie gezahlt wurde, d. h. 48263003 Euro, und des Betrags von 7400000 Euro. Der Betrag von 7400000 Euro ergibt sich durch Abzug der letztlich geschuldeten Geldbuße in Höhe von 103600000 Euro von den sofort gezahlten 111000000 Euro. ii) Zur behaupteten Zahlung von Bankbürgschaftskosten und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 87 Die Klägerin macht geltend, sie habe für die Bankbürgschaft zwischen dem 4. März 2008 als dem Zeitpunkt des Haftungsbeginns der Bankbürgschaft und dem 2. August 2013 als dem Zeitpunkt der wirksamen Auflösung der Bankbürgschaft Kosten in Höhe von insgesamt 1547000 Euro gezahlt. Diese Kosten seien durch den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz entstanden. Wenn die Kommission nämlich den Betrag der Geldbuße in der Entscheidung K(2007) 5791 von vornherein auf 103600000 Euro festgesetzt hätte, wäre die Bankbürgschaft nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei der Klägerin, selbst wenn dieser Argumentation nicht gefolgt werde, jedenfalls ein Schadensersatz in Höhe von 1268935 Euro zu gewähren, der den Kosten der Bankbürgschaft entspreche, die zwischen dem 12. Februar 2010 als dem Zeitpunkt, an dem das Urteil des Gerichts in der Rechtssache T‑82/08 hätte verkündet werden müssen, und dem 2. August 2013 als dem Zeitpunkt der wirksamen Auflösung der Bankbürgschaft gezahlt worden seien. 88 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 89 Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin, die eine Klage gegen die Entscheidung K(2007) 5791 erhoben hatte, die Wahl, entweder die Geldbuße bei Fälligkeit zu zahlen, gegebenenfalls zuzüglich der Verzugszinsen zu dem Zinssatz, den die Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 festgelegt hatte, oder gemäß Art. 242 EG und den Art. 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 die Aussetzung der Durchführung der Entscheidung zu beantragen oder eine Bankbürgschaft zur Sicherung der Zahlung der Geldbuße und der Verzugszinsen zu den von der Kommission festgelegten Bedingungen zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 1995, CB/Kommission, T‑275/94, EU:T:1995:141, Rn. 54, und vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 122). 90 Die Entscheidung, für einen Teil der durch die Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße eine Bankbürgschaft zu stellen und den anderen Teilbetrag der Geldbuße zu zahlen, war dem freien Ermessen der Klägerin anheimgestellt und in keiner Weise zwingend. Mit anderen Worten war die Klägerin durch nichts daran gehindert, den Gesamtbetrag der Geldbuße bei Ablauf der in der Entscheidung K(2007) 5791 festgelegten Frist zu zahlen, obwohl sie vor dem Gericht Klage gegen diese Entscheidung erhoben hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, Knauf Gips/Kommission, T‑52/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:253, Rn. 498). 91 Wie aus der Klageschrift hervorgeht, entschied die Klägerin jedoch nach dem Erlass der Entscheidung K(2007) 5791, ihrer Verpflichtung zur sofortigen Zahlung der Geldbuße nicht vollständig nachzukommen, sondern im Einklang mit der von der Kommission eröffneten Möglichkeit eine Bankbürgschaft für einen Teil der Geldbuße zu stellen. 92 Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg behaupten, dass die von ihr gezahlten Kosten der Bankbürgschaft unmittelbar auf der Rechtswidrigkeit der Entscheidung K(2007) 5791 beruhten. Der von ihr geltend gemachte Schaden beruht nämlich unmittelbar und entscheidend auf ihrem eigenen, nach der Entscheidung K(2007) 5791 gefassten Entschluss, ihrer Verpflichtung zur Zahlung der gesamten Geldbuße nicht nachzukommen. Hätte sich die Klägerin für die sofortige Bezahlung der gesamten Geldbuße entschieden, wäre sie nicht gezwungen gewesen, Bankbürgschaftskosten für den nicht gezahlten Betrag der Geldbuße zu entrichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 123 und 124, Beschlüsse vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 38, und vom 4. September 2009, Inalca und Cremonini/Kommission, T‑174/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:306, Rn. 91 und 92). 93 Folglich ist, ohne dass über das Vorbringen der Kommission zu einem etwaigen Beitrag der Klägerin zu ihrem Schaden entschieden werden muss, das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft auszuschließen. 94 Somit ist der Antrag auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens, der in der Bezahlung von Bankbürgschaftskosten aufgrund eines behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 bestehen soll, zurückzuweisen. iii) Zum geltend gemachten entgangenen Gewinn und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 95 Die Klägerin macht zunächst geltend, die Zinsen, die die Kommission auf den Teil der Geldbuße zurückgezahlt habe, der mit dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden worden sei, beliefen sich für den gesamten Zeitraum von März 2008 bis November 2014 auf 988620 Euro. 96 Sodann führt sie aus, der Betrag dieser Zinsen sei viel niedriger als die Einnahmen, die sie hätte erzielen können, wenn sie den Betrag, den der Gerichtshof letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe, in ihr Unternehmen investiert hätte. Zur Stützung dieses Vorbringens legt die Klägerin den Bericht einer Prüfungs- und Beratungsgesellschaft vor, der eine Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten der Klägerin enthält. Die Verwendung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten beruhe darauf, dass ein Unternehmen mindestens seine Kapitalkosten erwirtschaften müsse, die den Minimalertrag darstellten, den Anleger verlangten, wenn sie einem Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen den Vorzug gäben. In Anwendung des Durchschnitts der Extremwerte der so definierten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten der Klägerin auf den Betrag von 7400000 Euro zwischen dem 4. März 2008 und dem 27. Juli 2013 und auf den Betrag von 48263003 Euro zwischen dem 27. Juli 2013 und dem 12. November 2014 hätte die Klägerin mindestens 10281000 Euro erwirtschaftet. Da sich die von der Kommission im Dezember 2014 gezahlten Zinsen auf etwa 989000 Euro belaufen hätten, sei der Klägerin folglich ein Gewinn in Höhe von 9292000 Euro entgangen. 97 Schließlich wäre der entgangene Gewinn unbestreitbar vermieden worden, wenn in der Entscheidung K(2007) 5791 kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung begangen worden wäre. 98 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 99 Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht die Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung aufgefordert hat, schriftliche Beweise dafür vorzulegen, dass sie der Kommission im März 2008 einen Betrag von 111000000 Euro und im Juli 2013 einen Betrag von 48263003 Euro gezahlt hat, wie sie in der Klageschrift behauptet. 100 Aus den Unterlagen, die die Klägerin auf diese Aufforderung hin vorgelegt hat, geht jedoch erstens hervor, dass Guardian Industries – und nicht die Klägerin – im März 2008 20 000 000 Euro an die Kommission gezahlt hat. 101 Zweitens belegen die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zwar, dass sie im März 2008 91 000 000 Euro an die Kommission gezahlt hat. Die Klägerin hatte jedoch vor dieser Zahlung, nämlich bereits im Januar 2008, mit jeder ihrer sieben operativen Tochtergesellschaften eine Vereinbarung getroffen, wonach jede Tochtergesellschaft ab dem 31. Dezember 2007 in buchungstechnischer und finanzieller Hinsicht einen Teil der mit der Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße zu tragen hatte. Ferner wurde durch Vereinbarungen, die im Dezember 2008 zwischen der Klägerin und ihren Tochtergesellschaften geschlossen wurden, die endgültige Aufteilung des von der Klägerin gezahlten Betrags von 91000000 Euro zwischen den genannten Tochtergesellschaften festgelegt. 102 Drittens geht aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hervor, dass jede der sieben operativen Tochtergesellschaften der Klägerin im Juli 2013 einen Teil des Betrags von 48263003 Euro an die Kommission gezahlt hat. 103 Folglich war die Klägerin durch die Zahlung der mit der Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße nicht persönlich belastet. Sie kann daher offensichtlich nicht geltend machen, ihr sei ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden, der aus der Differenz zwischen den von der Kommission zurückgezahlten Zinsen auf den Teil der Geldbuße, den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe, und den Einnahmen bestehe, die sie hätte erzielen können, wenn sie den fraglichen Betrag nicht der Kommission gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte. 104 Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Klägerin, Guardian sei in der Entscheidung K(2007) 5791 als ein einziges Unternehmen angesehen worden und alle Beträge seien von Einheiten gezahlt worden, die zum Unternehmen Guardian gehörten, nicht in Frage gestellt. 105 Die Klägerin hat nämlich kein Dokument vorgelegt, das sie ermächtigt, im Rahmen der vorliegenden Klage ihre sieben operativen Tochtergesellschaften zu vertreten, die jeweils die Zahlung eines Teils der mit der Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße übernommen haben. 106 Zweitens hat die Klägerin auch kein Dokument vorgelegt, das sie ermächtigt, im Rahmen der vorliegenden Klage Guardian Industries zu vertreten. Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf einen internen Vermerk berufen, der auf den 15. November 2015 datiert sei und den Guardian Industries der Klägerin übermittelt habe. Der Vermerk ist nämlich nicht von den Rechtsvertretern von Guardian Industries unterzeichnet. Zudem enthält der Vermerk keine ausdrückliche Ermächtigung der Klägerin, Guardian Industries im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu vertreten. Der Vermerk sieht nämlich nur vor, dass die Klägerin, wenn sie für die Kosten für die Bankbürgschaft entschädigt werde, 18 % der Entschädigung an Guardian Industries zu zahlen habe. Die Vereinbarung, die Guardian Industries und die Klägerin im März 2008 zur gemeinsamen Verantwortung getroffen haben, ist im vorliegenden Fall nicht relevant, da sie die Zahlung der von der Kommission verhängten Geldbuße und nicht die vorliegende Schadensersatzklage betrifft. 107 Somit ist der Antrag auf Ersatz des Gewinns, der der Klägerin durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entgangen sein soll, zurückzuweisen. 2) Zum geltend gemachten immateriellen Schaden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 108 Die Klägerin macht geltend, zwischen dem 28. November 2007 als dem Zeitpunkt der Entscheidung K(2007) 5791 und dem 12. November 2014 als dem Zeitpunkt des Urteils Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363) habe der in dieser Entscheidung begangene Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung einen falschen Eindruck von ihrer Rolle bei der Zuwiderhandlung erweckt. Diese Rufbeeinträchtigung müsse durch Gewährung einer Entschädigung in Höhe von 10 % der zunächst gegen die Klägerin verhängten Geldbuße wiedergutgemacht werden. 109 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 110 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die behauptete Rufbeeinträchtigung nicht mit dem falschen Eindruck, die Klägerin sei an einem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln beteiligt gewesen, verbunden ist. Im Übrigen richtete sich die Klage, die in der Rechtssache T‑82/08 vor dem Gericht erhoben wurde, nur auf die teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 5791. Außerdem hat die Klägerin im Rahmen des Rechtsmittels, das sie in der mit dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), entschiedenen Rechtssache eingelegt hat, die Würdigungen, auf die das Gericht die Zurückweisung des Antrags auf teilweise Nichtigerklärung gestützt hat, nicht beanstandet. 111 Somit würde die behauptete Rufbeeinträchtigung nur darin bestehen, dass die Entscheidung K(2007) 5791 einen falschen Eindruck von der Rolle der Klägerin bei der Zuwiderhandlung, an der sie tatsächlich beteiligt war, erweckt hätte. Der falsche Eindruck würde auf dem Umstand beruhen, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße höher war als die Geldbuße, die gegen die anderen Beteiligten der Zuwiderhandlung verhängt wurden (siehe oben, Rn. 67). 112 Erstens wird aber das Vorbringen der Klägerin nicht durch Beweise gestützt, die belegen, dass der behauptete hinreichend qualifizierte Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 aufgrund seiner Schwere geeignet war, über seine Wirkung im Zusammenhang mit der Kartellbeteiligung der Klägerin hinaus eine Auswirkung auf den Ruf der Klägerin zu haben. 113 Insofern beweist die Klägerin nicht, dass der behauptete hinreichend qualifizierte Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 geeignet war, ihren Ruf zu beeinträchtigen. 114 Zweitens ist, wenn man annimmt, dass der behauptete hinreichend qualifizierte Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 bei der Berechnung des Betrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße den Ruf der Klägerin beeinträchtigt hat, festzustellen, dass angesichts von Art und Schwere des Verstoßes der der Klägerin entstandene immaterielle Schaden dadurch ausreichend wiedergutgemacht wurde, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), die Entscheidung für nichtig erklärt und die Geldbuße herabgesetzt hat. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin sich auf die Erhebung einer Klage gegen die Entscheidung K(2007) 5791 berufen konnte und das Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), am Tag seiner Verkündung Gegenstand einer Pressemitteilung war, in der darauf hingewiesen wurde, dass das Unionsgericht den Betrag der Geldbuße, der gegen die Klägerin wegen ihrer Rolle im Flachglaskartell verhängt worden war, letztlich von 148000000 Euro auf 103600000 Euro herabgesetzt hatte. 115 Folglich ist der Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, der der Klägerin durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein soll, zurückzuweisen. 116 Nach der oben in Rn. 76 angeführten Rechtsprechung ist der Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen, somit insgesamt zurückzuweisen. b) Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), entstanden sein sollen 117 Die Klägerin macht geltend, der Fehler, der im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), begangen worden sei, stelle einen qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung dar, der sie geschädigt habe. 118 Zunächst stehe nämlich außer Frage, dass ein Urteil des Gerichts die außervertragliche Haftung der Union auslösen könne. Zum einen habe der Gerichtshof das Recht eines Klägers auf Schadensersatz im Fall eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens anerkannt. Zum anderen folge diese Haftung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die Gerichte eines Mitgliedstaats die Haftung dieses Staates auslösen könnten, wenn sie einem Kläger ein Recht versagten, das ihm durch die Unionsrechtsordnung verliehen werde (Urteil vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, EU:C:2003:513). 119 Sodann habe das Gericht nicht über einen Ermessensspielraum verfügt und den Ausschluss interner Verkäufe in der Entscheidung K(2007) 5791 nicht – wie geschehen – bestätigen können, wenn dies zu einer Bestrafung der einzigen nicht vertikal integrierten Adressatin der Entscheidung, d. h. der Klägerin, führe. 120 Schließlich stehe angesichts einer gefestigten Rechtsprechung zur Verpflichtung, interne Verkäufe zu berücksichtigen, außer Frage, dass das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), einen offensichtlichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung enthalte. 121 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt diesem Vorbringen entgegen. 122 Hierzu ist festzustellen, dass die Haftung der Union nicht durch den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung ausgelöst werden kann, die nicht von einem letztinstanzlichen Unionsgericht erlassen wurde und somit Gegenstand eines Rechtsmittels sein konnte. 123 Im Übrigen ist vorliegend der Fehler, der im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), begangen wurde, vom Gerichtshof im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), berichtigt worden, nachdem die Klägerin ein Rechtsmittel eingelegt hatte. 124 Allerdings hat eine Klägerin unbeschadet der Ausführungen in der vorstehenden Rn. 122 die Möglichkeit, sich in Ausnahmefällen auf die Haftung der Union aufgrund schwerwiegender Störungen des Gerichtswesens zu berufen, insbesondere aufgrund von Störungen verfahrensrechtlicher oder administrativer Art, die die Tätigkeit eines Unionsgerichts beeinträchtigen. Solche Störungen werden jedoch von der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Antrags, der sich auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung bezieht, nicht geltend gemacht. 125 Folglich ist der Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen behaupteten qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein sollen, zurückzuweisen. 126 Nach alledem sind die Anträge auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin zum einen durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und zum anderen durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein sollen, zurückzuweisen. 2. Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen 127 Die Klägerin macht erstens geltend, in der Rechtssache T‑82/08 sei gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens verstoßen worden. Zweitens trägt sie vor, dass ihr durch den Verstoß Schäden entstanden seien, die ersetzt werden müssten. a) Zum Vorwurf des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 128 Die Klägerin macht geltend, in der Rechtssache T‑82/08 sei gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens verstoßen und insofern ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm der Union begangen worden, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. 129 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt diesem Vorbringen entgegen. Erstens könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), endgültig darüber entschieden worden sei, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens vorliege. Zweitens sei das Vorbringen der Klägerin, die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 betrage zwei Jahre, angesichts der festgestellten durchschnittlichen Verfahrensdauer vor dem Gericht zwischen 2006 und 2010 in Rechtssachen betreffend die Anwendung des Wettbewerbsrechts völlig unrealistisch. Drittens könne die Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens nicht auf der Grundlage einer pauschalen Dauer beurteilt werden, sondern sei anhand der Umstände der jeweiligen Rechtssache und insbesondere im Hinblick auf das etwaige Vorliegen eines ungewöhnlich langen Zeitraums der Untätigkeit zu beurteilen. Was viertens den Zeitraum zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens betreffe, sei die etwaige Dauer einer unerklärten Untätigkeit bei der Behandlung der Rechtssache T‑82/08 viel begrenzter, als die Klägerin behaupte. Der Zeitraum von drei Jahren und fünf Monaten, der zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens verstrichen sei, habe die durchschnittliche Dauer dieses Verfahrensabschnitts, die zwischen 2008 und 2011 in Rechtssachen betreffend die Anwendung des Wettbewerbsrechts beobachtet worden sei, nämlich nur um elf Monate überschritten. Zudem seien der Komplexität von Wettbewerbssachen, dem multilingualen Tätigkeitsumfeld des Gerichtshofs der Europäischen Union und der begrenzten Dauer der Amtszeit der Richter Rechnung zu tragen. 130 Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestimmt u. a.: „Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.“ 131 Im vorliegenden Fall geht aus einer genauen Prüfung der Akten der Rechtssache T‑82/08 hervor, dass, wie der Gerichtshof im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), zu Recht festgestellt hat, die Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑82/08, die fast vier Jahre und sieben Monate betrug, durch keinen der Umstände der Rechtssache gerechtfertigt werden kann. 132 Als Erstes ist festzustellen, dass die Rechtssache T‑82/08 einen Rechtsstreit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln betraf und dass nach der Rechtsprechung das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel der Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs im Binnenmarkt nicht nur für die Klägerin und ihre Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 186). 133 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache T‑82/08 ein Zeitraum von etwa drei Jahren und fünf Monaten, d. h. 41 Monaten, zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens, das mit dem Eingang eines Schreibens am 3. Juli 2008 eingetreten ist, in dem die Klägerin dem Gericht ihren Verzicht auf Einreichung einer Erwiderung mitteilte, und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens am 13. Dezember 2011 verstrich. 134 Die Angemessenheit dieses Zeitraums hängt insbesondere von der Komplexität des Rechtsstreits sowie vom Verhalten der Parteien und von Zwischenstreitigkeiten ab. 135 Was die Komplexität des Rechtsstreits betrifft, ist zunächst ein Zeitraum von 15 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung von Rechtssachen, die – wie die Rechtssache T‑82/08 – die Anwendung des Wettbewerbsrechts betreffen, grundsätzlich angemessen. Sodann kann die gleichzeitige Behandlung zusammenhängender Rechtssachen im vorliegenden Fall keine Verlängerung des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigen. Schließlich rechtfertigt der Grad der tatsächlichen sowie der materiell- und verfahrensrechtlichen Komplexität der Rechtssache T‑82/08 keine längere Dauer. Zu beachten ist insoweit namentlich, dass das Verfahren zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens nicht dadurch unterbrochen oder verzögert wurde, dass das Gericht irgendeine prozessleitende Maßnahme getroffen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2017, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, EU:T:2017:1, Rn. 65 bis 74). 136 Was das Verhalten der Parteien und Zwischenstreitigkeiten betrifft, wurde die Länge des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑82/08 in keiner Weise durch solche Faktoren beeinflusst. 137 Somit ist angesichts der Umstände der Rechtssache T‑82/08 festzustellen, dass die Dauer von 41 Monaten, die zwischen dem Ende des schriftlichen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens verstrich, einen nicht gerechtfertigten Zeitraum der Untätigkeit von 26 Monaten erkennen lässt. 138 Als Drittes hat die Prüfung der Akten in der Rechtssache T‑82/08 keinen Umstand ergeben, der auf einen nicht gerechtfertigten Zeitraum der Untätigkeit zum einen zwischen dem Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift und dem Ende des schriftlichen Verfahrens und zum anderen zwischen der Eröffnung des mündlichen Verfahrens und der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), schließen lässt. 139 Folglich verstieß das Verfahren, das in der Rechtssache T‑82/08 durchgeführt und mit der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), abgeschlossen wurde, insoweit gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, als es die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens um 26 Monate überschritt; dies stellt einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm der Union dar, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. b) Zu den geltend gemachten Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 140 Die Klägerin macht geltend, durch den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 seien ihr zwischen dem 12. Februar 2010 als dem Zeitpunkt, an dem das Urteil des Gerichts hätte verkündet werden müssen, und dem 27. September 2012 als dem Zeitpunkt, an dem das Urteil tatsächlich verkündet worden sei, materielle Schäden und ein immaterieller Schaden entstanden. 141 Die Begründetheit dieses Vorbringens ist anhand der oben in den Rn. 81 und 82 angeführten Rechtsprechung zu prüfen. 1) Zum geltend gemachten immateriellen Schaden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 142 Die Klägerin macht erstens geltend, sie habe eine Rufbeeinträchtigung in Höhe von 14800000 Euro erlitten, da zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 ihre Verantwortung für die mit der Entscheidung K(2007) 5791 geahndete Zuwiderhandlung zu Unrecht als besonders schwerwiegend wahrgenommen worden sei (siehe oben, Rn. 67). Zweitens sei der von der Kommission in der Entscheidung K(2007) 5791 begangene Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 als dem Zeitraum, in dem das Verfahren in der Rechtssache T‑82/08 gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens verstoßen habe, besonders schwerwiegend gewesen. Drittens bestehe nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine feste, wenngleich widerlegbare Vermutung, wonach eine überlange Verfahrensdauer zu einem immateriellen Schaden führe. Viertens müsse der Schaden der Klägerin mit 10 % des Betrags der ursprünglich mit der Entscheidung K(2007) 5791 gegen sie verhängten Geldbuße bewertet werden. Zum einen müsse nämlich der Schadensersatz, den sie beanspruchen könne, an den Betrag der Geldbuße geknüpft werden, die während des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens gegen sie verhängt worden sei. Zum anderen sei der Betrag von 5 %, den das Gericht in einigen Rechtssachen im Zusammenhang mit einem Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer festgesetzt habe, zu niedrig. 143 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt diesem Vorbringen entgegen. Hilfsweise trägt er vor, der ersatzfähige immaterielle Schaden sei mit höchstens 5000 Euro zu bewerten. 144 Erstens wird das Vorbringen der Klägerin, geht man davon aus, dass sie damit geltend macht, ihr sei aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 länger eine besondere Verantwortung für die Zuwiderhandlung zugeschrieben worden, nicht durch Beweise gestützt, die belegen, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens aufgrund seiner Schwere geeignet war, über die Wirkung der Entscheidung K(2007) 5791 hinaus eine Auswirkung auf den Ruf der Klägerin zu haben. 145 Insofern beweist die Klägerin nicht, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 geeignet war, ihren Ruf zu beeinträchtigen. 146 Zweitens würde jedenfalls die oben in Rn. 139 enthaltene Feststellung des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in Anbetracht von Gegenstand und Schwere dieses Verstoßes ausreichen, um die von der Klägerin geltend gemachte Rufbeeinträchtigung wiedergutzumachen. 147 Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 geeignet war, ihren Ruf zu beeinträchtigen, und dass jedenfalls die oben in Rn. 139 enthaltene Feststellung des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in Anbetracht von Gegenstand und Schwere dieses Verstoßes ausreicht, um die von der Klägerin geltend gemachte Rufbeeinträchtigung wiedergutzumachen. 148 Folglich ist der Antrag auf Wiedergutmachung einer behaupteten Beeinträchtigung des Rufes der Klägerin zurückzuweisen. 2) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 149 Die Klägerin macht geltend, durch den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens seien ihr zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 zwei Arten von materiellen Schäden entstanden, nämlich erstens ein Schaden, der durch die Zahlung zusätzlicher Bankbürgschaftskosten entstanden sei, und zweitens ein Schaden, der dem oben in Rn. 24 genannten entgangenen Gewinn entspreche. 150 Die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden und der mutmaßliche Kausalzusammenhang zwischen diesen Schäden und dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 sind im Licht der Vorbemerkungen oben in den Rn. 85 und 86 zu prüfen. i) Zum geltend gemachten entgangenen Gewinn und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 151 Die Klägerin macht zunächst geltend, die Zinsen, die die Kommission nach dem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), zurückgezahlt habe, hätten sich auf 224000 Euro für den Zeitraum zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 belaufen. Sodann erklärt die Klägerin in Anwendung des oben in Rn. 96 definierten Durchschnitts der Extremwerte ihrer gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten auf den Betrag von 7400000 Euro, dass sie zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 mindestens 1895000 Euro erwirtschaftet hätte. Da sich die von der Kommission gezahlten Zinsen auf 224000 Euro belaufen hätten, sei der Klägerin ein Gewinn in Höhe von 1671000 Euro entgangen. Schließlich sei der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens die hinreichend unmittelbare und entscheidende Ursache für den von der Klägerin geltend gemachten entgangenen Gewinn. Wäre nämlich in der Rechtssache T‑82/08 nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen worden, hätte die Klägerin früher über die Beträge verfügt, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe. 152 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt diesem Vorbringen entgegen. 153 Wie oben in den Rn. 99 bis 103 ausgeführt, war die Klägerin durch die Zahlung der mit der Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße nicht persönlich belastet. Die Klägerin kann daher offensichtlich nicht geltend machen, ihr sei ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden, der aus der Differenz zwischen den von der Kommission zurückgezahlten Zinsen auf den Teil der Geldbuße, den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für zu Unrecht gezahlt befunden habe, und den Einnahmen bestehe, die sie hätte erzielen können, wenn sie den fraglichen Betrag nicht der Kommission gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte. 154 Nach der oben in Rn. 76 angeführten Rechtsprechung ist der Antrag auf Ersatz des von der Klägerin geltend gemachten entgangenen Gewinns somit zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zu prüfen ist. ii) Zur behaupteten Zahlung von Bankbürgschaftskosten und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 155 Die Klägerin beantragt den Ersatz des Schadens, der ihr durch die Zahlung zusätzlicher Kosten für die Bankbürgschaft zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 entstanden sein soll. 156 Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, die Klägerin habe keinen hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens und den zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 gezahlten Kosten der Bankbürgschaft nachgewiesen. Der materielle Schaden beruhe nämlich auf der Entscheidung der Klägerin, ihrer Verpflichtung zur Zahlung der gesamten Geldbuße nicht sofort nachzukommen. Angesichts der im Unionsrecht geltenden Definition des Kausalzusammenhangs könne das Bestehen eines Kausalzusammenhangs nicht allein auf der Grundlage der Feststellung bewiesen werden, dass die Klägerin ohne die Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nicht verpflichtet gewesen wäre, die Kosten der Bankbürgschaft während des Zeitraums der Fristüberschreitung zu zahlen. Selbst wenn die von der Klägerin vorgeschlagene Definition des Kausalzusammenhangs anzuwenden sein sollte, bestätige der Umstand, dass die Klägerin die Bankbürgschaft am 2. August 2013, d. h. zehn Monate nach der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), und 16 Monate vor der Verkündung des Urteils vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), aufgelöst habe, das Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem Zeitraum, in dem die Klägerin eine Bankbürgschaft gestellt habe, und einer etwaigen Verzögerung bei der Behandlung der Rechtssache T‑82/08. 157 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift geltend macht, sie habe zwischen dem 12. Februar 2010 und dem 27. September 2012 Bankbürgschaftskosten in Höhe von 936000 Euro gezahlt. Zur Stützung ihres Antrags legt sie ein Bankdokument vor, das die Quartalsentgelte, die einer Bank während des Verfahrens in der Rechtssache T‑82/08 gezahlt wurden, im Einzelnen aufführt. 158 In Beantwortung einer Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung hat die Klägerin jedoch vorgetragen, von den in der Klageschrift genannten Kosten der Bankbürgschaft seien ihr 82 % und Guardian Industries 18 % in Rechnung gestellt worden. 159 Folglich hat die Klägerin nur dargetan, dass ihr ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden ist, der in der Zahlung von 82 % der Kosten besteht, die für die Bankbürgschaft in dem Zeitraum gezahlt wurden, der der Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entspricht. Wie zudem oben in Rn. 106 ausgeführt, hat die Klägerin nicht dargetan, dass sie ermächtigt ist, Guardian Industries im Rahmen der vorliegenden Klage zu vertreten. 160 Als Zweites besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Eintritt des Schadens, der der Klägerin aufgrund der Zahlung von Bankbürgschaftskosten im Zeitraum der Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden ist. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass erstens zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin ihre Klage in der Rechtssache T‑82/08 erhob, d. h. am 12. Februar 2008, und dem Zeitpunkt, als sie eine Bankbürgschaft stellte, d. h. im Februar 2008 mit Wirkung vom 4. März 2008, der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nicht vorhersehbar war. Zudem durfte die Klägerin davon ausgehen, dass ihre Klage innerhalb eines angemessenen Zeitraums bearbeitet werden würde. Zweitens erfolgte die Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 nach der anfänglichen Entscheidung der Klägerin, eine Bankbürgschaft zu stellen. Somit kann der Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens und der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während der Dauer der Überschreitung nicht durch die ursprüngliche Entscheidung der Klägerin aufgelöst worden sein, einen Teil der mit der Entscheidung K(2007) 5791 verhängten Geldbuße nicht sofort zu zahlen und eine Bankbürgschaft zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2017, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, EU:T:2017:1, Rn. 115 bis 121). 161 Folglich besteht ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Eintritt des Schadens, der der Klägerin aufgrund der Zahlung zusätzlicher Bankbürgschaftskosten im Zeitraum der Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden ist. iii) Zur Bewertung des entstandenen Schadens 162 Als Erstes ist festzustellen, dass das gerichtliche Verfahren in der Rechtssache T‑82/08 die angemessene Dauer um 26 Monate überschritten hat (siehe oben, Rn. 134 bis 139). 163 Als Zweites geht aus den von der Klägerin übermittelten Unterlagen hervor, dass sie im Laufe der 26 Monate, die der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), vorausgingen, die folgenden Quartalsentgelte für die Bankbürgschaft persönlich gezahlt hat: Quartal Gezahlte Bürgschaftskosten (Euro) Ersatzfähiger Zeitraum (in Monaten) Ersatzfähiger Schaden (Euro) 3/2010 72 523,66 2 48 349,11 4/2010 72 523,66 3 72 523,66 1/2011 48 874,64 + 23 137,15 3 72 011,79 2/2011 75 195,73 3 75 195,73 3/2011 76 022,06 3 76 022,06 4/2011 76 022,06 3 76 022,06 1/2012 52 884,91 + 23 337,53 3 76 222,44 2/2012 78 656,11 3 78 656,11 3/2012 79 520,47 3 79 520,47 Gesamtbetrag 654 523,43 164 Somit hat die Klägerin im Laufe der 26 Monate, die der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), vorausgingen, Quartalsentgelte für die Bankbürgschaft in Höhe von 654523,43 Euro gezahlt. 165 Nach alledem ist der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 654523,43 Euro als Ersatz des materiellen Schadens zu gewähren, der ihr durch den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden ist und der in der Zahlung zusätzlicher Bankbürgschaftskosten besteht. 3) Zu den Zinsen 166 Die Klägerin beantragt, den Schadensersatzbetrag, der ihr möglicherweise zugesprochen wird, ab dem 12. Februar 2010 in Höhe des zum maßgeblichen Zeitpunkt von der EZB auf ihre Refinanzierungsgeschäfte angewandten Durchschnittszinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten zu verzinsen. 167 Insofern ist zwischen Ausgleichszinsen und Verzugszinsen zu unterscheiden (Urteil vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:2000:38, Rn. 55). 168 Was als Erstes die Ausgleichszinsen betrifft, kann die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz für ihren materiellen Schaden geschuldet wird, für den Zeitraum zwischen dem 27. Juli 2010, d. h. 26 Monate vor der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), und dem Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils um Ausgleichszinsen erhöht werden. Soweit die Klägerin keinen Beweis dafür erbracht hat, dass die Kosten, die sie zwischen dem 27. Juli 2010 und dem 27. September 2012 für die Bankbürgschaft gezahlt hat, in Höhe des von der EZB auf ihre Refinanzierungsgeschäfte angewandten Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten hätten verzinst werden können, ist festzustellen, dass die mit dem Zeitablauf verbundene Geldentwertung in der von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) im Mitgliedstaat des Sitzes der Klägerin für den fraglichen Zeitraum festgestellten jährlichen Inflationsrate, begrenzt durch den Antrag der Klägerin, zum Ausdruck kommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2017, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, EU:T:2017:1, Rn. 168 bis 177 und die dort angeführte Rechtsprechung). 169 Was als Zweites die Verzugszinsen betrifft, ist der oben in Rn. 165 genannte Schadensersatz einschließlich Ausgleichszinsen ab der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung um Verzugszinsen zu erhöhen. Als Zinssatz der Verzugszinsen gilt der von der EZB für ihre Refinanzierungsgeschäfte festgelegte Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkten, wie von der Klägerin beantragt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2017, Gascogne Sack Deutschland und Gascogne/Europäische Union, T‑577/14, EU:T:2017:1, Rn. 178 bis 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). 4) Ergebnis zur Höhe des Schadensersatzes und zu den Zinsen 170 Nach alledem ist der vorliegenden Klage teilweise stattzugeben, soweit sie auf den Ersatz des Schadens gerichtet ist, der der Klägerin durch den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden ist. 171 Die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz für den Schaden geschuldet wird, der ihr durch die Zahlung zusätzlicher Bankbürgschaftskosten entstanden ist, beläuft sich auf 654523,43 Euro zuzüglich Ausgleichszinsen ab dem 27. Juli 2010 bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils in Höhe der von Eurostat im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft festgestellten jährlichen Inflationsrate. 172 Der Betrag des oben in Rn. 171 genannten Schadensersatzes einschließlich Ausgleichszinsen erhöht sich zu den oben in Rn. 169 genannten Bedingungen um Verzugszinsen. 173 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. IV. Kosten 174 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 175 Vorliegend ist die Klägerin mit ihren gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichteten Schadensersatzanträgen unterlegen. Folglich sind ihr die Kosten der Union, vertreten durch die Kommission, aufzuerlegen. 176 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 177 Im vorliegenden Fall ist den Klageanträgen teilweise entsprochen worden, soweit sie sich gegen die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, richten. Die Klägerin ist mit ihrem Schadensersatzbegehren jedoch weitgehend unterlegen. In Anbetracht der Gesamtheit der Umstände des Falles ist mithin zu entscheiden, dass die Klägerin und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, ihre eigenen Kosten tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, der Guardian Europe Sàrl eine Entschädigung in Höhe von 654523,43 Euro für den dieser Gesellschaft aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), ergangen ist, entstandenen materiellen Schaden zu zahlen. Diese Entschädigung wird unter Einbeziehung von Ausgleichszinsen ab dem 27. Juli 2010 bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils anhand der von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft für den fraglichen Zeitraum festgestellten jährlichen Inflationsrate neu bewertet. 2. Die in Nr. 1 genannte Entschädigung erhöht sich um Verzugszinsen ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung in Höhe des von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Guardian Europe trägt die Kosten der Union, vertreten durch die Europäische Kommission. 5. Guardian Europe und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, tragen ihre eigenen Kosten. Papasavvas Labucka Bieliūnas Kreuschitz Forrester Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juni 2017. Unterschriften Inhaltsverzeichnis I. Vorgeschichte des Rechtsstreits II. Verfahren und Anträge der Parteien III. Rechtliche Würdigung A. Zur Zulässigkeit 1. Zur Zulässigkeit des Schadensersatzantrags, der mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens begründet wird, soweit er gegen die Union, vertreten durch die Kommission, gerichtet ist 2. Zu den Unzulässigkeitseinreden wegen Verjährung a) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens begründet wird b) Zur Verjährung der Schadensersatzansprüche, die mit hinreichend qualifizierten Verstößen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung begründet werden 1) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem hinreichend qualifizierten Verstoß in der Entscheidung K(2007) 5791 begründet wird 2) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der mit einem hinreichend qualifizierten Verstoß im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), begründet wird 3. Zu den Unzulässigkeitseinreden, die damit begründet werden, dass der Ersatz des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitige 4. Zur Unzulässigkeitseinrede, die mit der fehlenden Klarheit und Bestimmtheit der Klageschrift in Bezug auf den Antrag auf Ersatz des geltend gemachten immateriellen Schadens begründet wird 5. Ergebnis zur Zulässigkeit B. Zur Begründetheit 1. Zu den Anträgen auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch hinreichend qualifizierte Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), entstanden sein sollen a) Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der Entscheidung K(2007) 5791 entstanden sein sollen 1) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang i) Vorbemerkungen ii) Zur behaupteten Zahlung von Bankbürgschaftskosten und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang iii) Zum geltend gemachten entgangenen Gewinn und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 2) Zum geltend gemachten immateriellen Schaden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang b) Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08), entstanden sein sollen 2. Zum Antrag auf Ersatz der Schäden, die durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein sollen a) Zum Vorwurf des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 b) Zu den geltend gemachten Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 1) Zum geltend gemachten immateriellen Schaden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang 2) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang i) Zum geltend gemachten entgangenen Gewinn und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang ii) Zur behaupteten Zahlung von Bankbürgschaftskosten und zum mutmaßlichen Kausalzusammenhang iii) Zur Bewertung des entstandenen Schadens 3) Zu den Zinsen 4) Ergebnis zur Höhe des Schadensersatzes und zu den Zinsen IV. Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 24. April 2017.#HF gegen Europäisches Parlament.#Öffentlicher Dienst – Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten – Art. 3b BSB – Aufeinanderfolge von Anstellungen als Bediensteter – Befristete Verträge – Entscheidung über die Nichtverlängerung – Ermessensmissbrauch – Ersuchen um Beistand – Anspruch auf rechtliches Gehör – Außervertragliche Haftung.#Rechtssache T-584/16.
62016TJ0584
ECLI:EU:T:2017:282
2017-04-24T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62016TJ0584 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 24. April 2017 (*1) „Öffentlicher Dienst — Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten — Art. 3b BSB — Aufeinanderfolge von Anstellungen als Bediensteter — Befristete Verträge — Entscheidung über die Nichtverlängerung — Ermessensmissbrauch — Ersuchen um Beistand — Anspruch auf rechtliches Gehör — Außervertragliche Haftung“ In der Rechtssache T‑584/16 HF, wohnhaft in Bousval (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Tymen, Klägerin, gegen Europäisches Parlament, vertreten durch L. Deneys und S. Alves als Bevollmächtigte, Beklagter, wegen einer Klage gemäß Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidung des Parlaments über die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten und auf Ersatz des Schadens, den die Klägerin im Wesentlichen aufgrund dieser Entscheidung erlitten zu haben behauptet, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter P. Nihoul und J. Svenningsen (Berichterstatter), Kanzler: E. Coulon, folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Klägerin, Frau HF, wurde von der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Einstellungsbehörde) mit aufeinanderfolgenden Verträgen vom 6. Januar bis 14. Februar 2003, vom 15. Februar bis 31. März 2003, vom 1. April bis 30. Juni 2003 und vom 1. bis 31. Juli 2003 als Hilfskraft eingestellt, eine in der vor dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) vorgesehene Stellenkategorie. Sie wurde der Abteilung, nunmehr Referat, „Audiovisuelles“ (im Folgenden: Referat Audiovisuelles) der Direktion Medien der Generaldirektion (GD) „Information und Beziehungen zur Öffentlichkeit“, jetzt GD „Kommunikation“, zugewiesen. Dort übte sie die Aufgaben einer Assistentin der Kategorie B, Gruppe V, Klasse 3, aus. 2 Vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 wurde die Klägerin als Produktionsmanagerin von einer Gesellschaft mit Sitz in Frankreich eingestellt, die Dienstleistungen für das Parlament erbrachte, um einen verstärkten Arbeitsanfall beim Produktionsmanagement des Referats Audiovisuelles zu bewältigen. Dieser Vertrag wurde im Einvernehmen zwischen der Klägerin und dem Dienstleistungsunternehmen für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Januar 2005 verlängert; danach wurde die Klägerin mit Vertrag vom 31. Januar 2005 von diesem Unternehmen unbefristet angestellt. 3 Am 1. April 2005 beendete die Klägerin jedoch ihre Tätigkeit beim Parlament für Rechnung des besagten Unternehmens, da sie von der Einstellungsbehörde erneut unmittelbar als Vertragsbedienstete eingestellt wurde, eine in der seit dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung der BSB geschaffene Stellenkategorie. Sie wurde in Besoldungsgruppe 9 der Funktionsgruppe III eingestuft, um für zunächst neun Monate, also bis 31. Dezember 2005, „Durchführungs-, Redaktions- Buchhaltungs- und andere gleichwertige technische Aufgaben … unter der Aufsicht von Beamten oder Zeitbediensteten“ innerhalb eines als „Newsdesk Hotline“ bezeichneten Teils des Referats Audiovisuelles (im Folgenden: Newsdesk Hotline) zu erfüllen. Diese Anstellung wurde in derselben Besoldungsgruppe und mit denselben Aufgaben vertraglich vom 1. Januar bis 31. März 2006 verlängert. 4 Nach Maßgabe eines von der Einstellungsbehörde und der Klägerin am 24. bzw. 25. Januar 2006 unterzeichneten Anstellungsvertrags kamen diese überein, dass die Klägerin nunmehr gemäß Art. 2 Buchst. b BSB vom 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2007 als Bedienstete auf Zeit mit einer sechsmonatigen Probezeit eingestellt werden sollte. Mit zwei aufeinanderfolgenden Nachträgen wurde diese Anstellung vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008 bzw. vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2010, also um insgesamt drei Jahre, verlängert. Nach Maßgabe eines von der Einstellungsbehörde und der Klägerin am 26. bzw. 27. Januar 2010 unterzeichneten Vertrags kamen diese überein, dass der Vertrag der Klägerin um zwei Jahre bis 31. Januar 2012 verlängert werden sollte. In diesem Vertrag hieß es, dass „[g]emäß Art. 8 [Abs. 2] BSB eine weitere Verlängerung … nicht zulässig ist“. 5 Mit Schreiben des Referats „Auswahl- und Ausleseverfahren“ (im Folgenden: Referat Auswahlverfahren) der GD „Personal“ vom 26. September 2011 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie keine ausreichende Note erreicht habe, um zur nächsten Etappe eines parlamentsinternen Auswahlverfahrens für Stellen als Bedienstete der Besoldungsgruppe AST 5 zugelassen zu werden. 6 Mit Vertrag vom 31. Januar 2012 wurde zwischen der Einstellungsbehörde und der Klägerin vereinbart, dass diese vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 gemäß Art. 3b BSB als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten eingestellt und in die Dienstaltersstufe 1 der Besoldungsgruppe 11 der Funktionsgruppe III eingestuft werden sollte, um „Durchführungs-, Redaktions- Buchhaltungs- und andere gleichwertige technische Aufgaben … unter der Aufsicht von Beamten oder Zeitbediensteten“ zu erfüllen. Diese Anstellung war der Klägerin angeboten worden, nachdem die Veröffentlichung der Stellenausschreibung Nr. 136691 für eine Planstelle der Funktionsgruppe Assistenz (AST) „Audiovisueller Produzent“, die vorrangig durch Versetzung eines Beamten besetzt werden sollte, ergebnislos geblieben war. 7 Mit aufeinanderfolgenden Nachträgen wurde diese Anstellung als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten vom 1. August bis 31. Dezember 2012, vom 1. Januar bis 31. März 2013, vom 1. April bis 31. Dezember 2013, vom 1. Januar bis 31. März 2014, vom 1. April bis 30. Juni 2014 und vom 1. Juli bis 31. Dezember 2014 verlängert. Diese Vertragsverlängerungen wurden wortgleich mit dem Bedarf an „[e]iner für das wirksame Funktionieren [der] Newsdesk Hotline des Referats Audiovisuelles erforderlichen Verstärkung“ gerechtfertigt. 8 Ab dem 26. September 2014 befand sich die Klägerin im Krankheitsurlaub und hat seitdem ihren Dienst beim Parlament nicht wieder aufgenommen. 9 Mit E‑Mail vom 20. November 2014 erkundigte sich die Klägerin bei einem ihrer Kollegen des Referats Audiovisuelles nach Neuigkeiten bezüglich der Verlängerung ihres Vertrags. Dieser antwortete am 27. November 2014, dass er soeben von der Verlängerung ihres Vertrags bis 31. Dezember 2015 erfahren habe. 10 In der Zwischenzeit war der Leiter des Referats Audiovisuelles (im Folgenden: Referatsleiter) mit E‑Mail vom 26. November 2014 von einem Bediensteten der GD „Personal“ darüber informiert worden, dass diese Generaldirektion die Verlängerung der Verträge dreier Bediensteter seines Referats bis 31. Dezember 2015, darunter des Vertrags der Klägerin, bestätigt habe. Diese Information gab der Referatsleiter in einer E‑Mail vom darauffolgenden Tag an die drei betroffenen Bediensteten weiter. In dieser E‑Mail erläuterte er, dass „die drei Anträge auf Verlängerung der Verträge als Vertragsbedienstete für das Jahr 2015 letztlich bewilligt worden sind, [der Generaldirektor der GD ‚Personal‘ aber] bereits darauf hingewiesen hat, dass die Dinge für 2016 komplizierter [lägen] und man mit einer drastischen Verringerung der Zahl der Vertragsbediensteten rechnen [müsse]“. 11 In dieser E‑Mail vom 27. November 2014 führte der Referatsleiter aus, er halte es für „sehr sinnvoll, [die] Verträge [der Vertragsbediensteten] für das gesamte Jahr [2015] und nicht mehr scheibchenweise um [drei] oder [sechs] Monate zu verlängern, [was] die Dinge – beruflich und vor allem menschlich – sehr viel schwieriger machte“. Darüber hinaus gab er in derselben E‑Mail bekannt, dass ein Beamter der Funktionsgruppe Administration (AD), der erfolgreich an einem Auswahlverfahren im Bereich Audiovisuelles teilgenommen habe, demnächst das Referat verstärken werde. Seine Hauptaufgabe sei die Koordination eines Teils der Produktion und die Übernahme der Verantwortung für die Handhabung der „Förderungsstrategie“, einschließlich der Koordination der Newsdesk Hotline und der „Akkreditierungen“. Die drei betroffenen Bediensteten, darunter die Klägerin, wurden ferner darüber unterrichtet, dass ihre Verantwortlichkeiten angepasst würden, um dieser Neuorganisation des Referats Rechnung zu tragen, die zum Ziel habe, den Prioritäten der Direktion Medien und der GD „Kommunikation“ sowie den vom Generalsekretär des Parlaments (im Folgenden: Generalsekretär) verlangten Änderungen der Arbeitsmethoden besser gerecht zu werden. 12 Mit am 9. Dezember 2014 von der Einstellungsbehörde unterzeichnetem Nachtrag wurde der Vertrag über die Einstellung der Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten mit Wirkung vom 1. Januar 2015 bis 31. März 2015 verlängert. Hierzu wurde der Klägerin mit E‑Mail vom 10. Dezember 2014 mitgeteilt, dass „die Verlängerung [ihres] Vertrags, die [ihr] gerade zugestellt worden ist, bis 31. [März] 2015 bewilligt wurde, … der an die GD [‚Personal‘] gerichtete Antrag sich tatsächlich allerdings auf eine Verlängerung [ihres Vertrags] um ein Jahr bis 31. [Dezember] 2015 bezog“, dass jedoch „die GD [‚Personal‘] … vor der Bewilligung des Verlängerungsantrags eine Prüfung der Akte [der Klägerin] vornahm, woraus sich ergab, dass [sie] nicht erfolgreich an einem CAST‑[Auswahlverfahren] teilgenommen hatte, [und dass] ein Vertrag, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, nur vergeben werden kann, wenn der Ausschuss für die Auswahl von Vertragsbediensteten eine befürwortende Stellungnahme abgegeben hat“. In dieser E‑Mail wurde erläutert, dass die GD „Personal“ eine Verlängerung des Vertrags der Klägerin um drei Monate gewährt habe, damit die Situation im Hinblick auf die besagte Voraussetzung bereinigt werde, wobei die Klägerin in der genannten E‑Mail aufgefordert wurde, ein Bewerbungsformular auszufüllen und rechtzeitig eine Reihe von Unterlagen einzureichen, damit der Ausschuss für die Auswahl von Vertragsbediensteten (im Folgenden: Auswahlausschuss) ihre Akte noch auf seiner Sitzung vom Januar 2015 prüfen und ihr Vertrag im Fall einer befürwortenden Stellungnahme dieses Ausschusses dann bis 31. Dezember 2015 verlängert werden könne. 13 Am 11. Dezember 2014 unterzeichnete die Klägerin den Nachtrag vom vorangegangenen 9. Dezember, der die Verlängerung ihrer Anstellung bis 31. März 2015 vorsah. Mit ebenfalls vom 11. Dezember 2014 stammendem Schreiben an den Generalsekretär mit Kopie an den Präsidenten des Beratenden Ausschusses Mobbing und Prävention von Mobbing am Arbeitsplatz (im Folgenden: Beratender Ausschuss) sowie an den Präsidenten des Parlaments und den Generaldirektor der GD „Personal“ stellte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) einen Antrag auf Beistand im Sinne von Art. 24 des Statuts (im Folgenden: Beistandsantrag). Beide Vorschriften sind nach den Art. 92 bzw. 117 BSB auf Vertragsbedienstete entsprechend anwendbar. Zur Stützung dieses Antrags machte sie geltend, sie sei Opfer von Mobbing seitens des Referatsleiters gewesen, das in entsprechendem Verhalten sowie in mündlichen und schriftlichen Äußerungen dieses Referatsleiters, insbesondere bei Dienstbesprechungen, bestanden habe. Sie beantragte im Wesentlichen den Erlass von Dringlichkeitsmaßnahmen zum unverzüglichen Schutz vor dem von ihr bezeichneten Mobber und die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung durch die Einstellungsbehörde zur Feststellung des tatsächlichen Sachverhalts. 14 Mit Schreiben vom 13. Januar 2015 bestätigte der Leiter des Referats „Personalressourcen“ der Direktion Ressourcen der GD „Personal“, zugleich Präsident des Beratenden Ausschusses, den Eingang des Antrags der Klägerin auf Beistand und teilte ihr mit, dass ihr Antrag an den Generaldirektor der GD „Personal“ weitergeleitet worden sei. Dieser werde in seiner Eigenschaft als Einstellungsbehörde binnen vier Monaten darüber entscheiden. Nach Ablauf dieser Frist könne gegebenenfalls von einer stillschweigenden Ablehnung dieses Beistandsantrags ausgegangen werden, die danach mit einer Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts angefochten werden könne. 15 Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 setzte der Berater der Klägerin den Generaldirektor der GD „Personal“ insbesondere davon in Kenntnis, dass der Referatsleiter von der Einreichung des Beistandsantrags und der Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung durch die Einstellungsbehörde informiert worden sei. Diese Information sei nämlich in das Protokoll einer Besprechung des Referats Audiovisuelles aufgenommen worden, was zur Weitergabe bestimmter Informationen nicht nur an die Kollegen der Klägerin, sondern auch an bestimmte Personen außerhalb des Parlaments geführt habe. In dieser Besprechung habe der Referatsleiter auch bekannt gegeben, dass die Klägerin nicht mehr in das Referat Audiovisuelles zurückkehren werde und deshalb eine Umgestaltung der Newsdesk Hotline ins Auge gefasst werden müsse. 16 Mit E‑Mail vom 26. Januar 2015 übermittelte ein Bediensteter des Referats „Einstellung von Vertragsbediensteten und akkreditierten parlamentarischen Assistenten“ (im Folgenden: Referat Einstellung von Vertragsbediensteten) der Direktion „Entwicklung der Personalressourcen“ (im Folgenden: Direktion Personalressourcen) der GD „Personal“ des Generalsekretariats des Parlaments der Klägerin eine „Mitteilung über die Bestätigung Ihrer Stellenänderung ab dem 21. [Januar] 2015“. Diese Mitteilung, die ebenfalls vom 26. Januar 2015 stammte, enthielt den Hinweis, dass die Klägerin mit Rückwirkung zum 21. Januar 2015 dem Referat Besuchsprogramme der Europäischen Union (EUVP) (im Folgenden: Referat Besuchsprogramme) der Direktion Beziehungen zu den Bürgern der GD „Kommunikation“ zugewiesen werde und dass mit Ausnahme dieser Änderung der dienstlichen Verwendung keine weitere Änderung ihres Anstellungsvertrags erfolgt sei (im Folgenden: Entscheidung über die neue dienstliche Verwendung). 17 Mit Schreiben vom 4. Februar 2015 antwortete der Generaldirektor der GD „Personal“ auf das Schreiben des Beraters der Klägerin vom 23. Januar 2015, indem er darauf hinwies, dass zugunsten der Klägerin mit ihrer neuen dienstlichen Verwendung im Referat Besuchsprogramme eine Umsetzungsmaßnahme gegenüber dem Referatsleiter getroffen worden sei. Im Übrigen informierte der Generaldirektor der GD „Personal“ die Klägerin darüber, dass er nach eingehender Prüfung ihrer Akte und als Antwort auf ihren Antrag auf Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung beschlossen habe, diese Akte an den Beratenden Ausschuss weiterzuleiten, dessen Präsident sie über die gesamte weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten werde. Der Generaldirektor der GD „Personal“ führte aus, dass er damit den Beistandsantrag beantwortet habe und dass dies in seinem Zuständigkeitsbereich zur „Schließung [der] Akte“ der Klägerin führe (im Folgenden: Entscheidung vom 4. Februar 2015). 18 Mit Schreiben vom 12. Februar 2015 beantragte der Berater der Klägerin beim Generaldirektor der GD „Personal“ u. a., die Tragweite der von ihm in seiner Entscheidung vom 4. Februar 2015 angesprochenen Maßnahme zu erläutern und insbesondere anzugeben, ob die in Bezug auf die Klägerin getroffene Umsetzungsmaßnahme vorübergehender Natur sei. 19 In einem mit „Antrag Vertragsbedienstete – V[erlängerung]“ überschriebenen Formular, das der Generaldirektor der GD „Kommunikation“ am 2. März 2015 ausgefüllt und unterzeichnet hatte, um es mindestens drei Wochen vor Ablauf des Vertrags der Klägerin an die GD „Personal“ weiterzuleiten, war angegeben, dass der Generaldirektor der GD „Kommunikation“ eine Verlängerung des Vertrags der Klägerin um zwei Monate, d. h. vom 1. April bis 31. Mai 2015, beantrage und diese Verlängerung durch die Notwendigkeit einer Verstärkung des Referats Besuchsprogramme gerechtfertigt sei, „um der zunehmenden Arbeitsbelastung, bedingt durch die Feierlichkeiten anlässlich des 40‑jährigen Bestehens des [Besuchs‑]Programms, zu begegnen, für die Ende Mai [2015] eine ganze Reihe von Veranstaltungen zu organisieren ist“. In diesem Zusammenhang wurde ferner klargestellt, dass der besagte Vorschlag „nach der Billigung durch den Auswahlausschuss [auf seiner Sitzung] vom 25. [Februar] 2015 unterbreitet wird. [Angerufen wurde der Ausschuss] auf Antrag des Referats ‚Einstellung von [Vertragsbediensteten und akkreditierten parlamentarischen Assistenten‘ der Direktion ‚Entwicklung der Personalressourcen‘] der GD ‚Personal‘ [nach] einer Kontrolle der Akte [Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten] der [Klägerin], deren Vertrag [als Vertragsbedienstete] einen Vertrag [als Bedienstete auf Zeit] abgelöst hatte, [die aber] weder bei der Aufnahme in [die] CAST‑Liste noch [beim] anfänglichen Wahlausschuss-Verfahren Erfolg hatte“. 20 Mit ebenfalls vom 2. März 2015 stammendem Schreiben des Leiters des Referats „Auswahlverfahren“ der Direktion Personalressourcen wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr Name in die bis 29. Februar 2016 gültige Reserveliste der Bewerber für eine Stelle als Vertragsbediensteter der Funktionsgruppe III aufgenommen worden sei. 21 Mit Schreiben vom 4. März 2015 wiederholte der Generaldirektor der GD „Personal“ seinen Standpunkt, dass er mit seiner Entscheidung der Weiterleitung des Beistandsantrags an den Beratenden Ausschuss „diese Akte in [seinem] Zuständigkeitsbereich geschlossen“ habe. Zudem wies er darauf hin, dass die Maßnahme der Umsetzung der Klägerin aus dem Referat Audiovisuelles in das Referat Besuchsprogramme sowohl auf das im Beistandsantrag erklärte Ersuchen der Betroffenen hin als auch „im dienstlichen Interesse, um dem wachsenden Personalbedarf im [Referat Besuchsprogramme] zu entsprechen“, getroffen worden sei und es bis zum Ablauf des Vertrags der Klägerin bei dieser neuen dienstlichen Verwendung bleiben müsse. 22 Mit E‑Mail vom 9. März 2015 lud der Beratende Ausschuss die Klägerin zu einer Anhörung am 25. März 2015. 23 Mit einem von der Einstellungsbehörde und der Klägerin am 27. März 2015 unterzeichneten Nachtrag wurde vereinbart, dass mit Wirkung vom 1. April 2015 der „am 1[. Februar] 2012 in Kraft getretene Vertrag als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten“ bis 31. Mai 2015 verlängert werden sollte. 24 Mit Schreiben vom 24. April 2015 legte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde erstens gegen die Entscheidung über ihre neue dienstliche Verwendung ein, soweit die Einstellungsbehörde sie mit dieser Entscheidung auf Dauer und nicht vorübergehend dem Referat Besuchsprogramme zugewiesen habe, zweitens gegen die Entscheidung vom 4. Februar 2015, mit der der Generaldirektor der GD „Personal“ über den Beistandsantrag entschieden habe, indem er das Verfahren als „in seinem Zuständigkeitsbereich“ abgeschlossen bezeichnet habe, und drittens gegen eine Entscheidung, die am 11. April 2015 ergangen sei und mit der die Einstellungsbehörde den Beistandsantrag stillschweigend abgelehnt habe. 25 Am 29. April 2015 wurde die Stellenausschreibung mit dem Aktenzeichen AST/157554 für eine freie Planstelle als Assistent für „Öffentlichkeitsarbeit – Audiovisuelles“ im Referat Audiovisuelles veröffentlicht. Die Stellenbeschreibung entsprach im Wesentlichen den Tätigkeiten, die die Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten innerhalb dieses Referats ausgeübt hatte. Diese Stelle musste gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. a des Statuts besetzt werden, d. h. im Wege einer Versetzung oder Beförderung eines Beamten im Dienst. Am 12. Mai 2015 wurde die Stellenausschreibung Nr. 11051 für eine andere im Referat Audiovisuelles freie Planstelle als Assistent, nämlich die eines Pressebeauftragten, veröffentlicht. 26 Mit Klageschrift, die am 17. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union einging und unter dem Aktenzeichen F‑142/15 in das Register eingetragen wurde, beantragte die Klägerin gemäß Art. 270 AEUV, die ihrer Ansicht nach am 11. April 2015 stillschweigend ergangene Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Zurückweisung ihres Beistandsantrags vom 11. Dezember 2014 aufzuheben und das Parlament zur Zahlung eines Betrags von 50000 Euro als Ersatz für den von ihr behaupteten materiellen Schaden zu verurteilen. Diese Rechtssache führte zum Urteil vom 24. April 2017, HF/Parlament (T‑570/16). 27 Mit E‑Mail vom 22. Mai 2015 mit Kopie an den Generalsekretär beantragte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts die Verlängerung ihres Anstellungsvertrags (im Folgenden: Antrag auf Vertragsverlängerung). 28 Dazu wies sie im Antrag auf Vertragsverlängerung darauf hin, dass die Einstellungsbehörde beschlossen habe, ihren Vertrag nur um drei Monate und danach um zwei weitere Monate, also vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 zu verlängern, obwohl der Referatsleiter ihr mit E‑Mail vom 26. November 2014 mitgeteilt habe, dass ihr Anstellungsvertrag bis 31. Dezember 2015 verlängert werde. Anschließend führte sie aus, die Einstellungsbehörde hätte gemäß Art. 88 Buchst. b BSB ihren Anstellungsvertrag noch bis 31. Januar 2018, also um insgesamt zwei Jahre und acht Monate verlängern können. Schließlich wies sie zwar darauf hin, dass sie sich im Krankheitsurlaub befinde, hob aber hervor, dass zum einen der Bedarf des Referats Besuchsprogramme wachse, was „die Verlängerung [ihres] Vertrags voll und ganz“ rechtfertige, und zum anderen auch das Referat Audiovisuelles Verstärkung benötige, da in der Newsdesk Hotline nur noch zwei Personen Dienst täten. Ganz allgemein vertrat die Klägerin die Ansicht, die Direktion Medien der GD „Kommunikation“ benötige ebenfalls neues Personal. 29 Mit E‑Mail vom 28. Mai 2015, die ein Bediensteter des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ im Namen des Leiters dieses Referats übersandte, wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die GD „Kommunikation“ nicht beabsichtige, ihre Anstellung als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten zu verlängern (im Folgenden: Entscheidung vom 28. Mai 2015). In dieser E‑Mail hieß es weiter: „Wie ich Ihnen in unserem Gespräch vom 4. Februar 2015 erläutert habe, benötigte dieses Referat eine Verstärkung, um eine große Veranstaltung zum 40‑jährigen Bestehen des EUVP vorzubereiten, die für den 26. Mai 2015 geplant war. Da die Notwendigkeit einer Verstärkung innerhalb des Referats [Besuchsprogramme] nach Durchführung dieser Veranstaltung nicht mehr [besteht,] [ist] bei der zuständigen Behörde (Einstellungsbehörde) keine Verlängerung Ihres Vertrags beantragt worden.“ 30 Am 31. Mai 2015 übermittelte die Klägerin dem für Verwaltungsangelegenheiten zuständigen Dienst des Parlaments um 18.44 Uhr eine E‑Mail, in der sie sich unter Hinweis darauf, dass ihr mitgeteilt worden sei, dass ihr Vertrag als Vertragsbedienstete nicht verlängert werde und an ebendiesem 31. Mai 2015 auslaufe, bei diesem Dienst erkundigte, welche Schritte sie unternehmen müsse, um die in den BSB vorgesehene Leistung bei Arbeitslosigkeit zu erhalten. Am selben Tag war der Zugang der Klägerin zu ihrer dienstlichen Mailbox ihren eigenen Angaben zufolge deaktiviert worden. Sie hat jedoch eine E‑Mail vom 1. Juni 2015 vorgelegt, die das Amt für die „Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche“ (PMO) um 10.26 Uhr an ihre dienstliche E‑Mail-Adresse im Parlament versandt hatte. 31 Die Klägerin wurde mit Einschreiben des Leiters des Referats Einstellung von Vertragsbediensteten der Direktion Personalressourcen der GD „Personal“ vom 14. Juli 2015 darauf hingewiesen, dass ihr der Leiter des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ auf ihre E‑Mail vom 22. Mai 2015, in der sie die Verlängerung ihres Vertrags als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten beantragt hatte, eine „klare und mit Gründen versehene Antwort“ übermittelt habe, und zwar mit E‑Mail vom 28. Mai 2015. In diesem Schreiben vom 14. Juli 2015 wurde erläutert, dass das Referat Besuchsprogramme, dem die Klägerin seit dem 21. Januar 2015 zugewiesen war, „Verstärkung benötigt hatte, um eine große Veranstaltung zum 40‑jährigen Bestehen dieses Referats, die für den 26. Mai 2015 geplant war, vorzubereiten[, und ihr] Vertrag bei diesem Referat [deshalb] nur um zwei Monate vom 1. April bis 31. Mai 2015 verlängert wurde“. 32 Im Schreiben vom 14. Juli 2015 hieß es weiter, dass die GD „Kommunikation“ nach Ablauf dieses Zeitraums keinen Bedarf mehr an einer Verstärkung für das Referat Besuchsprogramme gehabt habe, so dass die genannte Generaldirektion eine neuerliche Verlängerung des Vertrags der Klägerin nicht länger habe rechtfertigen können und folglich keinen entsprechenden Antrag bei der GD „Personal“ gestellt habe. In diesem Zusammenhang teilte der Leiter des Referats Einstellung von Vertragsbediensteten der Klägerin im Auftrag und im Namen der Einstellungsbehörde mit, dass er lediglich die Gründe bestätigen könne, die ihr der Leiter des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ dargelegt habe, denn es gebe „keinen sachlichen Grund, den von den operationellen Diensten ermittelten bzw. nicht ermittelten Bedarf in Frage zu stellen“. Er wies darauf hin, dass „die Nichteinreichung eines Antrags auf Vertragsverlängerung bei [seiner] Dienststelle die übliche Art und Weise ist, in der die Generaldirektionen [ihm] ihren Wunsch übermitteln, ihr Vertragsverhältnis mit einem Bediensteten bei Auslaufen seines Vertrags zu beenden“. Er machte die Klägerin schließlich darauf aufmerksam, dass sie gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts über die Möglichkeit verfüge, eine Beschwerde „gegen die Nichtverlängerung ihres Vertrags am 31. [Mai] 2015 innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Tag der Vertragsbeendigung“ einzulegen. 33 Mit Schreiben vom 22. Juli 2015 legte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde gegen die mit Schreiben vom 14. Juli 2015 bestätigte Entscheidung vom 28. Mai 2015 ein. Zur Stützung ihrer Beschwerde machte sie einen Ermessensmissbrauch, einen Verstoß gegen Art. 88 Buchst. b BSB, einen Verstoß gegen Art. 12a Abs. 2 des Statuts sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, eine Verletzung der Fürsorgepflicht, einen Verstoß gegen Art. 30 der Charta der Grundrechte, einen Begründungsfehler und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler geltend. 34 In diesem Zusammenhang hob die Klägerin u. a. hervor, dass der Bedarf des Referats Audiovisuelles, dem sie vor der Umsetzungsmaßnahme zugewiesen gewesen sei, wirklich bestanden und die Verlängerung ihres Anstellungsvertrags gerechtfertigt habe. Beweis hierfür sei die Tatsache, dass am 29. April 2015 eine Stellenausschreibung für eine Stelle der Funktionsgruppe AST veröffentlicht worden sei. Die Beschreibung der mit dieser Stelle zusammenhängenden Aufgaben entspreche den Aufgaben, die sie seit zwölf Jahren in besagtem Referat wahrgenommen habe, was bestätige, dass dieses Referat auch weiterhin ihre Dienste benötigt habe. 35 Darüber hinaus wies die Klägerin den Grund zurück, den der Bedienstete der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ zur Stützung der Entscheidung vom 28. Mai 2015 angeführt hatte, dass nämlich der Bedarf des Referats Besuchsprogramme, dem sie als Maßnahme zur Entfernung von ihrem mutmaßlichen Mobber vorübergehend zugewiesen worden sei, nur punktuell bestanden habe und das besagte Referat ihre Dienste nach dem 40. Jahrestag nicht mehr benötigt habe. Dazu vertrat die Klägerin die Ansicht, die Einstellungsbehörde habe zu keinem Zeitpunkt als Begründung für ihre Versetzung in das Referat Besuchsprogramme die Notwendigkeit einer Verstärkung dieses Dienstes im Hinblick auf oder allein für die erwähnte Veranstaltung angeführt. Die Einstellungsbehörde habe in der Entscheidung vom 4. Februar 2015 vielmehr von einem wachsenden Bedarf dieses Referats gesprochen. Sie habe daher im Schreiben vom 14. Juli 2015 plötzlich die Begründung für die Versetzung der Klägerin in besagtes Referat und damit die Begründung für ihre Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags geändert. Jedenfalls habe sie, die Klägerin, unter den Folgen ihres Beistandsantrags leiden müssen, was gegen Art. 12a Abs. 2 des Statuts verstoße. Wäre sie nämlich nicht in ein Referat, dessen Bedarf nur punktuell bestanden habe, versetzt worden, sondern im Referat Audiovisuelles verblieben, hätte die Einstellungsbehörde beschlossen, ihren Vertrag innerhalb der in Art. 88 Buchst. b BSB vorgesehenen Grenzen, d. h. im vorliegenden Fall bis 31. Januar 2018 zu verlängern. 36 Mit Schreiben vom 20. August 2015 beschloss der Generalsekretär in seiner Eigenschaft als Einstellungsbehörde, der Beschwerde der Klägerin vom 24. April 2015 teilweise stattzugeben. Hinsichtlich der neuen dienstlichen Verwendung der Klägerin im Referat Besuchsprogramme erklärte der Generalsekretär, dass diese zwangsläufig vorläufigen Charakter gehabt habe und für die gesamte Dauer der Verwaltungsuntersuchung, die noch im Gange gewesen sei, habe beibehalten werden müssen. Die von der Klägerin gegen die Begründetheit oder die Modalitäten der Umsetzungsmaßnahme angeführten Argumente wies er im Wesentlichen zurück (im Folgenden: Entscheidung vom 20. August 2015). 37 Dagegen änderte der Generalsekretär in dieser Entscheidung vom 20. August 2015 die Entscheidung vom 4. Februar 2015 ab, da der Generaldirektor der GD „Personal“ in der letztgenannten irrig angenommen habe, dass die Einstellungsbehörde das den Beistandsantrag betreffende Verfahren abgeschlossen habe. Insoweit stellte er klar, dass über diesen Beistandsantrag später eine abschließende Entscheidung des Generaldirektors der GD „Personal“ ergehen werde und dass infolgedessen, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, am 11. April 2015 keine stillschweigende Entscheidung über die Ablehnung des Beistandsantrags ergangen sei, so dass die Beschwerde insoweit unzulässig sei. 38 Mit Schreiben vom 10. September 2015 ergänzte die Klägerin ihre Beschwerde angesichts des Inhalts des Schreibens vom 20. August 2015, den sie als neue Tatsache betrachtete. So führte sie gegen die Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Anstellungsvertrags ins Feld, die Einstellungsbehörde habe bei der Feststellung der Dienststelle, der die Klägerin als zugewiesen habe angesehen werden müssen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und damit auch den Bedarf, der bei der Beurteilung der Frage zu prüfen gewesen sei, ob eine Verlängerung oder Nichtverlängerung ihres Anstellungsvertrags im Hinblick auf das Interesse der Dienststelle zweckmäßig sei, offenkundig falsch beurteilt. Da ihre neue dienstliche Verwendung im Referat Besuchsprogramme als Umsetzungsmaßnahme nur vorübergehend gewesen sei, hätte die Einstellungsbehörde beim Erlass der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Anstellungsvertrags den Bedarf dieses Referats nicht berücksichtigen dürfen. Nur dem Bedarf des Referats, dem sie ursprünglich zugewiesen gewesen sei, d. h. dem des Referats Audiovisuelles oder ganz allgemein der Direktion Medien, hätte die Einstellungsbehörde Rechnung tragen dürfen. 39 Mit Entscheidung vom 7. Dezember 2015 (im Folgenden: Entscheidung über die Beschwerde) entschied der Generalsekretär in seiner Eigenschaft als Einstellungsbehörde über die Beschwerde der Klägerin vom 22. Juli 2015 in der am 10. September 2015 ergänzten Fassung. Er vertrat u. a. die Auffassung, die beschwerende Maßnahme sei im vorliegenden Fall die stillschweigende Entscheidung der Einstellungsbehörde, den Vertrag der Klägerin nicht zu verlängern. 40 Obwohl der Generalsekretär die Begründetheit der Entscheidung über die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin bestätigte, räumte er in der Entscheidung über die Beschwerde ein, dass der Klägerin von ihren Vorgesetzten mitgeteilt worden sei, dass ihr Anstellungsvertrag bis 31. Dezember 2015 verlängert werde. Unter diesen Umständen entschied er, der Betroffenen – auch im Licht ihrer Laufbahn innerhalb des Organs – einen Betrag von 22000 Euro zu gewähren, der den Bezügen entsprach, die sie erhalten hätte, wenn sie bis zu diesem Tag im Dienst verblieben wäre. 41 Der Generalsekretär teilte der Klägerin jedoch mit, dass die Einstellungsbehörde ihr über den 31. Dezember 2015 hinaus keine andere Stelle anbieten könne. Dazu stellte er fest, dass die Möglichkeit, die Klägerin im Referat Audiovisuelles zu beschäftigen, nicht mehr in Betracht komme, weil in der Zwischenzeit entschieden worden sei, einen Beamten mit der Erfüllung der Aufgaben zu betrauen, für die sie ursprünglich eingestellt worden sei, und es der GD „Kommunikation“ unter Berücksichtigung des spezifischen Profils der Klägerin und der Aufgaben, die sie wahrgenommen habe, nicht möglich sei, ihr über den 31. Dezember 2015 hinaus eine andere, ihren Qualifikationen entsprechende Stelle anzubieten. 42 Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 setzte der Generaldirektor der GD „Personal“ die Klägerin von seiner Absicht in Kenntnis, nach u. a. der Anhörung des Referatsleiters und 14 weiterer Beamter und Bediensteter des Referats Audiovisuelles durch den Beratenden Ausschuss ihren Beistandsantrag als unbegründet abzulehnen. 43 In einem Schreiben vom 18. Februar 2016 ersuchte der Berater der Klägerin den Generalsekretär um nähere Erläuterungen zum Angebot einer „Entschädigung in Höhe von 22000 Euro, die den Bezügen entspricht, die [die Klägerin] vom 1. Juni 2015 bis 31. Dezember 2015 erhalten hätte“, insbesondere zu der Frage, ob sich dieser Betrag auf den Anspruch der Betroffenen auswirke, die in den BSB vorgesehene Leistung bei Arbeitslosigkeit in voller Höhe zu beziehen. 44 Am 16. April 2016 überwies die Einstellungsbehörde einen Betrag von 22000 Euro auf das Bankkonto der Klägerin. 45 Mit Entscheidung vom 3. Juni 2016 lehnte die Einstellungsbehörde den Beistandsantrag ab, worauf die Klägerin in ihrer Erwiderung ankündigte, eine Beschwerde gegen diese Entscheidung einlegen zu wollen. Verfahren und Anträge der Parteien 46 Mit Klageschrift, die am 14. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende, ursprünglich unter dem Aktenzeichen F‑14/16 eingetragene Klage erhoben. 47 Gemäß Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2016/1192 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten auf das Gericht (ABl. 2016, L 200, S. 137) ist die vorliegende Rechtssache in dem Stadium, in dem sie sich am 31. August 2016 befand, auf das Gericht übertragen worden und ist gemäß dessen Verfahrensordnung weiterzubehandeln. Sie ist unter dem Aktenzeichen T‑584/16 in das Register eingetragen und der Ersten Kammer zugewiesen worden. 48 Nach dem zweiten Schriftsatzwechsel, der vom Gericht für den öffentlichen Dienst gemäß Art. 55 seiner Verfahrensordnung genehmigt worden war, ist das schriftliche Verfahren gemäß der Verfahrensordnung des Gerichts abgeschlossen worden. 49 Da die Parteien nicht gemäß Art. 106 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt haben, hat das Gericht, das sich für durch die Aktenstücke der Rechtssache hinreichend unterrichtet hält, beschlossen, über die Klage ohne mündliches Verfahren zu entscheiden. 50 Die Klägerin beantragt, — die Entscheidung vom 28. Mai 2015 aufzuheben; — erforderlichenfalls die stillschweigende Entscheidung vom 31. Mai 2015, mit der die Einstellungsbehörde die Verlängerung ihres Vertrags abgelehnt habe, und, sofern erforderlich, die Entscheidung über die Beschwerde aufzuheben; — das Parlament zur Zahlung von Schadensersatz zuzüglich Zinsen in Höhe eines nach billigem Ermessen festzusetzenden Betrags von 115000 Euro für den geltend gemachten immateriellen Schaden zu verurteilen; — dem Parlament die Kosten aufzuerlegen. 51 Das Parlament beantragt, — die Klage als unbegründet abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zum Gegenstand der Klage und zum ordnungsgemäßen Ablauf des Vorverfahrens 52 Mit ihren ersten drei Anträgen wendet sich die Klägerin nacheinander gegen die Entscheidung vom 28. Mai 2015, gegen die ihrer Ansicht nach am Tag der Beendigung ihres Vertrags, d. h. am 31. Mai 2015, ergangene stillschweigende Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Nichtverlängerung des genannten Vertrags und gegen die Entscheidung über die Beschwerde. Bestimmung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung 53 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in dem Fall, in dem ein Vertrag eines Bediensteten auf Zeit verlängert werden kann, die Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Nichtverlängerung dieses Vertrags, die nach Durchführung eines speziell zu diesem Zweck vorgesehenen Verfahrens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2005, Smit/Europol, T‑143/03, EU:T:2005:71, Rn. 28 bis 31) oder auf einen Antrag hin ergeht, den der Betroffene als Person, auf die das Statut Anwendung findet, gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts gestellt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Kommission/Fernández Gómez, C‑417/05 P, EU:C:2006:582, Rn. 38), eine beschwerende Maßnahme darstellt, die vom fraglichen Vertrag zu unterscheiden ist und innerhalb der im Statut vorgesehenen Fristen Gegenstand einer Beschwerde oder sogar einer Klage nach Art. 270 AEUV sein kann, (Urteil vom 15. Oktober 2008, Potamianos/Kommission, T‑160/04, EU:T:2008:438, Rn. 21, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss vom 23. Oktober 2009, Kommission/Potamianos und Potamianos/Kommission, C‑561/08 P und C‑4/09 P, EU:C:2009:656, Rn. 46). 54 Im vorliegenden Fall ist der Antrag auf Vertragsverlängerung, wie die Klägerin in diesem Antrag klargestellt hat, als Antrag an die Einstellungsbehörde nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts anzusehen. In besagtem Antrag hat die Klägerin erläutert, weshalb sie der Ansicht ist, dass es in ihrem und im Interesse der Dienststelle liege, ihren Vertrag über dessen Ende, d. h. den 31. Mai 2015 hinaus zu verlängern. 55 Dazu ist festzustellen, dass der Verlängerungsantrag, auch wenn er in Kopie an den Generalsekretär übersandt wurde, zu einer Antwort geführt hat, nämlich zu der Entscheidung vom 28. Mai 2015, die formal nicht von einer Person verfasst wurde, die in diesem Zuständigkeitsbereich befugt war, im Namen der Einstellungsbehörde zu handeln. Die besagte Antwort wurde nämlich im Namen des Leiters des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ erteilt. 56 Wie der Inhalt des Schreibens vom 14. Juli 2015 zeigt, das von dem „in Vertretung“ als Einstellungsbehörde handelnden Leiter des Referats Einstellung von Vertragsbediensteten der Direktion Personalressourcen der GD „Personal“ stammte, handelte der Leiter des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ bei seiner Antwort in der E‑Mail vom 28. Mai 2015 jedoch offenbar im Einvernehmen mit der Einstellungsbehörde. Jedenfalls durfte die Klägerin unter Berücksichtigung der dienstlichen Stellung des fraglichen Beamten vernünftigerweise davon ausgehen, dass diese Antwort vom 28. Mai 2015 auf den Verlängerungsantrag von der Einstellungsbehörde stammte und damit eine Entscheidung dieser Behörde darstellte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Januar 1984, Erdini/Rat, 65/83, EU:C:1984:24, Rn. 7, vom 30. Juni 1993, Devillez u. a./Parlament, T‑46/90, EU:T:1993:54, Rn. 13, und vom 28. Juni 2006, Le Maire/Kommission, F‑27/05, EU:F:2006:56, Rn. 40). 57 Folglich stellte die Entscheidung vom 28. Mai 2015 die Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin und damit die beschwerende Maßnahme dar, gegen die sie ihre Beschwerde einlegen und ihren ersten Aufhebungsantrag richten konnte. 58 Der zweite Aufhebungsantrag betrifft jedoch eine stillschweigende Entscheidung von gleicher Tragweite, die am Tag der Beendigung des Vertrags der Klägerin, d. h. am 31. Mai 2015 ergangen sein soll. Auf diese Entscheidung hat der Generalsekretär in der Entscheidung über die Beschwerde Bezug genommen, da er davon ausging, dass er in der vorprozessualen Phase mit einer Beschwerde über die Rechtmäßigkeit der besagten stillschweigenden Entscheidung befasst worden sei. 59 Da der Einstellungsbehörde keine statutarische Verpflichtung obliegt, von einer etwaigen in den BSB vorgesehenen Möglichkeit, den Anstellungsvertrag eines Bediensteten zu verlängern, Gebrauch zu machen oder den Betroffenen innerhalb einer bestimmten Frist über ihre diesbezügliche Absicht zu unterrichten, kann ihr nicht unterstellt werden, zum Zeitpunkt des Vertragsendes stillschweigend entschieden zu haben, diese Möglichkeit nicht in Anspruch zu nehmen. Aus diesem Grund hat der Richter der Europäischen Union im Übrigen die Auffassung vertreten, dass ein Schreiben, das einen Bediensteten lediglich auf die Bestimmungen seines Vertrags hinweist, die den Zeitpunkt betreffen, zu dem dieser Vertrag endet, und das gegenüber den genannten Bestimmungen nichts Neues enthält, keine beschwerende Maßnahme darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juli 1987, Castagnoli/Kommission, 329/85, EU:C:1987:352, Rn. 10 und 11, und vom 14. September 2006, Kommission/Fernández Gómez, C‑417/05 P, EU:C:2006:582, Rn. 45 bis 47, sowie Beschluss vom 2. Februar 2001, Vakalopoulou/Kommission, T‑97/00, EU:T:2001:38, Rn. 14). 60 Damit von einer Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Verlängerung eines Vertrags gesprochen werden kann, muss diese Entscheidung daher das Ergebnis einer von der Einstellungsbehörde vorgenommenen Überprüfung der Interessen der Dienststelle und des Betroffenen sein und die Einstellungsbehörde muss die Bedingungen des ursprünglichen Vertrags, der bereits das Enddatum des Vertrags vorsieht, neu bewertet haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2013, Solberg/EBDD, F‑124/12, EU:F:2013:157, Rn. 18, 20 und 34). 61 Eine solche Entscheidung ist jedoch am 28. Mai 2015 in Beantwortung des Verlängerungsantrags ausdrücklich ergangen. Entgegen der Feststellung des Generalsekretärs in der Entscheidung über die Beschwerde – die erklärt, weshalb die Klägerin die Aufhebung einer solchen Entscheidung begehrt – ist nach der Entscheidung vom 28. Mai 2015 keine stillschweigende Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Verlängerung des Vertrags der Klägerin über dessen Ende hinaus ergangen. 62 Daher ist der zweite Aufhebungsantrag gegenstandslos und folglich als unzulässig zurückzuweisen. 63 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der ursprüngliche Rechtsakt der Einstellungsbehörde, deren Aufhebung die Klägerin begehrt, im vorliegenden Fall die Entscheidung vom 28. Mai 2015 in der E‑Mail vom selben Tage in der durch die Entscheidung vom 14. Juli 2015 bestätigten Fassung ist (im Folgenden zusammen als angefochtene ursprüngliche Entscheidung bezeichnet). Zur Ordnungsgemäßheit des Vorverfahrens 64 Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Zulässigkeit einer Klage, die gemäß Art. 270 AEUV und Art. 91 des Statuts vor dem Gericht erhoben wird, einen ordnungsgemäßen Ablauf des Vorverfahrens und die Einhaltung der darin vorgesehenen Fristen voraus (Urteile vom 6. Juli 2004, Huygens/Kommission, T‑281/01, EU:T:2004:207, Rn. 125, und vom 9. Januar 2007, Van Neyghem/Ausschuss der Regionen, T‑288/04, EU:T:2007:1, Rn. 53, sowie Beschluss vom 14. Januar 2014, Lebedef/Kommission, F‑60/13, EU:F:2014:6, Rn. 37). 65 Die Beschwerde- und Klagefristen der Art. 90 und 91 des Statuts sind zwingendes Recht und stehen nicht zur Disposition der Parteien und des Gerichts, das ihre Einhaltung – auch von Amts wegen – zu überprüfen hat. Diese Fristen entsprechen dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung in der Rechtspflege zu vermeiden (Urteil vom 7. Juli 1971, Müllers/WSA, 79/70, EU:C:1971:79, Rn. 18, und Beschluss vom 22. April 2015, ED/ENISA, F‑105/14, EU:F:2015:33, Rn. 28). 66 Somit wirkt sich der Umstand, dass sich ein Organ oder eine Agentur in der Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde – wie hier – mit den vorgetragenen Argumenten in der Sache auseinandergesetzt hat, ohne darauf einzugehen, dass diese Argumente möglicherweise in einer verspätet eingelegten und damit unzulässigen Beschwerde geltend gemacht wurden, oder auch der Umstand, dass das Organ oder die Agentur den Betroffenen ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er die Entscheidung vor Gericht anfechten könne, nicht auf die vom Gericht vorzunehmende Beurteilung der Zulässigkeit der anschließend gegen diese Entscheidung erhobenen Klage aus. Denn diese Umstände können nicht bewirken, dass von dem durch die Art. 90 und 91 des Statuts eingeführten System der zwingenden Fristen abgewichen wird, und erst recht nicht, dass das Gericht von seiner Verpflichtung entbunden wird, die Einhaltung der statutarischen Fristen zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 1997, Rasmussen/Kommission, T‑35/96, EU:T:1997:36, Rn. 30, sowie Beschlüsse vom 15. Januar 2009, Braun-Neumann/Parlament, T‑306/08 P, EU:T:2009:6, Rn. 37, und vom 20. März 2014, Michel/Kommission, F‑44/13, EU:F:2014:40, Rn. 68). 67 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Klägerin ihre Beschwerde gegen die angefochtene ursprüngliche Entscheidung am 22. Juli 2015 innerhalb der statutarischen Dreimonatsfrist eingelegt hat. Sie hat diese Beschwerde jedoch durch ein als ergänzende Beschwerde eingestuftes Schreiben vom 10. September 2015 vervollständigen wollen, in dem sie neue Argumente zum Schreiben vom 20. August 2015 vorgebracht hat, mit dem der Generalsekretär inzwischen zum einen über ihre andere Beschwerde vom 24. April 2015 gegen die Entscheidung über die neue dienstliche Verwendung entschieden und zum anderen die Entscheidung vom 4. Februar 2015 abgeändert hatte, soweit der Generaldirektor darin das den Beistandsantrag betreffende Verfahren zu Unrecht als abgeschlossen betrachtet hatte. 68 Das Schreiben vom 14. Juli 2015, mit dem die Einstellungsbehörde die Entscheidung vom 28. Mai 2015 bestätigt hat, hat insoweit zwar nicht bewirkt, dass eine neue Dreimonatsfrist für die Einlegung einer Beschwerde gegen die letztgenannte Entscheidung in Gang gesetzt worden ist, auch wenn dieses Schreiben eine Gelegenheit für die Einstellungsbehörde gewesen sein mag, ihre Begründung der besagten Entscheidung zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 22. April 2015, ED/ENISA, F‑105/14, EU:F:2015:33, Rn. 38 bis 42). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Schreiben vom 20. August 2015, wie die Klägerin vorgetragen hat, eine neue Tatsache darstellte und die Einstellungsbehörde jedenfalls in der Entscheidung über die Beschwerde, die nach Ablauf der statutarischen Beantwortungsfrist von vier Monaten, aber innerhalb der in Art. 270 AEUV genannten Klagefrist erging, gemäß dem Fall, der in Art. 91 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Statuts vorgesehen ist, die zusätzlichen Argumente berücksichtigt hat, die von der Klägerin im Schreiben vom 10. September 2015 dargelegt worden waren. 69 Folglich ist der Ablauf des Vorverfahrens als ordnungsgemäß anzusehen. Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Beschwerde 70 Was den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Beschwerde angeht, so sind die Verwaltungsbeschwerde im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung nach der ständigen Rechtsprechung zum Recht des öffentlichen Dienstes der Union Bestandteil eines komplexen Verfahrens und nur eine Vorbedingung für die Anrufung des Gerichts. Daher bewirkt die Erhebung einer Klage, selbst wenn sie formal gegen die Zurückweisung der Beschwerde gerichtet ist, dass das Gericht mit der beschwerenden Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist (Urteil vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, EU:C:1989:8, Rn. 7 und 8), es sei denn, die Zurückweisung der Beschwerde hat eine andere Tragweite als die Maßnahme, gegen die sich die Beschwerde richtet (Urteil vom 25. Oktober 2006, Staboli/Kommission, T‑281/04, EU:T:2006:334, Rn. 26). 71 Es kann nämlich sein, dass eine ausdrückliche Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde in Anbetracht ihres Inhalts die vom Kläger angefochtene Maßnahme nicht lediglich bestätigt. Das ist der Fall, wenn die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde eine Überprüfung der Lage des Klägers aufgrund neuer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände enthält oder die ursprüngliche Entscheidung ändert oder vervollständigt. In diesen Fällen stellt die Zurückweisung der Beschwerde eine Handlung dar, die der Kontrolle durch das Gericht unterliegt, das diese Handlung bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme berücksichtigt oder sie sogar als eine beschwerende Maßnahme ansieht, die an die Stelle der angefochtenen Maßnahme tritt (vgl. Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 72 Da der Betroffene nach dem System des Statuts bzw. der BSB gegen die Entscheidung, mit der er nicht einverstanden ist, Beschwerde einlegen und gegen die Entscheidung, die seine Beschwerde zurückweist, Klage erheben muss, hat der Gerichtshof entschieden, dass die Klage zulässig ist, unabhängig davon, ob sie nur gegen die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, gegen die Entscheidung, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wurde, oder gegen diese beiden Entscheidungen zusammen gerichtet ist, sofern die Beschwerde und die Klage innerhalb der Fristen der Art. 90 und 91 des Statuts eingereicht wurden (Urteil vom 26. Januar 1989, Koutchoumoff/Kommission, 224/87, EU:C:1989:38, Rn. 7). Nach dem Grundsatz der Verfahrensökonomie kann das Gericht jedoch entscheiden, dass über den Antrag, der sich gegen die Entscheidung richtet, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wurde, nicht eigens zu entscheiden ist, wenn es feststellt, dass dieser Antrag keinen eigenständigen Gehalt hat und in Wirklichkeit mit dem Antrag zusammenfällt, der sich gegen die Entscheidung richtet, gegen die die Beschwerde eingelegt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, EU:C:1989:8, Rn. 8 und 9). 73 Im vorliegenden Fall geht aus dem Wortlaut der Entscheidung über die Beschwerde hervor, dass der Generalsekretär nicht nur die Begründetheit der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung bestätigt hat, sondern auch beschlossen hat, der Klägerin ex gratia einen Betrag von 22000 Euro zu gewähren, womit er anerkannt hat, dass diese aufgrund der ihr von ihren Vorgesetzten im Dezember 2014 gegebenen Zusicherungen hinsichtlich der bevorstehenden Verlängerung ihres Vertrags bis 31. Dezember 2015 ein berechtigtes Vertrauen erworben hatte. Außerdem wird in der Entscheidung über die Beschwerde, die einen eigenständigen Entscheidungsgehalt gegenüber der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung hat, auch erläutert, weshalb die Einstellungsbehörde am 7. Dezember 2015 nicht in der Lage war, der Klägerin eine Stelle über den 31. Dezember 2015 hinaus anzubieten. 74 Unter diesen Umständen ist über den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung, soweit darin eine Verlängerung des Vertrags der Klägerin über den 31. Mai 2015 hinaus abgelehnt wird, unter Berücksichtigung der Begründung in der Entscheidung über die Beschwerde und über den Antrag auf Aufhebung der letztgenannten Entscheidung, soweit die Einstellungsbehörde darin eine Verlängerung des Vertrags der Klägerin für die Zeit nach dem 31. Dezember 2015 abgelehnt hat, zusammen zu entscheiden. Vom Parlament erhobene Einrede der Unzulässigkeit 75 In seiner Klagebeantwortung trägt das Parlament vor, die Klägerin habe ein Interesse an einer Klage gegen die angefochtene ursprüngliche Entscheidung nicht dargetan. Zum einen sei sie hinsichtlich ihres Ersuchens um Vertragsverlängerung im Rahmen des Vorverfahrens befriedigt worden, da ihr die Einstellungsbehörde zusätzlich zu der in den BSB vorgesehenen Leistung bei Arbeitslosigkeit einen Betrag von 22000 Euro gezahlt habe, der den Bezügen entspreche, die sie erhalten hätte, wenn ihr Vertrag für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 2015 verlängert worden wäre. Zum anderen könne eine etwaige Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung durch das Gericht als solche nicht dazu führen, dass die Klägerin in einer Stelle innerhalb des Parlaments wiederverwendet werde. 76 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Klage auf Aufhebung einer Entscheidung nur zulässig, soweit der Kläger ein Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Rechtsakts hat. Ein solches Interesse besteht nur, wenn die Aufhebung des Rechtsakts als solche Rechtswirkungen für den Betroffenen haben kann oder wenn – mit anderen Worten – die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Beschluss vom 22. April 2015, ED/ENISA, F‑105/14, EU:F:2015:33, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). 77 Wie die Klägerin zu Recht geltend gemacht hat, hatte sie im Verlängerungsantrag um eine Verlängerung ihres Vertrags über den 31. Mai 2015 hinaus ersucht und sich dabei nicht ausschließlich auf eine Verlängerung bis 31. Dezember 2015 bezogen. Sie hatte insoweit sogar eigens darauf hingewiesen, dass ihr Anstellungsvertrag ihrer Auffassung nach bis 31. Januar 2018 verlängert werden könne. 78 Unabhängig davon, dass der Klägerin ein Betrag von 22000 Euro u. a., aber nicht ausschließlich als Ausgleich für die Bezüge gezahlt wurde, die sie erhalten hätte, wenn sie bis 31. Dezember 2015 im Dienst verblieben wäre, hat sie daher weiterhin ein Rechtsschutzinteresse, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die Einstellungsbehörde in der Entscheidung über die Beschwerde erklärt hat, sie könne ihr über den 31. Dezember 2015 hinaus keinen Anstellungsvertrag anbieten. 79 Das Argument des Parlaments, dass die Klägerin selbst im Fall einer Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung dadurch nicht wieder in ihrer Stelle verwendet würde, kann nicht für den Nachweis genügen, dass die Klägerin kein Interesse daran hat, gegen die angefochtene ursprüngliche Entscheidung und die Entscheidung über die Beschwerde vorzugehen. Nach ständiger Rechtsprechung hat nämlich, um seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV nachzukommen, das Organ, dem der vom Unionsrichter aufgehobene Rechtsakt zur Last fällt, nach dem ihm insoweit zustehenden Ermessen unter Beachtung sowohl des Tenors und der Gründe des durchzuführenden Urteils als auch der anwendbaren Bestimmungen des Unionsrechts zu bestimmen, welche Maßnahmen zur Durchführung des Aufhebungsurteils erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. August 1994, Parlament/Meskens, C‑412/92 P, EU:C:1994:308, Rn. 28 und 30; vom 8. Oktober 1992, Meskens/Parlament, T‑84/91, EU:T:1992:103, Rn. 80, und vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 82). 80 Zum einen hat die Klägerin entgegen der vom Parlament offensichtlich angestellten Erwägung in ihrem Antrag nicht förmlich darum ersucht, in ihrer früheren Stelle wiederverwendet zu werden. Zum anderen wäre die Einstellungsbehörde im Fall einer Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde jedenfalls nicht unbedingt verpflichtet, die Klägerin in Durchführung der Entscheidung des Gerichts wiedereinzustellen. 81 In diesem Fall wäre es nämlich ausschließlich Sache des Organs, gemäß Art. 266 AEUV die erforderlichen Maßnahmen festzulegen, die u. a. in einer Wiederverwendung der Klägerin in einer Dienststelle des Parlaments ebenso wie in einer auf andere Gründe gestützten Bestätigung der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags über den 31. Dezember 2015 hinaus oder in der Gewährung einer angemessenen finanziellen Entschädigung der Klägerin im Rahmen einer etwaigen gütlichen Beilegung bestehen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 2016, GV/EAD, F‑137/14, EU:F:2016:14, Rn. 91 bis 93 und die dort angeführte Rechtsprechung). 82 Folglich ist die vom Parlament erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. Zu den Anträgen auf Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde 83 Zur Stützung ihrer Anträge auf Aufhebung der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde bringt die Klägerin im Wesentlichen vier Klagegründe vor, mit denen geltend gemacht wird: — erstens ein Ermessensmissbrauch sowie ein Verstoß gegen Art. 88 Buchst. b BSB, Art. 12a Abs. 2 des Statuts und Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte; — zweitens ein Verstoß gegen Art. 30 der Charta der Grundrechte; — drittens ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Fürsorgepflicht; — viertens ein Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte sowie eine Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Erster Klagegrund 84 Zur Stützung ihres ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Einstellungsbehörde habe angesichts der Widersprüchlichkeit der Gründe, die sie in der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und in der Entscheidung über die Beschwerde für ihre Entscheidung über die Nichtverlängerung des Anstellungsvertrags angeführt habe, ermessensmissbräuchlich gehandelt. Der wirkliche Grund für die Entscheidung, ihre Dienste nach mehr als 13 Jahren direkter oder indirekter Zusammenarbeit innerhalb der Newsdesk Hotline des Referats Audiovisuelles nicht mehr in Anspruch zu nehmen, sei nämlich ihr Beistandsantrag gewesen. Die angefochtene ursprüngliche Entscheidung sei daher eine Vergeltungsmaßnahme gegen sie. 85 Beweis hierfür sei, dass die Einstellungsbehörde trotz der Tatsache, dass sie ihre Anstellungsverträge seit 2005 kontinuierlich verlängert und ihr im Dezember 2014 mitgeteilt habe, ihren Vertrag bis 31. Dezember 2015 zu verlängern, als Umsetzungsmaßnahme beschlossen habe, sie für einen auf drei Monate verkürzten Zeitraum und anschließend für einen Zeitraum von zwei Monaten dem Referat Besuchsprogramme zuzuweisen. Obwohl die Einstellungsbehörde ihr gegenüber am 4. März 2015 bestätigt habe, dass der Bedarf dieses Referats wachse, habe sie am Ende zur Rechtfertigung ihrer abschließenden Entscheidung, ihren Vertrag nicht zu verlängern, vorgegeben, dass das besagte Referat in Wirklichkeit nur eine punktuelle Verstärkung für die Organisation der Veranstaltung zu seinem 40‑jährigen Bestehen benötigt habe und danach keinen Bedarf mehr gehabt habe. Die Klägerin behauptet allerdings, nicht gewusst zu haben, dass diese einmalige Veranstaltung der Grund für die letzte Verlängerung ihres Vertrags als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten um lediglich zwei Monate gewesen sei. 86 Im Übrigen habe sich der betreffende Referatsleiter vor Erlass der Entscheidung über die neue dienstliche Verwendung nicht mit dem Direktor der Direktion Medien in Verbindung gesetzt, um sich nach der Bedarfslage dieser Direktion mit Blick auf die Befähigungen der Klägerin zu erkundigen. 87 Die Klägerin stellt auch die Entscheidung der GD „Kommunikation“, einen Beamten mit ihren früheren Aufgaben zu betrauen, in Frage, da sich diese Entscheidung durch den festen Willen der Einstellungsbehörde erklären lassen könnte, „sich [ihrer] zu entledigen“. 88 Die angefochtene ursprüngliche Entscheidung und die Entscheidung über die Beschwerde seien letztlich nicht im Interesse der Dienststelle ergangen, und bei deren Erlass sei das Interesse der Klägerin nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden. Dies verletze jedoch ihr Recht aus Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte auf unparteiische und gerechte Behandlung ihres Falles. Da die besagten Entscheidungen in Wirklichkeit Vergeltungsmaßnahmen der Einstellungsbehörde als Antwort auf die Einreichung des Beistandsantrags darstellten, seien sie darüber hinaus unter Verstoß gegen Art. 12a Abs. 2 des Statuts ergangen. Da die Einstellungsbehörde gemäß Art. 88 Buchst. b BSB über die Möglichkeit verfügt habe, den Vertrag der Klägerin bis 31. Januar 2018 zu verlängern, habe sie mit dem Verzicht darauf, in ihrem Fall von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ebenfalls gegen die genannte Vorschrift verstoßen. 89 Das Parlament beantragt, den ersten Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, da die Behauptung der Klägerin, dass es mit seiner Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags ihr habe schaden oder Vergeltung für die Stellung des Beistandsantrags üben wollen, sich durch nichts belegen lasse. Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 88 BSB, der nach Auffassung der Klägerin eine Verlängerung ihres Vertrags bis 31. Januar 2018 erlaubt habe, gehe in Anbetracht der Rechtsprechung, die sich u. a. aus dem Urteil vom 21. Mai 2014, Kommission/Macchia (T‑368/12 P, EU:T:2014:266, Rn. 51), ergebe, ins Leere. 90 Das Parlament hebt hervor, dass der Vorschlag, den Vertrag um drei Monate vom 1. Januar bis 31. März 2015 zu verlängern, zwar auf Veranlassung des Referatsleiters, den die Klägerin des Mobbings beschuldige, gemacht worden sei, der Vorschlag einer Verlängerung um zwei Monate bis 31. Mai 2015 aber auf den Leiter des Referats Besuchsprogramme zurückgehe, ebenso wie dessen Entscheidung, angesichts des Bedarfs seiner Dienststelle die GD „Personal“ um keine weitere Verlängerung des Vertrags der Klägerin zu ersuchen. Das Parlament bestreitet jedenfalls, dass die Einstellungsbehörde der Klägerin widersprüchliche Gründe für die Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags genannt habe. Das Parlament habe den Grundsatz der Fürsorgepflicht beachtet, u. a. deshalb, weil es den Vertrag der Klägerin sogar nach Einreichung des Beistandsantrags noch verlängert und überdies in der Entscheidung über die Beschwerde beschlossen habe, ihr in Anerkennung des Umstands, dass sie möglicherweise ein berechtigtes Vertrauen in die Verlängerung ihrer Anstellung bis 31. Dezember 2015 erworben habe, ex gratia eine Entschädigung zu gewähren. 91 Nach ständiger Rechtsprechung kann von einem Ermessensmissbrauch, der die Vermutung der Rechtmäßigkeit erschüttert, die eine Maßnahme einer zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde genießt, nur dann ausgegangen werden, wenn nachgewiesen ist, dass diese Behörde mit dem Erlass der streitigen Maßnahme einen anderen Zweck als den der betreffenden Regelung verfolgt hat oder sich auf der Grundlage objektiver, stichhaltiger und übereinstimmender Anhaltspunkte herausstellt, dass die fragliche Maßnahme zur Erreichung anderer als der angegebenen Zwecke getroffen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2006, Nijs/Rechnungshof, T‑171/05, EU:T:2006:288, Rn. 64, Beschluss vom 22. Oktober 2015, Macchia/Kommission, T‑80/15 P, EU:T:2015:845, Rn. 67, und Urteil vom 26. März 2015, CW/Parlament, F‑41/14, EU:F:2015:24, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). 92 Die Behauptung der Klägerin, ihr unmittelbarer Vorgesetzter habe sie gemobbt, genügt insoweit nicht für den Nachweis, dass jede von der Einstellungsbehörde – insbesondere während der Dauer der Verwaltungsuntersuchung – getroffene Maßnahme rechtswidrig gewesen ist. Hierfür muss der Betroffene nämlich zusätzlich nachweisen, dass die Handlungen, die den Tatbestand eines Mobbings erfüllen sollen, sich auf den Inhalt der angefochtenen Maßnahme ausgewirkt haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Februar 2010, Menghi/ENISA, F‑2/09, EU:F:2010:12, Rn. 69, vom 26. März 2015, CW/Parlament, F‑41/14, EU:F:2015:24, Rn. 89, und vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 109), weil dies dann bedeutet, dass die Einstellungsbehörde über ihre Beamten und Bediensteten in höheren Positionen von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat, um ein Ziel zu erreichen, das angesichts von Art. 12a der Satzung rechtswidrig ist, wonach sich „[d]er Beamte … jeder Form von Mobbing oder sexueller Belästigung [enthält]“. 93 Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass der Grund, aus dem der Vertrag der Klägerin nur um drei Monate, d. h. vom 1. Januar bis 31. März 2015, verlängert worden ist und nicht für die Dauer eines Jahres, wie der Klägerin u. a. vom Referatsleiter angekündigt worden war, weder vernünftigerweise noch objektiv mit einer plötzlichen Entscheidung in Verbindung gebracht werden kann, die dieser Referatsleiter oder allgemeiner die Einstellungsbehörde auf den Beistandsantrag der Klägerin hin getroffen hat. 94 Auch wenn der Referatsleiter der seinerzeit im Krankheitsurlaub befindlichen Klägerin sowie zwei anderen Vertragsbediensteten in seiner E‑Mail vom 26. November 2014 ankündigte, dass ihre Verträge um ein ganzes Jahr verlängert würden und er im Rahmen seiner Befugnisse versuche, möglichst eine Verlängerung ihre Anstellung innerhalb seines Referats zu erreichen, die länger sei als zuvor, wies er nämlich gleichwohl nachdrücklich auf die bestehenden Schwierigkeiten – insbesondere auf die Haushaltsprobleme – hinsichtlich des Fortbestands ihrer Anstellung und Aufgaben in der Zukunft hin. 95 Darauf folgte die E‑Mail vom 10. Dezember 2014, von der die seinerzeit im Krankheitsurlaub befindliche Klägerin, wie vermutet werden darf, insbesondere deshalb Kenntnis erhielt, weil sie während des besagten Urlaubs ihre dienstliche Mailbox nutzte (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Januar 2014, Lebedef/Kommission, F‑60/13, EU:F:2014:6, Rn. 45 und 46). In dieser E‑Mail, die am Tag vor der Einreichung des Beistandsantrags durch die Klägerin versandt wurde, wurde der Betroffenen jedoch klar der sachliche Grund dargelegt, aus dem ihr Anstellungsvertrag nicht um ein Jahr wie vom Referatsleiter und einem ihrer Kollegen vielleicht angekündigt, sondern nur für einen Zeitraum von drei Monaten verlängert werde. Grund hierfür war, dass sie ohne Erfolg an einem CAST‑Auswahlverfahren teilgenommen hatte und ihre Akte im Laufe des Januars 2015 daher vom Auswahlausschuss im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung ihres Anstellungsvertrags über den genannten Zeitraum von drei Monaten hinaus geprüft werden musste. Somit kann die Klägerin vernünftigerweise nicht geltend machen, die Entscheidung der Einstellungsbehörde, ihren Vertrag nur um drei Monate zu verlängern, hänge mit dem Beistandsantrag zusammen, der im vorliegenden Fall einen Tag, nachdem sie von der Einstellungsbehörde die Mitteilung über die verkürzte Verlängerung ihres Vertrags und die Gründe für diese Entscheidung erhalten hatte, gestellt wurde. 96 Nachdem die Klägerin aufgrund der Umsetzungsmaßnahme dem Referat Besuchsprogramme zugewiesen worden war, wurde – wie aus dem vom Direktor der GD „Kommunikation“ ausgefüllten Formular vom 2. März 2015 hervorgeht – der Vorschlag einer Verlängerung des Vertrags der Klägerin um zwei weitere Monate, nämlich vom 1. April bis 31. Mai 2015, gemacht, nachdem der Auswahlausschusses eine befürwortende Stellungnahme auf seiner Sitzung vom 25. Februar 2015 abgegeben hatte, einem Zeitpunkt, zu dem der Name der Klägerin bereits in die Liste aufgenommen worden sein musste, die in dem in Rn. 19 des vorliegenden Urteils genannten Formular vom 2. März 2015 erwähnt wird. 97 Im Formular vom 2. März 2015 ist dazu angegeben, dass die beantragte Verlängerung durch die Notwendigkeit einer Verstärkung des Referats Besuchsprogramme gerechtfertigt sei, „um der zunehmenden Arbeitsbelastung infolge der Feierlichkeiten anlässlich des 40‑jährigen Bestehens des [Programms] zu begegnen, für die Ende Mai [2015] eine ganze Reihe von Veranstaltungen geplant ist“. Die Klägerin bestreitet jedoch, über diesen Grund für die letzte Verlängerung ihres Vertrags unterrichtet worden zu sein. 98 Sie bestreitet aber nicht, dass am 4. Februar 2015 tatsächlich ein Gespräch stattgefunden hat. In seiner E‑Mail vom 28. Mai 2015 hat der Leiter des Referats „Personal“ der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ ausgeführt, ohne dass die Klägerin dem in der vorgerichtlichen oder gerichtlichen Phase entgegengetreten wäre, dass er ihr bei diesem Gespräch vom 4. Februar 2015 erläutert habe, dass die Wahl der Einstellungsbehörde hinsichtlich ihrer als Umsetzungsmaßnahme vorgesehenen neuen dienstlichen Verwendung auf das Referat Besuchsprogramme innerhalb der GD „Kommunikation“ gefallen sei, weil dieses Referat für die Feierlichkeiten anlässlich des besagten 40‑jährigen Bestehens, die für den 26. Mai 2015 geplant gewesen seien, Verstärkung benötigt habe. 99 Angesichts dessen kann die Klägerin auch nicht geltend machen, die Einstellungsbehörde habe mit ihrer Entscheidung, ihren Vertrag nur um zwei zusätzliche Monate vom 1. April bis 31. Mai 2015 zu verlängern, kein anderes Ziel als die Bestrafung der Klägerin für die Stellung des Beistandsantrags verfolgt. 100 Sofern die Klägerin mit dem ersten Klagegrund die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Einstellungsbehörde in Frage stellen will, ihren Vertrag nur für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2015 zu verlängern oder diese Verlängerung ausschließlich auf den Bedarf des Referats Besuchsprogramme und nicht auf den des Referats Audiovisuelles zu stützen, dem sie ursprünglich zugewiesen war, ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerin diese Entscheidung – unabhängig davon, dass sie den fraglichen Nachtrag am 27. März 2015 unterzeichnet hat – nicht im Wege einer Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts angefochten hat. Folglich kann sie die Rechtmäßigkeit dieser nunmehr bestandskräftigen Entscheidung im Rahmen der vorliegenden Klage nicht in Frage stellen. 101 In Anbetracht des Vorstehenden können die Punkte, die von der Klägerin zu dem Umstand vorgetragen worden sind, dass das Referat Besuchsprogramme der GD „Personal“ keinen Vorschlag für eine Verlängerung ihres Vertrags unterbreitet hat, nach Ansicht des Gerichts nicht als objektive, stichhaltige und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür angesehen werden, dass die Entscheidung der Einstellungsbehörde, ihren Vertrag nicht über den 31. Mai 2015 hinaus zu verlängern, zu anderen als den von dieser Behörde angegebenen Zwecken erlassen wurde, da aus den Akten hervorgeht, dass diese Entscheidung ergangen ist, weil kein Ersuchen der Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ um Verlängerung des besagten Vertrags auf der Grundlage eines Antrags eines der zu dieser Generaldirektion gehörenden Referate vorlag. 102 Was den Umstand angeht, dass die Einstellungsbehörde nach der neuen dienstlichen Verwendung der Klägerin im Referat Besuchsprogramme beschlossen hat, Beamte mit den Aufgaben zu betrauen, die zuvor die Klägerin im Referat Audiovisuelles wahrgenommen hatte, was zur Folge hatte, dass für dieses Referat kein Grund mehr bestand, eine nochmalige Verlängerung ihres Anstellungsvertrags zu beantragen, obwohl die Klägerin seit 2003 in besagtem Referat beschäftigt gewesen war, so ist darauf hinzuweisen, dass die Dauerplanstellen der Organe zum einen grundsätzlich mit Beamten besetzt werden sollen und solche Stellen nur ausnahmsweise von Bediensteten besetzt werden können (Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 78). Zum anderen verfügt die Verwaltung bei der Organisation und Strukturierung ihrer Dienststellen über einen weiten Ermessensspielraum und kann beschließen, dass Aufgaben, die nicht eindeutig festgelegt sind oder sich im Laufe der Zeit verändert haben und mit denen zuvor – möglicherweise als Ersatz für Beamte oder Bedienstete auf Zeit – Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten betraut waren, nunmehr Dauerplanstellen zuzuordnen sind. 103 Den Organen und Agenturen der Union ist es nämlich überlassen, ihre Verwaltungseinheiten unter Berücksichtigung einer Reihe von Faktoren – etwa Art und Umfang der ihnen übertragenen Aufgaben und haushaltsmäßigen Möglichkeiten – zu strukturieren (Urteile vom 17. Dezember 1981, Bellardi-Ricci u. a./Kommission, 178/80, EU:C:1981:310, Rn. 19, vom 25. September 1991, Sebastiani/Parlament, T‑163/89, EU:T:1991:49, Rn. 33, und vom 9. Februar 1994, Lacruz Bassols/Gerichtshof, T‑109/92, EU:T:1994:16, Rn. 88). Diese Freiheit schließt die Befugnis ein, im Interesse einer effizienteren Organisation der Tätigkeiten oder entsprechend haushaltsbedingten Vorgaben der politischen Instanzen der Union für die Einsparung von Planstellen solche Stellen zu streichen und die Zuordnung von Aufgaben zu ändern, ebenso die Befugnis, Aufgaben, die zuvor vom Inhaber der gestrichenen Planstelle wahrgenommen wurden, neu zuzuweisen, ohne dass diese Stellenstreichung unbedingt davon abhängt, dass die zu erfüllenden Aufgaben in ihrer Gesamtheit von weniger Personen durchgeführt werden als vor der Neuorganisation. Im Übrigen verlangt die Streichung einer Stelle nicht unbedingt, dass die mit dieser Stelle verbundenen Aufgaben weggefallen sind (vgl. Urteile vom 11. Juli 1997, Cesaratto/Parlament, T‑108/96, EU:T:1997:115, Rn. 49 bis 51, und vom 10. September 2014, Tzikas/ERA, F‑120/13, EU:F:2014:197, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). 104 Im vorliegenden Fall konnte die Einstellungsbehörde daher frei entscheiden, nunmehr Beamte mit den Aufgaben zu betrauen, die zuvor von der Klägerin als Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten und von einer ihrer Kolleginnen – ebenfalls einer Vertragsbediensteten für Hilfstätigkeiten – wahrgenommen worden waren. Da der Referatsleiter die Klägerin und zwei ihrer Kolleginnen, die ebenfalls Vertragsbedienstete waren, in seiner E‑Mail vom 26. November 2014, also vor Einreichung des Beistandsantrags, bereits davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass eine Neuorganisation der Newsdesk Hotline im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Beamten der Funktionsgruppe Administration (AD) in das Referat unmittelbar bevorstehe, kann die Klägerin vernünftigerweise nicht geltend machen, die Entscheidung der Einstellungsbehörde, einen Beamten für die Aufgaben einzustellen, die zuvor sie im Referat Audiovisuelles wahrgenommen hatte, sei ein Beweis oder auch nur ein objektiver und stichhaltiger Anhaltspunkt für die Absicht, sie für die Stellung des Beistandsantrags zu bestrafen. Es ist nämlich offensichtlich, dass diese Entscheidung objektiv dem Streben nach einer zweckmäßigeren Organisation der Dienststellen entsprach und der Durchführung der Entscheidung der Einstellungsbehörde diente, der Newsdesk Hotline durch die Beschäftigung von Beamten in diesem Bereich mehr Gewicht zu verleihen. 105 Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin keine objektiven, stichhaltigen und übereinstimmenden Anhaltspunkte zur Untermauerung ihrer Behauptung eines Ermessensmissbrauchs beigebracht hat. 106 Aus den gleichen Gründen kann sie auch nicht geltend machen, dass die Einstellungsbehörde durch die angefochtene ursprüngliche Entscheidung und die Entscheidung über die Beschwerde gegen Art. 12a Abs. 2 des Statuts verstoßen habe, wonach einem Beamten, der das Opfer von Mobbing oder sexueller Belästigung gewesen ist oder über Mobbing oder sexuelle Belästigung ausgesagt hat, von Seiten des Organs keine Nachteile entstehen, und ebenso wenig, dass ihr Fall im Hinblick auf Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte von der Einstellungsbehörde nicht unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt worden sei. 107 Zu dem von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen Art. 88 Buchst. b BSB ist festzustellen, dass diese Bestimmung in ihrer seit dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung vorsah, dass im Fall „eines Vertragsbediensteten [für Hilfstätigkeiten] im Sinne des Artikels 3b … die gesamte Beschäftigungszeit in einem Organ – einschließlich der Zeit einer möglichen Verlängerung des Vertrages – drei Jahre nicht übersteigen [darf]“. In der Fassung, die die Bestimmung durch das Inkrafttreten der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung des Statuts und der BSB (ABl. 2013, L 287, S. 15) erhalten hat, ist die Beschäftigungszeit auf sechs Jahre erhöht worden. Auch wenn die besagte Vorschrift eine Höchstdauer für die Beschäftigung in dieser Stellenkategorie vorsieht, schreibt sie der Einstellungsbehörde doch keineswegs eine Mindestdauer für die Beschäftigung eines unter die genannte Stellenkategorie fallenden Bediensteten vor. 108 Folglich verstößt der Umstand, dass die Einstellungsbehörde mit der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde die höchstmögliche Dauer der Anstellung der Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten nicht ausgenutzt hat, offensichtlich nicht gegen Art. 88 Buchst. b der BSB. 109 Schließlich kann die Klägerin als Anhaltspunkt für einen Ermessensmissbrauch nicht anführen, dass die Einstellungsbehörde ihre Haltung ihr gegenüber nach Einreichung des Beistandsantrags „plötzlich“ geändert habe, denn sie habe immer „seit dem 6. Januar 2003 gezielt eine Lösung gesucht und gefunden, die [ihre] Weiterbeschäftigung möglich machte“. Dass die Klägerin, die weder ein von EPSO durchgeführtes allgemeines Auswahlverfahren noch ein parlamentsinternes Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen hat, von der Einstellungsbehörde mittels verschiedener aufeinanderfolgender, unter verschiedene Stellenkategorien fallender Verträge weiterhin für die Ausübung weitgehend identischer Tätigkeiten beschäftigt werden konnte, verpflichtete die Einstellungsbehörde nämlich in keiner Weise, das Beschäftigungsverhältnis mit der Betroffenen fortzusetzen, da das Hauptmerkmal von Verträgen zur Einstellung als Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten ihre zeitliche Begrenztheit ist, die dem Zweck dieser Verträge entspricht, nämlich Aufgaben, die ihrem Wesen nach oder wegen des Fehlens eines Stelleninhabers begrenzt sind, durch Zeitpersonal ausführen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 86), und da die auf der Grundlage eines befristeten Vertrags eingestellten Bediensteten des öffentlichen Dienstes der Union die zeitliche Begrenztheit ihrer Anstellung und die Tatsache, dass die Anstellung keine Beschäftigungsgarantie verleiht, nicht außer Betracht lassen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Dezember 2013, ETF/Schuerings, T‑107/11 P, EU:T:2013:624, Rn. 84). 110 Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. Zweiter Klagegrund 111 Da die Klägerin meint, sie sei infolge eines Ermessensmissbrauchs der Einstellungsbehörde entlassen worden, sieht sie die Entlassung als ungerechtfertigt und folglich als Verstoß gegen Art. 30 der Charta der Grundrechte an, in dem es heißt: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.“ Darüber hinaus rügt sie, dass die Einstellungsbehörde in der Entscheidung über die Beschwerde nicht zu diesem Argument Stellung genommen hat, so dass „die angefochtenen Entscheidungen aufgehoben werden müssen“. 112 Das Parlament vertritt die Auffassung, der zweite Klagegrund greife nicht durch, da der Vertrag der Klägerin zum darin vorgesehenen Zeitpunkt geendet habe und folglich nicht von der Einstellungsbehörde aufgelöst worden sei. 113 Dazu ist festzustellen, dass der zweite Klagegrund der Klägerin auf der offensichtlich falschen Annahme beruht, dass die Einstellungsbehörde im vorliegenden Fall eine Entlassungsentscheidung nach Art. 47 Buchst. b Ziff. ii BSB oder nach Art. 49 dieser Regelung erlassen habe, obwohl der Anstellungsvertrag der Klägerin gemäß Art. 47 Buchst. b Ziff. i BSB, der nach Art. 119 BSB für Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten gilt, „zu dem im Vertrag festgelegten Zeitpunkt“ geendet hat. 114 Demnach ist der zweite Klagegrund jedenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Dritter Klagegrund 115 Zur Stützung ihres dritten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, die angefochtene ursprüngliche Entscheidung und die Entscheidung über die Beschwerde seien mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet. Dies könne schon allein aufgrund der Tatsache festgestellt werden, dass die Einstellungsbehörde widersprüchliche Gründe für ihre Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags angegeben habe, was zeige, dass die von dieser Behörde angeführten Gründe nicht plausibel seien. Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, die Einstellungsbehörde habe ihre Fürsorgepflicht verletzt. 116 Das Parlament beantragt, den dritten Klagegrund zurückzuweisen. Die Einstellungsbehörde habe bereits 2009 beschlossen, das Referat Audiovisuelles neu zu strukturieren, da dieses mittlerweile sehr funktionsfähige und mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattete Referat eine hohe Zahl von Vertragsbediensteten aufgewiesen habe. So seien mehrere Auswahl- und Ausleseverfahren organisiert worden, die es der Mehrzahl der Bediensteten dieses Referats ermöglicht hätten, den Beamtenstatus zu erlangen. Die Klägerin habe diese Auswahlverfahren jedoch nicht erfolgreich durchlaufen, so dass sie nicht auf einen Beamtenposten in diesem Referat habe eingestellt werden können. 117 Den Verlängerungsantrag habe die Einstellungsbehörde mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft, habe aber über keine freie Stelle verfügt, die eine Verlängerung des Vertrags der Klägerin als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten hätte ermöglichen können. Beweis hierfür sei die Tatsache, dass nach dem 31. Mai 2015 – dem Tag der Beendigung des Vertrags des Klägerin – nur ein einziger Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten in der Direktion Medien vom 3. August 2015 bis 2. Februar 2016 als Ersatz für einen Mitarbeiter des Referats „EUROPARL TV“ der Direktion Medien eingestellt worden sei. Als am 15. April 2015 der Antrag auf Einstellung dieses Bediensteten gestellt worden sei, sei die Klägerin, die ebenso wie der besagte Bedienstete auf einer CAST‑Auswahlliste gestanden habe, jedoch nicht verfügbar gewesen, da sie sich noch im Krankheitsurlaub befunden habe, der Ende September 2014 begonnen habe. Innerhalb des Referats Audiovisuelles gebe es nur noch einen einzigen Vertragsbediensteten für Hilfstätigkeiten der Funktionsgruppe IV, nachdem ein anderer Vertragsbediensteter derselben Funktionsgruppe während der Laufzeit seines Vertrags aus diesem Referat in das Referat „EUROPARL TV“ versetzt worden sei. Ferner werde die Koordination des Teams der Newsdesk Hotline des Referats Audiovisuelles nunmehr von einem Beamten wahrgenommen, die laufenden Aufgaben, die seinerzeit die Klägerin wahrgenommen habe, seien einem Beamten zugewiesen worden, und es sei ein dritter Beamter eingestellt worden, der das besagte Team vervollständige. Im Referat Besuchsprogramme sei nach dem 31. Mai 2015 kein Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten mehr eingestellt worden. Diese Erläuterungen zeigten, dass es keinerlei Möglichkeit gegeben habe, den Vertrag der Klägerin in den beiden oben erwähnten Referaten oder ganz allgemein in der Direktion Medien zu verlängern. 118 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Verlängerung eines Vertrags als Bediensteter auf Zeit nach ständiger Rechtsprechung um eine bloße Möglichkeit handelt, die dem Ermessen der zuständigen Behörde – hier der Einstellungsbehörde – überlassen ist. 119 Die Organe verfügen bei der Organisation ihrer Dienststellen entsprechend den ihnen übertragenen Aufgaben und bei der Verwendung des ihnen dafür zur Verfügung stehenden Personals nämlich über ein weites Ermessen, auch wenn diese Verwendung im dienstlichen Interesse erfolgen muss. Dabei muss die zuständige Behörde bei der Entscheidung über die Situation eines Bediensteten alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die geeignet sind, sie in ihrer Entscheidung zu leiten, d. h. nicht nur das dienstliche Interesse, sondern insbesondere auch das Interesse des betreffenden Bediensteten. Das gebietet die Fürsorgepflicht der Verwaltung, die das Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten widerspiegelt, das das Statut und entsprechend auch die BSB in den Beziehungen zwischen der Verwaltung und ihren Bediensteten geschaffen haben (vgl. Urteil vom 24. November 2015, Kommission/D’Agostino, T‑670/13 P, EU:T:2015:877, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 120 Die BSB verpflichten die Verwaltung jedoch nicht dazu, vorab die Möglichkeit einer Versetzung eines Bediensteten auf Zeit in eine andere Dienststelle als die seiner bisherigen Verwendung zu prüfen, weder bei der Kündigung eines unbefristeten Vertrags (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Dezember 2013, ETF/Schuerings, T‑107/11 P, EU:T:2013:624, Rn. 98, und vom 4. Dezember 2013, ETF/Michel, T‑108/11 P, EU:T:2013:625, Rn. 99) noch bei Nichtverlängerung eines befristeten Vertrags (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 2014, Kommission/Macchia, T‑368/12 P, EU:T:2014:266, Rn. 57). Ebenso wenig besteht eine solche Verpflichtung in Bezug auf Vertragsbedienstete wie die Klägerin, die keine Planstelle besetzen, die in dem Stellenplan vorgesehen ist, der dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes einzelne Organ beigefügt ist. Dagegen muss die Verwaltung, auch wenn solche Bedienstete keine in besagtem Stellenplan enthaltene Planstelle besetzen, bei ihrer Entscheidung über den Antrag eines Bediensteten auf Vertragsverlängerung sogar bei dieser Gruppe von Bediensteten alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die geeignet sind, sie in ihrer Entscheidung zu leiten, d. h. nicht nur das dienstliche Interesse, sondern insbesondere auch das Interesse des betreffenden Bediensteten (Urteil vom 24. November 2015, Kommission/D’Agostino, T‑670/13 P, EU:T:2015:877, Rn. 34). 121 Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, in dem die Einstellungsbehörde, um ihrer Beistandsverpflichtung nach Art. 24 des Statuts nachzukommen, beschlossen hatte, die Klägerin einem anderen Referat zuzuweisen als dem, in dem sie eingestellt worden war, hatte sie im Rahmen der Prüfung des Verlängerungsantrags und aufgrund der Fürsorgepflicht – unter Berücksichtigung des von der Klägerin geäußerten Wunsches, ihr Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen, und trotz der Tatsache, dass diese sich tatsächlich seit Oktober 2014 im Krankheitsurlaub befand – zu beurteilen, ob das dienstliche Interesse sowohl im Referat der ursprünglichen Verwendung als auch im Referat der neuen Verwendung die Einstellung eines Bediensteten mit dem Profil der Klägerin verlangte. 122 Wegen des weiten Ermessens, über das die Organe in diesem Bereich verfügen, beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle allerdings auf die Prüfung der Frage, ob kein offensichtlicher Fehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil vom 24. November 2015, Kommission/D’Agostino, T‑670/13 P, EU:T:2015:877, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 123 Im vorliegenden Fall geht aus den Akten klar hervor, dass die Einstellungsbehörde im Stadium der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung sowohl das dienstliche Interesse beim Referat Besuchsprogramme als auch das Interesse der Klägerin, so wie es im Verlängerungsantrag zum Ausdruck gekommen war, berücksichtigt hat. Sie ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass sie der Klägerin keine Verlängerung ihrer Anstellung als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten anbieten könne, und zwar unabhängig von der Tatsache, dass ihr Name nunmehr in einer Auswahlliste der Vertragsbediensteten aufgeführt war. 124 Darüber hinaus war die Feststellung der Einstellungsbehörde, dass innerhalb des Referats Besuchsprogramme nach Abschluss der Feierlichkeiten anlässlich des 40‑jährigen Bestehens dieses Referats kein Bedarf mehr an einer Verstärkung der Verwaltung bestehe, in Anbetracht des Vorbringens des Parlaments und der von ihm vorgelegten Unterlagen nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet. Diese Feststellung wird auch nicht durch den Umstand entkräftet, dass der Generaldirektor der GD „Personal“ in seiner E‑Mail vom 4. März 2015 auf einen wachsenden Bedarf des besagten Referats zu jenem Zeitpunkt verwiesen hatte. Zum einen konnte dieser Hinweis nämlich so aufgefasst werden, dass er sich auf den Bedarf im Zusammenhang mit dem 40. Jahrestag bezog. Zum anderen steht jedenfalls fest, dass die Einstellungsbehörde nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags der Klägerin keinen einzigen Vertragsbediensteten für Hilfstätigkeiten zur Wahrnehmung von Aufgaben innerhalb des Referats Besuchsprogramme eingestellt hat, was bestätigt, dass der Bedarf, selbst wenn er wachsend war, dies in Wirklichkeit nur punktuell gewesen war und jedenfalls nicht die Einstellung eines Bediensteten über den 31. Mai 2015 hinaus rechtfertigte. 125 Insbesondere in Anbetracht von Art. 11 Abs. 2 der Entscheidung des Präsidiums des Parlaments vom 3. Mai 2004 über die interne Regelung über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten (im Folgenden: interne Regelung über die Einstellung), wonach Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten gemäß Art. 3b BSB eingestellt werden, um die Kontinuität des Dienstes zu gewährleisten, durfte die Einstellungsbehörde somit davon ausgehen, dass sie nach dem erwähnten 40. Jahrestag keinen Bedarf mehr an einer Einstellung dieser Art von Bediensteten für das Referat Besuchsprogramme und insbesondere an den Diensten eines Bediensteten mit einem Berufsprofil wie dem der Klägerin hatte. 126 Was die Berücksichtigung des dienstlichen Interesses beim Referat Audiovisuelles betrifft, geht aus den Akten zwar hervor, dass die Einstellungsbehörde, wie die Klägerin vorträgt, für ihre Stellungnahme in der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung den Bedarf dieses Referats nicht geprüft hatte, da am 28. Mai und 14. Juli 2015 Zweifel, die die Klägerin im Rahmen ihrer Beschwerde vom 24. April 2015 auszuräumen versucht hatte, hinsichtlich der Frage bestanden, welches Referat als dasjenige anzusehen war, in dem die Klägerin tatsächlich eingestellt worden war. Von diesem Referat aber musste ein etwaiger Antrag auf Verlängerung des Vertrags der Klägerin an die Direktion Ressourcen der GD „Kommunikation“ ausgehen, die dann die als Einstellungsbehörde handelnde GD „Personal“ um eine solche Verlängerung ersuchen konnte. 127 In der Antwort vom 20. August 2015 auf die Beschwerde der Klägerin vom 24. April 2015 hat der Generalsekretär diese Unklarheit jedoch beseitigt, indem er bestätigte, dass die Klägerin dem Referat Besuchsprogramme vorübergehend zugewiesen worden sei. In ihrer ergänzenden Beschwerde vom 10. September 2015 hat die Klägerin daraufhin bestritten, dass es im Hinblick auf den Bedarf des Referats Audiovisuelles – dem sie für die Dauer der Verwaltungsuntersuchung, die von der Einstellungsbehörde auf den Beistandsantrag hin eröffnet worden war, als zugewiesen galt – nicht im dienstlichen Interesse gelegen habe, ihren Anstellungsvertrag zu verlängern. 128 Für den Erlass der Entscheidung über die Beschwerde hat die Einstellungsbehörde in Beantwortung des Vorbringens in der ergänzenden Beschwerde vom 10. September 2015 aber das dienstliche Interesse im Hinblick auf den Bedarf des Referats Audiovisuelles geprüft. Sie ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass ungeachtet des Interesses der Klägerin an einer Verlängerung ihrer Anstellung dort kein Bedarf bei diesem Referat bestand, der eine solche Verlängerung bei dem Referat oder ganz allgemein innerhalb der GD „Kommunikation“ gerechtfertigt hätte. Folglich ist die Rüge der Klägerin, die sich auf die Nichtberücksichtigung des dienstlichen Interesses bezieht, als unbegründet zurückzuweisen. 129 Hierzu ist noch festzustellen, dass die Einstellungsbehörde entgegen dem Vorbringen der Klägerin bei einer Entscheidung über die Nichtverlängerung eines Vertrags die Gründe für diese Entscheidung, wie sie es im vorliegenden Fall getan hat, im Stadium des Beschwerdeverfahrens ändern oder ersetzen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 33 bis 46, und vom 10. September 2014, Tzikas/ERA, F‑120/13, EU:F:2014:197, Rn. 79). Der endgültige Standpunkt des Organs wird nämlich zu dem Zeitpunkt festgelegt, zu dem die Antwort auf die Beschwerde verfasst wird. Somit ist in diesem Stadium zu prüfen, ob die Einstellungsbehörde angesichts der Begründung sowohl der ursprünglichen Entscheidung als auch der Antwort auf die Beschwerde die Fürsorgepflicht beachtet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2017, LP/Europol, T‑719/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:7, Rn. 54). 130 Die Klägerin macht in der Erwiderung ferner geltend, das Parlament habe im vorliegenden Fall in der Klagebeantwortung „nacheinander die verschiedenen Referate – [das] Referat [‚]EUROPARL TV[‘], [das] Referat Audiovisuelles, [das] Team Hotline Newsdesk –, [die die Einstellungsbehörde] für die Möglichkeit einer Verlängerung des Vertrags der Klägerin in Betracht gezogen hatte“, aufgeführt, um in tempore suspecto eine neue Begründung für die angefochtene ursprüngliche Entscheidung und die Entscheidung über die Beschwerde zu geben. Eine solche Begründung sei jedoch unzulässig. 131 Das völlige Fehlen einer Begründung im Rahmen von Klagen nach Art. 270 AEUV kann zwar nicht durch Erklärungen nach Klageerhebung geheilt werden, da solche Erklärungen ihren Zweck in diesem Stadium nicht mehr erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22, vom 9. Dezember 1993, Parlament/Volger, C‑115/92 P, EU:C:1993:922, Rn. 23, und vom 23. Februar 1994, Coussios/Kommission, T‑18/92 und T‑68/92, EU:T:1994:19, Rn. 74 bis 76). Dies gilt aber nicht, wenn die angefochtene Maßnahme der Einstellungsbehörde oder der Anstellungsbehörde des beklagten Organs unzureichend begründet ist. 132 Im letztgenannten Fall kann dieses beklagte Organ nämlich im Laufe des Verfahrens zusätzliche Erläuterungen geben, die den Klagegrund eines Begründungsmangels gegenstandslos machen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 1984, Picciolo/Parlament, 111/83, EU:C:1984:200, Rn. 22, vom 8. März 1988, Sergio u. a./Kommission, 64/86, 71/86 bis 73/86 und 78/86, EU:C:1988:119, Rn. 52, sowie vom 30. November 1993, Perakis/Parlament, T‑78/92, EU:T:1993:107, Rn. 52). In einem solchen Fall ist das beklagte Organ jedoch nicht berechtigt, die fehlerhafte ursprüngliche Begründung der angefochtenen Maßnahme durch eine völlig neue Begründung zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar 1990, Culin/Kommission, C‑343/87, EU:C:1990:49, Rn. 15, und vom 6. November 1997, Berlingieri Vinzek/Kommission, T‑71/96, EU:T:1997:170, Rn. 79). 133 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Einstellungsbehörde in der Entscheidung über die Beschwerde ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass „die Möglichkeit, [die Klägerin] im Referat Audiovisuelles wieder zu beschäftigen, … nicht mehr in Betracht kommt, weil in der Zwischenzeit entschieden worden ist, einen Beamten mit der Erfüllung der Aufgaben zu betrauen, für die sie eingestellt worden war“, und „es der GD „K[ommunikation]“ unter Berücksichtigung des spezifischen Profils [der Klägerin] und der Aufgaben, die sie wahrgenommen hatte, nicht möglich war, ihr über den 31. Dezember 2015 hinaus eine andere, ihren Qualifikationen entsprechende Stelle anzubieten“. 134 Somit stellen die Hinweise des Parlaments in der gerichtlichen Phase zu den verschiedenen Referaten der Direktion Medien und der zur GD „Kommunikation“ gehörenden Direktion Beziehungen zu den Bürgern, bei denen die Einstellungsbehörde die Möglichkeit einer Verlängerung des Vertrags der Klägerin geprüft hatte, lediglich zusätzliche Erläuterungen im Sinne der oben in Rn. 132 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung dar, d. h., diese Hinweise beachten, soweit sie sich auf die Lage vor der Entscheidung über die Beschwerde oder zur Zeit ihres Erlasses beziehen, den Grundsatz des rechtmäßigen Handelns (Urteil vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 27). Es steht nämlich fest, dass der von der Einstellungsbehörde sowohl in der Entscheidung über die Beschwerde als auch in der gerichtlichen Phase angeführte Grund für die Verweigerung einer Verlängerung des Vertrags der Klägerin über den 31. Dezember 2015 hinaus, auf den sich das Parlament beruft, das Fehlen einer verfügbaren Stelle innerhalb der GD „Kommunikation“ war, die unter Berücksichtigung des Profils der Klägerin eine solche Verlängerung erlaubt hätte. 135 Im Übrigen war die Einstellungsbehörde in Anbetracht der in den Rn. 119 und 120 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung nicht aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, die Möglichkeit einer Verlängerung des Vertrags der Klägerin im Hinblick auf eine Verwendung in anderen Referaten als den Referaten Audiovisuelles und Besuchsprogramme zu prüfen, da ein solches Vorgehen darauf hinausgelaufen wäre, der Klägerin ein Vorrecht zu gewähren, das nur zugunsten von Beamten besteht und die Interessen der Bediensteten dieser anderen Referate, die eine Verlängerung ihrer Anstellungsverträge in diesen Referaten anstrebten, oder die Interessen von Bewerbern offener Auswahlverfahren für freie Stellen in den besagten Referaten beeinträchtigt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Dezember 2013, ETF/Schuerings, T‑107/11 P, EU:T:2013:624, Rn. 87). Im vorliegenden Fall hat die Einstellungsbehörde in der Entscheidung über die Beschwerde jedoch – über die ihr obliegende Fürsorgepflicht hinaus – eine Prüfung der freien Stellen in der gesamten GD „Kommunikation“ vorgenommen, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, dass es keine geeignete Stelle gab, die eine solche Verlängerung über den 31. Dezember 2015 hinaus ermöglicht hätte. 136 Diese Feststellung ist jedenfalls nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet. 137 Die Klägerin hatte nämlich zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags eine Stelle als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten inne. Wie der Referatsleiter in seiner E‑Mail vom 26. November 2014 angekündigt hatte, wurde das Referat Audiovisuelles, was auch die vom Parlament übermittelten Informationen und Daten belegen, neu organisiert, damit die Einstellungsbehörde Beamte mit den Aufgaben betrauen konnte, die zuvor die Klägerin wahrgenommen hatte. Dies fällt, wie zuvor dargelegt, in das weite Ermessen der Behörde bei der Organisation ihrer Dienststellen. Deshalb konnte sie die Stelle, die Gegenstand der Stellenausschreibung mit dem Aktenzeichen AST/157554 war, vorrangig im Wege der Versetzung eines Beamten der Funktionsgruppe Assistenz besetzen; diesen Status besaß die Klägerin nicht. Darüber hinaus belegen die vom Parlament vorgelegten Unterlagen, dass im Jahr 2016 – nach dem Ausscheiden der Klägerin – nur ein einziger Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten innerhalb der Direktion Medien eingestellt wurde. Es handelte sich dabei um einen Bediensteten, der eingestellt wurde, um vom 3. August 2015 bis 2. Februar 2016 eine Person zu ersetzen, die sich im Mutterschaftsurlaub befand. Dieser Bedienstete wurde aber für Aufgaben im Referat „EUROPARL TV“ eingestellt und damit in einem anderen Referat als den Referaten Audiovisuelles und Besuchsprogramme. Zudem stand die Klägerin zum Zeitpunkt seiner Einstellung nicht für eine solche Vertretung zur Verfügung, da sie sich selbst im Krankheitsurlaub befand, und nichts deutet darauf hin, dass sie das richtige Profil gehabt hätte, das für diese Vertretung erforderlich war. 138 Die Klägerin beklagt sich ferner darüber, dass die innerhalb des Parlaments veranstalteten internen Auswahlverfahren trotz der von ihr eingereichten Anträge nur „sehr spezifische und technische [Profile] … als Archivare, Monteure, Grafiker oder Produzenten“ betroffen hätten. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 27 des Statuts „[b]ei der Einstellung [von Beamten] … anzustreben [ist], dem Organ die Mitarbeit von Beamten zu sichern, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen; sie sind unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Union auf möglichst breiter geografischer Grundlage auszuwählen“. Folglich kann kein Bediensteter die Veranstaltung eines seinem Profil entsprechenden Auswahlverfahrens verlangen, da ein Organ seinen Bediensteten den Zugang zum Beamtenstatus trotz Art. 4 Abs. 3 der internen Regelung über die Einstellung nicht in einer Weise erleichtern darf, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung zuwiderliefe. 139 Die Klägerin macht schließlich geltend, sie habe letztlich beinahe 13 Jahre lang mit unterschiedlichem Status dieselben Aufgaben wahrgenommen. Die Einstellungsbehörde hätte deshalb aufgrund der Fürsorgepflicht ihren letzten Vertrag verlängern müssen. 140 Dazu ist Folgendes festzustellen: Obwohl die Klägerin für ein Unternehmen arbeitete, das Dienstleistungen für das Parlament erbrachte, bot die Einstellungsbehörde ihr ab 1. April 2005 eine direkte Anstellung als Vertragsbedienstete an und ab 1. Februar 2006 erhielt die Klägerin eine Stelle als Bedienstete auf Zeit. Gemäß Art. 8 Abs. 2 BSB endete dieser Vertrag über die Anstellung als Bedienstete auf Zeit zwangsläufig mit Ablauf der Beschäftigungshöchstdauer von sechs Jahren für Bedienstete auf Zeit und es ist festzustellen, dass diese Anstellung, die als Ausnahme von dem Grundsatz, der die Besetzung von Dauerplanstellen durch Ernennung von Beamten vorsieht, erfolgte, nur zum Ziel haben konnte, den dienstlichen Erfordernissen des Referats Audiovisuelles gerecht zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 79). 141 Die Einstellungsbehörde sorgte jedoch nach dem Ende der Anstellung der Klägerin als Zeitbedienstete für die Höchstdauer von sechs Jahren dafür, dass die Klägerin weiterhin bei ihr beschäftigt werden konnte, im vorliegenden Fall als Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten, auch wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang nunmehr geltend macht, sie sei durchweg mit den gleichen Aufgaben betraut worden, ob als Bedienstete auf Zeit, Hilfskraft oder Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten, was letztlich Zweifel daran aufkommen lässt, ob der Rückgriff der Einstellungsbehörde auf die eine oder andere dieser Stellenkategorien begründet war. 142 Darüber hinaus hat sich die Einstellungsbehörde damit einverstanden erklärt, der Klägerin ex gratia einen Betrag von 22000 Euro zu gewähren. 143 All dies zeugt von der Fürsorge der Einstellungsbehörde gegenüber der Betroffenen. 144 Nach alledem konnte die Einstellungsbehörde, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen und ohne ihre Fürsorgepflicht zu verletzen, im vorliegenden Fall feststellen, dass es ihr nicht möglich sei, den Vertrag der Klägerin – zumindest über den 31. Dezember 2015 hinaus – zu verlängern. 145 Demnach ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Vierter Klagegrund 146 Zur Stützung des vierten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, die Einstellungsbehörde habe es unter Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte unterlassen, sie vor dem Erlass der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung anzuhören. Wäre sie angehört worden, hätte sie geltend machen können, dass der Bedarf des Referats Besuchsprogramme wachse und eine Verlängerung ihres Anstellungsvertrags erfordere. Die Einstellungsbehörde hätte sich dann bei diesem Referat nach seinem wirklichen Bedarf erkundigen und den offensichtlichen Widerspruch zwischen dem tatsächlichen Bedarf und der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung, in der ein solcher Bedarf verneint worden sei, aufklären können. Darüber hinaus hätte die Klägerin die Einstellungsbehörde darauf hinweisen können, dass sie am 24. April 2015 eine Beschwerde gegen die Entscheidung über die neue dienstliche Verwendung eingelegt habe, um deren dauerhaften Charakter anzufechten; zudem hätte sie geltend machen können, dass andere Referate der GD „Kommunikation“, insbesondere die Direktion Medien und innerhalb dieser das Referat Audiovisuelles Bedarf an Personal gehabt hätten. Auch die Veröffentlichung von vier Stellenausschreibungen zwischen dem 27. März und dem 29. Mai 2015 sei eine Tatsache, auf die sie sich vor der Einstellungsbehörde hätte berufen können, um das Bestehen des besagten Bedarfs nachzuweisen. Schließlich hätte sie zur Stützung des Verlängerungsantrags die Aussage des Direktors der Direktion Medien zur Bedarfslage dieser Direktion erwirken können. 147 Abgesehen davon, so die Klägerin, dass die angefochtene ursprüngliche Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn die Einstellungsbehörde sie vorab zur Frage der Verlängerung ihres Vertrags angehört hätte, komme die Tatsache, dass die Einstellungsbehörde im Stadium der Entscheidung über die Beschwerde die Begründung ihrer ursprünglichen Entscheidung durch eine völlig neue Begründung ersetzt habe, die in Widerspruch zur ersten stehe, einer Verletzung der Begründungspflicht gleich. Das Gleiche gelte für den Umstand, dass die Einstellungsbehörde in der Entscheidung über die Beschwerde auf einige der Rügen der Klägerin nicht eingegangen sei. 148 Das Parlament beantragt, den vierten Klagegrund zurückzuweisen, und stellt fest, dass die Klägerin im vorliegenden Fall im Verlängerungsantrag habe darlegen können, weshalb die Verlängerung ihres Vertrags ihrer Auffassung nach gerechtfertigt sei. Die Einstellungsbehörde habe die hierzu von der Klägerin dargelegten Argumente gebührend berücksichtigt, insbesondere als sie in der Entscheidung über die Beschwerde beschlossen habe, den aus berechtigtem Vertrauen hergeleiteten Anspruch der Klägerin auf Verlängerung ihres Vertrags bis 31. Dezember 2015 anzuerkennen. Selbst wenn die Einstellungsbehörde im vorliegenden Fall den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt hätte, hätte das Parlament auch bei ordnungsgemäßer Anhörung genauso entschieden, den Vertrag der Klägerin nicht zu verlängern. Die in der Klageschrift angeführten Argumente, die die Klägerin vor Erlass der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung habe geltend machen können, seien nämlich identisch mit denen, die sie im Verlängerungsantrag und in ihrer Beschwerde vom 22. Juli 2015 dargelegt habe und auf die sowohl in der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung als auch in der Entscheidung über die Beschwerde eingegangen worden sei. 149 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die nunmehr in Art. 41 der Charta der Grundrechte, den die Unionsgerichte für allgemein anwendbar erklärt haben (Urteil vom 11. September 2013, L/Parlament, T‑317/10 P, EU:T:2013:413, Rn. 81), verankerten Verteidigungsrechte – ohne sich darin zu erschöpfen – das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a vorgesehene prozessuale Recht jeder Person umfassen, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird (Urteil vom 5. Februar 2016, GV/EAD, F‑137/14, EU:F:2016:14, Rn. 71). 150 So gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör, der auch ohne eine geltende Regelung gewährleistet werden muss, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, zu den Punkten, die ihm in dem zu erlassenden Rechtsakt zur Last gelegt werden könnten, sachgerecht Stellung zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2015, BP/FRA, T‑658/13 P, EU:T:2015:356, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 115). 151 Insoweit ist zu bemerken, dass die Entscheidung einer Behörde, von einer ihr nach den BSB zustehenden Möglichkeit, den befristeten Anstellungsvertrag eines Bediensteten zu verlängern, keinen Gebrauch zu machen, formal keine Entscheidung ist, die nach Durchführung eines gegen den Betroffenen eingeleiteten Verfahrens ergangen ist. 152 Wenn ein Bediensteter, auf den das Statut Anwendung findet, vor Ablauf seines Anstellungsvertrags gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts einen Antrag auf Verlängerung dieses Vertrags stellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Kommission/Fernández Gómez, C‑417/05 P, EU:C:2006:582, Rn. 38) oder wenn das Organ in seiner internen Regelung vorsieht, dass vor Ablauf des Vertrags eines Bediensteten rechtzeitig ein besonderes Verfahren zur Verlängerung dieses Vertrags eingeleitet werden muss, ist jedoch davon auszugehen, dass die Einstellungsbehörde nach der Durchführung eines solchen Verfahrens oder in Beantwortung eines solchen statutarischen Antrags eine Entscheidung über die Verlängerung des Vertrags des Betroffenen erlässt und dieser, soweit eine solche Entscheidung ihn beschwert, von der Einstellungsbehörde gehört worden sein muss, bevor diese Entscheidung ergeht, die nach Art. 25 des Statuts – der gemäß Art. 92 BSB auf Vertragsbedienstete für Hilfstätigkeiten entsprechend Anwendung findet – überdies begründet werden muss. 153 In einer solchen Situation, in der die Einstellungsbehörde beschließt – sofern eine entsprechende Befugnis in den BSB vorgesehen ist –, von der ihr nach den BSB zustehenden Befugnis zur Verlängerung des Anstellungsvertrags eines Bediensteten keinen Gebrauch zu machen, kann eine solche Entscheidung über die Nichtverlängerung erst erlassen werden, nachdem dem Betroffenen Gelegenheit gegeben worden ist, sachgerecht Stellung zu nehmen. Dies kann in der Weise geschehen, dass die Einstellungsbehörde im Rahmen eines – auch nur kurzen – Gesprächs oder Schriftwechsels ihre Absicht, von dieser Befugnis keinen Gebrauch zu machen, und die Gründe hierfür mitteilt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 18. Dezember 2008, Sopropé, C‑349/07, EU:C:2008:746, Rn. 49 bis 52, vom 3. Juli 2014, Kamino International Logistics und Datema Hellmann Worldwide Logistics, C‑129/13 und C‑130/13, EU:C:2014:2041, Rn. 33, sowie vom 10. September 2014, Tzikas/ERA, F‑120/13, EU:F:2014:197, Rn. 59). Dieses Gespräch bzw. dieser Schriftwechsel muss von der Einstellungsbehörde ausgehen, der auch die Beweislast obliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Dezember 2007, Marcuccio/Kommission, C‑59/06 P, EU:C:2007:756, Rn. 47, vom 3. Juni 2015, BP/FRA, T‑658/13 P, EU:T:2015:356, Rn. 54, und vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 116). 154 In diesem Zusammenhang ist auch entschieden worden, dass der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte umso wichtiger ist, wenn die Entscheidung über die Nichtverlängerung des Anstellungsvertrags, wie im vorliegenden Fall, in einem Kontext ergangen ist, der sich durch Schwierigkeiten im Umgang untereinander auszeichnet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2015, BP/FRA, T‑658/13 P, EU:T:2015:356, Rn. 51, und vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 114), wobei jedoch darauf hinzuweisen ist, dass das Vorliegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör insbesondere anhand der Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu prüfen ist (Urteil vom 10. September 2013, G. und R., C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 34). 155 Im vorliegenden Fall hatte die Einstellungsbehörde nach Einreichung des Verlängerungsantrags – sechs Werktage vor Ablauf des Vertrags am 31. Mai 2015 und ungeachtet der Tatsache, dass die Verwaltung gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts insoweit über eine Beantwortungsfrist von vier Monaten verfügte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2017, LP/Europol, T‑719/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:7, Rn. 64) und sich die Betroffene seinerzeit im Krankheitsurlaub befand – in weniger als einer Woche auf den Verlängerungsantrag antworten können. Sie hat die Betroffene hierzu jedoch nicht vorab förmlich angehört, obwohl die Anforderungen, die sich aus Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte ergeben, für eine sorgfältig handelnde Verwaltung nicht besonders schwer zu erfüllen sind und die Anhörung der Betroffenen eine Mindestgarantie darstellt, wenn die Verwaltung, wie im vorliegenden Fall, in einem Bereich tätig wird, in dem sie über ein weites Ermessen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 2016, GV/EAD, F‑137/14, EU:F:2016:14, Rn. 77). Ebenso wenig hat die Einstellungsbehörde die Klägerin vor der bestätigenden Entscheidung vom 14. Juli 2015 formell angehört. 156 Folglich hat die Einstellungsbehörde im vorliegenden Fall den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt und damit gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte verstoßen. 157 Aber selbst wenn eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt, muss, damit dem Klagegrund stattgegeben werden kann, nach der Rechtsprechung außerdem die Voraussetzung erfüllt sein, dass das Verfahren ohne diese Unregelmäßigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Beschluss vom 14. April 2016, Dalli/Kommission, C‑394/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:262, Rn. 41, und Urteil vom 6. Februar 2007, Wunenburger/Kommission, T‑246/04 und T‑71/05, EU:T:2007:34, Rn. 149, vgl. auch Urteil vom 18. September 2015, Wahlström/Frontex, T‑653/13 P, EU:T:2015:652, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). 158 Das Gericht stellt dazu fest, dass die von der Klägerin in der gerichtlichen Phase vorgebrachten Gesichtspunkte im Wesentlichen denen entsprechen, die sie im Verlängerungsantrag dargelegt hatte. Die Einstellungsbehörde hat diese Gesichtspunkte aber berücksichtigt, da sie als Antwort auf diesen Antrag die angefochtene ursprüngliche Entscheidung, nämlich die Entscheidung vom 28. Mai 2015 in der durch die Entscheidung vom 14. Juli 2015 bestätigten Fassung erlassen hat. 159 Ebendiese Gesichtspunkte sind übrigens in der Beschwerdeschrift und in der ergänzenden Beschwerdeschrift wiederholt und entwickelt worden. In der Entscheidung über die Beschwerde ist die Einstellungsbehörde auf diese Argumente eingegangen, hat aber an ihrer Entscheidung über die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin festgehalten. Was die vier anderen Stellenausschreibungen angeht, auf die sich die Klägerin hätte berufen können, wenn sie angehört worden wäre, genügt die Feststellung, dass diese Ausschreibungen Stellen der Funktionsgruppe Administration betrafen, die vorrangig im Wege der Versetzung oder der Ernennung von Beamten besetzt werden mussten. 160 Selbst wenn die Klägerin vor Erlass der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung förmlich angehört worden wäre, ist angesichts der von ihr in der gerichtlichen Phase vorgebrachten Gesichtspunkte somit davon auszugehen, dass dies hinsichtlich der Verlängerung ihres Vertrags zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. 161 Unter Berücksichtigung des Vorstehenden sind der vierte Aufhebungsgrund und damit die Aufhebungsanträge insgesamt zurückzuweisen. Antrag auf Schadensersatz 162 Zur Stützung ihres Antrags auf Schadensersatz macht die Klägerin geltend, sie habe wegen der Rechtswidrigkeit der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde insbesondere deshalb einen immateriellen Schaden erlitten, weil diese Entscheidungen einen Ermessensmissbrauch der Einstellungsbehörde dargestellt hätten und einer Entlassung als Folge der Einreichung des Beistandsantrags gleichgekommen seien. Aufgrund der seelischen Verletzungen habe sie eine Therapie machen müssen und durch die Entscheidungen der Einstellungsbehörde sei ihre Würde angetastet worden. Ihr sei somit ein immaterieller Schaden entstanden, der durch Gewährung eines Betrags von 100000 Euro auszugleichen sei. 163 Darüber hinaus führt sie andere Aspekte an, die sich auf die Art und Weise beziehen, in der die Einstellungsbehörde mit ihren Bediensteten, deren Verträge auslaufen, kommuniziert, insbesondere die Sperrung ihrer elektronischen Mailbox am 31. Mai 2015 und die automatisierte Versendung von E‑Mails mit Informationen über die administrativen Schritte bei Vertragsende, um deren Nichtbeachtung die Betroffenen gebeten werden, wenn ihre Verträge kurzfristig verlängert werden. Dies stelle einen gesonderten Fehler der Verwaltung dar, der der Klägerin einen immateriellen Schaden verursacht habe, der durch die Gewährung eines Betrags von 15000 Euro auszugleichen sei. 164 Das Parlament beantragt, den Schadensersatzantrag als unbegründet zurückzuweisen, da seine Dienststellen keinen Fehler begangen hätten, weder im Rahmen des Erlasses der Entscheidung über die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin noch ganz allgemein bei der Art und Weise, in der ihr Fall behandelt worden sei. 165 Hierzu genügt der Hinweis, dass die Anträge auf Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens zurückgewiesen werden müssen, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, eng mit den Aufhebungsanträgen zusammenhängen, die ihrerseits als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, EU:C:2001:127, Rn. 129, vom 14. September 2006, Kommission/Fernández Gómez, C‑417/05 P, EU:C:2006:582, Rn. 51, und vom 30. April 2014, López Cejudo/Kommission, F‑28/13, EU:F:2014:55, Rn. 105). 166 Demnach ist der Schadensersatzantrag zurückzuweisen, da er sich auf Ersatz eines immateriellen Schadens bezieht, der wegen Rechtswidrigkeit der angefochtenen ursprünglichen Entscheidung und der Entscheidung über die Beschwerde geltend gemacht worden ist. 167 Soweit sich dieser Antrag auf Ersatz eines immateriellen Schadens bezieht, der mit einem gesonderten Fehler der Verwaltung zusammenhängen soll, lässt sich dieser vermeintliche Fehler mit den von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen in keiner Weise nachweisen. Da der E‑Mail-Verkehr ausschließlich einem unmittelbar auf die Aufgaben des Bediensteten bezogenen Gebrauch vorbehalten ist, war es nämlich nicht ungewöhnlich, dass die Einstellungsbehörde die Mailbox der Klägerin am Ende ihrer Anstellung deaktiviert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 74). Darüber hinaus konnte die Einstellungsbehörde im Hinblick auf den reibungslosen Ablauf des Dienstes beschließen, nach einem bestimmten Zeitplan automatisch E‑Mails an Bedienstete zu versenden, deren Verträge in Kürze ausliefen. 168 Folglich ist auch der Antrag auf Schadensersatz wegen eines vermeintlichen gesonderten Amtsfehlers der Einstellungsbehörde zurückzuweisen. 169 Da die Aufhebungsanträge und die Schadensersatzanträge zurückgewiesen worden sind, ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Kosten 170 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 171 Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Parlaments die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Frau HF trägt die Kosten. Pelikánová Nihoul Svenningsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. April 2017. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 1. März 2017.#Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Seekabotage – Beihilfen Frankreichs zugunsten der Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) und der Compagnie méridionale de navigation – Dienst von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – Ausgleichszahlungen für einen den Basisdienst ergänzenden Zusatzdienst, mit dem die Spitzenverkehrszeiten während der Tourismussaison abgedeckt werden sollen – Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden – Begriff der staatlichen Beihilfe – Vorteil – Altmark-Urteil – Festsetzung des Beihilfebetrags.#Rechtssache T-454/13.
62013TJ0454
ECLI:EU:T:2017:134
2017-03-01T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013TJ0454 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 1. März 2017 (*1) „Staatliche Beihilfen — Seekabotage — Beihilfen Frankreichs zugunsten der Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) und der Compagnie méridionale de navigation — Dienst von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse — Ausgleichszahlungen für einen den Basisdienst ergänzenden Zusatzdienst, mit dem die Spitzenverkehrszeiten während der Tourismussaison abgedeckt werden sollen — Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden — Begriff der staatlichen Beihilfe — Vorteil — Altmark-Urteil — Festsetzung des Beihilfebetrags“ In der Rechtssache T‑454/13 Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) mit Sitz in Marseille (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Winckler, F.‑C. Laprévote, J.‑P. Mignard und S. Mabile, dann A. Winckler und F.‑C. Laprévote sowie schließlich F.‑C. Laprévote und Rechtsanwalt C. Froitzheim, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch M. Afonso und B. Stromsky als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Corsica Ferries France SAS mit Sitz in Bastia (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Rodrigues und C. Bernard-Glanz, Streithelferin, wegen eines Antrags nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/435/EU der Kommission vom 2. Mai 2013 über die staatliche Beihilfe SA.22843 (2012/C) (ex 2012/NN) Frankreichs zugunsten der Société nationale Corse Méditerranée und der Compagnie méridionale de navigation (ABl. 2013, L 220, S. 20), erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter A. M. Collins (Berichterstatter) und V. Valančius, Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2016 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits Hauptakteure 1 Die Klägerin, die Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM), ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das Linienverbindungen u. a. nach Korsika (Frankreich) ab den Häfen von Marseille (Frankreich) und Nizza (Frankreich) sicherstellt, indem sie von diesen Häfen aus die Häfen in Ajaccio, Bastia, Calvi, Île-Rousse, Porto-Vecchio und Propriano bedient. 2 Zum maßgeblichen Zeitpunkt betrieb SNCM eine Flotte von zehn Schiffen, davon sechs Fähren, nämlich die Danielle Casanova, die Napoléon Bonaparte, die Corse, die Méditerranée, die Île de Beauté und die Excelsior, sowie vier kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe für die Beförderung von sowohl Personen als auch Fracht, nämlich die Jean Nicoli (die 2009 die Monte Cinto für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ersetzte), die Pascal Paoli, die Paglia Orba und die Monte d’Oro. 3 Mit Urteil vom 28. November 2014 eröffnete das Tribunal de commerce de Marseille (Handelsgericht Marseille, Frankreich) ein Insolvenzverfahren gegen SNCM. Mit Urteil vom 20. November 2015 nahm dieses Gericht eines der Angebote an, die ihm für die Übernahme von SNCM unterbreitet worden waren. In der Folge stellte es das Insolvenzverfahren auf ein Verfahren zur Liquidation von SNCM um und setzte die Inbesitznahme durch den Übernehmer auf den 45. Tag nach dem Datum des Urteils fest. 4 Die Compagnie méridionale de navigation (im Folgenden: CMN) ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das von Marseille aus u. a. die Häfen von Bastia, Ajaccio und Propriano bedient. 5 Für die Erbringung der fraglichen Dienste setzte CMN drei kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe, nämlich die Kalliste, die Girolata und die Scandola (später ersetzt durch die Piana), ein. 6 Die Corsica Ferries France SAS (im Folgenden: Corsica Ferries) ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das regelmäßige Fährverbindungen u. a. zwischen dem französischen Festland und Korsika bedient, nämlich die Strecken Nizza–Ajaccio, Nizza–Île-Rousse, Nizza–Bastia, Nizza–Calvi, Toulon–Ajaccio, Toulon–Bastia und Toulon–Île-Rousse. 7 Die Gebietskörperschaft Korsika ist eine juristische Person des französischen öffentlichen Rechts, die drei Körperschaften, nämlich das korsische Regionalparlament, den korsischen Exekutivrat sowie den korsischen Wirtschafts‑, Sozial- und Kulturrat, umfasst. 8 Das korsische Verkehrsamt ist eine französische öffentliche Anstalt mit gewerblichem Charakter, die von der Gebietskörperschaft Korsika eingerichtet wurde und mit der Umsetzung der Luft- und Seeverkehrspolitik der Insel betraut ist. Aufgabe des korsischen Verkehrsamts ist u. a. die Verwaltung der Gesamtmittelausstattung, die von der Gebietskörperschaft Korsika bereitgestellt wird, um die Kontinuität der Festlandsverbindungen zu gewährleisten, sowie die Aufteilung der Mittel zwischen Luft- und Seeverkehr. In diesem Rahmen schließt es mit den Verkehrsunternehmen – den mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Betrauten – Verträge, in denen u. a. die Tarife, die Durchführungsbedingungen und die Dienstleistungsqualität festgelegt werden. Mit dem Grundsatz der Kontinuität der Festlandsverbindungen soll ein Ausgleich für die Insellage geschaffen und die Verkehrsanbindung der Insel nach Modalitäten ausgestaltet werden, die denen der reinen Festlandsverbindungen möglichst nahekommen; außerdem zielt er darauf ab, auf den Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika einen Tarif anzuwenden, der mit den Tarifen des Landverkehrs vergleichbar ist. Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Kontinent und Korsika sowie Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen 9 Zum maßgeblichen Zeitpunkt wurde der Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Festland und Korsika von drei Schifffahrtsunternehmen, und zwar von SNCM, CMN und Corsica Ferries, erbracht. Ein viertes Unternehmen, Moby Lines, bot von April 2010 bis Februar 2011 Verbindungen zwischen Toulon und Korsika an. 10 Der Personenverkehr zwischen dem Festland und Korsika ist von einer großen Saisonabhängigkeit geprägt, d. h., dieser Verkehr konzentriert sich auf die Sommermonate. Nach der Jahrtausendwende war auf dem Markt für Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika vor allem ein Ausbau des Angebots für die Beförderung ab Toulon zu verzeichnen, das zum wichtigsten Hafen für die Verkehrsanbindung Korsikas geworden war. Dieser tendenzielle Anstieg des Verkehrs ab Toulon ging mit einem Anstieg des Marktanteils von Corsica Ferries einher. 11 Am 31. März 1976 unterzeichneten SNCM und CMN einerseits sowie die Französische Republik andererseits eine Rahmenvereinbarung mit 25‑jähriger Laufzeit über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Fährverbindung vom französischen Festland nach Korsika. 12 Bei Ablauf dieses Konzessionsvertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen am 31. Dezember 2001 überprüften die korsischen Behörden die Regelung für die Fährverbindung zur Insel. 13 So wurden ab dem 1. Januar 2002 im Rahmen eines Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, der zu einem finanziellen Ausgleich für die Auftragnehmer führte, nur die Verbindungen ab Marseille bedient. Der erwähnte Vertrag wurde zwischen SNCM und CMN einerseits sowie der Gebietskörperschaft Korsika und dem korsischen Verkehrsamt andererseits für eine Laufzeit von fünf Jahren geschlossen. 14 Für die anderen Verbindungen, nämlich die Strecken ab Nizza und Toulon, wurde von den korsischen Behörden parallel zu dem oben in Rn. 13 genannten Vertrag zugunsten der Bewohner der Insel und bestimmter sozial ermittelter Bevölkerungsgruppen eine Beihilferegelung nach Sozialkriterien eingeführt. So erlaubt eine Sozialhilferegelung für jeden Fahrgast mit Anspruch auf einen Vorzugstarif die Zahlung einer Beihilfe, die von den Verkehrsunternehmen, die sich bereit erklären, den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen, vorfinanziert wird, wobei sie für diese einheitliche Beihilfe anschließend eine Erstattung erhalten. Die genannten Bevölkerungsgruppen machten fast zwei Drittel des Gesamtverkehrsaufkommens aus (korsische Bürger, Personen unter 25 oder über 60 Jahren, Studierende unter 27 Jahren, Familien und behinderte oder schwerbehinderte Personen). Diese Beihilferegelung wurde von der Europäischen Kommission mit Entscheidung vom 2. Juli 2002 (Staatliche Beihilfe N 781/2001 – System von Einzelbeihilfen nach Sozialkriterien für die Seeverbindung nach Korsika) genehmigt. Mit Entscheidung vom 23. April 2007 (Staatliche Beihilfe N 13/2007 – Verlängerung des Systems von Einzelbeihilfen nach Sozialkriterien für die Seeverbindung nach Korsika N 781/2001) genehmigte die Kommission die Verlängerung der genannten Beihilferegelung bis zum 31. Dezember 2013. Diese Fährverbindungen zwischen den Häfen von Nizza und Toulon einerseits und den korsischen Häfen andererseits werden hauptsächlich von Corsica Ferries bedient. 15 Mit Beschluss vom 24. März 2006 billigte das korsische Regionalparlament grundsätzlich die Verlängerung der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ab dem 1. Januar 2007 für die Fährverbindungen zu den Häfen von Ajaccio, Bastia, Calvi, Île-Rousse, Porto-Vecchio und Propriano ab dem Hafen von Marseille. Mit demselben Beschluss beauftragte es den Präsidenten des korsischen Verkehrsamts damit, im Namen der Gebietskörperschaft Korsika ein Ausschreibungsverfahren einzuleiten, die technische Antragsbearbeitung vorzunehmen und die Gebietskörperschaft Korsika bei der Auferlegung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu unterstützen. 16 Eine Ausschreibung wurde am 27. Mai 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union und am 9. Juni 2006 in der Tageszeitung Les Échos veröffentlicht. Am 4. August 2006 – dem Stichtag für die Einreichung von Angeboten – gingen vier Angebote ein, nämlich ein Angebot von SNCM, ein Angebot von Corsica Ferries, ein Angebot von CMN sowie ein Angebot eines zeitlich befristeten Konsortiums aus Corsica Ferries und CMN. 17 Mit Urteil vom 15. Dezember 2006 erklärte der Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) das Verfahren zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für nichtig. 18 Mit Beschluss vom 22. Dezember 2006 entschied das korsische Regionalparlament, das Vergabeverfahren zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erneut vollständig anzuwenden, die bestehende Beauftragung bis zum 30. April 2007 zu verlängern und den Zeitpunkt für die Umsetzung der neuen Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf den 1. Mai 2007 festzusetzen. 19 Eine neue Ausschreibung wurde am 30. Dezember 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union, am 4. Januar 2007 in Les Échos und am 5. Januar 2007 in der Wochenzeitung Le Journal de la Marine Marchande veröffentlicht. Am 9. Februar 2007 gingen zwei Angebote ein, nämlich zum einen ein gemeinsames, sämtliche Verbindungen betreffendes Angebot von SNCM und CMN, die sich in einem zeitlich befristeten Konsortium zusammengeschlossenen hatten (im Folgenden: Konsortium aus SNCM und CMN), in Form sowohl eines Gesamtangebots als auch eines Angebots für die Einzellinien und zum anderen ein die Strecken Marseille–Ajaccio, Marseille–Porto-Vecchio und Marseille–Propriano betreffendes Angebot von Corsica Ferries in Form sowohl eines Gesamtangebots für diese drei Strecken als auch eines Angebots für die Einzellinien. 20 Mit Beschluss vom 27. April 2007 erklärte der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia, Frankreich), das von Corsica Ferries angerufen worden war, die Verhandlungsphase des Vergabeverfahrens zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie den Beschluss des Präsidenten des korsischen Exekutivrats und des Präsidenten des korsischen Verkehrsamts, das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN auszuwählen und dem korsischen Regionalparlament vorzuschlagen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen diesem Konsortium aufzuerlegen, für nichtig. Er entschied, dass die Gebietskörperschaft Korsika und das korsische Verkehrsamt verpflichtet seien, das Erörterungsverfahren mit den Unternehmen wiederaufzunehmen, die ein Angebot eingereicht hätten. 21 Mit Beschluss vom 27. April 2007 verlängerte das korsische Regionalparlament die Dauer der bestehenden Beauftragung um zwei Monate und setzte den Zeitpunkt für die Umsetzung der neuen Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf den 1. Juli 2007 fest. 22 Im Anschluss an eine neue Verhandlungsphase mit dem Konsortium aus SNCM und CMN sowie Corsica Ferries schlug das korsische Verkehrsamt vor, das Angebot der Letzteren mit der Begründung abzulehnen, dass sie weder einen festen und verbindlichen Termin benennen könne, ab dem sie die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen wahrnehmen könne, noch die in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebene Bedingung in Bezug auf das Höchstalter der Schiffe erfülle. 23 Mit Beschluss vom 7. Juni 2007 erlegte das korsische Regionalparlament dem Konsortium aus SNCM und CMN die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Fährverbindung zwischen dem Hafen von Marseille und den korsischen Häfen für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2013 auf. 24 Art. 1 dieses Beschlusses lautet: „Der Bericht des Präsidenten des [korsischen] Exekutivrates, in dem zum einen dargelegt wird, dass das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN die Vorgaben und die Kriterien der Ausschreibungsunterlagen und des Lastenhefts für jede einzelne der fünf Linien erfülle, und zum anderen, dass die Reederei Corsica Ferries keinen festen und verbindlichen Termin benennen könne, ab dem sie die nächsten [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] wahrnehmen könne, so dass die von ihr gestellten Bedingungen für Gesichtspunkte, die nichts mit dem Inhalt der [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] zu tun hätten, insoweit nicht berücksichtigt werden könnten, wird gebilligt.“ 25 Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Präsident des korsischen Exekutivrats zur Unterzeichnung des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für diese Fährverbindung (im Folgenden: Vertrag) ermächtigt. 26 Der Vertrag wurde am 7. Juni 2007 für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2013 geschlossen. 27 Mit Urteil vom 24. Januar 2008 wies das Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) einen Antrag von Corsica Ferries auf Nichtigerklärung der beiden oben in den Rn. 23 und 25 genannten Beschlüsse ab. Mit Urteil vom 7. November 2011 erklärte die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) dieses Urteil und die besagten beiden Beschlüsse für nichtig. Aufgrund eines von SNCM und CMN eingelegten Rechtsmittels hob der Conseil d’État (Staatsrat) das Urteil der Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) mit Entscheidung vom 13. Juli 2012 auf und verwies die Rechtssache zurück an dieses Gericht. Mit Urteil vom 6. April 2016 erklärte die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 24. Januar 2008 und die erwähnten beiden Beschlüsse für nichtig. 28 Nach Art. 1 des Vertrags ist Vertragsgegenstand die Erbringung von Leistungen im Linienschiffsverkehr auf sämtlichen Strecken, für die zwischen dem Hafen Marseille und den Häfen Bastia, Ajaccio, Porto-Vecchio, Propriano und Balagne (Calvi und Île-Rousse) gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt wurden. 29 Im Lastenheft in Anhang 1 des Vertrags ist die Art dieser Leistungen festgelegt. Es sieht insbesondere vor — eine ständige „Fracht- und Personenbeförderung“, die das gesamte Jahr über für alle betroffenen Verbindungen angeboten werden muss (im Folgenden: Basisdienst), und — eine zusätzliche „Fahrgastbeförderung“, die zu den Verkehrsspitzenzeiten auf den Strecken Marseille–Ajaccio, Marseille–Bastia und Marseille–Propriano angeboten werden muss (im Folgenden: Zusatzdienst). 30 In Art. 2 des Vertrags sind u. a. die Beträge der Referenzausgleichsleistungen aufgeführt, zu denen sich die Auftragnehmer für die Dauer der Übertragung verpflichten. 31 Art. 3 des Vertrags sieht vor, dass die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen keine Exklusivrechte auf den betreffenden Fährverbindungen beinhaltet, so dass andere Unternehmen, denen jedoch bestimmte Verpflichtungen obliegen, die Möglichkeit haben, Liniendienste ohne Ausgleichsleistungen anzubieten. In diesem Artikel heißt es ferner, dass die von den Auftragnehmern geforderten Ausgleichsleistungen entsprechend der Beihilferegelung nach Sozialkriterien festgelegt wurden. 32 Art. 5 („Bedingungen für die Freigabe der Ausgleichszahlungen“) des Vertrags sieht in seinem Abs. 2 Unterabs. 3 vor, dass die den Auftragnehmern gewährten Ausgleichsleistungen pro Jahr auf die Höhe des Betriebsdefizits begrenzt sind, das durch die sich aus dem Lastenheft ergebenden Verpflichtungen entsteht. Dabei wird ein angemessener Gewinn für das eingesetzte Schiffskapital berücksichtigt, der anteilig nach der Anzahl der Tage, an denen die Flotte tatsächlich zur Bedienung der Strecken gemäß den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eingesetzt wurde, ermittelt wird. Als angemessener Gewinn für das eingesetzte Schiffskapital gilt ein Prozentsatz von 15 % seines Bezugswerts. Dieser Bezugswert ist in Anhang 3 des Vertrags angegeben. 33 Art. 7 („Schutzklausel“) des Vertrags sieht in seinem Abs. 1 vor, dass die Vertragsparteien, sollten sich die technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen für den Betrieb der übertragenen Dienste wesentlich verändern oder externe Vorkommnisse berücksichtigt werden müssen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die finanziellen Verpflichtungen des Auftragnehmers oder der Auftragnehmer haben, auf Initiative der zuerst handelnden Partei zusammenkommen, um Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen finanziellen Gleichgewichts des Vertrags zu ergreifen, und „[d]iese Maßnahmen … vorrangig die Höchsttarife sowie die Anpassung der Dienstleistungen betreffen [sollen]“. 34 Art. 7 Abs. 2 des Vertrags zufolge sind die jährlichen Referenzausgleichsbeträge anhand der im Angebot jedes einzelnen Auftragnehmers geschätzten Bruttoeinnahmen durch Fahrgäste und Fracht ermittelt worden. Dieselbe Vorschrift sieht in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer jährlichen Anpassung des Finanzausgleichs für jede Einnahmeart und für jeden Auftragnehmer nach oben oder nach unten vor. In der genannten Vorschrift ist darüber hinaus festgelegt, dass dieser Anpassungsmechanismus nur bis zum Tag der Anwendung der in Art. 8 des Vertrags vorgesehenen Anpassungsklausel greift. 35 Art. 8 („Anpassungsklausel“) des Vertrags lautet: „Unter Berücksichtigung der Laufzeit des [Vertrags] wird im dritten Jahr ein Zwischenbericht erstellt, in dem nach einem bestimmten Verfahren und auf der Grundlage eines gemeinsamen Sachverständigengutachtens eine Prüfung des finanziellen Gleichgewichts des [Vertrags] vorgenommen und im Einvernehmen mit den Parteien gegebenenfalls Maßnahmen zur Berichtigung der Dienstleistungen und zur Anpassung der Entgelte getroffen werden, die gewährleisten sollen, dass die Gebietskörperschaft Korsika – u. a. über eine Kürzung des Ausgleichs – weiterhin die Kontrolle über ihre finanzielle Intervention hat, und die Grundstruktur des [Vertrags] bewahren müssen.“ 36 In Anwendung dieser Anpassungsklausel wurde der Vertrag Ende 2009 durch eine Zusatzvereinbarung geändert. Verfahren vor der Kommission und angefochtener Beschluss 37 Mit Schreiben vom 27. September, 30. November und 20. Dezember 2007 wandte sich Corsica Ferries mit einer Beschwerde an die Kommission. Diese Beschwerde betraf rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen, die SNCM und CMN aufgrund des Vertrags gewährt worden sein sollen. 38 Mit Schreiben vom 20. Mai 2010, 16. Juli 2010, 22. März 2011, 22. Juni 2011, 15. Dezember 2011 und 10. Januar 2012 übermittelte Corsica Ferries der Kommission zusätzliche Informationen zur Stützung ihrer Beschwerde. 39 Mit Schreiben vom 13. März 2008, 12. November 2008, 13. Oktober 2011 und 14. Dezember 2011 ersuchte die Kommission die französischen Behörden um Auskünfte. Diese antworteten auf die genannten Ersuchen mit Schreiben vom 3. Juni 2008, 14. Januar 2009, 7. Dezember 2011 und 20. Januar 2012. 40 Mit Schreiben vom 27. Juni 2012 setzte die Kommission die Französische Republik von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der gemäß dem Vertrag mutmaßlich gewährten Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (ABl. 2012, C 301, S. 1). 41 Die französischen Behörden nahmen zu diesem Beschluss Stellung und beantworteten die darin enthaltenen Fragen mit Schreiben vom 13. Juli und 7. September 2012. Corsica Ferries, SNCM und CMN legten ebenfalls Stellungnahmen zum genannten Beschluss vor, die den französischen Behörden übermittelt wurden und zu denen diese mit Schreiben vom 14. November 2012 sowie 3. Januar, 16. Januar und 12. Februar 2013 Bemerkungen äußerten. 42 Nach Abschluss dieses Verfahrens erließ die Kommission am 2. Mai 2013 den Beschluss 2013/435/EU über die staatliche Beihilfe SA.22843 (2012/C) (ex 2012/NN) Frankreichs zugunsten von SNCM und CMN (ABl. 2013, L 220, S. 20, im Folgenden: angefochtener Beschluss). 43 Der angefochtene Beschluss wurde der Französischen Republik am 3. Mai 2013 bekannt gegeben und SNCM mit E‑Mail der Kommission vom 14. Juni 2013 übermittelt. 44 Um festzustellen, ob die SNCM und CMN im Rahmen des Vertrags gewährten Ausgleichszahlungen eine staatliche Beihilfe, insbesondere einen selektiven Vorteil darstellten, prüfte die Kommission im angefochtenen Beschluss, ob die kumulativen Kriterien, die der Gerichtshof im Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), festgelegt hatte, im vorliegenden Fall erfüllt waren (im Folgenden: Altmark-Kriterien). Insbesondere nahm sie eine Prüfung des ersten und des vierten Kriteriums vor (siehe unten, Rn. 87 und 90). 45 Was das erste Altmark-Kriterium angeht, legte die Kommission als Erstes den anzuwendenden „Analyserahmen“ fest und prüfte es sodann (Erwägungsgründe 132 bis 136 des angefochtenen Beschlusses). Sie vertrat u. a. die Auffassung, dass in Bezug auf den Umfang der öffentlichen Dienstleistung die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. 1992, L 364, S. 7, im Folgenden: Seekabotage-Verordnung) in ihren Auslegungen durch die Rechtsprechung, insbesondere durch den Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), eingehalten werden müsse, damit er einer Kontrolle anhand der Vorschriften über staatliche Beihilfen standhalten könne. Daraus leitete sie ab, dass „der durch einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegte Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sein [müsse], was dadurch nachzuweisen [sei], dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden [könne]“ (136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 46 Als Zweites vertrat die Kommission die Ansicht, der Basisdienst und der Zusatzdienst seien getrennt zu prüfen (Erwägungsgründe 137 bis 144 des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte fest, dass das dem Vertrag als Anhang beigefügte Lastenheft klar zwischen diesen beiden Arten von Diensten unterscheide. Darüber hinaus wäre nur dann zu Recht davon auszugehen, dass der Zusatzdienst durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen begründet werden könne, wenn „aufgrund mehrerer technischer und wirtschaftlicher Erfordernisse“ erwiesen sei, dass seine Erbringung für den Basisdienst unerlässlich sei (139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Im vorliegenden Fall seien diese beiden Arten von Diensten keine sich technisch ergänzenden Tätigkeiten, da für sie insbesondere in Bezug auf die Fahrpläne und die Häufigkeit unterschiedliche Verpflichtungen gälten und der Basisdienst mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen, der Zusatzdienst hingegen mit Fähren erbracht werde. Außerdem lasse die Kostenrechnung von SNCM für den Zusatzdienst dauerhaft ein Betriebsdefizit erkennen, so dass dem Argument der französischen Behörden, die Einbeziehung dieses Dienstes in den Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sei durch einen Finanzausgleich mit dem Basisdienst gerechtfertigt, nicht gefolgt werden kann. 47 Als Drittes prüfte die Kommission den Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums (Erwägungsgründe 145 bis 150 des angefochtenen Beschlusses). Insoweit stellte sie zunächst fest, dass ein Mindestangebot an Dienstleistungen zur Gewährleistung der Kontinuität der Verbindungen zwischen Marseille und den betreffenden fünf korsischen Häfen einem klar definierten Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In Bezug auf die fehlende Privatinitiative stellte sie sodann fest, dass die anderen Marktteilnehmer selbst eingeräumt hätten, dass sie nicht in der Lage gewesen wären, den Basisdienst sicherzustellen (146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus verstoße die Zusammenfassung von Strecken in einem einzigen Bündel grundsätzlich nicht gegen die Seekabotage-Verordnung. Vielmehr ermögliche die Bündelung von fünf Strecken im vorliegenden Fall eine Zusammenlegung von Schiffen, durch die die Qualität des fraglichen Dienstes verbessert und seine Kosten gesenkt würden (148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schlussendlich enthielten der Vertrag und seine Anhänge präzise Vorgaben in Bezug auf die Kontinuität, die Regelmäßigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Tarifgestaltung, die die Auftragnehmer bei der Gewährleistung des Basisdienstes einhalten müssten (149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Aus dem Vorstehenden schloss die Kommission, dass die Einbeziehung des Basisdienstes in den Geltungsbereich des Vertrags im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sei (150. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 48 Als Viertes prüfte die Kommission den Zusatzdienst, der lediglich von SNCM, und zwar unter Einsatz zweier Fähren, erbracht wurde, anhand des ersten Altmark-Kriteriums (Erwägungsgründe 151 bis 167 des angefochtenen Beschlusses). Sie vertrat die Ansicht, dass seine Einbeziehung in den Umfang der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche und der Französischen Republik deshalb ein offensichtlicher Beurteilungsfehler bei seiner Einstufung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden: DAWI) unterlaufen sei (167. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 49 In diesem Zusammenhang war die Kommission zum einen der Auffassung, dass der Zusatzdienst ab Marseille auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weitgehend mit den Personenverkehrsdiensten von Toulon nach Bastia und Ajaccio austauschbar gewesen sei (Erwägungsgründe 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte insoweit u. a. fest, die Entwicklung des Verkehrs auf den Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika während des Zeitraums 2002 bis 2009 habe erkennen lassen, dass innerhalb kurzer Zeit ein konkurrenzfähiges Angebot zu dem der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen entstanden sei. Die Aufschlüsselung des Verkehrs nach anzulaufenden Häfen mache deutlich, dass der Verkehr ab Toulon überdurchschnittlich zugenommen habe, während der Verkehr ab Marseille gleichzeitig rückläufig gewesen sei. Das Wachstum des Gesamtverkehrsaufkommens sei daher weitgehend von den Anbietern der Dienste ab Toulon abgeschöpft worden, und zwar auf Kosten des Angebots der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen, die von Marseille aus operiert hätten. Darüber hinaus machte sie die geringe Entfernung zwischen Marseille und Toulon, die Tatsache, dass die Fahrtzeit auf der Straße zwischen diesen beiden Städten deutlich unter der Fahrtzeit auf See liege, sowie den Umstand geltend, dass die in Toulon auslaufenden Schiffe Korsika in kürzerer Zeit erreichen könnten als die Schiffe ab Marseille. 50 Zum anderen wies die Kommission darauf hin, dass die französischen Behörden keinen Beweis dafür erbracht hätten, dass es beim Zusatzdienst an Privatinitiative gefehlt habe (161. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte u. a. fest, dass es für die Häfen von Bastia und Ajaccio, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfallen seien, ausgereicht hätte, die vom Basisdienst auf der Grundlage des Vertrags angebotenen Kapazitäten ab Marseille sowie die Kapazitäten des von privaten Anbietern wie Corsica Ferries ab Toulon erbrachten Dienstes zusammenzulegen, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen. Dies gelte sowohl für den Zeitraum Frühjahr/Herbst als auch für die Sommerperiode sowie für jeden der beiden Häfen und für jedes einzelne Jahr von 2004 bis 2006 (162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission war daher der Auffassung, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Befriedigung der für die Linien Marseille–Bastia und Marseille–Ajaccio festgestellten Verkehrsnachfrage weder notwendig noch verhältnismäßig gewesen sei. Was die Strecke Marseille–Propriano angehe, berechtige deren geringer Verkehrsanteil nicht zu der Annahme, dass fehlende Privatinitiative auf dieser Strecke etwas an der Schlussfolgerung zum Zusatzdienst insgesamt ändere (164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus habe die von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung den für alle Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden Vorschriften für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen entsprochen und keine Qualitätsunterschiede im Vergleich zu den Leistungen aufgewiesen, die im Rahmen des Zusatzdienstes erbracht worden seien (165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 51 Aus dem Vorstehenden schloss die Kommission, dass, was die für den Zusatzdienst gewährten Ausgleichszahlungen betreffe, das erste Altmark-Kriterium nicht erfüllt sei (167. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 52 In Bezug auf das vierte Altmark-Kriterium vertrat die Kommission die Auffassung, dass es für keine der beiden in Rede stehenden Arten von Diensten erfüllt sei (183. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 53 In diesem Zusammenhang gelangte die Kommission auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren als Erstes zu dem Schluss, dass die Ausschreibungsbedingungen nicht geeignet gewesen seien, den Bewerber auszuwählen, der die fraglichen Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen könne (Erwägungsgründe 169 bis 178 des angefochtenen Beschlusses). 54 Diese Schlussfolgerung begründete die Kommission im Wesentlichen mit folgenden Gesichtspunkten: — Die Vergabe des Vertrags sei im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung erfolgt, also eines Verfahrens, das der Bewilligungsbehörde einen weiten Ermessensspielraum gewähre und unter Umständen die Teilnahme interessierter Betreiber einschränken könne; — das einzige Angebot, das in Konkurrenz zu dem der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen eingereicht worden sei, nämlich das Angebot von Corsica Ferries, sei nicht nach den eigenen Leistungen des Bieters beurteilt worden (Vergabekriterien), sondern auf der Grundlage eines Auswahlkriteriums, nämlich der Fähigkeit des Bieters, den Dienst am 1. Juli 2007 aufzunehmen; — dem korsischen Verkehrsamt sei es also nach diesem Verfahren nicht möglich gewesen, mehrere Angebote zu vergleichen und das wirtschaftlich günstigste auszuwählen; — es reiche für die Herbeiführung eines wirksamen Wettbewerbs nicht aus, dass zwei Angebote eingereicht worden seien, da das konkurrierende Angebot von Corsica Ferries, in dem als Datum für die Aufnahme des Dienstes der 12. November 2007 vorgesehen gewesen sei, deshalb keine ernst zu nehmende Alternative habe sein können; — die Tatsache, dass im vorliegenden Fall zahlreiche Beschwerden eingereicht worden seien, sei kein Beweis für die Wirksamkeit des Wettbewerbs im Rahmen des in Rede stehenden Vergabeverfahrens; — das Konsortium aus SNCM und CMN als etablierter Anbieter, der bereits über eine Flotte verfügt habe, die den spezifischen Anforderungen des Lastenhefts des Vertrags entsprochen habe, habe einen erheblichen Wettbewerbsvorteil besessen; — die extrem kurze Frist zwischen dem vorgesehenen Termin für die Vergabe des Auftrags (der schließlich am 7. Juni 2007 erteilt worden sei) und dem Termin für die Aufnahme der Dienste (1. Juli 2007) habe eine erhebliche Marktzutrittsschranke für neue Marktteilnehmer darstellen können; — zusammen mit den technischen Anforderungen, die sich aus den Besonderheiten der betreffenden Häfen ergeben hätten, der Bedingung, die hinsichtlich des Alters der Flotte gestellt worden sei, und den im Lastenheft des Vertrags geforderten Beförderungskapazitäten der einzelnen Schiffe habe diese sehr kurze Frist die Teilnahme an der Ausschreibung beschränken können; — auch die zahlreichen Anpassungsklauseln sowie das Recht des korsischen Verkehrsamts, Ausnahmen von den geltenden Vorschriften zu beschließen, hätten dazu beitragen können, von einer Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten, und Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern, die für die Erstellung eines Angebots entscheidend seien, nähren können. 55 Als Zweites stellte die Kommission fest, dass die französischen Behörden ihr keine Angaben gemacht hätten, mit denen sich nachweisen lasse, dass die Ausgleichsleistungen nach dem Vorbild eines durchschnittlichen, gut geführten und angemessen ausgestatteten Unternehmens berechnet worden seien (Erwägungsgründe 179 und 180 des angefochtenen Beschlusses). Hinzu komme, dass der Ausgleich nicht unter Bezugnahme auf eine zuvor festgelegte Kostengrundlage oder durch Vergleich mit der Kostenstruktur anderer vergleichbarer Seeschifffahrtsunternehmen festgesetzt worden sei, sondern ausgehend von den voraussichtlichen Einnahmen und den Treibstoffkosten, die nur einen Teil der Ergebnisse und Kosten der Dienstleistung umfassten (180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hätten die voraussichtlichen Ausgleichszahlungen für die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen deutlich über denen für den Zeitraum 2002–2006 gelegen, die sich auf ähnliche und hinsichtlich der angebotenen Kapazitäten sogar etwas darunterliegende Verpflichtungen bezogen hätten (181. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich sei ein Vergleich mit den Kosten, die ein gut geführtes Unternehmen zu tragen hätte, umso notwendiger gewesen, als bestimmte Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass SNCM selbst, die damals eine intensive Umstrukturierungsphase hinter sich gehabt habe, kein solches Unternehmen gewesen sei (182. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 56 Nach alledem gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass den Auftragnehmern ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil zuteilgeworden sei (184. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 57 Nachdem sie festgestellt hatte, dass die in Rede stehenden Ausgleichsleistungen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten, gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sie staatliche Beihilfen darstellten und rechtswidrig seien, da sie ohne vorherige Anmeldung gewährt worden seien (Erwägungsgründe 185 bis 187 und Art. 1 des angefochtenen Beschlusses). 58 In den Erwägungsgründen 188 bis 212 des angefochtenen Beschlusses prüfte die Kommission die Vereinbarkeit dieser staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt. 59 Insoweit stellte die Kommission als Erstes fest, dass staatliche Beihilfen, die nicht in den Anwendungsbereich ihres Beschlusses 2012/21/EU vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AEUV auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von [DAWI] betraut sind (ABl. 2012, L 7, S. 3), fielen, gemäß Rn. 11 ihrer Mitteilung – Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011) (ABl. 2012, C 8, S. 15, im Folgenden: DAWI-Rahmen) für mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar erklärt werden könnten, wenn sie für die Erbringung der DAWI erforderlich seien und sie die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigten, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderlaufe; damit dieses Gleichgewicht gegeben sei, müssten die in den Abschnitten 2.2 bis 2.10 des DAWI-Rahmens genannten Voraussetzungen erfüllt sein (190. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 60 Als Zweites wies die Kommission darauf hin, dass der Basisdienst eine DAWI darstelle, dies beim Zusatzdienst aber nicht der Fall sei, so dass die für den letztgenannten Dienst vorgenommenen Ausgleichszahlungen für nicht mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar erklärt werden könnten (Erwägungsgründe 192 und 193 des angefochtenen Beschlusses). 61 Als Drittes vertrat die Kommission in Bezug auf den Basisdienst die Auffassung, die anderen im DAWI-Rahmen vorgesehenen Bedingungen seien erfüllt (Erwägungsgründe 194 bis 212 des angefochtenen Beschlusses). 62 Aus den vorstehenden Gesichtspunkten schloss die Kommission, dass die SNCM und CMN für den Basisdienst gewährten Ausgleichsleistungen rechtswidrige, jedoch mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen darstellten (213. Erwägungsgrund, Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses), während die allein SNCM für den Zusatzdienst gewährten Ausgleichsleistungen rechtswidrige, mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen seien (214. Erwägungsgrund, Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses). 63 Daher ordnete die Kommission die sofortige Einstellung der Zahlung der Ausgleichsleistungen für den Zusatzdienst und die Rückforderung der zu diesem Zweck bereits gezahlten Beihilfen vom Empfänger an, wobei der Rückforderungsbetrag Zinsen umfasste, die von dem Tag, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung gestanden hatte, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet wurden (Erwägungsgründe 215 bis 218 und 220 sowie Art. 3 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte klar, dass diese Rückforderung sofort und tatsächlich zu erfolgen habe und die französischen Behörden sicherzustellen hätten, dass der angefochtene Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt werde (219. Erwägungsgrund und Art. 4 des angefochtenen Beschlusses), d. h. bis spätestens 3. September 2013. Außerdem waren die französischen Behörden verpflichtet, der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses u. a. Informationen betreffend den Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern war, eine ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen worden bzw. beabsichtigt waren, um dem angefochtenen Beschluss nachzukommen, sowie Unterlagen zu übermitteln, aus denen hervorging, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen war (Art. 5 des angefochtenen Beschlusses). Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten 64 Mit Klageschrift, die am 26. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat SNCM die vorliegende Klage erhoben. 65 Der angefochtene Beschluss ist auch Gegenstand einer Nichtigkeitsklage der Französischen Republik gewesen, die am 12. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen T‑366/13 in das Register eingetragen worden ist. 66 Mit am 11. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat Corsica Ferries beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. 67 Mit am 9. Januar und 10. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsätzen hat SNCM für den Fall die vertrauliche Behandlung bestimmter in der Klageschrift bzw. in der Erwiderung enthaltener Elemente gegenüber Corsica Ferries beantragt, dass diese als Streithelferin zugelassen werden sollte. Sie hat diesen Anträgen eine nicht vertrauliche Fassung der genannten Schriftsätze beigefügt. 68 Mit Beschluss vom 21. Februar 2014 hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts den Streitbeitritt von Corsica Ferries zugelassen. Die Entscheidung über die Begründetheit der Anträge auf vertrauliche Behandlung ist vorbehalten worden. 69 Mit am 6. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat Corsica Ferries Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung hinsichtlich eines Großteils der Angaben erhoben, auf die sich diese Anträge beziehen. 70 Mit Beschluss vom 3. Oktober 2014, SNCM/Kommission (T‑454/13, EU:T:2014:898), hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts den Anträgen auf vertrauliche Behandlung teilweise stattgegeben. 71 Corsica Ferries hat ihren Streithilfeschriftsatz am 9. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. SNCM hat mit am 9. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz dazu Stellung genommen. Mit Schreiben vom selben Tag hat die Kommission angegeben, dass sie keine Stellungnahme zum genannten Schriftsatz abgeben werde. 72 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. 73 Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, schriftlich einige Fragen zu beantworten, was diese fristgerecht getan hat. 74 Mit am 6. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat SNCM die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile der Antwort der Kommission auf diese Fragen gegenüber Corsica Ferries beantragt. Corsica Ferries hat lediglich eine nicht vertrauliche Fassung dieser Antwort erhalten und gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung ihr gegenüber keine Einwände erhoben. 75 Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 14. Juni 2016 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 76 SNCM beantragt, — in erster Linie, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; — hilfsweise, den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären, soweit dieser vorsieht, dass der Betrag der Beihilfe die in seinem 218. Erwägungsgrund genannten Elemente umfasst; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 77 Die Kommission beantragt, — die Klage als unbegründet abzuweisen; — SNCM die Kosten aufzuerlegen. 78 Corsica Ferries beantragt, — die Hauptklage abzuweisen; — SNCM die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 79 Zur Stützung ihrer Klage bringt SNCM eine Reihe von Argumenten vor, die sich in fünf Klagegründe zusammenfassen lassen, nämlich — einen ersten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle; — einen zweiten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass der Vertrag das vierte Altmark-Kriterium nicht erfülle; — einen dritten Klagegrund, der daraus hergeleitet wird, dass die Kommission den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet habe; — einen vierten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes gerügt wird; — einen fünften Klagegrund, der aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hergeleitet wird. Vorbemerkungen 80 Vorab sind einige Rechtsprechungsgrundsätze darzulegen, die sich u. a. auf die Einstufung einer Ausgleichszahlung für öffentliche Dienstleistungen als staatliche Beihilfe beziehen und in deren Licht die vorliegende Klage zu prüfen ist. 81 Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. 82 Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Einstufung als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass die in der genannten Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind. So muss es sich erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln, zweitens muss diese Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden und viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 8. Mai 2013, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Die ersten beiden Gründe der vorliegenden Klage betreffen insbesondere die dritte dieser Voraussetzungen, nämlich die Voraussetzung, wonach dem Begünstigten mit der fraglichen Maßnahme ein Vorteil gewährt werden muss. 84 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass als staatliche Beihilfen nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (vgl. Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 85 Eine staatliche Maßnahme, die als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen, fällt allerdings nicht unter Art. 107 Abs. 1 AEUV (Urteile vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 87, sowie vom 8. Mai 2013, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 84). 86 Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn vier kumulative Kriterien erfüllt sind (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 87 und 88). 87 Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 89). Der Begriff der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Sinne dieses ersten Kriteriums entspricht dem der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Art. 106 Abs. 2 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, EU:T:2008:29, Rn. 162). 88 Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 90). 89 Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 92). 90 Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 93). 91 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Ansicht vertreten, das erste Altmark-Kriterium sei für den Zusatzdienst und das vierte Kriterium für beide in Rede stehenden Dienstarten nicht erfüllt. Erster Klagegrund: Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle 92 Mit ihrem ersten Klagegrund, der in vier Teile unterteilt ist, macht SNCM geltend, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle. 93 Vorab ist klarzustellen, dass das Gericht wegen des weiten Ermessens, über das der Mitgliedstaat bei der Definition einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe und der Festlegung der Bedingungen für ihre Durchführung verfügt, einerseits, und der auf offenkundige Fehler beschränkten Kontrolle, zu der die Kommission ermächtigt ist, andererseits (vgl. unten, Rn. 111), die diesbezügliche Beurteilung der Kommission nach ständiger Rechtsprechung auch nur bis zu dieser Grenze überprüfen kann und daher nur untersuchen darf, ob die Kommission das Vorliegen eines offenkundigen Fehlers des Mitgliedstaats zu Recht bejaht oder verneint hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, Iliad u. a./Kommission, T‑325/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:472, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung). Erster Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie eine eingehende Prüfung der Notwendigkeit des Dienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe 94 Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes stellt SNCM die Zweckmäßigkeit des Tests in Abrede, den die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat, um zu prüfen, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt gewesen ist (vgl. oben, Rn. 45). Sie trägt vor, diese habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie im vorliegenden Fall eine eingehende Prüfung der Einstufung als DAWI und der Notwendigkeit des Zusatzdienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe. 95 Dieser erste Teil lässt sich in vier Unterteile untergliedern. Zunächst ist der erste Unterteil zu prüfen, anschließend der zweite und der vierte Unterteil und schließlich der dritte Unterteil. – Erster Unterteil: Die Kommission habe ihre frühere Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung missachtet 96 SNCM trägt vor, der Vertrag, dessen Hauptziel die Umsetzung des Grundsatzes der Kontinuität der Festlandsverbindungen sei, entspreche in seiner Gesamtheit einem eindeutigen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen. Indem die Kommission im angefochtenen Beschluss das Gegenteil angenommen habe, sei sie von ihrer früheren, die vorherigen Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika betreffenden Entscheidungspraxis sowie von den Urteilen vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), und vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), abgewichen. In der Erwiderung fügt SNCM hinzu, die Kommission könne ohne ordnungsgemäße Begründung nicht zu ein und demselben Thema eine Position einnehmen, die der bis dahin vertretenen Position diametral entgegengesetzt sei. 97 Die Kommission tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen. 98 Zunächst ist festzustellen, dass dem Argument von SNCM, die Kommission habe insofern „offensichtlich widersprüchlich“ gehandelt, als sie in früheren, vorherige Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betreffenden Entscheidungen bereits die Auffassung vertreten habe, dass die Bereitstellung zusätzlicher Personenverkehrskapazitäten in Spitzenverkehrszeiten einem Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche, nicht gefolgt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der staatlichen Beihilfe nämlich ein objektiver Begriff, der sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder mehreren Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht. Die Entscheidungspraxis der Kommission in diesem Bereich kann daher nicht maßgeblich sein (vgl. Urteil vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T‑445/05, EU:T:2009:50, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die gleiche Lösung ist für die Frage nach der Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt geboten (Urteile vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291, Rn. 21, und vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑171/02, EU:T:2005:219, Rn. 177). 99 Jedenfalls lässt die bloße Tatsache, dass sich der angefochtene Beschluss von den früheren einschlägigen Entscheidungen der Kommission unterscheidet, nicht die Annahme zu, dass er mit diesen nicht in Einklang steht. Wie die Kommission völlig zu Recht festgestellt hat, kann sich die Beurteilung der Frage, ob ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen besteht, im Laufe der Zeit nach Maßgabe der Entwicklung der Marktkräfte nämlich durchaus ändern. Im Übrigen hatte die Kommission in ihrer von SNCM in deren Schriftsätzen mehrfach angeführten Entscheidung 2002/149/EG vom 30. Oktober 2001 über die staatliche[n] Beihilfen Frankreichs zugunsten von SNCM (ABl. 2002, L 50, S. 66) bereits hervorgehoben, dass sich die Situation „[a]uf französischer Seite … in den letzten Jahren entscheidend verändert [habe], und zwar in einem Maße, dass inzwischen sogar die Notwendigkeit gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in Frage gestellt werden [könne]“ (78. Erwägungsgrund), und dass „die Schlussfolgerung der Kommission nicht über den 31. Dezember 2001 hinaus gelten [könne], dem Datum, an dem der Rahmenvertrag aus[laufe]. Das heiß[e], über dieses Datum hinaus wäre die Notwendigkeit, einen öffentlichen Linienverkehr aufrechtzuerhalten, wie dies im Rahmenvertrag zwischen dem französischen Staat und … SNCM im Jahre 1976 und zwischen dem [korsischen Verkehrsamt] und … SNCM in den Jahren 1991 und 1996 vereinbart worden [sei], nicht mehr gegeben“ (80. Erwägungsgrund). 100 Aus den gleichen Gründen wie den oben in Rn. 99 dargelegten ist sodann davon auszugehen, dass sich SNCM zur Stützung ihres Vorbringens nicht mit Erfolg auf das Urteil vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), berufen kann. Die beiden von SNCM angeführten Passagen dieses Urteils betreffen nämlich den Vertrag für den Zeitraum 1996–2001. 101 Darüber hinaus kann sich SNCM auch nicht auf das Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), und damit auf das Erfordernis berufen, eine Praxis der „Abschöpfung“ – womit gemeint ist, dass sich Anbieter, die mit dem Erbringer einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung im Wettbewerb stehen, auf die rentablen Tätigkeiten des Vertrags konzentrieren und dem besagten Dienstleistungserbringer die unrentablen Tätigkeiten überlassen, wodurch es diesem nicht möglich ist, einen Ausgleich zwischen den in den unrentablen Bereichen entstandenen Verlusten und den in den rentableren Bereichen erzielten Gewinnen vorzunehmen – zu vermeiden. Wie unten in Rn. 155 genauer dargelegt wird, lässt der Akteninhalt nämlich erkennen, dass sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches Betriebsdefizit aufwiesen, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 47 und 143 des angefochtenen Beschlusses). 102 Schließlich ist die Rüge, wonach die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt habe, als jeglicher Grundlage entbehrend zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, dass sie im vorliegenden Fall einen Ansatz gewählt hat, der dem in ihren vorherigen einschlägigen Entscheidungen verfolgten Ansatz „diametral entgegengesetzt“ ist (vgl. oben, Rn. 99), ist festzustellen, dass sie im angefochtenen Beschluss klar und präzise die Gründe für ihre Auffassung angibt, dass das Vorliegen eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen für den Zusatzdienst nicht nachgewiesen sei. So hat die Kommission nach Festlegung des „Analyserahmens“, den sie bei der Prüfung der Frage anwenden würde, ob das erste Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt war (Erwägungsgründe 132 bis 136 des angefochtenen Beschlusses), u. a. unter Zurückweisung des Vorbringens der Französischen Republik, von SNCM und von CMN dargelegt, weshalb sie der Ansicht war, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst zwei unterschiedliche Arten von Diensten darstellten und getrennt zu untersuchen seien (Erwägungsgründe 137 bis 144 des angefochtenen Beschlusses), bevor sie den letztgenannten Dienst anhand dieses Kriteriums geprüft hat (Erwägungsgründe 151 bis 167 des angefochtenen Beschlusses). Was diesen letzten Punkt angeht, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche, nachdem sie unter Berücksichtigung einer Reihe von Faktoren im Wesentlichen festgestellt hatte, dass dieser Dienst ab Marseille auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weitgehend mit den Personenverkehrsdiensten von Toulon nach Bastia und Ajaccio austauschbar gewesen sei, einerseits (Erwägungsgründe 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses), und kein Beweis dafür erbracht worden sei, dass es bei diesem Zusatzdienst an Privatinitiative gefehlt habe, andererseits (Erwägungsgründe 161 bis 166 des angefochtenen Beschlusses). 103 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der erste Unterteil als unbegründet zurückzuweisen ist. – Zweiter und vierter Unterteil: Die Kommission habe den weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten sowie die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt 104 SNCM bringt erstens vor, die Kommission habe im vorliegenden Fall den weiten Ermessensspielraum verkannt, über den die Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI verfügten. Weit davon entfernt, sich auf eine einfache Kontrolle eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers zu beschränken, habe sie nämlich eine ausgesprochen detaillierte Prüfung der Definition der in Rede stehenden DAWI und der Notwendigkeit der Dienstleistung vorgenommen. Darüber hinaus könne die Kommission aus dem Urteil vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), kein Argument herleiten, da in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, Leitlinien vorhanden gewesen seien, die ausdrücklich die Notwendigkeit vorgesehen hätten, ein Marktversagen nachzuweisen, in jenem Fall die Leitlinien der Gemeinschaft für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau (ABl. 2009, C 235, S. 7). 105 Zweitens habe die Kommission die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt. Weder dieses Urteil noch diese Verordnung beträfen die Kontrolle staatlicher Beihilfen; in Wirklichkeit bestätigten sie die Gültigkeit des Vertrags. Zudem bezögen sich das genannte Urteil und die erwähnte Verordnung auf Verpflichtungen, die im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen auferlegt werden und eine Regelung der vorherigen Genehmigung oder einen Vertrag über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen rechtfertigen könnten, und nicht auf den Geltungsbereich der Dienstleistungen, die Gegenstand eines Ausgleichs im Sinne der Altmark-Rechtsprechung sein könnten, oder auf die Höhe dieses Ausgleichs. Insbesondere hänge die Erbringung von Seeverkehrsdiensten zwischen dem französischen Festland und Korsika – anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergangen sei – nicht von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung ab. Darüber hinaus stellt SNCM in Abrede, dass die in einem Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegten öffentlichen Dienstleistungen vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verhältnismäßig sein müssten, was dadurch nachzuweisen wäre, dass unter normalen Marktbedingungen kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet würde. Schließlich stellt sie die Feststellung der Kommission im 135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage, dass, wenn „der Ausgleich für im Rahmen eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen auferlegte besondere Verpflichtungen durch die Subventionierung eines Dienstleistungsangebots [erfolge], … dies eindeutig eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar[stelle]“. Weder bezwecke noch bewirke der Ausgleich für eine öffentliche Dienstleistung im vorliegenden Fall eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs, und keines der in Fn. 63 des angefochtenen Beschlusses von der Kommission angeführten Urteile beweise das Gegenteil. 106 In der mündlichen Verhandlung hat SNCM in Beantwortung einer Frage des Gerichts, mit der sie um Klarstellung ersucht worden war, auf der Grundlage welcher Kriterien ihrer Auffassung nach die Zweckdienlichkeit einer DAWI und deren Umfang festgestellt werden sollten, ausgeführt, es genüge, wenn der Mitgliedstaat „ein allgemeines Interesse im weitesten Sinne bezeichn[e], das sich auf etwas beziehen [könne], was generell im öffentlichen Interesse lieg[e]“. Zudem seien die Kriterien der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit – zumindest so, wie sie sich aus der Seekabotage-Verordnung und dem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergäben – im Rahmen dieser Feststellung nicht zu berücksichtigen, da sie auf Konzepte im Zusammenhang mit dem freien Dienstleistungsverkehr zurückgingen. 107 Die Kommission, unterstützt durch Corsica Ferries, weist das Vorbringen von SNCM zurück. 108 Die Kommission und Corsica Ferries tragen unter Bezugnahme auf Rn. 154 des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), erstens vor, die Beurteilung der Frage, ob ein Marktversagen vorliege, stelle unabhängig vom betroffenen Sektor eine Vorbedingung für die Einstufung einer Tätigkeit als DAWI dar; die Voraussetzung im Zusammenhang mit der mangelnden oder fehlenden Privatinitiative sei folglich dem ersten Altmark-Kriterium inhärent und erfordere eine eingehende Prüfung. 109 Ferner werde der den Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI eingeräumte Ermessensspielraum durch die Seekabotage-Verordnung, so wie sie vom Gerichtshof u. a. im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt worden sei, begrenzt. Dies bedeute, dass die in Rede stehende Dienstleistung einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen zu entsprechen habe, der sich daraus ergeben müsse, dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet würde, wobei die DAWI vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf diesen Bedarf verhältnismäßig sein müsse. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ausgeführt, ihrer Ansicht nach stelle der Nachweis des Vorliegens eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen ein Erfordernis dar, das schwerer zu erfüllen sei als der Nachweis des Vorliegens eines Marktversagens im Sinne des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463). 110 Die Kommission und Corsica Ferries vertreten zweitens die Auffassung, SNCM stelle zu Unrecht in Abrede, dass zwischen der Seekabotage-Verordnung und der Kontrolle staatlicher Beihilfen ein Zusammenhang bestehe. Auch sei es offensichtlich unzutreffend, wenn geltend gemacht werde, diese Verordnung beziehe sich nur auf Fälle, in denen die Erbringung von Dienstleistungen von einer vorherigen Genehmigung abhänge. Im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), gehe es nicht lediglich um die Frage, ob eine Seeverkehrstätigkeit von einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht werden könne; dieses Urteil enthalte vielmehr sehr klare Ausführungen zu der Art und Weise, in der die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung unter Berücksichtigung ihres Ziels auszulegen seien, das darin bestehe, die Dienstleistungsfreiheit im Seeverkehr zu gewährleisten und Beschränkungen dieser Freiheit nur dann hinzunehmen, wenn sie durch einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt sowie zur Deckung dieses Bedarfs notwendig und verhältnismäßig seien. Außerdem liege es auf der Hand, dass die Subventionierung eines Dienstleistungsangebots durch den Abschluss eines Vertrags über die in dieser Verordnung aufgeführten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen mit einem bestimmten Anbieter zu einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs führen könne. 111 Es ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Definition dessen, was sie als DAWI ansehen, nach ständiger Rechtsprechung über ein weites Ermessen verfügen und die Definition dieser Dienstleistungen durch einen Mitgliedstaat von der Kommission daher lediglich im Fall eines offenkundigen Fehlers in Frage gestellt werden kann (vgl. Urteile vom 15. Juni 2005, Olsen/Kommission, T‑17/02, EU:T:2005:218, Rn. 216 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Oktober 2008, TV2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, EU:T:2008:457, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 112 Die Befugnis des Mitgliedstaats, DAWI zu definieren, ist jedoch nicht unbegrenzt und kann nicht willkürlich mit dem alleinigen Ziel ausgeübt werden, einen bestimmten Sektor der Anwendung der Wettbewerbsregeln zu entziehen (Urteil vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, EU:T:2008:29, Rn. 168). 113 Insbesondere wenn spezifische unionsrechtliche Vorschriften für die Definition von Inhalt und Umfang der DAWI gelten, unterliegt das Ermessen der Mitgliedstaaten gemäß Rn. 46 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. 2012, C 8, S. 4, im Folgenden: DAWI-Mitteilung) diesen Vorschriften. Wie die Kommission zu Recht feststellt, zielen die besagten Vorschriften im Allgemeinen auf eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften ab, um Hindernisse für die Verkehrsfreiheiten und den freien Dienstleistungsverkehr zu beseitigen; darüber hinaus schränkt die Tatsache, dass sie auf der Grundlage von Vertragsbestimmungen erlassen worden sind, bei denen es sich nicht um die Bestimmungen über die Kontrolle staatlicher Beihilfen handelt, und die Verwirklichung des Binnenmarkts zum Hauptziel haben, ihre Relevanz mit Blick auf das erste Altmark-Kriterium in keiner Weise ein. 114 Wie die Kommission und Corsica Ferries zu Recht geltend machen, gab es vorliegend solche Vorschriften, nämlich die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung. Insoweit sei darauf hingewiesen, dass Art. 1 dieser Verordnung den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im Seeverkehr in der Union verankert. Ihr dritter Erwägungsgrund stellt in diesem Sinne klar, dass sie auf die Aufhebung der Beschränkungen dieses freien Verkehrs abzielt. 115 In ihrem Art. 4 sieht die Seekabotage-Verordnung mögliche Ausnahmen von diesem Leitprinzip vor, nämlich die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, mit Schifffahrtsgesellschaften, die sich an Liniendiensten von, zwischen und nach Inseln beteiligen, als Voraussetzung für das Recht zur Erbringung von Kabotageleistungen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes zu schließen oder ihnen entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen. Insoweit ist festzustellen, dass der Vertrag, wie SNCM im Übrigen einräumt, zweifellos einen solchen Vertrag über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes darstellt, der in Art. 2 Nr. 3 dieser Verordnung als Vertrag definiert ist, der zwischen den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats und einem Unionsreeder abgeschlossen wird, um der Allgemeinheit ausreichende Verkehrsdienste zu bieten. Hinzu kommt, dass sich die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung bei der Auferlegung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes auf Auflagen hinsichtlich der anzulaufenden Häfen, der Regelmäßigkeit, Beständigkeit und Häufigkeit des Verkehrs, der Dienstleistungskapazität, der zu erhebenden Gebühren sowie der Schiffsbesatzung beschränken müssen. Nach ebendieser Vorschrift kommen für die etwaige Gewährung eines Ausgleichs für solche Verpflichtungen stets alle Unionsreeder in Betracht. 116 Somit ist die Erwägung der Kommission, wonach der Ermessensspielraum der französischen Behörden in der vorliegenden Rechtssache durch die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung begrenzt werde, zu bestätigen. 117 Darüber hinaus hat die Kommission im angefochtenen Beschluss – ebenfalls zu Recht – berücksichtigt, auf welche Weise der Gerichtshof die genannten Bestimmungen im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt hatte. In der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, war der Gerichtshof u. a. aufgerufen, die Art. 1 und 4 der Seekabotage-Verordnung auszulegen und klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen die Erbringung von Seekabotagediensten einem System vorheriger behördlicher Genehmigungen unterworfen werden konnte. 118 Bei der Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung hat der Gerichtshof u. a. Folgendes ausgeführt: „34 [D]ie Anwendung eines Systems vorheriger behördlicher Genehmigungen als Mittel zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen [setzt] voraus, dass die zuständigen nationalen Behörden zunächst für ganz bestimmte Verbindungen festgestellt haben, dass die regelmäßigen Verkehrsdienste nicht ausreichen würden, wenn ihre Erbringung allein den Marktkräften überlassen bliebe. Es muss mit anderen Worten ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen nachweisbar sein. 35 Zum anderen ist ein System vorheriger behördlicher Genehmigungen nur dann gerechtfertigt, wenn nachgewiesen wird, dass es zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erforderlich ist und in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, d. h., dass das gleiche Ziel nicht durch Maßnahmen erreicht werden kann, die – wie ein System nachträglicher Anmeldungen – den freien Dienstleistungsverkehr weniger beschränken … 36 Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vorherige behördliche Genehmigung als solche ein geeignetes Mittel ist, das es erlaubt, den Inhalt der einem bestimmten Reeder auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung seiner speziellen Situation näher zu bestimmen oder die Eignung eines Reeders zur Erfüllung solcher Verpflichtungen im Voraus zu überprüfen. 37 Ein solches System kann jedoch keine Ermessensausübung der nationalen Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere wenn sie eine Grundfreiheit wie die hier in Rede stehende betreffen, ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen …“ 119 Zwar ging es in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergangen ist, um ein System vorheriger behördlicher Genehmigungen und nicht, wie in der vorliegenden Rechtssache, um einen mit der Gewährung von Ausgleichsleistungen einhergehenden Vertrag. Die vom Gerichtshof in jenem Urteil entwickelte Argumentation, die auf einer Auslegung der Seekabotage-Verordnung nach Maßgabe ihres Hauptziels beruht, das darin besteht, den freien Verkehr von Seekabotagediensten zu gewährleisten und Beschränkungen dieser Freiheit folglich nur unter sehr strengen Voraussetzungen hinzunehmen, ist jedoch in vollem Umfang auf den vorliegenden Fall übertragbar. 120 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 56 AEUV nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder aufgrund des Umstands verlangt, dass er in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist als dem, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten –, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. – neben den in Fn. 63 des angefochtenen Beschlusses angeführten Urteilen – Urteile vom 7. Oktober 2010, dos Santos Palhota u. a., C‑515/08, EU:C:2010:589, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 19. Dezember 2012, Kommission/Belgien, C‑577/10, EU:C:2012:814, Rn. 38, sowie vom 11. September 2014, Essent Energie Productie, C‑91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs an einen bestimmten Dienstleistungserbringer, nämlich den Erbringer der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung, geeignet ist, die Erbringung ebendieser Dienstleistungen durch Anbieter, die diesen Ausgleich nicht erhalten, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Aufgrund der Höhe dieses Ausgleichs kommt sein Empfänger nämlich in den Genuss eines entscheidenden Vorteils gegenüber seinen Wettbewerbern, wodurch diese davon abgehalten werden können, die betreffenden Dienstleistungen anzubieten. 121 Im vorliegenden Fall war die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen umso mehr geeignet, den freien Verkehr von Seekabotagediensten zu beeinträchtigen, als neuen potenziellen Anbietern auf den Strecken zwischen Marseille und Korsika, wie aus den von der Kommission in Rn. 44 ihres Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Feststellungen hervorgeht, in Art. 3 Abs. 2 des Vertrags besonders restriktive Bedingungen auferlegt wurden. Diese Vorschrift lautet nämlich wie folgt: „Wettbewerb ist in folgendem Rahmen möglich: Auf sämtlichen Linien kann jedes Unternehmen ohne Ausgleichsleistungen Liniendienste anbieten, die ganzjährig pro Woche mindestens zwei Verbindungen umfassen und unter Bedingungen erfolgen, die sicherstellen, dass sie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreibers des öffentlichen Dienstes nicht belasten können, mit der Folge, dass die Wahl der Abfahrts- und Ankunftstage vom korsischen Verkehrsamt nach Billigung durch das korsische Regionalparlament festgelegt wird. Diese Bedingung wird verbindlich vereinbart. Bei Nichteinhaltung der gesamten oder eines Teils dieser Verpflichtung wird eine Strafe von 2 Mio. Euro fällig, deren Zahlung durch eine Bankgarantie in Höhe eines entsprechenden Betrags zu sichern ist. Diese Bankgarantie muss von einer in der Europäischen Union ansässigen Bank mit langfristiger Bonität ‚Standard and Poors A+‘ (oder gleichwertig) gestellt werden.“ 122 In diesem Kontext ist die Bemerkung von SNCM, wonach das Bestehen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Corsica Ferries nicht daran gehindert habe, in den Markt einzutreten und dort rasch eine „beherrschende Stellung“ zu erreichen, zurückzuweisen. Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass der Eintritt von Corsica Ferries in den Markt und die Entwicklung ihrer Tätigkeiten auf diesem ohne die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen noch schneller erfolgt oder andere Anbieter ebenfalls in den Markt eingetreten wären. 123 Darüber hinaus lässt sich aus der Tatsache, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Rahmen einer Ausschreibung auferlegt worden sind, an der Corsica Ferries teilgenommen hat, entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht ableiten, dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs, die sich daraus ergibt, dass lediglich der Erbringer der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen einen finanziellen Ausgleich erhalten hat, beseitigt worden ist. Erfolgt die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen einer wirklich offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung, kann dies das Ausmaß der besagten Beeinträchtigung zwar verringern. Gleichwohl bleibt diese jedoch während des gesamten Zeitraums der Erbringung der in Rede stehenden gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen bestehen. 124 In Anbetracht des Vorstehenden, insbesondere der Auslegung der Seekabotage-Verordnung, die der Gerichtshof im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), vorgenommen hat (vgl. oben, Rn. 118), ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission bei der Prüfung, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt war, im angefochtenen Beschluss zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass „der durch einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegte Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sein [müsse], was dadurch nachzuweisen [sei], dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden [könne]“ (136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 125 Unter diesen Umständen braucht nicht näher auf die Erwägungen eingegangen zu werden, die von den Verfahrensbeteiligten zur Relevanz des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), für die vorliegende Rechtssache angestellt worden sind. Es ist jedoch hervorzuheben, dass sich die nationalen Behörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht vom Nachweis fehlender Privatinitiative befreien können. Aus Rn. 34 des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), geht nämlich klar hervor, dass der Nachweis eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen mit dem Nachweis eines solchen Fehlens zusammenhängt. Mit anderen Worten wird der wirkliche Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auf der Grundlage der Feststellung ermittelt, dass es an Privatinitiative gefehlt habe. 126 Nach alledem sind der zweite und der vierte Unterteil des ersten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. – Dritter Unterteil: Die Kommission habe gegen die Vorschriften über die Beweislast verstoßen 127 SNCM macht geltend, die Kommission habe in ihrer Würdigung des ersten Altmark-Kriteriums gegen die Beweislastregeln verstoßen. In diesem Zusammenhang führt sie zum einen an, die Kommission habe der Französischen Republik systematisch die Last auferlegt, die Notwendigkeit der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung und die fehlende Privatinitiative zu beweisen. Zum anderen trägt sie unter Bezugnahme auf zwei Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses vor, diese habe sich umgekehrt in mehreren wesentlichen Teilen ihrer Würdigung des genannten Kriteriums selbst von jeder Beweislast befreit. 128 In der Erwiderung fügt SNCM hinzu, dass der von der Kommission angeführte „Dreistufentest“ (vgl. unten, Rn. 130) vollkommen neu sei, weder im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens noch im angefochtenen Beschluss erwähnt werde und auf keiner zuvor geschaffenen Rechtsgrundlage beruhe. Außerdem sei diese Beweisführung ausgesprochen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. 129 Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, stellt in Abrede, gegen die Beweislastregeln verstoßen zu haben. 130 Zum einen macht die Kommission geltend, es sei Sache des betreffenden Mitgliedstaats, die Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen sowie deren Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit nachzuweisen. Konkret hätten die französischen Behörden zum Nachweis eines die Vergabe des Vertrags rechtfertigenden wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen im vorliegenden Fall erstens nachweisen müssen, dass es eine Nutzernachfrage gebe, zweitens, dass diese Nachfrage von den Marktteilnehmern ohne eine von der öffentlichen Hand festgelegte Verpflichtung in diesem Sinne nicht befriedigt werden könne, und drittens, dass ein Rückgriff auf einfache gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen unzureichend wäre, um den genannten Mangel zu beheben. Damit führe sie keinen völlig neuen Test ein, sondern zeige lediglich zusammenfassend die Versäumnisse der französischen Behörden und von SNCM bei der Feststellung eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auf. Zudem sei dieser Nachweis weder vollkommen neu noch besonders schwierig zu erbringen. 131 Zum anderen weist die Kommission das Vorbringen von SNCM zurück, wonach für einige ihrer Beurteilungen in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses keine Beweise vorgelegt worden seien. 132 Es ist davon auszugehen, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, sie habe in ihrer Würdigung des ersten Altmark-Kriteriums gegen die Beweislastregeln verstoßen. 133 Zum einen geht aus den im Rahmen der Prüfung des zweiten und des vierten Unterteils des ersten Teils des ersten Klagegrundes angestellten Erwägungen (vgl. oben, Rn. 111 bis 126) nämlich hervor, dass ein Seekabotagedienst, um als DAWI eingestuft werden zu können, einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprechen muss, was dadurch nachzuweisen ist, dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden kann, und die DAWI vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf diesen Bedarf verhältnismäßig sein muss. Es obliegt jedoch unbestreitbar dem betreffenden Mitgliedstaat und nicht der Kommission, diesen Nachweis zu führen, und zwar durch Vorlage hinreichend überzeugender Beweise. Insoweit ist festzustellen, dass sich der Mitgliedstaat entgegen dem Vorbringen von SNCM in der mündlichen Verhandlung (vgl. oben, Rn. 106) nicht damit begnügen kann, das Bestehen eines „allgemeinen Interesses im weitesten Sinne“ geltend zu machen. Bringt der Mitgliedstaat keinen Beweis dafür bei, dass die vorerwähnten Kriterien erfüllt oder verkannt worden sind, kann dies einen offensichtlichen Beurteilungsfehler darstellen, den die Kommission zu berücksichtigen hat. 134 Hinsichtlich der von der Kommission für den Nachweis eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entwickelten dreistufigen Beweisführung (vgl. oben, Rn. 130) ist festzustellen, dass sie entgegen dem Vorbringen von SNCM keineswegs ein im angefochtenen Beschluss nicht vorgesehenes zusätzliches Beweiserfordernis darstellt. Bei dieser Beweisführung handelt es sich lediglich um eine alternative Darstellung des Tests, den die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat, um zu überprüfen, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt war (vgl. oben, Rn. 45), und dessen Zweckmäßigkeit bei der Prüfung des zweiten und des vierten Unterteils des ersten Teils des ersten Klagegrundes bestätigt worden ist (vgl. oben, Rn. 111 bis 126). Falls für sämtliche oder einen Teil der Dienstleistungen, die in den von den nationalen Behörden festgelegten Bereich der öffentlichen Dienstleistungen fallen, keine Nutzernachfrage besteht, können diese öffentlichen Dienstleistungen oder ihr Umfang daher zunächst nicht eindeutig als notwendig und im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verhältnismäßig betrachtet werden. Sodann kann ein solcher Bedarf auch nicht bestehen, wenn die Nutzernachfrage von den Marktteilnehmern bereits ohne eine von der öffentlichen Hand festgelegte Verpflichtung in diesem Sinne befriedigt werden kann. Mit anderen Worten kann es, wie bereits oben in Rn. 125 festgestellt worden ist, keinen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen geben, wenn es nicht an Privatinitiative fehlt. Besteht eine Nutzernachfrage und kann diese Nachfrage nicht durch das freie Spiel der Marktkräfte befriedigt werden, müssen die nationalen Behörden schließlich dem Ansatz den Vorzug geben, der die Freiheiten, die für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts unabdingbar sind, am wenigsten beeinträchtigt. Wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts in Bezug auf den Sektor der Seekabotage zu Recht geltend gemacht hat, bringt die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, die für alle Transportunternehmen gelten, die ihre Dienstleistungen auf einer bestimmten Linie anbieten wollen, und nicht zwangsläufig zu Ausgleichsleistungen führen (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Seekabotage-Verordnung), weniger einschneidende Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs mit sich als die Gewährung von Ausgleichsleistungen an ein bestimmtes Transportunternehmen oder eine begrenzte Zahl von Transportunternehmen im Rahmen einer über öffentliche Dienstleistungen. 135 Hinzu kommt, dass die von SNCM beanstandete Beweisführung nicht besonders schwierig ist, da der Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen – u. a. über Marktstudien, öffentliche Konsultationen oder Projektausschreibungen – einfach ermittelt werden kann, was die französischen Behörden im vorliegenden Fall versäumt haben, bevor sie der Erneuerung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Fährverbindungen nach Korsika grundsätzlich zustimmten. 136 Zum anderen macht SNCM zu Unrecht geltend, für die beiden von ihr wiedergegebenen Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses sei keinerlei Beweis erbracht worden. Diese Beurteilungen ergeben sich nämlich aus einer Würdigung des Akteninhalts durch die Kommission. 137 So ist hinsichtlich der ersten beanstandeten Beurteilung im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festzuhalten, dass der Satz, aus dem sie sich ergibt, mit der Feststellung beginnt, dass „[d]ie von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung … den für alle Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden Vorschriften für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen [entsprach]“, und diese Feststellung nicht in Frage gestellt werden kann. So oblagen den Unternehmen, die – wie Corsica Ferries – Seekabotagedienste u. a. auf der Strecke Toulon–Korsika anboten, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit des Verkehrs, die Dienstleistungskapazität, die Gebühren und die Schiffsbesatzung, und zwar im Rahmen der oben in Rn. 14 beschriebenen Beihilferegelung nach Sozialkriterien. Diese Unternehmen mussten ihre Dienstleistungskapazität nachweisen, ihre Verpflichtungen gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern erfüllen, dem korsischen Verkehrsamt im Voraus ihre Fahrpläne übermitteln sowie ganzjährig wenigstens zwei Hin- und Rückfahrten pro Woche zwischen Toulon und Korsika gewährleisten. Für die Besatzungen ihrer Schiffe galten die Vorschriften des französischen Rechts. Darüber hinaus wurden für jede einzelne der betreffenden Gruppen soziale Höchsttarife festgelegt. 138 Die Kommission durfte aufgrund eines Vergleichs zwischen den Anforderungen im Zusammenhang mit diesen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und den im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Verpflichtungen für den Zusatzdienst, die weniger strikt waren als die für den Basisdienst geltenden (vgl. 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und unten, Rn. 151) zu der von SNCM beanstandeten Beurteilung gelangen, wonach die von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung „keine Qualitätsunterschiede im Vergleich zu den Leistungen auf[wies], die im Rahmen des Zusatzdienstes erbracht wurden“. 139 Was die zweite beanstandete Beurteilung im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeht, ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus einer Gesamtschau dieses Erwägungsgrundes ergibt, mit der besagten Beurteilung im Wesentlichen geltend machen will, Corsica Ferries erbringe die Dienstleistungen ab Toulon z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung im Einklang mit dem öffentlichen Interesse zufriedenstellend. Diese Beurteilung erscheint jedoch nicht nur angesichts der Ausführungen oben in Rn. 137, sondern auch generell unter Berücksichtigung der von der Kommission sehr zutreffend festgestellten Tatsache begründet, dass die Voraussetzungen im Zusammenhang mit den für die Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen vom korsischen Verkehrsamt nach der Seekabotage-Verordnung festgelegt wurden. Diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sind somit als Verpflichtungen anzusehen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Seekabotagedienste unter sich mit dem öffentlichen Interesse deckenden Bedingungen erbracht werden und die ein Unionsreeder im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang übernehmen würde (vgl. insoweit Art. 2 Nr. 4 der Seekabotage-Verordnung sowie Rn. 47 und 48 der DAWI-Mitteilung). Folglich durfte davon ausgegangen werden, dass jeder im Rahmen der besagten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erbrachte Seekabotagedienst hinsichtlich der Qualitätsparameter, die unter die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen fallen und in Art. 4 Nr. 2 der Seekabotage-Verordnung aufgezählt werden, einschließlich der im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten, im Einklang mit dem öffentlichen Interesse stand. 140 Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass der dritte Unterteil des ersten Teils des ersten Klagegrundes und damit dieser erste Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind. Zweiter Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe 141 Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes trägt SNCM vor, die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe. 142 Dieser zweite Teil lässt sich in drei Unterteile untergliedern, wobei der Letztere hilfsweise vorgebracht wird. – Erster Unterteil: Der Vertrag unterscheide nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst 143 SNCM bringt vor, der Vertrag unterscheide entgegen den Angaben im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der die gesamten Ausführungen der Kommission stütze, nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst. Der Inhalt des vermeintlichen Zusatzdienstes werde nicht in spezifischen und leicht auszumachenden Bestimmungen des Lastenhefts definiert. Durch die Schaffung zusätzlicher Mindestkapazitäten für bestimmte Zeiträume des Jahres hätten die Vertragsparteien keineswegs beabsichtigt, zwei Dienste einzurichten, die unabhängig voneinander erbracht werden könnten. Die Tatsache, dass der neue Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Zeitraum 2014–2023 den Zusatzdienst nicht mehr umfasse, sondern sich auf den Basisdienst beschränke, sei irrelevant, da sich dieser Ausschluss durch haushaltstechnische Gründe erklären lasse. Darüber hinaus sei die Einbeziehung von Diensten für Spitzenverkehrszeiten in den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen zur Vermeidung jeglicher Gefahr einer Abschöpfung die einzige Lösung, die mit der sich aus dem Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), ergebenden Rechtsprechung vereinbar sei. Schließlich werde der im Vertrag vorgesehene Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen jedes Jahr gezahlt und pauschal für sämtliche Dienstleistungen der Auftragnehmer berechnet. 144 Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen. 145 Die Kommission hat im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt, dass die Unterscheidung zwischen Verkehrsleistungen, die über das gesamte Jahr im Rahmen des Basisdienstes zu erbringen seien, und den zusätzlichen Kapazitäten, die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellen seien, nämlich dem Zusatzdienst, eindeutig aus dem Lastenheft zu dem Vertrag hervorgehe. 146 Insoweit ist als Erstes festzustellen, dass für den Zusatzdienst, der nur drei von den fünf Linien betrifft, die von den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erfasst werden, spezifische Bestimmungen des Lastenhefts zu dem Vertrag gelten, nämlich Nr. I Buchst. a Abs. 2 (Strecke Marseille–Bastia), Nr. I Buchst. b Abs. 2 (Strecke Marseille–Ajaccio) und Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 (Strecke Marseille–Propriano) dieses Lastenhefts. 147 Die von SNCM in diesem Zusammenhang behauptete Tatsache, dass der Vertrag „zu keinem Zeitpunkt“ auf den Ausdruck „Zusatzdienst“ als solchen „Bezug“ nehme, ist somit irrelevant. Diese Behauptung ist jedenfalls nicht begründet, da es auf Seite 1 des dem Vertrag beigefügten Lastenhefts heißt, dass die betreffenden Dienste „auf jeder Strecke einen ständigen Personenbeförderungs- und Frachtdienst und auf einigen Strecken einen zusätzlichen Personenbeförderungsdienst für Spitzenverkehrszeiten [umfassen]“. Außerdem ist zu bemerken, dass SNCM selbst, wie Corsica Ferries zu Recht feststellt, in einigen der Berichte über die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die sie jedes Jahr zu erstellen hat, ausdrücklich zwischen ständigem Dienst und Zusatzdienst unterscheidet. 148 Als Zweites ist hervorzuheben, dass die Schlussfolgerung der Kommission, wonach der Basisdienst und der Zusatzdienst zwei unterschiedliche Arten von Diensten darstellten, entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht in seiner „Gesamtheit“ auf der beanstandeten Behauptung im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beruht, der – über Fn. 64 – auf die oben in Rn. 146 angeführten spezifischen Vorschriften verweist. Diese Schlussfolgerung stützt sich nämlich auch auf eine Reihe anderer Gesichtspunkte, die im Folgenden dargelegt werden sollen. 149 Erstens betrifft der Basisdienst die Personen- und Frachtbeförderung auf See, während sich der Zusatzdienst lediglich auf die Personenbeförderung bezieht. 150 Zweitens legt das Lastenheft des Vertrags in Bezug auf den Basisdienst für jede einzelne der betroffenen Verbindungen und Strecke für Strecke tägliche Mindestkapazitäten fest, während es in Bezug auf den Zusatzdienst lediglich – ebenfalls für jede einzelne der betroffenen Verbindungen und Strecke für Strecke – Gesamtmindestkapazitäten für Zeiträume festlegt. 151 Drittens gelten für beide Arten von Diensten bestimmte unterschiedliche Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf die Fahrtzeiten und die Häufigkeit der Überfahrten, und die für den Basisdienst geltenden Verpflichtungen sind strikter als die für den Zusatzdienst. So schreibt das Lastenheft des Vertrags für den Zusatzdienst keine besonderen Fahrtzeiten vor, während es für den Basisdienst strenge Abfahrts- und Ankunftszeiten vorsieht. Auch sieht dieses Lastenheft für den Zusatzdienst keinerlei Zwänge in Bezug auf die Häufigkeit der Überfahrten vor, während es für den Basisdienst vorschreibt, dass die Personenbeförderung in jede Richtung, täglich (aber nur drei Mal pro Woche für die Strecke Marseille–Propriano) und ganzjährig sicherzustellen ist. Aus ebendiesem Lastenheft geht zwar hervor, dass die Tage und Uhrzeiten der Reisen im Fall des Zusatzdienstes mit dem korsischen Verkehrsamt „ausdrücklich und im Voraus“ abgestimmt werden müssen. Dies erklärt sich jedoch vor allem durch den vertraglichen Charakter des Vertrags; SNCM verfügt auf diese Art und Weise gleichwohl über eine größere Flexibilität als im Fall des Basisdienstes. Zudem müssen die Strecken im Fall des letztgenannten Dienstes ohne Zwischenhalt zurückgelegt werden, während ein solches Erfordernis für den Zusatzdienst nicht vorgesehen ist. 152 Viertens wird der Basisdienst, wie aus Anhang 2 des Vertrags hervorgeht und unten in den Rn. 160 und 161 im Einzelnen dargelegt werden soll, unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt, die eine Beförderung sowohl von Fahrgästen als auch von Waren erlauben, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wird, die lediglich die Beförderung von Fahrgästen (und ihren Fahrzeugen) zulassen. 153 Fünftens fiel der Betrieb des Zusatzdienstes, wie ebenfalls aus Anhang 2 des Vertrags hervorgeht, allein in den Zuständigkeitsbereich von SNCM. Dort ist nämlich vorgesehen, dass die Schiffe Danielle Casanova und Napoléon Bonaparte eingesetzt werden, um „die zusätzlichen Kapazitäten des Passagierdienstes auf den Strecken ab Ajaccio, [ab] Bastia und [ab] Propriano sicherzustellen“. Diese beiden Schiffe gehören jedoch zur Flotte von SNCM und nicht von CMN. In der Praxis hat daher ausschließlich SNCM den Betrieb des Zusatzdienstes sichergestellt. 154 Als Drittes ist das Vorbringen von SNCM, wonach aus dem Umstand, dass der neue Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Zeitraum 2014–2023 den Zusatzdienst nicht mehr umfasse, sondern sich auf den Basisdienst beschränke, nichts hergeleitet werden könne, da sich dieser Ausschluss durch haushaltstechnische Gründe erklären lasse, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Bei diesem auf den neuen Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gestützten Argument handelt es sich nämlich um ein Argument, das Corsica Ferries im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, von der Kommission als solches aber nicht in den angefochtenen Beschluss übernommen worden ist, um ihre Argumentation zu stützen. Die Tatsache, dass dieser neue Vertrag den Zusatzdienst nicht mehr umfasst, zeigt jedenfalls eigentlich, dass dieser Dienst – sei es aus technischen Gründen oder aus Erwägungen haushaltstechnischer Natur – für die ordnungsgemäße Erbringung des Basisdienstes nicht unerlässlich ist und diese beiden Arten von Diensten voneinander trennbar sind. 155 Als Viertes beruft sich SNCM zu Unrecht auf die Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), ergibt. Wie bereits oben in Rn. 101 festgestellt worden ist, geht nämlich aus den Akten hervor, dass sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches Betriebsdefizit aufwiesen, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss. Dies wird insbesondere durch die kalkulatorische Ergebnisrechnung von SNCM belegt, die deren im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingereichter Stellungnahme vom 5. November 2012 beigefügt war und erkennen lässt, dass die direkten Kosten (nämlich u. a. die Kosten im Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb, der Besatzung und der Versorgung) in jedem einzelnen Jahr des Zeitraums 2007–2011 sowohl für die Fähren als auch für die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe über den Nettoeinnahmen lagen. 156 Als Fünftes geht, auch wenn die SNCM geschuldeten Ausgleichszahlungen, wie diese geltend macht und im Übrigen im 47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigt wird, in Art. 2 des Vertrags umfassend festgelegt wurden, aus der oben in Rn. 155 erwähnten kalkulatorischen Ergebnisrechnung gleichwohl hervor, dass sie in der Praxis zwischen dem mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachten Basisdienst und dem mit Fähren erbrachten Zusatzdienst aufgeteilt wurden. Aus dem Umstand, dass dieser Artikel umfassende Ausgleichszahlungen für beide Arten von Diensten vorsieht, ergibt sich jedenfalls nicht, ob diese trennbar sind. 157 Folglich ist der erste Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. – Zweiter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt 158 SNCM macht geltend, die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt. Das Lastenheft des Vertrags verlange keineswegs die Verwendung unterschiedlicher Schiffe für jede einzelne dieser Dienstarten. In der Praxis werde vielmehr ein Teil des Zusatzdienstes mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbracht, und Fähren könnten für die Erbringung des Basisdienstes eingesetzt werden, insbesondere in der Nebensaison während der technisch bedingten Liegezeiten der Fracht‑/Fahrgastschiffe. Zur Stützung ihres Vorbringens nimmt SNCM auf Tabellen Bezug, die der Klageschrift als Anhang beigefügt sind. 159 Die Kommission und Corsica Ferries weisen das Vorbringen von SNCM zurück. 160 Aus Anhang 2 des Vertrags geht, wie bereits oben in Rn. 152 festgestellt, hervor, dass der Basisdienst unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt wird, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wird. Wie Corsica Ferries zu Recht geltend macht, wird diese Feststellung noch durch die von SNCM erstellten Berichte über die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bestätigt. So heißt es im Durchführungsbericht für das Jahr 2010 beispielsweise, dass der Basisdienst mittels „kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe“ erbracht werde und die „Autofähren Napoléon Bonaparte und Danielle Casanova … die zusätzlichen Kapazitäten für die Beförderung von Fahrgästen während der Spitzenzeiten in den Häfen von Bastia, Ajaccio und Propriano sichergestellt [hätten]“, und zwar in einer Größenordnung von insgesamt 251932 beförderten Fahrgästen, „d. h. 47 % des Verkehrsaufkommens im Rahmen der von SNCM erbrachten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung“. 161 Die Behauptung von SNCM, dass in Wirklichkeit kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe für den Zusatzdienst und umgekehrt Fähren für den Basisdienst eingesetzt worden seien, wird rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen. Insbesondere sind die von SNCM vorgelegten Tabellen, mit denen diese Behauptung gestützt werden soll, nicht schlüssig. Zunächst enthält nämlich eine dieser Tabellen, und zwar die Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“, Rechenfehler. Sodann und vor allem beinhalten die genannten Tabellen, wie die Kommission zu Recht feststellt, eine künstliche Aufteilung der Überkapazitäten (Anzahl der Plätze an Bord) der verschiedenen Schiffe, die in keinem Zusammenhang mit der Art und Weise steht, in der die beiden Dienstarten in der Praxis erbracht worden sind. So weist die Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“ für die Strecken Marseille–Bastia und Marseille–Ajaccio für die zweite Jahreshälfte 2007 und für jedes einzelne Jahr des Zeitraums 2008–2013 die Differenz zwischen den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen der Auftragnehmer im Rahmen des Basisdienstes auf diesen Strecken angebotenen Kapazitäten (Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter ständiger Dienst“) und den im Lastenheft des Vertrags für denselben Dienst und dieselben Strecken geforderten Kapazitäten (Tabelle „Lastenheft – Ständiger Dienst“) aus. Mit anderen Worten stellt die genannte Tabelle lediglich ein Verzeichnis der Überkapazitäten der Schiffe, mit denen der Basisdienst erbracht wird, im Hinblick auf die Anforderungen des Lastenhefts dar, wobei SNCM diese Überkapazitäten willkürlich einer angeblichen zusätzlichen Dienstleistung mittels Fracht‑/Fahrgastschiffen zuweist. Im gleichen Sinne werden die von den Fähren von SNCM im Rahmen des Zusatzdienstes angebotenen Kapazitäten in der Tabelle „Mit Fähren erbrachter Zusatzdienst“ willkürlich als sich aus der Differenz zwischen den im Lastenheft des Vertrags für diesen Dienst geforderten Kapazitäten (Tabelle „Lastenheft – Zusatzdienst“) und den in der Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“ wiedergegebenen Überkapazitäten ergebend festgelegt. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass die von den genannten Fähren angebotenen Kapazitäten weit über den in der Tabelle „Mit Fähren erbrachter Zusatzdienst“ angegebenen lagen, so dass – außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände – nicht auf Fracht‑/Fahrgastschiffe zurückgegriffen zu werden brauchte, um die Erbringung des Zusatzdienstes sicherzustellen. Die Tabelle „Mit Fähren erbrachter ständiger Dienst“ führt – ohne die geringste Begründung – lediglich auf, dass die Fähren jedes Jahr mit einer bestimmten Anzahl von Plätzen auf den Linien Marseille–Ajaccio und Marseille–Bastia zum Basisdienst beigetragen hätten (u. a. 13000 Plätze in der zweiten Jahreshälfte 2007 und 26000 Plätze im Jahr 2008). Schließlich genügt die Tatsache, dass es einzelne Fälle gegeben haben mag, in denen ein normalerweise für den Basisdienst bestimmtes Schiff im Rahmen des Zusatzdienstes eingesetzt worden ist und umgekehrt, als solche nicht, um die Feststellung, dass die Fracht‑/Fahrgastschiffe grundsätzlich dem Basisdienst und die Fähren dem Zusatzdienst zugewiesen gewesen seien, in Frage zu stellen. 162 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der zweite Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen ist. – Hilfsweise vorgebrachter dritter Unterteil: Der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt 163 SNCM bringt hilfsweise vor, der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt. Selbst wenn es einen vom Basisdienst zu unterscheidenden Zusatzdienst gebe, was nicht der Fall sei, könnten diese beiden Dienstarten bei der Prüfung des ersten Altmark-Kriteriums nicht unabhängig voneinander beurteilt werden. 164 Zur Stützung dieses dritten Unterteils macht SNCM zwei Reihen von Argumenten geltend. Mit der Ersten versucht sie im Wesentlichen nachzuweisen, dass aufgrund bestimmter Erfordernisse, bei denen es sich nicht um technische oder wirtschaftliche Erfordernisse handelt, eine Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes geboten war. Mit der Zweiten möchte sie dartun, dass diese beiden Dienstarten technisch und wirtschaftlich komplementär sind. 165 Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, beantragt, diesen dritten Unterteil zurückzuweisen. 166 Was die erste Reihe von Argumenten angeht, ist festzuhalten, dass keines dieser Argumente den Schluss zulässt, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie im vorliegenden Fall keine Gesamtwürdigung des Zusatzdienstes und des Basisdienstes vorgenommen hat. 167 Insoweit ist erstens festzustellen, dass SNCM fälschlicherweise die Beurteilung der Kommission im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen versucht, wonach „nur dann zu Recht davon auszugehen [wäre], dass der Zusatzdienst durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen begründet werden kann, wenn aufgrund mehrerer technischer und wirtschaftlicher Erfordernisse erwiesen ist, dass seine Erbringung … für den Basisdienst unerlässlich ist“. Würde der Zusatzdienst, bei dem es sich eindeutig um einen vom Basisdienst zu unterscheidenden Dienst handelt (vgl. oben, Rn. 145 bis 154), in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen einbezogen, ohne dass dies durch das Bestehen technischer Komplementaritäten zwischen diesen beiden Dienstarten oder aufgrund von Erwägungen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt ist, wäre den Erfordernissen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit nämlich offensichtlich nicht genügt (zu diesen Erfordernissen vgl. oben, Rn. 124). 168 Zweitens macht SNCM – ebenfalls zu Unrecht – geltend, der Basisdienst und der Zusatzdienst seien keineswegs unterschiedlicher Natur. Aus den oben in den Rn. 145 bis 154 angestellten Erwägungen geht nämlich hervor, dass diese beiden Dienstarten in Wirklichkeit erhebliche Unterschiede aufweisen. 169 Drittens kann das oben in Rn. 168 wiedergegebene Argument von SNCM auch dann keinen Erfolg haben, wenn es so zu verstehen ist, als werde es daraus hergeleitet, dass die beiden Dienstarten einen gemeinsamen Zweck, nämlich die Gewährleistung der Kontinuität der Festlandsverbindungen, verfolgten. 170 Zum einen ist nämlich allgemein festzustellen, dass die Tatsache, dass zwei Arten von Diensten den gleichen Zweck verfolgen, nicht automatisch bedeutet, dass sie in Wirklichkeit als ein und dieselbe Art von Dienst anzusehen sind. 171 Zum anderen bedeutet der Umstand, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst angeblich beide darauf abzielen, die Kontinuität der Festlandsverbindungen zu gewährleisten, nicht zwangsläufig, dass sie – insbesondere was die Frage angeht, ob ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen besteht – zusammen als ein untrennbares Ganzes zu prüfen wären. 172 Wie die Kommission völlig zu Recht feststellt, kann das Ziel der Kontinuität der Festlandsverbindungen nämlich sehr wohl durch ein Zusammenspiel der Kräfte des Marktes und gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen erreicht werden. Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Mitgliedstaat, auch wenn er über einen weiten Ermessensspielraum in diesem Bereich verfügt, eine DAWI nur festlegen kann, soweit sie einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspricht, und zum anderen, dass ein solcher Bedarf nicht bestehen kann, wenn die Nachfrage bereits durch die Kräfte des Marktes befriedigt worden ist (vgl. oben, Rn. 111 bis 124). Für die Festlegung einer DAWI im Sektor der Seekabotage genügt es daher nicht, dass der Mitgliedstaat geltend macht, es werde das Ziel der Kontinuität der Festlandsverbindungen verfolgt. Dieses Ziel darf auch nicht bereits durch das freie Spiel der Marktkräfte verwirklicht worden sein. Falls mit diesem ein Teil des genannten Ziels erreicht werden kann, ist die Schaffung einer solchen DAWI nur insoweit gerechtfertigt, als sie einem entsprechenden Marktversagen begegnet. 173 Im vorliegenden Fall hat die Kommission – und zwar zu Recht, wie weiter unten im Rahmen der Prüfung des dritten Teils des ersten Klagegrundes dargelegt werden soll – festgestellt, dass die Kontinuität der Verbindungen zwischen Korsika und dem französischen Festland bereits durch den Basisdienst, ergänzt durch die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegenden Kräfte des Marktes, sichergestellt werde. Abgesehen davon, dass der Zusatzdienst eindeutig keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprach, war er für die Verwirklichung des theoretischen Ziels der Kontinuität der Festlandsverbindungen, das ihm von den französischen Behörden gesetzt worden war, daher nicht einmal unerlässlich. 174 Viertens ist davon auszugehen, dass SNCM vergeblich geltend macht, der von der Kommission gewählte Ansatz mache die ordnungsgemäße Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen in der Praxis unmöglich, da er darauf hinauslaufe, diese Dienstleistungen allein unrentablen Tätigkeiten vorzubehalten, wodurch jeglicher Ausgleichsmechanismus ausgeschlossen und jeder umsichtige und besonnene Wirtschaftsteilnehmer davon abgeschreckt werde, eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung zu erbringen. Wie bereits oben in den Rn. 101 und 155 hervorgehoben worden ist, wiesen nämlich sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches und wiederholt auftretendes Betriebsdefizit auf, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss. 175 Fünftens macht SNCM geltend, die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes ergebe sich auch aus Rn. 6 der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und der früheren Entscheidungspraxis der Kommission in Bezug auf vorherige Auferlegungen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika. 176 Zum einen kann sich SNCM jedoch nicht auf die von ihr angeführte Passage in Rn. 6 der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 berufen. Weder die Kommission noch die Unionsgerichte sind nämlich an die Auslegung der Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung durch den Conseil d’État (Staatsrat) gebunden. Im vorliegenden Fall gilt dies umso mehr, als die Kommission das förmliche Prüfverfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) bereits eingeleitet hatte. 177 Zum anderen kann sich SNCM auch nicht auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission in Bezug auf vorherige Auferlegungen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika berufen, und zwar aus den bereits oben in den Rn. 98 und 99 dargelegten Gründen. 178 Was die zweite Reihe von Argumenten betrifft, ist erstens festzuhalten, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst, wie die Kommission im 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, keine sich technisch ergänzenden Tätigkeiten sind. 179 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass – abgesehen davon, dass für diese Dienste insbesondere in Bezug auf die Fahrpläne und die Häufigkeit der Überfahrten unterschiedliche Verpflichtungen gelten (vgl. oben, Rn. 151) – sie auch unter Einsatz verschiedener Schiffstypen erbracht werden und unterschiedliche Zwecke verfolgen (vgl. oben, Rn. 152, 160 und 161). Der Basisdienst wird nämlich mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen erbracht, die eine Beförderung von Waren und Fahrgästen erlauben, während der Zusatzdienst mit Fähren erbracht wird, die lediglich die Beförderung von Fahrgästen und ihren Fahrzeugen zulassen. Die technischen Unterschiede zwischen diesen beiden Schiffstypen verhindern nicht nur, dass u. a. die für die Erbringung des Zusatzdienstes eingesetzten Schiffe für die Erbringung des Basisdienstes verwendet werden, sondern auch, dass Skaleneffekte, insbesondere auf dem Gebiet der Wartung und Reparatur der Schiffe, erzielt werden. Hinzu kommt, dass für die Besatzungen je nach Schiffstyp unterschiedliche Zertifizierungsanforderungen gelten und sie somit nicht austauschbar sind. 180 Diese Feststellungen können durch die Behauptung von SNCM, dass beide Arten von Diensten „zahlreiche gemeinsame technische Merkmale, insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungsqualität“, aufwiesen und erhebliche Synergieeffekte bestünden, da sie dieselben Hafeninfrastrukturen, dasselbe Agenturnetz und dieselben telefonischen und telematischen Hilfsmittel für die Fahrkartenreservierung sowie dasselbe Bodenpersonal am Kai teilten und dieselben Verfahren für die Zertifizierung und die Kontrolle von Hygiene und Lebensmittelsicherheit nutzen könnten, nicht in Frage gestellt werden. Wie die Kommission nämlich völlig zu Recht geltend macht, sind diese Synergieeffekte zum einen vergleichsweise marginal, da die größten Kostentreiber der betreffenden Dienste in den Schiffen und den Besatzungen liegen; zum anderen kann die Nutzung gemeinsamer Verwaltungs- und Unternehmensstrukturen keine für die Zwecke der vorliegenden Problematik gültige Komplementarität darstellen, da dies jedenfalls für alle Tätigkeiten von SNCM gilt. 181 Auch dem Vorbringen von SNCM, wonach die Fähren die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe während deren technisch bedingter Liegezeiten ersetzen sollten, kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass Fähren keine Beförderung von Fracht erlauben, geht aus den Tabellen in Anhang 2 Buchst. B („Darstellung typischer Jahre“) des Vertrags nämlich klar hervor, dass die betreffenden Überfahrten während der technisch bedingten Liegezeiten der kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe stets mit anderen in diesen Tabellen namentlich bezeichneten kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen und nicht mit Fähren zu erfolgen hatten. 182 Zweitens ist festzustellen, dass keines der von SNCM vorgebrachten Argumente den Schluss zulässt, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen durch Erwägungen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt war. 183 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Zusatzdienst, wie bereits oben in den Rn. 101, 155 und 174 festgestellt worden ist, ein Betriebsdefizit aufwies. 184 Die Argumentation von SNCM, wonach der letztgenannte Dienst – über die Einkünfte, die aufgrund des Betriebs der Seeverbindung nach Korsika in den gewinnbringendsten Zeiträumen mit ihm erzielt worden seien – wesentlich zum globalen wirtschaftlichen Gleichgewicht des Basisdienstes und des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie zur Finanzierung der Kontinuität der Festlandsverbindungen beigetragen habe, kann keinen Erfolg haben. 185 In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass SNCM der Kommission zu Unrecht vorwirft, sie habe nicht geprüft, ob „[der Zusatzdienst] durch eine Deckung zumindest seiner spezifischen variablen Kosten zur Deckung eines Teils der Fixkosten hätte beitragen können, die für diesen Dienst und den [Basis‑]Dienst gemeinsam anfielen“. Aus der kalkulatorischen Ergebnisrechnung von SNCM, die diese im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat, geht nämlich hervor, dass die mit Fähren erzielten Nettoeinnahmen in jedem einzelnen Jahr des Zeitraums 2007–2011 unter den direkten Kosten des besagten Dienstes (nämlich u. a. den Kosten im Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb, der Besatzung und der Versorgung) lagen (vgl. oben, Rn. 155). 186 Sodann wiederholt SNCM zur Stützung ihres Vorbringens vergeblich ihre Behauptung, die Fähren hätten auch für die Erbringung des Basisdienstes eingesetzt werden können. Diese Behauptung ist nämlich aus den bereits oben in den Rn. 152, 160, 161 und 181 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 187 Schließlich ist das Argument von SNCM, wonach der Beitrag der mit dem Zusatzdienst erzielten Einnahmen zu den Gesamteinkünften des Unternehmens sehr erheblich sei, da dieser Dienst in den rentabelsten Zeiträumen erbracht werde, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Die Richtigkeit dieses Arguments unterstellt, reichten die erwähnten Einnahmen nämlich gleichwohl nicht aus, um die direkten Kosten im Zusammenhang mit der Erbringung des besagten Dienstes zu decken (vgl. oben, Rn. 101, 155, 174 und 185). 188 Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass der dritte Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes und damit dieser zweite Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind. Hilfsweise vorgebrachter dritter Teil: Der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium 189 Im Rahmen des hilfsweise vorgebrachten dritten Teils des ersten Klagegrundes macht SNCM geltend, der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium, so dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Ansicht vertreten habe, die Einbeziehung dieses Dienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen. 190 Dieser dritte Teil lässt sich in vier Unterteile untergliedern. – Erster Unterteil: Die Kommission habe die Austauschbarkeit der Personenbeförderungsdienste ab Marseille und derjenigen ab Toulon falsch beurteilt 191 SNCM trägt vor, die Feststellung der Kommission im 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass „der Zusatzdienst auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt der Vergabe des Vertrags … weitgehend mit den Diensten von Toulon nach Bastia und [nach] Ajaccio austauschbar war“, beruhe auf einer offensichtlichen Fehleinschätzung. 192 Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen. 193 Zur Stützung ihrer Auffassung macht SNCM als Erstes geltend, die Ausführungen der Kommission beruhten auf einer voreingenommenen und widersprüchlichen Analyse der Personenverkehrsstatistiken. 194 Festzustellen ist, dass keine der von SNCM zur Stützung dieses Vorbringens formulierten kritischen Anmerkungen begründet ist. 195 So wirft SNCM der Kommission erstens vergeblich vor, dass sie in den Erwägungsgründen 154 und 155 des angefochtenen Beschlusses die Entwicklung des Personenverkehrs zwischen dem französischen Festland und Korsika von 2002 bis 2009 und damit in einem Zeitraum geprüft habe, der zwei Jahre einschließe, die nach der Vergabe des Vertrags lägen. Die Berücksichtigung dieser beiden Jahre über die Jahre 2002 bis 2007 hinaus ermöglicht nämlich die Wahrnehmung der wichtigsten Tendenzen in der Entwicklung des Personenverkehrs über einen längeren Zeitraum sowie die Feststellung, dass sich diese Entwicklung nach der Vergabe des Vertrags nicht umgekehrt hat. Im Übrigen behauptet nicht einmal SNCM, dass die Entwicklung des Personenverkehrs nach 2007 erheblich von der Entwicklung in früheren Jahren abgewichen sei. 196 Zweitens ist davon auszugehen, dass die Bemerkung von SNCM, wonach der Personenverkehr ab Marseille während des Zeitraums 2002–2009 nahezu stabil geblieben sei, während der Verkehr ab Toulon überdurchschnittlich zugenommen habe, der Schlussfolgerung der Kommission, dass die auf der Strecke Marseille–Korsika angebotenen Personenschiffsverkehrsdienste auf der Nachfrageseite mit den auf der Strecke Toulon–Korsika angebotenen Diensten austauschbar gewesen seien, keineswegs widerspricht. 197 Aus den Akten geht nämlich hervor, dass das Gesamtverkehrsaufkommen für die Personenbeförderung auf den Schiffsverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika, wie im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt wird, während des Zeitraums 2002–2009 deutlich zugenommen hat (+31,6 %) und diese Zunahme ganz überwiegend von den Anbietern ab Toulon abgeschöpft wurde (+ 150 %), und nicht von den Anbietern, die von Marseille aus operierten (–1,7 %). Die Bemerkung von SNCM, wonach die Zunahme des Verkehrs ab Toulon mit einer weitgehenden Stabilität des Verkehrs ab Marseille einhergegangen sei, lässt das Wachstum des Gesamtverkehrsaufkommens und die Entwicklung der Marktanteile der Anbieter außer Acht. Unbestreitbar hat der Marktanteil der Anbieter ab Toulon vor dem Hintergrund dieses Gesamtanstiegs des Verkehrs zwischen Korsika und dem französischen Festland überdurchschnittlich zugenommen, während der Marktanteil der Anbieter ab Marseille rückläufig gewesen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, dass auf der Strecke Marseille–Korsika in absoluten Passagierzahlen eine Quasi-Stagnation zu verzeichnen ist, da diese Strecke im Verhältnis der Marktanteile erhebliche Einbußen hinnehmen musste. Hieraus konnte eindeutig eine Verlagerung der Personenschiffsverkehrsdienste von der Strecke Marseille–Korsika zur Strecke Toulon–Korsika und damit auf der Nachfrageseite eine Austauschbarkeit der auf der ersten Strecke angebotenen Dienste mit den auf der zweiten Strecke angebotenen Diensten abgeleitet werden. 198 Hinzu kommt, dass SNCM den Ausführungen im 157. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht entgegentritt, der wie folgt lautet: „Im Bereich des Zusatzdienstes hat sich der Verkehr zwischen dem französischen Festland und Korsika noch deutlicher zugunsten der Verbindungen ab Toulon entwickelt. Von 2002 bis 2005 ging das tatsächliche Verkehrsaufkommen beim Zusatzdienst auf der Strecke Marseille–Korsika um 208213 Fahrgäste zurück, während es im selben Zeitraum auf der Strecke Toulon–Korsika um 324466 Fahrgäste stieg. Der Rückgang des auf den Zusatzdienst entfallenden Verkehrsanteils zugunsten anderer Marktteilnehmer weist vor dem Hintergrund eines Gesamtanstiegs des Verkehrs seit 2002 darauf hin, dass diese beiden Dienste in hohem Maße austauschbar sind.“ 199 Drittens macht SNCM zu Unrecht geltend, die Analyse der Kommission im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stehe insoweit im Widerspruch zum 155. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, als in Letzterem erklärt worden sei, dass die festgestellte Entwicklung nicht auf einen Effekt kommunizierender Röhren mit Italien zurückzuführen sein dürfte, da der Personenschiffsverkehr zwischen Korsika und Italien während des betreffenden Zeitraums stabil geblieben sei. Im genannten 155. Erwägungsgrund hat die Kommission nämlich keineswegs eine solche Stabilität des Verkehrs zwischen Korsika und Italien erwähnt. Sie widerlegt dort ein Argument der französischen Behörden, wonach die Verbindungen zwischen Korsika und Italien einen Teil des Verkehrs auf den Strecken Marseille–Korsika abgeschöpft hätten, und stützt sich vielmehr auf die Tatsache, dass der Anteil des Personenschiffsverkehrs von oder nach sämtlichen korsischen Häfen, der auf die Verbindungen nach Italien entfiel, während des betreffenden Zeitraums insgesamt zurückgegangen war. Insoweit ist festzustellen, dass sich das Verkehrsaufkommen zwischen Korsika und Italien, wie aus den von der Regionalen Beobachtungsstelle für den Verkehr von und nach Korsika veröffentlichten Daten tatsächlich hervorgeht, zwischen 2002 und 2009 zwar um 4,6 % erhöht hat, das Gesamtverkehrsaufkommen zwischen Korsika und den verschiedenen Festlandhäfen aber um mehr als 21 % gewachsen ist. Dementsprechend ist der Anteil der Verbindungen nach Italien am Verkehrsaufkommen von und nach Korsika von 39,1 % im Jahr 2002 auf 33,8 % im Jahr 2009 gesunken. 200 Viertens wirft SNCM der Kommission zu Unrecht vor, dass sie die Verlagerungen des Verkehrs von der Verbindung Marseille–Korsika zur Verbindung Toulon–Korsika während der Jahre 2004 und 2005 im Rahmen ihrer Analyse der Austauschbarkeit der Dienste berücksichtigt habe, da die genannten Jahre durch massive Streiks gekennzeichnet gewesen seien, die den Verkehr ab Marseille stark beeinträchtigt hätten. 201 Zunächst ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sich die von der Kommission in den Erwägungsgründen 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Prüfung nicht auf die Jahre 2004 und 2005 beschränkt, sondern einen Zeitraum umfasst, der sich von 2002 bis 2009 erstreckt. Sodann haben sich die sozialen Konflikte, auf die sich SNCM bezieht, lediglich in den Monaten September 2004, September 2005 und Oktober 2005 ereignet und nicht während der gesamten Jahre 2004 und 2005, wie sie zu behaupten scheint. Schließlich kann die Erfahrung eines Streiks, wie die Kommission unter Bezugnahme auf Rn. 38 ihrer Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) zu Recht feststellt, im Wettbewerbsrecht zur Abgrenzung eines Marktes herangezogen werden. 202 Als Zweites ist davon auszugehen, dass SNCM die von der Kommission durchgeführte Analyse der Austauschbarkeit der Dienste zu Unrecht als „besonders eingeschränkt“ einstuft, weil darin nur die Entwicklung des Umfangs berücksichtigt und nicht der Frage nachgegangen worden sei, ob die von Corsica Ferries angebotenen Dienstleistungen mit ihren eigenen Dienstleistungen – in Bezug auf die einzuhaltenden Fahrpläne, die Tarifobergrenzen, die Dienstleistungsqualität und die Zielorte – austauschbar gewesen seien. 203 Die Analyse der Kommission beruht nämlich auf einer sorgfältigen Prüfung des Verhaltens der Verbraucher sowie auf rationalen Elementen und Tatsachenfeststellungen, die sich u. a. aus öffentlichen Daten über Angebot und Nachfrage von Seeverkehrsdiensten ergeben. So zieht ein Nutzer, wenn er sich, worauf die Kommission zu Recht hinweist, dazu entschließt, nicht von Marseille aus, sondern von Toulon aus nach Korsika zu reisen, zwangsläufig sämtliche der von SNCM angeführten Parameter in Betracht. Es darf angenommen werden, dass, wenn es einen wirklichen qualitativen Unterschied zwischen den von diesem Unternehmen ab Marseille erbrachten Dienstleistungen und den von Corsica Ferries ab Toulon erbrachten Dienstleistungen gegeben hätte, dies die oben in den Rn. 197 und 198 festgestellten erheblichen Verkehrsverlagerungen verlangsamt hätte. Darüber hinaus mussten die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen, wie bereits oben in den Rn. 137 und 139 dargelegt worden ist, einer Reihe von Anforderungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit der Überfahrten, die Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung, die Tarife und die Schiffsbesatzungen genügen und unter Bedingungen erfolgen, die sich mit dem öffentlichen Interesse decken. 204 In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass die Kommission im 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bei ihrer Prüfung der Substituierbarkeit der Dienste auch – und zwar „[i]n eher qualitativer Hinsicht“ – die geringe Entfernung zwischen Marseille und Toulon berücksichtigt. Insoweit ist festzustellen, dass sie zu Recht die Auffassung vertreten hat, diese geringe Entfernung, nämlich rund 50 km Luftlinie bzw. 65 Straßenkilometer, sowie die Tatsache, dass die Reisezeit auf der Straße zwischen den genannten beiden Städten nur 45 Minuten betrage, was deutlich unter der Dauer einer Überfahrt vom französischen Festland nach Korsika liege, stellten relevante Anhaltspunkte dafür dar, dass die Personenschiffsverkehrsdienste ab Marseille auf der Nachfrageseite durch die Personenschiffsverkehrsdienste ab Toulon ersetzt werden könnten. Hinzu kommt, dass der Hafen von Toulon näher an Korsika liegt als der Hafen von Marseille, was dazu führt, dass die im erstgenannten Hafen auslaufenden Schiffe die Überfahrt in kürzerer Zeit durchführen können als die im letztgenannten Hafen auslaufenden Schiffe. Vor diesem Hintergrund ist es wenig plausibel, dass die 45 zusätzlichen Fahrtminuten mit dem Auto Personen, die ihren Wohnsitz in Marseille haben oder dort arbeiten, davon abhalten, sich für die Verbindung Toulon–Korsika zu entscheiden. Die Richtigkeit dieser verschiedenen Feststellungen wird von SNCM im Übrigen nicht bestritten. 205 Zwar wurde der Hafen von Propriano, einer der drei vom Zusatzdienst erfassten korsischen Häfen, von den in Toulon ablegenden Schiffen nicht bedient, wie SNCM zu Recht feststellt. Allerdings wurde er im Rahmen des Basisdienstes von den Schiffen des Konsortiums aus SNCM und CMN von Marseille aus angelaufen (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 des Lastenhefts des Vertrags). Für die Strecke Marseille–Propriano war während des Zeitraums vom 1. Mai bis zum 30. September für diesen Dienst sogar eine Erhöhung der Mindestkapazitäten vorgesehen (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 Ziff. i des Lastenhefts des Vertrags). Wie die Kommission zu Recht feststellt, gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der im Frühjahr/Sommer über einen Zeitraum von fünf Monaten solchermaßen verstärkte Basisdienst für sich allein nicht genügt hätte, um die Nutzernachfrage auf dieser Strecke – selbst in Spitzenverkehrszeiten – zu befriedigen. Folglich ist davon auszugehen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes auf der besagten Strecke erbrachten Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprachen und sich die Frage der Austauschbarkeit der Häfen von Marseille und Toulon für die Verbindung nach Propriano somit nicht einmal stellte. 206 Außerdem ist jedenfalls festzuhalten, dass das Verkehrsaufkommen auf der Linie Marseille–Propriano, wie die Kommission im 164. Erwägungsgrund und in Fn. 98 des angefochtenen Beschlusses feststellt, nur einen geringen Anteil (ca. 10 %) an der gesamten vom Zusatzdienst erfassten Tätigkeit ausmachte. Mit einem derart geringen Anteil ließ sich eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung im Umfang des Zusatzdienstes, der sich nicht auf diese Strecke beschränkte, nicht rechtfertigen. Wie es im genannten Erwägungsgrund heißt, berechtigt „der geringe Verkehrsanteil dieser Linie … nicht zu der Annahme …, fehlende Privatinitiative auf dieser Strecke ändere etwas an der Schlussfolgerung zum Zusatzdienst insgesamt“. 207 Schließlich ist hervorzuheben, dass die für die Dienste ab Marseille und die Dienste ab Toulon geltenden Erfordernisse nicht völlig identisch zu sein brauchten, um im vorliegenden Fall auf eine Austauschbarkeit schließen zu können. 208 Nach alledem hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, die im Rahmen des Zusatzdienstes auf der Verbindung Marseille–Korsika und die auf der Verbindung Toulon–Korsika erbrachten Seeverkehrsdienste seien auf der Nachfrageseite untereinander austauschbar. – Zweiter Unterteil: Die Kommission habe die fehlende Privatinitiative falsch beurteilt 209 Im Rahmen dieses zweiten Unterteils macht SNCM geltend, die von der Kommission in den Erwägungsgründen 161 bis 166 des angefochtenen Beschlusses durchgeführte Analyse der fehlenden Privatinitiative werde unzureichend begründet und sei offensichtlich fehlerhaft. 210 Diese Analyse wird im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wie folgt zusammengefasst: „… die Kommission [hat] den tatsächliche[n] Passagierverkehr zu jedem der im Zusatzdienst bedienten Häfen mit den Beförderungsmöglichkeiten verglichen, die von Corsica Ferries ab Toulon und durch den Basisdienst im Rahmen der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen angeboten wurden. Für die Häfen von Bastia und Ajaccio, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfielen, hätte es demnach ausgereicht, die vom Basisdienst auf der Grundlage des Vertrags angebotenen Kapazitäten ab Marseille sowie die des von privaten Anbietern von 2004 bis 2006 ab Toulon erbrachten Dienstes zusammenzulegen, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen. Dies gilt sowohl für den Zeitraum Frühjahr/Herbst als auch für die Sommerperiode sowie für jeden der beiden Häfen und für jedes einzelne Jahr zwischen 2004 und 2006“. 211 Die Kommission und Corsica Ferries treten dem Vorbringen von SNCM entgegen. 212 Zur Stützung ihrer Auffassung rügt SNCM erstens, dass die Kommission keine Einzelheiten oder Zahlen über die im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Vergleichsberechnung von Angebot und Nachfrage vorgelegt habe. 213 Diese Rüge ist als unbegründet zurückzuweisen. Wie die Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts bestätigt hat, handelt es sich bei den von ihr für die Zwecke der beanstandeten Analyse verwendeten Daten nämlich um öffentliche Daten der Regionalen Beobachtungsstelle für den Verkehr von und nach Korsika, die ihr von Corsica Ferries während des Verwaltungsverfahrens übermittelt und von den französischen Behörden in diesem Verfahren in keiner Weise bestritten worden waren. SNCM, die sich mit der Angebots- und Nachfragesituation im Seeverkehr zwischen dem französischen Festland und Korsika sowie mit den Daten über die im Vertrag vorgesehenen Kapazitäten besonders gut auskennt, kann somit nicht ernsthaft geltend machen, wie sie es in ihren Schriftsätzen tut, dass sie nicht in der Lage sei, die Ausführungen der Kommission zu verstehen und zu überprüfen, ob die von dieser verwendeten Zahlen korrekt seien oder nicht. Was die von der Kommission bei ihrer Analyse angewandte Methodik betrifft, geht aus dem 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klar hervor, dass sie lediglich in einem Vergleich – für jedes einzelne Jahr von 2004 bis 2006 bei einer Unterscheidung zwischen dem sogenannten Zeitraum „Frühjahr/Herbst“ und der sogenannten „Sommerperiode“, und zwar für jeden der drei im Zusatzdienst bedienten korsischen Häfen – der Summe der von Corsica Ferries ab Toulon angebotenen Kapazitäten und der von den gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen im Rahmen des Basisdienstes ab Marseille angebotenen Kapazitäten mit dem tatsächlichen festgestellten Bedarf (nämlich dem tatsächlichen Passagierverkehr) besteht. Was insbesondere die Häfen von Bastia und Ajaccio angeht, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfielen, hat die Kommission festgestellt, dass diese Kapazitäten zusammen ausgereicht hätten, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen, wobei sie sich auf die Tatsache gestützt hat, dass das Angebot systematisch höher war als die Nachfrage. Daher hat die Kommission ihre Analyse der fehlenden Privatinitiative rechtlich hinreichend begründet. 214 SNCM macht zweitens geltend, die Vergleichsanalyse des tatsächlichen Passagierverkehrs mit der Summe des Verkehrsangebots von Corsica Ferries und des Verkehrsangebots im Rahmen des Basisdienstes sei offensichtlich fehlerhaft, da sie die Merkmale des Marktes und insbesondere das erhebliche Ungleichgewicht der Nachfrage innerhalb der Spitzenverkehrszeiten außer Acht lasse. Sogar mitten im Sommer gebe es nämlich – insbesondere an den Wochenenden – Spitzenverkehrszeiten, die durch die genannte Zusammenlegung nicht in vollem Umfang abgedeckt werden könnten. 215 Festzustellen ist, dass SNCM das angeblich erhebliche Ungleichgewicht der Nachfrage, auf das sie sich beruft, rechtlich nicht hinreichend nachweist. Sie verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf eine Passage der Entscheidung 2004/166/EG der Kommission vom 9. Juli 2003 über die geplante Umstrukturierungsbeihilfe Frankreichs für die Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) (ABl. 2004, L 61, S. 13), die sich auf eine ihrer Ansicht nach von der Kommission durchgeführte Marktanalyse bezieht. In Wirklichkeit stammte diese Marktanalyse, wie aus dem 50. Erwägungsgrund dieser Entscheidung hervorgeht, keineswegs von der Kommission, sondern war von den französischen Behörden vorgelegt worden. Außerdem stützte sich die genannte Marktanalyse auf die bis 2001 verfügbaren Daten. Die Marktbedingungen haben sich zwischen 2001 und 2007 jedoch erheblich verändert. Schließlich ist festzustellen, dass die Entscheidung 2004/166 vom Gericht mit Urteil vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission (T‑349/03, EU:T:2005:221), für nichtig erklärt worden ist. 216 SNCM führt drittens aus, bei der Prüfung der Frage der fehlenden Privatinitiative könne sich die Kommission nicht damit begnügen, eine quantitative Analyse des von Corsica Ferries bereitgestellten Angebots vorzunehmen. Sie hätte nämlich nicht lediglich die Kapazitäten berücksichtigen dürfen, sondern auch Tarife, Kontinuität und Regelmäßigkeit, und sie hätte nachweisen müssen, dass Corsica Ferries ihre Dienstleistungen unter vergleichbaren Bedingungen angeboten habe wie SNCM im Rahmen des Zusatzdienstes. SNCM weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kommission an keiner Stelle nachweise, dass die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen den im Lastenheft gestellten Qualitätserfordernissen genügten. 217 Diese gegen die Kommission gerichteten Rügen können nicht durchgreifen. 218 Wie aus den Akten hervorgeht und im Übrigen zwischen den Parteien feststeht, sind die für den Zusatzdienst geltenden Verpflichtungen aus dem Vertrag zwar nicht exakt identisch mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, denen die Verkehrsdienste ab Toulon unterliegen. Jedoch ist, wie die Kommission im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellt, gleichwohl nicht nachgewiesen worden, dass zwischen den im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Seeverkehrsdiensten ab Marseille und den Seeverkehrsdiensten ab Toulon ein signifikanter qualitativer Unterschied besteht, der geeignet wäre, die Nutzer der erstgenannten Dienste davon abzuschrecken, auf die letztgenannten Dienste auszuweichen. 219 In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Verpflichtungen für den Zusatzdienst weniger strikt sind als die für den Basisdienst (vgl. oben, Rn. 151). Sodann ist auf die oben in den Rn. 202 bis 204 dargelegten Erwägungen Bezug zu nehmen, wonach – abgesehen davon, dass die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen einer Reihe von Anforderungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit der Überfahrten, die Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung, die Tarife und die Schiffsbesatzungen genügen und unter Bedingungen erfolgen mussten, die sich mit dem öffentlichen Interesse decken – nicht nachgewiesen ist, dass zwischen diesen Dienstleistungen und den Dienstleistungen von SNCM ab Marseille ein wirklicher Qualitätsunterschied bestand. Was schließlich insbesondere die im Lastenheft des Vertrags für den Zusatzdienst vorgesehenen Verpflichtungen hinsichtlich der Qualität des Dienstleistungsangebots angeht, auf die sich SNCM beruft, genügt die Feststellung, dass diese nichts vorgebracht hat, womit sich nachweisen ließe, dass ein wie auch immer gearteter besonderer Bedarf der Fahrgäste bestand, der im Rahmen der Erbringung von Seeverkehrsdiensten durch die von Toulon aus operierenden Unternehmen nicht befriedigt worden wäre. Der Zusatzdienst ging im Übrigen nur mit wenigen Verpflichtungen hinsichtlich der Qualität des Dienstleistungsangebots einher, und diese unterschieden sich nicht grundlegend von den Verpflichtungen, die für die Verkehrsdienste der konkurrierenden Unternehmen – insbesondere von Corsica Ferries – galten. 220 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten hat, im vorliegenden Fall sei kein Beweis für eine fehlende Privatinitiative beim Zusatzdienst erbracht worden. – Dritter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise nicht geprüft, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte 221 SNCM wirft der Kommission vor, nicht geprüft zu haben, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte, was die Kommission zu einer Überbewertung der Privatinitiative veranlasst habe, die an die Stelle dieses Dienstes hätte treten können. Zunächst deute nämlich nichts im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass die Dienstleistungen von Corsica Ferries ab Toulon und die Dienstleistungen von SNCM ab Marseille vollständig austauschbar seien. Sodann werde durch nichts nachgewiesen, dass das Angebot von Corsica Ferries – außerhalb eines Vertrags über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen – eine Kontinuität und Regelmäßigkeit des Dienstes hätte gewährleisten können, die der Kontinuität und Regelmäßigkeit des Zusatzdienstes entsprächen. Schließlich würde eine Streichung der gezahlten Ausgleichsleistungen die Präsenz von SNCM auf dem Markt in Frage stellen, was Corsica Ferries eine Quasi-Monopolstellung verliehe und dieser einen Anreiz für eine signifikante Erhöhung ihrer Tarife und eine Verringerung der Qualität ihrer Dienstleistung böte. 222 Die Kommission weist das Vorbringen von SNCM zurück. 223 Dieser dritte Unterteil kann nicht durchgreifen. Die drei Prämissen, auf die sich die von SNCM gegen die Kommission gerichtete Rüge stützt, sind nämlich falsch. 224 So kann von der Kommission erstens vernünftigerweise nicht verlangt werden, dass sie eine vollständige Austauschbarkeit zwischen den Verkehrsdiensten ab Toulon und denjenigen ab Marseille nachweist. Sie hat im 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht berücksichtigt, dass diese Dienste „weitgehend austauschbar“ seien. 225 Zweitens lässt sich mit der von der Kommission im angefochtenen Beschluss durchgeführten Analyse rechtlich hinreichend nachweisen, dass es mit dem Angebot von Corsica Ferries ab Toulon in Kombination mit dem Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN im Rahmen des Basisdienstes – ohne eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung für den Zusatzdienst – möglich gewesen wäre, die Kontinuität der Festlandsverbindungen ganzjährig – auch während der Spitzenverkehrszeiten – sicherzustellen, oder mit anderen Worten, dass die Passagiernachfrage immer befriedigt worden wäre (vgl. die oben stehende Prüfung des ersten und des zweiten Unterteils des vorliegenden dritten Teils). 226 Die von SNCM in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, ohne eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung für den Zusatzdienst könnte Corsica Ferries mit ihrer Flotte – allmählich oder plötzlich – andere Zielorte als Korsika anlaufen, ist reine Spekulation und kann somit nicht akzeptiert werden. 227 Drittens ist davon auszugehen, dass auch die Behauptungen von SNCM, die sich auf die Folgen einer Streichung der im Rahmen des Zusatzdienstes gezahlten Ausgleichsleistungen für ihre Situation und die von Corsica Ferries beziehen, nichts als reine Spekulation und somit zurückzuweisen sind. – Vierter Unterteil: Die Wettbewerber von SNCM, die ihre Dienste ab Toulon anböten, könnten nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden 228 SNCM trägt vor, entgegen den Ausführungen im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses könnten ihre Wettbewerber, die ihre Dienste ab Toulon anböten, nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden. Die Seeverbindungen ab Toulon würden nämlich durch eine staatliche Beihilfe, und zwar die Beihilferegelung nach Sozialkriterien, subventioniert und unterlägen im Rahmen dieser Regelung gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen. 229 Die Kommission und Corsica Ferries beantragen, diesen Unterteil zurückzuweisen. 230 Festzuhalten ist, dass die Kommission mit ihrer Feststellung im 166. Erwägungsgrund letzter Satz des angefochtenen Beschlusses, dass „die Wettbewerber von SNCM im Personenverkehr, die ihre Dienste ab Toulon anbieten, als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden [können]“, keinen Fall einer fehlenden staatlichen Intervention auf dem Markt meinte. Wie aus dem ersten Teil des genannten Satzes („[i]n Anbetracht des Bestehens gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen und der Beihilferegelung nach Sozialkriterien … für alle Strecken zwischen dem französischen Festland und Korsika“) hervorgeht, wollte die Kommission lediglich darauf hinweisen, dass sämtliche Schifffahrtsunternehmen, die Personenverkehrsdienste u. a. zwischen dem Hafen von Toulon und den korsischen Häfen anbieten, von der oben in Rn. 14 beschriebenen Beihilferegelung nach Sozialkriterien erfasst würden und deshalb den Anforderungen unterlägen, die von den im Rahmen dieser Regelung vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gestellt würden, so dass sie so anzusehen seien, als übten sie ihre Tätigkeiten auf dem Markt unter gleichwertigen Bedingungen aus. Mit anderen Worten handelte es sich bei den „normalen Marktbedingungen“ um solche, die die genannte Regelung und die damit verbundenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen einschlossen. 231 Folglich sind der vierte Unterteil des dritten Teils und damit der letztgenannte Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Äußerst hilfsweise vorgebrachter vierter Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Dienstleistungen kein normales Handelsgeschäft darstellten 232 Äußerst hilfsweise – d. h. falls davon auszugehen sein sollte, dass der Zusatzdienst keine DAWI darstelle – wirft SNCM der Kommission vor, nicht nachgewiesen zu haben, dass die französischen Behörden, als sie im Rahmen dieses Dienstes mit SNCM kontrahierten, nicht in derselben Weise gehandelt hätten wie ein privater Kapitalgeber unter normalen Marktbedingungen, so dass der Erwerb der im Rahmen des genannten Dienstes erbrachten Dienstleistungen nicht als normales Handelsgeschäft eingestuft werden könne. 233 Festzustellen ist, dass, wie die Kommission und Corsica Ferries zu Recht geltend machen, das Kriterium des privaten Kapitalgebers in einer Marktwirtschaft auf einen Fall wie den vorliegenden nicht anwendbar ist. Zum einen schließt eine Behörde, die selbst als die gemeinwirtschaftliche Dienstleistung organisierende und vergebende Stelle auftritt, dadurch nämlich bereits die Anwendbarkeit des besagten Kriteriums aus, da sie per definitionem als Auftraggeber der öffentlichen Hand handelt. Zum anderen kann – entgegen dem Vorbringen von SNCM – das Verhalten der französischen Behörden in der vorliegenden Rechtssache einem entgeltlichen Erwerb von Seeverkehrsdiensten durch diese nicht gleichgestellt werden. Im vorliegenden Fall geht es in Wirklichkeit um eine Vereinbarung, durch die eine Behörde Wirtschaftsteilnehmer gegen Zahlung von Ausgleichsleistungen mit der Verwaltung einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung betraut. Um zu ermitteln, ob diese Ausgleichsleistungen eine staatliche Beihilfe, insbesondere einen selektiven Vorteil, darstellen, finden in einem solchen Fall die vier Altmark-Kriterien Anwendung. 234 Demnach kann der vierte Teil des ersten Klagegrundes keinen Erfolg haben. 235 Der erste Klagegrund ist folglich in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten hat, die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, so dass die Französische Republik mit der Einstufung des Zusatzdienstes als DAWI einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe. Zweiter Klagegrund: Die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, der Vertrag erfülle nicht das vierte Altmark-Kriterium 236 Mit ihrem zweiten Klagegrund trägt SNCM vor, die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, das vierte Altmark-Kriterium sei sowohl in Bezug auf den Basisdienst als auch in Bezug auf den Zusatzdienst nicht erfüllt. Das Verfahren zur Vergabe des Vertrags habe die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den Anbietern und damit die Auswahl des für die Allgemeinheit wirtschaftlich günstigsten Angebots ermöglicht. 237 Die Kommission und Corsica Ferries weisen das Vorbringen von SNCM zurück. 238 Es ist darauf hinzuweisen, dass das vierte Altmark-Kriterium in zwei hypothetischen Fällen erfüllt ist. Im Ersten muss die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt sein, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der die betreffenden Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann. Im Zweiten muss die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt worden sein, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind. 239 Im angefochtenen Beschluss ist die Kommission davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall keiner dieser beiden hypothetischen Fälle vorgelegen habe (vgl. Erwägungsgründe 169 bis 178 und 179 bis 183 des angefochtenen Beschlusses). Im Rahmen der vorliegenden Klage stellt SNCM lediglich die Schlussfolgerungen der Kommission zum ersten hypothetischen Fall in Frage. 240 Aus einer Reihe übereinstimmender Indizien geht hervor, dass das im vorliegenden Fall befolgte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge offensichtlich nicht in hinreichendem Maße zu echtem, freiem Wettbewerb geführt hat, der die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglich hätte, der die betreffenden Seeverkehrsdienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann. 241 So ist als Erstes festzustellen, dass der Vertrag im Anschluss an ein Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung an das Konsortium aus SNCM und CMN vergeben worden ist, und dies, nachdem der Conseil d’État (Staatsrat) am 15. Dezember 2006 ein erstes Verfahren zur Vergabe der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung in vollem Umfang für nichtig erklärt hatte. Wie aus dem 170. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und Rn. 66 der DAWI-Mitteilung hervorgeht, gewährt ein Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung der Bewilligungsbehörde einen weiten Ermessensspielraum und kann unter Umständen die Teilnahme interessierter Betreiber einschränken. Ein solches Verfahren kann somit nur in Ausnahmefällen als ausreichend angesehen werden, um das vierte Altmark-Kriterium zu erfüllen. Zudem kann es gemäß Rn. 68 der besagten Mitteilung unter bestimmten Umständen vorkommen, dass ein Ausschreibungsverfahren nicht die geringsten Kosten für die Allgemeinheit sicherstellt, weil es nicht in hinreichendem Maße echten, freien Wettbewerb ermöglicht. 242 Als Zweites ist festzuhalten, dass im Anschluss an die Veröffentlichung der Bekanntmachung lediglich zwei Angebote abgegeben worden sind, nämlich das gemeinsame Angebot von SNCM und CMN einerseits und das Angebot von Corsica Ferries andererseits. Theoretisch hätten an dieser Ausschreibung jedoch mehrere andere Schifffahrtsunternehmen teilnehmen können, darunter zumindest drei Unternehmen, die Seeverkehrsliniendienste zwischen dem Festland und Korsika erbringen (Saremar [Italien–Korsika], Lauro [Italien–Korsika] und Moby [Italien–Korsika, aber auch – eine Zeit lang – französisches Festland–Korsika]). 243 Als Drittes ist in Ergänzung zu den Darlegungen oben in Rn. 242 festzustellen, dass, wie aus den Erwägungsgründen 174 bis 177 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, eine Reihe von Faktoren potenzielle Bewerber zweifellos tatsächlich davon abgehalten, wenn nicht sogar daran gehindert haben, an der Ausschreibung teilzunehmen. 244 Erstens ist zu berücksichtigen, dass das Konsortium aus SNCM und CMN, worauf im 175. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen wird und wie aus den Rn. 60 und 106 des Beschlusses 06‑MC‑03 des Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat, Frankreich) vom 11. Dezember 2006 zu den Anträgen auf Sicherungsmaßnahmen im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland hervorgeht, wegen seiner Position als etablierter Anbieter auf der Strecke Marseille–Korsika, der bereits über Schiffe verfügte, die den spezifischen Anforderungen des Lastenhefts des Vertrags entsprachen, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil besaß. 245 Zweitens hat die Kürze der im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des Vertrags vorgegebenen Fristen zwangsläufig einen Verdrängungseffekt gehabt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die neue Ausschreibung und das endgültige Lastenheft am 30. Dezember 2006 veröffentlicht worden sind, während der Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen am 1. Mai 2007, also nur vier Monate später, zu laufen beginnen sollte, wobei das letztgenannte Datum durch Beschluss des korsischen Regionalparlaments vom 27. April 2007 auf den 1. Juli 2007 verschoben worden ist. Zwangsläufige Folge war eine extrem kurze Zeitspanne zwischen dem Tag der Vergabe des Vertrags, die schließlich am 7. Juni 2007 erfolgt ist, und dem Beginn der Laufzeit dieses Vertrags. So hat diese Zeitspanne nur 23 Tage betragen. Derart kurze Fristen erlaubten es Anbietern, die auf der Strecke Marseille–Korsika nicht bereits tätig waren, offensichtlich nicht, ihre auf anderen Linien fahrenden Schiffe einzusetzen oder weitere, den Vorgaben des Lastenhefts entsprechende Schiffe zu erwerben. Ohne ein positives Signal hinsichtlich der Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten, wären diese Anbieter das sehr hohe wirtschaftliche Risiko, ihre Flotte im Voraus anzupassen, nicht eingegangen. 246 Zwar hat Corsica Ferries trotz der Hindernisse, die diese sehr kurzen Fristen darstellten, an der betreffenden Ausschreibung teilgenommen. Es ist jedoch festzustellen, dass sie gerade deshalb keinen vor dem 12. November 2007 liegenden Zeitpunkt für den Beginn der Durchführung des Vertrags vorschlagen konnte, weil ihre Flotte bis zu diesem Tag in Nizza und Toulon eingesetzt werden musste, da die Fahrkarten für die Touristensaison bereits im Januar in den Verkehr gebracht worden waren. 247 Drittens ist festzuhalten, dass die Anzahl der Bewerber, die an der Ausschreibung teilnehmen konnten, auch durch bestimmte Zwänge technischer Art beschränkt wurde. So mussten die Schiffe bestimmten technischen Anforderungen genügen, um in bestimmten korsischen Häfen verkehren zu können. Beispielsweise durften im Jahr 2007 keine Schiffe mit über 180 m Länge im Hafen von Bastia verkehren, worauf in Fn. 107 des angefochtenen Beschlusses hingewiesen wird. Dieser Zwang, gekoppelt mit dem im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Erfordernis einer höheren Mindestzahl laufender Meter für die Beförderung von Fracht, setzte den Bau nahezu maßgeschneiderter Schiffe voraus, ähnlich einigen Schiffen von SNCM wie der Paglia Orba und der Pascal Paoli. Wie in Fn. 109 des angefochtenen Beschlusses festgestellt wird, waren die Kosten für Schiffe, die die Anforderungen dieses Lastenhefts erfüllen konnten, jedoch besonders hoch. Zudem sah das genannte Lastenheft vor, dass Schiffe, die bei der Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung eingesetzt werden sollten, mit der Möglichkeit einer Ausnahme für die Jahre 2007 und 2008 nicht mehr als 20 Jahre alt sein durften, was unmittelbar SNCM begünstigte und einen Ausschluss von fünf Schiffen der für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verfügbaren Flotte von Corsica Ferries bewirkte, wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts auf sehr überzeugende Weise erläutert hat. 248 Hinzu kommt, dass der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) in Rn. 56 seines Beschlusses 06‑MC‑03 vom 11. Dezember 2006 (vgl. oben, Rn. 244), der in Fn. 106 des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, zu dem Schluss gelangt ist, dass, „[a]uch wenn theoretisch mehrere Unternehmen über die erforderlichen Schiffe verfügten und an der Ausschreibung hätten teilnehmen können, eine ganze Reihe von Besonderheiten des Vergabeverfahrens, die für die Teilnahme gesetzten Fristen und mehrere Zwänge technischer oder wirtschaftlicher Art ihre Anzahl in der Praxis auf die drei Unternehmen beschränkt haben, die von den Häfen in Marseille, Toulon und Nizza aus bereits im Linienverkehr nach Korsika tätig sind“ (vgl. auch Rn. 120 bis 133 des Beschlusses 09‑D‑10 des Conseil de la concurrence [Wettbewerbsrat] vom 27. Februar 2009 zu Praktiken im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland). 249 Als Viertes ist, wie im 172. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt wird, das Angebot von Corsica Ferries, das somit das einzige Angebot war, das in Konkurrenz zu dem des Konsortiums aus SNCM und CMN eingereicht wurde, auf der Grundlage von Auswahlkriterien und nicht von Vergabekriterien zurückgewiesen worden, d. h. das wirtschaftlich günstigste wurde ausgewählt, ohne überhaupt einen Vergleich des wesentlichen Inhalts der vorliegenden Angebote vorzunehmen. So ergibt sich aus dem Beschluss des korsischen Regionalparlaments vom 7. Juni 2007, dass das Angebot von Corsica Ferries deshalb zurückgewiesen worden ist, weil diese „keinen festen und verbindlichen Termin benennen [könne], ab dem sie die [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] wahrnehmen [könne]“. Insbesondere war es Corsica Ferries, wie oben in Rn. 246 ausgeführt worden ist, nicht möglich, ein vor dem 12. November 2007 liegendes Datum für die Durchführung des Vertrags vorzuschlagen, obwohl dieser am 1. Juli 2007 zu laufen beginnen sollte. Darüber hinaus geht aus dem Bericht des Präsidenten des korsischen Exekutivrats über den öffentlichen Seeverkehrsdienst zwischen Marseille und Korsika, im Hinblick auf den dieser Beschluss angenommen worden ist, hervor, dass einige der Schiffe von Corsica Ferries nicht die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegte Bedingung in Bezug auf das Höchstalter erfüllten, da sie vor dem 1. Januar 1987 in Betrieb genommen worden waren (vgl. auch Fn. 20 des angefochtenen Beschlusses). 250 Somit kann nicht angenommen werden, das Angebot von Corsica Ferries sei, wie SNCM vorbringt, mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass es nicht das wirtschaftlich günstigste sei. Hinzu kommt, dass die Gründe für diese Zurückweisung nicht unter den in den Ausschreibungsunterlagen aufgeführten Vergabekriterien zu finden sind, die unter der Überschrift „Auswahlkriterium“ u. a. Folgendes vorsehen: „Die Gebietskörperschaft Korsika macht ihre Entscheidung über die Vergabe der Verträge von der Höhe der gesamten finanziellen Verpflichtung, die sie einzugehen haben wird, sowie von der Dienstleistungsqualität und dem Beitrag, den die anbietenden Unternehmen – innerhalb der Grenzen ihrer Kapazitäten und Produktionsarten – zur wirtschaftlichen Entwicklung der Insel leisten können, insbesondere vom Anteil der beabsichtigten Dienstleistungen und Tätigkeiten auf dem Inselmarkt, abhängig.“ 251 Als Fünftes ist die Feststellung der Kommission im 177. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu bestätigen, dass „auch die zahlreichen Anpassungsklauseln … sowie das Recht des korsischen Verkehrsamts, Ausnahmen von den geltenden Vorschriften zu beschließen …, dazu beitragen [konnten], von einer Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten und Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern, die für die Erstellung eines Angebots entscheidend sind, nähren [konnten]“. 252 So sieht Art. 2 des Vertrags erstens vor, dass die Verpflichtungen des Lastenhefts während einer am 31. Dezember 2008 endenden Übergangszeit angepasst werden können. Diese Verpflichtungen, die nach Ermessen des korsischen Verkehrsamts gelockert werden können, beziehen sich auf wesentliche Punkte der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung, da sie die Mindestkapazitäten (vgl. Nr. I Buchst. a Abs. 1.3, Nr. I Buchst. b Abs. 1.3, Nr. I Buchst. c Abs. 1.3, Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 und Nr. I Buchst. e Abs. 1.3 des Lastenhefts), die Dienstleistungsqualität und den Tag der Inbetriebnahme der Schiffe betreffen (vgl. Einleitung von Nr. III des Lastenhefts). Die Ausnahmen waren zwar nur für einen Zeitraum von 18 Monaten vorgesehen, sie waren aber nichtsdestotrotz bedeutsam, da ein solcher Zeitraum genügt, um eine Schiffsflotte gegebenenfalls zu reorganisieren. 253 Zweitens sieht das Lastenheft des Vertrags Folgendes vor: „In der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März (außerhalb der Schulferien) und bei unvorhergesehenen Ereignissen unabhängig von der Jahreszeit ist mit Zustimmung des korsischen Verkehrsamts eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistung für die oben vorgesehenen Kapazitäten – insbesondere für die Fahrgastzahlen (um höchstens 30 %) – möglich, damit insbesondere verwaltungsrechtlichen Verpflichtungen zur Wartung, Reparatur und Umklassifizierung der Schiffe nachgekommen werden kann“ (vgl. Nr. I Buchst. a Abs. 1.4, Nr. I Buchst. b Abs. 1.4, Nr. I Buchst. c Abs. 1.4, Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 und Nr. I Buchst. e Abs. 1.4 des Lastenhefts). Festzustellen ist, dass eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistung „insbesondere“ möglich war, um verwaltungsrechtlichen Verpflichtungen zur Wartung, Reparatur und Umklassifizierung der Schiffe nachzukommen, und nicht „ausschließlich“ aus diesem Grund, wie SNCM geltend zu machen scheint. Darüber hinaus war der Ermessensspielraum, den diese Vorschrift dem korsischen Verkehrsamt einräumte, wie die Kommission zu Recht hervorhebt, sehr weit, da er sowohl den Grund, aus dem die Beschränkungen vorgenommen werden konnten, als auch ihren Anwendungsbereich („insbesondere für die Fahrgastzahlen“) und ihren Umfang (um höchstens 30 %) offenließ, und zwar während sämtlicher verkehrsarmer Zeiten, d. h. der Zeiten, in denen der Betrieb der verschiedenen Seeverbindungen per definitionem am verlustträchtigsten und eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistungen für die Auftragnehmer daher am rentabelsten war. 254 Drittens haben auch die Schutzklausel und die Anpassungsklausel in Art. 7 bzw. Art. 8 des Vertrags (vgl. oben, Rn. 33 bis 35) angesichts ihrer Tragweite möglicherweise Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern aufkommen lassen. 255 Darüber hinaus kann keines der anderen Argumente von SNCM die vorstehenden Erwägungen in Frage stellen. 256 So macht SNCM erstens zu Unrecht geltend, das Gericht sei in Rn. 59 seines Urteils vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), zu dem Schluss gelangt, dass das Konsortium aus SNCM und CMN den öffentlichen Dienstleistungsauftrag für den Zeitraum 2007–2013 „nach den neuen Gemeinschaftsregeln und infolge einer europäischen Ausschreibung“ erhalten habe. Zum einen betraf die Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, nämlich nicht den öffentlichen Dienstleistungsauftrag für den Zeitraum 2007–2013, sondern eine DAWI, die sich auf den Zeitraum 1991–2001 bezog. Zum anderen hat das Gericht in Rn. 59 des genannten Urteils lediglich festgestellt, dass SNCM und CMN nach den neuen Unionsregeln und infolge einer europäischen Ausschreibung gemeinsam die öffentlichen Dienstleistungsaufträge nach dem Jahr 2001 erhalten hätten, und zwar ohne die Ordnungsmäßigkeit dieser Ausschreibungen, die im Übrigen nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren, oder überhaupt ihre Eignung zur Erfüllung des vierten Altmark-Kriteriums zu prüfen. 257 Zweitens kann sich SNCM nicht mit Erfolg auf den Umstand berufen, dass die Gebietskörperschaft Korsika nie mit einem Antrag potenzieller Bewerber befasst worden ist, die aufgrund der Auflagen aus dem Lastenheft oder des Zeitplans für die Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf eine Teilnahme an der Anhörung verzichtet hatten. Dieser Umstand, sein Vorliegen unterstellt, ist als solcher nämlich nicht geeignet, die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Ausführungen und Schlussfolgerungen der Kommission zur Nichteinhaltung des vierten Altmark-Kriteriums zu beeinflussen. 258 Drittens kann SNCM auch nichts daraus herleiten, dass sowohl der Conseil d’État (Staatsrat) – in einer Entscheidung vom 5. Juni 2007 und in seiner oben in Rn. 27 erwähnten Entscheidung vom 13. Juli 2012 – als auch der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) – in seinem Beschluss 07‑D‑13 vom 6. April 2007 über neue Anträge auf Sicherungsmaßnahmen im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland – die Auffassung vertreten haben sollen, das von der Gebietskörperschaft Korsika bei der Vergabe des Vertrags angewandte Verfahren sei vollkommen rechtmäßig. 259 Bezüglich der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 5. Juni 2007 sei nämlich zunächst angemerkt, dass es sich hierbei um eine Entscheidung handelt, die auf eine Kassationsbeschwerde von Corsica Ferries gegen den oben in Rn. 20 erwähnten Beschluss des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 27. April 2007 ergangen ist, mit dem ihrem Antrag auf Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens, das die Gebietskörperschaft Korsika und das korsische Verkehrsamt für die Verlängerung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags für die Fährverbindungen nach Korsika ab dem Hafen von Marseille organisiert hatten, nur teilweise stattgegeben worden war. Abgesehen davon, dass die Zuständigkeit des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters naturgemäß begrenzt ist, sei darauf hingewiesen, dass sich der Conseil d’État (Staatsrat) in seiner Entscheidung über die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt hat, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) den Sachverhalt oder den Akteninhalt nicht verfälscht habe. Hinzu kommt, dass die genannte Entscheidung nur den Teil der Anträge von Corsica Ferries betrifft, der vom letztgenannten Richter zurückgewiesen worden war, und dieser Richter die Verhandlungsphase des Verfahrens und damit die Entscheidung, das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN auszuwählen und dem korsischen Regionalparlament vorzuschlagen, den öffentlichen Dienstleistungsauftrag an dieses Konsortium zu vergeben, aufgrund einer Ungleichbehandlung der Bewerber darüber hinaus für nichtig erklärt hatte. 260 Entgegen dem Vorbringen von SNCM lässt sich der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 sodann nicht entnehmen, dass dieser darin die Rechtmäßigkeit des von der Gebietskörperschaft Korsika bei der Vergabe des Vertrags angewandten Verfahrens bestätigt hätte. Im zweiten Teil seiner Entscheidung, der das Recht der staatlichen Beihilfen und insbesondere die Einhaltung der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Pflicht zur vorherigen Anmeldung betrifft, hat der Conseil d’État (Staatsrat) lediglich geprüft, ob die in Art. 7 Abs. 1 des Vertrags vorgesehene Schutzklausel für sich betrachtet eine staatliche Beihilfe darstellen konnte. Zudem hat die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 24. Januar 2008 sowie die oben in den Rn. 23 und 25 genannten Beschlüsse nach der Nichtigerklärung ihres Urteils vom 7. November 2011 durch die besagte Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und der Zurückverweisung der Rechtssache an sie mit Urteil vom 6. April 2016 für nichtig erklärt, nachdem sie gerade festgestellt hatte, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt sei. 261 Der Beschluss des Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) vom 6. April 2007 schließlich betraf Anträge auf Sicherungsmaßnahmen und konnte der Entscheidung über die Begründetheit des in Rede stehenden Rechtsstreits somit nicht vorgreifen. Darüber hinaus lässt sich aus diesem Beschluss keine Schlussfolgerung betreffend die Einhaltung des vierten Altmark-Kriteriums herleiten. Die Fragen, mit denen der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) befasst war, bezogen sich nämlich in Wirklichkeit auf den etwaigen wettbewerbswidrigen Charakter der Bildung des zeitlich befristeten Konsortiums aus SNCM und CMN sowie auf den angeblich übermäßig hohen Subventionsbetrag, den dieses Konsortium in seinem nach Veröffentlichung der neuen Ausschreibung eingereichten Angebot beantragt hatte. Schließlich ist festzustellen, dass die Entscheidung, den 1. Mai 2007 als Datum für die Aufnahme der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung zu wählen (wobei dieses Datum später auf den 1. Juli 2007 verschoben wurde), einen Verdrängungseffekt hatte, wie der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) in Rn. 46 seines Beschlusses selbst hervorhebt. 262 Nach alledem hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Ansicht vertreten hat, das vierte Altmark-Kriterium sei weder in Bezug auf den Basisdienst noch in Bezug auf den Zusatzdienst erfüllt. Der zweite Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen. Hilfsweise vorgebrachter dritter Klagegrund: Die Kommission habe den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet 263 Der dritte Klagegrund von SNCM richtet sich gegen den 218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der wie folgt lautet: „In Bezug auf die Festsetzung des zurückzufordernden Beihilfebetrags (ohne Zinsen) ist die Kommission der Auffassung, dass die Betriebsbuchführung der SNCM … eine angemessene Grundlage für die Aufteilung der Ausgleichsleistungen zwischen Basisdienst und Zusatzdienst liefert. Der zurückzufordernde Beihilfebetrag umfasst demnach die folgenden Elemente: a) den Betrag der Ausgleichsleistungen, der für den Zusatzdienst im Zeitraum 2007–2011 tatsächlich zur Auszahlung gelangte und sich auf 172,744 Mio. [Euro] beläuft …; b) die 2012 für den Zusatzdienst geleisteten monatlichen Vorauszahlungen, die derzeit auf 38 Mio. [Euro] … geschätzt werden, sowie de[n] Restbetrag der nach Übermittlung des Abschlussberichts über die Erbringung der Dienstleistungen fälligen Ausgleichsleistungen, sofern er bereits ausgezahlt worden ist; c) die monatlichen Vorauszahlungen, die für das Jahr 2013 bis zum Tag des Erlasses dieses Beschlusses für den Zusatzdienst geleistet wurden und die derzeit auf 9,5 Mio. [Euro] geschätzt werden, wobei Frankreich alle Zahlungen nach diesem Tag einzustellen hat.“ 264 Mit diesem Klagegrund, der sich in drei Teile unterteilt, macht SNCM geltend, die Kommission habe – selbst wenn unterstellt werde, dass sich der Zusatzdienst vom Basisdienst unterscheiden lasse und die für den Zusatzdienst zur Auszahlung gelangten Ausgleichsleistungen die Altmark-Kriterien nicht erfüllten – einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen, als sie den zurückzufordernden Beihilfebetrag in Höhe der gesamten Ausgleichsleistungen festgesetzt habe. 265 Die Kommission und Corsica Ferries vertreten die Auffassung, dieser dritte Klagegrund sei in allen seinen drei Teilen als unbegründet zurückzuweisen. Erster Teil: Die Kommission habe die im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen Kosten bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt 266 SNCM wirft der Kommission vor, bei der Bestimmung des zurückzuerstattenden Beihilfebetrags die ihr im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen erheblichen Kosten, die weder vom Betrag der für diesen Dienst zur Auszahlung gelangten Ausgleichsleistungen noch vom Umsatz aus der Personenbeförderung abgedeckt worden seien, nicht berücksichtigt zu haben. Damit habe die Kommission gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. 267 Es ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Rechtssache, wie bereits oben in Rn. 233 festgestellt worden ist und wie die Kommission völlig zu Recht hervorhebt, keinen Fall betrifft, in dem der Staat gegen Entgelt einen Gegenstand oder eine bestimmte Dienstleistung erwirbt. Vorliegend geht es um eine Vereinbarung, durch die eine Behörde Wirtschaftsteilnehmer gegen Zahlung von Ausgleichsleistungen mit der Verwaltung einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung betraut. In einem solchen Fall gilt die Rechtsprechung, die aus dem Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), hervorgegangen ist. Erfüllen die Ausgleichsleistungen nicht kumulativ die vier Altmark-Kriterien, werden sie demnach so angesehen, als werde den Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt, mit der Folge, dass sie, sofern die anderen für die Feststellung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Beihilfe erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, von diesen Begünstigten vollständig zurückerstattet werden müssen. 268 Da das erste und das vierte Altmark-Kriterium, wie oben im Rahmen der Prüfung des ersten und des zweiten Klagegrundes festgestellt worden ist, in Bezug auf die SNCM für den Zusatzdienst gezahlten Ausgleichsleistungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren, stellten diese Leistungen insgesamt einen Vorteil zugunsten des genannten Unternehmens dar. Da auch die anderen Voraussetzungen, mit denen sich feststellen ließ, dass die besagten Ausgleichsleistungen als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft werden mussten, erfüllt waren, ist davon auszugehen, dass die Kommission die Rückforderung des Gesamtbetrags angeordnet hat, ohne gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verstoßen. Insoweit ist u. a. festzustellen, dass die Aufhebung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe durch Rückforderung die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist. Infolgedessen kann eine solche Rückforderung zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des Vertrags über staatliche Beihilfen stünde (Urteil vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C‑142/87, EU:C:1990:125, Rn. 66). 269 Insbesondere lässt sich nicht die Auffassung vertreten, die Verpflichtung zur Rückerstattung des erwähnten Betrags an die französischen Behörden führe zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der genannten Behörden, da diese lediglich einen Betrag zurückerhielten, den sie nicht an SNCM hätten auszahlen dürfen. 270 Was das von SNCM in der Erwiderung angeführte Vorbringen angeht, wonach die Rückforderung des von der Kommission festgesetzten Betrags ihr „Todesurteil“ und ihre Zahlungsunfähigkeit bedeute, genügt der Hinweis, dass der Umstand, dass sich das betreffende Unternehmen in Schwierigkeiten befindet oder zahlungsunfähig ist, nach ständiger Rechtsprechung keinen Einfluss auf die Rückforderungspflicht hat (Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 71). 271 Was schließlich das Vorbringen von SNCM betrifft, wonach der Zusatzdienst eine „chronische Unterkompensation“ verzeichnet hat, ist festzustellen, dass es rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen ist. Mit den von der Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen soll vielmehr der Nachweis darüber geführt werden, dass dieser Dienst in Wirklichkeit eine Überkompensation erhalten hat. 272 In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zweiter Teil: Die Kommission habe die Unterkompensation des Basisdienstes bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt 273 SNCM trägt vor, die Kommission hätte bei der Bestimmung des zurückzuerstattenden Beihilfebetrags berücksichtigen müssen, dass der Basisdienst, der zu derselben gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung gehöre wie der Zusatzdienst, zwischen 2007 und 2011 „chronisch und massiv“ unterkompensiert gewesen sei. Die Kommission habe damit eine falsche Rechtsauffassung vertreten und einen Fehler bei der Bestimmung der Höhe des SNCM gewährten Vorteils begangen sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen. 274 Diese Rüge kann nicht durchgreifen. 275 Zum einen kann nämlich, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht anerkannt werden, dass ein für die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gewährter Ausgleich, der eine staatliche Beihilfe darstellt, künstlich dem Ausgleich einer anderen gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung zugewiesen wird, selbst wenn diese beiden Dienstleistungen in ein und derselben Vereinbarung vorgesehen sein sollten. Ein Ausgleich für eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung, der einem Unternehmen gewährt wird, das mit der Erbringung einer DAWI betraut ist, muss nämlich anhand der Kosten festgelegt werden, die durch die Erbringung allein dieser DAWI entstehen. 276 Zum anderen ist die Behauptung, dass der Basisdienst „chronisch und massiv“ unterkompensiert gewesen sei, jedenfalls falsch. Aus den von der Kommission auf der Grundlage des das Verhältnis zwischen dem Nettoergebnis und dem Gesamtvermögen in Prozent messenden Finanzindikators „return on assets“ (ROA, Rentabilität des investierten Vermögens) durchgeführten Berechnungen und der oben in Rn. 155 erwähnten kalkulatorischen Ergebnisrechnung – wobei die Kommission die besagten Berechnungen in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung erläutert hat – ergibt sich nämlich, dass dieser Dienst weder über- noch unterkompensiert gewesen ist (vgl. auch die Tabelle im 207. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Dritter Teil: Die Kommission habe bei der Ermittlung des Anteils der dem Zusatzdienst zurechenbaren jährlichen Ausgleichsleistungen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen 277 SNCM macht geltend, die Kommission habe, selbst wenn unterstellt werde, dass die Höhe des zurückzuerstattenden Vorteils sämtlichen Ausgleichsleistungen entspreche, die für den Zusatzdienst gewährt worden seien, was nicht der Fall sei, bei der Bestimmung dieses Betrags einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Die Kommission habe eine willkürliche und falsche Wahl getroffen, als sie sich auf ihre analytische Buchführung, konkret auf die pro Schiffstyp vorgenommene Verteilung der Ergebnisrechnung (wobei die kumulierte Ergebnisrechnung für die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe der Ergebnisrechnung für den Basisdienst und die kumulierte Ergebnisrechnung für die Fähren der Ergebnisrechnung für den Zusatzdienst gleichgestellt worden sei), gestützt habe, um den Anteil der jährlichen Ausgleichsleistungen zu bestimmen, der dem Zusatzdienst zuzurechnen sei. Sie schlägt zwei andere Methoden vor, die von der Kommission zu diesem Zweck hätten verwendet werden können. 278 Der vorliegende Teil beruht vollständig auf der Prämisse, dass die Kommission weder den Basisdienst den mit den Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachten Dienstleistungen noch den Zusatzdienst den mit den Fähren erbrachten Dienstleistungen gleichstellen durfte. Wie bereits oben in den Rn. 158 bis 162 aufgezeigt, ist diese Prämisse jedoch falsch. Somit ist davon auszugehen, dass die von der Kommission gewählte Methode zur Bestimmung der Höhe des Vorteils im Zusammenhang mit den Ausgleichsleistungen für den Zusatzdienst, die sich auf die eigene kalkulatorische Ergebnisrechnung von SNCM (die klar zwischen Fahrgastschiffen/Fähren einerseits und Frachtschiffen andererseits unterscheidet) stützt, ausgesprochen geeignet war, was von den beiden von SNCM vorgeschlagenen alternativen Methoden nicht gesagt werden kann. Diese können nicht akzeptiert werden, da sie zu einer Vermengung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes sowie der für die Erbringung dieser Dienste eingesetzten Transportmittel führen. 279 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der dritte Teil des dritten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind. Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes 280 Im Rahmen des vierten Klagegrundes macht SNCM vier angeblich außergewöhnliche Umstände geltend, die geeignet seien, ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe zu begründen, und die Kommission folglich daran hinderten, die Rückzahlung dieser Beihilfe anzuordnen. 281 Die Kommission und Corsica Ferries treten dem Vorbringen von SNCM entgegen. 282 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/EWG, 265/85, EU:C:1987:121, Rn. 44). Dieses Recht unterliegt drei Voraussetzungen, die gleichzeitig erfüllt sein müssen. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2005, Branco/Kommission, T‑347/03, EU:T:2005:265, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 23. Februar 2006, Cementbouw Handel & Industrie/Kommission, T‑282/02, EU:T:2006:64, Rn. 77, und vom 30. Juni 2009, CPEM/Kommission, T‑444/07, EU:T:2009:227, Rn. 126). 283 Außerdem darf ein beihilfebegünstigtes Unternehmen nach ständiger Rechtsprechung auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Einhaltung des im AEU-Vertrag vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde (vgl. Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere darf der Begünstigte einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wird, so dass sie nach Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig ist, zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Gewährung dieser Beihilfe vertrauen (vgl. Urteil vom 27. September 2012, Fedecom/Kommission, T‑243/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:497, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung). 284 Festzustellen ist, dass keiner der angeblich außergewöhnlichen Umstände, auf die sich SNCM beruft, ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe begründet haben kann. 285 So kann sich SNCM erstens nicht auf die Tatsache berufen, dass die Kommission eine separate Analyse des Basisdienstes und des Zusatzdienstes in ihren früheren Entscheidungen betreffend die vorherigen Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Seetransport nach Korsika, nämlich in der Entscheidung 2002/149 und der Entscheidung 2009/611/EG vom 8. Juli 2008 über die Maßnahmen C 58/02 (ex N 118/02) Frankreichs zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) (ABl. 2009, L 225, S. 180), für nicht erforderlich erachtet haben soll. 286 Die Tatsache, dass die Kommission die Auffassung vertreten hat, eine DAWI für die Seeverbindung nach Korsika während eines früheren Zeitraums entspreche einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, stellt nämlich keinen Anhaltspunkt und erst recht keine Zusicherung dafür dar, dass ein solcher Bedarf im Zeitraum 2007–2013 noch bestand. Wie bereits oben in Rn. 99 festgestellt worden ist, kann sich die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Bedarf besteht, im Laufe der Zeit nach Maßgabe der Entwicklung der Marktkräfte durchaus ändern. Die oben in Rn. 285 erwähnten Entscheidungen sind von der Kommission jedoch in den Jahren 2001 und 2008 unter Berücksichtigung eines anderen tatsächlichen Kontexts als dem erlassen worden, der dem Erlass des angefochtenen Beschlusses, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung der Marktanteile, zugrunde gelegen hat. Dieser Standpunkt wird im Übrigen durch die oben in Rn. 99 angeführten Passagen der Erwägungsgründe 78 und 80 der Entscheidung 2002/149 sowie durch Rn. 70 des gleichwohl von SNCM zur Stützung der vorliegenden Behauptung geltend gemachten Urteils vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), bestätigt, aus dem hervorgeht, dass die Untersuchungen über das Bestehen einer wirklichen Notwendigkeit für eine Gemeinwohldienstleistung in einem bestimmten Zeitraum im Hinblick auf die besonders schnelle Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betroffenen Markt keinen Nachweis erbringen, der die Beurteilung der Kommission hinsichtlich dieses Bedarfs für einen anderen Zeitraum in Frage stellen könnte. 287 Zweitens kann SNCM der Kommission nicht vorwerfen, Rn. 48 der DAWI-Mitteilung angewandt zu haben, da diese Mitteilung zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags noch nicht angenommen gewesen sei. 288 Rn. 48 der DAWI-Mitteilung, die in Abschnitt 3.2 („Vorliegen einer [DAWI]“) enthalten ist, lautet: „Die Kommission ist … der Auffassung, dass es nicht zweckmäßig wäre, bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an eine Dienstleistung zu knüpfen, die von im Einklang mit den Marktregeln handelnden Unternehmen zu normalen Marktbedingungen, die sich z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung mit dem vom Staat definierten öffentlichen Interesse decken, zufriedenstellend erbracht wird oder erbracht werden kann …“ 289 Im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission nach Wiedergabe der oben in Rn. 288 erwähnten Passage aus: „Vor diesem Hintergrund ist anhand der oben angeführten Argumente festzustellen, dass der Ausgleich der Kosten, die … SNCM für die Erbringung des Zusatzdienstes entstanden, der einschlägigen Praxis der Kommission zuwiderläuft.“ 290 Der Vorwurf, den SNCM der Kommission macht, greift nicht durch. Wie aus Rn. 3 der DAWI-Mitteilung hervorgeht, werden in dieser nämlich lediglich die Schlüsselkonzepte ausgeführt, die der Anwendung der Beihilfevorschriften auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zugrunde liegen. So hat die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob das erste Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt war oder nicht, lediglich die objektiven Vorschriften des Vertrags angewandt und die einschlägigen Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung, so wie sie vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt worden waren, nämlich Grundsätze, die hinsichtlich ihres Wesensgehalts bereits bei Abschluss des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen bestanden, berücksichtigt. 291 Drittens ist davon auszugehen, dass SNCM ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe nicht auf die vermeintlich übermäßig lange Dauer des Verwaltungsverfahrens stützen kann, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat. 292 Zunächst ist nämlich hervorzuheben, dass, wenn eine Beihilfe, wie im vorliegenden Fall, der Kommission nicht gemeldet worden ist, deren Untätigkeit in Bezug auf diese Maßnahme nach ständiger Rechtsprechung irrelevant ist (Urteile vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C‑183/02 P und C‑187/02 P, EU:C:2004:701, Rn. 52, sowie vom 27. September 2012, Fedecom/Kommission, T‑243/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:497, Rn. 93). Im Übrigen ist die Kommission, wie unten in den Rn. 294 bis 296 dargelegt werden soll, nach Eingang der von Corsica Ferries in der vorliegenden Rechtssache eingelegten Beschwerde zu keinem Zeitpunkt untätig geblieben. 293 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Französische Republik am 27. Juni 2012 über ihren Beschluss unterrichtet hat, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV über die im Vertrag enthaltenen potenziellen Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN einzuleiten, und dieser Beschluss am 5. Oktober 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist. Selbst wenn ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer vor dieser Veröffentlichung ein berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe hätte geltend machen können, konnte er ein derartiges Vertrauen ab der Veröffentlichung nicht mehr besitzen. Die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens bedeutet nämlich, dass die Kommission ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Unionsrecht hegt. Ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer kann sich daher von diesem Zeitpunkt an nicht mehr auf das Fortbestehen der Beihilfe verlassen (Urteil vom 21. März 2013, Magdeburger Mühlenwerke, C‑129/12, EU:C:2013:200, Rn. 47). 294 Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass die Dauer des Verwaltungsverfahrens zwar vergleichsweise lang gewesen ist, aber nicht als unangemessen lang angesehen werden kann. Auch wenn sich die Grundsätze und der Kontext, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegen, nicht grundlegend von denen unterscheiden, die den vorherigen Entscheidungen der Kommission über den Seeverkehr nach Korsika zugrunde lagen, wies die vorliegende Rechtssache gleichwohl eine gewisse Komplexität auf und machte zahlreiche Tatsachenfeststellungen erforderlich, die dadurch erschwert wurden, dass die französischen Behörden die Beihilfemaßnahme nicht vorab angemeldet hatten. 295 In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht mehr als sechs Monate gewartet hat, bevor sie auf die am 27. September 2007 eingelegte Beschwerde von Corsica Ferries hin irgendeine Maßnahme erließ. SNCM erwähnt nämlich nicht, dass diese Beschwerde am 30. November und am 20. Dezember 2007 Ergänzungen seitens Corsica Ferries erfahren hat, so dass davon auszugehen ist, dass die Kommission im vorliegenden Fall innerhalb einer Frist von drei Monaten, nämlich am 13. März 2008, eine erste konkrete Maßnahme getroffen hat, und zwar dadurch, dass sie ein Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet hat, auf das diese am 3. Juni 2008 geantwortet haben. Am 12. November 2008 hat die Kommission ein zweites Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet, auf das diese am 14. Januar 2009 geantwortet haben. 296 Die Behauptung von SNCM, dass die Kommission anschließend fast drei Jahre lang, nämlich bis zum. 13. Oktober 2011 – dem Tag, an dem sie ein drittes Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet hat – untätig geblieben sei, ist irreführend. Am 20. Mai und am 16. Juli 2010 sowie am 22. März und am 22. Juni 2011 hat die Kommission von Corsica Ferries nämlich zusätzliche Informationen zur Stützung ihrer Beschwerde erhalten, die sie zu prüfen und zu bearbeiten hatte. Auf das dritte Auskunftsersuchen haben die französischen Behörden am 7. Dezember 2011 geantwortet. Am 15. Dezember 2011 und am 10. Januar 2012 hat Corsica Ferries der Kommission zusätzliche Informationen übermittelt. Am 20. Januar 2012 haben die französischen Behörden auf ein viertes Auskunftsersuchen der Kommission geantwortet, das ihnen am 14. Dezember 2011 übersandt worden war. 297 Die Zeitspanne von ca. fünf Monaten, die anschließend bis zum 27. Juni 2012 – dem Tag, an dem die Kommission der Französischen Republik den Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens notifiziert hat – vergangen ist, kann nicht als übermäßig lang angesehen werden. Das Gleiche gilt für die Zeitspanne von etwas mehr als zehn Monaten, die zwischen dem letztgenannten Zeitpunkt und dem Tag des Erlasses des angefochtenen Beschlusses, dem 2. Mai 2013, vergangen ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die französischen Behörden am 13. Juli und am 7. September 2012 ihre Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss eingereicht haben und Corsica Ferries, SNCM und CMN ebenfalls Stellungnahmen zum besagten Beschluss abgegeben haben, die den französischen Behörden übermittelt worden sind und zu denen diese mit Schreiben vom 14. November 2012 sowie vom 3. Januar, vom 16. Januar und vom 12. Februar 2013 Stellung genommen haben. 298 Viertens beruft sich SNCM ebenfalls vergeblich auf die Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und insbesondere auf die Tatsache, dass dieser darin die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes bestätigt haben soll. 299 Zunächst ist nämlich hervorzuheben, dass, wie aus der oben in Rn. 282 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, nur die Unionsorgane – und nicht ein mitgliedstaatliches Gericht – begründete Erwartungen wecken können. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen festzustellen, dass die Kommission, wie bereits oben in Rn. 176 dargelegt worden ist, nicht an die Auslegung der Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung durch den Conseil d’État (Staatsrat) gebunden sein kann. 300 Sodann ist anzumerken, dass die Kommission zum Zeitpunkt der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 bereits beschlossen hatte, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV gegen potenzielle im Vertrag enthaltene Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN einzuleiten. Folglich und in Anbetracht der Darlegungen oben in Rn. 293 ist davon auszugehen, dass, solange die Kommission ihren endgültigen Beschluss nicht erlassen hatte, jegliches berechtigte Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der fraglichen Beihilfe ungeachtet der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) ausgeschlossen war. 301 Schließlich ist zu bemerken, dass die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika, wie die Kommission zutreffend feststellt, seit Beginn des Jahres 2006 Gegenstand zahlreicher Klagen vor den französischen Gerichten gewesen ist, die zu mehreren Umschwüngen in der Rechtsprechung geführt haben und deren Schlusspunkt das Urteil der Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) vom 6. April 2016 gewesen ist, mit dem das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom24. Januar 2008 sowie die Beschlüsse des korsischen Regionalparlaments vom 7. Juni 2007 und des Präsidenten des korsischen Exekutivrats vom selben Tag für nichtig erklärt worden sind (vgl. oben, Rn. 17, 20 und 27). 302 In Anbetracht des Vorstehenden ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Fünfter Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes 303 Im Rahmen des fünften Klagegrundes macht SNCM geltend, der angefochtene Beschluss bewirke eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen ihr und den anderen Anbietern von Seeverkehrsverbindungen zwischen Korsika und dem Festland – unabhängig davon, ob es sich dabei um CMN oder um Wettbewerber handle, die nicht im Rahmen der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen tätig seien –, soweit der Französischen Republik darin aufgegeben werde, die Beträge zurückzufordern, die ihr nach Maßgabe des Vertrags für den Zusatzdienst gezahlt worden seien, ohne eine andere Ausgleichsmöglichkeit für diesen Dienst vorzusehen. 304 Die Kommission und Corsica Ferries beantragen, diesen fünften Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 305 Die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung erfordert, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a., C‑44/94, EU:C:1995:325, Rn. 46, sowie vom 30. März 2006, Spanien/Rat, C‑87/03 und C‑100/03, EU:C:2006:207, Rn. 48). 306 Vorliegend ist festzustellen, dass keiner der beiden von SNCM angeführten Sachverhalte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellen kann. 307 So beanstandet SNCM erstens zu Unrecht, dass die Kommission die Ausgleichsleistungen, die sie für die Erbringung des Zusatzdienstes auf der Strecke Marseille–Propriano erhalten habe (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 des Lastenhefts des Vertrags), im angefochtenen Beschluss als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft habe, während sie die Ausgleichsleistungen, die CMN für die „zwischen Mai und September auf derselben Strecke bereitgestellten zusätzlichen Kapazitäten“ gezahlt worden seien, nicht als solche eingestuft habe. 308 Die von SNCM genannten „zusätzlichen Kapazitäten“ fallen nämlich unter Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 Ziff. i des Lastenhefts des Vertrags und sind somit wesentlicher Bestandteil des Basisdienstes und nicht des Zusatzdienstes, wie SNCM vorträgt. Dies wird u. a. durch eine der Tabellen in Anhang 2 Buchst. B („Darstellung typischer Jahre“) des Vertrags bestätigt, aus der hervorgeht, dass die in dieser Bestimmung des Lastenhefts vorgesehene Stärkung des Basisdienstes in der Praxis durch eine zusätzliche Hin- und Rückfahrt pro Woche mit den kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen von CMN – der Kalliste oder der Girolata – neben den Hin- und Rückfahrten mit ihrem kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiff – der Scandola – verwirklicht wurde. Wie bereits oben in den Rn. 160 und 161 dargelegt worden ist, wurde der Basisdienst jedoch unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wurde. 309 Da der Zusatzdienst ausschließlich von SNCM erbracht wurde und lediglich die für diesen Dienst gezahlten Ausgleichsleistungen von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen betrachtet worden sind, hat diese den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, als sie die Rückforderung allein dieser Ausgleichsleistungen und nicht auch die Rückforderung des Ausgleichs angeordnet hat, der an CMN für unter den Basisdienst fallende Dienstleistungen gezahlt worden ist. 310 Zweitens macht SNCM zu Unrecht eine angebliche Ungleichbehandlung zwischen ihr und den Anbietern von Seeverkehrsdiensten auf den Strecken Toulon–Korsika und Nizza–Korsika geltend. Sie befand sich nämlich nicht in einer Situation, die mit der Situation dieser Anbieter vergleichbar war, da nur sie den Zusatzdienst im Rahmen des Vertrags erbrachte und hierfür Ausgleichsleistungen erhielt, während die besagten Anbieter unter die oben in Rn. 14 genannte Beihilferegelung nach Sozialkriterien fielen. Hinzu kommt, dass diese Beihilferegelung im Unterschied zu den erwähnten Ausgleichszahlungen von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden ist (vgl. oben, Rn. 14). 311 In diesem Zusammenhang trägt SNCM ebenfalls zu Unrecht vor, aus dem angefochtenen Beschluss ergebe sich, dass sie gezwungen gewesen sei, bestimmte Verkehrskapazitäten auf der Strecke Marseille–Korsika anzubieten, ohne dafür – sei es im Rahmen des Vertrags oder im Rahmen der Beihilferegelung nach Sozialkriterien – Ausgleichsleistungen beanspruchen zu können, während die Schifffahrtsunternehmen, die von Toulon oder Nizza aus operierten, im Rahmen der letztgenannten Regelung Ausgleichsleistungen erhalten könnten. Diese Situation ist nämlich nicht der Kommission zurechenbar, sondern den französischen Behörden, die den öffentlichen Seeverkehrsdienst zwischen Korsika und dem französischen Festland ab dem 1. Januar 2002 nach zwei parallelen Betriebsmodellen organisiert haben, nämlich nach einem Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Strecken ab Marseille, die zu einem finanziellen Ausgleich für die Auftragnehmer geführt hat, einerseits, und nach einer Regelung über Sozialbeihilfen für Fahrgäste auf den Linien ab Nizza und Toulon, andererseits. 312 Demnach ist der fünfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 313 Folglich ist die Klage in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen. Kosten 314 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da SNCM mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission und von Corsica Ferries gemäß deren Anträgen aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission und der Corsica Ferries France SAS. Frimodt Nielsen Collins Valančius Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. März 2017. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Hauptakteure Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Kontinent und Korsika sowie Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen Verfahren vor der Kommission und angefochtener Beschluss Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten Rechtliche Würdigung Vorbemerkungen Erster Klagegrund: Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle Erster Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie eine eingehende Prüfung der Notwendigkeit des Dienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe – Erster Unterteil: Die Kommission habe ihre frühere Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung missachtet – Zweiter und vierter Unterteil: Die Kommission habe den weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten sowie die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt – Dritter Unterteil: Die Kommission habe gegen die Vorschriften über die Beweislast verstoßen Zweiter Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe – Erster Unterteil: Der Vertrag unterscheide nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst – Zweiter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt – Hilfsweise vorgebrachter dritter Unterteil: Der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt Hilfsweise vorgebrachter dritter Teil: Der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium – Erster Unterteil: Die Kommission habe die Austauschbarkeit der Personenbeförderungsdienste ab Marseille und derjenigen ab Toulon falsch beurteilt – Zweiter Unterteil: Die Kommission habe die fehlende Privatinitiative falsch beurteilt – Dritter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise nicht geprüft, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte – Vierter Unterteil: Die Wettbewerber von SNCM, die ihre Dienste ab Toulon anböten, könnten nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden Äußerst hilfsweise vorgebrachter vierter Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Dienstleistungen kein normales Handelsgeschäft darstellten Zweiter Klagegrund: Die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, der Vertrag erfülle nicht das vierte Altmark-Kriterium Hilfsweise vorgebrachter dritter Klagegrund: Die Kommission habe den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet Erster Teil: Die Kommission habe die im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen Kosten bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt Zweiter Teil: Die Kommission habe die Unterkompensation des Basisdienstes bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt Dritter Teil: Die Kommission habe bei der Ermittlung des Anteils der dem Zusatzdienst zurechenbaren jährlichen Ausgleichsleistungen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes Fünfter Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes Kosten (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Dritte erweiterte Kammer) vom 17. Februar 2017.#Plásticos Españoles, SA (ASPLA) und Armando Álvarez, SA gegen Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union.#Außervertragliche Haftung – Genauigkeit der Klageschrift – Verjährung – Zulässigkeit – Art. 47 der Charta der Grundrechte – Angemessene Entscheidungsfrist – Materieller Schaden – Zinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße – Kosten einer Bankbürgschaft – Kausalzusammenhang.#Rechtssache T-40/15.
62015TJ0040
ECLI:EU:T:2017:105
2017-02-17T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62015TJ0040 URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer) 17. Februar 2017 (*1) „Außervertragliche Haftung — Genauigkeit der Klageschrift — Verjährung — Zulässigkeit — Art. 47 der Charta der Grundrechte — Angemessene Entscheidungsfrist — Materieller Schaden — Zinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße — Kosten einer Bankbürgschaft — Kausalzusammenhang“ In der Rechtssache T‑40/15 Plásticos Españoles, SA (ASPLA) mit Sitz in Torrelavega (Spanien), Armando Álvarez, SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte M. Troncoso Ferrer, C. Ruixó Claramunt und S. Moya Izquierdo, dann Rechtsanwälte M. Troncoso Ferrer und S. Moya Izquierdo, Klägerinnen, gegen Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, dieser zunächst vertreten durch A. Placco, dann durch J. Inghelram, Á. Almendros Manzano und P. Giusta als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Europäische Kommission, vertreten durch P. van Nuffel, F. Castilla Contreras und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Streithelferin, wegen einer Klage nach Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der den Klägerinnen angeblich aufgrund der Dauer des Verfahrens vor dem Gericht im Rahmen der Rechtssachen, in denen die Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), ergangen sind, entstanden ist, erlässt DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richterin I. Labucka und der Richter E. Bieliūnas (Berichterstatter), V. Kreuschitz und I. S. Forrester, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2016 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Mit Klageschriften, die am 24. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben die Klägerinnen Plásticos Españoles, SA (ASPLA) zum einen und Armando Álvarez, SA zum anderen jeweils Klage gegen die Entscheidung K(2005) 4634 der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] (Sache COMP/F/38.354 – Industriesäcke) (im Folgenden: Entscheidung K[2005] 4634). In ihren Klageschriften beantragten sie im Wesentlichen, diese Entscheidung, soweit diese sie betrifft, für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen. 2 Mit Urteilen vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), wies das Gericht diese Klagen ab. 3 Mit am 24. Januar 2012 eingegangenen Rechtsmittelschriften erhoben die Klägerinnen Rechtsmittel gegen die Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673). 4 Mit Urteilen vom 22. Mai 2014, ASPLA/Kommission (C‑35/12 P, EU:C:2014:348), und vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission (C‑36/12 P, EU:C:2014:349), wies der Gerichtshof diese Rechtsmittel zurück. Verfahren und Anträge der Parteien 5 Mit Klageschrift, die am 27. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage gegen die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union oder die Europäische Kommission, erhoben. 6 Mit gesonderten Schriftsätzen, die am 9. und 21. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben der Gerichtshof der Europäischen Union und die Kommission jeweils eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben. 7 Mit Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer vom 27. April 2015 wurde auf Antrag der Kommission das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur abschließenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑71/15 P, Gerichtshof/Kendrion, ausgesetzt. 8 Mit Beschluss vom 18. Dezember 2015, Gerichtshof/Kendrion (C‑71/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:857), ist die Rechtssache im Register des Gerichtshofs gestrichen worden. 9 Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache hat das Gericht diese am 17. Februar 2016 an die Dritte erweiterte Kammer verwiesen. 10 Mit Beschluss vom 4. März 2016, ASPLA und Armando Álvarez/Europäische Union (T‑40/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:133), ist die Kommission nach der teilweisen Klagerücknahme der Klägerinnen im Register als Vertreterin der Union gestrichen worden. 11 Mit Schriftsatz, der am 11. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union zugelassen zu werden. 12 Am 14. März 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Klagebeantwortung eingereicht. 13 Das Gericht hat am 4. April 2016 entschieden, dass ein zweiter Schriftsatzwechsel nicht erforderlich ist. Außerdem hat es im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts den Gerichtshof der Europäischen Union ersucht, mitzuteilen, ob er die Genehmigung der Klägerinnen und der Kommission zur Vorlage bestimmter in den Anlagen der Klagebeantwortung aufgeführter Schriftstücke beantragt und erhalten hat, die die Rechtssachen betreffen, in denen das Urteil vom 16 November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672) (im Folgenden: Rechtssache T‑76/06), und das Urteil vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673) (im Folgenden: Rechtssache T‑78/06), ergangen sind. 14 Am 19. April 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die oben in Rn. 13 angeführte Frage beantwortet. Er hat beantragt, festzustellen, dass er die Genehmigung der Klägerinnen und der Kommission zur Vorlage der die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 betreffenden Schriftstücke nicht habe beantragen und erhalten müssen, und hilfsweise, dass diese Genehmigung von den Klägerinnen und der Kommission stillschweigend erteilt worden sei. Äußerst hilfsweise hat der Gerichtshof der Europäischen Union beantragt, seine Antwort als Antrag auf eine prozessleitende Maßnahme zu behandeln, mit der das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage die Vorlage der Schriftstücke anordne, die in der Akte der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 enthalten seien, und insbesondere der Schriftstücke, die der Klagebeantwortung als Anlagen beigefügt seien. 15 Am 25. April 2016 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts erstens entschieden, die Schriftstücke, die in den Anlagen der in dieser Rechtssache eingereichten Klagebeantwortung enthalten sind und sich auf die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 beziehen, aus der Akte zu entfernen. Diese Entscheidung ist damit begründet worden, dass der Gerichtshof der Europäischen Union weder die Genehmigung der Parteien in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 zur Vorlage dieser Schriftstücke beantragt und erlangt, noch gemäß Art. 38 Abs. 2 der Verfahrensordnung den Zugang zu den Akten jener Rechtssachen beantragt hatte. Zweitens hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts gemäß Art. 88 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, die Klägerinnen aufzufordern, zu dem Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme Stellung zu nehmen, der vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner oben in Rn. 14 erwähnten Antwort vom 19. April 2016 äußerst hilfsweise gestellt worden war. 16 Mit Beschluss vom 28. April 2016, ASPLA und Armando Álvarez/Europäische Union (T‑40/15, nicht veröffentlicht), hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts dem Antrag der Kommission auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union stattgegeben und der Kommission die Rechte nach Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 zuerkannt. 17 Am 2. Mai 2016 hat das Gericht den Klägerinnen auf deren hinreichend begründeten Antrag gestattet, eine Erwiderung einzureichen. 18 Die Klägerinnen haben am 10. Mai 2016 zum oben in Rn. 15 angeführten Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme Stellung genommen. Insoweit haben sie darauf hingewiesen, dass sie dem Erlass dieser prozessleitenden Maßnahme nicht entgegenträten, wenn das Gericht diese für angebracht halte. 19 Am 31. Mai 2016 hat das Gericht festgestellt, dass es für die Aufbereitung und Regelung der vorliegenden Rechtssache in Anbetracht ihres Gegenstands erforderlich ist, dass ihm die Akten der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 zur Verfügung stehen. Deshalb hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung beschlossen, die Akten der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 im vorliegenden Verfahren hinzuzuziehen. 20 Am 13. Juni 2016 haben die Klägerinnen eine Erwiderung eingereicht. 21 Am 17. Juni 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zustellung der Akten der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 beantragt. 22 Am 25. Juli 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Gegenerwiderung eingereicht. 23 Das Gericht hat am 23. September 2016 eine Frage an die Klägerinnen gerichtet und sie zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert. Die Klägerinnen sind diesen Aufforderungen mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 nachgekommen. 24 In der Sitzung vom 24. November 2016 haben die Parteien mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet. 25 Mit Schriftsatz, der am 6. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Vertreter der Klägerinnen das Letztere darüber unterrichtet, dass ihm im Rahmen einer seiner Antworten auf eine mündliche Frage, die im Sitzungsprotokoll vermerkt worden sei, ein Fehler unterlaufen sei. 26 Mit Beschluss vom 16. Dezember 2016 ist das mündliche Verfahren wiedereröffnet worden. Am 19. Dezember 2016 ist der oben in Rn. 25 angeführte Schriftsatz der Klägerin zu den Akten genommen worden. 27 Am 21. Dezember 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union zum oben in Rn. 25 angeführten Schriftsatz Stellung genommen. 28 Am 9. Januar 2017 ist das mündliche Verfahren geschlossen worden. 29 Die Klägerinnen beantragen, — den Gerichtshof der Europäischen Union zum Ersatz des Schadens, der ihnen durch das Gericht aufgrund des Verstoßes gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zugefügt worden ist, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3495038,66 Euro zuzüglich Ausgleichs- und Verzugszinsen zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkte ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung zu verurteilen; — dem Gerichtshof der Europäischen Union die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 30 Der Gerichtshof der Europäischen Union beantragt, unterstützt durch die Kommission, — die Klage für unzulässig zu erklären oder sie sonst hinsichtlich der angeblich vor dem 27. Januar 2010 eingetretenen Schäden für teilweise unzulässig zu erklären; — hilfsweise, den Antrag auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens als unbegründet zurückzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit 31 Der Gerichtshof der Europäischen Union erhebt zwei Einreden der Unzulässigkeit, wovon die erste die fehlende Klarheit und Deutlichkeit der Klageschrift und die zweite die Verjährung des Antrags auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens betrifft. Zur Einrede der Unzulässigkeit wegen fehlender Klarheit und Deutlichkeit der Klageschrift 32 Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, die Klage sei insgesamt für unzulässig zu erklären, da es der Klageschrift an Klarheit und Deutlichkeit hinsichtlich des von ASPLA und Armando Álvarez individuell erlittenen Schadens fehle. 33 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 jede Klage den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht gegebenenfalls ohne weitere Informationen die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insbesondere genügt eine Klage auf Ersatz von Schäden, die ein Unionsorgan verursacht haben soll, diesen Erfordernissen nur, wenn sie Angaben enthält, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (vgl. Urteil vom 7. Oktober 2015, Accorinti u. a./EZB, T‑79/13, EU:T:2015:756, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34 Erstens enthält im vorliegenden Fall, wie der Gerichtshof der Europäischen Union vorbringt, der Klageantrag zwar einen Antrag auf Ersatz eines pauschal bewerteten Schadens. 35 Es ergibt sich jedoch aus der Klageschrift und den dieser beigefügten Unterlagen, dass die Klage gleichzeitig von ASPLA und von Armando Álvarez erhoben worden ist. Außerdem sind die Anträge in der Klageschrift im Licht des Inhalts der Letzteren auf Ersatz des materiellen Schadens gerichtet, der den Klägerinnen aufgrund eines Verstoßes gegen die Anforderungen im Zusammenhang mit der Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist (im Folgenden: angemessene Entscheidungsfrist) in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06, die jeweils ASPLA und Armando Álvarez betrafen, entstanden sein soll. 36 Darüber hinaus ist zur Feststellung des von jeder der Klägerinnen erlittenen Schadens darauf hinzuweisen, dass diese Frage eine Prüfung der von diesen vorgelegten Beweismittel erfordert und daher zur Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Klage gehört. Jedenfalls ergibt sich aus der Akte, dass die Klägerinnen die erforderlichen Beweismittel für die Feststellung des von jeder von ihnen erlittenen Schadens vorgelegt haben. 37 Zweitens bringen die Klägerinnen zwar zum einen vor, die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 habe die angemessene Entscheidungsfrist um 24 Monate bzw. 28 Monate aus dem Grund überschritten, dass der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ihnen in beiden Rechtssachen am 14. Januar 2011 mitgeteilt worden sei und nicht zwei Jahre nach der Einreichung der Gegenerwiderung durch die Kommission, nämlich am 12. Februar 2009 bzw. am 6. Oktober 2008. 38 Zum anderen machen die Klägerinnen geltend, dass in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die durchschnittliche Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist 25,5 Monate betrage und sie ihren Schaden auf der Grundlage einer einfachen anteiligen Berechnung bewerteten, die sich auf alle Beträge gründe, die sie während des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 sowie in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 22. Mai 2014, ASPLA/Kommission (C‑35/12 P, EU:C:2014:348), und vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission (C‑36/12 P, EU:C:2014:349), ergangen seien, gezahlt hätten. 39 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Klagebeantwortung eine Einrede der Unzulässigkeit wegen Verjährung erhebt. Außerdem stellt er das Vorliegen eines Verstoßes gegen die angemessene Entscheidungsfrist sowie den Umfang eines solchen Verstoßes in Abrede. Überdies bestreitet er das Vorliegen des geltend gemachten Schadens sowie seinen Umfang. Er macht weiter geltend, dass kein Kausalzusammenhang bestehe. Schließlich ist der Gerichtshof der Europäischen Union in der mündlichen Verhandlung in der Lage gewesen, zur Antwort der Klägerinnen auf eine schriftliche Frage des Gerichts Stellung zu nehmen, in der die Letzteren den Zeitpunkt angegeben haben, ab dem sie in den beiden Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 einen Schaden erlitten hätten. 40 Daraus folgt, dass die Klägerinnen die erforderlichen Beweise für die Feststellung des von ihnen jeweils erlittenen Schadens vorgelegt haben und dass der Gerichtshof der Europäischen Union in der Lage gewesen ist, seine Argumente zur Verteidigung, einschließlich in der mündlichen Verhandlung, vorzutragen. Außerdem ermöglichen diese Elemente dem Gericht, zu entscheiden. 41 Die erste Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen. Zur hilfsweise erhobenen Einrede der Unzulässigkeit wegen Verjährung des Antrags auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens 42 Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, die Klage sei unzulässig, da sie auf den Ersatz eines Schadens gerichtet sei, der mehr als fünf Jahre vor der Erhebung der vorliegenden Klage, d. h. vor dem 27. Januar 2010, entstanden sei. 43 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, Folgendes vorsieht: „Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Unionsorgan geltend macht. …“ 44 Nach der Rechtsprechung hat die Verjährung zum Zweck, den Rechtsschutz des Geschädigten mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zu vereinbaren. Bei der Festlegung der Dauer der Verjährungsfrist ist insbesondere berücksichtigt worden, welche Zeit der nach seinem eigenen Vorbringen Geschädigte benötigt, um im Hinblick auf eine mögliche Klage sachdienliche Informationen zusammenzutragen sowie die Tatsachen nachzuprüfen, die zur Stützung dieser Klage vorgetragen werden können (Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 33; vgl. in diesem Sinne auch Beschluss vom 18. Juli 2002, Autosalone Ispra dei Fratelli Rossi/Kommission, C‑136/01 P, EU:C:2002:458, Rn. 28). 45 Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wenn die Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind (vgl. Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 46 Zwar ist Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union dahin auszulegen, dass dem Geschädigten keine Verjährung entgegengehalten werden kann, wenn er von dem schadenstiftenden Ereignis erst zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis erlangen konnte und somit nicht über einen angemessenen Zeitraum verfügte, um vor Ablauf der Verjährungsfrist Klage zu erheben oder seinen Anspruch geltend zu machen. Die Voraussetzungen, von denen die Schadensersatzpflicht gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV abhängt, und damit die für solche Schadensersatzklagen geltenden Verjährungsvorschriften dürfen jedoch nicht auf anderen als strikt objektiven Kriterien beruhen (vgl. Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 35 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 47 Außerdem kann nach ständiger Rechtsprechung die subjektive Beurteilung des tatsächlichen Vorhandenseins des Schadens durch den Geschädigten für die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der Lauf der Verjährungsfrist für eine Klage aus außervertraglicher Haftung der Union beginnt, nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission, C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 70). 48 Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass das „Ereignis“, das den vorliegenden „gegen die Union hergeleiteten Ansprüchen zugrunde liegt“, ein Verfahrensfehler ist, der in Form einer Missachtung der angemessenen Entscheidungsfrist durch ein Unionsgericht erfolgt sein soll. Die Festsetzung des Beginns der Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat diesen Umstand daher zu berücksichtigen. Insbesondere kann die Verjährungsfrist nicht von einem Zeitpunkt an laufen, zu dem das anspruchsbegründende Ereignis fortbesteht, und der Beginn dieser Frist ist auf einen Zeitpunkt zu legen, zu dem sich das anspruchsbegründende Ereignis vollständig konkretisiert hat. 49 Daher ist im konkreten Fall einer Schadensersatzklage, die auf den Ersatz eines Schadens gerichtet ist, der aufgrund einer etwaigen Missachtung der angemessenen Entscheidungsfrist entstanden sein soll, der Beginn der Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wenn eine Entscheidung den Lauf der streitigen Entscheidungsfrist beendete, auf den Zeitpunkt festzusetzen, zu dem diese Entscheidung erlassen wurde. Dieser Zeitpunkt ist nämlich ein sicherer und auf der Grundlage objektiver Kriterien festgesetzter. Er gewährleistet die Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und erlaubt den Schutz der Rechte der Klägerinnen. 50 In der vorliegenden Rechtssache beantragen die Klägerinnen den Ersatz des Schadens, der ihnen aufgrund der Dauer des gerichtlichen Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entstanden sein soll. Diese Rechtssachen wurden mit Urteilen vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), abgeschlossen. Die Verjährungsfrist begann daher am 16. November 2011 zu laufen. 51 Außerdem haben die Klägerinnen ihre Klage in der vorliegenden Rechtssache am 27. Januar 2015 erhoben und so die Verjährungsfrist unterbrochen, also vor dem Ablauf der Frist von fünf Jahren nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die vorliegende Klage ist daher nicht verjährt. 52 Nach alledem ist die zweite Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. Zur Begründetheit 53 Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. 54 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 340 Abs. 2 AEUV, dass die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon abhängen, dass eine Reihe von Voraussetzungen, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, erfüllt sind (Urteile vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, EU:C:1982:318, Rn. 16, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 106). 55 Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden brauchen (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 81). Außerdem ist der Unionsrichter nicht verpflichtet, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 42; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 13). 56 Im vorliegenden Fall tragen die Klägerinnen erstens vor, die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 habe gegen die angemessene Entscheidungsfrist verstoßen. Zweitens habe ihnen dieser Verstoß einen materiellen Schaden verursacht, der zu ersetzen sei. Zum behaupteten Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 57 Die Klägerinnen machen geltend, die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 habe die angemessene Entscheidungsfrist missachtet, was einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm bilde, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Insbesondere sei dieser Verstoß durch die Urteile vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), und vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission (C‑58/12 P, EU:C:2013:770), nachgewiesen. Die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 zum einen und die Rechtssachen, in denen die Urteile vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), vom 16. November 2011, Groupe Gascogne/Kommission (T‑72/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:671), und vom 16. November 2011, Sachsa Verpackung/Kommission (T‑79/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:674), ergangen seien, zum anderen hätten denselben Gegenstand (dieselbe Entscheidung der Kommission), seien durch einen vergleichbaren Sachverhalt und Grund (dasselbe Kartell) gekennzeichnet und ließen identische oder ganz ähnliche verfahrensrechtliche Umstände erkennen. 58 Sie machen geltend, das mündliche Verfahren in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 hätte zwei Jahre nach der Einreichung der Gegenerwiderung durch die Kommission, nämlich am 12. Februar 2009 bzw. am 6. Oktober 2008, eröffnet werden müssen. Der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sei ihnen jedoch am 14. Januar 2011 mitgeteilt worden. Sie leiten daraus ab, dass die Verfahren in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die angemessene Entscheidungsfrist um 24 Monate bzw. 28 Monate überschritten hätten. 59 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt diesem Vorbringen entgegen. Erstens sei nämlich nur das Gericht für die Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig, und es sei nicht möglich, die Schlussfolgerungen, die der Gerichtshof in den Urteilen vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), und vom 26. November 2013, Gascogne/Kommission (C‑58/12 P, EU:C:2013:770), gezogen habe, auf die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 zu übertragen. Zweitens überschreite die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die durchschnittliche Dauer dieser Phase des Verfahrens vor dem Gericht, die von 2007 bis 2010 in den Rechtssachen festzustellen gewesen sei, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts betroffen hätten, lediglich um 17 bzw. 21 Monate. Außerdem habe die Gesamtdauer des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die durchschnittlich festgestellte Dauer der Verfahren vor dem Gericht von 2006 bis 2015 in den Rechtssachen, in denen es um die Anwendung des Wettbewerbsrechts gegangen sei, nur um 15 Monate überschritten. Drittens seien die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 als komplex einzustufen. Viertens sei zu berücksichtigen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in einer vielsprachigen Umgebung tätig werde, die in Europa oder sogar weltweit einzigartig sei. Überdies seien in den 15 Rechtssachen betreffend Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 sechs verschiedene Sprachen verwendet worden. Fünftens sei die begrenzte Dauer der Amtszeit der Richter und die lange Krankheit eines der Mitglieder der Kammer, der die beiden in Rede stehenden Rechtssachen zugeteilt gewesen seien, zu berücksichtigen. Sechstens sei das Verhalten der Klägerinnen am Entstehen einer Verzögerung in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 nicht völlig unbeteiligt gewesen. 60 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte u. a. bestimmt, dass „[j]ede Person … ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“. 61 Dieses Recht, das vor dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte in seiner Geltung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bestätigt worden war, gilt auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission (vgl. Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung). 62 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Verfahren in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 am 24. Februar 2006 mit der Einreichung einer Klageschrift bei der Kanzlei des Gerichts durch die beiden Klägerinnen begann und mit der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), abgeschlossen wurde. Daher betrug die Dauer des Verfahrens in diesen beiden Rechtssachen ungefähr fünf Jahre und neun Monate. 63 Aus einer umfassenden Prüfung der jeweiligen Akte in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 ergibt sich jedoch, dass sich die Dauer des Verfahrens in diesen beiden Rechtssachen durch keinen der Umstände der Rechtssachen rechtfertigen lässt. 64 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 Rechtsstreitigkeiten über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln betrafen und dass nach der Rechtsprechung das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel, zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird, nicht nur für die klagende Partei und ihre Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 186). 65 Zweitens ist festzustellen, dass in der Rechtssache T‑76/06 ungefähr drei Jahre und zehn Monate, d. h. 46 Monate, zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission am 16. Februar 2007 zum einen und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens am 23. November 2010 zum anderen vergingen. Außerdem vergingen in der Rechtssache T‑78/06 etwa vier Jahre und zwei Monate, d. h. 50 Monate, zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens am 9. Oktober 2006 und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens am 23. November 2010. 66 Während dieses Zeitraums werden insbesondere die Argumente der Parteien zusammengefasst, die Rechtssachen aufbereitet, die Rechtsstreitigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht analysiert und der mündliche Teil des Verfahrens vorbereitet. Die Länge dieser Zeitspanne hängt daher insbesondere von der Komplexität des Rechtsstreits sowie vom Verhalten der Beteiligten und von Zwischenstreitigkeiten ab. 67 Zur Komplexität des Rechtsstreits ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 Klagen gegen eine Entscheidung der Kommission in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV betrafen. 68 Wie sich aus den Akten der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 ergibt, weisen Klagen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission betreffen, u. a. wegen der Länge der angefochtenen Entscheidung, des Aktenumfangs und der Notwendigkeit, zahlreiche komplexe Sachverhalte detailliert zu beurteilen, die oft einen langen Zeitraum und ein räumlich großes Gebiet umfassen, einen höheren Grad an Komplexität auf als andere Arten von Rechtssachen. 69 Daher ist ein Zeitraum von 15 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung von Rechtssachen, die wie die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die Anwendung des Wettbewerbsrechts betreffen, grundsätzlich angemessen. 70 Sodann muss berücksichtigt werden, dass gegen die Entscheidung K(2005) 4634 mehrere Klagen erhoben worden waren. 71 Klagen, die gegen ein und dieselbe Entscheidung der Kommission erhoben werden, die aufgrund des Wettbewerbsrechts der Union ergangen ist, erfordern nämlich grundsätzlich eine parallele Behandlung, und zwar auch dann, wenn diese Klagen nicht miteinander verbunden sind. Diese parallele Behandlung ist insbesondere wegen des Zusammenhangs dieser Klagen und wegen des Erfordernisses der Kohärenz bei deren Analyse und bei der Entscheidung über sie gerechtfertigt. 72 Daher kann die parallele Behandlung von zusammenhängenden Rechtssachen eine einmonatige Verlängerung des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens je zusätzliche in einem solchen Zusammenhang stehende Rechtssache rechtfertigen. 73 Im vorliegenden Fall waren 15 Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden. Allerdings hatte zum einen eine Klägerin ihre Klage gegen diese Entscheidung zurückgenommen (Beschluss vom 6. Juli 2006, Cofira-Sac/Kommission, T‑43/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2006:192). Zum anderen waren über zwei Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 die Urteile vom13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission (T‑26/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:387), und vom 13. September 2010, Trioplast Industrier/Kommission (T‑40/06, EU:T:2010:388), verkündet worden. 74 Unter diesen Umständen rechtfertigte die Behandlung von zwölf weiteren Rechtssachen, die Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 betrafen, eine Verlängerung des Verfahrens um elf Monate in der Rechtssache T‑76/06 und in der Rechtssache T‑78/06. 75 Folglich war ein Zeitraum von 26 Monaten (15 Monate plus elf Monate) zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung der beiden Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 grundsätzlich angemessen. 76 Was das Verhalten der Beteiligten und Zwischenstreitigkeiten in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 anbelangt, so wurde die Dauer zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in diesen beiden Rechtssachen in keiner Weise von einem solchen Verhalten oder von solchen Zwischenstreitigkeiten beeinflusst. 77 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Kommission in der Entscheidung K(2005) 4634 gegen die Klägerinnen eine Geldbuße gesamtschuldnerisch mit der Begründung verhängt hatte, dass Armando Álvarez 98,6 % des Kapitals von ASPLA gehalten habe und für die erstere Gesellschaft daher die Vermutung gelte, dass sie auf die zweite einen bestimmenden Einfluss ausgeübt habe. Daher beantragte Armando Álvarez im Rahmen ihrer Klage in der Rechtssache T‑78/06 die Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4634, soweit ihr die Letztere die Verantwortung für die in ihr festgestellte Zuwiderhandlung zugerechnet hatte. 78 Daraus folgt, dass die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 einen besonders engen Zusammenhang aufwiesen und dieser Zusammenhang rechtfertigte, dass die Rechtssache T‑78/06 gemeinsam mit der Rechtssache T‑76/06 und im selben Rhythmus wie die Letztere behandelt wurde. Obwohl das schriftliche Verfahren in der Rechtssache T‑78/06 vier Monate früher als das schriftliche Verfahren in der Rechtssache T‑76/06 geschlossen worden war, konnte somit das mündliche Verfahren in der Rechtssache T‑78/06 nicht zu einem Zeitpunkt vor der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑76/06 eröffnet werden. 79 Wie sich außerdem aus den Akten der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 ergibt, sprach sich die für diese Rechtssachen zuständige Kammer am 23. November 2010 für eine Verbindung dieser Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren, unbeschadet der Stellungnahmen der Parteien in diesen beiden Rechtssachen, aus. In ihren Stellungnahmen zu einer etwaigen Verbindung der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 führten beide Klägerinnen aus, dass sie kein Hindernis für eine solche Verbindung sähen, wenn das Gericht der Ansicht sein sollte, dass dies zur Effizienz des Verfahrens beitragen könne. Die Kommission sprach sich jedoch gegen eine solche Verbindung aus, die schließlich nicht angeordnet wurde. 80 Daher rechtfertigte der besonders enge Zusammenhang zwischen der Rechtssache T‑76/06 und der Rechtssache T‑78/06 eine viermonatige Verlängerung des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑78/06. 81 Folglich weisen im Hinblick auf die besonderen Umstände, die die Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 kennzeichnen, die Zeitspanne von 46 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑76/06 sowie die Zeitspanne von 50 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑78/06 eine Phase ungerechtfertigter Untätigkeit von 20 Monaten in diesen beiden Rechtssachen auf. 82 Drittens ergab die Prüfung der jeweiligen Akte der Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 keinen Umstand, der auf eine Phase ungerechtfertigter Untätigkeit zum einen zwischen dem Zeitpunkt der Einreichung der Klageschriften und dem Zeitpunkt der Einreichung der Gegenerwiderungen sowie zum anderen zwischen der Eröffnung des mündlichen Verfahrens und der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), schließen lässt. 83 Daraus folgt, dass das in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 durchgeführte Verfahren, das mit der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), abgeschlossen wurde, gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte verstoßen hat, da es die angemessene Entscheidungsfrist um 20 Monate überschritten hat, was einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm bildet, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Zum geltend gemachten materiellen Schaden und zum Kausalzusammenhang 84 Nach ständiger Rechtsprechung muss der Schaden, für den im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung der Union Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher sein; insoweit ist der Kläger beweispflichtig (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, EU:C:2006:708, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist Sache des Klägers, schlüssige Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihm geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteil vom 16. September 1997, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, C‑362/95 P, EU:C:1997:401, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). 85 Ebenso bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Organe und dem Schaden besteht (Urteile vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, EU:T:2005:453, Rn. 193; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, EU:C:1979:223, Rn. 21). Der Kläger hat zu beweisen, dass zwischen dem gerügten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden ein Kausalzusammenhang besteht (vgl. Urteil vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 86 Im vorliegenden Fall machen die Klägerinnen erstens in der Klageschrift geltend, sie hätten einen materiellen Schaden erlitten, der in einem Verlust zum einen aufgrund der Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Geldbuße, die durch die Entscheidung K(2005) 4634 gegen sie verhängt worden sei, während der übermäßigen Dauer des Verfahrens von durchschnittlich 25,5 Monaten (im Folgenden: Zinsen auf den Geldbußenbetrag) und zum anderen aufgrund der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaften, die sie gestellt hätten, um die Geldbuße nicht sofort zu entrichten, während dieser übermäßigen Dauer (im Folgenden: Bankbürgschaftskosten) bestehe. Dieser Schaden sei anhand einer einfachen anteiligen Berechnung zu bewerten, die sich auf die zwischen dem 20. Februar 2006 und dem 1. August 2014 gezahlten Bankbürgschaftskosten sowie auf die zwischen dem 15. März 2006 und dem 22. Juli 2014 gezahlten Zinsen auf den Geldbußenbetrag gründe. 87 Zweitens bringen die Klägerinnen vor, der Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Schaden und der Missachtung der angemessenen Entscheidungsfrist sei offensichtlich. Wenn nämlich die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 nicht missachtet worden wäre, hätten die Klägerinnen nicht während 25,5 Monaten Zinsen auf den Geldbußenbetrag und Bankbürgschaftskosten zahlen müssen. 88 Der Gerichtshof der Europäischen Union tritt erstens dem Vorbringen der Klägerinnen zu dem von ihnen erlittenen materiellen Schaden entgegen. 89 Er macht geltend, die Zinsen auf den Geldbußenbetrag und die Bankbürgschaftskosten könnten nicht als Schaden eingestuft werden. Zum einen stellten nämlich die Zinsen auf den Geldbußenbetrag den Ausgleich dafür dar, dass die Kommission über einen Betrag, auf den sie Anspruch gehabt habe, nicht habe verfügen können, und die Klägerinnen wären ungerechtfertigt bereichert, wenn ihnen eine Entschädigung in Höhe eines diesen Zinsen entsprechenden Betrags gewährt würde. Zum anderen seien die Bankbürgschaftskosten eine Belastung, die die Klägerinnen als Gegenleistung für die ihnen gebotene Möglichkeit, die Geldbuße nicht sofort zu entrichten, frei übernommen hätten. Da somit diese Belastung die Erlangung eines Vorteils mit sich gebracht habe, lasse nichts die Annahme zu, dass es sich um einen Schaden im engeren Sinne handele. 90 Hilfsweise macht der Gerichtshof der Europäischen Union geltend, die von den Klägerinnen herangezogene Methode für die Berechnung ihres angeblichen materiellen Schadens sei nicht richtig und erlaube nicht, diesen zu beziffern. Zum einen gestatte eine anteilige Berechnung wie die von den Klägerinnen durchgeführte nicht, den Teil der Kosten zu berechnen, die dem Zeitraum zuzurechnen seien, der einer ungerechtfertigten Verzögerung entspreche. Zum anderen erlaubten die von den Klägerinnen herangezogenen Gesichtspunkte zur Bezifferung ihres Schadens ihnen nicht, den hypothetischen Schaden zu berechnen, der sich aus der angeblichen Verzögerung des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 ergebe. Zur Bewertung des Vorliegens eines hypothetischen Schadens, den sie aufgrund der ungerechtfertigten Verzögerung des Verfahrens erlitten hätten, seien nämlich die Kosten, die sie tatsächlich für die Zahlung der Geldbuße zu tragen gehabt hätten, und die hypothetischen Kosten, die sie zu tragen gehabt hätten, wenn das Verfahren nicht verzögert worden wäre und sie die Geldbuße früher bezahlt hätten, zu vergleichen. Es sei jedoch durchaus möglich, dass es unter gewissen Umständen für ein Unternehmen vorteilhafter sei, die Zahlung der Geldbuße aufzuschieben, selbst wenn diese aufgeschobene Zahlung für es die Verpflichtung umfasse, zusätzliche Zinsen zu einem festen Satz wie dem von der Kommission festgelegten Zinssatz von 3,56 % zu zahlen. In der Gegenerwiderung ergänzt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass die aufgeschobene Zahlung definitionsgemäß einen Vorteil verschaffe und dass dieser Vorteil im vorliegenden Fall bestehe. 91 Zweitens liege kein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen zum einen dem angeblichen materiellen Schaden aus der Zahlung der Bankbürgschaftskosten und der Zahlung von Zinsen auf den Geldbußenbetrag sowie zum anderen der angeblichen Verletzung der angemessenen Entscheidungsfrist vor. Dieser materielle Schaden ergebe sich nämlich aus der eigenen Entscheidung der Klägerinnen, ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Geldbuße innerhalb der mit der Entscheidung K(2005) 4634 festgesetzten Frist nicht nachzukommen, obwohl letztere Entscheidung einen Vollstreckungstitel dargestellt habe. Diese Entscheidung der Klägerinnen habe zu dem Zeitpunkt, zu dem diese beschlossen hätten, eine Bankbürgschaft zu stellen, und während des gesamten Zeitraums, in dem sie diese Bürgschaft aufrechterhalten hätten, bestanden. – Vorbemerkungen 92 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 der Entscheidung K(2005) 4634 die mit dieser Entscheidung verhängten Geldbußen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach ihrer Zustellung zu bezahlen waren. Gemäß Art. 86 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 357, S. 1) bestimmte Art. 2 dieser Entscheidung, dass nach Ablauf dieser Frist von drei Monaten automatisch Zinsen zum von der EZB am ersten Tag des Monats, in dem diese Entscheidung erlassen worden sei, für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte, d. h. zu einem Zinssatz von 5,56 %, geschuldet würden. 93 Nach Art. 299 Abs. 1 AEUV war die Entscheidung K(2005) 4634 ein vollstreckbarer Titel, da sie in ihrem Art. 2 den Klägerinnen eine Zahlung auferlegte. Außerdem hat die Einlegung einer Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung nach Art. 263 AEUV den vollstreckbaren Charakter dieser Entscheidung nicht in Frage gestellt, da nach Art. 278 AEUV Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Union keine aufschiebende Wirkung haben. 94 Die Kommission wies bei der Zustellung ihrer Entscheidung K(2005) 4634 die Klägerinnen darauf hin, dass, wenn diese ein Verfahren vor dem Gericht oder vor dem Gerichtshof einleiteten, keine Maßnahmen zur Beitreibung ergriffen würden, solange das Verfahren anhängig sei, sofern vor dem Tag des Ablaufs der Zahlungsfrist zwei Bedingungen erfüllt seien. Dies waren gemäß Art. 86 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2342/2002 folgende zwei Bedingungen: Erstens hatte die Forderung der Kommission Zinsen ab dem Tag des Ablaufs der Zahlungsfrist zum Satz von 3,56 % zu umfassen, zweitens musste vor der Fälligkeit der Zahlung eine für die Kommission akzeptable Bankbürgschaft gestellt werden, die sowohl die Schuld als auch die Zinsen oder Erhöhungen der Schuld abdeckte. 95 In ihren in der vorliegenden Rechtssache eingereichten Schriftsätzen legen die Klägerinnen dar, sie hätten beschlossen, gemäß der ihnen von der Kommission eingeräumten Möglichkeit und gegen Zahlung von Zinsen in Höhe von 3,56 % die gegen sie verhängte Geldbuße nicht sofort zu entrichten und eine Bankbürgschaft zu stellen. 96 Im Licht dieser Erwägungen sind der geltend gemachte materielle Schaden und der angebliche Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 zu prüfen. – Zur Zahlung von Zinsen auf den Geldbußenbetrag 97 Erstens ergibt sich aus den von den Klägerinnen vorgelegten Unterlagen und den mündlichen Ausführungen ihres Vertreters, die in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommen worden sind, dass Armando Álvarez am 22. Juli 2014 den gesamten Betrag der Zinsen auf den Geldbußenbetrag bezahlte, die während des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 fällig wurden. 98 Daraus folgt, dass ASPLA offensichtlich keinen persönlichen Schaden erlitt, der in der Zahlung von Zinsen auf die Geldbuße während des Zeitraums, der der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entspricht, bestünde. 99 Zweitens ist zum Schaden, der Armando Álvarez entstanden sein soll, festzustellen, dass aufgrund von Art. 299 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 278 AEUV, die oben in Rn. 93 angeführt wurden, die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße der Kommission trotz der Einlegung einer Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung geschuldet wurde. Daher sind die Zinsen von 3,56 % auf den Geldbußenbetrag als Verzugszinsen einzustufen. 100 Außerdem hat Armando Álvarez während des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 weder die Geldbuße noch die Verzugszinsen bezahlt. Daher hatte er während des Verfahrens in diesen Rechtssachen den Nutzen aus dem Betrag, der dieser Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen entsprach. 101 Die Klägerinnen erbringen jedoch keinen Beweis dafür, dass während des Zeitraums, der der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entspricht, der Betrag der später von Armando Álvarez an die Kommission gezahlten Verzugszinsen höher war als der Vorteil, der dieser Gesellschaft aufgrund des Nutzens aus der der Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen entsprechenden Summe zukam. Mit anderen Worten weisen die Klägerinnen nicht nach, dass die Zinsen auf den Geldbußenbetrag, die während des Zeitraums aufliefen, der der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist entspricht, höher waren als der Vorteil, den Armando Álvarez aus der Nichtzahlung der Geldbuße zuzüglich der Zinsen, die zum Zeitpunkt, zu dem der Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist erfolgte, aufgelaufen waren, und der Zinsen, die fällig wurden, während dieser Verstoß andauerte, ziehen konnte. 102 Die Klägerinnen weisen folglich nicht nach, dass Armando Álvarez während des der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entsprechenden Zeitraums einen tatsächlichen und sicheren Verlust aufgrund der Zahlung von Verzugszinsen auf die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße erlitten hat. 103 Der Antrag auf Ersatz des geltend gemachten Schadens, der in der Zahlung von zusätzlichen Zinsen auf den Geldbußenbetrag durch die Klägerinnen bestehen soll, ist daher zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs beurteilt zu werden brauchte. – Zur Zahlung von Bankbürgschaftskosten 104 Erstens ergibt sich, was den Schaden angeht, aus der Akte, dass zum einen ASPLA eine Bankbürgschaft über einen Betrag von 10731000 Euro zuzüglich Zinsen stellte und dass zum anderen Armando Álvarez mehrere Bankbürgschaften bei vier verschiedenen Banken über einen Gesamtbetrag von 31269000 Euro zuzüglich Zinsen stellte. Außerdem belegt der Akteninhalt, dass beide Klägerinnen während des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 Bankbürgschaftskosten in Form von vierteljährlichen Provisionen bezahlten. 105 Daher ist im Hinblick auf den Akteninhalt davon auszugehen, dass beide Klägerinnen nachweisen, dass sie persönlich einen tatsächlichen und sicheren Schaden erlitten haben, der in einem Verlust aufgrund der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des Zeitraums, der der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entspricht, besteht. 106 Zweitens ist zum Kausalzusammenhang zum einen festzustellen, dass, wenn das Verfahren in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die angemessene Entscheidungsfrist nicht überschritten hätte, die Klägerinnen die Bankbürgschaftskosten während des dieser Überschreitung entsprechenden Zeitraums nicht hätten bezahlen müssen. 107 Daher besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und dem Eintritt des Schadens, den die Klägerinnen erlitten haben und der in einem Verlust aufgrund der Zahlung von Bankbürgschaftskosten durch jede von ihnen während des Zeitraums, der der Überschreitung dieser angemessenen Entscheidungsfrist entspricht, besteht. 108 Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass das vorgeworfene Verhalten ausschlaggebend für den Schaden sein muss (Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 127, und Urteil vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, EU:T:2006:121, Rn. 130; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 61). Mit anderen Worten könnte selbst im Fall eines etwaigen Beitrags der Organe zu dem Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, dieser Beitrag wegen einer Verantwortlichkeit anderer, etwa der klagenden Partei, zu weit entfernt sein (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 59, und Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 132). 109 Außerdem ist bereits entschieden worden, dass sich ein behaupteter Schaden in Form von Bankbürgschaftskosten, die einer Gesellschaft entstanden sind, gegen die durch eine Entscheidung der Kommission, die später vom Gericht für nichtig erklärt wurde, eine Sanktion verhängt wurde, nicht unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung ergab, da dieser Schaden das Ergebnis der eigenen Entscheidung dieser Gesellschaft war, eine Bankbürgschaft zu stellen, um nicht die Verpflichtung zur Zahlung der Geldbuße innerhalb der in der streitigen Entscheidung gesetzten Frist zu erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 123, und Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 38). 110 Im vorliegenden Fall ist jedoch darauf hinzuweisen, dass erstens im Februar 2006, d. h. zum Zeitpunkt, zu dem die Klägerinnen ihre Klage erhoben, und zum Zeitpunkt, zu dem sie jeweils eine oder mehrere Bankbürgschaften stellten, der Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist unvorhersehbar war. Außerdem durften die Klägerinnen damit rechnen, dass ihre beiden Klagen innerhalb angemessener Frist behandelt würden. 111 Zweitens wurde die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 nach der ursprünglichen Entscheidung der Klägerinnen, Bankbürgschaften zu stellen, überschritten. 112 Daher unterscheidet sich der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache wesentlich von demjenigen, der im Urteil vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission (T‑28/03, EU:T:2005:139), und im Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission (T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377), oben in Rn. 109 angeführt, festgestellt wurde. Der Zusammenhang zwischen der Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des Zeitraums, der dieser Überschreitung entspricht, kann daher entgegen dem Vorbringen des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht durch die ursprüngliche Entscheidung der Klägerinnen, die mit der Entscheidung K(2005) 4634 auferlegte Geldbuße nicht sofort zu zahlen und eine Bankbürgschaft zu stellen, unterbrochen worden sein. 113 Daraus folgt, dass ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und dem Verlust besteht, den die Klägerinnen aufgrund der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des Zeitraums, der der Überschreitung dieser Frist entspricht, erlitten haben. 114 Drittens ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen einen Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist nur in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 geltend machen. Sie machen daher keinen Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist aufgrund der Gesamtdauer des Verfahrens zum einen in der Rechtssache T‑76/06 in Verbindung mit der Rechtssache, in der das Urteil vom 22. Mai 2014, ASPLA/Kommission (C‑35/12 P, EU:C:2014:348), ergangen ist, sowie zum anderen in der Rechtssache T‑78/06 in Verbindung mit der Rechtssache, in der das Urteil vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission (C‑36/12 P, EU:C:2014:349), ergangen ist, geltend. 115 Daher wurde im vorliegenden Fall ausschließlich festgestellt, dass das Verfahren in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 gegen die angemessene Entscheidungsfrist verstoßen hatte (vgl. oben, Rn. 83). 116 Sodann hat der Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 mit der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), geendet. 117 Daher waren die Klägerinnen ab dem 16. November 2011 in der Lage, zum einen das Vorliegen eines Verstoßes gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und zum anderen den Schaden, den sie aufgrund der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des der Überschreitung dieser Frist entsprechenden Zeitraums erlitten hatten, zu beurteilen. 118 Schließlich wurde die Entscheidung K(2005) 4634, mit der gegen die Klägerinnen eine Geldbuße verhängt wurde, erst am 22. Mai 2014 bestandskräftig, und die von der Kommission eingeräumte Möglichkeit, eine Bankbürgschaft zu stellen, endete zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Entscheidung der Klägerinnen, gegen die Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), Rechtsmittel einzulegen. 119 Daraus folgt, dass die Zahlung von Bankbürgschaftskosten nach der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), die den Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 beendeten, in keinem hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang mit diesem Verstoß steht, da die Zahlung dieser Kosten sich aus der nach diesem Verstoß getroffenen persönlichen und eigenständigen Entscheidung der Klägerinnen ergibt, die Geldbuße nicht zu zahlen, keinen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung K(2005) 4634 zu stellen und ein Rechtsmittel gegen die angeführten Urteile einzulegen. 120 Nach alledem liegt ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen zum einen dem Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und zum anderen dem von den Klägerinnen vor der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), erlittenen Schaden vor, der in der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des Zeitraums, der der Überschreitung dieser angemessenen Frist entspricht, besteht. – Zur Bewertung des erlittenen materiellen Schadens 121 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 die angemessene Entscheidungsfrist in diesen beiden Rechtssachen um 20 Monate überschritt (vgl. oben, Rn. 83). 122 Zweitens ist in den vorstehenden Rn. 116 bis 120 festgestellt worden, dass der Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 am 16. November 2011 geendet hatte und dass ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen zum einen dem Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 und zum anderen dem von den Klägerinnen „vor“ der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), erlittenen Schaden vorlag. 123 Daher erfolgte die Überschreitung der angemessenen Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 20 Monate vor der Verkündung der Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), d. h. am 16. März 2010, und die Klägerinnen erlitten ab diesem Zeitpunkt einen materiellen Schaden. 124 Auf eine schriftliche Frage des Gerichts haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 ausgeführt, dass sie zwei Jahre nach der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission, d. h. am 6. Oktober 2008 in der Rechtssache T‑78/06 und am 12. Februar 2009 in der Rechtssache T‑76/06, begonnen hätten, einen Schaden zu erleiden. 125 Außerdem haben die Klägerinnen, obwohl ihnen das Gericht insoweit keine Frage gestellt hatte, in ihrer Antwort vom 10. Oktober 2016 dargelegt, dass ihr Schaden mit der Mitteilung des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 geendet habe. 126 Schließlich geht aus der Akte in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 jeweils hervor, dass den Klägerinnen der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in diesen beiden Rechtssachen am 14. Januar 2011 mitgeteilt wurde. 127 Aus den Vorschriften, die das Verfahren vor den Unionsgerichten regeln, insbesondere aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991, ergibt sich, dass der Rechtsstreit grundsätzlich von den Parteien bestimmt und begrenzt wird und dass der Unionsrichter nicht ultra petita entscheiden darf (Urteile vom 10. Dezember 2013, Kommission/Irland u. a., C‑272/12 P, EU:C:2013:812, Rn. 27, und vom 3. Juli 2014, Electrabel/Kommission, C‑84/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2040, Rn. 49). 128 Daher kann das Gericht nicht vom Antrag der Klägerinnen abweichen und von Amts wegen entscheiden, einen Schaden zu ersetzen, den diese nach dem 14. Januar 2011 erlitten, d. h. in einem Zeitraum, der zeitlich von demjenigen abweicht, zu dem sie vorbringen, einen Schaden erlitten zu haben. 129 Somit entspricht der ersatzfähige Schaden im vorliegenden Fall den von den Klägerinnen vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 bezahlten Bankbürgschaftskosten. 130 Drittens geht aus den von den Klägerinnen vorgelegten Unterlagen hervor, dass die Letzteren die Bankbürgschaftskosten vierteljährlich bezahlten. 131 Der Akteninhalt belegt, dass ASPLA im Zeitraum vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 folgende vierteljährliche Bankbürgschaftskosten zahlte: Vierteljahre Vierteljährlicher Betrag Monate Kosten (Euro) 20.2.2010-19.5.2010 12 259,43 2 8 172,95 20.5.2010-19.8.2010 12 259,43 3 12 259,43 20.8.2010-19.11.2010 12 259,43 3 12 259,43 20.11.2010-19.2.2011 12 259,43 3 12 259,43 Insgesamt 44 951,24 132 Daher betrugen die von ASPLA im Zeitraum vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 gezahlten Bankbürgschaftskosten 44951,24 Euro. 133 Außerdem belegt der Akteninhalt, dass Armando Álvarez im Zeitraum vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 folgende vierteljährliche Bankbürgschaftskosten zahlte: Vierteljahre Vierteljährlicher Betrag Monate Kosten (Euro) 21.2.2010-20.5.2010 6 109,09 2 4 072,73 Bank A 21.5.2010-20.8.2010 6 156,34 3 6 156,34 21.8.2010-28.11.2010 6 203,59 3 6 203,59 29.11.2010-20.2.2011 6 290,57 3 6 290,57 22 723,23 22.2.2010-21.5.2010 6 000,00 2 4 000,00 Bank B 22.5.2010-21.8.2010 6 000,00 3 6 000,00 22.8.2010-21.11.2010 6 000,00 3 6 000,00 22.11.2010-21.2.2011 6 000,00 3 6 000,00 22 000,00 22.2.2010-21.5.2010 5 839,91 2 3 893,27 Bank C 21.5.2010-23.8.2010 5 839,91 3 5 839,91 23.8.2010-22.11.2010 5 839,91 3 5 839,91 22.11.2010-21.2.2011 5 839,91 3 5 839,91 21 413,00 16.2.2010-15.5.2010 12 075,34 2 8 050,23 Bank D 16.5.2010-15.8.2010 12 180,34 3 12 180,34 16.8.2010-15.11.2010 12 285,34 3 12 285,34 16.11.2010-15.2.2011 12 390,34 3 12 390,34 44 906,25 Insgesamt 111 042,48 134 Daher betrugen die von Armando Álvarez im Zeitraum vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 gezahlten Bankbürgschaftskosten 111042,48 Euro. 135 Nach alledem ist eine Entschädigung in Höhe von 44951,24 Euro an ASPLA und eine Entschädigung in Höhe von 111042,48 Euro an Armando Álvarez als Ersatz des materiellen Schadens, der ihnen durch den Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 entstanden ist und der in der Zahlung zusätzlicher Bankbürgschaftskosten besteht, zu gewähren. – Zu den Zinsen 136 Wie sich aus ihrem ersten Antrag ergibt, beantragen die Klägerinnen den Zuspruch von Ausgleichs- und Verzugszinsen auf den Entschädigungsbetrag, den ihnen das Gericht gewähren könnte, zu dem von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkte ab Klageerhebung. 137 Dazu ist zwischen Ausgleichszinsen und Verzugszinsen zu unterscheiden (Urteil vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:2000:38, Rn. 55). 138 Erstens ist, was die Ausgleichszinsen angeht, darauf hinzuweisen, dass die nachteiligen Folgen, die sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen dem Eintritt des schädigenden Ereignisses und der Bewertung der Entschädigung ergeben, insoweit nicht außer Acht gelassen werden dürfen, als die Geldentwertung zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Februar 1994, Grifoni/Kommission, C‑308/87, EU:C:1994:38, Rn. 40, und vom 13. Juli 2005, Camar/Rat und Kommission, T‑260/97, EU:T:2005:283, Rn. 138). Mit Ausgleichszinsen soll der Ablauf der Zeit bis zur gerichtlichen Bewertung des Schadens unabhängig von einer vom Schuldner zu vertretenden Verzögerung ausgeglichen werden (Urteil vom 12. Februar 2015, Kommission/IPK International, C‑336/13 P, EU:C:2015:83, Rn. 37). 139 Das Ende des Zeitraums, für den ein Anspruch auf diese monetäre Neubewertung besteht, muss grundsätzlich mit dem Tag zusammenfallen, an dem das Urteil verkündet wird, durch das die Verpflichtung zum Ersatz des der klagenden Partei entstandenen Schadens festgestellt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Mai 1992, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:1992:217, Rn. 35, vom 13. Juli 2005, Camar/Rat und Kommission, T‑260/97, EU:T:2005:283, Rn. 142 und 143, und vom 26. November 2008, Agraz u. a./Kommission, T‑285/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:526, Rn. 54 und 55). 140 Im vorliegenden Fall ergibt sich betreffend die den beiden Klägerinnen als Ersatz des von ihnen erlittenen materiellen Schadens geschuldete Entschädigung aus der oben in Rn. 138 angeführten Rechtsprechung, dass die Klägerinnen einen Anspruch auf Ausgleichszinsen auf diese Entschädigung ab 16. März 2010 hätten. 141 Mit ihrem ersten Antrag beantragen die Klägerinnen jedoch, wie sie mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2016 betont haben, Ausgleichszinsen auf den Entschädigungsbetrag, den sie geltend machen können, „ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung“ in der vorliegenden Rechtssache, d. h. ab dem 27. Januar 2015. 142 Daher laufen die Ausgleichszinsen auf die den beiden Klägerinnen als Ersatz des ihnen jeweils entstandenen materiellen Schadens geschuldete Entschädigung entsprechend dem von den Klägerinnen gestellten Antrag ab dem 27. Januar 2015. 143 Außerdem legen die Klägerinnen, die einen erlittenen Verlust geltend machen, keinen Beweis dafür vor, dass die von ASPLA vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 gezahlten Bankbürgschaftskosten sowie die von Armando Álvarez vom 16. März 2010 bis zum 14. Januar 2011 gezahlten Bankbürgschaftskosten Zinsen hätten abwerfen können, deren Satz dem von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkte entspräche (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:2000:38, Rn. 219, und vom 26. November 2008, Agraz u. a./Kommission, T‑285/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:526, Rn. 49). 144 Daher können die Klägerinnen nicht die Anwendung von Ausgleichszinsen beanspruchen, die auf der Basis des von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatzes, zuzüglich zwei Prozentpunkte, berechnet werden. 145 Dagegen wird die mit dem Ablauf der Zeit zusammenhängende Geldentwertung durch die für den betreffenden Zeitraum von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) festgestellte jährliche Inflationsrate im Mitgliedstaat des Sitzes der Klägerinnen widergespiegelt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:2000:38, Rn. 220 und 221, vom 13. Juli 2005, Camar/Rat und Kommission, T‑260/97, EU:T:2005:283, Rn. 139, und vom 26. November 2008, Agraz u. a./Kommission, T‑285/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:526, Rn. 50). 146 Folglich entspricht der Ausgleichszinssatz auf die den beiden Klägerinnen als Ersatz des jeweils erlittenen materiellen Schadens geschuldete Entschädigung der von Eurostat festgestellten jährlichen Inflationsrate im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaften. Diese Ausgleichszinsen werden in Bezug auf beide Klägerinnen, im Rahmen ihres Antrags, auf den Zeitraum vom 27. Januar 2015 bis zum Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils anzuwenden sein. 147 Zweitens ergibt sich zu den Verzugszinsen aus der Rechtsprechung, dass die Verpflichtung zur Zahlung dieser Zinsen grundsätzlich am Tag des Urteils entsteht, das die Verpflichtung zum Schadensersatz feststellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, EU:C:1990:259, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 148 Zur Festsetzung des Verzugszinssatzes ist es angebracht, Art. 83 Abs. 2 Buchst. b und Art. 111 Abs. 4 Buchst. a der delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) zu berücksichtigen. Nach diesen Bestimmungen wird auf die innerhalb der Frist nicht beglichenen Schulden der von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Kalendertag des Fälligkeitsmonats geltende Zinssatz, der im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wird, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte, angewandt. 149 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die oben in Rn. 135 angeführten Entschädigungen einschließlich der Ausgleichszinsen auf die als Ersatz des von beiden Klägerinnen erlittenen materiellen Schadens geschuldete Entschädigung um Verzugszinsen ab der Verkündung des vorliegenden Urteils und bis zur vollständigen Zahlung zu erhöhen sind. 150 Außerdem ist der Umfang dieser Erhöhung im Rahmen des Antrags der Klägerinnen festzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Mai 1992, Mulder u. a./Rat und Kommission, C‑104/89 und C‑37/90, EU:C:1992:217, Rn. 35, und vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission, T‑271/04, EU:T:2007:128, Rn. 184). 151 Der Verzugszinssatz muss daher, wie die Klägerinnen beantragen, der von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte festgelegte Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkte sein. – Ergebnis zum Betrag der Entschädigungen und zu den Zinsen 152 Nach alledem ist der vorliegenden Klage teilweise stattzugeben, soweit sie auf den Ersatz des von den Klägerinnen erlittenen materiellen Schadens aufgrund des Verstoßes gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 gerichtet ist. 153 Die ASPLA als Ersatz des materiellen Schadens, den sie aufgrund der Zahlung von zusätzlichen Bankbürgschaftskosten erlitten hat, geschuldete Entschädigung beläuft sich auf 44951,24 Euro zuzüglich Ausgleichszinsen ab dem 27. Januar 2015 und bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils in Höhe der von Eurostat festgestellten jährlichen Inflationsrate im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft. 154 Die Armando Álvarez als Ersatz des materiellen Schadens, den sie aufgrund der Zahlung von zusätzlichen Bankbürgschaftskosten erlitten hat, geschuldete Entschädigung beläuft sich auf 111042,48 Euro, zuzüglich Ausgleichszinsen ab dem 27. Januar 2015 und bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils in Höhe der von Eurostat festgestellten jährlichen Inflationsrate im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft. 155 Der Betrag der oben in den Rn. 153 und 154 angeführten Entschädigungen, einschließlich der Ausgleichszinsen auf die den beiden Klägerinnen als Ersatz des von ihnen jeweils erlittenen materiellen Schadens geschuldete Entschädigung, ist unter den oben in den Rn. 149 und 151 genannten Voraussetzungen um Verzugszinsen zu erhöhen. 156 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Kosten 157 Nach Art. 134 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 158 Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen, was ihre Klageanträge in der Sache betrifft, teilweise obsiegt. Hingegen sind sie mit ihrer Schadensersatzklage weitgehend unterlegen. Unter den Umständen des vorliegenden Falls sind den Parteien daher jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen. 159 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission ist zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, an die Plásticos Españoles, SA (ASPLA) eine Entschädigung von 44951,24 Euro und an die Armando Álvarez, SA eine Entschädigung von 111042,48 Euro für den von jeder dieser Gesellschaften aufgrund des Verstoßes gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 16. November 2011, ASPLA/Kommission (T‑76/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:672), und vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission (T‑78/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:673), ergangen sind, erlittenen materiellen Schaden zu zahlen. Jede dieser Entschädigungen wird unter Einbeziehung von Ausgleichszinsen, gerechnet ab dem 27. Januar 2015 bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils, anhand der von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaften für den fraglichen Zeitraum festgestellten jährlichen Inflationsrate neu bewertet. 2. Für jede der oben in Nr. 1 genannten Entschädigungen sind ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zu ihrer vollständigen Zahlung Verzugszinsen in Höhe des von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkte zu zahlen. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. ASPLA und Armando Álvarez einerseits und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, andererseits tragen ihre eigenen Kosten. 5. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten. Papasavvas Labucka Bieliūnas Kreuschitz Forrester Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Februar 2017. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit Zur Einrede der Unzulässigkeit wegen fehlender Klarheit und Deutlichkeit der Klageschrift Zur hilfsweise erhobenen Einrede der Unzulässigkeit wegen Verjährung des Antrags auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens Zur Begründetheit Zum behaupteten Verstoß gegen die angemessene Entscheidungsfrist in den Rechtssachen T‑76/06 und T‑78/06 Zum geltend gemachten materiellen Schaden und zum Kausalzusammenhang – Vorbemerkungen – Zur Zahlung von Zinsen auf den Geldbußenbetrag – Zur Zahlung von Bankbürgschaftskosten – Zur Bewertung des erlittenen materiellen Schadens – Zu den Zinsen – Ergebnis zum Betrag der Entschädigungen und zu den Zinsen Kosten (*1) Verfahrenssprache: Spanisch.
Urteil des Gerichts (Dritte erweiterte Kammer) vom 1. Februar 2017.#Kendrion NV gegen Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union.#Außervertragliche Haftung – Genauigkeit der Klageschrift – Zulässigkeit – Art. 47 der Charta der Grundrechte – Angemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens – Materieller Schaden – Zinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße – Kosten einer Bankbürgschaft – Immaterieller Schaden – Kausalzusammenhang.#Rechtssache T-479/14.
62014TJ0479
ECLI:EU:T:2017:48
2017-02-01T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62014TJ0479 URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer) 1. Februar 2017 (*1) „Außervertragliche Haftung — Genauigkeit der Klageschrift — Zulässigkeit — Art. 47 der Charta der Grundrechte — Angemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens — Materieller Schaden — Zinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße — Kosten einer Bankbürgschaft — Immaterieller Schaden — Kausalzusammenhang“ In der Rechtssache T‑479/14 Kendrion NV mit Sitz in Zeist (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte P. Glazener und T. Ottervanger, dann Rechtsanwalt T. Ottervanger, Klägerin, gegen Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, dieser zunächst vertreten durch A. Placco, dann durch J. Inghelram und E. Beysen als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Europäische Kommission, vertreten durch T. Christoforou, S. Noë und P. van Nuffel als Bevollmächtigte, Streithelferin, wegen einer Klage gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht in der Rechtssache entstanden sein soll, die zu dem Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), geführt hat, erlässt DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richterin I. Labucka und der Richter E. Bieliūnas (Berichterstatter), V. Kreuschitz und I. S. Forrester, Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2016 folgendes Urteil I. Sachverhalt 1 Mit Klageschrift, die am 22. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin, die Kendrion NV, Klage gegen die Entscheidung K(2005) 4634 der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] (Sache COMP/F/38.354 – Industriesäcke) (im Folgenden: Entscheidung K(2005) 4634). In der Klageschrift beantragte sie im Wesentlichen, diese Entscheidung insgesamt oder teilweise für nichtig zu erklären, hilfsweise, die mit dieser Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen. 2 Mit Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), wies das Gericht die Klage ab. 3 Mit Rechtsmittelschrift, die am 26. Januar 2012 einging, legte die Klägerin ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ein. 4 Mit Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), wies der Gerichtshof dieses Rechtsmittel zurück. II. Verfahren und Anträge der Parteien 5 Mit Klageschrift, die am 26. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage gegen die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, erhoben. 6 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 8. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben. 7 Mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), hat das Gericht die vom Gerichtshof der Europäischen Union erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. 8 Mit Rechtsmittelschrift, die am 17. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Union ein Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), eingelegt, das unter dem Aktenzeichen C‑71/15 P in das Register eingetragen worden ist. 9 Mit Beschluss vom 2. März 2015 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts auf Antrag des Gerichtshofs der Europäischen Union das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur verfahrensbeendenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑71/15 P, Gerichtshof/Kendrion, ausgesetzt. 10 Mit Beschluss vom 18. Dezember 2015, Gerichtshof/Kendrion (C‑71/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:857), ist die Rechtssache im Register des Gerichtshofs gestrichen worden. 11 Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache hat die Europäische Kommission mit am 15. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union zugelassen zu werden. 12 Am 16. Februar 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Klagebeantwortung eingereicht. 13 Am 17. Februar 2016 hat das Gericht die vorliegende Rechtssache an die Dritte erweiterte Kammer verwiesen. 14 Am 2. März 2016 hat das Gericht entschieden, dass ein zweiter Schriftsatzwechsel nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat es den Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Sinne von Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgefordert, mitzuteilen, ob er die Genehmigung der Klägerin und der Kommission zur Vorlage bestimmter Schriftstücke beantragt und erhalten hat, die in den Anlagen der Klagebeantwortung enthalten sind und sich auf die Rechtssache beziehen, die zum Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667) (im Folgenden: Rechtssache T‑54/06), geführt hat. 15 Mit Beschluss vom 15. März 2016, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:196), hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts dem Antrag der Kommission auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union stattgegeben und erklärt, dass der Kommission die Rechte nach Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 zustehen. 16 Am 18. März 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die oben in Rn. 14 genannte Frage geantwortet. Er hat in erster Linie beantragt, festzustellen, dass er die Genehmigung der Klägerin und der Kommission zur Vorlage der die Rechtssache T‑54/06 betreffenden Schriftstücke weder habe beantragen noch erhalten müssen, hilfsweise, festzustellen, dass diese Genehmigung von der Klägerin und der Kommission stillschweigend erteilt worden sei. Äußerst hilfsweise hat der Gerichtshof der Europäischen Union beantragt, seine Antwort als Antrag auf eine prozessleitende Maßnahme zu behandeln, mit der das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage die Vorlage der Schriftstücke, die in den Akten der Rechtssache T‑54/06 enthalten seien, und insbesondere derjenigen Schriftstücke, die der Klagebeantwortung als Anlagen beigefügt seien, anordnen möge. 17 Am 4. April 2016 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts erstens entschieden, die Schriftstücke, die in den Anlagen der in dieser Rechtssache eingereichten Klagebeantwortung enthalten sind und sich auf die Rechtssache T‑54/06 beziehen, aus der Akte zu entfernen. Diese Entscheidung ist damit begründet worden, dass der Gerichtshof der Europäischen Union weder die Genehmigung der Parteien in der Rechtssache T‑54/06 zur Vorlage dieser Schriftstücke beantragt und erlangt hat noch gemäß Art. 38 Abs. 2 der Verfahrensordnung den Zugang zu den Akten jener Rechtssache beantragt hatte. Zweitens hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts gemäß Art. 88 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, die Klägerin aufzufordern, zu dem Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme Stellung zu nehmen, der vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner oben in Rn. 16 erwähnten Antwort vom 18. März 2016 äußerst hilfsweise gestellt worden ist. 18 Am 12. April 2016 hat die Klägerin beantragt, unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und der prozessualen Komplexität des Antrags des Gerichtshofs der Europäischen Union nach billigem Ermessen zu entscheiden. 19 Am 11. Mai 2016 hat das Gericht festgestellt, dass es für die Aufbereitung und Regelung der vorliegenden Rechtssache in Anbetracht ihres Gegenstands erforderlich ist, dass ihm die Akten der Rechtssache T‑54/06 zur Verfügung stehen. Deshalb hat es im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung beschlossen, die Akten der Rechtssache T‑54/06 im vorliegenden Verfahren beizuziehen. 20 Am 17. Juni 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zustellung der Akten der Rechtssache T‑54/06 beantragt. 21 Am 28. Juni 2016 hat das Gericht die Klägerin zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert und ihr eine Frage zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt. 22 Die Parteien haben in der Sitzung vom 20. Juli 2016 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 23 Die Klägerin beantragt, — die Union zu verurteilen, ihr als Ersatz des materiellen Schadens einen Betrag von 2308463,98 Euro oder mindestens in der vom Gericht für angemessen erachteten Höhe zu zahlen; — die Union zu verurteilen, ihr als Ersatz des immateriellen Schadens einen Betrag von 11050000 Euro, hilfsweise, mindestens von 1700000 Euro, höchst hilfsweise, mindestens in der von den Parteien gemäß den vom Gericht festgesetzten Modalitäten bestimmten Höhe oder jedenfalls in einer vom Gericht festzusetzenden angemessenen Höhe zu zahlen; — auf die zugesprochenen Beträge jeweils Verzugszinsen ab dem 26. November 2013 in der vom Gericht für angemessen erachteten Höhe festzusetzen; — der Union die Kosten aufzuerlegen. 24 Der Gerichtshof der Europäischen Union, unterstützt durch die Kommission, beantragt, — den Antrag auf Ersatz des behaupteten materiellen Schadens als unbegründet und den Antrag auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens als unzulässig, jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen; — hilfsweise, den Antrag auf Ersatz des behaupteten materiellen Schadens als unbegründet zurückzuweisen und der Klägerin eine Entschädigung für den behaupteten immateriellen Schaden in Höhe von höchstens 5000 Euro zuzuerkennen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zur Zulässigkeit 25 Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, der Klageschrift fehle es bezüglich Art und Umfang des behaupteten immateriellen Schadens an Klarheit und Genauigkeit. Die Beschreibung des immateriellen Schadens sei ausgesprochen vage und beruhe auf einer Verwechslung von materiellem und immateriellem Schaden. 26 Nach Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und genau sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht gegebenenfalls ohne weitere Informationen die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage daher erforderlich, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insbesondere genügt eine Klage auf Ersatz eines Schadens, der von einem Unionsorgan verursacht worden sein soll, diesen Anforderungen nur, wenn in ihr Tatsachen angeführt werden, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe genannt werden, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet werden (vgl. Urteil vom 7. Oktober 2015, Accorinti u. a./EZB, T‑79/13, EU:T:2015:756, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 27 Im vorliegenden Fall ist als Erstes festzustellen, dass die Klägerin die Art der geltend gemachten immateriellen Schäden zwar in gedrängter Form dargelegt hat. Angesichts aller Erläuterungen und Verweise in der Klageschrift erweist sich diese Darlegung jedoch als hinreichend. 28 Zum einen nämlich trägt die Klägerin u. a. vor, dass sie „ein börsennotiertes Unternehmen [ist], dessen gute und schlechte Zeiten nicht nur von seinen eigenen Arbeitnehmern, sondern auch von der Presse, von Investoren und von seinen Kunden aufmerksam verfolgt werden“. Nach Ansicht der Klägerin ist ihr Ruf unnötig beschädigt worden. 29 Zum anderen macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sich die zusätzlichen Jahre der Ungewissheit nachteilig auf die Unternehmensführung, die Investitionstätigkeit, die Attraktivität und die Strategie des Unternehmens ausgewirkt hätten. Durch diese Ungewissheit sei auch ihren Arbeitnehmern und ihren Führungskräften, die sich in einer sehr gespannten Lage befunden hätten, ein persönlicher immaterieller Schaden entstanden. 30 Die vom Gerichtshof der Europäischen Union gerügte Unklarheit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den behaupteten immateriellen Schäden und den möglichen materiellen Schäden ist bei der Begründetheit des Antrags auf Ersatz der behaupteten immateriellen Schäden, insbesondere bei den Kriterien für deren Beurteilung und Ersatz, zu prüfen. 31 Als Zweites weist die Klägerin zum Umfang der behaupteten immateriellen Schäden zu Recht darauf hin, dass sich die von ihr geltend gemachten immateriellen Schäden naturgemäß nicht genau berechnen ließen. Außerdem seien der Kontext und somit die Art der Rechtssache und die des betroffenen Unternehmens bei der Bestimmung des behaupteten immateriellen Schadens zu berücksichtigen. Schließlich hat die Klägerin ihren Schaden nach einer Methode geschätzt, deren Stichhaltigkeit bei der Begründetheit der Klage zu prüfen ist. 32 Die Klageschrift ist somit hinreichend klar und genau, und die Informationen der Klägerin waren ausreichend, um die Art und den Umfang ihrer behaupteten immateriellen Schäden zu beurteilen. Die Informationen haben daher den Gerichtshof der Europäischen Union in die Lage versetzt, sich zu verteidigen, und sie ermöglichen dem Gericht eine Entscheidung über die vorliegende Klage. 33 Nach alledem ist der vom Gerichtshof der Europäischen Union geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund zurückzuweisen. B. Zur Begründetheit 34 Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. 35 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 340 Abs. 2 AEUV, dass die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon abhängen, dass eine Reihe von Voraussetzungen, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, erfüllt sind (Urteile vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, EU:C:1982:318, Rn. 16, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 106). 36 Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden bräuchten (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 81). Außerdem ist der Unionsrichter nicht gehalten, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 42, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 13). 37 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin erstens geltend, die Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 habe gegen die Anforderungen bezüglich der Einhaltung einer angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens (im Folgenden auch: angemessene Verfahrensdauer) verstoßen. Zweitens trägt sie vor, durch diese Überschreitung sei ihr ein Schaden entstanden, der zu ersetzen sei. 1. Zur behaupteten Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 38 Die Klägerin macht als Erstes geltend, der Gerichtshof habe in dem Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), bereits entschieden, dass das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen solle, in Bezug auf die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 erfüllt sei. Es sei daher nicht erforderlich, die Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer oder deren Anwendung im vorliegenden Fall weiter zu prüfen. 39 Als Zweites trägt die Klägerin vor, in der Rechtssache T‑54/06 sei unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Gericht eine internationale Einrichtung sei, was vor allem aufgrund der Sprachregelung eine gewisse Komplexität mit sich bringe, ein Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten eine angemessene Verfahrensdauer gewesen. Eine Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren und sechs Monaten sei in der vorliegenden Rechtssache durch nichts gerechtfertigt. Da die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 fünf Jahre und neun Monate betragen habe, sei die angemessene Verfahrensdauer um drei Jahre und drei Monate überschritten worden. 40 Der Gerichtshof der Europäischen Union erwidert, dass das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen sei. 41 Erstens weist er darauf hin, dass es nach dem Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), Sache des Gerichts sei, über Klagen wie die vorliegende zu entscheiden und zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union erfüllt seien. 42 Zweitens lasse die Behauptung der Klägerin, dass die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, nur angemessen sei, wenn sie einen Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten nicht überschreite, jeden Bezug zur Realität der Verfahren vor dem Gericht vermissen, wie die zwischen 2006 und 2015 bei dieser Art von Verfahren festgestellte durchschnittliche Dauer der Verfahren vor dem genannten Gericht zeige. Auch habe die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 die zwischen 2007 und 2010 festgestellte durchschnittliche Dauer dieses Zeitabschnitts in den Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, nur um 16 Monate überschritten. 43 Drittens sei die Angemessenheit der Verfahrensdauer vor allem anhand der spezifischen Umstände der jeweiligen Rechtssache zu beurteilen, insbesondere aber unter Berücksichtigung etwaiger Zeiten ungewöhnlich lang anhaltender Untätigkeit. Die Gesamtdauer des Verfahrens sowie die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 seien durch den enormen Umfang der Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, durch die Erhebung von 15 Parallelklagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 in sechs verschiedenen Sprachen und durch das mehrsprachige Arbeitsumfeld des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt. Außerdem seien die begrenzte Amtszeit der Richter zu berücksichtigen sowie die lang dauernde Krankheit eines der Mitglieder der Kammer, der die Rechtssache T‑54/06 zugewiesen worden sei. 44 Dazu ist festzustellen, dass Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union u. a. bestimmt, dass „[j]ede Person … ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“. 45 Dieses Recht, das als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bereits vor dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte bekräftigt worden ist, gilt auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission (vgl. Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung). 46 Im vorliegenden Fall ergibt eine eingehende Prüfung der Akten in der Rechtssache T‑54/06, dass sich, wie der Gerichtshof zu Recht im Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), hervorgehoben hat, die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06, die sich auf fast fünf Jahre und neun Monate belief, durch nichts in der genannten Rechtssache rechtfertigen lässt. 47 Als Erstes ist festzustellen, dass die Rechtssache T‑54/06 eine Rechtsstreitigkeit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln betraf und dass nach der Rechtsprechung das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel, zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird, nicht nur für einen Kläger und seine Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 186). 48 Als Zweites ist festzuhalten, dass in der Rechtssache T‑54/06 zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens, das mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission am 19. Februar 2007 abgeschlossen war, und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens am 30. November 2010 ein Zeitraum von ungefähr drei Jahren und zehn Monaten, also von 46 Monaten, lag. 49 Während dieses Zeitraums wurden insbesondere die Argumente der Parteien zusammengefasst, die Rechtssachen aufbereitet, die Rechtsstreitigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht analysiert und der mündliche Teil des Verfahrens vorbereitet. Die Dauer dieses Zeitraums war daher insbesondere durch die Komplexität des Rechtsstreits sowie durch das Verhalten der Parteien und die Zwischenstreitigkeiten bedingt. 50 Was die Komplexität des Rechtsstreits angeht, so betraf die Rechtssache T‑54/06 eine Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission über ein Verfahren nach Art. 101 AEUV erhoben worden war. 51 Wie sich aus den Akten in der Rechtssache T‑54/06 ergibt, weisen Klagen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission betreffen, u. a. wegen der Länge der angefochtenen Entscheidung, des Aktenumfangs und der Notwendigkeit, zahlreiche komplexe Sachverhalte detailliert zu beurteilen, die oft einen langen Zeitraum und ein räumlich umfangreiches Gebiet umfassen, einen höheren Grad an Komplexität auf als andere Arten von Rechtssachen. 52 Daher ist ein Zeitraum von 15 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung von Rechtssachen, die wie die Rechtssache T‑54/06 die Anwendung des Wettbewerbsrechts betreffen, grundsätzlich angemessen. 53 Sodann muss berücksichtigt werden, dass gegen die Entscheidung K(2005) 4634 mehrere Klagen erhoben worden waren. 54 Klagen, die gegen ein und dieselbe Entscheidung der Kommission erhoben werden, die aufgrund des Wettbewerbsrechts der Union ergangen ist, erfordern grundsätzlich eine parallele Behandlung, und zwar auch dann, wenn diese Klagen nicht miteinander verbunden sind. Diese parallele Behandlung ist insbesondere wegen des Zusammenhangs dieser Klagen und wegen des Erfordernisses der Kohärenz bei deren Analyse und bei der Entscheidung über sie gerechtfertigt. 55 Daher kann die parallele Behandlung von zusammenhängenden Rechtssachen eine einmonatige Verlängerung des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens je zusätzlicher in einem solchen Zusammenhang stehenden Rechtssache rechtfertigen. 56 Im vorliegenden sind Fall 15 Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden. Zum einen nahm jedoch eine Klägerin ihre Klage gegen diese Entscheidung zurück (Beschluss vom 6. Juli 2006, Cofira-Sac/Kommission, T‑43/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2006:192). Zum anderen führten zwei Klagen, die gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden waren, zu den Urteilen vom 13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission (T‑26/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:387), bzw. vom 13. September 2010, Trioplast Industrier/Kommission (T‑40/06, EU:T:2010:388). 57 Unter diesen Umständen rechtfertigte die Behandlung der zwölf anderen Rechtssachen, die Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 betrafen, eine Verlängerung des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 um elf Monate. 58 Deshalb war ein Zeitraum von 26 Monaten (15 Monate plus 11 Monate) zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung der Rechtssache T‑54/06 angemessen. 59 Der Grad der tatsächlichen, rechtlichen und prozessualen Komplexität der Rechtssache schließlich rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht, einen längeren Zeitraum zugrunde zu legen. Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 das Verfahren durch keinerlei prozessleitende Maßnahme des Gerichts unterbrochen oder verzögert wurde. 60 Was das Verhalten der Parteien und die Zwischenstreitigkeiten in der Rechtssache T‑54/06 anbelangt, so hatten weder dieses Verhalten noch die Zwischenstreitigkeiten Einfluss auf die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06. 61 In Anbetracht der Umstände in der Rechtssache T‑54/06 weist der Zeitraum von 46 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in dieser Rechtssache eine Spanne von 20 Monaten ungerechtfertigter Untätigkeit auf. 62 Als Drittes hat die Prüfung der Akten der Rechtssache T‑54/06 nichts ergeben, was den Schluss auf eine Zeitspanne ungerechtfertigter Untätigkeit zwischen der Einreichung der Klageschrift und der Einreichung der Gegenerwiderung oder zwischen der Eröffnung des mündlichen Verfahrens und der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), zuließe. 63 Hieraus folgt, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06, das mit dem Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), endete, gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte verstieß, da es die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens um 20 Monate überschritt, was einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm der Union darstellt, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll. 2. Zu den geltend gemachten Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang 64 Nach ständiger Rechtsprechung muss der Schaden, für den im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher sein, wobei der Kläger insoweit beweispflichtig ist (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, EU:C:2006:708, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist Sache des Klägers, schlüssige Beweise sowohl für das Vorliegen als auch für den Umfang des von ihm geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteil vom 16. September 1997, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, C‑362/95 P, EU:C:1997:401, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). 65 Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung bezieht sich die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Organe und dem Schaden besteht (Urteile vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, EU:T:2005:453, Rn. 193, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, EU:C:1979:223, Rn. 21). Der Kläger hat das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem beanstandeten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden nachzuweisen (vgl. Urteil vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). 66 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 seien ihr materielle und immaterielle Schäden entstanden. a) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang 67 Die Klägerin macht geltend, ihr sei ein materieller Schaden in Form zusätzlicher finanzieller Belastungen entstanden, die sie in der Zeit vom 26. August 2010, dem Tag, an dem der Gerichtshof sein Urteil hätte erlassen müssen, bis zum 26. November 2013, dem Tag, an dem der Gerichtshof sein Urteil Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771) tatsächlich erlassen habe, habe tragen müssen. Die Höhe dieser Belastungen belaufe sich auf 2308463,98 Euro. Dieser Betrag errechne sich wie folgt. In einem ersten Schritt seien die Kosten der Bankbürgschaft, die gestellt worden sei, um die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße nicht sofort zahlen zu müssen (im Folgenden: Kosten der Bankbürgschaft), und die auf den Betrag der Geldbuße gezahlten Zinsen (im Folgenden: Zinsen auf den Betrag der Geldbuße) zu addieren. In einem zweiten Schritt seien von dem Ergebnis dieser Addition die Kosten abzuziehen, die die Klägerin zu tragen gehabt hätte, wenn sie die Geldbuße am 26. August 2010 hätte zahlen müssen. 68 Der Gerichtshof der Europäischen Union vertritt als Erstes die Auffassung, dass kein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem materiellen Schaden aufgrund der Kosten der Bankbürgschaft und der Zinsen auf den Betrag der Geldbuße einerseits und der Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens andererseits bestehe. Dieser materielle Schaden beruhe nämlich auf einer eigenen Entscheidung der Klägerin. Zudem könne der Nachweis für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs nicht allein durch die Feststellung erbracht werden, dass die Klägerin ohne Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nicht verpflichtet gewesen wäre, für den Zeitraum dieser Überschreitung die Kosten der Bankbürgschaft und die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße zu zahlen. 69 Als Zweites könnten die Zinsen, die die Klägerin habe entrichten müssen, nicht als Schaden angesehen werden. Diese Zinsen seien nämlich der Ausgleich dafür, dass die Kommission nicht über einen Betrag habe verfügen können, auf den sie Anspruch gehabt habe. Die Klägerin wäre ungerechtfertigt bereichert, wenn sie eine Entschädigung in Höhe dieser Zinsen erhielte. Hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, dass die als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Tabellen kein Nachweis für den der Klägerin entstandenen Schaden seien. Ob und in welchem Umgang der materielle Schaden vorliege, könne nicht einfach nach billigem Ermessen bestimmt werden. 1) Vorbemerkungen 70 Art. 2 der Entscheidung K(2005) 4634 sieht vor, dass die mit dieser Entscheidung verhängten Geldbußen innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu zahlen sind. Nach Maßgabe des Art. 86 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1065/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 357, S. 1) wird in Art. 2 der genannten Entscheidung festgestellt, dass nach Ablauf der genannten Frist von drei Monaten automatisch Zinsen zu dem Zinssatz, den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte am ersten Tag des Monats zugrunde legt, in dem die genannte Entscheidung erlassen worden ist, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte, also zum Satz von 5,56 %, geschuldet werden. 71 Nach Art. 299 Abs. 1 AEUV ist die Entscheidung K(2005) 4634 ein vollstreckbarer Titel, da sie in ihrem Art. 2 der Klägerin eine Zahlung auferlegt. Die Einreichung einer Nichtigkeitsklage gegen die genannte Entscheidung hat im Übrigen nach Art. 263 AEUV nichts an der Vollstreckbarkeit der Entscheidung geändert, da nach Art. 278 AEUV die Klagen bei dem Gerichtshof der Europäischen Union keine aufschiebende Wirkung haben. 72 Mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 stellte die Kommission die Entscheidung K(2005) 4634 der Klägerin zu. Dabei wies sie darauf hin, dass sie im Fall eines von der Klägerin vor dem Gericht oder dem Gerichtshof eingeleiteten Verfahrens für die Dauer dieses Verfahrens keine Vollstreckungsmaßnahmen treffen werde, sofern vor dem Zeitpunkt des Ablaufs der Zahlungsfrist zwei Bedingungen erfüllt würden. Gestützt auf Art. 86 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2342/2002 lauteten diese zwei Bedingungen: Erstens ist die Forderung der Kommission ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Zahlungsfrist mit 3,56 % zu verzinsen, zweitens muss vor dem Zahlungstermin eine für die Kommission akzeptable Bankbürgschaft gestellt werden, die sowohl die Schuld als auch die Zinsen darauf oder eine Erhöhung der Schuld abdeckt. 73 Die Klägerin beschloss, gegen Zahlung von Zinsen zu einem Zinssatz von 3,56 % den Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße nicht sofort zu entrichten und eine Bankbürgschaft zu stellen. 74 Im Licht dieser Ausführungen sind die behaupteten materiellen Schäden und der behauptete Kausalzusammenhang zwischen den Schäden und der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 zu prüfen. 2) Zur Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Geldbuße 75 Als Erstes ist festzustellen, dass die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße aufgrund von Art. 299 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 278 AEUV – die oben in Rn. 71 angeführt worden sind – trotz der gegen diese Entscheidung erhobenen Nichtigkeitsklage an die Kommission zu zahlen war. Die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße zu einem Zinssatz von 3,56 % sind daher als Verzugszinsen zu qualifizieren. 76 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin während des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 weder den Betrag der Geldbuße noch die Verzugszinsen entrichtete. Daher konnte die Klägerin während des Verfahrens in der genannten Rechtssache über einen Betrag verfügen, der der Höhe nach dem Betrag der genannten Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen entsprach. 77 Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was beweisen könnte, dass während des Zeitraums, der die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 überschritt, der Betrag der Verzugszinsen, die später an die Kommission gezahlt wurden, größer war als der Vorteil, den die Klägerin daraus ziehen konnte, dass ihr der Betrag in Höhe der Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen zur Verfügung stand. Anders gesagt, die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße für den Zeitraum, der die angemessene Verfahrensdauer überschritt, den Vorteil überstiegen, der ihr daraus erwuchs, dass sie die Geldbuße, die Zinsen, die bis zu dem Zeitpunkt fällig waren, zu dem gegen die Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer verstoßen wurde, und die Zinsen, die während der Dauer dieses Verstoßes fällig wurden, nicht zahlte. 78 Diese Beurteilung wird nicht durch die von der Klägerin vorgeschlagene Berechnungsmethode in Frage gestellt, wonach von dem behaupteten Schaden die Finanzierungskosten abzusetzen wären, die sie aufgrund der Finanzierung durch eine Bank hätte tragen müssen, wenn sie die Geldbuße am 26. August 2010 hätte zahlen müssen. 79 In der Klageschrift trägt die Klägerin nämlich nicht vor und weist erst recht nicht nach, dass sie eine Finanzierung durch Dritte hätte in Anspruch nehmen müssen, um die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße zu zahlen. 80 Nach alledem ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin in dem Zeitraum, der über die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 hinausging, einen tatsächlichen und sicheren Schaden im Zusammenhang mit der Zahlung von Verzugszinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße erlitten hat. Folglich ist der Anspruch auf Ersatz eines insoweit angeblich entstandenen Schadens zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob der angebliche Kausalzusammenhang besteht. 3) Zur Zahlung der Kosten einer Bankbürgschaft 81 Als Erstes ergibt sich bezüglich des Schadens aus den Akten, dass die Klägerin eine Bankbürgschaft gestellt hatte und während des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 die Kosten hierfür in Form viertjährlicher Provisionen beglich. 82 Die Klägerin hat daher nachgewiesen, dass sie aufgrund der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 hinausgehenden Zeitraum einen tatsächlichen und sicheren Schaden erlitten hat. 83 Als Zweites ist bezüglich des Kausalzusammenhangs darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum nicht hätte zahlen müssen, wenn das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer nicht überschritten hätte. 84 Daher besteht ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Eintritt des Schadens, den die Klägerin durch ihre Begleichung der Bankbürgschaftskosten für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum erlitten hat. 85 Allerdings muss das gerügte Verhalten die entscheidende Ursache für den entstandenen Schaden sein (Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 127, und Urteil vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, EU:T:2006:121, Rn. 130, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 61). Anders gesagt, selbst im Fall eines etwaigen Beitrags der Organe zu dem Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, könnte dieser Beitrag wegen der Verantwortlichkeit anderer, etwa der des Klägers, zu fernliegend sein (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 59, und Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 132). 86 Nach der Rechtsprechung ergibt sich ein behaupteter Schaden, der in den Kosten einer Bankbürgschaft besteht, die einem Unternehmen entstanden sind, das durch eine später vom Gericht für nichtig erklärte Entscheidung der Kommission mit einer Sanktion belegt worden war, nicht unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung, da dieser Schaden das Ergebnis der eigenen Entscheidung des Unternehmens ist, eine Bankbürgschaft zu stellen, anstatt der Verpflichtung zur Zahlung der Geldbuße innerhalb der in der streitigen Entscheidung gesetzten Frist nachzukommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 123, und Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 38). 87 Im vorliegenden Fall war jedoch erstens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin ihre Klage in der Rechtssache T‑54/06 erhob, d. h. am 22. Februar 2006, und zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eine Bankbürgschaft stellte, nicht vorhersehbar, dass die angemessene Verfahrensdauer nicht eingehalten würde. Zudem konnte die Klägerin zu Recht davon ausgehen, dass die genannte Klage innerhalb angemessener Frist behandelt würde. 88 Zweitens wurde die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 überschritten, nachdem die Klägerin ihren Beschluss, eine Bankbürgschaft zu stellen, bereits gefasst hatte. 89 Der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache unterscheidet sich daher wesentlich von dem oben in Rn. 86 wiedergegebenen Sachverhalt, der in dem Urteil vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission (T‑28/03, EU:T:2005:139), und in dem Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission (T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377), festgestellt worden war. Der Zusammenhang zwischen der Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum kann somit entgegen der Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union durch den Beschluss der Klägerin, die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße nicht sofort zu bezahlen und eine Bankbürgschaft zu stellen, nicht beseitigt worden sein. 90 Hieraus folgt, dass zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Schaden, der der Klägerin durch die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum entstanden ist, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. 91 Als Drittes macht die Klägerin geltend, ihr sei ein materieller Schaden in Form zusätzlicher finanzieller Belastungen entstanden, die sie in der Zeit vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013, dem Tag, an der Gerichtshof sein Urteil Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771) erlassen habe, habe tragen müssen (vgl. oben, Rn. 67). 92 Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Klägerin mit ihrer Klage nur die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 geltend macht. Sie macht daher nicht geltend, dass gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens aufgrund der Gesamtdauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 einschließlich der Rechtssache, die zum Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), geführt hat, verstoßen worden sei. 93 Daher ist im vorliegenden Fall lediglich festgestellt worden, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens überschritten hat (vgl. oben, Rn. 63). 94 Der Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 endete mit der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667). 95 Seit dem 16. November 2011 war die Klägerin daher in der Lage, die Frage zu prüfen, ob in der Rechtssache T‑54/06 gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer verstoßen worden war, sowie den Schaden zu beurteilen, den sie aufgrund der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum erlitten hatte. 96 Die Klägerin machte mit ihrem Rechtsmittel, das sie am 26. Januar 2012 gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), eingelegt hatte, zudem geltend, dass die überlange Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 für sie kostspielige Folgen gehabt habe, und beantragte deshalb, die gegen sie verhängte Geldbuße zu ermäßigen. 97 Die Entscheidung K(2005) 4634 schließlich, mit der eine Geldbuße gegen die Klägerin verhängt wurde, ist erst am 26. November 2013 bestandskräftig geworden, und die von der Kommission eingeräumte Möglichkeit, eine Bankbürgschaft zu stellen, endete zu diesem Zeitpunkt als Folge der Entscheidung der Klägerin, gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ein Rechtsmittel einzulegen. 98 Somit steht die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft nach der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), durch das der Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 beendet wurde, in keinem hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang mit diesem Verstoß, da die Zahlung dieser Kosten auf der nach Beendigung dieses Verstoßes getroffenen eigenen, autonomen Entscheidung der Klägerin beruht, die Geldbuße nicht zu zahlen, keinen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung K(2005) 4634 zu stellen und gegen das vorstehend genannte Urteil Rechtsmittel einzulegen. 99 Nach alledem besteht ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Schaden, der der Klägerin vor der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), durch die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum entstanden ist. 4) Zur Bemessung des materiellen Schadens 100 Erstens ist daran zu erinnern, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer dieses Gerichtsverfahrens um 20 Monate überschritten hat (vgl. oben, Rn. 63). 101 Zweitens führt die Klägerin in der Klageschrift zum einen aus, dass ihr Schaden in „den zusätzlichen finanziellen Belastungen“ bestanden habe, „die sie in dem betreffenden Zeitraum tragen musste, nämlich in der Zeit vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013“ (vgl. oben, Rn. 67). Zur Stützung ihres Schadensersatzanspruchs macht sie darüber hinaus Angaben zu den von ihr während des genannten Zeitraums gezahlten Kosten einer Bankbürgschaft. 102 Der Begründung der Klageschrift ist somit zu entnehmen, dass der mit dem ersten Klageantrag geltend gemachte Schadensersatzanspruch den Kosten für die Zeit ab 26. August 2010 entspricht. 103 Aus den Vorschriften, die das Verfahren vor den Unionsgerichten regeln, insbesondere aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991, ergibt sich, dass der Rechtsstreit grundsätzlich von den Parteien bestimmt und begrenzt wird und der Unionsrichter nicht ultra petita entscheiden darf (Urteile vom 10. Dezember 2013, Kommission/Irland u. a., C‑272/12 P, EU:C:2013:812, Rn. 27, und vom 3. Juli 2014, Electrabel/Kommission, C‑84/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2040, Rn. 49). 104 Das Gericht kann daher von dem Antrag der Klägerin nicht abweichen und von Amts wegen Ersatz für einen Schaden zusprechen, der vor dem 26. August 2010 entstanden ist, d. h. für einen Schaden, der in einem anderen Zeitabschnitt entstanden ist als dem, in dem die Klägerin nach ihrer Aussage einen Schaden erlitten hat. 105 Des Weiteren stehen die von der Klägerin nach dem 16. November 2011 gezahlten Kosten der Bankbürgschaft in keinem hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang mit der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 (vgl. oben, Rn. 98). 106 Im vorliegenden Fall entspricht daher der ersatzfähige Schaden den Kosten der Bankbürgschaft, die die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 16. November 2011 beglichen hat. 107 Drittens ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, dass die Kosten der Bankbürgschaft vierteljährlich beglichen wurden. Diese Unterlagen zeigen auch, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 31. Dezember 2011 folgende Kosten der Bankbürgschaft beglich: Zeitraum Kosten (Euro) 26.8.2010–31.12.2010 175 709,87 31.12.2010–14.3.2011 81 382,15 14.3.2011–31.3.2011 18 983,87 31.3.2011–30.6.2011 102 533,99 30.6.2011–30.9.2011 104 603,82 30.9.2011–31.12.2011 105 555,48 Summe 588 769,18 108 Hieraus folgt, dass die Kosten der Bankbürgschaft, die die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 16. November 2011 zahlte, 588769,18 Euro betrugen. 109 Nach alledem ist der Klägerin eine Entschädigung von 588769,18 Euro als Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen, der ihr durch die Zahlung der zusätzlichen Kosten der Bankbürgschaft als Folge der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 entstanden ist. b) Zu den geltend gemachten immateriellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang 110 Die Klägerin macht erstens geltend, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestehe die starke, wenn auch widerlegbare Vermutung, dass die überlange Dauer eines Verfahrens einen immateriellen Schaden hervorrufe. Zudem sei die Klägerin ein „börsennotiertes Unternehmen, deren gute und schlechte Zeiten nicht nur von seinen eigenen Arbeitnehmern, sondern auch von der Presse, von Investoren und von seinen Kunden aufmerksam verfolgt werden“. Der Ruf der Klägerin sei daher unnötig beschädigt worden. Die zusätzlichen Jahre der Ungewissheit hätten sich ferner nachteilig auf die Unternehmensführung, die Investitionstätigkeit, die Attraktivität und die Strategie des Unternehmens ausgewirkt. Außerdem sei durch die lang anhaltende Ungewissheit auch den Arbeitnehmern und Führungskräften der Klägerin ein persönlicher immaterieller Schaden entstanden. 111 Zweitens führt die Klägerin aus, eine genaue Bemessung des geltend gemachten immateriellen Schadens sei angesichts der Art dieses Schadens schwierig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte betone jedoch die Bedeutung ähnlich gelagerter Fälle für seine Schadensbemessung. Der beste Vergleichsmaßstab für die Bemessung des im vorliegenden Fall entstandenen immateriellen Schadens seien die Rechtssachen, in denen das Gericht oder der Gerichtshof die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer festgestellt hätte und als „angemessenen Ausgleich“ hierfür die Geldbuße, die durch eine Entscheidung der Kommission wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union verhängt worden sei, herabgesetzt hätte. 112 Vor diesem Hintergrund begehrt die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 11050000 Euro für den Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013, was einem Satz von 10 % der gegen sie durch die Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße für jedes Jahr des Verzugs entspricht. Hilfsweise begehrt die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 1700000 Euro, was einem Satz von 5 % der gegen sie mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße entspricht. Höchst hilfsweise begehrt die Klägerin eine Entschädigung in der von den Parteien gemäß den vom Gericht festgesetzten Modalitäten bestimmten Höhe oder jedenfalls in der vom Gericht festzusetzenden angemessenen Höhe. 113 Der Gerichtshof der Europäischen Union erwidert, dass die Klägerin einen immateriellen Schaden nicht nachgewiesen habe. Die Klägerin habe den Beweis für den behaupteten Schaden zu erbringen. Der behauptete Schaden werde jedoch ausgesprochen vage beschrieben, beruhe auf einer Verwechslung von materiellem und immateriellem Schaden und werde durch keinerlei Beweismittel belegt. Zudem verlange die Klägerin Schadensersatz, der Strafcharakter habe. 114 Hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, die Klägerin habe nicht den Beweis erbracht, dass zwischen dem behaupteten immateriellen Schaden und dem behaupteten Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens ein Kausalzusammenhang bestehe. Der behauptete immaterielle Schaden sei nämlich allein die Folge der Zuwiderhandlung der Klägerin gegen die Wettbewerbsregeln. Die behauptete überlange Dauer des Gerichtsverfahrens habe die immateriellen Auswirkungen der von der Kommission getroffenen Feststellung einer Zuwiderhandlung nicht verschlimmert, da das Gericht die Feststellung einer Zuwiderhandlung und die Höhe der Geldbuße bestätigt habe. 115 Äußerst hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, dass der ersatzfähige immaterielle Schaden höchstens mit 5000 Euro angesetzt werden dürfe. 116 Als Erstes sind die immateriellen Schäden zu prüfen, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen, und als Zweites diejenigen, die der Klägerin selbst entstanden sein sollen. 1) Zu den immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen 117 Die Anträge in der Klageschrift betreffen nur die eigenen Interessen der Klägerin, nicht aber die persönlichen Interessen ihrer Führungskräfte oder ihrer Arbeitnehmer. Die Klägerin beruft sich auch nicht auf eine Abtretung von Rechten oder auf eine ausdrückliche Vollmacht, die sie zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz der ihren Führungskräften und Arbeitnehmern entstandenen Schäden berechtigen würde. 118 Der Antrag auf Ersatz der den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin angeblich entstandenen immateriellen Schäden ist daher als unzulässig zurückzuweisen, da sich aus den Akten nicht ergibt, dass die genannten Führungskräfte und Arbeitnehmer die Klägerin ermächtigt haben, in ihrem Namen eine Schadensersatzklage zu erheben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. Mai 2010, CPEM/Kommission, C‑350/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:267, Rn. 61, und Urteil vom 30. Juni 2009, CPEM/Kommission, T‑444/07, EU:T:2009:227, Rn. 39 und 40). 119 Jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass den Führungskräften oder den Arbeitnehmern der Klägerin ein Schaden entstanden ist. Zum einen stellt die Klägerin nämlich bloß Behauptungen auf und trägt nichts Konkretes vor, was die Unruhe und das Unbehagen belegen würde, die die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 bei ihren Führungskräften und Arbeitnehmern hervorgerufen haben soll. Zum anderen belegt die Klägerin nicht, dass ihre Führungskräfte und Arbeitnehmer einen persönlichen und unmittelbaren Schaden erlitten haben, der sich von dem unterscheidet, der ihr selbst entstanden ist. 120 Infolgedessen ist der Antrag auf Ersatz der immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin angeblich entstanden sind, als unzulässig, zumindest aber als unbegründet zurückzuweisen. 2) Zu den immateriellen Schäden, die der Klägerin entstanden sein sollen 121 Nach der Rechtsprechung muss ein Kläger, wenn er keine Angaben gemacht hat, mit denen das Vorliegen seines immateriellen Schadens belegt und dessen Umfang bestimmt werden könnte, zumindest nachweisen, dass das gerügte Verhalten so schwerwiegend war, dass ihm dadurch ein derartiger Schaden entstehen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Juli 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C‑481/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:461, Rn. 38, vom 28. Januar 1999, BAI/Kommission, T‑230/95, EU:T:1999:11, Rn. 39, und vom 16. Oktober 2014, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑297/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:888, Rn. 31, 46 und 63). 122 Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift eine Schädigung ihres Rufes, vor allem bei ihren Investoren und ihren Kunden, behauptet. 123 Das Vorbringen der Klägerin wird jedoch durch keine Beweise erhärtet, die belegen würden, dass die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens so schwerwiegend war, dass sie Auswirkungen auf den Ruf der Klägerin haben konnte, die über diejenigen der Entscheidung K(2005) 4634 hinausgehen. 124 Unter diesen Umständen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass durch die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 ihr Ruf Schaden nehmen konnte. 125 Im vorliegenden Fall würde jedenfalls die oben in Rn. 63 getroffene Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens angesichts des Gegenstands und der Schwere dieses Verstoßes ausreichen, um die von der Klägerin behauptete Rufschädigung wiedergutzumachen. 126 Zweitens ist der Zustand der Ungewissheit, in den die Klägerin insbesondere hinsichtlich des Erfolgs ihrer Klage gegen die Entscheidung K(2005) 4634 versetzt wurde, jedem gerichtlichen Verfahren eigen. Auch musste der Klägerin bewusst sein, dass die Rechtssache T‑54/06 eine gewisse Komplexität aufwies und dass diese Komplexität zum einen mit der Zahl der Parallelklagen, die vor dem Gericht in unterschiedlichen Verfahrenssprachen nacheinander gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden waren, und zum anderen mit dem Umstand zusammenhing, dass das Gericht umfangreiche Akten eingehend bearbeiten und insbesondere den Sachverhalt feststellen und den Rechtsstreit einer materiellen Prüfung unterziehen musste. 127 Die Verfahrensdauer von fünf Jahren und neun Monaten in der Rechtssache T‑54/06 überschritt jedoch die voraussichtliche Dauer, mit der die Klägerin, vor allem bei Einreichung ihrer Klage, rechnen konnte. Auch weist das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 eine Zeitspanne von drei Jahren und zehn Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens auf. Diese Zeiträume sind nicht durch die Anordnung prozessleitender Maßnahmen, die Anordnung einer Beweisaufnahme und die Zwischenstreitigkeiten gerechtfertigt. Schließlich hat die Klägerin in keiner Weise durch ihr Verhalten die Verfahrensdauer beeinflusst. Sie hat im Gegenteil bei mindestens zwei Gelegenheiten das Gericht darauf hingewiesen, dass sie eine Entscheidung erwarte, und um dringliche Behandlung der Rechtssache T‑54/06 gebeten. 128 Unter diesen Umständen bewirkte die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 einen Zustand der Ungewissheit bei der Klägerin, der über die gewöhnlich durch ein gerichtliches Verfahren hervorgerufene Ungewissheit hinausging. Dieser lang anhaltende Zustand der Ungewissheit beeinflusste zwangsläufig die Planung der zu treffenden Entscheidungen sowie die Führung dieses Unternehmens und führte somit zu einem immateriellen Schaden. 129 Drittens wird im vorliegenden Fall der immaterielle Schaden, der der Klägerin entstanden ist, weil sie in einen lang anhaltenden Zustand der Ungewissheit versetzt worden war, durch die Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer nicht vollständig beseitigt. 130 Zunächst umfasst die von der Klägerin verlangte Entschädigung, die in Rn. 112 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, den Ersatz mehrerer immaterieller Schäden, insbesondere die Entschädigung für eine Rufschädigung, die nicht nachgewiesen worden ist und die jedenfalls durch die Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer (vgl. oben, Rn. 122 bis 125) hinreichend beseitigt ist. 131 Sodann hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Unionsrichter angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, einem Kläger nicht aus dem bloßen Grund der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer erlauben kann, eine Geldbuße dem Grund oder der Höhe nach in Frage zu stellen, obwohl sämtliche Klagegründe gegen die Feststellungen zur Höhe dieser Geldbuße und zu den mit ihr geahndeten Verhaltensweisen zurückgewiesen worden sind (Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission, C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 87, vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 194, und vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 105). 132 Daraus folgt, dass bei der Prüfung einer Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben worden ist, mit der gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union verhängt wurde, die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer nicht dazu führen kann, dass die mit dieser Entscheidung verhängte Geldbuße ganz oder teilweise aufgehoben wird (Urteile vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 78, und vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission, C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 88, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 107). 133 Eine Methode zur Berechnung der Entschädigung für den durch die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer entstandenen immateriellen Schaden, die, wie die Klägerin es verlangt, in der Anwendung einer bestimmten Anzahl von Prozentpunkten auf den Betrag der von der Kommission verhängten Geldbuße bestehen würde, hätte zur Folge, dass diese Geldbuße in Frage gestellt würde, obwohl nicht nachgewiesen wurde, dass die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 Einfluss auf die Höhe der Geldbuße hatte. 134 Die Anträge der Klägerin auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens durch eine Ermäßigung des Betrags der mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße sind somit zurückzuweisen. 135 Schließlich ist unter Berücksichtigung der oben in den Rn. 126 bis 134 angeführten Erwägungen, insbesondere des Ausmaßes der Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens, des Verhaltens der Klägerin und ihrer während des Verfahrens geäußerten Erwartung einer Entscheidung, der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, und der Wirksamkeit der vorliegenden Klage, der Klägerin nach billigem Ermessen eine Entschädigung von 6000 Euro als angemessener Ersatz des Schadens zuzusprechen, der ihr aufgrund des lang anhaltenden Zustands der Ungewissheit entstanden ist, in dem sie sich während des Verfahrens T‑54/06 befand. c) Zu den Zinsen 136 Mit ihrem dritten Klageantrag beantragt die Klägerin, den Schadensersatzbetrag, den ihr das Gericht zusprechen kann, um Verzugszinsen ab 26. November 2013 zu erhöhen. 137 Nach der Rechtsprechung entsteht die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen grundsätzlich am Tag des Urteils, das die Verpflichtung zum Schadensersatz ausspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, EU:C:1990:259, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 138 Für die Festsetzung des Satzes der Verzugszinsen ist Art. 83 Abs. 2 Buchst. b und Art. 111 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) zu berücksichtigen. Nach diesen Bestimmungen wird auf die nicht fristgemäß beglichenen Schulden der von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Kalendertag des Fälligkeitsmonats geltende Zinssatz angewandt, der im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wird, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte. 139 Im vorliegenden Fall sind zuzüglich zu den oben in den Rn. 109 und 135 genannten Entschädigungen Verzugszinsen ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung zu zahlen. 140 Der Satz der Verzugszinsen ist der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte Zinssatz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte. d) Ergebnis hinsichtlich der Höhe der Entschädigungen und der Zinsen 141 Nach alledem ist der vorliegenden Klage teilweise stattzugeben, soweit sie den Ersatz der Schäden betrifft, die der Klägerin durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 entstanden sind. 142 Die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz des Schadens zusteht, den sie durch die Zahlung der zusätzlichen Kosten der Bankbürgschaft erlitten hat, beläuft sich auf 588769,18 Euro. 143 Die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz für ihren immateriellen Schaden zusteht, beträgt 6000 Euro. 144 Zuzüglich zu dem Betrag der oben in den Rn. 142 und 143 angeführten Entschädigungen sind Verzugszinsen nach Maßgabe der vorstehenden Rn. 139 und 140 zu zahlen. 145 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. IV. Kosten 146 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), hat das Gericht die vom Gerichtshof der Europäischen Union erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Der Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, sind daher ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, die im Zusammenhang mit der Einrede der Unzulässigkeit stehen, über die mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), entschieden worden ist. 147 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 148 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihren Klageanträgen in der Sache teilweise obsiegt. Sie ist jedoch mit ihrem Antrag auf Entschädigung weitgehend unterlegen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Falles hat daher jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen. 149 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, der Kendrion NV eine Entschädigung in Höhe von 588769,18 Euro für den materiellen Schaden zu zahlen, der diesem Unternehmen durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache entstanden ist, in der das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ergangen ist. 2. Die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, eine Entschädigung in Höhe von 6000 Euro an Kendrion für den immateriellen Schaden zu zahlen, der diesem Unternehmen durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 entstanden ist. 3. Zusätzlich zu jeder der oben in den Nrn. 1 und 2 genannten Entschädigungen sind ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung Verzugszinsen zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte zu zahlen. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 5. Die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten von Kendrion, die im Zusammenhang mit der Einrede der Unzulässigkeit stehen, über die mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), entschieden worden ist. 6. Kendrion einerseits und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, andererseits tragen ihre eigenen Kosten, die im Zusammenhang mit der Klage stehen, die zu dem vorliegenden Urteil geführt hat. 7. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten. Papasavvas Labucka Bieliūnas Kreuschitz Forrester Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Februar 2017. Unterschriften Inhaltsverzeichnis I. Sachverhalt II. Verfahren und Anträge der Parteien III. Rechtliche Würdigung A. Zur Zulässigkeit B. Zur Begründetheit 1. Zur behaupteten Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 2. Zu den geltend gemachten Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang a) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang 1) Vorbemerkungen 2) Zur Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Geldbuße 3) Zur Zahlung der Kosten einer Bankbürgschaft 4) Zur Bemessung des materiellen Schadens b) Zu den geltend gemachten immateriellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang 1) Zu den immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen 2) Zu den immateriellen Schäden, die der Klägerin entstanden sein sollen c) Zu den Zinsen d) Ergebnis hinsichtlich der Höhe der Entschädigungen und der Zinsen IV. Kosten (*1) Verfahrenssprache: Niederländisch.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 9. November 2016.#Trivisio Prototyping GmbH gegen Europäische Kommission.#Zuschuss – Sechstes Rahmenprogramm im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration – Verträge über die Projekte ULTRA, CINeSPACE und IMPROVE – Teilweise Umdeutung der Klage – Beschluss, der einen vollstreckbaren Titel darstellt – Art. 299 AEUV – Schiedsklausel – Erstattungsfähige Kosten – Rückerstattung ausgezahlter Beträge.#Rechtssache T-184/15.
62015TJ0184
ECLI:EU:T:2016:652
2016-11-09T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62015TJ0184 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62015TJ0184 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62015TJ0184 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 23. Januar 2017.#Association Justice & Environment, z.s. gegen Europäische Kommission.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend ein Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen die Tschechische Republik – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme zum Schutz von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten – Allgemeine Vermutung – Überwiegendes öffentliches Interesse – Århus-Übereinkommen – Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.#Rechtssache T-727/15.
62015TJ0727
ECLI:EU:T:2017:18
2017-01-23T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 26. Januar 2017.#Mamoli Robinetteria SpA gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Kronzeugenregelung – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 23 Abs. 2 – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache C-619/13 P.
62013CJ0619
ECLI:EU:C:2017:50
2017-01-26T00:00:00
Gerichtshof, Wathelet
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013CJ0619 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) 26. Januar 2017 (*1) „Rechtsmittel — Kartelle — Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen — Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen — Kronzeugenregelung — Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Art. 23 Abs. 2 — Obergrenze von 10 % des Umsatzes — Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache C‑619/13 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November 2013, Mamoli Robinetteria SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: F. Capelli und M. Valcada, avvocati, Rechtsmittelführerin, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch L. Malferrari und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand von F. Ruggeri Laderchi, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Vizepräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits, S. Rodin (Berichterstatter) und F. Biltgen, Generalanwalt: M. Wathelet, Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015, aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden, folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Mamoli Robinetteria SpA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Mamoli Robinetteria/Kommission (T‑376/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:442), mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, oder, hilfsweise, auf Aufhebung oder Herabsetzung der in diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat. Rechtlicher Rahmen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 2 Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sieht vor: „(2)   Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen … … Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. … (3)   Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.“ Leitlinien von 2006 3 In den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) heißt es in Ziff. 2 zur Bemessung der Geldbußen, dass „die Kommission die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen [muss]“ und „die in Artikel 23 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der [Verordnung Nr. 1/2003] genannten Obergrenzen nicht überschritten werden [dürfen]“. 4 Die Ziff. 23, 25, 28, 29 und 37 der Leitlinien von 2006 sehen vor: „23. Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen … zur Festsetzung von Preisen … gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende dieser Bandbreite anzusetzen. … 25. Zusätzlich, unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von Abschnitt A hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen … abzuschrecken. … … 28. Der Grundbetrag der Geldbuße kann erhöht werden, wenn die Kommission erschwerende Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt: … 29. Der Grundbetrag der Geldbuße kann verringert werden, wenn die Kommission mildernde Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt: … 37. In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss 5 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 21 des angefochtenen Urteils dargestellt worden und lässt sich wie folgt zusammenfassen. 6 Die Rechtsmittelführerin ist eine italienische Gesellschaft, die ausschließlich Armaturen herstellt. 7 Am 15. Juli 2004 informierten die Masco Corp. und ihre Tochtergesellschaften, zu denen die Hansgrohe AG, die Armaturen herstellt, und die Hüppe GmbH, die Duschabtrennungen herstellt, gehören, die Kommission über das Bestehen eines Kartells im Badezimmerausstattungssektor und beantragten einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) oder, hilfsweise, eine Herabsetzung. 8 Am 9. und 10. November 2004 führte die Kommission unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Unternehmen und nationaler Verbände des Badezimmerausstattungssektors durch. Nachdem sie zwischen dem 15. November 2005 und dem 16. Mai 2006 Auskunftsverlangen an diese Unternehmen und Verbände, darunter die Rechtsmittelführerin, gerichtet hatte, erließ sie am 26. März 2007 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Diese wurde der Rechtsmittelführerin zugestellt. 9 Am 20. Januar 2006 beantragte auch die Rechtsmittelführerin einen Erlass oder, hilfsweise, eine Herabsetzung der Geldbuße. 10 Nach einer Anhörung, die vom 12. bis 14. November 2007 stattfand, dem Versand eines Sachverhaltsschreibens am 9. Juli 2009 an einige Unternehmen, zu denen die Rechtsmittelführerin nicht gehörte, und weiteren Auskunftsverlangen zwischen dem 19. Juni 2009 und dem 8. März 2010, deren Adressatin die Rechtsmittelführerin war, erließ die Kommission am 23. Juni 2010 den streitigen Beschluss. 11 Darin stellte die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) im Badezimmerausstattungssektor fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004 in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich stattgefunden. 12 Im Einzelnen führte die Kommission im streitigen Beschluss aus, die festgestellte Zuwiderhandlung habe erstens die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und weiterer Preisgestaltungselemente durch die genannten Hersteller von Badezimmerausstattungen im Rahmen regelmäßiger Treffen nationaler Verbände, zweitens die Festsetzung oder Koordinierung der Preise aus besonderen Anlässen wie dem Anstieg der Rohstoffkosten, der Einführung des Euro oder der Einführung einer Straßenmaut sowie drittens die Offenlegung und den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfasst. Außerdem stellte sie fest, dass die Preise im Badezimmerausstattungssektor in jährlichen Runden festgesetzt worden seien. In diesem Rahmen hätten die Hersteller ihre Preislisten beschlossen, die üblicherweise ein Jahr lang gegolten hätten und bei Verkäufen an Großhändler zugrunde gelegt worden seien. 13 Die vom Kartell betroffenen Produkte seien Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehört hätten: Armaturen, Duschabtrennungen und ‑zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: drei Produktuntergruppen). 14 In Italien seien die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen im Rahmen zweier informeller Gruppierungen erfolgt. Die erste – „Euroitalia“ genannte – Gruppierung habe aus Unternehmen bestanden, die sich zwischen Juli 1992 und Oktober 2004 zwei- bis dreimal jährlich getroffen hätten. Innerhalb dieser Gruppierung, die entstanden sei, als die deutschen Hersteller in den italienischen Markt eingetreten seien, seien nicht nur über Armaturen, sondern auch über Sanitärkeramik Informationen ausgetauscht worden. Die zweite – „Michelangelo“ genannte – informelle Gruppierung habe nicht die Rechtsmittelführerin umfasst. Sie habe sich mehrfach von Ende 1995 oder Anfang 1996 bis 25. Juli 2003 getroffen. Bei diesen Treffen sei über eine breite Palette von Sanitärprodukten, insbesondere über Armaturen und Keramik, gesprochen worden. 15 Zur Beteiligung der Rechtsmittelführerin an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen stellte die Kommission im streitigen Beschluss fest, dass sich diese vom 18. Oktober 2000 bis 9. November 2004 an den rechtswidrigen Diskussionen im Rahmen von Euroitalia beteiligt habe. 16 Die Kommission stellte daher in Art. 1 Abs. 5 Nr. 15 des streitigen Beschlusses fest, dass die Rechtsmittelführerin aufgrund ihrer Beteiligung an einer fortdauernden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise in Italien vom 18. Oktober 2000 bis 9. November 2004 gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe. 17 Die Kommission verhängte daher gegen die Rechtsmittelführerin in Art. 2 Abs. 14 des streitigen Beschlusses eine Geldbuße in Höhe von 1041531 Euro. 18 Bei der Berechnung dieser Geldbuße stützte sich die Kommission auf die Leitlinien von 2006. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 19 Mit Klageschrift, die am 7. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und trug fünf Klagegründe vor. Sie rügte mit dem ersten Klagegrund, ihr sei das Sachverhaltsschreiben nicht zugestellt worden und sie habe keine Möglichkeit gehabt, einige im streitigen Beschluss angesprochene Unterlagen über ihre Beteiligung an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen einzusehen, mit dem zweiten Klagegrund die Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002, mit dem dritten Klagegrund Fehler bei der Feststellung ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem italienischen Markt für Armaturen, mit dem vierten Klagegrund Fehler bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Sanktion und der Höhe der Geldbuße und mit dem fünften Klagegrund einen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Höhe der ihr wegen ihrer finanziellen Lage gewährten Herabsetzung. 20 Hilfsweise beantragte die Rechtsmittelführerin die Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbuße. 21 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen. Anträge der Parteien 22 Die Rechtsmittelführerin beantragt, — das angefochtene Urteil aufzuheben; — die Art. 1 und 2 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit sie von ihnen betroffen ist; — hilfsweise, die Geldbuße auf 0,3 % ihres Umsatzes des Jahres 2003 oder jedenfalls auf einen geringeren Betrag als die verhängte Sanktion herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 23 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen; — der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 24 Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Rechtsmittelführerin sieben Gründe an, darunter die fünf im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe. 25 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, ein Argument zu Unrecht als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und sich auf eine nicht existierende Tatsache gestützt zu haben. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügt sie die Begründung des Gerichts in Bezug auf die fehlende Zustellung des Sachverhaltsschreibens an sie. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Zurückweisung der Einrede der Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002 durch das Gericht. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund beanstandet sie die Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und die Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund rügt sie, dass das angefochtene Urteil die Fehler der Kommission bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße nicht geahndet habe. Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Feststellung des Gerichts, die Kommission habe die verhängte Geldbuße hinreichend herabgesetzt. Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe ihre Beweisanträge zu Unrecht als nicht relevant angesehen. Zum ersten Rechtsmittelgrund: unzutreffende Einstufung eines Arguments als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel und Fehler bei der Tatsachenwürdigung Vorbringen der Parteien 26 Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, in Rn. 30 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es ihr Argument, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Badezimmerausstattungen beteiligt habe, obwohl sie gar keine Keramikartikel herstelle, als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und daher als unzulässig zurückgewiesen habe. 27 Dieses Argument sei u. a. die Prämisse für den vierten Klagegrund im ersten Rechtszug gewesen, der sich auf die Kriterien für die Bemessung der gegen sie verhängten Geldbuße bezogen habe. Es sei insoweit unstreitig, dass sie nur Armaturen herstelle, wie das Gericht selbst in Rn. 4 des angefochtenen Urteils ausführe und sie mehrfach in ihrer Klageschrift erwähnt habe. Außerdem habe das Gericht, indem es dieses Argument als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft habe, ohne dass die Kommission eine entsprechende Unzulässigkeitseinrede erhoben hätte, ultra petita entschieden. 28 Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, dass sich das Gericht in Rn. 9 des angefochtenen Urteils auf die Feststellung gestützt habe, sie habe einen Kronzeugenantrag gestellt, obwohl sie einen solchen Antrag nie gestellt habe. 29 Die Kommission ist der Ansicht, dass der erste Rechtsmittelgrund in seinen beiden Teilen unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Würdigung durch den Gerichtshof 30 Zu der dem Gericht vorgeworfenen fehlerhaften Einstufung ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts in ihrer beim Erlass des angefochtenen Urteils geltenden Fassung (im Folgenden: Verfahrensordnung des Gerichts) können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. 31 Nach ständiger Rechtsprechung stellen außerdem gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts der Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe zwei wesentliche Angaben dar, die in der Klageschrift enthalten sein müssen (Urteil vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 38). Die Anträge einer solchen Klageschrift müssen eindeutig formuliert sein, damit das Gericht nicht ultra petita entscheidet oder eine Rüge übergeht (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Februar 2009, Kommission/Polen, C‑475/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:86, Rn. 43). 32 Mamoli Robinetteria hat jedoch das Argument, die Kommission habe zu Unrecht in Art. 1 Abs. 5 Nr. 15 des streitigen Beschlusses den Schluss gezogen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Badezimmerausstattungen beteiligt habe, obwohl sie gar keine Keramikartikel herstelle, in ihrer Klageschrift im ersten Rechtszug nicht vorgebracht. 33 Auch beruft sich die Rechtsmittelführerin nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind und das verspätete Vorbringen eines solches Arguments hätten rechtfertigen können. Ferner ist dieses Argument nicht als eine Erweiterung einer zuvor in der Klageschrift vorgebrachten Rüge anzusehen. 34 Das Gericht hat daher dieses Argument, das die Rechtsmittelführerin nach Einreichung der Klageschrift im Laufe des Verfahrens vorgebracht hat, in Rn. 30 des angefochtenen Urteils zu Recht als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel eingestuft und aus diesem Grund zurückgewiesen. 35 Da zudem gemäß den in Rn. 31 des vorliegenden Urteils angeführten Zielen die Zulässigkeitsvoraussetzungen in Bezug auf den Streitgegenstand und die kurze Darstellung der vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und das entsprechende in Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehene Verbot des Vorbringens neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens zwingendes Recht sind, kann dem Gericht nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass es die Einrede der Unzulässigkeit wegen Verstoßes gegen diese Vorgaben von Amts wegen geprüft hat. 36 Demnach ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. 37 Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht aus der rein tatsächlichen Feststellung in Rn. 9 des angefochtenen Urteils, die Rechtsmittelführerin habe einen Kronzeugenantrag gestellt, die im Rahmen der Darstellung der Vorgeschichte des Rechtsstreits erfolgt ist und von der Rechtsmittelführerin als unzutreffend angesehen wird, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht irgendwelche Schlüsse gezogen hat. 38 Diese Rüge ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 46 und 47). 39 Somit ist der erste Rechtsmittelgrund als teils ins Leere gehend und teils unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: fehlende Zustellung eines Sachverhaltsschreibens an die Rechtsmittelführerin Vorbringen der Parteien 40 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dass es ihre Rüge, ihr sei im Gegensatz zu den anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen ein Sachverhaltsschreiben nicht von der Kommission zugestellt worden, als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückgewiesen hat. Ein solches Versäumnis stelle nämlich eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar. Entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 38 des angefochtenen Urteils, mit denen das Vorbringen zu diesem Versäumnis als ins Leere gehend zurückgewiesen worden sei, sei die Kenntnis von den tatsächlichen Umständen für die Erarbeitung einer Verteidigungsstrategie unstreitig notwendigerweise hilfreich. 41 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 42 Aus Art. 256 Abs. 1 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung begehrt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). 43 Ein Rechtsmittel ist auch dann unzulässig, wenn es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen, ohne überhaupt eine Argumentation zu enthalten, die speziell der Bezeichnung des Rechtsfehlers dient, mit dem das Urteil des Gerichts behaftet sein soll. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 26). 44 Die Rechtsmittelführerin beschränkt sich jedoch darauf, die im ersten Rechtszug vor dem Gericht erhobene Rüge der fehlenden Zustellung eines Sachverhaltsschreibens unverändert wiederzugeben und allgemeine Erwägungen anzustellen, ohne darzutun, dass sich diese speziell auf den vorliegenden Fall bezögen, und ohne den Rechtsfehler genau zu bezeichnen, der dem Gericht im angefochtenen Urteil unterlaufen sein soll. 45 Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund: Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002 Vorbringen der Parteien 46 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin zunächst, das Gericht habe die Einrede der Rechtswidrigkeit der Kronzeugenregelung von 2002 zurückgewiesen, obwohl eine Kronzeugenregelung wie die in dieser Mitteilung vorgesehene zwangsläufig vom für den Wettbewerb zuständigen Gesetzgeber der Europäischen Union hätte eingeführt und geregelt werden müssen, damit sie unmittelbar angewandt werden könne und unmittelbare Wirkung entfalte. 47 Des Weiteren macht sie geltend, dass das Gericht in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass sich die Zuständigkeit der Kommission für den Erlass und die Ausgestaltung einer Kronzeugenregelung aus Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [101] und [102 AEUV] (ABl. 1962, P 13, S. 204), jetzt Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, ergebe. Keine vom für den Wettbewerb zuständigen Unionsgesetzgeber erlassene unmittelbar anwendbare Bestimmung verleihe der Kommission die Befugnis, allein deshalb davon abzusehen, gegen ein Unternehmen, das einen Wettbewerbsverstoß begangen habe, eine Sanktion zu verhängen, weil dieses Unternehmen diesen Verstoß zugegeben habe. Im Gegenteil sei den Art. 101 und 103 AEUV zu entnehmen, dass ein solcher Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union die Verhängung einer Sanktion nach sich ziehen müsse. 48 Schließlich wendet sich die Rechtsmittelführerin gegen die Feststellung des Gerichts in Rn. 57 des angefochtenen Urteils, dass der Erlass von Mitteilungen über Zusammenarbeit durch die Kommission nicht den Grundsatz der Gewaltenteilung verletze, sowie gegen die Zurückweisung ihres Vorbringens, in den Mitgliedstaaten der Union seien die Kronzeugenregelungen auf der Grundlage von Gesetzgebungsakten ergangen. 49 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 50 Zunächst ist zu der Rüge, die Kommission sei für den Erlass einer Kronzeugenregelung nicht zuständig, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin keinen Rechtsfehler konkret benennt, der im angefochtenen Urteil begangen worden sein soll. Diese Rüge ist daher nach der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen. 51 Des Weiteren ist zu der Rüge, mit der die Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils beanstandet werden und wonach das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Kommission zum Erlass der Kronzeugenregelung von 2002 nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, jetzt Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, befugt gewesen sei, erstens festzustellen, dass der Gerichtshof mehrfach anerkannt hat, dass die Kommission Verhaltensnormen mit Hinweischarakter wie die in der Kronzeugenregelung von 2002 enthaltenen erlassen kann, mit denen sie selbst die Ausübung des Ermessens beschränkt, das ihr von diesen Bestimmungen eingeräumt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 209, 211, 213 und 250, und vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 58 und 67 bis 69). 52 Zweitens schließt es Art. 101 AEUV nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht aus, dass die Kommission in Ausübung ihrer Befugnisse im Bereich des Wettbewerbsrechts eine Zuwiderhandlung feststellen kann, ohne eine Geldbuße zu verhängen, jedoch kann eine solche Behandlung nur unter ganz besonderen Umständen gewährt werden, z. B., wenn die Zusammenarbeit eines Unternehmens für die Aufdeckung und wirksame Ahndung des Kartells von entscheidender Bedeutung war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 48 und 49). 53 Drittens sind Kronzeugenregelungen nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung nützliche Instrumente, um Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht effizient aufzudecken und zu beenden, und dienen damit der wirksamen Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV (vgl. u. a. Urteile vom 14. Juni 2011, Pfleiderer, C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 25, und vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a., C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 42). 54 Folglich ist dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen, als es in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission die Kronzeugenregelung von 2002 gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung habe erlassen können. 55 Schließlich ist die Rüge, die sich gegen Rn. 57 des angefochtenen Urteils richtet und wonach der Erlass der Kronzeugenregelung von 2002 durch die Kommission gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoße, aus den Gründen, die in den Rn. 51 bis 54 des vorliegenden Urteils angeführt sind, zurückzuweisen, da diese Rüge im Wesentlichen auf der Prämisse beruht, dass die Kommission für diesen Erlass über keine geeignete Rechtsgrundlage verfügte. 56 Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund: Fehler, die sich daraus ergeben, dass der Rechtsmittelführerin unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Beteiligung an einem Kartell zur Last gelegt wird Vorbringen der Parteien 57 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, ihr Vorbringen zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und zur Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise zu Unrecht zurückgewiesen zu haben und daher die Fehler nicht geahndet zu haben, die von der Kommission dadurch begangen worden seien, dass sie ihr unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Beteiligung an dem betreffenden Kartell zur Last gelegt habe. 58 Erstens habe das Gericht zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen in den Rn. 61 bis 133 des angefochtenen Urteils u. a. ausgeführt, dass die Struktur dieses Marktes nicht entscheidungserheblich sei und sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung allein daraus ergebe, dass sie an den Treffen von Euroitalia teilgenommen habe, obwohl diese Marktstruktur, die durch eine große Zahl von Herstellern und Großhändlern gekennzeichnet sei, zeige, dass es unmöglich sei, in Italien auf diesem Markt ein Kartell zu bilden. Darüber hinaus habe das Gericht dieses Argument in den Rn. 65 bis 72 des angefochtenen Urteils so oberflächlich geprüft, indem es sich auf einige grundsätzliche Anmerkungen beschränkt habe, dass die Begründung des angefochtenen Urteils lückenhaft sei. 59 Zweitens habe das Gericht hinsichtlich der Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung auf dem italienischen Markt für Armaturen entweder ihr Vorbringen u. a. zur besonderen Rolle von American Standard Inc. auf dem italienischen Markt und zu ihrer Teilnahme an verschiedenen Treffen nicht geprüft, oder es zu Unrecht als unbegründet oder, wie in Rn. 132 des angefochtenen Urteils, als ins Leere gehend zurückgewiesen. Insbesondere sei die Feststellung des Gerichts fehlerhaft, ihr Vertreter, Herr Costagli, sei bei dem Treffen am 1. Februar 2001 anwesend gewesen, obwohl nachgewiesen worden sei, dass er nicht daran teilgenommen habe. Außerdem habe das Gericht in Rn. 106 des angefochtenen Urteils das Vorbringen, die bei den Treffen von Euroitalia gewonnenen Beweisstücke seien nicht verlässlich, zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, aus den maschinengeschriebenen Aufzeichnungen der Grohe Beteiligungs GmbH ergebe sich, dass die RAF Rubinetteria SpA eine Erhöhung der Preise um 3 % geplant habe. 60 Nach Ansicht der Kommission ist der vierte Rechtsmittelgrund, da er in Wirklichkeit auf eine erneute Tatsachenwürdigung abziele, unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 61 Mit den beiden Teilen des vierten Klagegrundes nimmt die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen ihren dritten Klagegrund im ersten Rechtszug wieder auf, der sich auf die Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und die Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung bezieht. 62 Somit begehrt die Rechtsmittelführerin mit dem vierten Rechtsmittelgrund eine erneute Prüfung der vor dem Gericht eingereichten Klageschrift, was, wie in Rn. 43 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt. 63 Insbesondere soll mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, soweit mit ihm die Beurteilung der Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf dem italienischen Markt für Armaturen begangenen Zuwiderhandlung durch das Gericht beanstandet wird, eine erneute Tatsachen- und Beweiswürdigung erreicht werden, die nach ständiger Rechtsprechung außer im Fall einer – vorliegend nicht geltend gemachten – Verfälschung ebenfalls nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. u. a. Urteile vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission, C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 40, und vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). 64 Demnach ist der vierte Rechtsmittelgrund, soweit damit die Rn. 61 bis 133 des angefochtenen Urteils beanstandet werden, weil dort das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen und zur Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf diesem Markt begangenen Zuwiderhandlung zurückgewiesen werde, als unzulässig zurückzuweisen. 65 Hingegen ist zu der Rüge, die Prüfung des Gerichts sei lückenhaft und unzureichend und es bestehe daher ein Begründungsmangel, darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts ausreicht, eine Rechtsfrage ist, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (vgl. u. a. Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 123). 66 Nach gefestigter Rechtsprechung verlangt die Begründungspflicht vom Gericht insoweit jedoch nicht, dass es bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann demnach implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit er seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 42, und vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission, C‑36/12 P, EU:C:2014:349, Rn. 31). 67 Im vorliegenden Fall hat das Gericht erstens, nachdem es in den Rn. 64 bis 71 des angefochtenen Urteils die Tatbestandsmerkmale einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs angeführt hatte, zum Vorbringen im ersten Rechtszug zu den Besonderheiten des italienischen Marktes für Armaturen in Rn. 72 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die Kommission zu Recht habe annehmen dürfen, dass die Rechtsmittelführerin an einem Austausch von Informationen über zukünftige Preissteigerungen beteiligt gewesen sei, der einen wettbewerbswidrigen Zweck und eine wettbewerbswidrige Wirkung gehabt habe und somit eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung darstelle. 68 Das Gericht durfte insoweit in Rn. 74 des angefochtenen Urteils, ohne das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur besonderen Struktur des italienischen Marktes für Armaturen inhaltlich geprüft zu haben, dieses berechtigterweise als ins Leere gehend zurückweisen, da es die Feststellung, dass der betreffende Informationsaustausch einen wettbewerbswidrigen Zweck und eine wettbewerbswidrige Wirkung gehabt habe, nicht entkräften konnte. 69 Was, zweitens, die Erwägungen des Gerichts zur Glaubhaftigkeit und Beweiskraft der von der Kommission herangezogenen Beweise für die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der auf dem genannten Markt begangenen Zuwiderhandlung betrifft, ist den Rn. 76 bis 126 des angefochtenen Urteils zu entnehmen, dass das Gericht die verschiedenen von der Rechtsmittelführerin hierzu, insbesondere zu ihrer Beteiligung an verschiedenen Treffen von Euroitalia, vorgebrachten Argumente umfassend und eingehend geprüft hat. Daher kann dem Gericht in Übereinstimmung mit der in Rn. 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausdrücklich zu jeder Tatsachenbehauptung der Rechtsmittelführerin oder zu jedem von ihr vorgelegten Beweisstück geäußert zu haben. 70 Deshalb ist der auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. 71 Nach alledem ist der vierte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Rechtsmittelgrund: Fehler bei der Festsetzung der Geldbuße Vorbringen der Parteien 72 Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, die Ermittlung der verhängten Geldbuße, wie sie von der Kommission im streitigen Beschluss vorgenommen worden sei, fehlerhaft geprüft zu haben. 73 Erstens erhebt sie den Vorwurf, das Gericht habe ihre Rüge, die auf der Grundlage der Leitlinien von 2006 und der in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze festgesetzte Höhe der verhängten Geldbuße von 10 % des Umsatzes sei diskriminierend, in den Rn. 137 und 158 des angefochtenen Urteils unter nur oberflächlicher Betrachtung ihres Vorbringens zurückgewiesen. 74 Zweitens trägt die Rechtsmittelführerin die Argumente erneut vor, mit denen sie die verhängte Sanktion beanstandet. Diese habe sie bereits im ersten Rechtszug vorgebracht, sie seien aber vom Gericht nicht mit hinreichender Aufmerksamkeit geprüft worden. 75 Insoweit macht die Rechtsmittelführerin u. a. als Erstes geltend, dass die Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 wegen der Beweislastumkehr zu einem Verstoß gegen Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geführt habe. Als Zweites rügt sie, dass die Anwendung dieser Mitteilung das Recht auf ein faires Verfahren verletze, das in den Art. 6 und 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei. Als Drittes wirft sie dem Gericht vor, sich auf die Feststellung in Rn. 155 des angefochtenen Urteils beschränkt zu haben, dass eine Sanktion rechtmäßig sei, wenn der Einzelne erkennen könne, welche Handlungen und Unterlassungen seine Verantwortung begründeten, ohne auf die im ersten Rechtszug vorgebrachte Rüge einzugehen, dass die im Wettbewerbsrecht geltende Regelung für die Festsetzung von Sanktionen nicht mit der EMRK vereinbar sei, insbesondere nicht mit ihrem Art. 7, der verlange, dass die Zuwiderhandlungen und die Strafen klar definiert würden. Als Viertes rügt die Rechtsmittelführerin die Feststellung des Gerichts in Rn. 169 des angefochtenen Urteils, sie habe vor ihm nur einen Fehler der Kommission bei der Tatsachenwürdigung hinsichtlich der Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % und nicht hinsichtlich der Festsetzung des Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung auf dieselbe Höhe geltend gemacht. Als Fünftes beruft sich die Rechtsmittelführerin auf die Rechtswidrigkeit der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen Kriterien, deren Berücksichtigung durch die Kommission bei der Bemessung aller Sanktionen wegen der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen Obergrenze dazu führe, dass die verhängte Geldbuße systematisch 10 % des Umsatzes betrage. Das Gericht habe diese Rechtswidrigkeitseinrede jedoch überhaupt nicht geprüft und sich auf den Hinweis in Rn. 158 des angefochtenen Urteils beschränkt, dass gegen die Rechtsmittelführerin keine Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes verhängt worden sei. Als Sechstes trägt die Rechtsmittelführerin vor, die Kommission und dann das Gericht hätten, wie sich aus den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils ergebe, die Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und den Zusatzbetrag auf der Grundlage der falschen Prämisse festgesetzt, dass die Rechtsmittelführerin an einer einheitlichen Zuwiderhandlung bezüglich aller untersuchten Produktgruppen in sechs Mitgliedstaaten mit einem Marktanteil von etwa 54,3 % in jedem dieser Mitgliedstaaten durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, zu denen es in der Regel gekommen sei, beteiligt gewesen sei. Als Siebtes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht, obwohl es entschieden habe, dass der Beschluss der Kommission einen Beurteilungsfehler aufweise, in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils daraus keinerlei Konsequenzen gezogen habe. Damit habe es gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen. 76 Die Kommission hält den fünften Rechtsmittelgrund sowohl für unzulässig als auch für unbegründet. Entgegen den Erwägungen des Gerichts in Rn. 171 des angefochtenen Urteils sei jedoch die Schwere einer Zuwiderhandlung nicht zwangsläufig anders zu bewerten, je nachdem, ob das Kartell zwei oder drei Arten von Produkten oder nur einen oder sechs Mitgliedstaaten betreffe. Wie sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, sei sie der Auffassung, dass das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu Recht zurückgewiesen habe, sie ersuche den Gerichtshof aber dennoch im Wesentlichen um eine Ersetzung der Begründung hinsichtlich dieses Teils der Argumentation des Gerichts. Würdigung durch den Gerichtshof 77 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus der in den Rn. 42 und 43 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung ergibt, ein Rechtsmittelgrund für unzulässig zu erklären ist, der entweder nicht hinreichend genau vorgetragen und nicht hinreichend substantiiert wird, damit der Gerichtshof seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann, oder die bereits vor dem Gericht vorgetragenen Argumente einschließlich derjenigen, die auf vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, lediglich wiederholt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 26, sowie vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 44). 78 Daher sind die im Rahmen des fünften Rechtsmittelgrundes vorgetragenen Argumente, die nicht mit hinreichender Genauigkeit den Rechtsfehler, den das Gericht begangen haben soll, bezeichnen und aus allgemeinen und nicht substantiierten Ausführungen bestehen oder nur, wie die Rechtsmittelführerin selbst ausgeführt hat, ihr Vorbringen im ersten Rechtszug aufgreifen, als unzulässig zurückzuweisen. 79 Zur Prüfung durch den Gerichtshof eignet sich somit nur das auf folgende Rügen gestützte Vorbringen: erstens Fehler des Gerichts in den Rn. 137 und 158 des angefochtenen Urteils in Bezug auf den diskriminierenden und unverhältnismäßigen Charakter der Anwendung einer Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens unzureichende Begründung u. a. in Rn. 155 des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Regelung für die Festsetzung von Sanktionen, drittens Rechtsfehler bei der Beurteilung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag in den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils und viertens, das Gericht habe in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils keine Konsequenzen aus den von ihm festgestellten Beurteilungsfehlern der Kommission gezogen und gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen. 80 Zunächst ist zu der Rüge, das Gericht habe durch die Verhängung einer Sanktion in Höhe von 10 % des Umsatzes, wie sie in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sei, gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, darauf hinzuweisen, dass sich das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht auf die Feststellung beschränkt hat, dass die gegen sie verhängte Geldbuße deutlich unterhalb dieser Obergrenze liege. 81 Das Gericht hat nämlich in Rn. 158 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen auch ausgeführt, dass jedenfalls der Umstand, dass das Verhalten anderer Unternehmen noch verwerflicher gewesen sei als das der Rechtsmittelführerin, nicht daran hindere, unter Berücksichtigung der Dauer und der Schwere ihrer eigenen Beteiligung an der Zuwiderhandlung gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 10 % ihres Umsatzes zu verhängen, und dass aus dem gleichen Grund das Vorbringen zurückzuweisen sei, die Leitlinien von 2006 seien rechtswidrig, weil sie dazu führten, dass eine solche Geldbuße auf alle Unternehmen angewandt werde, unabhängig von der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung. 82 Mit diesen Ausführungen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen. 83 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs durch die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes die Verhängung von Geldbußen verhindert werden soll, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 280, und vom 12. Juli 2012, Cetarsa/Kommission, C‑181/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:455, Rn. 82). 84 Es handelt sich somit um eine einheitlich für alle Unternehmen geltende und von deren Größe abhängige Obergrenze, die überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Sie dient folglich einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 281 und 282, und vom 12. Juli 2012, Cetarsa/Kommission, C‑181/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:455, Rn. 83). 85 Folglich kann es keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung darstellen, wenn für alle mit einer Sanktion belegten Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung beteiligt waren, Geldbußen auf 10 % ihres jeweiligen Umsatzes festgesetzt werden, da dies nur Folge der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze ist. 86 Ebenso kann der Umstand, dass die tatsächliche Anwendung der Leitlinien von 2006 durch die Kommission, wie die Rechtsmittelführerin vorträgt, oft oder regelmäßig darauf hinausläuft, dass die verhängte Geldbuße 10 % des Umsatzes beträgt, in Anbetracht des mit dieser Obergrenze verfolgten Ziels die Rechtmäßigkeit der Anwendung dieser Obergrenze nicht in Frage stellen. 87 Demnach ist das erste Argument der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen. 88 Als Nächstes genügt zu der Rüge, das angefochtene Urteil, insbesondere Rn. 155, sei in Bezug auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Regelung für die Festsetzung von Sanktionen unzureichend begründet, der Hinweis, dass das Gericht in den Rn. 152 bis 155 des angefochtenen Urteils in Übereinstimmung mit der in den Rn. 65 und 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zur Begründungspflicht die Rüge der Rechtsmittelführerin, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafe vor, rechtlich hinreichend geprüft hat. 89 Soweit die Rechtsmittelführerin zudem die Prämissen für die von der Kommission und dann vom Gericht in den Rn. 165 und 166 des angefochtenen Urteils angeführte Begründung für die Festsetzung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag auf 15 % beanstandet, zielt sie in Wirklichkeit darauf ab, die Tatsachenwürdigung in Frage zu stellen, was gemäß der in Rn. 63 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels entscheidet. 90 Schließlich ist zu der Rüge, das Gericht habe in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils aus dem in Rn. 172 des angefochtenen Urteils festgestellten Fehler bei der Tatsachenwürdigung hinsichtlich der von der Zuwiderhandlung erfassten Mitgliedstaaten und Produktuntergruppen keinerlei Konsequenzen in Form einer Herabsetzung der Geldbuße gezogen, zunächst darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht für die Überprüfung der Art und Weise zuständig ist, in der die Kommission im konkreten Fall die Schwere der rechtswidrigen Verhaltensweisen beurteilt hat. Im Rechtsmittelverfahren erstreckt sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf, inwieweit das Gericht rechtlich korrekt alle Faktoren berücksichtigt hat, die für die Beurteilung der Schwere eines bestimmten Verhaltens anhand von Art. 101 AEUV und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 von Bedeutung sind, und zum anderen darauf, ob das Gericht auf alle zur Stützung des Antrags auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist (vgl. u. a. Urteile vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 128, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 244, und vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:802, Rn. 74). 91 Dagegen ist es nicht Sache des Gerichtshofs, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 245, und vom 11. Juli 2013, Gosselin Group/Kommission, C‑429/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:463, Rn. 87). 92 Zudem sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlung sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung ihrer Schwere eine Rolle spielen (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 240, und vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 98). 93 Zu den Faktoren, die bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen berücksichtigt werden können, gehören das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Errichtung des Kartells gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus ihm ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Union bedeuten (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 242, und vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 100). 94 Im vorliegenden Fall bezog sich der sechste Klagegrund, den die Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug geltend gemacht hatte und der in den Rn. 159 bis 177 des angefochtenen Urteils geprüft wurde, nur auf einen Beurteilungsfehler der Kommission bei der Festsetzung des in Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % und nicht auf einen Fehler bei der Festsetzung des Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung, wie sich im Wesentlichen aus den Rn. 159, 160 und 169 des angefochtenen Urteils ergibt. 95 Nach einem Hinweis darauf, dass sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin nach den eigenen Feststellungen der Kommission im 879. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses auf Italien und die Produktuntergruppen „Armaturen“ und „Keramikartikel“ beschränkt habe, hat das Gericht in Rn. 172 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Kommission durch die unzutreffende Annahme, alle Unternehmen, die Adressaten des streitigen Beschlusses gewesen seien, darunter die Rechtsmittelführerin, seien an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und die drei Produktuntergruppen erstreckt habe, ein Beurteilungsfehler unterlaufen sei. 96 Wie sich u. a. aus den Rn. 171 und 193 bis 196 des angefochtenen Urteils ergibt, war das Gericht jedoch der Auffassung, dass ein Koeffizient für den Zusatzbetrag von 15 % für diese Zuwiderhandlung nicht unverhältnismäßig sei. 97 Das Gericht durfte, als es im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den Rn. 189 bis 199 des angefochtenen Urteils darüber entschieden hat, welche Konsequenzen aus dem sechsten Teil des vierten Klagegrundes für die Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag zu ziehen seien, nachdem es in Rn. 192 des angefochtenen Urteils festgestellt hatte, dass von den Leitlinien von 2006 auszugehen sei, zu Recht annehmen, dass ein Koeffizient für den Zusatzbetrag von 15 % angemessen sei, um die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der Umsetzung des Kartells nur in Italien zu ahnden. 98 Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass das betreffende Kartell, das eine Preisabsprache zum Gegenstand hatte, zu der in den Ziff. 23 und 25 der Leitlinien von 2006 genannten Kategorie von Zuwiderhandlungen und somit zu den schwerwiegendsten Verstößen gehört. Zum anderen entspricht ein solcher Satz, wie das Gericht in Rn. 171 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, der Untergrenze der in Ziff. 25 für solche Zuwiderhandlungen vorgesehenen Spanne von 15 % bis 25 % des Umsatzes (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 124). 99 Folglich durfte das Gericht, ungeachtet des Umstands, dass sich die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an der betreffenden Zuwiderhandlung nur auf Italien erstreckte, allein wegen der Art dieser Zuwiderhandlung und ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, die Festsetzung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % für angemessen halten. 100 Die Ausführungen in den Rn. 174, 176, 194 und 195 des angefochtenen Urteils, eine Zuwiderhandlung, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und drei Produktuntergruppen erstrecke, sei als schwerwiegender anzusehen als eine Zuwiderhandlung wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende, die nur in einem Mitgliedstaat begangen worden sei und sich auf zwei der drei Produktuntergruppen beschränke, weshalb gegen die Unternehmen, die sich an einer auf sechs Mitgliedstaaten und die drei Produktuntergruppen erstreckenden Zuwiderhandlung beteiligt hätten, allein deshalb eine Geldbuße, die auf der Grundlage eines über 15 % hinausgehenden Koeffizienten für den Zusatzbetrag berechnet werde, verhängt werden müsse, sind jedoch, wie die Kommission im Wesentlichen vorträgt, mit einem Rechtsfehler behaftet. 101 In Bezug auf die Ermittlung des Koeffizienten für den Zusatzbetrag geht nämlich aus Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 hervor, dass eine Reihe von Faktoren, insbesondere die in Ziff. 22 der Leitlinien genannten, zu berücksichtigen sind. Zur Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung und in der Folge der Festsetzung des Betrags der zu verhängenden Geldbuße kann zwar u. a. der Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die Zahl der von ihr betroffenen Produktuntergruppen berücksichtigt werden, doch kann der Umstand, dass eine Zuwiderhandlung eine größere räumliche Ausdehnung hat und sich auf mehr Produkte erstreckt als eine andere, für sich genommen nicht zwangsläufig bedeuten, dass die erstgenannte Zuwiderhandlung insgesamt betrachtet und insbesondere im Hinblick auf ihre Art als schwerwiegender einzustufen ist als die letztgenannte und daher die Festsetzung eines höheren Koeffizienten für den Zusatzbetrag rechtfertigt als desjenigen, der der Berechnung der Geldbuße zugrunde liegt, mit der die letztgenannte Zuwiderhandlung geahndet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 178). 102 Soweit die Rechtsmittelführerin der Kommission und dann dem Gericht im Wesentlichen vorwirft, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen zu haben, indem sie die verhängte Geldbuße erstens nicht an die Schwere ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung im Vergleich zu den übrigen Unternehmen angepasst hätten und zweitens in den Rn. 192 bis 195 des angefochtenen Urteils für sie wie für die Unternehmen, die an der sich auf drei Produktuntergruppen in sechs Mitgliedstaaten erstreckenden einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, den gleichen Koeffizienten für den Zusatzbetrag von 15 % zugrunde gelegt zu haben, ist indessen darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung ein allgemeiner, in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerter Grundsatz des Unionsrechts ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt er, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. u. a. Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 51). 103 Das Gericht hat diesen Grundsatz insbesondere bei der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beachten. Die Ausübung einer solchen Befugnis darf nämlich nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Festsetzung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 77). 104 Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, muss für die Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung die Berücksichtigung von Unterschieden zwischen den an demselben Kartell beteiligten Unternehmen, u. a. was die räumliche Ausdehnung ihrer jeweiligen Beteiligung betrifft, jedoch nicht zwangsläufig bei der Ermittlung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und für den Zusatzbetrag erfolgen, sondern kann auch in einem anderen Stadium der Berechnung der Geldbuße stattfinden, etwa bei der Anpassung des Grundbetrags anhand mildernder und erschwerender Umstände gemäß den Ziff. 28 und 29 der Leitlinien von 2006 (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 104 und 105, und vom 11. Juli 2013, Gosselin Group/Kommission, C‑429/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:463, Rn. 96 bis 100). 105 Wie die Kommission ausgeführt hat, können sich solche Unterschiede auch in den zur Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße herangezogenen Umsatzzahlen niederschlagen, da diese Zahlen nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 für jedes beteiligte Unternehmen den Umfang seiner Beteiligung an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung widerspiegeln; diese Bestimmung erlaubt es, als Ausgangspunkt für die Berechnung der Geldbußen einen Betrag heranzuziehen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht widerspiegelt, das dem Unternehmen dabei zukam (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76). 106 Folglich konnte das Gericht, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen, in Rn. 196 des angefochtenen Urteils für die Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerin zu verhängenden Geldbuße den Koeffizienten für den Zusatzbetrag auf 15 % festsetzen, denn wie dem 1219. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses zu entnehmen ist, wurde der Grundbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße unstreitig anhand ihrer Umsätze in Italien ermittelt. Dieser Koeffizient entspricht dem auf die Unternehmen angewandten, die an der sich auf drei Produktuntergruppen und sechs Mitgliedstaaten erstreckenden einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt waren. 107 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen, aus denen sich ergibt, dass die Begründung des Gerichts in den Rn. 174, 176 und 192 bis 195 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft ist, ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juni 1992, Lestelle/Kommission, C‑30/91 P, EU:C:1992:252, Rn. 28, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 187 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108 Daher ist die Rüge, das Gericht habe aus den Feststellungen in Rn. 172 des angefochtenen Urteils keinerlei Konsequenzen gezogen und gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, unter Ersetzung von Entscheidungsgründen zurückzuweisen. 109 Nach alledem ist der fünfte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Fehler bei der Beurteilung der fehlenden Leistungsfähigkeit der Rechtsmittelführerin Vorbringen der Parteien 110 Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht im Wesentlichen vor, zu Unrecht angenommen zu haben, dass die Kommission die gegen sie verhängte Geldbuße in Umsetzung der Ziff. 35 der Leitlinien von 2006 hinreichend herabgesetzt habe. Sie beanstandet, das Gericht habe den Klagegrund einer Unangemessenheit der verhängten Geldbuße in den Rn. 182 und 198 des angefochtenen Urteils mit der Begründung zurückgewiesen, sie habe eine solche Unangemessenheit nicht nachgewiesen, obwohl sie ausreichend Beweise vorgelegt habe, die den Ernst ihrer Lage belegen könnten. Darüber hinaus habe das Gericht diese Beweise und die tatsächliche Lage der Rechtsmittelführerin nicht ordnungsgemäß gewürdigt. 111 Eine sorgfältige Beurteilung ihrer Lage führe zwangsläufig zu der Feststellung, dass die gegen sie verhängte Geldbuße nicht hinreichend herabgesetzt worden sei. Hier seien u. a. der drastische Rückgang ihrer Umsätze in den Jahren 2011 bis 2013, die Reduzierung ihres Personals im Jahr 2013 und ihre Bilanzprognose für 2013 zu nennen. 112 Die Kommission beruft sich auf die Unzulässigkeit des sechsten Rechtsmittelgrundes, der zudem auch offensichtlich unbegründet sei. Würdigung durch den Gerichtshof 113 Soweit die Rechtsmittelführerin mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund die Würdigung der Beweise für ihre Leistungsfähigkeit durch das Gericht beanstandet und geltend macht, dass die Herabsetzung, die ihr gemäß Ziff. 35 des Leitlinien von 2006 gewährt worden sei, nicht ausreiche, ersucht sie den Gerichtshof um eine neue Tatsachen- und Beweiswürdigung, die aber, wie in Rn. 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, solange keine Verfälschung von Beweisen vorliegt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels entscheidet. 114 Daher ist der sechste Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen. Zum siebten Rechtsmittelgrund: Behandlung der Beweisanträge Vorbringen der Parteien 115 Mit dem siebten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe die im ersten Rechtszug gestellten Beweisanträge mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie unerheblich seien, und im Einzelnen in Rn. 201 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass eine Beweisaufnahme nichts an der Feststellung ändern könne, dass der Austausch sensibler Geschäftsinformationen in Italien im Rahmen von Euroitalia, insbesondere solcher über zukünftige Preissteigerungen zwischen Wettbewerbern, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellten. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin hätten diese Beweisanträge es aber ermöglicht, die tatsächliche Situation auf dem italienischen Markt zu klären und zu belegen, dass die betreffenden Informationen nicht vertraulich gewesen seien. 116 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 117 Was die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Würdigung von Anträgen einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme betrifft, so hat allein das Gericht darüber zu befinden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 67, sowie vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 77). Ob Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind, unterliegt seiner freien Würdigung des Sachverhalts, die der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren entzogen ist, sofern nicht dem Gericht vorgelegte Beweise verfälscht worden sind oder sich die Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Gerichts aus den Akten ergibt (vgl. u. a. Urteil vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, EU:C:2004:592, Rn. 76). 118 So ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen die Tatsachen genau bezeichnet, die Gegenstand der Vernehmung des oder der Zeugen sein sollen, und die ihre Vernehmung rechtfertigenden Gründe genau angibt, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der benannten Zeugen zu beurteilen (Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 70, Beschluss vom 15. September 2005, Marlines/Kommission, C‑112/04 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2005:554, Rn. 38, und Urteil vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 78). 119 Demnach durfte das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zur freien Würdigung des Sachverhalts in Rn. 201 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgehen, dass die von der Rechtsmittelführerin beantragten Zeugenvernehmungen nichts an der Feststellung in Rn. 129 des angefochtenen Urteils hätten ändern können, dass der Austausch sensibler Geschäftsinformationen in Italien im Rahmen von Euroitalia eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellte und somit die von der Rechtsmittelführerin beantragte Beweisaufnahme nicht erforderlich war. 120 Folglich ist der siebte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen. 121 Da keiner der Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerin durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. Kosten 122 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. 123 Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Mamoli Robinetteria SpA trägt die Kosten. Unterschriften (*1) * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. September 2016.#Pilkington Group Ltd u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Kartelle – Art. 101 AEUV – Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 – Europäischer Markt für Automobilglas – Absprachen über die Marktaufteilung und Austausch geschäftlich sensibler Informationen – Geldbußen – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Ziff. 13 – Umsatz – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 – Gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße – Wechselkurs zur Berechnung der Obergrenze der Geldbuße – Höhe der Geldbuße – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Ein-Produkt-Unternehmen – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung.#Rechtssache C-101/15 P.
62015CJ0101
ECLI:EU:C:2016:631
2016-09-07T00:00:00
Gerichtshof, Kokott
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62015CJ0101 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) 7. September 2016 (*1) „Rechtsmittel — Kartelle — Art. 101 AEUV — Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 — Europäischer Markt für Automobilglas — Absprachen über die Marktaufteilung und Austausch geschäftlich sensibler Informationen — Geldbußen — Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen — Ziff. 13 — Umsatz — Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 — Gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße — Wechselkurs zur Berechnung der Obergrenze der Geldbuße — Höhe der Geldbuße — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung — Ein-Produkt-Unternehmen — Verhältnismäßigkeit — Gleichbehandlung“ In der Rechtssache C‑101/15 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. Februar 2015, Pilkington Group Ltd mit Sitz in Lathom (Vereinigtes Königreich), Pilkington Automotive Ltd mit Sitz in Lathom, Pilkington Automotive Deutschland GmbH mit Sitz in Witten (Deutschland), Pilkington Holding GmbH mit Sitz in Gelsenkirchen (Deutschland), Pilkington Italia SpA mit Sitz in San Salvo (Italien), Prozessbevollmächtigte: S. Wisking und K. Fountoukakos-Kyriakakos, Solicitors, und C. Puech Baron, avocat, Rechtsmittelführerinnen, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch A. Biolan, M. Kellerbauer und H. Leupold als Bevollmächtigte, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Lycourgos, E. Juhász und C. Vajda sowie der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), Generalanwältin: J. Kokott, Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2016, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. April 2016 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Pilkington Group Ltd, die Pilkington Automotive Ltd, die Pilkington Automotive Deutschland GmbH, die Pilkington Holding GmbH und die Pilkington Italia SpA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Dezember 2014, Pilkington Group u. a./Kommission (T‑72/09, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2014:1094), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 6815 endg. der Kommission vom 12. November 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/39.125 – Automobilglas) in der durch die Entscheidung K(2009) 863 endg. der Kommission vom 11. Februar 2009 und durch den Beschluss K(2013) 1119 endg. der Kommission vom 28. Februar 2013 geänderten Fassung (im Folgenden: streitige Entscheidung), soweit sie die Rechtsmittelführerinnen betrifft, und, hilfsweise, auf Nichtigerklärung von Art. 2 dieser Entscheidung, soweit darin eine Geldbuße gegen die Rechtsmittelführerinnen festgesetzt wird, oder, weiter hilfsweise, auf Herabsetzung dieser Geldbuße abgewiesen hat. Rechtlicher Rahmen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 2 Art. 23 („Geldbußen“) Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt: „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen … … Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. …“ Leitlinien von 2006 3 In den Ziff. 4 bis 6, 13 und 35 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien von 2006) heißt es: „4. … Diese sollte so hoch festgesetzt werden, dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von der Aufnahme oder Fortsetzung einer Zuwiderhandlung gegen die Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] abgehalten werden (Generalprävention). 5. Zur Verwirklichung dieser Ziele sollten die Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht. Auch die Dauer der Zuwiderhandlung sollte bei der Bestimmung des angemessenen Betrags der Geldbuße eine wichtige Rolle spielen … 6. Die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer stellt eine Formel dar, die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt. … … 13. Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des [Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)] verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren [(dies ist beispielsweise der Fall bei horizontalen Preisabsprachen, bei denen der Preis des Produkts als Referenzpreis für Produkte höherer oder geringerer Qualität genommen wird)] Zusammenhang stehen. … … 35. Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Kommission auf Antrag die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld berücksichtigen. Die Kommission wird jedoch keine Ermäßigung wegen der bloßen Tatsache einer nachteiligen oder defizitären Finanzlage gewähren. Eine Ermäßigung ist nur möglich, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass die Verhängung einer Geldbuße gemäß diesen Leitlinien die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und [seine] Aktiva jeglichen Wertes berauben würde.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung 4 Aus den Rn. 1 bis 12 und 36 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass eine Reihe von Unternehmen – darunter die Rechtsmittelführerinnen – an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG beteiligt gewesen sei, die in Absprachen im Automobilglassektor über Aufträge für die Lieferung von Autoscheiben oder Zusammenstellungen von Scheiben mit im Allgemeinen einer Windschutzscheibe, einer Heckscheibe und Seitenscheiben an alle großen Kraftfahrzeughersteller im EWR bestanden habe. Hinsichtlich der Rechtsmittelführerinnen stellte die Kommission die Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 10. März 1998 bis zum 3. September 2002 fest und verhängte dafür gegen sie gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 370 Mio. Euro (Art. 2 Buchst. c der streitigen Entscheidung). 5 Am 28. Februar 2013 erließ die Kommission den Beschluss K(2013) 1119 endg., der die Entscheidung K(2008) 6815 endg. insbesondere im Hinblick auf die Berechnung der Höhe der den Rechtsmittelführerinnen auferlegten Geldbuße änderte. Mit diesem Beschluss wollte die Kommission im Wesentlichen zwei Fehler berichtigen, die ihr ihres Erachtens bei dieser Berechnung unterlaufen waren. Infolge dieses Beschlusses wurde der neue Betrag der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße auf 357 Mio. Euro anstelle des ursprünglichen Betrags von 370 Mio. Euro festgesetzt. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 6 Mit Klageschrift, die am 18. Februar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging und durch ein am 15. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenes Schreiben geändert wurde, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung und stützten sich dabei auf sechs Klagegründe. Nur der dritte, der fünfte und der sechste Klagegrund betreffend die Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße sind für das vorliegende Rechtsmittel von Relevanz. Darüber hinaus beantragten die Rechtsmittelführerinnen beim Gericht, gegebenenfalls unabhängig von den Nichtigkeitsgründen seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben und die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße herabzusetzen. 7 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens 8 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen, — das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit damit die Klage gegen Art. 2 Buchst. c der streitigen Entscheidung abgewiesen wird; — die nach Art. 2 Buchst. c der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 9 Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 10 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf drei Gründe. Zum ersten Rechtsmittelgrund: rechtsfehlerhafte Auslegung von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 Vorbringen der Parteien 11 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund, der sich gegen die Rn. 217 bis 227 des angefochtenen Urteils richtet, rügen die Rechtsmittelführerinnen die Beurteilung durch das Gericht, dass die Kommission bei der Bemessung des Grundbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße zu Recht Umsätze berücksichtigt habe, die aufgrund von Verträgen aus der Zeit vor der Zuwiderhandlung, über die während der Dauer der Zuwiderhandlung nicht neu verhandelt worden sei, vorgenommen worden seien (im Folgenden: streitige Umsätze). 12 Das Gericht habe sich so auf eine fehlerhafte Auslegung des Begriffs „Wert der … verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen“ im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 gestützt. Dieser Begriff gestatte es der Kommission nämlich nicht, die streitigen Umsätze zu berücksichtigen, da sie offenkundig in keiner Weise von der Zuwiderhandlung erfasst sein könnten, auch wenn mit ihr das Ziel einer allgemeinen Stabilisierung des Marktes der Zuwiderhandlung verfolgt worden sei. Somit führe die Berücksichtigung dieser Umsätze nicht zu einer „angemessenen Formel“ im Sinne von Ziff. 6 dieser Leitlinien, da sie zu einer Überbewertung sowohl der wirtschaftlichen Bedeutung der Zuwiderhandlung als auch des jeweiligen Gewichts des Unternehmens, das diese Umsätze im Rahmen der Zuwiderhandlung erzielt habe, sowie der Schädlichkeit der Zuwiderhandlung führe. 13 Nach Auffassung der Rechtsmittelführerinnen ist keiner der vom Gericht in Rn. 225 des angefochtenen Urteils angeführten Gründe betreffend die Funktionsweise der Zuwiderhandlung und das mit ihr verfolgte Ziel geeignet, nachzuweisen, dass die streitigen Umsätze von der Zuwiderhandlung erfasst werden. 14 Die Kommission ist der Ansicht, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen als unbegründet zurückzuweisen sei. Würdigung durch den Gerichtshof 15 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei, indem es entschieden habe, dass die Kommission die streitigen Umsätze als „von dem betreffenden Unternehmen … [erzielte Umsätze mit] Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen“, im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 in die Umsätze habe einbeziehen können, die bei der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße berücksichtigt worden seien. 16 Hinsichtlich der Verhängung einer Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission in jedem Einzelfall und in Anbetracht seines Kontexts und der Ziele, die mit der Sanktionsregelung dieser Verordnung verfolgt werden, die beabsichtigte Wirkung auf das betreffende Unternehmen beurteilen und dabei insbesondere einen Umsatz berücksichtigen muss, der die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens in dem Zeitraum wiedergibt, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde (Urteil vom 9. Juli 2015, InnoLux/Kommission, C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 17 In diesem Zusammenhang darf bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann (Urteil vom 9. Juli 2015, InnoLux/Kommission, C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 18 Nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendet die Kommission „[z]ur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße … den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen“. In der Einleitung dieser Leitlinien wird in Ziff. 6 präzisiert, dass „[d]ie Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer … eine Formel dar[stellt], die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt“. 19 Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 zielt somit darauf ab, bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht dieses Unternehmens daran wiedergibt. Folglich kann der in Ziff. 13 verwendete Umsatzbegriff zwar nicht so weit ausgedehnt werden, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht vom Anwendungsbereich des zur Last gelegten Kartells erfasst werden, jedoch würde das mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel beeinträchtigt, wäre dieser Begriff dahin zu verstehen, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von diesem Kartell betroffen waren (Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57). 20 Auch wenn die streitigen Umsätze – wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machen – im Rahmen von Verträgen erzielt wurden, die vor dem Zeitraum der Zuwiderhandlung geschlossen worden waren, so hat das Gericht in Rn. 226 des angefochtenen Urteils gleichwohl zu Recht ausgeführt, dass die Kommission diese Umsätze ebenso wie diejenigen, die im Rahmen von während des Zeitraums der Zuwiderhandlung geschlossenen Lieferverträgen erzielt worden seien, für die aber nicht nachgewiesen worden sei, dass sie speziell Gegenstand einer Absprache gewesen seien, zu Recht in den gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 berechneten Umsatz habe einbeziehen dürfen, um den Grundbetrag der Geldbuße zu berechnen. 21 Aus den Rn. 222 bis 225 des angefochtenen Urteils geht nämlich hervor, dass das Gericht die von der Kommission herangezogene Berechnungsmethode gutgeheißen hat, und zwar anhand einer Untersuchung der auf der Funktionsweise und den Zielen der Zuwiderhandlung beruhenden Gründe, auf die sich dieses Organ gestützt hat, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Berücksichtigung der streitigen Umsätze gerechtfertigt sei, da sie geeignet seien, die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung widerzuspiegeln. 22 So ist das Gericht – insbesondere in den Rn. 224 und 225 des angefochtenen Urteils – davon ausgegangen, dass die Berücksichtigung der streitigen Umsätze sowohl angesichts der Bedeutung und der Funktionsweise des Kartells als auch angesichts dessen gerechtfertigt gewesen sei, dass damit das allgemeine Ziel der Stabilität des Marktes verfolgt worden sei, so dass keine Absprache hinsichtlich jedes einzelnen Liefervertrags erforderlich gewesen sei, um dieses Ziel zu erreichen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass unter diesen Umständen die Erforderlichkeit einer Absprache über einen bestimmten Liefervertrag von der Aufteilung der Lieferungen, von der subjektiven Notwendigkeit, Maßnahmen zur Wahrung der jeweiligen Marktanteile zu ergreifen, und von der Eignung jedes Vertrags, zu einer spürbaren Änderung des Anteils der von jedem Kartellbeteiligten beabsichtigten allgemeinen Lieferungen zu führen, abhängig sei. 23 Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen sind diese Erwägungen durchaus relevant. Das Ziel des Kartells bestand nämlich generell darin, die Lieferungen von Automobilglas – sowohl hinsichtlich der bestehenden Lieferverträge als auch hinsichtlich der neuen Verträge – auf die Kartellbeteiligten aufzuteilen. Diese Aufteilung betraf somit – wie sich aus der vom Gericht in Rn. 24 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Sachverhaltsfeststellung ergibt – die Gesamtheit der Tätigkeit der Kartellbeteiligten auf dem relevanten Markt, was insbesondere durch die Funktionsweise des Kartells bestätigt wird, wonach dieses Korrekturmaßnahmen umfasste, die den bereits bestehenden Lieferverträgen Rechnung trugen. Im Rahmen von Verträgen, die vor dem Zeitraum der Zuwiderhandlung geschlossen und während dieses Zeitraums nicht neu verhandelt wurden, realisierte Umsätze waren demzufolge als im Sinne der in Rn. 19 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung in den Anwendungsbereich des Kartells fallend anzusehen. Könnte die Kommission diese Umsätze nicht in die nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 berechneten Umsätze einbeziehen, so gäbe die Höhe der sich daraus ergebenden Geldbuße daher nicht die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung wieder. Somit ist dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen, als es festgestellt hat, dass die streitigen Umsätze Gegenstand der genannten Zuwiderhandlung seien. 24 Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: rechtsfehlerhafte Auslegung von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Vorbringen der Parteien 25 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, der sich gegen die Rn. 410 bis 423 des angefochtenen Urteils richtet, rügen die Rechtsmittelführerinnen die Beurteilung durch das Gericht, dass der endgültige Betrag der von der Kommission gegen sie verhängten Geldbuße die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des in dem dem Erlass der streitigen Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes (im Folgenden: gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße) nicht übersteige. 26 Dem Gericht sei so ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es entschieden habe, dass die Kommission für die Umrechnung dieses Gesamtumsatzes, der hinsichtlich der Rechtsmittelführerinnen in Pfund Sterling ausgewiesen werde, zu Recht den durchschnittlichen Wechselkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) im Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2008 verwendet habe und nicht den am Tag des Erlasses der streitigen Entscheidung, d. h. am 12. November 2008, geltenden Wechselkurs. Die Kommission hätte gegen die Rechtsmittelführerinnen nur einen Betrag von höchstens 317547860 Euro, d. h. 39452140 Euro weniger als die letztlich gegen sie verhängte Geldbuße, verhängen dürfen. 27 Als Erstes bringen die Rechtsmittelführerinnen vor, dass die Auslegung des Gerichts nicht mit dem Zweck der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang stehe, die darauf abziele, einen Schutz gegen die Währungsschwankungen vor dem Erlass der Entscheidung der Kommission, also dem Zeitpunkt, an dem die Geldbuße fällig werde, zu bieten. 28 Hierbei habe sich das Gericht zu Unrecht auf die Rechtsprechung zum bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße anwendbaren Wechselkurs gestützt, die auf die Ermittlung der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße nicht übertragbar sei, da der vom Unionsgesetzgeber mit der Einrichtung dieser Obergrenze verfolgte Zweck gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesondert und eigenständig sei. Der Zweck dieser Obergrenze bestehe gerade darin, einen absoluten Schutz gegen die nachteiligen Auswirkungen von Währungsschwankungen zu gewähren, die bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Kommission auftreten könnten. Dies gehe aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor und insbesondere aus Rn. 59 des Urteils vom 16. November 2000, Enso Española/Kommission (C‑282/98 P, EU:C:2000:628), aus Rn. 89 des Urteils vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, EU:C:2000:631), aus Rn. 606 des Urteils vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582), und aus Rn. 63 des Urteils vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153). 29 Als Zweites wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Erwägung des Gerichts in Rn. 418 des angefochtenen Urteils, wonach das Risiko von Währungsschwankungen zwischen dem vorausgegangenen Geschäftsjahr und dem Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Kommission von den Unternehmen zu tragen sei, was für diese erhebliche Kosten bedeute. Diese Erwägung stehe mit dem Zweck von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht im Einklang und werde durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht gestützt. 30 Drittens könne der Ansatz des Gerichts keine Gleichbehandlung zwischen Unternehmen, deren Buchhaltung in anderen Währungen als dem Euro geführt werde, und Unternehmen, deren Buchhaltung in Euro geführt werde, sicherstellen, weil Erstere dem Risiko ausgesetzt seien, dass sich die Höhe der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße je nach den Währungsschwankungen spürbar ändere, während Letztere von diesem Risiko nicht betroffen seien. 31 Viertens könne der vom Gericht verfolgte Ansatz keine Rechtssicherheit gewährleisten, da er Unsicherheit hinsichtlich des maximalen finanziellen Risikos erzeuge, das von den Unternehmen, deren Buchhaltung nicht in Euro geführt werde, zu tragen sei. 32 Nach Auffassung der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 33 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht im Wesentlichen vor, festgestellt zu haben, dass die Kommission die gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße zu Recht unter Bezugnahme auf den durchschnittlichen in dem dem Erlass der streitigen Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr geltenden Wechselkurs habe berechnen können – anstatt anhand des Wechselkurses, der am Tag des Erlasses der Entscheidung gegolten habe. Hierdurch habe das Gericht den Zweck der gesetzlichen Obergrenze, die Rechtsprechung des Gerichtshofs sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit verkannt. 34 Gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 darf die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. 35 Die Rechtsmittelführerinnen, deren im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielter Gesamtumsatz in Pfund Sterling ausgewiesen wird, stellen das Recht der Kommission, die von ihr nach Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen in Euro festzusetzen, nicht in Abrede. Diese Bestimmung enthält jedoch keinen Anhaltspunkt hinsichtlich des für die Ermittlung der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße heranzuziehenden Wechselkurses, wenn der Gesamtumsatz im Sinne von Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Bestimmung in einer anderen Währung als dem Euro ausgewiesen wird. 36 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht zum Zweck der Beurteilung der Stichhaltigkeit der von der Kommission verwendeten Umrechnungsmethode, ohne in diesem Punkt von den Rechtsmittelführerinnen gerügt zu werden, auf den mit der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße verfolgten Zweck Bezug genommen hat, wie er vom Gerichtshof in den Rn. 281 und 282 des Urteils vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408), festgestellt und vom Gericht in Rn. 414 des angefochtenen Urteils angeführt worden ist. Dieser Zweck besteht darin, die Verhängung von Geldbußen zu verhindern, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können. 37 Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, ist die Höhe der Geldbuße, die gegen ein Unternehmen verhängt werden kann, nämlich durch eine bezifferbare und absolute Obergrenze beschränkt, so dass der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße für ein konkretes Unternehmen im Voraus bestimmbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2015, InnoLux/Kommission, C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 38 Angesichts dieses Zwecks kann dem Gericht daher nicht vorgeworfen werden, dass es in Rn. 415 des angefochtenen Urteils entschieden hat, die Obergrenze nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sei grundsätzlich unter Bezugnahme auf die wirtschaftliche Realität zur Zeit des Geschäftsjahrs, das dem Erlass der die Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG sanktionierenden Entscheidung vorausgegangen sei, festzusetzen. 39 Diese Feststellung steht nämlich, wie die Generalanwältin in Nr. 51 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, mit der Entscheidung des Unionsgesetzgebers im Einklang, den im letzten vor Erlass der Bußgeldentscheidung abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielten Umsatz grundsätzlich als – im Voraus bestimmbaren – Referenzwert festzulegen, der am besten geeignet ist, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu dem Zeitpunkt, zu dem es für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht wird und zu dem ihm von der Kommission eine finanzielle Sanktion auferlegt wird, wiederzugeben. 40 Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen ist jedoch festzustellen, dass es diese Entscheidung auch rechtfertigt, den während dieses Zeitraums geltenden Wechselkurs für die Umrechnung dieses Referenzwerts heranzuziehen, wenn er in einer anderen Währung als dem Euro ausgewiesen wird. 41 Erstens steht es nämlich, was die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens betrifft, mit der Entscheidung des Unionsgesetzgebers im Einklang, sich hierzu nicht auf den am Tag der Bußgeldentscheidung geltenden Wechselkurs zu beziehen, sondern auf den durchschnittlichen Wechselkurs in dem dem Erlass dieser Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr, da Letzterer besser geeignet ist, die wirtschaftliche Realität während dieses Geschäftsjahrs wiederzugeben. 42 In diesem Zusammenhang kann entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht abgeleitet werden, dieser habe hinsichtlich der Umrechnung des Höchstbetrags der Geldbuße entschieden, dass es zwingend erforderlich sei, auf den zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung geltenden Wechselkurs Bezug zu nehmen. Vielmehr ist festzustellen, dass diese Rechtsprechung die Sichtweise bestätigt, die das Gericht in Rn. 415 des angefochtenen Urteils eingenommen hat, dass es nämlich kohärent sei, bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Realität während eines bestimmten Zeitraums auf die im Laufe dieses Zeitraums geltenden Wechselkurse Bezug zu nehmen. Andernfalls würde nämlich die Beurteilung dieser wirtschaftlichen Realität zwingend durch äußere, vom Zufall abhängige Faktoren wie die Entwicklung der Wechselkurse in der Zeit nach diesem Geschäftsjahr verfälscht (vgl. entsprechend Urteil vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, EU:C:2000:631, Rn. 86 und 88). 43 Zweitens erfüllt die vom Gericht in Rn. 416 des angefochtenen Urteils bestätigte Umrechnungsmethode die – in Rn. 37 des vorliegenden Urteils genannte – Anforderung der Vorhersehbarkeit der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße, da sich diese Methode auf einen Wechselkurs stützt, von dem vor Erlass der Bußgeldentscheidung der Kommission Kenntnis erlangt werden kann und der es ermöglicht, die Obergrenze für die Geldbuße im Voraus zu bestimmen. 44 Drittens kann die Behauptung der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe den Zweck der gesetzlichen Obergrenze insoweit verkannt, als damit ein absoluter Schutz gegen Währungsschwankungen bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung gewährt werden solle, nicht durchgreifen. 45 Ein solcher Schutz ist nämlich, wie die Generalanwältin in Nr. 55 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kein eigenständiger Zweck der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße, sondern vielmehr ein Teilaspekt des Schutzes, den diese Obergrenze vor überhöhten und unverhältnismäßigen Geldbußen bietet (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 281). Hinsichtlich des Zwecks der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße können sich die Rechtsmittelführerinnen somit nicht auf die in Rn. 28 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung stützen. Zwar wird in dieser zur Umrechnung der Umsätze im Rahmen der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße ergangenen Rechtsprechung anerkannt, dass die gesetzliche Obergrenze eine Grenze für die möglichen nachteiligen Auswirkungen von Währungsschwankungen darstellt, jedoch geht aus ihr weder hervor, dass diese Obergrenze einen absoluten Schutz gegen solche Schwankungen darstellt, noch, dass der für die Festsetzung dieser Obergrenze maßgebliche Wechselkurs der zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung geltende Wechselkurs ist. 46 Hinsichtlich der behaupteten Auswirkungen der Währungsschwankungen auf die Höhe der in Euro umgerechneten gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen kein Beweismittel beibringen, mit dem sich belegen ließe, dass die vom Gericht in Rn. 415 des angefochtenen Urteils vorgenommene Feststellung, dass die von der Kommission zur Berechnung der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße herangezogene Methode die eventuellen nachteiligen Folgen dieser Schwankungen begrenze, fehlerhaft ist. Aus Rn. 42 des vorliegenden Urteils geht nämlich hervor, dass diese Methode, die sich auf den Durchschnittswert der damaligen, während des dem Erlass der Bußgeldentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahrs geltenden Wechselkurse und nicht auf den am Tag dieser Entscheidung geltenden Wechselkurs stützt, ihrer Natur nach dazu dient, die Auswirkung solcher Schwankungen auf die Höhe der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße bis zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung zu neutralisieren. Dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen kann in diesem Zusammenhang nicht gefolgt werden, da eine auf einen Tageswechselkurs gestützte Umrechnungsmethode – im Gegensatz zu der vom Gericht gewählten Methode – notwendigerweise Zufälligkeiten und Unsicherheiten aufweist. 47 Folglich hat das Gericht in Rn. 416 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Kommission für die Festsetzung der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße herangezogene Umrechnungsmethode mit dem Zweck dieser Obergrenze im Einklang stehe. 48 Die Rechtsmittelführerinnen können außerdem kein Argument daraus herleiten, dass die Unternehmen, deren Buchhaltung in einer anderen Währung als dem Euro geführt werde, gegenüber den Unternehmen mit einer in Euro geführten Buchhaltung ungleich behandelt würden, weil Erstere einem Währungsrisiko ausgesetzt seien. Da die Rechtsmittelführerinnen nicht beanstanden, dass die gegen sie verhängte Geldbuße in Euro festgesetzt werden kann, ist es nämlich unvermeidbar, dass sie Währungsschwankungen ausgesetzt sind. Dazu hat das Gericht in Rn. 418 des angefochtenen Urteils jedoch zu Recht ausgeführt, dass es sich bei Währungsschwankungen um einen Zufallsfaktor handele, der sich sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken könne, mit dem sich Unternehmen, die einen Teil ihres Umsatzes auf Exportmärkten erzielten, im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit regelmäßig auseinandersetzen müssten und dessen Existenz als solche nicht zur Unangemessenheit einer Geldbuße führen könne, die anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesetzmäßig festgesetzt worden sei. 49 Des Weiteren beruht – wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist – das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in Bezug auf eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit durch das Gericht auf der fehlerhaften Annahme, dass die vom Gericht bestätigte Berechnungsmethode sie dem Risiko ausgesetzt habe, dass die Höhe der gesetzlichen Obergrenze für die Geldbuße je nach den Währungsschwankungen zwischen dem Ende des vorausgegangenen Geschäftsjahrs und dem Zeitpunkt der streitigen Entscheidung variiere. 50 Folglich ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. 51 Nach alledem hat das Gericht in Rn. 421 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei den Standpunkt eingenommen, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, die gesetzliche Obergrenze für die Geldbuße unter Bezugnahme auf den von den Rechtsmittelführerinnen während des vorausgegangenen Geschäftsjahrs erzielten und gemäß dem durchschnittlichen während dieses Geschäftsjahrs geltenden Wechselkurses in Euro umgerechneten Gesamtumsatz zu berechnen. 52 Daher ist der zweite Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit sowie fehlende Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht Vorbringen der Parteien 53 Der dritte Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen, der sich gegen die Rn. 396 bis 402, 434, 438 und 440 bis 444 des angefochtenen Urteils richtet, besteht aus zwei Teilen. 54 Mit dem ersten Teil rügen die Rechtsmittelführerinnen, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit fehlerhaft angewandt habe, als es ihren Klagegrund zurückgewiesen habe, mit dem sie geltend gemacht hätten, dass die von der Kommission gegen sie verhängte Geldbuße wegen der geringeren Diversifizierung ihrer Tätigkeit eine verhältnismäßig schwerere Belastung gewesen sei als die anderen Kartellbeteiligten auferlegte Geldbuße. 55 Das Gericht habe mithin das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen außer Acht gelassen, wonach sich die Kommission der Achtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung vergewissern müsse, wenn die nachteiligen Folgen einer Geldbuße für ein Unternehmen im Verhältnis zu der anderen Adressaten der Entscheidung auferlegten Geldbuße – wie durch das in Prozent ausgedrückte Verhältnis zwischen der Höhe der Geldbuße und dem Gesamtjahresumsatz der betreffenden Unternehmen veranschaulicht werde – unverhältnismäßig seien. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung vorhersehbar gewesen, wie aus dem dem Gericht vorgelegten Bericht der Beratungsgesellschaft hervorgehe. In diesem Zusammenhang habe das Gericht den Zweck dieses Berichts falsch aufgefasst, der nicht als Beweismittel für Tatsachen nach Erlass der streitigen Entscheidung vorgelegt worden sei, sondern als Nachweis dafür, dass sich die Verhängung einer hohen Geldbuße gegen die Rechtsmittelführerinnen unverhältnismäßig auswirke und eine erhebliche Verschlechterung ihrer Finanzlage im Verhältnis zu den anderen Kartellbeteiligten hervorrufe. 56 Darüber hinaus habe das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen falsch aufgefasst, mit dem geltend gemacht worden sei, die Kommission habe nicht eine eventuelle defizitäre Lage der am wenigsten an die Marktbedingungen angepassten Unternehmen zu berücksichtigen, sondern die Auswirkung, die eine hohe Geldbuße auf die Finanzlage der Unternehmen und insbesondere der Unternehmen mit der am wenigsten diversifizierten Tätigkeit haben könnte. 57 Schließlich habe das Gericht außer Acht gelassen, dass Argumente, die den von den Rechtsmittelführerinnen formulierten Argumenten entsprächen, von der Kommission in früheren Entscheidungen und vom Gericht u. a. in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, EU:T:2012:673), berücksichtigt worden seien. 58 Mit dem zweiten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, ihm sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es von seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung nicht mit der erforderlichen Intensität Gebrauch gemacht habe, um die Ungleichbehandlung zu heilen, die sie gegenüber den anderen Beteiligten der Zuwiderhandlung, die zu der streitigen Entscheidung geführt habe, erfahren hätten. Das Gericht hätte bei der Ausübung dieser Befugnis die finanziellen Schwierigkeiten berücksichtigen müssen, mit denen sie die Zahlung der Geldbuße konfrontiert habe. Dabei sei nicht erforderlich, dass diese Schwierigkeiten, wie das Gericht in Rn. 443 des angefochtenen Urteils entschieden habe, außergewöhnliche Umstände darstellten. Es reiche vielmehr aus, dass die Schwierigkeiten geeignet seien, auf die Rechtsmittelführerinnen eine bedeutende Auswirkung dergestalt zu haben, dass sie dadurch gegenüber den anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten ungleich behandelt würden, damit sie zu einer Korrektur der Höhe der Geldbuße führten. 59 Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 60 Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht im Wesentlichen vor, im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung nach Art. 263 AEUV die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit fehlerhaft angewandt zu haben. Ihrer Ansicht nach hätte das Gericht in Anwendung dieser Grundsätze zu der Feststellung gelangen müssen, dass die Kommission bei der Bemessung der Höhe der Geldbußen die Auswirkung der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße hätte berücksichtigen müssen, die für die Rechtsmittelführerinnen – im Vergleich zu den anderen Kartellbeteiligten – wegen der geringeren Diversifizierung ihrer Tätigkeit offenkundig nachteiliger sei, was sich in dem unterschiedlichen – in Prozent ausgedrückten – Verhältnis äußere, in dem die jeweilige Geldbuße zum Gesamtumsatz der betreffenden Unternehmen stehe. 61 Hinsichtlich der Angaben in dem in Rn. 400 des angefochtenen Urteils genannten Bericht der Beratungsgesellschaft geht aus Rn. 401 dieses Urteils hervor, dass das Gericht im Wesentlichen aus den in den Rn. 274 und 275 des Urteils dargelegten Gründen, nämlich dass dieser Bericht die Entwicklung der Finanzlage der Rechtsmittelführerinnen nach Erlass der streitigen Entscheidung betreffe und sich daher in keinem Fall auf die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung im Rahmen der Kontrolle nach Art. 263 AEUV auswirken könne, die Auffassung vertreten hat, dass sie bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Geldbuße nicht zu berücksichtigen seien. 62 Zwar haben die Rechtsmittelführerinnen, indem sie sich insbesondere darauf berufen haben, dass das Gericht den Zweck dieses Berichts verkannt habe, implizit eine Verfälschung dieser Beweismittel geltend gemacht, doch erfüllt die bloße Andeutung einer solchen Verfälschung nicht die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen, wonach das Rechtsmittel genau angeben muss, welche Beweismittel verfälscht worden sein sollen, und die Beurteilungsfehler darlegen muss, die das Gericht im Rahmen seiner Würdigung zu dieser Verfälschung veranlasst haben sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 50). 63 Hinsichtlich des Arguments, das die fehlende Berücksichtigung des in Prozent ausgedrückten Verhältnisses der Höhe der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße zu ihrem Gesamtumsatz im Vergleich mit den anderen Adressaten der streitigen Entscheidung und die daraus angeblich hervorgehende Ungleichbehandlung betrifft, ist sodann festzustellen, dass das Gericht – entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen – hierauf in den Rn. 397 bis 399 des angefochtenen Urteils eingegangen ist. 64 Insbesondere hat das Gericht in Rn. 398 des Urteils zu Recht entschieden, dass es nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoße, dass ein Unternehmen, dessen Tätigkeiten sich mehr als die anderer Unternehmen auf den Verkauf von mittelbar oder unmittelbar mit der Zuwiderhandlung in Verbindung stehenden Waren oder Dienstleistungen konzentrierten, durch die Anwendung der Berechnungsmethode für den Grundbetrag der Geldbußen nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 mit einer Geldbuße belegt werde, die einen höheren Anteil an seinem Gesamtumsatz darstelle als den, den die Geldbußen darstellten, die den anderen Unternehmen jeweils auferlegt worden seien. Das Gericht hat nämlich festgestellt, dass es dieser Berechnungsmethode, die nicht auf dem Gesamtumsatz der betroffenen Unternehmen gründe, inhärent sei, dass zwischen den Unternehmen Ungleichheiten hinsichtlich des Verhältnisses zwischen diesem Umsatz und der Höhe der gegen sie verhängten Geldbußen aufträten. 65 Wie das Gericht in Rn. 397 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, geht jedoch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Kommission, wenn gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, nicht dafür zu sorgen braucht, dass in den Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen eine Differenzierung nach ihrem Gesamtumsatz zum Ausdruck kommt (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 312). 66 Was den von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachten angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung betrifft – soweit mit der vorliegenden Rüge geltend gemacht werden soll, dass die Kommission von dieser Methode hätte abweichen und hinsichtlich der Rechtsmittelführerinnen entscheiden müssen, die Höhe der Geldbuße wegen der geringeren Diversifizierung ihrer Tätigkeit herabzusetzen –, ist entsprechend den von der Generalanwältin in Nr. 100 ihrer Schlussanträge gemachten Ausführungen darauf hinzuweisen, dass der Unterschied des Prozentsatzes, den die Geldbuße am Gesamtumsatz der betreffenden Unternehmen ausmacht, für sich genommen keinen ausreichenden Grund dafür darstellt, um zu rechtfertigen, dass die Kommission von der Berechnungsmethode, die sie für sich selbst festgelegt hat, abweicht. Dies liefe nämlich darauf hinaus, die am wenigsten diversifizierten Unternehmen auf der Grundlage von Kriterien zu bevorteilen, die im Hinblick auf die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung ohne Belang sind. Jedoch dürfen Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 67 Zu dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das auf die Auswirkung gestützt ist, die eine hohe Geldbuße auf ihre Finanzlage haben soll, ist festzustellen, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, bei der Bemessung der Geldbuße die wirtschaftliche Lage und insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, EU:C:2007:277, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Die Rechtsmittelführerinnen können schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass solche Erwägungen in anderen Entscheidungen der Kommission berücksichtigt worden seien, da die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteil vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). 69 Daher greift der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes nicht durch. 70 Mit dem zweiten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Art. 261 AEUV in Verbindung mit Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 unsachgemäßen Gebrauch gemacht, indem es die Höhe der Geldbuße nicht herabgesetzt habe, um zu gewährleisten, dass die Kartellbeteiligten gleich behandelt würden. 71 Das Gericht ist gemäß den in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen befugt, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der Kommission verhängten Geldbußen hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen, und kann folglich die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 72 Hingegen ist es nicht Sache des Gerichtshofs, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Würdigung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über den Betrag der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Würdigung zu ersetzen (Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung). 73 Nur wenn der Gerichtshof der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre ein Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen (Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung). 74 In diesem Zusammenhang ist den Rn. 433, 438 und 441 des angefochtenen Urteils zu entnehmen, dass das Gericht hinsichtlich der behaupteten Unverhältnismäßigkeit der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Argumente der Rechtsmittelführerinnen geprüft hat, die erstens darauf gestützt waren, dass die Höhe der Geldbuße ihre Finanzlage wegen der geringeren Diversifizierung ihrer Tätigkeit schwerer belaste als die gegen die anderen betroffenen Unternehmen festgesetzte Geldbuße, und zweitens darauf, dass sich infolge der Geldbuße ihre Finanzlage verschlechtere. Hierbei hat das Gericht die Angaben in dem in Rn. 55 des vorliegenden Urteils genannten Bericht der Beratungsgesellschaft berücksichtigt. 75 Wie aus Rn. 64 des vorliegenden Urteils hervorgeht, hat das Gericht hinsichtlich des ersten Arguments in Rn. 438 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Umstände – unterstellt, sie lägen vor – für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße ohne Belang seien. 76 In Bezug auf das zweite Argument ergibt sich aus den Rn. 441 und 442 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass das Vorliegen eventueller finanzieller Schwierigkeiten für sich genommen eine Herabsetzung der Geldbuße nur unter außergewöhnlichen Umständen rechtfertigen könne, wenn dies durch ein höheres Interesse gerechtfertigt werde. Wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 441 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, liefe nämlich die automatische Berücksichtigung solcher Schwierigkeiten darauf hinaus, den Geldbußen, die den Unternehmen von der Kommission gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auferlegt werden, ihre abschreckende Wirkung zu nehmen. 77 Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen hat das Gericht somit nicht entschieden, dass die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nur unter außergewöhnlichen Umständen erfolgen könne, sondern dass eine Herabsetzung der Geldbuße wegen behaupteter finanzieller Schwierigkeiten nur dann vorgenommen werden könne, wenn diese Schwierigkeiten außergewöhnlich seien. In den Rn. 434 und 443 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass dies – auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen – vorliegend nicht der Fall sei. 78 Daher ist festzustellen, dass der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen ist, weil er zum einen auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils beruht und damit zum anderen versucht wird, eine Überprüfung der Tatsachenwürdigung des Gerichts zu erlangen, die der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nicht vornehmen kann. 79 Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen. 80 Da keinem der drei von den Rechtsmittelführerinnen zur Stützung ihres Rechtsmittels vorgetragenen Gründe gefolgt werden kann, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. Kosten 81 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Pilkington Group Ltd, die Pilkington Automotive Ltd, die Pilkington Automotive Deutschland GmbH, die Pilkington Holding GmbH und die Pilkington Italia SpA tragen die Kosten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 9. Juni 2016.#Repsol Lubricantes y Especialidades, SA u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Art. 81 EG – Kartelle – Spanischer Straßenbaubitumenmarkt – Marktaufteilung und Preisabsprache – Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (2002) – Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz – Teilweiser Erlass der Geldbuße – Beweismittel für Tatsachen, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte.#Rechtssache C-617/13 P.
62013CJ0617
ECLI:EU:C:2016:416
2016-06-09T00:00:00
Jääskinen, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013CJ0617 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) 9. Juni 2016 (*1) „Rechtsmittel — Art. 81 EG — Kartelle — Spanischer Straßenbaubitumenmarkt — Marktaufteilung und Preisabsprache — Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (2002) — Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz — Teilweiser Erlass der Geldbuße — Beweismittel für Tatsachen, von denen die Europäische Kommission zuvor keine Kenntnis hatte“ In der Rechtssache C‑617/13 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. November 2013, Repsol Lubricantes y Especialidades SA, vormals Repsol Lubricantes YPF y Especialidades SA, mit Sitz in Madrid (Spanien), Repsol Petróleo SA mit Sitz in Madrid, Repsol SA mit Sitz in Madrid, Prozessbevollmächtigte: L. Ortiz Blanco, J. Buendía Sierra, M. Muñoz de Juan, A. Givaja Sanz und A. Lamadrid de Pablo, abogados, Rechtsmittelführerinnen, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch C. Urraca Caviedes und F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigte, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), A. Rosas und C. Vajda, Generalanwalt: N. Jääskinen, Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2015 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Repsol Lubricantes y Especialidades SA, vormals Repsol Lubricantes YPF y Especialidades SA (im Folgenden: RPA/Rylesa), die Repsol Petróleo SA und die Repsol SA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Repsol Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission (T‑496/07, EU:T:2013:464, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 4441 endgültig der Kommission vom 3. Oktober 2007 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (Sache COMP/38710 – Bitumen [Spanien]) (im Folgenden: streitige Entscheidung) sowie, hilfsweise, auf Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat. Rechtlicher Rahmen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 2 Art. 23 („Geldbußen“) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sieht in seinem Abs. 3 vor, dass „[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen [ist]“. 3 Art. 31 dieser Verordnung bestimmt: „Bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung. Er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.“ Leitlinien von 1998 4 Gemäß Nr. 1 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden“ (ABL. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien von 1998), wird „[d]er Grundbetrag … nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 [des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204)] errechnet“. 5 Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind gemäß Nr. 1 A der Leitlinien von 1998 seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. Die Verstöße werden gemäß dieser Bestimmung in folgende drei Gruppen unterteilt: minder schwere, schwere und besonders schwere Verstöße. 6 Nach den Leitlinien von 1998 sind besonders schwere Verstöße insbesondere horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“ und Marktaufteilungsquoten. Der voraussichtliche Grundbetrag liegt für diese Verstöße „oberhalb von 20 Mio. [Euro]“. Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 7 In der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) sind die Voraussetzungen festgelegt, unter denen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit der Kommission zusammenarbeiten, Geldbußen, die ohne diese Zusammenarbeit gegen sie verhängt worden wären, erlassen oder ermäßigt werden können. 8 In Rn. 7 dieser Mitteilung heißt es: „[D]ie Mitarbeit eines oder mehrerer Unternehmen [kann] eine Ermäßigung der Geldbuße rechtfertigen. Die Ermäßigung der Geldbuße muss der Qualität und dem Zeitpunkt des Beitrags, den das Unternehmen tatsächlich zum Nachweis des Kartells geleistet hat, entsprechen. Eine Geldbußenermäßigung kann nur den Unternehmen gewährt werden, die der Kommission Beweismittel liefern, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die bereits im Besitz der Kommission sind.“ 9 Die Rn. 21 und 23 in Abschnitt B („Ermäßigung der Geldbuße“) der Mitteilung sehen vor: „21. Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen. … 23. Die Kommission wird in ihrer am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassenen endgültigen Entscheidung darüber befinden, a) ob die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden, … Falls ein Unternehmen Beweismittel für [Tatsachen] vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung 10 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wurde in den Rn. 1 bis 91 des angefochtenen Urteils dargestellt und kann wie folgt zusammengefasst werden. 11 Die von der Zuwiderhandlung betroffene Ware ist Fluxbitumen, ein nicht weiterverarbeitetes Bitumen, das für den Bau und die Unterhaltung von Straßen verwendet wird. 12 Der spanische Bitumenmarkt umfasst zum einen drei Hersteller, die Konzerne Repsol, CEPSA-PROAS und BP, sowie zum anderen Importeure, zu denen die Konzerne Nynäs und Petróleos de Portugal (Petrogal) gehören. 13 RPA/Rylesa wurde in den Jahren 1991 bis 2002 zu 99,99 % von Repsol Petróleo gehalten, die selbst zu 99,97 % eine Tochtergesellschaft der Repsol YPF SA, später Repsol, der Muttergesellschaft des Repsol-Konzerns, war. 14 RPA/Rylesa stellt Bitumenprodukte her und vertreibt sie. Eine der Tätigkeiten von Repsol Petróleo besteht darin, Fluxbitumen herzustellen und ihn zum Zweck der Vermarktung an RPA/Rylesa zu verkaufen. 15 Zwei weitere Gesellschaften des Repsol-Konzerns, die Petróleos del Norte SA und die Asfalnor SA, üben in Spanien eine Tätigkeit aus, die mit Fluxbitumen zu tun hat. 16 RPA/Rylesa und Petróleos del Norte erzielten in Spanien im Geschäftsjahr 2001 durch ihre Verkäufe von Fluxbitumen an Dritte einen Umsatz von 97500000 Euro, d. h. 34,04 % des in Rede stehenden Marktes. Der konsolidierte Gesamtumsatz des Repsol-Konzerns betrug 51355000000 Euro für das Jahr 2006, das dem Geschäftsjahr vor Erlass der streitigen Entscheidung entspricht. 17 Nach einem am 20. Juni 2002 von BP in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gestellten Antrag auf Geldbußenerlass wurden am 1. und am 2. Oktober 2002 bei Gesellschaften der Konzerne Repsol, CEPSA-PROAS, BP, Nynäs und Petrogal Nachprüfungen vorgenommen. 18 Am 6. Februar 2004 richtete die Kommission nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 eine erste Reihe von Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen. 19 Mit Telefax vom 31. März 2004 bzw. vom 5. April 2004 stellten die Rechtsmittelführerinnen und PROAS bei der Kommission einen Antrag gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, begleitet von einer Unternehmenserklärung. 20 Nachdem sie vier weitere Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen gerichtet hatte, eröffnete die Kommission förmlich ein Verfahren und stellte den Unternehmen der Konzerne BP, Repsol, CEPSA-PROAS, Nynäs und Petrogal in der Zeit vom 24. bis zum 28. August 2006 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu. 21 Am 3. Oktober 2007 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, mit der sie feststellte, dass sich die 13 Unternehmen, an die sie gerichtet war, an einem Komplex von Vereinbarungen über die Marktaufteilung und die Absprache der Preise für Straßenbaufluxbitumen in Spanien (mit Ausnahme der Kanarischen Inseln) beteiligt hatten. 22 Die Kommission war der Ansicht, jede der beiden festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen, nämlich die horizontalen Vereinbarungen zur Marktaufteilung und die Preisabsprache, gehöre aufgrund ihres Wesens zu den schwersten Arten von Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG und könne nach der Rechtsprechung die Einstufung als „besonders schwere“ Zuwiderhandlung rechtfertigen. 23 Sie setzte den „Ausgangsbetrag“ der zu verhängenden Geldbußen unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung, des Wertes des in Rede stehenden Marktes, der für 2001, das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung, auf 286400000 Euro geschätzt wurde, und des Umstands, dass sich die Zuwiderhandlung auf die in einem einzigen Mitgliedstaat vorgenommenen Bitumenverkäufe beschränkte, auf 40000000 Euro fest. 24 Danach teilte die Kommission die Unternehmen, an die die streitige Entscheidung gerichtet war, für eine Differenzierung in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Bedeutung auf dem in Rede stehenden Markt in verschiedene Kategorien ein, um zu berücksichtigen, inwieweit sie tatsächlich wirtschaftlich in der Lage waren, dem Wettbewerb schweren Schaden zuzufügen. 25 Der Repsol-Konzern und PROAS, deren Anteile auf dem in Rede stehenden Markt im Geschäftsjahr 2001 34,04 % bzw. 31,67 % betrugen, wurden in die erste Kategorie eingestuft, der BP-Konzern mit einem Marktanteil von 15,19 % in die zweite Kategorie und die Konzerne Nynäs sowie Petrogal, deren Marktanteile im Bereich zwischen 4,54 % und 5,24 % lagen, in die dritte Kategorie. Auf dieser Grundlage wurden die Ausgangsbeträge der zu verhängenden Geldbußen wie folgt angepasst: — erste Kategorie, für den Repsol-Konzern und PROAS: 40000000 Euro; — zweite Kategorie, für den BP-Konzern: 18000000 Euro; — dritte Kategorie, für die Konzerne Nynäs und Petrogal: 5500000 Euro. 26 Um den Betrag der Geldbußen auf einem Niveau festzusetzen, das eine hinreichende Abschreckungswirkung gewährleistet, hielt es die Kommission für angemessen, auf den Grundbetrag der gegen den Repsol-Konzern zu verhängenden Geldbuße einen Multiplikator von 1,2 anzuwenden. 27 Nach einer Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbußen in Abhängigkeit von der Dauer der Zuwiderhandlung, und zwar eines Zeitraums von elf Jahren und sieben Monaten (vom 1. März 1991 bis zum 1. Oktober 2002), was den Repsol-Konzern anbelangt, war die Kommission der Auffassung, dass der Betrag der gegen Repsol zu verhängenden Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 30 % zu erhöhen sei, da dieser Konzern zu den „treibenden Kräften“ des Kartells gehört habe. 28 Die Kommission entschied außerdem, dass der Repsol-Konzern in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Anspruch auf eine Ermäßigung in Höhe von 40 % der Geldbuße habe, die normalerweise gegen ihn zu verhängen gewesen wäre. 29 Auf der Grundlage dieser Gesichtspunkte wurde gegen RPA/Rylesa, Repsol Petróleo und Repsol YPF gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 80496000 Euro verhängt. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 30 Mit Klageschrift, die am 18. Dezember 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragten die Rechtsmittelführerinnen die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung und, hilfsweise, die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße. 31 Zur Stützung ihrer Klage machten sie acht Klagegründe geltend, von denen nur die Klagegründe 4 bis 6 und 8 für das vorliegende Rechtsmittel relevant sind. 32 Mit den Klagegründen 4 und 5, die das Gericht zusammen geprüft hat, wurde zum einen geltend gemacht, dass die Prüfung der Beweismittel, die von den Rechtsmittelführerinnen in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt worden seien, um die geschäftliche Eigenständigkeit von RPA/Rylesa im Verhältnis zu Repsol Petróleo sowie zu Repsol YPF darzutun, rechtlich und tatsächlich fehlerhaft sei, und zum anderen, dass die zusätzlichen Indizien hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse dieser drei Unternehmen nicht die Vermutung hätten stützen können, dass die beiden letztgenannten Unternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das erstgenannte ausgeübt hätten. 33 Mit dem sechsten Klagegrund wurde geltend gemacht, dass die Höhe der verhängten Geldbuße unter Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung festgesetzt worden sei. 34 Mit ihrem achten Klagegrund rügten die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und insbesondere ihrer Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz durch die Kommission. 35 Das Gericht hat jeden einzelnen dieser Klagegründe verworfen und die Klage insgesamt abgewiesen. 36 Es hat auch die Widerklage der Kommission auf Erhöhung der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße abgewiesen. Anträge der Parteien 37 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen, — das angefochtene Urteil und die streitige Entscheidung aufzuheben, — die verhängte Geldbuße herabzusetzen, — die überlange und nicht gerechtfertigte Dauer des Verfahrens vor dem Gericht festzustellen und — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 38 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen und — den Rechtsmittelführerinnen die gesamten Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 39 Zur Stützung ihres Rechtsmittels machen die Rechtsmittelführerinnen vier Rechtsmittelgründe geltend. Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Beurteilung der geschäftlichen Eigenständigkeit von RPA/Rylesa oder, hilfsweise, mangelhafte Begründung dieser Beurteilung Vorbringen der Parteien 40 Zur Stützung ihres ersten Rechtsmittelgrundes, der sich gegen die Rn. 179 bis 207 des angefochtenen Urteils richtet, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass dieses in der Würdigung der Beweise, die von ihnen vorgelegt worden seien, um die geschäftliche Eigenständigkeit von RPA/Rylesa im Verhältnis zu Repsol Petróleo und zu Repsol YPF darzutun, einen zweifachen Rechtsfehler enthalte. 41 Sie werfen dem Gericht vor, dieses habe insbesondere in den Rn. 202 und 203 des angefochtenen Urteils entschieden, dass der Beweis, dass die Kontrolle einer Muttergesellschaft über ihre zu 100 % oder fast zu 100 % gehaltenen Tochtergesellschaften in der Praxis nicht ausgeübt worden sei, unzureichend sei, um die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses dieser Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaften zu widerlegen. 42 Die Rechtsmittelführerinnen vertreten hilfsweise die Auffassung, dass das Gericht seiner sich aus den Art. 36 und 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergebenden Begründungspflicht dadurch nicht nachgekommen sei, dass es eine übermäßig individualisierte Würdigung jedes einzelnen von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweismittels vorgenommen habe, ohne eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, mit Ausnahme derjenigen in einer lakonischen Formulierung in Rn. 207 des angefochtenen Urteils. 43 Nach Auffassung der Kommission ist der erste Rechtsmittelgrund unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 44 In Bezug auf den Hauptteil dieses Rechtsmittelgrundes genügt die Feststellung, dass er auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Urteils beruht. 45 Es geht nämlich aus keiner der von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Randnummern hervor, dass das Gericht entschieden hat, dass der Beweis, dass die Kontrolle einer Muttergesellschaft über ihre zu 100 % oder fast zu 100 % gehaltenen Tochtergesellschaften in der Praxis nicht ausgeübt worden sei, unzureichend sei, um die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses dieser Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaften zu widerlegen. 46 Aus dem angefochtenen Urteil und insbesondere seinen Rn. 207 und 211 geht lediglich hervor, dass das Gericht der Auffassung gewesen ist, dass die von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweismittel nicht geeignet gewesen seien, die Selbständigkeit des Verhaltens von RPA/Rylesa im Verhältnis zu Repsol Petróleo und zu Repsol YPF darzutun, und damit die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses dieser beiden letztgenannten Unternehmen auf das erstgenannte nicht hätten widerlegen können. 47 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof gemäß Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Rechtsmittelverfahren für Tatsachenwürdigungen nicht zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 113). 48 In Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist zwar festzustellen, dass das Gericht in Rn. 207 des angefochtenen Urteils ohne vorherige Begründung entschieden hat, dass die von den Rechtsmittelführerinnen anlässlich ihrer Nichtigkeitsklage vorgebrachten Gesichtspunkte zusammen genommen die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von Repsol Petróleo und Repsol YPF auf RPA/Rylesa nicht hätten widerlegen können. 49 Jedoch geht aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass sich das Gericht, um in den Rn. 207 und 211 dieses Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit dem diese die geschäftliche Eigenständigkeit von RPA/Rylesa im Verhältnis zu Repsol Petróleo und zu Repsol YPF darzutun beabsichtigten, zurückzuweisen, nicht darauf beschränkt hat, eine aus dem Zusammenhang gerissene Prüfung jedes einzelnen der von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweismittel vorzunehmen. 50 Abgesehen davon, dass das Gericht in den Rn. 164 bis 206 des angefochtenen Urteils im Rahmen seiner freien Würdigung des Sachverhalts eine detaillierte Prüfung jedes einzelnen der von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweismittel vorgenommen hat, die für die Zwecke ihrer Gesamtwürdigung nicht ausgeblendet werden kann, geht aus den Rn. 208 bis 210 dieses Urteils hervor, dass das Gericht auch bestimmte zusätzliche Indizien, auf die sich die Kommission in der streitigen Entscheidung gestützt hatte, geprüft und gewürdigt hat und dass diese seiner Ansicht nach die Tatsache bestätigten, dass die Rechtsmittelführerinnen in der Tat eine einzige wirtschaftliche Einheit darstellten. 51 Durch dieses Vorgehen konnte das Gericht, ohne einen Rechtsfehler zu begehen und insbesondere ohne seine Pflicht zur Begründung seiner Entscheidung zu verletzen, feststellen, dass die Rechtsmittelführerinnen die Selbständigkeit des Verhaltens von RPA/Rylesa im Verhältnis zu Repsol Petróleo und zu Repsol YPF nicht dargetan hatten. 52 Der erste Rechtsmittelgrund ist demnach als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Auslegung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Vorbringen der Parteien 53 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, der sich gegen die Rn. 339 bis 349 des angefochtenen Urteils richtet, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht bei der Auslegung von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es ihnen den Erlass eines Teils der Geldbuße mit der Begründung versagt habe, dass sie zu Unrecht geltend gemacht hätten, dass es Repsol gewesen sei, die in ihrem Antrag gemäß dieser Mitteilung die Informationen geliefert habe, aufgrund deren die Kommission habe wissen können, dass das Kartell von 1998 bis 2002 fortgeführt worden sei. 54 Jedoch sind die Rechtsmittelführerinnen im vorliegenden Fall, obwohl sie einräumen, dass die Kommission vor ihrer Erklärung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 über die Dokumente verfügt habe, die die tatsächliche Dauer der vorgeworfenen Zuwiderhandlung belegten, der Auffassung, dass die Kommission aufgrund ihrer Darstellung der Tatsachen in dieser Erklärung habe aufdecken können, dass der BP-Konzern die Wahrheit bezüglich der tatsächlichen Dauer des streitigen Kartells verschleiert habe und diese Zuwiderhandlung in dem genannten Zeitraum fortgeführt worden sei. 55 Hierzu machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass der Wortlaut von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und insbesondere die Verwendung der Begriffe „hechos de los cuales la Comisión no tenga conocimiento previo“ („[Tatsachen], von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte“) in der spanischen Sprachfassung, dem die Wendungen „facts previously unknown“ und „faits précédemment ignorés“ namentlich in der englischen und der französischen Sprachfassung entsprächen, so zu verstehen sei, dass er nicht auf den bloßen physischen Besitz der Kommission an Unterlagen abziele, sondern auch ein „kognitives Element“ verlange, und zwar die Kenntnis der Kommission von der Zuwiderhandlung, die durch diese Unterlagen bestätigt werde. 56 Die Rechtsmittelführerinnen sind außerdem und jedenfalls der Auffassung, dass die Zweideutigkeit dieser Bestimmung das Gericht hätte veranlassen müssen, die für sie günstigste Auslegung heranzuziehen. 57 Nach Ansicht der Kommission ist der zweite Rechtsmittelgrund als neu einzustufen und daher unzulässig, weil die Rechtsmittelführerinnen in ihrer Nichtigkeitsklage nichts zum Erfordernis eines „kognitiven Elements“ vorgetragen hätten, um in den Genuss der angeführten Bestimmung zu kommen. Hilfsweise sei dieser Rechtsmittelgrund unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 58 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 170 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern kann. Im Rahmen eines Rechtsmittels beschränkt sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs nämlich auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Mai 2014, ASPLA/Kommission, C‑35/12 P, EU:C:2014:348, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). 59 Eine Partei kann daher vor dem Gerichtshof nicht erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, da ihr damit letztlich gestattet würde, den Gerichtshof, dessen Zuständigkeit bei Rechtsmitteln begrenzt ist, mit einem weiter reichenden Rechtsstreit zu befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte (Urteil vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 60 Allerdings ist festzustellen, wie der Generalanwalt in den Nrn. 17 und 18 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass die Rechtsmittelführerinnen die in Rede stehende Argumentation im Wesentlichen in ihrer beim Gericht erhobenen Nichtigkeitsklage vorgebracht hatten. 61 Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist der zweite Rechtsmittelgrund daher für zulässig zu erklären. 62 Mit diesem werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, in den Rn. 339 bis 349 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen zu haben, da es die Auslegung und die Anwendung des Begriffs „[Tatsachen], von denen [die Kommission] zuvor keine Kenntnis hatte“, im Sinne von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 durch die Kommission bestätigt habe. Diese Bestimmung beziehe sich jedoch nicht auf den bloßen physischen Besitz von Unterlagen, sondern verlange die Berücksichtigung eines weiteren, von den Rechtsmittelführerinnen als „kognitives Kriterium“ bezeichneten Kriteriums. 63 Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs allein das Gericht für die Feststellung und Würdigung der Tatsachen sowie grundsätzlich für die Prüfung der Beweise, auf die es seine Feststellungen stützt, zuständig ist. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es allein Sache des Gerichts, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu beurteilen. Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission, C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 40). 64 Folglich können die Tatsachenfeststellungen des Gerichts, die im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes gerügt werden, und insbesondere die Feststellung in Rn. 341 des angefochtenen Urteils, wonach die Kommission, bereits bevor sie am 31. März 2004 die dem Antrag von Repsol nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 beigefügte Erklärung der Rechtsmittelführerinnen erhalten habe, im Besitz der einschlägigen Informationen gewesen sei, die in dem von ihr im Zuge der Nachprüfungen vom 1. und 2. Oktober 2002 erlangten Material aus dem entsprechenden Zeitraum enthalten gewesen seien, nicht in Frage gestellt werden. Gleiches gilt für die Zurückweisung des Vorbringens hinsichtlich des angeblichen Mehrwerts der von Repsol berichteten, sich auf den Zeitraum 1998 bis 2002 beziehenden Tatsachen durch das Gericht, insbesondere in Rn. 345 des angefochtenen Urteils. 65 Zweitens ist in Bezug auf den von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Rechtsfehler festzustellen, dass gemäß Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, „[f]alls ein Unternehmen Beweismittel für [Tatsachen] vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, … die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt [lässt]“. 66 Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass für den danach vorgesehenen teilweisen Erlass der Geldbuße zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Zum einen muss das betreffende Unternehmen das erste sein, das Tatsachen nachweist, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte, und zum anderen müssen diese die Schwere oder die Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussenden Tatsachen es der Kommission erlauben, zu neuen Erkenntnissen über die Zuwiderhandlung zu gelangen (Urteil vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 78). 67 Der Gerichtshof hat klargestellt, dass der Begriff „[Tatsachen], von denen die Kommission … keine Kenntnis hatte“ unzweideutig ist und eine enge Auslegung von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 dahin gehend erlaubt, dass diese Bestimmung auf die Fälle zu beschränken ist, in denen eine an einem Kartell beteiligte Gesellschaft der Kommission eine neue Information betreffend die Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung liefert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass die Bedeutung, die diesen Worten beizumessen ist, geeignet sein muss, die mit Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz dieser Mitteilung verfolgten Ziele und insbesondere die Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit besteht, wie der Generalanwalt in Nr. 22 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das Ziel der Kronzeugenprogramme darin, die Anzeige der Zuwiderhandlung durch deren Urheber zu erwirken, damit sie schnell und vollständig beendet wird. 69 Daher muss die praktische Wirksamkeit dieser Bestimmung sichergestellt werden, die, wenn ein Unternehmen, um einen vollständigen Erlass der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu erhalten, der Kommission als Erstes Beweismittel vorgelegt hat, die ihr die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV ermöglichen, aber Informationen nicht offenbart hat, die belegen, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung länger angedauert hat, als es diese Beweismittel erkennen lassen, darauf abzielt, durch die Gewährung eines teilweisen Erlasses der Geldbuße jedes andere an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen dazu zu bewegen, diese Informationen als Erstes offenzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 85). 70 Nach alledem kann das von den Rechtsmittelführerinnen genannte „kognitive“ Kriterium nicht herangezogen werden. Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ist nämlich dahin auszulegen, dass von einem Unternehmen im Rahmen seines Antrags gemäß dieser Mitteilung vorgelegte Beweismittel nur dann als Beweismittel für „[Tatsachen], von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte“, angesehen werden können, wenn sie gegenüber den Beweismitteln, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden, objektiv einen erheblichen Mehrwert aufweisen. 71 Diese Auslegung ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Struktur der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002. Gemäß den Rn. 7 und 21 sowie nach Rn. 23 Buchst. a dieser Mitteilung setzt die Gewährung einer Herabsetzung der von der Kommission verhängten Geldbuße nach dieser Mitteilung nämlich voraus, dass die Unternehmen, die davon zu profitieren beabsichtigen, der Kommission Beweismittel vorlegen, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ihrem Besitz befanden. Dasselbe muss für den teilweisen Erlass der Geldbuße nach Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz dieser Mitteilung gelten. 72 Zum anderen ist für die Zwecke der Anwendung dieser letztgenannten Bestimmung davon auszugehen, dass der Besitz der Kommission an einem Beweismittel der Kenntnis seines Inhalts gleichkommt, unabhängig von der Frage, ob dieses Beweismittel von ihren Dienststellen tatsächlich geprüft und analysiert worden ist. 73 Wie aus Rn. 64 des vorliegenden Urteils hervorgeht, wurde im vorliegenden Fall vom Gericht in Rn. 341 des angefochtenen Urteils, die auf den 592. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung verweist, endgültig festgestellt, dass die Kommission vor der gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 abgegebenen Erklärung der Rechtsmittelführerinnen über Informationen verfügte, die sich auf in den Jahren 1998 bis 2002 eingetretene Tatsachen beziehen und die sie im Zuge der am 1. und 2. Oktober 2002 durchgeführten Nachprüfungen erlangt hatte. Außerdem hat das Gericht das Vorbringen zum angeblichen Mehrwert der von Repsol berichteten Tatsachen, die sich auf diesen Zeitraum beziehen, endgültig zurückgewiesen. 74 Das Gericht konnte daher in Rn. 344 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entscheiden, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht berechtigt waren, auf der Grundlage von Rn. 23 Buchst. b Abs. 3 dieser Mitteilung zu beantragen, dass für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße Tatsachen bezüglich dieses Kartells, die in den Jahren 1998 bis 2002 eingetreten waren, nicht berücksichtigt werden. 75 Der zweite Rechtsmittelgrund ist demnach als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 261 AEUV und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da das Gericht seiner Pflicht zur unbeschränkten Nachprüfung der verhängten Sanktionen nicht nachgekommen sei Vorbringen der Parteien 76 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, dass das Gericht dadurch gegen Art. 261 AEUV und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, dass es die streitige Entscheidung in Bezug auf die Festlegung des Grundbetrags der verhängten Geldbuße, der auf 40000000 Euro festgesetzt worden sei, d. h. das Doppelte des von den Leitlinien von 1998 für die als „besonders schwer“ eingestuften Zuwiderhandlungen vorgesehenen Richtbetrags, nicht eigenständig und erschöpfend geprüft habe, obwohl die in der streitigen Entscheidung genannten Faktoren zu einer Festlegung dieses Grundbetrags auf 20000000 Euro oder weniger hätten führen müssen. 77 Hierzu tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, dass das Gericht in Beantwortung des sechsten Klagegrundes ihrer Nichtigkeitsklage, mit dem sie den von der Kommission festgesetzten Grundbetrag der Geldbuße gerügt hätten, indem sie sich u. a. auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen hätten, lediglich festgestellt habe, dass zum einen die vorgeworfene Zuwiderhandlung in der Tat als „besonders schwer“ eingestuft werden müsse, und dass zum anderen die Kommission behauptet habe, die in der streitigen Entscheidung angegebenen zusätzlichen Faktoren berücksichtigt zu haben, ohne dass das Gericht überprüft hätte, ob die Kommission diese ordnungsgemäß gewürdigt habe. 78 In den Rn. 245 bis 250 des angefochtenen Urteils habe das Gericht somit lediglich die in der streitigen Entscheidung berücksichtigten Faktoren schriftlich festgehalten, ohne selbst eine tatsächliche und selbständige Würdigung vorzunehmen, was den Rechtsmittelführerinnen nicht erlaubt habe, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen diese Faktoren die Kommission und in der Folge das Gericht dazu hatten veranlassen können, von einem Grundbetrag für die verhängte Geldbuße auszugehen, der dem Doppelten des von den Leitlinien von 1998 für als „besonders schwer“ eingestufte Zuwiderhandlungen vorgesehenen Mindestbetrags entspreche. 79 Schließlich machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht im Rahmen der unbeschränkten Nachprüfung nach Art. 261 AEUV bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Grundbetrags der verhängten Geldbuße die fehlende Wirkung der Zuwiderhandlung sowie die Bedeutung dieses Grundbetrags im Verhältnis zu ihrem Umsatz hätte berücksichtigen müssen. 80 Nach Auffassung der Kommission ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 81 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bei seiner Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nicht seine eigene Würdigung aus Gründen der Billigkeit an die Stelle der Würdigung des Gerichts setzen darf, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen Verletzung des Unionsrechts verhängten Geldbußen entscheidet (vgl. u. a. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 125). 82 Nur wenn der Gerichtshof der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre somit ein Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen (Urteil vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, EU:C:2013:351, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Daraus folgt, dass, soweit die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Verhältnismäßigkeit des Grundbetrags der in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls verhängten Geldbuße rügen, ohne jedoch darzutun, geschweige denn zu behaupten, dass dieser Betrag nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht sei, dass er unverhältnismäßig werde, dieser Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen ist. 84 Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter bei der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen, mit denen die Kommission beschließt, eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen, über die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus über eine ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang mit Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung verfügt, die ihn ermächtigt, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). 85 Es ist jedoch zu beachten, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Unionsgerichten ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme zwingenden Rechts, das der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, ist es daher Sache des Klägers, gegen die streitige Entscheidung Klagegründe geltend zu machen und für die Klagegründe Beweismittel beizubringen (Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 86 Dagegen hat der Unionsrichter, um den Erfordernissen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne von Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) zu genügen und angesichts des Umstands, dass nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Höhe der Geldbuße anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung festzusetzen ist, bei der Ausübung der Befugnisse nach den Art. 261 und 263 AEUV jegliche Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße nicht der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung angemessen ist (Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 In der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 250 und 258 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass in Bezug auf die Festlegung des Betrags von 40000000 Euro durch die Kommission, der für die Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße als Grundlage diente, kein Rechtsfehler habe festgestellt werden können und dass dieser Betrag nicht unverhältnismäßig erscheine. 88 Zu diesem Zweck hat das Gericht zum einen in den Rn. 245 bis 249 dieses Urteils die Schwere der begangenen Zuwiderhandlung, den Umfang des von ihr betroffenen räumlichen Marktes sowie den Marktanteil der Rechtsmittelführerinnen gewürdigt und zum anderen in den Rn. 251 bis 257 dieses Urteils rechtlich hinreichend und mit hinreichender Begründung auf das Vorbringen geantwortet, mit dem sie u. a. die fehlende konkrete Auswirkung des in Rede stehenden Kartells oder die Tatsache, dass der Grundbetrag der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße einen bedeutenden Teil ihres Umsatzes darstelle, geltend gemacht hatten. 89 Damit hat das Gericht bei der Ausübung seiner gerichtlichen Kontrolle keinen Rechtsfehler begangen. 90 Es ist ebenfalls festzustellen, dass die Leitlinien von 1998 in Nr. 1 A dritter Gedankenstrich vorsehen, dass der Grundbetrag der voraussichtlichen Geldbuße bei besonders schweren Verstößen oberhalb von 20 Mio. Euro liegt. Somit stellt der Betrag von 20 Mio. Euro nur einen in den Leitlinien vorgesehenen Mindestbetrag dar, oberhalb dessen die Kommission den Ausgangsbetrag für die Berechnung der Geldbußen für solche Zuwiderhandlungen festlegt. 91 Soweit die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es ihr Vorbringen, wonach die Kommission die fehlende konkrete Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt hätte berücksichtigen müssen, zurückgewiesen habe, genügt es, wie die Kommission festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht die streitige Entscheidung, in der im Übrigen von einer solchen fehlenden Auswirkung keine Rede ist, in diesem Punkt nicht gerügt und vor dem Gericht auch keinen Beweis erbracht haben, dass die Wirkungen der Zuwiderhandlung messbar waren. Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen als unzulässig zurückzuweisen. 92 Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund: Überschreitung der angemessenen Urteilsfrist durch das Gericht Vorbringen der Parteien 93 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe dadurch gegen Art. 47 der Charta und Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen, dass es nicht innerhalb angemessener Frist entschieden habe, was eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße oder die Feststellung des Vorliegens dieses Verstoßes rechtfertige. 94 Hierzu tragen sie vor, dass ihre Nichtigkeitsklage am 18. Dezember 2007 eingereicht worden sei, dass das schriftliche Verfahren am 25. September 2008 abgeschlossen worden sei, dass sie am 11. Juli 2012 um ihre Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit einer Verbindung der vorliegenden Rechtssache mit den Rechtssachen T‑462/07, T‑482/07, T‑495/07 und T‑497/07 gebeten worden seien, dass die mündliche Verhandlung am 14. Januar 2013 stattgefunden habe und dass das angefochtene Urteil am 16. September 2013 verkündet worden sei. 95 Somit habe das gesamte Verfahren ungefähr fünf Jahre und neun Monate gedauert, und das Gericht sei zwischen der Einreichung der Klageschrift und der Bitte um Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit der Verbindung der vorliegenden mit anderen Rechtssachen während eines Zeitraums von viereinhalb Jahren ähnlich dem vom Gerichtshof im Urteil vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission (C‑58/12 P, EU:C:2013:770), festgestellten Zeitraum untätig geblieben. 96 Hierzu machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass kein außergewöhnlicher Umstand die so in der Untersuchung der Rechtssache festgestellte Verspätung, die weder auf Interventionen oder Versäumnisse ihrerseits noch auf den besonderen Schwierigkeitsgrad der Rechtssache zurückzuführen sei, rechtfertigen könne. 97 Nach Ansicht der Kommission ist der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 98 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden ist, da eine solche Schadensersatzklage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. Daher kann der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden, sondern muss beim Gericht selbst eingeklagt werden (Urteile vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 66, vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 57, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 17 und 18). 99 Wird das nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständige Gericht mit einer Schadensersatzklage befasst, entscheidet es darüber in einer anderen Besetzung als derjenigen, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 67, vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 58, sowie vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 19). 100 Wenn indessen offensichtlich ist, dass das Gericht seine Pflicht, die Rechtssache innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, in hinreichend qualifizierter Weise verletzt hat, ohne dass es insoweit erforderlich wäre, dass die Parteien zusätzliche Nachweise beibringen, kann der Gerichtshof dies feststellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 59, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 20). 101 Dies ist vorliegend der Fall. Die Verfahrensdauer vor dem Gericht, nämlich nahezu fünf Jahre und neun Monate, die insbesondere einen Zeitraum von vier Jahren und vier Monaten enthält, der zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung verstrichen ist, lässt sich weder durch die Art noch durch den Schwierigkeitsgrad der Rechtssache und auch nicht durch deren Kontext erklären. Zum einen wies der beim Gericht anhängig gemachte Rechtsstreit nämlich keinen besonderen Schwierigkeitsgrad auf. Zum anderen geht weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkten hervor, dass dieser Zeitraum der Untätigkeit objektiv gerechtfertigt gewesen wäre oder dass die Rechtsmittelführerinnen hierzu beigetragen hätten. Insoweit ist die Tatsache, dass das Gericht die Rechtsmittelführerinnen am 11. Juli 2012 um eine Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit der Verbindung der vorliegenden Rechtssache mit den Rechtssachen T‑462/07, T‑482/07, T‑495/07 und T‑497/07 gebeten hat, irrelevant. 102 Aus den in Rn. 98 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. 103 Da keiner der von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Rechtsmittelgründe Erfolg hat, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. Kosten 104 Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. 105 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 106 Da die Kommission die Verurteilung von Repsol Lubricantes y Especialidades Repsol Petróleo und Repsol beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Repsol Lubricantes y Especialidades SA, die Repsol Petróleo SA und die Repsol SA tragen die Kosten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Spanisch.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 16. März 2016.#Frucona Košice a.s. gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Verbrauchsteuer – Teilweiser Steuererlass im Rahmen eines Vergleichs – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Verteidigungsrechte – Verfahrensrechte der Beteiligten – Kriterium des privaten Gläubigers – Beweislast.#Rechtssache T-103/14.
62014TJ0103
ECLI:EU:T:2016:152
2016-03-16T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62014TJ0103 URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 16. März 2016 (*1) „Staatliche Beihilfen — Verbrauchsteuer — Teilweiser Steuererlass im Rahmen eines Vergleichs — Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird — Verteidigungsrechte — Verfahrensrechte der Beteiligten — Kriterium des privaten Gläubigers — Beweislast“ In der Rechtssache T‑103/14 Frucona Košice a.s. mit Sitz in Košice (Slowakei), Prozessbevollmächtigte: K. Lasok, QC, B. Hartnett, Barrister, Rechtsanwalt O. Geiss und J. Holmes, Barrister, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch L. Armati, P.‑J. Loewenthal und K. Walkerová als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/342/EU der Kommission vom 16. Oktober 2013 über die staatliche Beihilfe SA.18211 (C 25/05) (ex NN 21/05), die die Slowakische Republik zugunsten von Frucona Košice a.s. gewährt hat (ABl. L 176, S. 38), erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Gervasoni und L. Madise (Berichterstatter), Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2015 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits Entwicklung der Lage der Klägerin und Vergleichsverfahren 1 Die Klägerin, Frucona Košice a.s., ist eine Gesellschaft slowakischen Rechts, die u. a. alkoholische Getränke und Spirituosen herstellte. 2 Von November 2002 bis November 2003 wurde der Klägerin mehrfach ein Zahlungsaufschub für geschuldete Verbrauchsteuern gewährt. Dieser Zahlungsaufschub wurde jeweils gewährt, nachdem sie der für sie zuständigen örtlichen Steuerbehörde, dem Finanzamt Košice IV (im Folgenden: örtliche Steuerbehörde), finanzielle Sicherheiten gestellt hatte. 3 Am 25. Februar 2004 konnte die Klägerin wegen der finanziellen Schwierigkeiten, in denen sie sich befand, die für Januar 2004 geschuldeten Verbrauchsteuern nicht entrichten. Infolge einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004 konnte die Klägerin für diese Verbrauchsteuern keinen Zahlungsaufschub mehr erhalten. 4 Der Klägerin wurde deshalb die Lizenz zur Herstellung und Verarbeitung von alkoholischen Getränken und Spirituosen entzogen. Seither hat sie ihre Tätigkeit darauf beschränkt, Spirituosen unter der Marke „Frucona“ zu vertreiben, die sie bei O.H. kaufte, einem Unternehmen, das diese gemäß einer Vereinbarung mit der Klägerin in deren Spirituosenfabriken unter Lizenz produzierte. 5 Außerdem trat die Überschuldung der Klägerin im Sinne des Zákon č. 328/1991 Zb. o konkurze a vyrovnaní (Gesetz Nr. 328/1991 über Insolvenz- und Vergleichsverfahren) ein. 6 Am 8. März 2004 reichte die Klägerin beim Krajský súd v Košiciach (Bezirksgericht Košice) (Slowakei) einen Antrag auf Eröffnung eines Vergleichsverfahrens ein und schlug ihren Gläubigern vor, jedem von ihnen 35 % des geschuldeten Betrags zu zahlen (im Folgenden: Vergleichsvorschlag). Die gesamten Schulden der Klägerin beliefen sich auf etwa 644,6 Mio. slowakische Kronen (SKK); davon waren etwa 640,8 Mio. SKK Steuerschulden. 7 Mit Beschluss vom 29. April 2004 genehmigte das Krajský súd v Košiciach die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. 8 Am 9. Juli 2004 stimmten die Gläubiger der Klägerin einschließlich der örtlichen Steuerbehörde in einer Vergleichsverhandlung dem Vergleichsvorschlag zu. Im Rahmen dieses Vergleichsverfahrens trat die örtliche Steuerbehörde als Sondergläubigerin auf, wobei ihr diese Eigenschaft aufgrund der Sicherheiten zukam, die zu ihren Gunsten bei den Zahlungsaufschüben für die von der Klägerin geschuldeten Verbrauchsteuern gestellt worden waren (siehe oben, Rn. 2). 9 Die Klägerin bringt vor, sie habe vor dem 9. Juli 2004 der örtlichen Steuerbehörde u. a. einen Prüfbericht vorgelegt, den eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellt habe (im Folgenden: Bericht E), damit diese Behörde die jeweiligen Vorteile eines Vergleichs bzw. eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens beurteilen könne. 10 Am 21. Juni 2004 nahm die slowakische Steuerverwaltung in den Räumen der Klägerin eine Betriebsrevision vor. Bei dieser Revision wurde die finanzielle Lage der Klägerin zum 17. Juni 2004 festgestellt. 11 Mit Beschluss vom 14. Juli 2004 bestätigte das Krajský súd v Košiciach den Vergleich. Dieser sah eine Rückzahlung der Forderung der slowakischen Steuerverwaltung in Höhe von 35 %, d. h. von etwa 224,3 Mio. SKK, vor. 12 Mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 teilte die örtliche Steuerbehörde der Klägerin u. a. mit, dass die Modalitäten des Vergleichs, denen zufolge ein Teil der Steuerschuld nicht zurückgezahlt werden müsse, eine mittelbare staatliche Beihilfe darstellten, die einer Genehmigung durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften bedürfe. 13 Am 17. Dezember 2004 zahlte die Klägerin u. a. der örtlichen Steuerbehörde einen Betrag in Höhe von 224,3 Mio. SKK, d. h. 35 % ihrer gesamten Steuerschuld. Mit Beschluss vom 30. Dezember 2004 schloss das Krajský súd v Košiciach das Vergleichsverfahren. Am 18. August 2006 setzte dieses Gericht den der örtlichen Steuerbehörde zu zahlenden Betrag auf 224,1 Mio. SKK herab. Verwaltungsverfahren 14 Am 15. Oktober 2004 ging bei der Kommission eine Beschwerde wegen einer vermutlich rechtswidrigen staatlichen Beihilfe zugunsten der Klägerin ein. 15 Mit Schreiben vom 4. Januar 2005 teilte die Slowakische Republik der Kommission auf deren Auskunftsverlangen hin mit, dass die Klägerin möglicherweise eine rechtswidrige Beihilfe erhalten habe, und bat sie, diese Beihilfe als Rettungsbeihilfe für ein in Schwierigkeiten befindliches Unternehmen zu genehmigen. 16 Nach der Einholung zusätzlicher Informationen teilte die Kommission der Slowakischen Republik mit Schreiben vom 5. Juli 2005 ihre Entscheidung mit, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG in Bezug auf die fragliche Maßnahme einzuleiten. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2005, C 233, S. 47) veröffentlicht. 17 Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 übermittelte die Slowakische Republik der Kommission ihre Stellungnahme zu der in Rede stehenden Maßnahme. Ebenso sandte die Klägerin der Kommission mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 ihre Stellungnahme zu dieser Maßnahme. Dieses Schreiben wurde der Slowakischen Republik zur Stellungnahme übermittelt, die sie mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 abgab. Ursprüngliche Entscheidung 18 Am 7. Juni 2006 erließ die Kommission die Entscheidung 2007/254/EG über die staatliche Beihilfe C 25/05 (ex NN 21/05), gewährt durch die Slowakische Republik zugunsten von Frucona Košice a.s. (ABl. 2007, L 112, S. 14, im Folgenden: ursprüngliche Entscheidung). Im verfügenden Teil dieser Entscheidung wurde in Art. 1 festgestellt, dass die staatliche Beihilfe, die die Slowakische Republik der Klägerin in Höhe von 416515990 SKK gewährt hatte, nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen sei, und in Art. 2 die Rückforderung dieser Beihilfe angeordnet. Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof 19 Am 12. Januar 2007 erhob die Klägerin beim Gericht Nichtigkeitsklage gegen die ursprüngliche Entscheidung. 20 Mit Urteil vom 7. Dezember 2010, Frucona Košice/Kommission (T‑11/07, Slg, EU:T:2010:498), wies das Gericht diese Klage als unbegründet ab. 21 Im Rahmen eines von der Klägerin nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens hob der Gerichtshof mit Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, Slg, EU:C:2013:32), das Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), auf. Im Rahmen der Prüfung des erstinstanzlichen Rechtsstreits in der Sache entschied der Gerichtshof, dass die Kommission dadurch, dass sie die Dauer des Insolvenzverfahrens im Rahmen ihrer Beurteilung des Kriteriums des privaten Gläubigers nicht berücksichtigt hatte, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat oder, soweit dieser Gesichtspunkt von der Kommission berücksichtigt worden war, sie die ursprüngliche Entscheidung nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet hat. Schließlich hat der Gerichtshof die Rechtssache an das Gericht zur Entscheidung über die bei ihm geltend gemachten und von ihm noch nicht geprüften Klagegründe zurückverwiesen. 22 In der Folge des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), erließ die Kommission zur Behebung der vom Gerichtshof festgestellten Mängel am 16. Oktober 2013 den Beschluss 2014/342/EU über die staatliche Beihilfe SA.18211 (C 25/05) (ex NN 21/05), die die Slowakische Republik zugunsten von Frucona Košice a.s. gewährt hat (ABl. L 176, S. 38, im Folgenden: angefochtener Beschluss), laut dessen Art. 1 die ursprüngliche Entscheidung „aufgehoben [wird]“. 23 Anschließend stellte das Gericht, bei dem die Sache nach Art. 117 seiner Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 durch das zurückverweisende Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), anhängig geworden war, durch mit Gründen versehenen Beschluss vom 21. März 2014, Frucona Košice/Kommission (T‑11/07 RENV, EU:T:2014:173), fest, dass der Rechtsstreit über die gegenüber der ursprünglichen Entscheidung erhobene Nichtigkeitsklage in der Hauptsache erledigt ist. Angefochtener Beschluss 24 Wie oben in Rn. 22 dargelegt, erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, der die ursprüngliche Entscheidung ersetzte, um die vom Gerichtshof im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), festgestellten Mängel dieser Entscheidung zu beseitigen (zehnter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 25 Im angefochtenen Beschluss vertrat die Kommission u. a. die Ansicht, dass im Wesentlichen eingehend geprüft werden sollte, ob die örtliche Steuerbehörde, indem sie dem Vergleichsvorschlag und daher der Abschreibung von 65 % ihrer Forderung zugestimmt habe, sich gegenüber der Klägerin wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Gläubiger verhalten habe. Insoweit sei die Stellung dieser Behörde als Gläubigerin der Klägerin ungewöhnlich stark gewesen, da die rechtliche und wirtschaftliche Lage dieser Behörde vorteilhafter als die der privaten Gläubiger der Klägerin gewesen sei. Die örtliche Steuerbehörde habe nämlich mehr als 99 % aller in das Insolvenzverfahren einbezogenen Forderungen gehalten und sei eine Sondergläubigerin gewesen, deren Forderungen im Zuge des Insolvenzverfahrens jederzeit aus dem Erlös der als Sicherheit eingesetzten Aktiva hätten befriedigt werden können (80. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 26 Erstens führte die Kommission zum Kriterium des privaten Gläubigers u. a. aus, dass dessen Anwendbarkeit davon abhänge, ob der betroffene Mitgliedstaat einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt habe, und zwar in einer anderen als seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt, und dass ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf dieses Kriterium berufe, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen müsse, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen habe. Hierfür bezog sie sich auf das Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF (C‑124/10 P, Slg, EU:C:2012:318, Rn. 81 bis 85) (82. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 27 Im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission Folgendes fest: 28 Zweitens prüfte die Kommission – nachdem sie im 84. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen hatte, dass „[die Klägerin] behauptet, dass die Maßnahme kein Beihilfeelement enthält, und … die aufgeführten Unterlagen, insbesondere die Berichte der beiden Wirtschaftsprüfer, vor[legt]“ –, ob die Slowakische Republik sich gegenüber der Klägerin wie ein privater Gläubiger verhalten habe. 29 Dazu verglich die Kommission als Erstes im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel das Vergleichsverfahren mit dem Insolvenzverfahren (Erwägungsgründe 88 bis 119 des angefochtenen Beschlusses), als Zweites das Vergleichsverfahren mit dem Steuereinziehungsverfahren (Erwägungsgründe 120 bis 127 des angefochtenen Beschlusses) und würdigte als Drittes die anderen von den slowakischen Behörden und der Klägerin vorgelegten Beweismittel (Erwägungsgründe 128 bis 138 des angefochtenen Beschlusses). Im Wesentlichen war die Kommission der Ansicht, dass sowohl das Insolvenzverfahren als auch das Steuereinziehungsverfahren aus der Sicht der örtlichen Steuerverwaltung vorteilhaftere Alternativen als der Vergleichsvorschlag gewesen seien (Erwägungsgründe 119, 124 und 127 des angefochtenen Beschlusses). 30 Im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kam die Kommission zu dem Schluss, dass das Kriterium des privaten Gläubigers nicht erfüllt gewesen sei und die Slowakische Republik der Klägerin einen Vorteil gewährt habe, den diese unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht hätte erlangen können. Die Kommission schloss deshalb im 140. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, dass die vom Finanzamt im Rahmen des Vergleichs gebilligte Schuldabschreibung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle. Schließlich gelangte die Kommission im 182. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zu dem Ergebnis, dass diese staatliche Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. 31 Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses umfasst fünf Artikel. 32 Nach Art. 1 des angefochtenen Beschlusses wird „[d]ie [ursprüngliche] Entscheidung … aufgehoben“ (siehe oben, Rn. 22). 33 Laut Art. 2 des angefochtenen Beschlusses ist die staatliche Beihilfe in Höhe von 416515990 SKK, die die Slowakische Republik der Klägerin gewährt hat, mit dem Binnenmarkt unvereinbar. 34 In Art. 3 des angefochtenen Beschlusses ordnet die Kommission gegenüber der Slowakischen Republik die Rückforderung der fraglichen rechtswidrig bereitgestellten Beihilfe zuzüglich Zinsen an. 35 Art. 4 des angefochtenen Beschlusses sieht vor, dass die Slowakische Republik der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die Maßnahmen mitzuteilen hat, die ergriffen wurden, um diesem Beschluss nachzukommen. 36 Nach seinem Art. 5 ist der angefochtene Beschluss an die Slowakische Republik gerichtet. 37 Die Klägerin erhielt von den slowakischen Behörden am 24. Oktober 2013 eine Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses. 38 Der angefochtene Beschluss wurde am 14. Juni 2014 im Amtsblatt veröffentlicht. Verfahren und Anträge der Parteien 39 Mit Klageschrift, die am 17. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 40 Mit besonderem Schriftsatz, der am 18. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, der im Wesentlichen auf die Aussetzung des Vollzugs von Art. 3 Abs. 1 und 2 sowie Art. 4 des angefochtenen Beschlusses gerichtet war. Mit Beschluss vom 6. Mai 2014 hat der Präsident des Gerichts diesen Antrag zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. 41 Mit besonderem Schriftsatz, der am 28. Juli 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen erneuten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, der im Wesentlichen auf die Aussetzung des Vollzugs von Art. 3 Abs. 1 und 2 sowie Art. 4 des angefochtenen Beschlusses gerichtet war. Mit Beschluss vom 18. September 2014 hat der Präsident des Gerichts diesen Antrag zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. 42 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 die Klägerin aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen, und der Kommission eine schriftliche Frage gestellt. Die Parteien haben diesen Aufforderungen fristgerecht Folge geleistet. 43 In der Sitzung vom 8. September 2015 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 44 Die Klägerin beantragt, — den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 45 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 46 Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Gründe. Im Wesentlichen betrifft der erste einen Verstoß gegen die Verteidigungsrechte, der zweite einen Rechtsfehler im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der dritte tatsächliche und rechtliche Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Insolvenzverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren, und der vierte tatsächliche und rechtliche Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Steuereinziehungsverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Verteidigungsrechte 47 Im Rahmen des ersten Klagegrundes rügt die Klägerin im Wesentlichen, dass die Kommission ihre Verteidigungsrechte und die der Slowakischen Republik verletzt habe. Insbesondere hätte die Kommission die Klägerin in der Folge des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), zu bestimmten Bestandteilen der Akte sowie zu bestimmten Teilen dieses Urteils anhören müssen, und die Kommission hätte die Beteiligten und die Slowakische Republik zur rechtlichen Würdigung und zu den Erwägungen im angefochtenen Beschluss anhören müssen. In der Erwiderung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der vorliegende Klagegrund in einem weiteren Sinne als Rüge einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften zu verstehen sei, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen habe, da sich die Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses geweigert habe, alle relevanten Informationen einzuholen und sich auf die Informationen beschränkt habe, über die sie beim Erlass der ursprünglichen Entscheidung verfügt habe, wie sie in der Klagebeantwortung eingeräumt habe. 48 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. 49 Das Vorbringen der Klägerin zu einem Verstoß gegen die Verteidigungsrechte und zu einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften ist in dieser Reihenfolge zu prüfen. 50 In einem ersten Schritt ist darauf einzugehen, dass die Klägerin als Erstes eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend macht. 51 Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die gegen eine Person eingeleitet werden und zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen können, ein elementarer Grundsatz des Unionsrechts und muss auch dann sichergestellt werden, wenn eine besondere Regelung fehlt. Nach diesem Grundsatz ist dem Betreffenden bereits im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen, Beanstandungen und Umstände gebührend Stellung zu nehmen (Urteile vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg, EU:C:1986:302, Rn. 27, vom 9. Juli 2008, Alitalia/Kommission, T‑301/01, Slg, EU:T:2008:262, Rn. 169, vom 15. Dezember 2009, EDF/Kommission, T‑156/04, Slg, EU:T:2009:505, Rn. 101, und vom 12. Mai 2011, Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’Agglomération du Douaisis/Kommission, T‑267/08 und T‑279/08, Slg, EU:T:2011:209, Rn. 70). 52 Das Verwaltungsverfahren im Bereich staatlicher Beihilfen wird jedoch nur gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat eröffnet. Die Beihilfeempfänger gelten in diesem Verfahren lediglich als „Beteiligte“. Sie haben selbst keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie dem Mitgliedstaat zusteht (Urteile vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg, EU:C:2002:524, Rn. 81 und 83, Alitalia/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2008:262, Rn. 170, sowie EDF/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:505, Rn. 102). 53 Somit weist die Rechtsprechung den Beteiligten im Rahmen des nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eingeleiteten Verwaltungsverfahrens im Wesentlichen die Rolle von Informationsquellen für die Kommission zu. Daraus folgt, dass die Beteiligten keinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen können, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, sondern lediglich das Recht haben, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden (vgl. Urteile Alitalia/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2008:262, Rn. 172 und die dort angeführte Rechtsprechung, EDF/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:505, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’Agglomération du Douaisis/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2011:209, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). 54 Folglich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass ihre Verteidigungsrechte verletzt worden seien, da ihr im Rahmen des Verwaltungsverfahrens im Bereich staatlicher Beihilfen keine solchen Rechte zustehen. Diese Schlussfolgerung gilt ungeachtet dessen, dass der Mitgliedstaat, der die Beihilfe gewährt hat, und die Klägerin als Beihilfeempfänger im Rahmen eines solchen Verfahrens unterschiedliche Interessen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteil EDF/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:505, Rn. 104). 55 Es ist jedoch zu prüfen, ob die Klägerin unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt wurde (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile Alitalia/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2008:262, Rn. 173, und vom 30. April 2014, Tisza Erőmű/Kommission, T‑468/08, EU:T:2014:235, Rn. 206). 56 Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung die Kommission erstens in der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase verpflichtet, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. Urteil vom 8. Mai 2008, Ferriere Nord/Kommission, C‑49/05 P, EU:C:2008:259, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zu dieser Pflicht hat der Gerichtshof entschieden, dass die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens darstellt; dabei hat er klargestellt, dass diese Mitteilung lediglich dem Zweck dient, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen (vgl. Urteile vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, Slg, EU:T:2003:57, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Alitalia/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2008:262, Rn. 171). 57 Im vorliegenden Fall steht zum einen fest, dass die Klägerin auf die Veröffentlichung der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt durch die Kommission hin mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 Stellung genommen und am 28. März 2006 auch mündliche Erklärungen abgegeben hat, d. h. vor dem Erlass der ursprünglichen Entscheidung, die der angefochtene Beschluss ersetzt. Außerdem bestreitet die Klägerin nicht, dass sie durch die Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ausreichend Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hatte und in der Lage war, hierzu sachdienlich Stellung zu nehmen. 58 Daraus folgt, dass die Kommission im förmlichen Prüfverfahren, das zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung führte, die Verfahrensrechte der Klägerin nicht verletzt hat, was diese im Übrigen nicht geltend macht. 59 Zum anderen steht auch fest, dass sich der angefochtene Beschluss ausschließlich auf die zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Entscheidung verfügbaren Informationen stützt, zu denen die Klägerin Stellung nehmen konnte oder die sie selbst in ihren Erklärungen lieferte. Insbesondere macht die Klägerin zwar geltend, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss neue Gründe und Würdigungen eingeführt habe, räumt jedoch in der Erwiderung ein – und hat dies in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts bestätigt, was in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommen worden ist –, dass die Kommission keine anderen Informationen berücksichtigt hatte als die, über die sie beim Erlass der ursprünglichen Entscheidung verfügte. 60 Folglich konnte die Kommission diese Informationen entgegen dem Vorbringen der Klägerin für den Erlass des angefochtenen Beschlusses heranziehen, ohne erneut eine Stellungnahme Letzterer einholen zu müssen. 61 Hinzu kommt, zweitens, dass nach der Rechtsprechung das Verfahren, mit dem eine rechtswidrige Maßnahme ersetzt werden soll, genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, an dem es zu dem Rechtsverstoß gekommen ist, ohne dass die Kommission verpflichtet wäre, das Verfahren an einem davor liegenden Punkt wieder aufzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 1998, Spanien/Kommission, C‑415/96, Slg, EU:C:1998:533, Rn. 31, vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat, C‑458/98 P, Slg, EU:C:2000:531, Rn. 82, und Alitalia/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2008:262, Rn. 99 und 142). Diese Rechtsprechung zur Ersetzung einer durch den Unionsrichter für nichtig erklärten Handlung ist auch auf die Rücknahme und die Ersetzung einer rechtswidrigen Maßnahme durch ihren Urheber, ohne eine Nichtigerklärung der fraglichen Handlung durch den Unionsrichter, zu übertragen (vgl. in diesem Sinne Urteil Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’Agglomération du Douaisis/Kommission, oben in Rn.51 angeführt, EU:T:2011:209, Rn. 83). 62 Im vorliegenden Fall steht jedoch zum einen fest, dass der Gerichtshof im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32, Rn. 101 bis 103), entschieden hat, dass die Kommission dadurch, dass sie die Dauer des Insolvenzverfahrens im Rahmen ihrer Beurteilung des Kriteriums des privaten Gläubigers nicht berücksichtigt hatte, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen oder, soweit dieser Gesichtspunkt von der Kommission berücksichtigt worden war, sie ihre Entscheidung nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet hatte. Aus diesem Urteil ergibt sich jedoch nicht, dass der Gerichtshof das Verfahren zur Prüfung der streitigen Maßnahme oder die sachliche Richtigkeit der in diesem Verfahren zusammengetragenen grundlegenden Informationen in Frage gestellt hätte. 63 Zum anderen ist auch unstreitig, dass die Kommission diesen Beschluss erließ, um die vom Gerichtshof festgestellten Mängel der ursprünglichen Entscheidung zu beheben, wie aus dem zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. Daher enthält der angefochtene Beschluss u. a. eine Beurteilung der Dauer des Insolvenzverfahrens bei der Beurteilung des Kriteriums des privaten Gläubigers. 64 Unter diesen Umständen war die Kommission nach der oben in Rn. 61 angeführten Rechtsprechung nicht verpflichtet, das förmliche Prüfverfahren wiederzueröffnen und erneut eine Stellungnahme der Klägerin einzuholen. 65 Daraus folgt, dass die Kommission durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses auf der Grundlage der Informationen, die sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung führte, gesammelt hatte, ohne erneut eine Stellungnahme der Klägerin einzuholen, nicht gegen deren Recht verstoßen hat, an diesem Verfahren beteiligt zu werden. 66 Dieses Ergebnis wird durch keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente in Frage gestellt. 67 Erstens beanstandet die Klägerin, die Kommission habe ihr nicht die Möglichkeit gegeben, zu den neuen Aspekten im angefochtenen Beschluss, zu den Auswirkungen des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), zum Insolvenzverfahren von L., einer in derselben Branche tätigen Gesellschaft, und zu bestimmten Punkten des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), Stellung zu nehmen. In der Erwiderung fügt sie hinzu, die Kommission habe den Beteiligten nicht die Gelegenheit gegeben, die erforderlichen Informationen vorzulegen, um festzustellen, ob ihre Rechtsauslegung zutreffend sei. 68 Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den von der Klägerin angeführten Rn. 141, 145, 146, 148, 177, 180, 181, 190, 191 und 198 des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), im Wesentlichen festgestellt hat, dass bestimmte von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Informationen und Argumente unzureichend gewesen seien und die Kommission nicht verpflichtet sei, zusätzliche Informationen zu verlangen. Zum anderen hatte die Klägerin dem 117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge die Ähnlichkeit zwischen ihrem eigenen Fall und dem von L. nicht nachgewiesen. 69 Das Vorbringen der Klägerin läuft somit im Wesentlichen auf den Vorwurf an die Kommission hinaus, dass sie das förmliche Prüfverfahren nicht wiedereröffnet habe und die Klägerin nicht zu allen Informationen angehört habe, die diese im Lauf des zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung führenden Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die vom Gericht im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), oder von der Kommission in der ursprünglichen Entscheidung für unzureichend erachtet worden seien. Einem solchen Vorbringen steht jedoch die oben in Rn. 52 angeführte Rechtsprechung entgegen, wonach die Beteiligten, darunter der Beihilfeempfänger, keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission haben. Diesem Vorbringen zu folgen, würde nämlich gerade bewirken, eine solche Erörterung einzuführen. 70 Soweit die Klägerin sodann rügt, die Kommission habe die Beteiligten zur rechtlichen Würdigung und zu den Erwägungen im angefochtenen Beschluss nicht angehört, ist darauf hinzuweisen, dass bereits entschieden worden ist, dass die Kommission weder nach einer Vorschrift über staatliche Beihilfen noch nach der Rechtsprechung verpflichtet ist, den Empfänger staatlicher Mittel zu ihrer rechtlichen Beurteilung der fraglichen Maßnahme zu hören oder den betroffenen Mitgliedstaat – oder gar den Beihilfeempfänger – vor Erlass ihrer Entscheidung über ihren Standpunkt zu informieren, wenn den Beteiligten und dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (Urteile vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01, Slg, EU:T:2004:222, Rn. 198, und vom 1. Juli 2010, Nuova Terni Industrie Chimiche/Kommission, T‑64/08, EU:T:2010:270, Rn. 168; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 21. Januar 1999, Neue Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, T‑129/95, T‑2/96 und T‑97/96, Slg, EU:T:1999:7, Rn. 230 und 231). Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass die Kommission der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens gegeben hat. 71 Aus denselben Erwägungen ist schließlich das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Kommission es versäumt habe, sie zu den Auswirkungen des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), auf die Analyse der Kommission anzuhören. 72 Zweitens beanstandet die Klägerin, dass die Kommission nicht alle für den Erlass des angefochtenen Beschlusses relevanten Informationen eingeholt und sich auf die Informationen beschränkt habe, über die sie beim Erlass der ursprünglichen Entscheidung verfügt habe. 73 Zwar hat der Gerichtshof, wie die Klägerin geltend macht, u. a. entschieden, dass der Unionsrichter im Rahmen der Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen kontrollieren muss, ob die angeführten Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 76). Es trifft auch zu, dass nach der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung, wenn sich erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers anwendbar sein könnte, die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen hat, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind (Urteil vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, EU:C:2013:186, Rn. 33). 74 Diese Erwägungen gehören jedoch zur Prüfung der Begründetheit einer Entscheidung der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen. Sie wurden bei der Prüfung von im Rechtsmittelverfahren geltend gemachten Gründen formuliert, die sich auf die Richtigkeit der Beurteilung von Klagegründen betreffend die materielle Rechtmäßigkeit von streitigen Entscheidungen und insbesondere des Kriteriums des privaten Gläubigers durch das Gericht bezogen. Der Gerichtshof hat hingegen in den oben in Rn. 73 angeführten Urteilen nicht über die davon zu unterscheidende Frage der Rechtmäßigkeit des Verfahrens des Erlasses einer solchen Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Verfahrensrechte des Beihilfeempfängers entschieden. 75 Daraus folgt, dass sich das oben in Rn. 72 zusammengefasste Vorbringen der Klägerin auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses bezieht und dass damit keine Verletzung ihrer Verfahrensrechte nachgewiesen werden kann. Gleiches gilt, wenn sich herausstellen sollte, dass die ursprüngliche Prüfung der Kommission nicht zuverlässig war. 76 Drittens trägt die Klägerin vor, dass sich zwar die Rollen des betreffenden Mitgliedstaats und des Beihilfeempfängers im förmlichen Prüfverfahren unterschieden, jedoch sichergestellt werden sollte, dass das Vorbringen des Beihilfeempfängers auf andere Weise gehört werde, wenn dessen Interessen vom Mitgliedstaat nicht verteidigt würden. 77 Zum einen ist jedoch in Anbetracht der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass der Umstand, dass der betreffende Mitgliedstaat das Interesse des Beihilfeempfängers nicht verteidigt, dessen Rolle im Verwaltungsverfahren oder die Art seiner Beteiligung an diesem Verfahren nicht derart ändern kann, dass ihm hinsichtlich der Verteidigungsrechte Garantien eingeräumt würden, die mit denen dieses Mitgliedstaats vergleichbar sind. 78 Zum anderen genügt zum Recht des Beihilfeempfängers, unter Berücksichtigung der Umstände des jeweils vorliegenden Falls angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden, der Hinweis, dass der Klägerin hier nach der Veröffentlichung der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt Gelegenheit gegeben wurde, alle Informationen vorzulegen, die sie für relevant und sachdienlich hielt. Aus den von der Klägerin in diesem Stadium abgegebenen Erklärungen geht eindeutig hervor, dass ihr bekannt war, dass die slowakischen Behörden die vorläufigen Schlussfolgerungen zur Einstufung der fraglichen Maßnahme als staatliche Beihilfe in dieser Entscheidung nicht beanstandeten. Sie war daher trotz der unterschiedlichen Standpunkte jedenfalls in der Lage, Stellung zu nehmen. 79 Nach alledem ist das gesamte Vorbringen der Klägerin, mit dem im Wesentlichen nachgewiesen werden soll, dass die Kommission sie in der Folge des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), hätte anhören müssen, zurückzuweisen. Daraus folgt auch, dass es nicht erforderlich ist, das Vorbringen zu prüfen, wonach der Inhalt des angefochtenen Beschlusses anders hätte ausfallen können, wenn die Klägerin eine ergänzende Stellungnahme hätte vorlegen können. 80 Als Zweites hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts bestätigt, dass sie sich auch auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Slowakischen Republik berufen wolle, die von der Kommission in der Folge des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), und zu den im angefochtenen Beschluss aufgeworfenen neuen Fragen nicht angehört worden sei. 81 Nach der Rechtsprechung ist eine Verletzung der Verteidigungsrechte ihrem Wesen nach eine Verletzung von subjektiven Rechten (vgl. Urteil vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg, EU:T:2004:221, Rn. 425 und die dort angeführte Rechtsprechung); sie muss daher von dem betroffenen Mitgliedstaat selbst geltend gemacht werden (Urteil Nuova Terni Industrie Chimiche/Kommission, oben in Rn. 70 angeführt, EU:T:2010:270, Rn. 186; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, oben in Rn. 70 angeführt, EU:T:2004:222, Rn. 203). 82 Daraus folgt, dass die Klägerin sich nicht auf eine vermeintliche Verletzung der Verteidigungsrechte der Slowakischen Republik berufen kann. 83 In einem zweiten Schritt ist das Vorbringen in der Erwiderung zu prüfen, wonach der vorliegende Klagegrund in einem weiteren Sinne als Rüge einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften zu verstehen sei, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen habe, da die Kommission in der Klagebeantwortung eingeräumt habe, dass sie von ihrer Prüfung alle Informationen ausgenommen habe, die sie nach dem zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung führenden Verfahren erhalten habe. 84 In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass die Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 AEUV zwar eine Rüge zwingenden Rechts darstellt, die der Unionsrichter von Amts wegen prüfen muss (Urteil vom 13. Dezember 2013, Ungarn/Kommission, T‑240/10, Slg, EU:T:2013:645, Rn. 70; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 4. September 2014, Spanien/Kommission, C‑192/13 P, Slg, EU:C:2014:2156, Rn. 103, und vom 22. Oktober 2014, Spanien/Kommission, C‑429/13 P, Slg, EU:C:2014:2310, Rn. 34). 85 Ein Klagegrund, der die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung betrifft und mit dem die Verletzung der Verträge oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm im Sinne von Art. 263 AEUV gerügt wird, darf jedoch vom Unionsrichter grundsätzlich nur geprüft werden, wenn sich der Kläger darauf beruft (Urteile vom 10. Dezember 2013, Kommission/Irland u. a., C‑272/12 P, Slg, EU:C:2013:812, Rn. 28, und vom 20. März 2014, Rousse Industry/Kommission, C‑271/13 P, EU:C:2014:175, Rn. 18; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 67). 86 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorstehenden Rn. 73 bis 75, dass die Frage, ob die Kommission alle relevanten Informationen für die Beurteilung des Kriteriums des privaten Gläubigers berücksichtigt hat, zur Beurteilung der Begründetheit des angefochtenen Beschlusses gehört und nichts mit einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften zu tun hat. 87 Daraus folgt, dass die Argumente der Klägerin hinsichtlich einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften zurückzuweisen sind, ohne dass ihre Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt zu prüfen wäre, dass sie erstmals im Stadium der Erwiderung vorgebracht worden sind. 88 Nach alledem ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses 89 Im Rahmen des zweiten Nichtigkeitsgrundes macht die Klägerin geltend, der 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei im Wesentlichen deswegen rechtsfehlerhaft, weil die Kommission zu Unrecht aus dem Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt (EU:C:2012:318, Rn. 81 bis 85), geschlossen habe, dass der bloße Umstand, dass ein Mitgliedstaat zu der Beihilfe nicht zur Zeit des Sachverhalts Stellung nehme oder beantrage, die fragliche Maßnahme als Rettungsbeihilfe zu betrachten, bedeute, dass es sich zwangsläufig um eine staatliche Beihilfe handele. Erstens sei der Begriff der staatlichen Beihilfe ein objektiver Begriff, und die Erklärungen des Mitgliedstaats seien möglicherweise nicht verlässlich und könnten einem Beteiligten nicht entgegengehalten werden, der die Einstufung der fraglichen Maßnahme als staatliche Beihilfe beanstande. Zweitens stelle sich die Frage, in welcher Eigenschaft die Slowakische Republik im vorliegenden Fall gehandelt habe, nicht, da diese nur in der Eigenschaft als Gläubigerin habe handeln können. Somit stelle sich nur die Frage, ob die Klägerin, insbesondere nach den in den Rn. 70 bis 73 des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), genannten Kriterien, den fraglichen Vorteil offenkundig nicht von einem privaten Gläubiger hätte erhalten können. Drittens verfüge die Kommission über keinen Beweis dafür, dass die örtliche Steuerbehörde die fragliche Steuerschuld nicht in ihrer Eigenschaft als Gläubigerin behandelt habe, indem sie versucht habe, den einziehbaren Betrag zu optimieren. Maßgeblich sei insoweit nur die Entscheidung dieser Behörde und nicht die Beurteilung der slowakischen Behörden, wie sie im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargestellt werde. Viertens ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission zu Unrecht der Ansicht sei, dass es dem Mitgliedstaat obliege, sich auf das Kriterium des privaten Gläubigers zu berufen. 90 Die Kommission hält dieses Vorbringen im Wesentlichen deshalb für unbegründet, weil der 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Einklang mit der Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers stehe und sie jedenfalls die ihr vorliegenden Informationen geprüft habe, um zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums im vorliegenden Fall erfüllt seien. Erstens hänge nach der Rechtsprechung die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers von der Eigenschaft ab, in der der betroffene Mitgliedstaat einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gewähre, wobei dieser Mitgliedstaat sich darauf berufen und eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen müsse, dass er seine Entscheidung in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer und nicht als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe. Wenn sich der Empfänger einer Beihilfe auf das Kriterium des privaten Gläubigers sollte berufen können, gelte diese Rechtsprechung ebenso und erst recht. Zweitens gründe sich das Vorbringen der Klägerin auf die unzutreffende Annahme, dass das Kriterium des privaten Gläubigers angewandt werden könne, ohne dass zuvor seine Anwendbarkeit unter Berücksichtigung der Absicht des Mitgliedstaats, als privater Wirtschaftsteilnehmer zu handeln, nachgewiesen worden sei. Im vorliegenden Fall habe die Slowakische Republik jedoch Beweise vorgelegt, die gegen die Anwendbarkeit dieses Kriteriums sprächen. Drittens weist die Kommission zum Vorbringen der Klägerin betreffend die unterschiedlichen Standpunkte der slowakischen Behörden und der örtlichen Steuerbehörde darauf hin, dass nur der Mitgliedstaat Partei des Verfahrens zur Prüfung staatlicher Beihilfen sei. 91 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. 92 Der Begriff der Beihilfe umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die von einem Unternehmen normalerweise zu tragenden Belastungen vermindern und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteile vom 1. Dezember 1998, Ecotrade, C‑200/97, Slg, EU:C:1998:579, Rn. 34, Frucona Košice/Kommission,oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 69, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 30). 93 Die Voraussetzungen, die eine Maßnahme erfüllen muss, um unter den Begriff „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 AEUV zu fallen, sind jedoch nicht erfüllt, wenn das begünstigte Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können (Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 70, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 31; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). 94 Diese Beurteilung erfolgt grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers, wenn ein öffentlicher Gläubiger Zahlungserleichterungen für eine ihm von einem Unternehmen geschuldete Forderung gewährt. Dieses Kriterium gehört nämlich, wenn es anwendbar ist, zu den Merkmalen, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen einer solchen Beihilfe festzustellen (Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 71, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 32; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 29. April 1999, Spanien/Kommission,C‑342/96, Slg, EU:C:1999:210, Rn. 46, und vom 29. Juni 1999, DM Transport,C‑256/97, Slg, EU:C:1999:332, Rn. 24). 95 Insoweit hat der Gerichtshof im Kontext des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers entschieden, dass dessen Anwendbarkeit letztlich davon abhängt, ob der betroffene Mitgliedstaat einem ihm gehörenden Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gewährte (Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 81). 96 Entsprechend ist festzustellen, dass die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers letztlich davon abhängt, ob der betroffene Mitgliedstaat einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in einer anderen als seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gewährt (vgl. in diesem Sinne Urteil EDF/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:505, Rn. 224). Nach der Rechtsprechung muss nämlich, wenn eine Behörde Zahlungserleichterungen für eine ihr von einem Unternehmen geschuldete Forderung gewährt, ihr Verhalten mit dem eines privaten Gläubigers verglichen werden, der von einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen sucht (Urteile vom 11. Juli 2002, HAMSA/Kommission,T‑152/99, Slg, EU:T:2002:188, Rn. 167, und vom 17. Mai 2011, Buczek Automotive/Kommission,T‑1/08, Slg, EU:T:2011:216, Rn. 70; vgl. in diesem Sinne auch Urteile Spanien/Kommission, oben in Rn. 94 angeführt, EU:C:1999:210, Rn. 46, und DM Transport, oben in Rn. 94 angeführt, EU:C:1999:332, Rn. 24). In Fällen dieser Art ist das Kriterium des privaten Wirtschaftsteilnehmers und daher des privaten Gläubigers maßgebend, da sich ein privater Wirtschaftsteilnehmer mit Erwerbszweck zumindest grundsätzlich so verhalten könnte wie der Staat (vgl. in diesem Sinne Urteil EDF/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:505, Rn. 224). 97 Im Kontext des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers hat der Gerichtshof außerdem entschieden, dass ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf dieses Kriterium beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen muss, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat (Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 82). Aus diesen Nachweisen muss klar hervorgehen, dass der betroffene Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des fraglichen wirtschaftlichen Vorteils die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital in das von ihm kontrollierte öffentliche Unternehmen zu investieren (vgl. Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit können insbesondere Nachweise erforderlich sein, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um deren künftige Rentabilität zu bestimmen (Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 84). Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen demgegenüber nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat (vgl. Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). 98 Wenn der betroffene Mitgliedstaat der Kommission die erforderlichen Nachweise vorgelegt hat, hat diese nach dieser Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vom betroffenen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob dieser Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder in der als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 86). 99 Im angefochtenen Beschluss wies die Kommission darauf hin, dass sie in dem Beschluss zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens Zweifel geäußert hatte, ob sich die Slowakische Republik gegenüber der Klägerin wie ein privater Gläubiger verhalten habe (78. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte zwar fest, dass der Vergleich gleiche Bedingungen für die privaten Gläubiger wie auch für die örtliche Steuerbehörde enthalten habe (79. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), allerdings sei die Stellung dieser Behörde als Gläubigerin ungewöhnlich stark gewesen. Sie zog daraus den Schluss, dass „[d]aher … eingehend geprüft werden [sollte], ob das Finanzamt alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel genutzt hat, um seine Forderungen so weit wie möglich zu befriedigen, wie dies ein Gläubiger in der Marktwirtschaft getan hätte“ (80. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 100 Dafür wies die Kommission in den Erwägungsgründen 81 und 82 des angefochtenen Beschlusses insbesondere auf die Rechtsprechung zur Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers, die im Wesentlichen oben in den Rn. 93 und 94 angeführt worden ist, und auf die Anwendbarkeit dieses Kriteriums entsprechend der oben in den Rn. 95 und 97 angeführten Rechtsprechung hin. Die Kommission wandte dieses Kriterium an, nachdem sie in den Erwägungsgründen 83 und 84 des angefochtenen Beschlusses Folgendes festgestellt hatte: 101 Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, dass die Kommission entgegen der von ihr in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagenen Auslegung im Wesentlichen davon ausging, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers anwendbar sei. Diese Auslegung ist insbesondere angesichts der Erwägungsgründe 78 und 80 des angefochtenen Beschlusses geboten, wie sie oben in Rn. 99 wiedergegeben sind. Sie ist auch angesichts des 84. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses geboten, in dem die Kommission darauf verweist, dass die Klägerin dieses Kriterium selbst vorbringe und Unterlagen hierzu vorgelegt habe, bevor sie beschließt, dieses Kriterium in der Sache anzuwenden. 102 Diese Auslegung des angefochtenen Beschlusses wird durch dessen 83. Erwägungsgrund nicht in Frage gestellt. Die Bezugnahme in diesem Erwägungsgrund auf die „vorbezeichnete … Rechtsprechung“ kann nämlich aufgrund ihrer allgemeinen Formulierung und ihrer Ungenauigkeit sowohl die Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers als auch die zu dessen Anwendung betreffen, die jeweils in den Erwägungsgründen 82 und 81 des angefochtenen Beschlusses angeführt wird. Mit anderen Worten kann das Ergebnis der Kommission, wonach „[e]s … daher den Anschein [hat], dass die vorbezeichneten Anforderungen der Rechtsprechung in diesem Fall nicht erfüllt wurden und die fragliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe … darstellt“, nicht nur in dem Sinne verstanden werden, dass das Kriterium des privaten Gläubigers nicht anwendbar war, wie die Kommission nunmehr vorbringt, sondern auch in dem Sinne, dass unter Berücksichtigung der von der Slowakischen Republik vorgelegten Nachweise die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums nicht erfüllt waren. Aufgrund der Erwägungen in der vorstehenden Rn. 101 ist entgegen der Auffassung der Kommission dieses letztere Verständnis geboten. 103 Die Kommission konnte zwar im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht allein aus der Einstufung der fraglichen Maßnahme als staatliche Beihilfe durch die Slowakische Republik den Schluss ziehen, dass diese Maßnahme tatsächlich eine solche Beihilfe darstellt, sie hat jedoch jedenfalls das Kriterium des privaten Gläubigers in der Sache gewürdigt und sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe geprüft. 104 Daraus folgt, dass der vorliegende Klagegrund, der gegen die Schlussfolgerung gerichtet ist, die fragliche Maßnahme sei als staatliche Beihilfe einzustufen, da die Slowakische Republik dies vorgeschlagen habe, ins Leere geht. Diese Schlussfolgerung ist geboten, ohne dass die anderen, oben in Rn. 89 zusammengefassten Argumente zu prüfen wären, die die Klägerin insbesondere in Beantwortung des Vorbringens der Kommission geltend gemacht hat. Mit diesen Argumenten soll nämlich das Vorliegen eines Rechtsfehlers im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargetan werden, und sie ändern nichts daran, dass dieser Fehler unerheblich ist. 105 Folglich kann das Gericht auch nicht die Unanwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall feststellen, wie es dies nach Ansicht der Kommission im Rahmen der Prüfung sowohl des zweiten als auch des dritten und des vierten Klagegrundes, die die Anwendung dieses Kriteriums betreffen, tun sollte. Mit einer solchen Feststellung würde es nämlich die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung ersetzen. 106 Nach der Rechtsprechung ist das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV für Klagen zuständig, die wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des AEU-Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhoben werden. Ist die Klage begründet, so ist die angefochtene Handlung nach Art. 264 AEUV für nichtig zu erklären. Das Gericht darf somit auf keinen Fall die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen (vgl. Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. Februar 2013, Portugal/Kommission,C‑246/11 P, EU:C:2013:118, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). 107 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass der 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, sollte er so zu verstehen sein, dass die Kommission, wie sie nunmehr vorbringt, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall ausschloss, mit einem Rechtsfehler behaftet wäre, der jedoch für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses aus den oben in den Rn. 103 und 104 und unten in Rn. 127 dargelegten Gründen unerheblich wäre. 108 Insoweit muss ein Mitgliedstaat entsprechend der oben in Rn. 97 angeführten Rechtsprechung, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Gläubigers beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise wie der in dieser Randnummer genannten belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat. 109 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich jedoch nicht, dass die Kommission, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat nicht auf das Kriterium des privaten Gläubigers beruft und die fragliche Maßnahme als staatliche Beihilfe ansieht, allein aus diesem Grund auf eine Prüfung dieses Kriteriums verzichten oder es für nicht anwendbar halten kann. Vielmehr kann sich der Beihilfeempfänger auf das Kriterium des privaten Gläubigers berufen. 110 Zunächst ist nämlich zu beachten, dass es nach der Rechtsprechung, wenn die Kommission beschließt, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, dem betreffenden Mitgliedstaat und den durch die betreffende Maßnahme Begünstigten obliegt, ihre Argumente dafür vorzutragen, dass die betreffende Maßnahme keine Beihilfe darstellt oder mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, da das förmliche Verfahren gerade dazu dient, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (vgl. Urteile vom 28. November 2008, Hotel Cipriani u. a./Kommission,T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00, Slg, EU:T:2008:537, Rn. 208 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. September 2011, Regione autonoma della Sardegna u. a./Kommission,T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08, Slg, EU:T:2011:493, Rn. 246 und die dort angeführte Rechtsprechung). 111 Das Kriterium des privaten Gläubigers stellt jedoch keine Ausnahme dar, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein Mitgliedstaat darauf beruft und die in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltenen Merkmale des Begriffs der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Beihilfe vorliegen. Es ergibt sich nämlich aus der vorstehenden Rn. 94, dass dieses Kriterium, sofern anwendbar, zu den Merkmalen gehört, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festzustellen (vgl. entsprechend Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 103). 112 Daraus folgt, dass, abgesehen davon, dass in Anbetracht der oben in Rn. 111 angeführten Rechtsprechung die Möglichkeit, sich auf das Kriterium des privaten Gläubigers zu berufen, keineswegs auf den betreffenden Mitgliedstaat beschränkt ist, eine Auslegung der Rechtsprechung, wonach der Beihilfeempfänger allein deshalb daran gehindert wäre, sich auf das Kriterium des privaten Gläubigers zu berufen, weil der betreffende Mitgliedstaat sich weder auf dieses Kriterium berufen noch die Einstufung der fraglichen Maßnahme als staatliche Beihilfe gerügt hat, mit der oben in Rn. 110 angeführten Rechtsprechung unvereinbar wäre, wonach der Begünstigte seine Argumente dafür vortragen kann, dass die betreffende Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstelle. 113 Sodann hat der Gerichtshof in Rn. 61 des Urteils vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission (C‑214/12 P, C‑215/12 P und C‑223/12 P, Slg, EU:C:2013:682), festgestellt, dass in dieser Rechtssache die Behörde, die einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt hatte, der betreffende Mitgliedstaat und der Beihilfeempfänger weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Gericht Nachweise geliefert hatten, die zeigten, dass die fragliche Maßnahme auf wirtschaftlichen Bewertungen beruhte, die diese Behörde vorgenommen hatte, um ihre Rentabilität zu bestimmen, woraus sich ableiten lässt, dass sich neben dem betreffenden Mitgliedstaat auch der Beihilfeempfänger auf das Kriterium des privaten Gläubigers berufen kann, indem er gegebenenfalls nachweist, dass die fragliche Maßnahme von diesem Staat in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer beschlossen wurde. 114 Schließlich ist die oben in den Rn. 97 und 108 dargelegte Rechtsprechung im Kontext der Umstände der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt (EU:C:2012:318, Rn. 82), ergangen ist, zu betrachten, nämlich der Berufung des Mitgliedstaats selbst auf das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers. Da der Gerichtshof nicht mit der Frage befasst war, ob sich der Beihilfeempfänger auf dieses Kriterium berufen konnte, wenn der betreffende Mitgliedstaat vorgebracht hatte, dass die fragliche Maßnahme als staatliche Beihilfe einzustufen sei, kann aus diesem Urteil nicht geschlossen werden, dass sich nur der Mitgliedstaat mit Erfolg auf dieses Kriterium berufen kann. 115 Gleichwohl muss, ebenso wie ein Mitgliedstaat, der sich auf das Kriterium des privaten Gläubigers beruft, ein Beihilfeempfänger, wenn er sich auf dieses Kriterium beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass dieser Mitgliedstaat die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat. 116 Im vorliegenden Fall hat sich die Slowakische Republik zwar nicht auf das Kriterium des privaten Gläubigers berufen und hat vorgeschlagen, die fragliche Maßnahme als staatliche Beihilfe einzustufen. Die Klägerin berief sich jedoch im förmlichen Prüfverfahren auf dieses Kriterium und legte, wie sich aus dem 84. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, Unterlagen zur Stützung dieses Vorbringens, insbesondere die Berichte zweier Wirtschaftsprüfer, vor. 117 Unter diesen Umständen kann zum einen die Kommission insbesondere in Anbetracht der vorstehenden Rn. 112 nicht allein aus dem Umstand, dass der Mitgliedstaat die streitige Maßnahme als eine staatliche Beihilfe ansah und sich nicht auf das Kriterium des privaten Gläubigers berief, ableiten, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall nicht anwendbar war. 118 Zum anderen ist in Anbetracht der oben in den Rn. 95, 97 und 98 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass, da sich die Klägerin auf dieses Kriterium berufen und dazu Unterlagen vorgelegt hatte, die Kommission prüfen musste, ob diese Unterlagen den Anforderungen nach dieser Rechtsprechung entsprachen, sowie bejahendenfalls eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im vorliegenden Fall erheblichen Anhaltspunkt berücksichtigen musste, anhand dessen sie feststellen konnte, ob der fragliche Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer oder in der als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hatte. Zwar stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 47 und 107 des angefochtenen Beschlusses fest, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht nachgewiesen sei, dass der Bericht E der örtlichen Steuerbehörde vor deren Annahme des Vergleichs vorgelegen habe, jedoch ist festzustellen, dass sich die Kommission nicht zu den Merkmalen dieser Unterlagen äußerte und diese Gesamtwürdigung nicht vornahm, um über die Anwendbarkeit des Kriteriums im vorliegenden Fall zu entscheiden. 119 Nur ergänzend ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass das Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt (EU:C:2012:318, Rn. 81 bis 85), das die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers klargestellt hat und auf das die Kommission ihr Vorbringen stützt, wonach das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, am 5. Juni 2012 erlassen wurde, d. h. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2012 in der Rechtssache, in der das Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), ergangen ist. Es steht außerdem fest, dass der Gerichtshof in dem letztgenannten Urteil bestimmte Vorgaben aus dem Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt (EU:C:2012:318), berücksichtigt hat. 120 Zwar hat sich der Gerichtshof im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), nicht ausdrücklich zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers geäußert, wie die Kommission im Wesentlichen geltend gemacht hat. Darüber hinaus wurde der Kommission zufolge diese Frage im Rechtsmittel nicht angesprochen. 121 Es steht jedoch fest, dass der Gerichtshof in den Rn. 68 bis 91 und 100 bis 104 des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), über die Richtigkeit der Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers entschieden hat, die das Gericht und die Kommission jeweils im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), und in der ursprünglichen Entscheidung vorgenommen haben. 122 Die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers ist eine notwendige Voraussetzung für seine Anwendung, wie sich überdies aus Rn. 71 des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), ergibt, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass dieses Kriterium, sofern anwendbar, zu den Merkmalen gehört, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen einer Beihilfe festzustellen. 123 Folglich ist davon auszugehen, dass der Gerichtshof, da er eine Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers vorgenommen hat, implizit, aber notwendigerweise, festgestellt hat, dass dieses Kriterium anwendbar war. 124 Zum einen ist diese Schlussfolgerung umso mehr geboten, als die Kommission in der ursprünglichen Entscheidung festgestellt hatte, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers nicht erfüllt seien und das Gericht die gegen einen Teil der dieser Feststellung zugrunde liegenden Erwägungen gerichteten Klagegründe und Argumente in der Sache zurückgewiesen hatte, während der Gerichtshof – der nach der Aufhebung des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt (EU:T:2010:498), nach Art. 61 Unterabs. 1 der Satzung des Gerichtshofs den erstinstanzlichen Rechtsstreit entschieden hat – im Wesentlichen festgestellt hat, dass die Beurteilung dieses Kriteriums in der ursprünglichen Entscheidung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler aufwies oder zumindest unzureichend begründet war (Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 101 bis 103). 125 Zum anderen ist die oben in Rn. 123 gezogene Schlussfolgerung unabhängig davon geboten, dass nach den Angaben der Kommission die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers in der Rechtssache, in der das Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), ergangen ist, nicht gerügt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich der Unionsrichter, obzwar er nur über das Begehren der Parteien zu entscheiden hat, deren Sache es ist, den Rahmen des Rechtsstreits abzugrenzen, nicht verpflichtet sein, allein die Argumente zu berücksichtigen, auf die diese ihr Vorbringen gestützt haben, da er seine Entscheidung sonst gegebenenfalls auf unzutreffende rechtliche Erwägungen stützen müsste (Beschlüsse vom 27. September 2004, UER/M6 u. a.,C‑470/02 P, EU:C:2004:565, Rn. 69, vom 13. Juni 2006, Mancini/Kommission,C‑172/05 P, SlgÖD, EU:C:2006:393, Rn. 41, und Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, Slg, EU:C:2010:541, Rn. 65). Daraus folgt, dass der Gerichtshof auch bei Fehlen jeglicher Rüge die Unanwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers hätte feststellen können, um sein Urteil, mit dem er im Wesentlichen einen Teil der Erwägungen zur Stützung der – die Anwendbarkeit dieses Kriteriums voraussetzenden – Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers nicht erfüllt seien, aufgehoben hat, nicht auf unzutreffende rechtliche Erwägungen zu stützen. Da der Gerichtshof dies nicht getan hat, ist davon auszugehen, dass er die Anwendbarkeit dieses Kriteriums im vorliegenden Fall bestätigen wollte. 126 Daher würde, wenn nunmehr, wie die Kommission geltend macht, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers in der vorliegenden Rechtssache zu verneinen wäre, die Rechtskraft des Urteils Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), missachtet. 127 Folglich kann das Vorbringen der Kommission, mit dem dargetan werden soll, dass das Kriterium des privaten Gläubigers unanwendbar sei, keinen Erfolg haben. Daher wäre der angefochtene Beschluss, soweit der 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Schlussfolgerung enthielte, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall unanwendbar sei, mit einem Rechtsfehler behaftet. Da die Kommission dieses Kriterium jedoch in der Sache geprüft hat, kann dieser Fehler für sich allein die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht rechtfertigen. 128 Nach alledem ist der zweite Klagegrund der Klägerin als ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: tatsächlicher und rechtlicher Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Insolvenzverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren 129 Im Rahmen des dritten Klagegrundes beanstandet die Klägerin die Schlussfolgerung der Kommission, dass sich ein privater Gläubiger für das Insolvenzverfahren und nicht für den Vergleich entschieden hätte. Dieser Klagegrund ist in sechs Reihen von Argumenten unterteilt; die erste enthält eine allgemeine Beanstandung des Ansatzes der Kommission, die zweite betrifft die Bewertung des Erlöses einer Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens durch die Kommission, die dritte, die vierte und die fünfte betreffen die Dauer des Insolvenzverfahrens, und mit der sechsten wird ein Fehler im 92. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gerügt. Einleitende Hinweise zur Rechtsprechung 130 Bevor die Richtigkeit der vergleichenden Beurteilung des Insolvenz- und des Vergleichsverfahrens durch die Kommission im Licht des Vorbringens der Klägerin geprüft wird, ist vorab auf die einschlägige Rechtsprechung zur Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers, zur Verteilung der Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Anwendung dieses Kriteriums und zur gerichtlichen Kontrolle der Beurteilung dieses Kriteriums hinzuweisen. 131 Was als Erstes den Begriff der Beihilfe angeht, umfasst dieser, wie in den Rn. 92 bis 94 des vorliegenden Urteils ausgeführt, Maßnahmen, die in verschiedener Form die von einem Unternehmen normalerweise zu tragenden Belastungen vermindern. Die Voraussetzungen, die eine Maßnahme erfüllen muss, um unter den Begriff der Beihilfe zu fallen, sind jedoch nicht erfüllt, wenn das begünstigte Unternehmen denselben Vorteil unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können, wobei diese Beurteilung gegenüber diesem Gläubiger grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers erfolgt, wenn ein öffentlicher Gläubiger einem Unternehmen Zahlungserleichterungen für eine Forderung gewährt. 132 Solche Zahlungserleichterungen stellen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, wenn das begünstigte Unternehmen in Anbetracht der Bedeutung des hiermit gewährten wirtschaftlichen Vorteils derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem privaten Gläubiger erhalten hätte, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche Gläubiger und von einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen sucht (vgl. Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 133 Die Kommission hat deshalb eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei jeden im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob das begünstigte Unternehmen derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem solchen privaten Gläubiger erhalten hätte (Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 73, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 47; vgl. auch entsprechend Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 86). 134 Insoweit ist jede Information als erheblich zu betrachten, die den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Gläubigers, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche Gläubiger und von einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen sucht, nicht unwesentlich beeinflussen kann (Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 78, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 54). 135 Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass, wenn wie im vorliegenden Fall ein durchschnittlich vorsichtiger und sorgfältiger privater Gläubiger, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie die slowakischen Behörden, zwischen mehreren Verfahren zu wählen hatte, um die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen, dieser Gläubiger die Vor- und Nachteile jedes dieser Verfahren beurteilen musste, um die günstigste Alternative zu ermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 79 und 80, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 56). 136 Diese Entscheidung des privaten Gläubigers wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst wie etwa dadurch, ob seine Forderung hypothekarisch gesichert, bevorrechtigt oder ungesichert ist, durch Art und Umfang etwaiger ihm zustehender Sicherheiten, durch seine Beurteilung der Sanierungsaussichten des Unternehmens und durch den ihm im Fall einer Liquidation zufließenden Erlös (Urteile HAMSA/Kommission, oben in Rn. 96 angeführt, EU:T:2002:188, Rn. 168, und Buczek Automotive/Kommission, oben in Rn. 96 angeführt, EU:T:2011:216, Rn. 84; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Rousse Industry/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt, EU:C:2014:175, Rn. 61) sowie durch das Risiko, dass sich die eigenen Verluste noch erhöhen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission,T‑68/03, Slg, EU:T:2007:253, Rn. 283). Der Entscheidungsprozess des privaten Gläubigers kann auch durch die Dauer der Verfahren nicht unwesentlich beeinflusst werden, da dadurch die Erlangung der geschuldeten Beträge hinausgeschoben wird und so bei langen Verfahren insbesondere ihr Wert beeinträchtigt werden kann (Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 81). 137 Daraus folgt, dass die Kommission im vorliegenden Fall festzustellen hatte, ob unter Berücksichtigung dieser Faktoren ein durchschnittlich vorsichtiger und sorgfältiger privater Gläubiger, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befand wie die slowakischen Behörden, den Vergleichsvorschlag offensichtlich nicht akzeptiert hätte, um die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil Buczek Automotive/Kommission, oben in Rn. 96 angeführt, EU:T:2011:216, Rn. 85). Dazu musste sie die Vor- und Nachteile jedes dieser Verfahren nach Maßgabe der Interessen eines privaten Gläubigers vergleichen, um die günstigste Alternative zu ermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 57). 138 Als Zweites ist zur Verteilung der Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Kommission, wenn sie im Kontext des Kriteriums des privaten Gläubigers die oben in Rn. 133 genannte Gesamtwürdigung vornimmt, dabei neben den vom betroffenen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im jeweils vorliegenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend die oben in Rn. 98 angeführte Rechtsprechung). Wenn sich daher erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers anwendbar sein könnte, hat die Kommission diesen Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind (Urteil Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 33). 139 Daraus folgt, dass die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers bei der Kommission liegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 34). Dies gilt umso mehr, wenn sich der angefochtene Beschluss nicht auf die Nichtvorlage von Beweismitteln, die die Kommission vom betreffenden Mitgliedstaat angefordert hatte, stützt, sondern auf die Feststellung, dass ein privater Gläubiger nicht wie die Behörden dieses Mitgliedstaats gehandelt hätte, was voraussetzt, dass die Kommission über alle relevanten Beweismittel verfügte, die für die Ausarbeitung ihrer Entscheidung erforderlich waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 35). 140 Zweitens ergibt sich aus der von der Kommission angeführten Rechtsprechung, dass ihr nicht vorgeworfen werden kann, sie habe rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt, da sie nicht verpflichtet ist, von Amts wegen und mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können (Urteil vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission,T‑109/01, Slg, EU:T:2004:4, Rn. 49; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 85 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 60). 141 Die Kommission hat jedoch im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass der endgültigen Entscheidung über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Scott,C‑290/07 P, Slg, EU:C:2010:480, Rn. 90; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 85 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 62). 142 Außerdem ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte (vgl. Urteil Kommission/Scott, oben in Rn. 141 angeführt, EU:C:2010:480, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung). 143 Aus der Rechtsprechung ergibt sich insoweit im Wesentlichen, dass die Kommission Informationen, die ihr im Verwaltungsverfahren nicht übermittelt wurden, unberücksichtigt lassen kann, wenn sie davon ausgehen kann, dass sie über verlässlichere Informationen verfügt oder diese Informationen entbehrlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Scott, oben in Rn. 141 angeführt, EU:C:2010:480, Rn. 95 bis 98). 144 Als Drittes ist zu beachten, dass die Prüfung der Kommission, ob bestimmte Maßnahmen als staatliche Beihilfe zu qualifizieren sind, weil die Behörden nicht wie ein privater Gläubiger gehandelt haben, eine komplexe wirtschaftliche Beurteilung erfordert (Urteile vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing,C‑525/04 P, Slg, EU:C:2007:698, Rn. 59, Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 74, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 48). 145 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter im Rahmen der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen ausüben, nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen darf (Urteile Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 75, und Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 49; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/Scott, oben in Rn. 141 angeführt, EU:C:2010:480, Rn. 64 und 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 146 Daher ist die Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Gläubigers durch die Kommission, soweit sie mit komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen verbunden ist, nach ständiger Rechtsprechung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden sind, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Spanien/Lenzing, oben in Rn. 144 angeführt, EU:C:2007:698, Rn. 59 bis 61). 147 Der Unionsrichter muss jedoch nicht nur die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der angeführten Beweise prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. Urteile Kommission/Scott, oben in Rn. 141 angeführt, EU:C:2010:480, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung, Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil Kommission/Buczek Automotive, oben in Rn. 73 angeführt, EU:C:2013:186, Rn. 50). 148 Die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin ist in erster Linie im Licht der in der oben angeführten Rechtsprechung enthaltenen Grundsätze zu prüfen. 149 Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission im 119. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Schluss zog, dass ein privater Gläubiger dem Vergleichsvorschlag nicht zugestimmt hätte. Diese Schlussfolgerung gründet sich auf eine Beurteilung des Betrags, den die örtliche Steuerbehörde im Rahmen eines Insolvenzverfahrens hätte erhalten können, und der Dauer dieses Verfahrens gegenüber dem im Rahmen des Vergleichs vorgeschlagenen Betrag. 150 Somit war die Kommission zum einen im Wesentlichen der Auffassung, dass der Betrag, den die örtliche Steuerbehörde im Rahmen eines Insolvenzverfahrens hätte erhalten können, erheblich höher gewesen wäre als der im Rahmen des Vergleichs erhaltene. Nachdem die Kommission nämlich die Bewertungen im Bericht E berichtigt, den wahrscheinlichen Erlös aus einem Verkauf der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bewertet und vom letzteren Betrag die Kosten eines solchen Verfahrens abgezogen hatte, stellte sie in den Erwägungsgründen 104 und 105 des angefochtenen Beschlusses fest, dass dieser Behörde im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ein Betrag von 356,7 Mio. SKK, d. h. 132,4 Mio. SKK mehr als im Rahmen des Vergleichs vorgeschlagen (224,3 Mio. SKK), hätte zufließen können. Außerdem wies die Kommission im 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass diese Behörde „selbst“ unter Anwendung der Bewertungsmethode des Berichts E in einem Insolvenzverfahren einen Betrag von 225,5 Mio. SKK hätte erhalten können, was immer noch mehr wäre als der im Rahmen des Vergleichs erhaltene Betrag. 151 Zum anderen stellte die Kommission zur Dauer des Insolvenzverfahrens erstens in den Erwägungsgründen 109 bis 112 des angefochtenen Beschlusses fest, dass diese Dauer keinen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidung eines privaten Gläubigers gehabt hätte, da im Wesentlichen die örtliche Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin jederzeit einen Betrag von mindestens 194 Mio. SKK durch den Verkauf der verpfändeten langfristigen Vermögenswerte hätte erhalten können. Zweitens beurteilte die Kommission in den Erwägungsgründen 113 bis 118 des angefochtenen Beschlusses gleichwohl zum einen die wahrscheinliche Dauer eines Insolvenzverfahrens und ging davon aus, dass diese wahrscheinlich kürzer als die durchschnittliche Dauer eines solchen Verfahrens wäre, und zum anderen ihre Auswirkung auf den Betrag, den der Gläubiger nach einem solchen Verfahren erhalten könnte (356,7 Mio. SKK nach Abzug der Kosten des Verfahrens), wobei dafür nach Ansicht der Kommission aufgrund der Höhe des wahrscheinlichen Erlöses aus dem Verkauf der fraglichen Aktiva selbst eine Dauer von vier bis fünf Jahren bei der Entscheidung des privaten Gläubigers keine nennenswerte Rolle spielen würde. 152 Im Wesentlichen zeigt sich somit unbeschadet der Stichhaltigkeit der Erwägungen der Kommission, dass diese, wie es die oben in den Rn. 133 bis 137 angeführte Rechtsprechung verlangt, eine Würdigung der Vorteile und Nachteile des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Vergleichsverfahren vorgenommen und dafür insbesondere den wahrscheinlichen Erlös aus einem Verkauf der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens und die Auswirkung seiner wahrscheinlichen Dauer sowie die Stellung der örtlichen Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin berücksichtigt hat. 153 Die Klägerin macht jedoch im Wesentlichen geltend, dass diese Würdigung fehlerhaft und nicht durch ausreichende Beweise gestützt sei. Insbesondere rügt sie zunächst den allgemeinen Ansatz der Kommission und beanstandet den 92. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (erste und sechste Reihe von Argumenten). Sodann stellt sie die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des wahrscheinlichen Erlöses aus einem Verkauf ihrer Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in Frage (zweite Reihe von Argumenten). Schließlich wendet sie sich gegen die Beurteilung der wahrscheinlichen Dauer eines solchen Verfahrens und seine Auswirkung auf die Entscheidung eines privaten Gläubigers (dritte, vierte und fünfte Reihe von Argumenten). 154 Zunächst ist zu prüfen, ob der wahrscheinliche Erlös aus einem Verkauf der Aktiva der Klägerin in einem Insolvenzverfahren zum einen sowie die Dauer eines solchen Verfahrens und seine Auswirkung auf die Entscheidung eines privaten Gläubigers zum anderen zutreffend beurteilt worden sind. Zur Richtigkeit der Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (zweite Reihe von Argumenten) 155 Die Klägerin beanstandet die Schätzung des Erlöses aus der Veräußerung ihrer Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens auf 435 Mio. SKK. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Kommission müsse diese Frage aus der Sicht eines privaten Gläubigers beurteilen und verfüge weder über die erforderliche Erfahrung noch die erforderlichen Kenntnisse; stattdessen habe sie lediglich Schätzungen vorgenommen, ohne eine Untersuchung zur Wahrscheinlichkeit des Erlöses eines Verkaufs durchgeführt oder versucht zu haben, Gutachten oder andere Beweise zur Stützung ihrer Schätzung zu erlangen, und sie könne die Verwertungskoeffizienten aus dem Bericht E nicht durch andere Faktoren ersetzen, ohne relevante Beweise von einem Sachverständigen erhalten zu haben. 156 Insbesondere rügt die Klägerin die von der Kommission vorgenommene Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung ihrer langfristigen Vermögenswerte, ihrer Lagerbestände sowie ihrer kurzfristigen Forderungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. 157 Erstens weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission, indem sie den wahrscheinlichen Mindesterlös aus der Veräußerung ihrer langfristigen Vermögenswerte mit 194 Mio. SKK bewertet habe, während der Bericht E einen Verwertungskoeffizienten von 45 % angewandt habe, einen erfundenen, willkürlichen, irrationalen und unbewiesenen Koeffizienten angewandt habe; dieser Betrag entspreche nicht einer Schätzung des Erlöses aus einer Veräußerung in einem Insolvenzverfahren, und der von den slowakischen Behörden vorgebrachte Betrag von 397 Mio. SKK beruhe auf einer Bewertung ihrer Buchführung. Außerdem erlaube die Miete ihrer Produktionsanlagen durch O.H. keinen Schluss auf den wahrscheinlichen Erlös ihres Verkaufs im Fall des Insolvenzverfahrens, und die Kommission habe das anhängige Insolvenzverfahren von L. nicht berücksichtigt. 158 Was zweitens den Erlös aus der Veräußerung ihrer Lagerbestände angehe, hätte zum einen ein privater Gläubiger die Auswirkungen des Widerrufs ihrer Lizenz für Spirituosen auf den Verkauf von unfertigen Erzeugnissen berücksichtigt, die den größten Teil ihrer Lagerbestände am 9. Juli 2004 ausgemacht hätten. Zum anderen nehme die Kommission zu Unrecht an, ohne die im 108. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Beweise zu widerlegen, dass die Bedingungen eines Verkaufs im Rahmen eines Insolvenzverfahrens die gleichen wären, wie die, zu denen sie die Lagerbestände in einem Vergleichsverfahren hätte verwerten können. 159 Was drittens den Erlös aus der Veräußerung der kurzfristigen Forderungen der Klägerin anbelange, habe es die Kommission zu Unrecht abgelehnt, die zweite im Bericht E vorgenommene Berichtigung durchzuführen, und zwar ohne Gründe oder Beweise, die dieser Berichtigung widersprächen. Ein privater Gläubiger würde jedoch diese Berichtigung durchführen, um den wahrscheinlich beizutreibenden Wert der übrigen Forderungen zu bestimmen. 160 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Sie macht im Wesentlichen geltend, zum einen habe sie die verfügbaren relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt und im Einzelnen geprüft, wobei sie nicht jeden Sachverständigenbericht als relevant ansehen oder ein Gutachten erstellen lassen müsse. Zum anderen sei sie zu dem Schluss gekommen, dass die Bestandteile des Berichts E nicht zuverlässig seien, und habe, unter Berücksichtigung der Informationen und Beweise, über die die örtliche Steuerbehörde zu dem Zeitpunkt verfügte, zu dem sich der Sachverhalt zugetragen habe, eine Berichtigung der in diesem Bericht enthaltenen Verwertungskoeffizienten vorgenommen. In der Gegenerwiderung ergänzt die Kommission, dass sie nicht selbst die Schritte ergreifen müsse, die ein privater Gläubiger unternommen hätte, sondern prüfen müsse, ob die Behörde wie ein solcher gehandelt habe. 161 Im Einzelnen vertritt die Kommission erstens zu den langfristigen Vermögenswerten der Klägerin die Ansicht, dass es mangels Erläuterungen zu dem im Bericht E herangezogenen Verwertungskoeffizienten angemessen gewesen sei, alle anderen verfügbaren Informationen bezüglich des Wertes dieser Aktiva zu berücksichtigen, die ein privater Gläubiger geprüft hätte. Da der Klägerin der Nachweis der Begründetheit ihres Vorbringens zur Logik des privaten Gläubigers obliege, sei die Kommission nicht verpflichtet, den richtigen Verwertungskoeffizienten anzugeben, sondern müsse sämtliche verfügbaren Informationen bewerten, um festzustellen, ob das Vorbringen der Klägerin glaubwürdig untermauert sei. Außerdem habe die Kommission betreffend die Bezugnahme auf O.H. im 96. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich das Vorbringen zurückgewiesen, dass kein Käufer hätte gefunden werden können. Diese Bezugnahme mache darüber hinaus die Tendenz der Klägerin deutlich, ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Einzelheiten zu konzentrieren und sich damit über die Feststellung hinwegzusetzen, dass zum einen selbst unter Berücksichtigung der Verwertungskoeffizienten des Berichts E der Erlös aus der Veräußerung ihrer Aktiva höher gewesen wäre als der im Vergleich vorgeschlagene Betrag und dass zum anderen der nachteilige Charakter des Vergleichs gegenüber den von ihr berichtigten Schätzungen offenkundig sei. 162 Zweitens trägt die Kommission hinsichtlich der Lagerbestände der Klägerin zum einen vor, im angefochtenen Beschluss werde der Verwertungskoeffizient des Berichts E zurückgewiesen, für den keine Erläuterung geliefert worden sei, und die angemessene Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung der Lagerbestände auf die übrigen verfügbaren Informationen gestützt, nämlich eine Angabe der Klägerin, wonach diese 110 Mio. SKK aus dem Verkauf von Lagerbeständen erhalten könne, sowie deren konkrete Entwicklung. Ein Verkauf von Lagerbeständen unter diesen Umständen zur Finanzierung des Vergleichs könne jedoch mit den Umständen eines Verkaufs in einem Insolvenzverfahren verglichen werden, wobei der Klägerin die Lizenz zum Zeitpunkt dieses Verkaufs bereits entzogen gewesen sei. Zum anderen habe der 108. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nur dem Zweck gedient, die als Beweismittel vorgelegten Berichte zurückzuweisen. 163 Drittens ist die Kommission zu den kurzfristigen Forderungen der Ansicht, dass zwar ihr Buchwert anzupassen sei, um ihren tatsächlichen Wert widerzuspiegeln und uneinbringliche oder zweifelhafte Forderungen zu berücksichtigen, jedoch nichts einen Wert unter demjenigen rechtfertige, den die Klägerin selbst von ihren Schuldnern erwartet habe. Außerdem bringe die Klägerin noch immer keine Rechtfertigung für die zweite Berichtigung vor, wobei die Tatsache, dass gegen ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden sei, die Einziehung der Forderungen gegenüber seinen Schuldnern nicht in Frage stelle. 164 Zur Prüfung der Frage, ob die Kommission den Erlös aus einem Verkauf der Aktiva der Klägerin in einem Insolvenzverfahren richtig bewertet hat, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Bewertung sowohl im Bericht E als auch im angefochtenen Beschluss auf „Verwertungskoeffizienten“ gründet, die auf die verschiedenen Aktiva der Klägerin angewandt wurden. 165 Wie sich aus dem 94. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, entsprechen diese Koeffizienten dem Anteil des in einem Insolvenzverfahren für einen Vermögenswert erzielten Preises an seinem Buchwert. Mit ihnen soll unter Berücksichtigung der Art der Veräußerung der Restwert der im Zuge der Liquidation verkauften Vermögenswerte berechnet werden, wobei davon ausgegangen wird, dass je nach Vermögenswert der entsprechende Verkaufserlös in diesem Rahmen in aller Regel niedriger anzusetzen ist als der Buchwert. Weder die Verwendung von Verwertungskoeffizienten noch ihre Definition werden im vorliegenden Fall beanstandet. 166 Die im Bericht E vorgeschlagene Schätzung und die von der Kommission vorgenommene Schätzung weichen jedoch in zweierlei Hinsicht voneinander ab. Die Kommission war nämlich der Auffassung, dass dieser Bericht keine verlässliche Grundlage für die Gegenüberstellung des Insolvenz- und des Vergleichsverfahrens darstellte (89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 167 Während zum einen der Bericht E den Stand des Vermögens der Klägerin zum 31. März 2004 als Ausgangspunkt nahm, zog die Kommission den Stand dieses Vermögens zum 17. Juni 2004 heran (Erwägungsgründe 90 und 103 des angefochtenen Beschlusses), was die Klägerin nicht bestreitet. Zum letzteren Zeitpunkt wurden, wie sich aus Tabelle 5 im angefochtenen Beschluss ergibt, die Buchwerte der verschiedenen Aktiva der Klägerin wie folgt festgestellt: — langfristige Vermögenswerte (Grundstücke, Gebäude, Maschinen und technische Anlagen, immaterielle Vermögenswerte, finanzielle Vermögenswerte): 200 Mio. SKK; — Bestände: 84 Mio. SKK; — Zahlungsmittel: 161 Mio. SKK; — kurzfristige Forderungen: 63 Mio. SKK. 168 Zum anderen wies die Kommission darauf hin, dass sie die im Bericht E zur Bewertung des Erlöses aus einer Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens herangezogene Methodik nicht akzeptieren könne (93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Insbesondere enthalte dieser Bericht keine Erklärung, auf welche Art und Weise die Verwertungskoeffizienten bestimmt worden seien (94. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und die in diesem Bericht angewandten Koeffizienten seien für langfristige Vermögenswerte (45 %), für Bestände (20 %) und für kurzfristige Forderungen (20 %, angewandt auf 59 % des Buchwerts dieser Forderungen) zu niedrig angesetzt worden (Erwägungsgründe 95, 98 und 101 des angefochtenen Beschlusses). 169 Unter diesen Umständen bestimmte die Kommission selbst die maßgeblichen Verwertungskoeffizienten für die Beurteilung des wahrscheinlichen Erlöses aus einer Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. 170 Die Klägerin tritt dieser Bewertung entgegen. Für die Prüfung ihrer Richtigkeit ist im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien näher zu bestimmen, welche Stellung den Gutachten in der Würdigung der Kommission eingeräumt wird, bevor der Inhalt der Bewertungen der Kommission gewürdigt wird. 171 In einem ersten Schritt ist, was erstens die Gutachten betrifft, darauf hinzuweisen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin die im Bericht E verwendeten Verwertungskoeffizienten verwerfen konnte. 172 Nach der Rechtsprechung kann sich die Kommission nämlich – ohne im Übrigen dazu verpflichtet zu sein – zwar der Hilfe externer Experten bedienen, doch entbindet sie dies nicht davon, deren Arbeit zu beurteilen (Urteile vom 16. September 2004, Valmont/Kommission,T‑274/01, Slg, EU:T:2004:266, Rn. 72, und vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission,T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, Slg, EU:T:2010:386, Rn. 251). Ein Sachverständigengutachten kann sowohl von der Kommission als auch vom Gericht nur aufgrund seines objektiven Inhalts als beweiskräftig angesehen werden. Außerdem lässt eine bloße nicht untermauerte Behauptung in einem solchen Schriftstück nicht den Schluss auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zu (Urteil Valmont/Kommission, EU:T:2004:266, Rn. 71). 173 Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass der Bericht E, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss darlegte (siehe oben, Rn. 168), keine Erklärung zu den Verwertungskoeffizienten enthält, die zur Bestimmung des höchstmöglichen Erlöses aus einem Verkauf der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens verwendet wurden. Daraus folgt, dass die in diesem Bericht verwendeten Verwertungskoeffizienten nach der oben in Rn. 172 angeführten Rechtsprechung nicht als beweiskräftig eingestuft werden können. 174 Soweit die Klägerin hierzu vorbringt, dass Bewertungen, wie sie im Rahmen des Berichts E vorgenommen wurden, sich auf Erfahrung und Urteilsvermögen gründeten, ist darauf hinzuweisen, dass ein solches Vorbringen in Anbetracht der oben in Rn. 172 angeführten Rechtsprechung nicht ausreichend ist, um den Beweiswert eines Sachverständigenberichts zu belegen und die Kommission zur Berücksichtigung der darin enthaltenen Bewertungen zu verpflichten. 175 Folglich hat die Kommission die Methodik des Berichts E zu Recht nicht akzeptiert. Es ist jedoch anzumerken, dass die Kommission die in diesem Bericht enthaltenen Bewertungen hilfsweise und für eine Mindestbewertung berücksichtigt hat. 176 Daraus folgt weiter, dass das gesamte Vorbringen der Klägerin zu den im Bericht E verwendeten Verwertungskoeffizienten, mit dem sie rügt, dass die Kommission diese nicht herangezogen habe, oder geltend macht, dass ein privater Gläubiger sie berücksichtigt hätte, als unbegründet zurückzuweisen ist. 177 Zweitens ist, soweit die Klägerin beanstandet, die Kommission habe kein neues Gutachten angefordert, festzustellen, dass nach der Rechtsprechung der Vorwurf gegenüber der Kommission, sie habe zur Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidung keine externen Sachverständigen hinzugezogen, als solcher keinen Erfolg haben kann, da weder eine Bestimmung des Vertrags noch sonstige unionsrechtliche Vorschriften die Kommission dazu verpflichten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission,T‑371/94 und T‑394/94, Slg, EU:T:1998:140, Rn. 72, und vom 16. März 2000, Astilleros Zamacona/Kommission,T‑72/98, Slg, EU:T:2000:79, Rn. 55). 178 Soweit die Klägerin sich in diesem Kontext auf die Rn. 13, 14 und 20 bis 28 des Urteils vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, Slg, EU:C:1991:438), bezieht, aus dem sie ableitet, dass die Kommission, selbst wenn sie eine in ihr Ermessen gestellte Beurteilung der Tatsachen und Beweise vornimmt, das geeignete Gutachten einholen müsse, genügt der Hinweis, dass die in dieser Rechtssache anwendbare Regelung anders als die im vorliegenden Fall einschlägige Regelung vorsah, dass die Kommission gegebenenfalls eine Sachverständigengruppe konsultiert. Daraus folgt, dass nach der oben in Rn. 177 angeführten Rechtsprechung aus diesem Urteil für die vorliegende Rechtssache keine Schlussfolgerung abgeleitet werden kann. 179 In einem zweiten Schritt ist jedoch die Begründetheit der Schätzungen der Kommission zu beurteilen. Insbesondere ist insoweit daran zu erinnern, dass, wie sich im Wesentlichen aus der vorstehenden Rn. 177 ergibt, die Kommission zwar grundsätzlich nicht verpflichtet ist, zur Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidung externe Sachverständige hinzuzuziehen, sie jedoch festzustellen hat, ob ein privater Gläubiger den Vergleichsvorschlag offensichtlich nicht akzeptiert hätte, und dass die Beweislast für das mangelnde Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall bei ihr lag (siehe oben, Rn. 132, 133, 137 und 139). 180 Daher ist auf die Haupterwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss hinzuweisen, bevor insbesondere im Hinblick auf die oben in den Rn. 145 bis 147 angeführte Rechtsprechung zu würdigen ist, ob diese Bewertungen, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, mit offensichtlichen Bewertungsfehlern behaftet sind, ob sie durch den Akteninhalt in rechtlich hinreichender Weise untermauert sind und ob die Kommission alle relevanten Daten berücksichtigt hat. 181 Im angefochtenen Beschluss bewertete die Kommission den wahrscheinlichen Erlös aus einer Veräußerung der Aktiva der Klägerin auf 435 Mio. SKK, davon 194 Mio. für langfristige Vermögenswerte, 43 Mio. für Bestände, 37 Mio. für kurzfristige Forderungen und 161 Mio. für Zahlungsmittel (Tabelle 5 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission wandte somit Verwertungskoeffizienten für jeden dieser Aktivposten jeweils in Höhe von 97 %, 52 %, 59 % und 100 % an, wobei im vorliegenden Fall die Bestimmung der drei ersten Koeffizienten beanstandet wird. 182 Insbesondere bewertete die Kommission als Erstes den wahrscheinlichen Erlös aus der Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens auf 194 Mio. SKK. Dieser Betrag entspricht dem Wert der Aktiva, die zugunsten der örtlichen Steuerbehörde verpfändet wurden, wie er von der Klägerin auf der Grundlage von Bewertungen durch unabhängige Gutachter im Jahr 2003 oder 2004 angegeben wurde. Nach Ansicht der Kommission sollte ein solcher Gutachterpreis für gewöhnlich den allgemeinen Wert des Vermögenswerts ausdrücken, also einen Näherungswert des Preises, zu dem man den Vermögenswert zu einem gegebenen Zeitpunkt verkaufen kann. Dieser Gutachterpreis sei nämlich bestimmt worden, um den Wert dieser Aktiva als Sicherheit zu ermitteln (95. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Es handele sich um einen Mindestpreis, da die slowakischen Behörden den Wert der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin mit 397 Mio. SKK angesetzt hatten, wie in der ersten Fußnote unter Tabelle 5 des angefochtenen Beschlusses angegeben ist. Außerdem ging die Kommission im 96. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Behauptung der Klägerin ein, dass es schwer sein würde, einen Käufer zu finden, und stellte fest, dass ein unmittelbares Interesse eines Mitbewerbers an deren Produktionsanlagen bestand. 183 Als Zweites zog die Kommission für die Lagerbestände der Klägerin einen Verwertungskoeffizienten von 52 % heran, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Klägerin 110 Mio. SKK aus dem Verkauf ihrer Bestände im Jahr 2004 habe erzielen können, wobei dieser Koeffizient dem Verhältnis dieses Betrags zum Buchwert der Lagerbestände zum maßgeblichen Zeitpunkt entsprochen habe. Die Kommission wies darauf hin, dass man aufgrund der Art der Geschäftstätigkeit der Klägerin davon habe ausgehen können, dass ihre Bestände Fertigerzeugnisse und halbfertige Erzeugnisse umfassten, die leicht hätten verkauft werden können (Erwägungsgründe 98 und 99 der angefochtenen Entscheidung). 184 Als Drittes stellte die Kommission für die kurzfristigen Forderungen der Klägerin einen Verwertungskoeffizienten von 59 % fest. Dieser entspricht einer im Bericht E angewandten Berichtigung des Buchwerts dieser Forderungen, um die Uneinbringlichkeit oder geringe Qualität bestimmter Forderungen und daher den wahren Wert der einbringlichen Forderungen auszudrücken. Da jedoch nach den von den slowakischen Behörden übermittelten Informationen der auf diese Weise bestimmte Wert den beitreibbaren Forderungen entsprach, wandte die Kommission im Unterschied zum Bericht E, der eine zweite Berichtigung anhand eines Verwertungskoeffizienten von 20 % vorgenommen hatte, keinen weiteren Koeffizienten an (Erwägungsgründe 100 bis 102 des angefochtenen Beschlusses). 185 Aus diesen Hinweisen auf den angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass die Kommission die Verwertungskoeffizienten aus dem Inhalt der Akte des Verwaltungsverfahrens ableitete. Zwar wurden diese Rückschlüsse auf der Grundlage von Gesichtspunkten gezogen, die die Klägerin vorgebracht oder nicht bestritten hat, jedoch hat die Kommission keine methodische oder wirtschaftliche Analyse durchgeführt und im Verwaltungsverfahren keine zusätzlichen Informationen verlangt, um die von ihr aus diesen Gesichtspunkten gezogenen Schlüsse zu prüfen und zu stützen. 186 Im vorliegenden Fall ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Inhalt der Akte des Verwaltungsverfahrens die von der Kommission gezogenen Schlüsse auf eine Bewertung des Erlöses der Veräußerung der Aktiva der Klägerin in einem Insolvenzverfahren mit 435 Mio. SKK nicht in rechtlich hinreichender Weise und eindeutig untermauern kann. 187 Erstens ist zur Bewertung des wahrscheinlichen Erlöses aus der Veräußerung ihrer langfristigen Vermögenswerte anzumerken, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens darlegte, dass der Wert der verpfändeten Aktiva ungefähr 194 Mio. SKK betrage. Insoweit führte sie aus, dass dieser Wert aus unabhängigen Bewertungsberichten stamme, die im Lauf der Jahre 2003 und 2004 erstellt worden seien, und dass er anhand der Entscheidungen über den Zahlungsaufschub, die die örtliche Steuerbehörde von 2000 bis 2003 erlassen habe, überprüft werden könne. Weiter entspreche dieser Betrag nicht automatisch dem wahrscheinlichen Erlös aus einer Veräußerung der verpfändeten Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, und nach mehreren unabhängigen Bewertungen belaufe sich der höchste wahrscheinliche Erlös auf 20 % bis 50 % dieses Werts. 188 Auf eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts hin, mit der dieses die Klägerin aufgefordert hat, die oben in Rn. 187 genannten Berichte vorzulegen, hat diese einen von Frau K. erstellten Bericht sowie 13 Entscheidungen über den Zahlungsaufschub, die im Hinblick auf die Stellung der Sicherheiten zwischen Juli 2000 und September 2003 erlassen worden waren, vorgelegt. 189 In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat die Kommission ihrerseits angegeben, dass sie im Verwaltungsverfahren die Vorlage der oben in Rn. 187 genannten Berichte nicht verlangt hatte. Sie wies hingegen darauf hin, dass sie über die oben in Rn. 188 angeführten Entscheidungen über den Zahlungsaufschub sowie über die Ergebnisse der am 21. Juni 2004 in den Räumen der Klägerin durchgeführten Betriebsrevision, wie sie in einem ihrer Antwort beigefügten Schreiben der slowakischen Behörden dargelegt worden seien, verfüge. Außerdem habe sie, da die oben in Rn. 187 genannten Bewertungsberichte speziell zur Ermittlung des Werts der Aktiva für die Stellung der Sicherheiten in Auftrag gegeben worden seien, die von der Klägerin ermittelte Zahl heranziehen können. Wenn nämlich der Wert eines Vermögensgegenstands für seine Nutzung als Sicherheit ermittelt werde, müsse die ermittelte Zahl zwangsläufig berücksichtigen, was geschehen würde, wenn die Sicherheit in Anspruch genommen werde. 190 Es ergibt sich zwar aus den oben in den Rn. 188 und 189 genannten Beweismitteln, dass sich die Parteien im Wesentlichen einig sind, dass die Bewertung der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin mit 194 Mio. SKK, den Letztere selbst angegeben hatte, der Stellung von Sicherheiten zugunsten der örtlichen Steuerbehörde zum Zeitpunkt des Zahlungsaufschubs für geschuldete Steuern diente. 191 Allerdings ist zunächst darauf hinzuweisen, dass trotz der oben in den Rn. 188 und 189 genannten Beweismittel anhand des Akteninhalts nicht festgestellt werden kann, ob diese Bewertung der verpfändeten Aktiva den Buchwert der verpfändeten langfristigen Vermögenswerte, ihren Marktpreis oder ihren Verkaufspreis im Fall eines Insolvenzverfahrens widerspiegelt. Die Parteien sind insoweit unterschiedlicher Auffassung. Obwohl, wie sich aus der vorstehenden Rn. 187 ergibt, die Klägerin bezweifelte, dass der Betrag von 194 Mio. SKK und der Erlös aus einer Veräußerung ihrer langfristigen Vermögenswerte im Rahmen eines Insolvenzverfahrens übereinstimmten, hat die Kommission im angefochtenen Beschluss und vor dem Gericht lediglich gemutmaßt, dass dieser Betrag den allgemeinen Wert der Vermögenswerte ausdrücken sollte, also einen Näherungswert des Preises, zu dem man den Vermögenswert zu einem gegebenen Zeitpunkt, einschließlich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, verkaufen könne, ohne dass sie versucht hat, den Gegenstand, die Methode oder die Zuverlässigkeit der von ihr zugrunde gelegten Bewertung zu prüfen. 192 Sodann beziffern zwar einige der von der Klägerin vorgelegten Entscheidungen über den Steueraufschub den Wert der verpfändeten Aktiva, indem sie sich auf Bewertungen aus dem Jahr 2002 beziehen, jedoch erlauben diese Entscheidungen gemeinsam nicht, den Gesamtbetrag von 194 Mio. SKK festzustellen. Insbesondere enthalten mehrere Entscheidungen nur eine Aufzählung der verpfändeten Aktiva, ohne aber ihren Wert zu beziffern. 193 Außerdem nimmt das oben in Rn. 189 genannte Schreiben der slowakischen Behörden Bezug auf die am 21. Juni 2004 in den Räumen der Klägerin durchgeführte Betriebsrevision und legt ihre Ergebnisse dar. Es heißt darin, dass sich die langfristigen Vermögenswerte der Letzteren, wie aus einer Bewertung durch Sachverständige hervorgehe, auf 200 Mio. SKK beliefen. Selbst wenn man annimmt, dass es sich um dieselbe Bewertung wie die von der Klägerin genannte handelt, ist aber darauf hinzuweisen, dass dieses Schreiben keine Angabe zum Wert der verpfändeten langfristigen Vermögenswerte enthält. Es ist darin auch keine Rede davon, dass der Betrag von 194 Mio. SKK, der im Übrigen in dem Schreiben nicht genannt wird, dem wahrscheinlichen Erlös aus einer Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens entspreche. 194 Darüber hinaus ist zu den von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkten festzustellen, dass die von der Kommission verwendete Bewertung, die Ende 2003 oder Anfang 2004 entstanden sein soll, sich auf Bewertungen stützt, die vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2003 anlässlich der Zahlungsaufschübe erfolgten. Der Betrag von 194 Mio. SKK ergibt sich daher nicht, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, aus einer zeitnahen Bewertung. Wie die Klägerin geltend macht, unterliegen aber die verpfändeten Aktiva, insbesondere die Fahrzeuge und Maschinen, im Lauf der Zeit einem Wertverlust. 195 Hinzu kommt schließlich, dass der von der Kommission angewandte Verwertungskoeffizient besonders hoch ist, da er 97 % des Buchwerts der gesamten langfristigen Vermögenswerte der Klägerin (194 Mio. von 200 Mio. SKK) entspricht. Wie jedoch die Klägerin zu Recht vorbringt, verringern die Umstände eines Verkaufs im Rahmen eines Insolvenzverfahrens den Wert eines Vermögensgegenstands im Vergleich zu einem Verkauf zu normalen Handelsbedingungen, unter denen der Verkäufer insbesondere den Zeitpunkt des Verkaufs wählen kann. Die Kommission wies außerdem im 94. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst darauf hin, dass mittels der Verwertungskoeffizienten „davon ausgegangen [wird], dass je nach Vermögenswert der entsprechende Verkaufserlös im Rahmen einer Liquidation in aller Regel niedriger anzusetzen ist als der Buchwert“. 196 Angesichts der oben in den Rn. 191 bis 195 angestellten Erwägungen ist festzustellen, dass der Inhalt der Akte des Verwaltungsverfahrens den von der Kommission für die Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin angewandten Verwertungskoeffizienten nicht in rechtlich hinreichender Weise untermauern kann. 197 Zweitens ist zur Bewertung des Erlöses aus den kurzfristigen Forderungen der Klägerin zunächst festzustellen, dass die Klägerin die von der Kommission vorgenommene Berichtigung von 59 % nicht beanstandet. Diese aus dem Bericht E übernommene Berichtigung sollte der Kommission zufolge die Uneinbringlichkeit oder die geringe Qualität bestimmter Forderungen widerspiegeln (siehe oben, Rn. 184). 198 Hierzu ist, ohne dass über die – von der Klägerin nicht aufgeworfene – Frage entschieden werden müsste, ob die Kommission, ohne sich zu widersprechen, den Koeffizienten von 59 % heranziehen konnte, der im Bericht E angewandt worden war, obwohl sie diesen Bericht für nicht zuverlässig hielt, darauf hinzuweisen, dass mangels jeglicher Erläuterung in diesem Bericht und angesichts der Einwände der Klägerin weder die Bedeutung noch die Richtigkeit dieses Koeffizienten als nachgewiesen angesehen werden können. Während dieser Koeffizient nach Ansicht der Kommission im Wesentlichen erlaubt, die werthaltigen kurzfristigen Forderungen zu bestimmen, die ohne Verlust in einem Insolvenzverfahren beigetrieben oder veräußert werden könnten, ist nach Meinung der Klägerin eine zweite Berichtigung geboten, um die Umstände eines solchen Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen, in dem eine Beitreibung oder eine Veräußerung der kurzfristigen Forderungen zu einem niedrigeren Betrag als ihrem beizutreibenden Wert erfolge und Kosten, Risiken und Verzögerungen impliziere. 199 Nichts in der Akte kann aber das Vorbringen der Kommission stützen, dass die unter Anwendung des Koeffizienten von 59 % bestimmte Summe der kurzfristigen Forderungen vollständig beizutreiben sei, ohne von den Umständen einer Veräußerung in einem Insolvenzverfahren berührt zu werden. 200 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Akteninhalt den von der Kommission auf die kurzfristigen Forderungen angewandten Verwertungskoeffizienten von 59 % nicht in rechtlich hinreichender Weise belegen kann. 201 Aus alledem und insbesondere aus den Schlussfolgerungen in den vorstehenden Rn. 196 und 200 ergibt sich, dass der Inhalt der Akte des Verwaltungsverfahrens die Bewertung der wahrscheinlichen Erlöse aus einer Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte und der kurzfristigen Forderungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens durch die Kommission nicht in rechtlich hinreichender Weise untermauern kann. Die Kommission verfügte somit zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht über die für den Erlass dieses Beschlusses erforderlichen, möglichst vollständigen und verlässlichen Informationen und hätte, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, zusätzliche Informationen einholen müssen, um ihre Schlussfolgerungen zu überprüfen und zu untermauern. 202 Daraus folgt – ohne dass die Stichhaltigkeit der Analyse des Erlöses des Verkaufs der Lagerbestände der Klägerin durch die Kommission geprüft werden muss –, dass anhand des Inhalts der Akte des Verwaltungsverfahrens die Bewertung des Erlöses einer Veräußerung ihrer verschiedenen Aktiva in einem Insolvenzverfahren mit 435 Mio. SKK nicht in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen werden kann. 203 Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt. 204 Erstens trägt die Kommission vor, da sie nicht zu belegen habe, dass ihre Analyse zutreffend sei, sondern der Klägerin der Nachweis der Begründetheit ihres Vorbringens zur Logik des privaten Gläubigers obliege, sei sie nicht verpflichtet, den richtigen Verwertungskoeffizienten anzugeben, sondern habe sämtliche verfügbaren Informationen zu bewerten, um festzustellen, ob das Vorbringen der Klägerin glaubwürdig untermauert sei. 205 Es ist jedoch festzustellen, dass diesem Vorbringen die oben in Rn. 139 angeführte Rechtsprechung entgegensteht. Nach dieser Rechtsprechung liegt nämlich die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers bei der Kommission. Die Kommission kann aber dieser Beweislast nicht nachkommen, indem sie zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers lediglich bloße Hypothesen aufstellt, die nicht in rechtlich hinreichender Weise untermauert sind. 206 Selbst wenn man dem Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung folgt, dass die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers eine „Verschiebung“ der Beweislast bedeute, da es dem Mitgliedstaat oder dem Empfänger der Maßnahme obliege, die von ihr vorgebrachten Gesichtspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums nicht erfüllt zu sein schienen, zu widerlegen, ist unter diesen Umständen festzustellen, dass diese von der Kommission aufgestellten, nicht untermauerten Hypothesen allein nicht ausreichen, um eine solche Umkehr der Beweislast zu rechtfertigen. 207 Zweitens nimmt die Kommission sowohl im angefochtenen Beschluss als auch in ihren Schriftsätzen auf den Umstand Bezug, dass der mit 194 Mio. SKK bewertete Erlös aus einer Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte nur ein Mindestpreis sei, da die slowakischen Behörden den Wert der verpfändeten Vermögenswerte mit 397 Mio. SKK bewertet hätten. 208 Zum einen ist jedoch, abgesehen davon, dass die Klägerin diese Bewertung der slowakischen Behörden bestreitet, darauf hinzuweisen, dass, wie die Klägerin geltend macht und wie sich aus den Erwägungsgründen 22 und 122 des angefochtenen Beschlusses ergibt, diese Behörden im Verwaltungsverfahren angaben, dass der Betrag von 397 Mio. SKK auf der Grundlage der Buchführung der Klägerin bestimmt worden sei. Unter diesen Umständen kann dieser Betrag nicht als Grundlage für die Schätzung des Erlöses aus einer Veräußerung der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens dienen. Auf eine entsprechende Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission außerdem eingeräumt, dass sie nicht über einen Nachweis der Richtigkeit dieses Betrags verfüge, so dass er in den Berechnungen nicht verwendet werden konnte. Zum anderen ist festzustellen, dass dieser Betrag, der laut der Klägerin vor der Stellung der Sicherheiten geschätzt worden war, jedenfalls nicht mehr der finanziellen Lage der Klägerin am 17. Juni 2004, den die Kommission als Grundlage für ihre Bewertung heranzog, entsprach. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Buchwert der langfristigen Vermögenswerte der Klägerin nämlich 200 Mio. SKK. 209 Drittens beanstandet die Kommission die Tendenz der Klägerin, ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Einzelheiten des angefochtenen Beschlusses zu konzentrieren und sich damit über die Feststellung hinwegzusetzen, dass selbst unter Berücksichtigung der Verwertungskoeffizienten des Berichts E der wahrscheinliche Erlös aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin höher gewesen wäre als der im Vergleich vorgeschlagene Betrag und dass der nachteilige Charakter des Vergleichs gegenüber den von ihr berichtigten Schätzungen offenkundig sei. 210 Zum einen ist jedoch festzustellen, dass die Bewertung des wahrscheinlichen Erlöses aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens durch die Kommission nicht in rechtlich hinreichender Weise durch Beweismittel untermauert ist (siehe oben, Rn. 201 und 202). Folglich macht die Kommission zu Unrecht geltend, dass die Vorteilhaftigkeit des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Vergleichsverfahren angesichts der nach ihrer eigenen Methodik erfolgten Schätzungen offenkundig sei. Zum anderen trifft es zwar zu, dass, selbst wenn man die im Bericht E verwendeten Verwertungskoeffizienten heranzieht, der Erlös aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin den im Rahmen des Vergleichs erzielten Erlös immer noch um 1,2 Mio. SKK übersteigt; diese Feststellung allein reicht jedoch nicht für den Nachweis aus, dass ein privater Gläubiger offensichtlich das Insolvenzverfahren gegenüber dem Vergleichsverfahren bevorzugt hätte. Diese Schlussfolgerung hängt nämlich auch von der Auswirkung der Dauer des ersten Verfahrens auf die Entscheidung des Gläubigers ab (siehe unten, Rn. 222 bis 234). 211 Viertens ist das Vorbringen der Kommission zum Interesse von O.H. an den langfristigen Vermögenswerten der Klägerin für die Beurteilung der Richtigkeit der Bewertung des Erlöses aus deren Veräußerung unerheblich, da mit diesem Vorbringen nur darauf hingewiesen werden soll, dass die Klägerin das Fehlen eines potenziellen Käufers nicht nachgewiesen habe. 212 Zudem ist fünftens das Vorbringen der Kommission zu den kurzfristigen Forderungen der Klägerin im Wesentlichen in den vorstehenden Rn. 198 und 199 zurückgewiesen worden. 213 Nach alledem ist dem Vorbringen der Klägerin, mit dem die Bewertung des wahrscheinlichen Erlöses aus einer Veräußerung ihrer Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens durch die Kommission beanstandet wird, zu folgen. Zur Richtigkeit der Beurteilung der Dauer eines Insolvenzverfahrens und seiner Auswirkung auf die Entscheidung des privaten Gläubigers (dritte, vierte und fünfte Reihe von Argumenten) 214 Die Klägerin wendet sich gegen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Dauer des Insolvenzverfahrens und seiner Auswirkung auf die Entscheidung des privaten Gläubigers. 215 Als Erstes bringt sie vor, die Erwägung, dass die Länge des Insolvenzverfahrens aufgrund der Stellung der örtlichen Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin unerheblich sei, weise denselben Fehler auf, wie er im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), festgestellt worden sei. Zum einen bedeute die Tatsache, dass eine Person das Recht habe, einen Vermögensgegenstand sofort zu verwerten, nicht, dass sie sofort einen Käufer finden könne. Trotz des Beispiels L. habe die Kommission jedoch weder diese Frage geprüft noch festgestellt, dass es einen potenziellen Käufer gebe, der bereit sei, den Betrag zu zahlen, der dem von ihr bestimmten wahrscheinlichen Erlös aus einer Veräußerung entspreche. Zum anderen betrage der wahrscheinliche Erlös aus der Veräußerung der als Sicherheit eingesetzten Aktiva nur 90 Mio. SKK. In der Erwiderung ergänzt die Klägerin, dass die Stellung der örtlichen Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin zwar von Bedeutung sei, dieser Umstand jedoch nicht ausreiche, um die Schlussfolgerung der Kommission in den Erwägungsgründen 110 bis 112 des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen, wobei die Beweislast bei der Kommission liege. 216 Als Zweites beanstandet die Klägerin die Beurteilung der möglichen Dauer des Insolvenzverfahrens durch die Kommission. Zum einen sei diese Dauer im Hinblick auf die verfügbaren Beweise nicht mit irgendeinem Grad an Genauigkeit vorhersehbar gewesen. Zum anderen sei das Beispiel des Insolvenzverfahrens von L., das sie als Beweis für die Schwierigkeit, einen Käufer für ihre Aktiva zu finden, angeführt habe, besonders relevant gewesen. Wenn die Kommission über einen relevanten Umstand unterrichtet werde, obliege es ihr, eine angemessene Untersuchung durchzuführen. Außerdem hänge die Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren rasch abzuschließen, nicht von der Anzahl der Gläubiger ab, sondern davon, wie leicht die Aktiva mobilisiert werden könnten. 217 Als Drittes stellt die Klägerin die Begründetheit der Beurteilung im 118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Abrede, da unter Berücksichtigung der zutreffenden Beträge, nämlich 225,5 Mio. SKK als wahrscheinliches Ergebnis aus einer Veräußerung ihrer Aktiva und 90 Mio. SKK für die sofortige Veräußerung der als Sicherheit eingesetzten Aktiva, der Vergleichsvorschlag offensichtlich attraktiver als das Insolvenzverfahren gewesen sei. 218 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. 219 Als Erstes bringt die Kommission erstens vor, auch wenn das Bestehen eines Rechts, einen Vermögensgegenstand sofort zu veräußern, nicht bedeute, dass es möglich sei, sofort einen Käufer zu finden, könne ihr die Klägerin doch nicht vorwerfen, nicht nachgewiesen zu haben, dass es einen Käufer gebe, der bereit sei, den von ihr angegebenen Preis zu zahlen, da der Klägerin der Nachweis obliege, dass die Vorgehensweise des öffentlichen Gläubigers einer vernünftigen wirtschaftlichen Logik folge. Aus dem 96. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gehe hervor, dass am Anlagevermögen der Klägerin Interesse bestand. Außerdem habe die Kommission angesichts der ihr vorliegenden Informationen keinen Grund für die Schlussfolgerung gehabt, dass es wahrscheinlich sei, dass die Klägerin sich in der gleichen Situation wie L. befinde. Zweitens bestehe das zweite Argument der Klägerin in der Wiederholung des Vorbringens, auf das die Kommission schon im Rahmen der zweiten Rüge eingegangen sei. Drittens habe die Kommission den vom Gerichtshof im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), festgestellten Fehler nicht wiederholt, sondern vielmehr der unzureichenden Begründung, mit der die ursprüngliche Entscheidung behaftet gewesen sei, abgeholfen. Im Hinblick auf die Stellung der örtlichen Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin sei die Dauer eines Insolvenzverfahrens im vorliegenden Fall für die Entscheidung des privaten Gläubigers unerheblich. 220 Als Zweites weist die Kommission zunächst darauf hin, dass die Erwägungsgründe 113 bis 117 des angefochtenen Beschlusses eine hilfsweise Prüfung gegenüber dem in erster Linie gezogenen Schluss enthielten, dass die Dauer des Insolvenzverfahrens keinen nennenswerten Einfluss gehabt hätte. Sodann seien, was den Fall von L. betreffe, die in diesem Stadium von der Klägerin vorgelegten Informationen nicht untermauert, verspätet und jedenfalls unzureichend. Schließlich gründe sich, abgesehen davon, dass die Klägerin nicht erläutert habe, warum die Zahl der Gläubiger für die Beurteilung der Dauer des Insolvenzverfahrens bedeutungslos sein solle, die Schlussfolgerung im 117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine Reihe von Umständen. 221 Als Drittes weist die Kommission darauf hin, dass sie bereits auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen sei, mit dem ihre Beurteilung des voraussichtlichen Erlöses aus der Veräußerung von deren Aktiva im Fall eines Insolvenzverfahrens in Frage gestellt werden sollte. Die Klägerin scheine anzuerkennen, dass der private Gläubiger die Tatsache, dass er die als Sicherheit eingesetzten Aktiva sofort veräußern könne, als Umstand berücksichtigen würde, der das Insolvenzverfahren noch vorteilhafter erscheinen lasse. 222 Im vorliegenden Fall stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 109 bis 112 des angefochtenen Beschlusses in erster Linie fest, dass die Dauer des Insolvenzverfahrens keinen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidung eines privaten Gläubigers gehabt hätte. Unabhängig von dieser Dauer hätte ihrer Ansicht nach die örtliche Steuerbehörde als bevorrechtigte Gläubigerin jederzeit einen Betrag von mindestens 194 Mio. SKK durch die Veräußerung des verpfändeten Anlagevermögens erhalten können. Insoweit habe diese Behörde, selbst unter Anwendung der im Bericht E genannten Bewertungsmethode auf die Lagerbestände und die kurzfristigen Forderungen der Klägerin, damit rechnen können, zusätzlich 185 Mio. SKK am Ende des Insolvenzverfahrens zu erhalten. Nach Meinung der Kommission hätte es der örtlichen Steuerbehörde daher klar sein müssen, dass der sich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ergebende Rückzahlungsbetrag letztlich bei Weitem die im Rahmen des Vergleichs angebotene Summe übertroffen hätte und dass lediglich ein Teil dieser Gesamtsumme zu einem späteren Zeitpunkt verfügbar gewesen wäre als im Zuge des Vergleichs. 223 Aus diesen Hinweisen auf den angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass die Würdigung der Kommission auf der Annahme beruht, dass die örtliche Steuerbehörde – sofort und unabhängig vom Ablauf des Insolvenzverfahrens – einen Betrag von 194 Mio. SKK aus der Veräußerung des Anlagevermögens der Klägerin hätte erhalten können. Wie jedoch aus der oben in Rn. 196 gezogenen Schlussfolgerung hervorgeht, ist diese Annahme nicht in rechtlich hinreichender Weise durch den Akteninhalt untermauert. 224 Daraus folgt, dass die Schlussfolgerung im 112. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die Dauer des Insolvenzverfahrens keinen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidung eines hypothetischen privaten Gläubigers gehabt habe, mit dem gleichen Fehler behaftet ist. 225 Gleichwohl bewertete die Kommission in den Erwägungsgründen 113 bis 118 des angefochtenen Beschlusses vorsorglich die wahrscheinliche Dauer eines Insolvenzverfahrens und ihre Auswirkung auf den Betrag, den ein Gläubiger nach einem solchen Verfahren erhalten könnte. Ihrer Ansicht nach wäre die Dauer des Verfahrens aufgrund der geringen Zahl der Gläubiger der Klägerin und dem Liquidationswert ihrer Aktiva wahrscheinlich kürzer als im Durchschnitt (Erwägungsgründe 113 bis 117 des angefochtenen Beschlusses). Außerdem spiele aufgrund der Höhe des Erlöses aus der Veräußerung dieser Aktiva, wie sie von der Kommission anhand ihrer eigenen Methodik geschätzt worden sei, gegenüber dem im Rahmen des Vergleichs vorgeschlagenen Betrag selbst eine Dauer des Insolvenzverfahrens von vier bis fünf Jahren keine nennenswerte Rolle bei der Entscheidung des privaten Gläubigers. Nur im Fall der Überschreitung einer Dauer von neun Jahren wäre der Barwert unter die im Rahmen des Vergleichs vereinbarte Summe gefallen, wobei ein derart langwieriges Verfahren im vorliegenden Fall von keinem privaten Gläubiger für wahrscheinlich erachtet worden wäre (118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 226 Erstens ist festzustellen, dass die Erwägung im 118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf der Annahme beruht, dass ein privater Gläubiger im Fall des Insolvenzverfahrens 356,7 Mio. SKK, entsprechend dem von der Kommission bewerteten Erlös aus der Veräußerung der Aktiva nach Abzug der Kosten des Verfahrens, hätte erhalten können. Wie jedoch die Klägerin vorträgt und wie oben in Rn. 201 festgestellt worden ist, ist die von der Kommission vorgenommene Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin nicht in rechtlich hinreichender Weise durch den Akteninhalt untermauert. 227 Zweitens ist es unter diesen Umständen nicht erforderlich, die Richtigkeit der Beurteilung der wahrscheinlichen Dauer eines Insolvenzverfahrens in den Erwägungsgründen 113 bis 117 des angefochtenen Beschlusses zu prüfen. Selbst wenn man nämlich als gegeben unterstellt, dass dieses Verfahren zügig hätte abgeschlossen werden können, ist festzustellen, dass dieser Umstand allein jedenfalls nicht ausreicht, um den Schluss im 119. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen, dass ein privater Gläubiger das Insolvenzverfahren dem Vergleichsvorschlag vorgezogen hätte. 228 Wie schon oben in Rn. 201 festgestellt, ist die von der Kommission vorgenommene Bewertung des wahrscheinlichen Ergebnisses einer Veräußerung im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens nicht in rechtlich hinreichender Weise untermauert. Nach der oben in Rn. 136 angeführten Rechtsprechung beeinflusst jedoch neben dem Faktor der Dauer der Faktor des Betrags, der im Rahmen eines alternativen Verfahrens erlangt werden könnte, die Entscheidung des privaten Gläubigers. 229 Außerdem wäre selbst unter der Annahme, dass sich die Kommission trotz der von ihr gegenüber dem Bericht E zu Recht geäußerten Vorbehalte (siehe oben, Rn. 173 bis 175) hilfsweise auf die aktualisierte Bewertung aus diesem Bericht stützen wollte, gleichwohl festzustellen, dass ein privater Gläubiger dem 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge damit hätte rechnen können, im Rahmen eines Insolvenzverfahrens 225,5 Mio. SKK, d. h. nur 1,2 Mio. SKK mehr als den im Rahmen des Vergleichs vorgeschlagenen Betrag, zu erhalten. Abgesehen davon, dass die Kommission jedoch die Auswirkung der Dauer eines Insolvenzverfahrens, sei es auch kürzer als durchschnittlich, auf die Entscheidung eines privaten Gläubigers, der damit hätte rechnen können, einen solchen Betrag zu erhalten, nicht prüfte, ist jedenfalls festzustellen, dass unter Berücksichtigung dieses geringen Unterschieds angesichts der hohen Beträge, um die es ging, die Annahme gerechtfertigt ist, dass ein privater Gläubiger, sei er auch bevorrechtigt, es offensichtlich vorgezogen hätte, sofort 224,3 Mio. SKK zu erhalten, als den Abschluss eines Insolvenzverfahrens abzuwarten, in dem er 1,2 Mio. SKK mehr erhalten könnte, selbst wenn man annimmt, dass dieses Verfahren innerhalb relativ kurzer Zeit geführt werden könnte. 230 Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, mit dem die Beurteilung der Auswirkung der Dauer eines Insolvenzverfahrens beanstandet werden soll, durchgreift. 231 Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt. 232 Erstens macht die Kommission geltend, der Klägerin obliege der Nachweis, dass die Vorgehensweise des öffentlichen Gläubigers einer vernünftigen wirtschaftlichen Logik folge. 233 Diesem Vorbringen steht die oben in den Rn. 138 bis 143 angeführte Rechtsprechung zur Verteilung der Beweislast dafür entgegen, dass die Voraussetzungen für das Kriterium des privaten Gläubigers vorliegen. 234 Zweitens genügt, soweit die Kommission auf die verschiedenen Argumente der Klägerin zur Möglichkeit eingeht, rasch einen Käufer für das Anlagevermögen zu finden, zum Interesse von O.H. an diesen Aktiva, zur Beurteilung der Dauer eines Insolvenzverfahrens und zum Fall der Gesellschaft L., die Feststellung, dass diese Argumente nichts mit der Erwägung zu tun haben, dass die Untersuchung der Auswirkung der Dauer auf die Entscheidung des privaten Gläubigers durch die Kommission fehlerhaft ist, da sie sich auf eine ihrerseits fehlerhafte, weil auf unzureichende Beweise gestützte, Bewertung des wahrscheinlichen Erlöses aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin durch die Kommission gründet. Folglich sind alle diese anderen Argumente in diesem Stadium irrelevant. 235 Nach alledem ist festzustellen, dass der Akteninhalt den Schluss im 119. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass ein privater Gläubiger ein Insolvenzverfahren gegen die Klägerin dem Vergleichsvorschlag vorgezogen hätte, nicht untermauern kann. 236 Daraus folgt, dass dem dritten Klagegrund der Klägerin zu folgen ist, ohne dass deren Vorbringen zur Bewertung des wahrscheinlichen Erlöses aus einem Verkauf ihrer Lagerbestände zu prüfen wäre. 237 Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerung im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach das Kriterium des privaten Gläubigers nicht erfüllt gewesen sei, sich nicht nur auf die Feststellung gründet, dass ein privater Gläubiger ein Insolvenzverfahren dem Vergleichsvorschlag vorgezogen hätte, sondern auch darauf, dass ein solcher Gläubiger diesem Vorschlag eine Steuereinziehung vorgezogen hätte. Es genügt daher, dass eines der beiden Verfahren, Insolvenzverfahren oder Steuereinziehung, vorteilhafter als das Vergleichsverfahren ist, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall nicht beachtet wurde. 238 Umgekehrt folgt daraus, dass die Schlussfolgerung im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach das Kriterium des privaten Gläubigers nicht erfüllt gewesen sei, nur dann rechtswidrig wäre, wenn sowohl das Insolvenzverfahren als auch das Steuereinziehungsverfahren sich als ungünstiger als das Vergleichsverfahren herausstellten. 239 Somit kann die in der vorstehenden Rn. 235 gezogene Schlussfolgerung für sich allein die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht rechtfertigen. Es müsste nämlich auch der vierte Klagegrund betreffend die Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens begründet sein. Er ist daher zu prüfen. Zum vierten Klagegrund: Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Steuereinziehungsverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren 240 Mit dem vierten Klagegrund beanstandet die Klägerin die Feststellung im angefochtenen Beschluss, die im Wesentlichen dahin geht, dass das Steuereinziehungsverfahren günstiger als der Vergleichsvorschlag gewesen sei. Die Klägerin legt vorab die Etappen dieses Verfahrens nach slowakischem Recht dar und stützt sodann diesen Klagegrund auf sechs Reihen von Argumenten. Diese lassen sich in zwei Kategorien zusammenfassen, wobei die erste Kategorie die Argumente zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf die Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens betrifft (erste und zweite Reihe von Argumenten) und die zweite die Anwendung dieses Kriteriums (dritte, vierte, fünfte und sechste Reihe von Argumenten). Zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens (erste und zweite Reihe von Argumenten) 241 Zum einen vertritt die Klägerin die Auffassung, dass das Kriterium des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens nicht relevant sei, da das Erstere einem privaten Gläubiger nicht offenstehe. Zum anderen wendet sie sich gegen das Vorbringen, dass im vorliegenden Fall kein Beweis für die Anwendbarkeit dieses Kriteriums vorgelegt worden sei. 242 Diese beiden Fragen sind nacheinander zu prüfen, wobei mit der zweiten zu beginnen ist. 243 Als Erstes macht die Klägerin geltend, dass aus den von ihr im Rahmen des zweiten Klagegrundes dargelegten Gründen die Kommission im 120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses einen Rechtsfehler begangen habe. 244 Die Kommission hält dieses Vorbringen für unbegründet und wiederholt im Wesentlichen die Argumente, die sie zum zweiten Klagegrund der Klägerin vorgetragen hat. Der Hinweis des betreffenden Mitgliedstaats, dass die Frage, ob die streitige Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstelle, nicht in Betracht gezogen worden sei, stehe jedem Versuch entgegen, sich auf das Kriterium des privaten Gläubigers zu berufen. Zwar könne sich der Empfänger der Maßnahme auf dieses Kriterium berufen, er habe jedoch eindeutig zu belegen, dass dem Staat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils klar gewesen sei, dass er ihn in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer gewähre. 245 Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission im Sinne der oben in den Rn. 95 und 97 angeführten Rechtsprechung, die sie im 82. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf den privaten Gläubiger übertrug, fest, dass keine Beweise vorgelegt worden seien, aus denen ersichtlich wäre, dass die örtliche Steuerbehörde ein Steuereinziehungsverfahren in Erwägung und den Schluss gezogen hätte, dass dieses Verfahren weniger vorteilhaft wäre als der Vergleich (120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Es ergibt sich jedoch aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Kommission mit dem Hinweis, dass die Klägerin den vorgeschlagenen Vergleich nicht mit dem möglichen Ergebnis einer Steuereinziehung vergleiche, diese Gegenüberstellung vornahm, da, wie die slowakischen Behörden bestätigten, das Steuereinziehungsverfahren für die örtliche Steuerbehörde eine Alternative gewesen sei, sowohl vor dem Beginn des Vergleichsverfahrens als auch nach einem möglichen Einspruch der örtlichen Steuerbehörde gegen den beantragten Vergleich, und dass es „[d]eshalb … notwendig [ist], diese Möglichkeit bei der Prüfung des Kriteriums des [privaten] Gläubigers in Erwägung zu ziehen“ (121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 246 Ohne dass darüber entschieden werden müsste, ob sich die Klägerin mit einem Verweis auf das Vorbringen zur Stützung eines anderen Klagegrundes, mit dem andere Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss gerügt werden sollen, begnügen kann, ist jedoch festzustellen, dass ihr Vorbringen zur Stützung des zweiten Klagegrundes die Erwägungen im 120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht entkräften kann. Wie nämlich aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes hervorgeht, hat die Klägerin im Wesentlichen die Schlussfolgerung im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beanstandet, wonach sich aus der Tatsache, dass sich der Mitgliedstaat nicht auf das Kriterium des privaten Gläubigers berufen und vielmehr vorgebracht habe, dass die streitige Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstelle, ergebe, dass die Maßnahme tatsächlich eine staatliche Beihilfe darstelle. Die Kommission hat jedoch im 120. Erwägungsgrund keine derartige Schlussfolgerung gezogen. 247 Außerdem ist, soweit die Kommission geltend gemacht hat, dass das Kriterium des privaten Gläubigers im Hinblick auf die Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens unanwendbar gewesen sei, und falls der 120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in dem Sinne zu verstehen wäre, dass er implizit eine solche Schlussfolgerung enthält, darauf hinzuweisen, dass bei der Würdigung des zweiten Klagegrundes festgestellt wurde, dass dieses Kriterium auf die Umstände der vorliegenden Rechtssache anwendbar war. Da aber das Kriterium als solches anwendbar ist, kann die Kommission für seine Anwendbarkeit nicht nach den verschiedenen Alternativen zu der streitigen Maßnahme unterscheiden. 248 Insoweit ergibt sich zudem, wie oben in Rn. 245 dargelegt, aus dem 121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eindeutig, dass die Kommission der Ansicht war, es sei notwendig, das Steuereinziehungsverfahren bei der Prüfung des Kriteriums des privaten Gläubigers in Erwägung zu ziehen, da dieses Verfahren für die örtliche Steuerbehörde eine Alternative gewesen sei. Mit anderen Worten hielt es die Kommission für erforderlich, das Kriterium des privaten Gläubigers in diesem Kontext in der Sache zu prüfen, da die Steuereinziehung eine Alternative gewesen sei und, wie sie in ihren Schriftsätzen ausführt, um den angefochtenen Beschluss zu untermauern. 249 Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass der angefochtene Beschluss mit einem Rechtsfehler behaftet sei, da das Steuereinziehungsverfahren einem privaten Gläubiger nicht offenstehe und im angefochtenen Beschluss von keinem entsprechenden Verfahren die Rede sei, das ein solcher Gläubiger hätte in Anspruch nehmen können. Daraus folge, dass dieses Verfahren für das Kriterium des privaten Gläubigers nicht berücksichtigt werden könne. 250 Die Kommission hält dieses Vorbringen für unbegründet. 251 Es ist bereits entschieden worden, dass die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers nicht von der Form abhängt, in der der Vorteil gewährt wurde, sondern von der Einstufung der getroffenen Maßnahme als Entscheidung, die ein privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat (vgl. entsprechend Urteil vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, Slg, EU:C:2014:213, Rn. 31; vgl. auch in diesem Sinne und entsprechend Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 93). Insoweit ist ausschlaggebend, ob die fragliche Maßnahme nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Vernünftigkeit erfolgte, so dass auch ein privater Gläubiger, der bestrebt ist, seine Aussichten auf Beitreibung seiner Forderung oder zumindest des größten Teils dieser Forderung zu maximieren, eine solche Maßnahme akzeptieren könnte (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Kommission/Niederlande und ING Groep, EU:C:2014:213, Rn. 36). 252 Im vorliegenden Fall steht fest, dass ein privater Gläubiger ebenso wie die örtliche Steuerbehörde im Rahmen des Vergleichs teilweise auf seine Forderung verzichten konnte. Dagegen sind sich die Parteien darüber einig, dass nur die örtliche Steuerbehörde über die Möglichkeit des Steuereinziehungsverfahrens verfügte. 253 Entsprechend der oben in Rn. 251 angeführten Rechtsprechung ist jedoch festzustellen, dass allein der Umstand, dass das Steuereinziehungsverfahren einem privaten Gläubiger nicht offenstand, kein Hindernis für die Analyse des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung dieses Verfahrens und des Vergleichsverfahrens sein kann. Dieser Umstand steht nämlich einer Prüfung der wirtschaftlichen Vernünftigkeit der Entscheidung der örtlichen Steuerbehörde, das Vergleichsverfahren zu wählen, nicht entgegen. 254 In diesem Zusammenhang ist noch die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung als unerheblich zurückzuweisen, wonach zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Kapitalgeber, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre, nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen sind, die mit der Eigenschaft des Staates als Anteilseigner zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger von öffentlicher Gewalt knüpfen (vgl. Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung). 255 Abgesehen davon, dass sich diese Rechtsprechung nicht auf die Frage bezieht, ob das Kriterium des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung der jeweiligen Vorteile und Nachteile der beiden Verfahren zur Beitreibung von Forderungen anwendbar ist, von denen nur eines dem privaten Gläubiger offensteht, während der öffentliche Gläubiger auf beide Verfahren zurückgreifen kann, ist nämlich festzustellen, dass sich aus den Urteilen, auf die diese Feststellung im Urteil Kommission/EDF, oben in Rn. 26 angeführt (EU:C:2012:318, Rn. 79), gestützt ist, nämlich den Urteilen Belgien/Kommission, oben in Rn. 51 angeführt (EU:C:1986:302, Rn. 14), vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission (40/85, Slg, EU:C:1986:305, Rn. 13), vom 14. September 1994, Spanien/Kommission (C‑278/92 bis C‑280/92, Slg, EU:C:1994:325, Rn. 22), und vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (C‑334/99, Slg, EU:C:2003:55, Rn. 134), ergibt, dass bei der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers alle sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik unberücksichtigt bleiben müssen und dass andere auf dem Mitgliedstaat in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt lastende Kosten oder Verantwortlichkeiten nicht berücksichtigt werden dürfen. 256 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens zurückzuweisen. Zur Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens (dritte, vierte, fünfte und sechste Reihe von Argumenten) 257 Die dritte, die vierte, die fünfte und die sechste Reihe von Argumenten, auf die die Klägerin den vorliegenden Klagegrund stützt, beziehen sich auf eine vergleichende Beurteilung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens im Kontext des Kriteriums des privaten Gläubigers. 258 Als Erstes rügt die Klägerin, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 121 und 123 des angefochtenen Beschlusses Fehler bei der Bestimmung des Zeitpunkts und des Vorgangs, zu dem und auf den das Kriterium des privaten Gläubigers anzuwenden sei, begangen habe. Was erstens den 121. Erwägungsgrund dieses Beschlusses betrifft, bringt sie zum einen vor, das Steuereinziehungsverfahren habe infolge des Vergleichsvorschlags und solange das Vergleichsverfahren gelaufen sei, rechtlich nicht zur Verfügung gestanden, was die Kommission implizit anerkannt habe. Zum anderen sei allein die Frage relevant, ob am 9. Juli 2004 das Steuereinziehungsverfahren offensichtlich günstiger als der Vergleich gewesen sei. Zweitens macht die Klägerin zum 123. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geltend, dass die Kommission nicht für die Bewertung der Zahlungsaufschübe von November 2002 bis November 2003 zuständig gewesen sei und dass sie sich auf die Prüfung des im vorliegenden Fall allein relevanten Vorgangs zu beschränken gehabt habe, ohne Hypothesen zu Fragen aufzustellen, die nicht in ihre Zuständigkeit fielen. 259 Als Zweites meint die Klägerin, der 123. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthalte lediglich hypothetische und unzutreffende Behauptungen sowie rein spekulative und von der Kommission nicht gelöste Fragen, die nicht als Begründung eines solchen Beschlusses dienen könnten. Außerdem habe die Kommission die maßgebliche Frage, ob ein privater Gläubiger die Zahlung der Steuerschuld aufgeschoben hätte, nicht behandelt. 260 Als Drittes wirft die Klägerin der Kommission im Wesentlichen vor, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die Hinweise des Gerichtshofs im Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt (EU:C:2013:32), missachtet zu haben, da sie versäumt habe, alle verfügbaren Informationen zu prüfen, die den Entscheidungsprozess eines privaten Gläubigers wesentlich beeinflussen könnten, was sowohl den Betrag, der im Rahmen einer Steuereinziehung erlangt werden könnte, als auch die Kosten dieses Verfahrens betreffe. In der Erwiderung ergänzt die Klägerin, dass es entgegen dem Vorbringen der Kommission dieser obliege, im angefochtenen Beschluss den Sachverhalt nachzuweisen, der ihren Schluss rechtfertige, dass eine Steuereinziehung zu einem höheren Erlös als der Vergleich geführt hätte. 261 Als Viertes rügt die Klägerin Fehler der Kommission betreffend die mögliche Dauer eines Steuereinziehungsverfahrens. Insoweit habe die Kommission zum einen, indem sie sich ohne Analyse oder Beweis auf die Vermutung beschränkt habe, dass dieses Verfahren zügig hätte abgeschlossen werden können, versäumt, diese Frage zu prüfen oder zumindest den angefochtenen Beschluss rechtlich hinreichend zu begründen. Zum anderen hätte ein privater Gläubiger den wahrscheinlichen Zeitplan eines Steuereinziehungsverfahrens anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften geprüft und alle Auswirkungen eines Steuereinziehungsverfahrens berücksichtigt, wie die Gefahr, dass während dieses Verfahrens über die Klägerin ein Insolvenzverfahren eröffnet werde, und den erforderlichen Zeitraum, um einen Käufer zu finden, der bereit wäre, den Mindestbetrag nach den Schwellenwerten des slowakischen Rechts zu zahlen. Auf das Vorbringen der Kommission, sie habe den angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen erlassen, entgegnet die Klägerin in der Erwiderung, dass diese nach der Rechtsprechung die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen habe, um alle einschlägigen Informationen für ihre Untersuchung zu erhalten. 262 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. 263 Als Erstes entgegnet die Kommission zum einen, dass das Steuereinziehungsverfahren vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens und im Fall der Versagung der Bestätigung des Vergleichs durch die nationalen Gerichte hätte eingeleitet werden können. Zum anderen gründe sich das Vorbringen der Klägerin zum 123. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf ein Fehlverständnis der Feststellung betreffend die Ereignisse vor dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Union. Die Kommission habe sich damit begnügt, nahezulegen, dass die Vereinbarkeit des Verhaltens des betreffenden Mitgliedstaats mit dem Kriterium des privaten Gläubigers noch vor dem Abschluss des Vergleichs fraglich gewesen sei, ohne dass sie es jedoch für erforderlich gehalten habe, sich auf diesen Umstand zu stützen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass sich ein privater Gläubiger jedenfalls nicht für den Vergleich entschieden hätte. 264 Als Zweites sei die Frage, ob die Zahlungsaufschübe vor dem Vergleich keine Beihilfe enthalten hätten, für die Schlussfolgerung, dass der Vergleich eine staatliche Beihilfe dargestellt habe, nicht relevant. Die Erwägungsgründe 122 und 123 des angefochtenen Beschlusses enthielten Hinweise, die für die Begründung, auf die sich die Schlussfolgerung zum Vorliegen einer Beihilfe stütze, überflüssig seien. 265 Als Drittes müsse die Klägerin nach der Rechtsprechung eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass der Vorteil vom betreffenden Mitgliedstaat nicht in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer gewährt worden sei und auf dem Markt hätte erlangt werden können. In Ermangelung jeglichen Versuchs der Klägerin, die erforderlichen Nachweise vorzulegen, habe die Kommission alle verfügbaren Informationen berücksichtigen und trotzdem die Glaubwürdigkeit des Vorbringens beurteilen müssen, dass keine Beihilfe vorliege, da der Mitgliedstaat genauso gehandelt habe wie ein privater Gläubiger, wobei sie das Steuereinziehungsverfahren geprüft habe, um den angefochtenen Beschluss zu untermauern. Jedenfalls sei das Vorbringen der Klägerin zum Betrag, der im Rahmen eines Steuereinziehungsverfahrens erlangt werden könnte, sowie zu den Kosten dieses Verfahrens unbegründet. Insoweit scheine Einigkeit darüber zu bestehen, dass ein Steuereinziehungsverfahren nicht zu so hohen Verwaltungskosten führe wie ein Insolvenzverfahren, wobei die Kommission nicht über Informationen über andere zu berücksichtigende Kosten verfüge. 266 Als Viertes entgegnet die Kommission, sie habe die Dauer eines Insolvenzverfahrens geprüft und sei trotz der Unzulänglichkeit der in diesem Punkt verfügbaren Beweise zu dem Ergebnis gelangt, dass sich gegenüber der für ein Insolvenzverfahren charakteristischen Neigung zur Langsamkeit die Tatsache, dass das Steuereinziehungsverfahren vom Gläubiger selbst geführt werde, positiv auf die Effizienz und daher auf die Dauer dieses Verfahrens auswirke. 267 In Anbetracht der oben in den Rn. 131 bis 147 angeführten Rechtsprechung ist die Richtigkeit der vergleichenden Beurteilung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers durch die Kommission zu prüfen. 268 Nach dieser Rechtsprechung hatte die Kommission im vorliegenden Fall zunächst festzustellen, ob unter Berücksichtigung der oben in Rn. 136 genannten Faktoren ein durchschnittlich vorsichtiger und sorgfältiger privater Gläubiger, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befand wie die slowakischen Behörden, das Steuereinziehungsverfahren dem Vergleichsvorschlag offensichtlich vorgezogen hätte, um die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen. Dazu musste die Kommission die Vor- und Nachteile jedes dieser Verfahren nach Maßgabe der Interessen eines privaten Gläubigers vergleichen, um die günstigste Alternative zu ermitteln (siehe oben, Rn. 132 bis 137). 269 Sodann hat die Kommission, wenn sie im Kontext des Kriteriums des privaten Gläubigers die oben in Rn. 133 genannte Gesamtwürdigung vornimmt, dabei neben den vom fraglichen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im vorliegenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen. Wenn sich daher zeigt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers anwendbar sein könnte, hat sie den betreffenden Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind. Daher liegt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für das Kriterium des privaten Gläubigers bei der Kommission. Dies gilt umso mehr, wenn sich der angefochtene Beschluss nicht auf die Nichtvorlage von Beweismitteln, die die Kommission vom betreffenden Mitgliedstaat angefordert hatte, stützt, sondern auf die Feststellung, dass ein privater Gläubiger nicht wie die Behörden dieses Mitgliedstaats gehandelt hätte, wobei diese Feststellung voraussetzt, dass die Kommission über alle relevanten Beweismittel verfügte, die bei der Ausarbeitung ihrer Entscheidung erforderlich waren (siehe oben, Rn. 138 und 139). 270 Schließlich ergibt sich aus der oben in Rn. 147 angeführten Rechtsprechung, dass das Gericht insbesondere kontrollieren muss, ob die Beweise, auf die die Kommission ihre Beurteilung gestützt hat, alle relevanten Daten darstellen, die heranzuziehen waren, und ob sie die von der Kommission aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen, wobei nach der oben in Rn. 134 angeführten Rechtsprechung jede Information als erheblich zu betrachten ist, die den Entscheidungsprozess eines durchschnittlich vorsichtigen und sorgfältigen privaten Gläubigers, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der betreffende öffentliche Gläubiger und von einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Zahlung der ihm geschuldeten Beträge zu erlangen sucht, nicht unwesentlich beeinflussen kann. 271 Im vorliegenden Fall steht fest, dass weder die Slowakische Republik noch die Klägerin im Verwaltungsverfahren das Vergleichs- und das Steuereinziehungsverfahren anhand des Kriteriums des privaten Gläubigers gegenüberstellten. Insbesondere ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens lediglich geltend machte, dass das Steuereinziehungsverfahren im vorliegenden Fall nicht hätte angewandt werden können, da der Ablauf eines solchen Verfahrens sowohl durch ein Insolvenzverfahren als auch durch ein Vergleichsverfahren gehindert werde. Die Klägerin fügte hinzu, dass, wenn sie keinen Vergleichsvorschlag gemacht hätte, sich ihre finanzielle Lage soweit verschlechtert hätte, dass sie nach einigen Wochen überschuldet und folglich gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, entweder die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen oder einen Vergleichsvorschlag zu machen. Die slowakischen Behörden wiesen zu dieser Stellungnahme der Klägerin u. a. darauf hin, dass das Steuereinziehungsverfahren habe eingeleitet werden können, nachdem die nationalen Gerichte die Bestätigung des Vergleichs abgelehnt hätten. 272 Es ergibt sich jedoch aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Kommission diese Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens deshalb vornahm, weil sie in Ersterem eine Alternative für die örtliche Steuerbehörde sah, sowohl vor dem Beginn des Vergleichsverfahrens als auch nach einem möglichen Einspruch der örtlichen Steuerbehörde gegen den beantragten Vergleich (121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie kam im Wesentlichen zu dem Schluss, dass eine Steuereinziehung zu einem höheren Erlös als ein Vergleich geführt hätte (127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und dass ein privater Gläubiger, wenn er diese Möglichkeit gehabt hätte, der Steuereinziehung den Vorzug gegenüber dem Vergleichsvorschlag gegeben hätte (124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 273 Insoweit stellte die Kommission als Erstes unter Hinweis darauf, dass die slowakischen Behörden und die Klägerin unterschiedlicher Auffassung über den Wert der verpfändeten langfristigen Vermögenswerte gewesen seien und dass sie nicht ermitteln müsse, welcher Wert richtig sei (122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), fest, falls der Wert der Aktiva der Klägerin wirklich nur die Hälfte der Sicherheit ausgemacht habe, bedeute dies, dass die für die von November 2002 bis November 2003 gewährten Zahlungsaufschübe verlangten Sicherheiten unzureichend gewesen seien. Unter diesen Umständen hätten diese Aufschübe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht das Kriterium des privaten Gläubigers erfüllt. Die Kommission habe es zwar nicht für erforderlich gehalten, festzustellen, ob diese Maßnahmen ein Beihilfeelement enthielten, jedoch könne, wenn bereits diese Aufschübe eine staatliche Beihilfe darstellten, nicht länger Bezug auf das Kriterium des privaten Gläubigers genommen werden, wenn die derart gestundeten Beträge später teilweise abgeschrieben würden (123. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 274 Wie allerdings die Klägerin zu Recht geltend macht und ohne dass zu prüfen wäre, ob die Kommission befugt war, über die Zahlungsaufschübe von November 2002 bis November 2003 zu entscheiden, ist festzustellen, dass diese rein hypothetische Begründung des angefochtenen Beschlusses für sich allein nicht die Schlussfolgerung begründen kann, dass die teilweise Abschreibung der Steuerschuld der Klägerin einen Vorteil verschafft habe, den diese unter Marktbedingungen nicht hätte erhalten können. Die Kommission stellt nämlich in diesem Stadium lediglich Hypothesen auf, ohne jedoch die von ihr damit aufgeworfenen Fragen zu prüfen, ohne sie auf Beweise zu stützen und ohne daraus eine endgültige Schlussfolgerung zu ziehen. 275 Außerdem räumt die Kommission in ihren Schriftsätzen ein, dass die Frage, ob die Zahlungsaufschübe vor dem Vergleich keine Beihilfe enthalten hätten, nicht relevant für die Schlussfolgerung sei, dass der Vergleich eine staatliche Beihilfe dargestellt habe und dass die Erwägungsgründe 122 und 123 des angefochtenen Beschlusses Hinweise enthielten, die für die Begründung, auf die sich die Schlussfolgerung zum Vorliegen einer Beihilfe stütze, überflüssig seien. 276 Als Zweites stellte die Kommission im angefochtenen Beschluss fest, dass, auch wenn sich die Höhe der verpfändeten langfristigen Vermögenswerte nur auf 194 Mio. SKK belaufen habe, ein privater Gläubiger dennoch dem Steuereinziehungsverfahren den Vorzug gegeben hätte (124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Insoweit wies sie darauf hin, dass die Steuerbehörde in einem solchen Verfahren die Aktiva des Schuldners unmittelbar habe verkaufen können. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs habe der Wert des Umlaufvermögens der Klägerin, nämlich Bestände im Wert von 43 Mio. SKK, eintreibbare Forderungen in Höhe von mindestens 37 Mio. SKK und Zahlungsmittel in Höhe von 161 Mio. SKK, den im Rahmen des Vergleichs vorgeschlagenen Betrag überstiegen. Außerdem habe die Klägerin weitere Aktiva besessen, deren Wert mindestens 194 Mio. SKK betragen habe (125. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich würden im Unterschied zu einem Insolvenzverfahren bei einer Steuereinziehung keine Verwaltungsgebühren fällig, und da sie von der Steuerbehörde eingeleitet und kontrolliert werde, könne man davon ausgehen, dass dieses Verfahren zügig hätte abgeschlossen werden können (126. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass eine Steuereinziehung zu einem höheren Erlös als ein Vergleich geführt hätte (127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 277 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung der Kommission auf die Übernahme der Bewertungen gründet, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. 278 Wie jedoch oben in Rn. 201 festgestellt wurde, war diese Bewertung nicht in rechtlich hinreichender Weise durch den Akteninhalt untermauert. 279 Sodann hat sich die Kommission zur Dauer eines Steuereinziehungsverfahrens darauf beschränkt, „davon aus[zu]gehen, dass es zügig abgeschlossen werden kann“, insbesondere im Vergleich zum Insolvenzverfahren, da es von der Verwaltung eingeleitet und kontrolliert worden wäre. Die Kommission hat jedoch diese Dauer nicht beurteilt, sei es unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache oder zumindest im Durchschnitt nach Maßgabe der vom slowakischen Recht vorgeschriebenen Verfahrensschritte. Die Kommission räumt außerdem in ihren Schriftsätzen ein, dass die zur Frage der Dauer eines Steuereinziehungsverfahrens verfügbaren Beweismittel unzureichend waren. 280 Es ist jedoch zu beachten, dass die Dauer der Verfahren einen Gesichtspunkt darstellt, der den Entscheidungsprozess eines privaten Gläubigers nicht unwesentlich beeinflussen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 81). 281 Schließlich kann nach der Rechtsprechung die Lage des begünstigten Unternehmens ein maßgeblicher Aspekt in der Gesamtwürdigung der Voraussetzungen für die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers sein (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, oben in Rn. 56 angeführt, EU:T:2003:57, Rn. 251, und vom 30. Juni 2015, Niederlande u. a./Kommission,T‑186/13, T‑190/13 und T‑193/13, EU:T:2015:447, Rn. 88). 282 Obwohl aber die Klägerin im Verwaltungsverfahren angab, dass ein Steuereinziehungsverfahren hätte unterbrochen werden können, da sie aufgrund der Verschlechterung ihrer finanziellen Lage hätte verpflichtet sein können, die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen, berücksichtigte die Kommission im angefochtenen Beschluss diesen Gesichtspunkt nicht und beurteilte nicht einmal die Wahrscheinlichkeit, dass das Steuereinziehungsverfahren angesichts dieser Umstände im vorliegenden Fall abgeschlossen werden könnte. Dieser Mangel kann nicht durch das Vorbringen vor dem Gericht ausgeglichen werden, wonach diese Behauptung der Klägerin rein spekulativ sei. 283 Darüber hinaus hat sich die Kommission zu den Kosten eines Steuereinziehungsverfahrens mit der Feststellung begnügt, dass bei diesem Verfahren im Unterschied zu einem Insolvenzverfahren keine Verwaltungsgebühren fällig würden. Aus dem angefochtenen Beschluss geht jedoch nicht hervor, dass die Kommission die Frage geprüft hätte, ob im Steuereinziehungsverfahren irgendwelche Kosten hätten entstehen können. Sie ging auch nicht auf die etwaige Bedeutung der Auswirkung solcher Kosten auf den Betrag ein, der im Rahmen dieses Verfahrens erlangt werden könnte. 284 Es zeigt sich somit, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht über die maßgeblichen Tatsachen verfügte, die ihr die Feststellung erlaubten, dass sich ein privater Gläubiger am 9. Juli 2004 offensichtlich für das Steuereinziehungsverfahren entschieden hätte. 285 Diese Schlussfolgerung ist geboten, ohne dass die übrigen Argumente der Klägerin zu prüfen wären, die im Wesentlichen die Möglichkeit und die Wahrscheinlichkeit eines Direktverkaufs im Rahmen einer Steuereinziehung, den Wert der Aktiva, den ein Gutachter gegebenenfalls bestimmt hätte, die Verwendung der bei der Beurteilung des wahrscheinlichen Erlöses aus einem Verkauf der Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestimmten Zahlen, die im Fall der Steuereinziehung anwendbaren gesetzlichen Schwellenwerte und ihre Auswirkung auf die Möglichkeit einer Veräußerung der Aktiva zu den von der Kommission angegebenen Beträgen, das Insolvenzverfahren von L. und die Gefahr der Verschleuderung des Vermögens der Klägerin betreffen. 286 Die oben in Rn. 284 gezogene Schlussfolgerung wird durch die Argumente der Kommission nicht in Frage gestellt. 287 Erstens macht die Kommission geltend, nach der Rechtsprechung müsse die Klägerin eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass der fragliche Vorteil vom betreffenden Mitgliedstaat nicht in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer gewährt worden sei und auf dem Markt hätte erlangt werden können. Außerdem habe die Kommission die beiden Verfahren allein auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen verglichen und habe nicht über die Informationen verfügt, die die Klägerin zur Untermauerung ihres Standpunkts, dass das Steuereinziehungsverfahren ungünstiger als das Vergleichsverfahren gewesen sei, hätte vorlegen können. 288 In Anbetracht der oben in den Rn. 138, 139, 141 und 269 angeführten Rechtsprechung ist jedoch festzustellen, dass die Kommission, da sie das Kriterium des privaten Gläubigers im Hinblick auf die Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens anwandte und im Wesentlichen zu dem Ergebnis kam, dass ein privater Gläubiger das erste Verfahren dem zweiten vorgezogen hätte, sich nicht unter Berufung darauf, dass sie nicht über ausreichende Informationen verfügt habe, damit begnügen konnte, nicht untermauerte und nicht nachprüfbare Hypothesen aufzustellen. Sie kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung zur Anwendbarkeit dieses Kriteriums stützen, nach der der betreffende Mitgliedstaat oder der Beteiligte, der sich darauf beruft, nachweisen muss, dass dieser Mitgliedstaat die streitige Maßnahme in seiner Eigenschaft als privater Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat, um die Tatsache zu rechtfertigen, dass sie sich mangels solcher Beweise damit begnügte, bei der Anwendung dieses Kriteriums ungenaue Schlussfolgerungen zu ziehen. 289 Zweitens wird die oben in Rn. 284 gezogene Schlussfolgerung auch durch die anderen Argumente der Kommission, die sie in Beantwortung des Vorbringens der Klägerin geltend macht, nicht in Frage gestellt. Diese Argumente der Kommission betreffen im Wesentlichen die Möglichkeit und die Wahrscheinlichkeit eines Direktverkaufs im Rahmen einer Steuereinziehung, den Wert der Aktiva, den ein Gutachter gegebenenfalls bestimmt hätte, die Verwendung der bei der Beurteilung des wahrscheinlichen Erlöses aus einem Verkauf der Aktiva im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestimmten Beträge, das Insolvenzverfahren von L., die im Fall der Steuereinziehung anwendbaren gesetzlichen Schwellenwerte und schließlich die Gefahr der Verschleuderung des Vermögens der Klägerin. 290 Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass sich die oben in Rn. 284 gezogene Schlussfolgerung allein auf die Feststellung stützt, dass die Kommission nicht über die maßgeblichen Tatsachen verfügte, die ihr die Feststellung erlaubten, dass sich ein privater Gläubiger am 9. Juli 2004 offensichtlich für das Steuereinziehungsverfahren entschieden hätte. Zum anderen ist diese Schlussfolgerung – die sich daraus ergibt, dass dem Vorbringen der Klägerin gefolgt worden ist, wonach die Kommission, die nachweisen musste, dass die Voraussetzungen für das Kriterium des privaten Gläubigers im vorliegenden Fall nicht vorlagen, die Dauer und die Kosten sowie die wirtschaftliche Lage der Klägerin im Rahmen der Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens nicht gewürdigt hatte – gezogen worden, ohne dass es erforderlich gewesen wäre, die übrigen, oben in Rn. 285 dargelegten Argumente der Klägerin zu prüfen. Da jedoch die oben in Rn. 289 angeführten Argumente der Kommission in Beantwortung dieser letztgenannten Argumente der Klägerin vorgetragen wurden, können sie auf keinen Fall die oben in Rn. 284 gezogene Schlussfolgerung umkehren. 291 Nach alledem greift der vierte Klagegrund der Klägerin durch. 292 Demgemäß ist in Anbetracht der Feststellungen oben in den Rn. 236 und 291 der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären. Kosten 293 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Klägerin die Kosten einschließlich der in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Der Beschluss 2014/342/EU der Kommission vom 16. Oktober 2013 über die staatliche Beihilfe SA.18211 (C 25/05) (ex NN 21/05), die die Slowakische Republik zugunsten von Frucona Košice a.s. gewährt hat, wird für nichtig erklärt. 2. Die Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten von Frucona Košice einschließlich der in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten. Martins Ribeiro Gervasoni Madise Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. März 2016. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Entwicklung der Lage der Klägerin und Vergleichsverfahren Verwaltungsverfahren Ursprüngliche Entscheidung Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof Angefochtener Beschluss Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Verteidigungsrechte Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler im 83. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Zum dritten Klagegrund: tatsächlicher und rechtlicher Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Insolvenzverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren Einleitende Hinweise zur Rechtsprechung Zur Richtigkeit der Bewertung des Erlöses aus der Veräußerung der Aktiva der Klägerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (zweite Reihe von Argumenten) Zur Richtigkeit der Beurteilung der Dauer eines Insolvenzverfahrens und seiner Auswirkung auf die Entscheidung des privaten Gläubigers (dritte, vierte und fünfte Reihe von Argumenten) Zum vierten Klagegrund: Fehler bei der Schlussfolgerung, dass das Steuereinziehungsverfahren günstiger gewesen sei als das Vergleichsverfahren Zur Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens (erste und zweite Reihe von Argumenten) Zur Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers im Hinblick auf eine Gegenüberstellung des Steuereinziehungs- und des Vergleichsverfahrens (dritte, vierte, fünfte und sechste Reihe von Argumenten) Kosten (*1)   Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 21. Januar 2016.#Galp Energía España, SA u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Art. 81 EG – Kartelle – Spanischer Straßenbaubitumenmarkt – Marktaufteilung und Preisabsprache – Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Art. 261 AEUV – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 31 – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Art. 264 AEUV – Teilweise oder vollständige Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission.#Rechtssache C-603/13 P.
62013CJ0603
ECLI:EU:C:2016:38
2016-01-21T00:00:00
Gerichtshof, Jääskinen
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013CJ0603 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) 21. Januar 2016 (*1) „Rechtsmittel — Art. 81 EG — Kartelle — Spanischer Straßenbaubitumenmarkt — Marktaufteilung und Preisabsprache — Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht — Art. 261 AEUV — Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Art. 31 — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung — Art. 264 AEUV — Teilweise oder vollständige Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission“ In der Rechtssache C‑603/13 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. November 2013, Galp Energía España SA mit Sitz in Alcobendas (Spanien), Petróleos de Portugal (Petrogal) SA mit Sitz in Lissabon (Portugal), Galp Energía SGPS SA mit Sitz in Lissabon, Prozessbevollmächtigte: M. Slotboom, advocaat, und G. Gentil Anastácio, advogado, Rechtsmittelführerinnen, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch C. Urraca Caviedes und F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigte im Beistand von J. Rivas Andrés, avocat, und G. Eclair-Heath, Solicitor, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), A. Rosas und C. Vajda, Generalanwalt: N. Jääskinen, Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2015 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die GALP Energía España SA (im Folgenden: GALP Energía España), die Petróleos de Portugal (Petrogal) SA (im Folgenden: Petróleos de Portugal) und die GALP Energía SGPS SA (im Folgenden: GALP Energía SGPS) (im Folgenden zusammen: Rechtsmittelführerinnen) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Galp Energía España u. a./Kommission (T‑462/07, EU:T:2013:459, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses die Entscheidung K(2007) 4441 endg. der Kommission vom 3. Oktober 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 EG, jetzt Art. 101 AEUV (Sache COMP/38.710 – Bitumen [Spanien]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), teilweise für nichtig erklärt und die ihnen auferlegte Geldbuße herabgesetzt und ihre Klage im Übrigen abgewiesen hat. Rechtlicher Rahmen 2 Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1, S. 1) bestimmt: „Bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung. Er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung 3 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wurde in den Rn. 1 bis 85 des angefochtenen Urteils dargestellt und kann für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammengefasst werden. 4 Die von der Zuwiderhandlung betroffene Ware ist Fluxbitumen, ein nicht weiterverarbeitetes Bitumen, das für den Bau und die Unterhaltung von Straßen verwendet wird. 5 Der spanische Bitumenmarkt umfasst zum einen drei Hersteller, die Konzerne Repsol, CEPSA-PROAS und BP, sowie zum anderen Importeure, zu denen der Nynäs-Konzern und der von den Rechtsmittelführerinnen gebildete Konzern gehören. 6 Die Aktiva von Galp Energía España, vormals Petrogal Española SA, wurden von 1990 bis 2003 zu 89,29 % von Petróleos de Portugal und zu 10,71 % von Tagus RE gehalten, einer Versicherungsgesellschaft, die ihrerseits zu 98 % von Petróleos de Portugal kontrolliert wurde. Seit 2003 ist Galp Energía España eine 100%ige Tochtergesellschaft von Petróleos de Portugal. Diese ist seit dem 22. April 1999 ihrerseits eine zu 100 % von Galp Energía SGPS gehaltene Tochtergesellschaft. 7 Die Tätigkeit von Galp Energía España besteht im Verkauf und Vertrieb von Bitumen in Spanien. Ihr Umsatz, bezogen auf das an nicht mit ihr verbundene Abnehmer in Spanien verkaufte Bitumen, betrug im Jahr 2001, dem letzten vollständigen Jahr der Zuwiderhandlung, 13000000 Euro, d. h. 4,54 % des in Rede stehenden Marktes. Der konsolidierte Gesamtumsatz von Galp Energía SGPS betrug im Jahr 2006 12 576000000 Euro. 8 Nach einem am 20. Juni 2002 vom BP-Konzern in Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) gestellten Antrag auf Geldbußenerlass wurden am 1. und am 2. Oktober 2002 bei den Konzernen Repsol, PROAS, BP und Nynäs sowie bei dem von den Rechtsmittelführerinnen gebildeten Konzern Nachprüfungen vorgenommen. 9 Am 6. Februar 2004 richtete die Kommission nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Art. [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) eine erste Serie von Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen. 10 Mit Telefax vom 31. März bzw. vom 5. April 2004 stellten Repsol und PROAS bei der Kommission einen Antrag gemäß deren Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, begleitet von einer Unternehmenserklärung. 11 Nachdem sie vier weitere Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen gerichtet hatte, eröffnete die Kommission förmlich ein Verfahren und stellte den Konzernen BP, Repsol, CEPSA-PROAS und Nynäs sowie dem von den Rechtsmittelführerinnen gebildeten Konzern in der Zeit vom 24. bis zum 28. August 2006 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu. 12 Am 3. Oktober 2007 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, mit der sie feststellte, dass sich die 13 Unternehmen, an die sie gerichtet war, an einem Komplex von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Fluxbitumengeschäft im Gebiet Spaniens (mit Ausnahme der Kanarischen Inseln) beteiligt hatten, der in einer Marktaufteilung und Preisabsprachen bestand. 13 Die folgenden verschiedenen rechtswidrigen Verhaltensweisen oder Bestandteile wurden festgestellt: — Festlegung von Verkaufsanteilen; — Aufteilung von Warenmengen und Kunden zwischen allen Teilnehmern des Kartells auf der Grundlage dieser Anteile; — Kontrolle der Umsetzung der Markt- und Kundenaufteilung mittels Austausch von Informationen zu den Verkaufsmengen (im Folgenden: Überwachungssystem); — Schaffung eines Ausgleichsmechanismus zur Korrektur auftretender Abweichungen von der vereinbarten Markt- und Kundenaufteilung (im Folgenden: Ausgleichsmechanismus); — Verständigung über die Änderung der Bitumenpreise und den Zeitpunkt der Anwendung der neuen Preise; — Beteiligung an regelmäßigen Zusammenkünften und sonstigen Kontakten, um die oben dargelegten Wettbewerbsbeschränkungen zu vereinbaren und umzusetzen oder den Bedürfnissen entsprechend zu ändern. 14 Die Kommission sah es als erwiesen an, dass das Personal von Galp Energía España für diese an dem Kartell teilgenommen hatte. Im Licht der Rechtsprechung über die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre zu 100 % gehaltene Tochtergesellschaft ausübt, und in Anbetracht der Beteiligungsverhältnisse von Galp Energía España, Petróleos de Portugal und Galp Energía SGPS ging die Kommission davon aus, dass Galp Energía España, Petróleos de Portugal und ab dem 22. April 1999 auch Galp Energía SGPS für die Zwecke der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG ein einziges Unternehmen darstellten. 15 Die Kommission war der Ansicht, jede der beiden festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen, nämlich die horizontalen Vereinbarungen zur Marktaufteilung und die Preisabsprache, gehöre aufgrund ihres Wesens zu den schwersten Arten von Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG und könne nach der Rechtsprechung allein in Anbetracht ihres Wesens die Einstufung als „besonders schwere“ Zuwiderhandlung rechtfertigen, ohne dass sich eine solche Verhaltensweise auf ein besonderes räumliches Gebiet erstrecken oder eine besondere Auswirkung haben müsse. 16 Die Kommission hielt es für unmöglich, die tatsächlichen Auswirkungen des Kartells auf den Markt zu bemessen, insbesondere aufgrund der unzureichenden Informationen über die wahrscheinliche Entwicklung, die die Nettopreise für Bitumen in Spanien ohne die Verständigung genommen hätten. Die Kommission hielt sich weder für verpflichtet, die tatsächliche Wirkung des Kartells auf den in Rede stehenden Markt genau darzulegen, noch, sie zu quantifizieren, sondern ging davon aus, dass sie sich auf Annahmen zur Wahrscheinlichkeit einer solchen Wirkung beschränken könne. Jedenfalls war die Kommission der Auffassung, dass die Übereinkünfte des Kartells umgesetzt worden seien und es wahrscheinlich gewesen sei, dass sie tatsächliche wettbewerbswidrige Wirkungen gehabt hätten. 17 In Anbetracht des Wesens der Zuwiderhandlung nahm die Kommission an, dass die Konzerne Repsol, PROAS, BP und Nynäs sowie der von den Rechtsmittelführerinnen gebildete Konzern eine besonders schwere Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG begangen hätten, und stellte klar, dass diese Schlussfolgerung unabhängig von der Frage getroffen worden sei, ob das Kartell eine messbare Auswirkung auf den in Rede stehenden Markt gehabt habe. Die Kommission ergänzte, dass sie den Umstand berücksichtigt habe, dass sich die Absprache ausschließlich auf den spanischen Markt bezogen habe. 18 Die Kommission setzte den „Ausgangsbetrag“ der zu verhängenden Geldbußen unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung, des Wertes des in Rede stehenden Marktes, der für 2001, das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung, auf 286400000 Euro geschätzt wurde, und des Umstands fest, dass sich die Zuwiderhandlung auf die in einem einzigen Mitgliedstaat vorgenommenen Bitumenverkäufe beschränkte. Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Umstände setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbußen auf 40000000 Euro fest. 19 Danach teilte die Kommission die Unternehmen, an die die streitige Entscheidung gerichtet war, für eine Differenzierung in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Bedeutung auf dem in Rede stehenden Markt in verschiedene Kategorien ein, um zu berücksichtigen, inwieweit sie tatsächlich wirtschaftlich in der Lage waren, dem Wettbewerb schweren Schaden zuzufügen. Hierzu stützte sich die Kommission auf die in Absatzzahlen ausgedrückten Anteile dieser Unternehmen auf dem spanischen Straßenbaufluxbitumenmarkt im Geschäftsjahr 2001. 20 Repsol und PROAS, deren Anteile auf dem in Rede stehenden Markt im Geschäftsjahr 2001 34,04 % bzw. 31,67 % betrugen, wurden in die erste Kategorie eingestuft, BP mit einem Marktanteil von 15,19 % in die zweite Kategorie und Nynäs sowie die Rechtsmittelführerinnen, deren Marktanteile im Bereich zwischen 4,54 % und 5,24 % lagen, in die dritte Kategorie. Auf dieser Grundlage wurden die Ausgangsbeträge der zu verhängenden Geldbußen wie folgt angepasst: — erste Kategorie, für Repsol und PROAS: 40000000 Euro; — zweite Kategorie, für BP: 18000000 Euro; — dritte Kategorie, für Nynäs und die Rechtsmittelführerinnen: 5500000 Euro. 21 Um den Betrag der Geldbußen auf einem Niveau festzusetzen, das eine hinreichende Abschreckungswirkung gewährleistet, hielt es die Kommission für angemessen, auf den Betrag der gegen BP und Repsol zu verhängenden Geldbuße einen Multiplikator von 1,8 bzw. 1,2 – in Abhängigkeit von ihrem Gesamtumsatz im Jahr 2006, dem letzten Geschäftsjahr vor dem Erlass der streitigen Entscheidung – anzuwenden, auf den Betrag der gegen PROAS, Nynäs und die Rechtsmittelführerinnen zu verhängenden Geldbuße jedoch keinen Multiplikator anzuwenden. 22 Nach einer Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbußen in Abhängigkeit von der Dauer der Zuwiderhandlung, woraus sich ein Grundbetrag der Geldbuße von 9625000 Euro für GALP Energía España und Petróleos de Portugal und von 7150000 Euro für GALP Energía SGPS ergab, kam die Kommission außerdem zu dem Schluss, dass der Betrag der gegen Repsol und PROAS zu verhängenden Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 30 % zu erhöhen sei, da diese beiden Unternehmen die Anführer des Kartells gewesen seien. 23 Die Kommission verglich die Rolle der Rechtsmittelführerinnen mit der von Repsol, PROAS und BP und prüfte, ob eine Ermäßigung der Geldbuße gerechtfertigt sei. Sie hielt es für angemessen, entsprechend der von den Rechtsmittelführerinnen gespielten unterschiedlichen Rolle zu differenzieren, indem sie ihre begrenztere Beteiligung an der Zuwiderhandlung berücksichtigte, und entschied, den Betrag ihrer Geldbußen um 10 % zu ermäßigen. 24 Galp Energía España und Petróleos de Portugal wurden daher in Art. 2 des verfügenden Teils der streitigen Entscheidung verpflichtet, als Gesamtschuldner eine Geldbuße von 8662500 Euro zu zahlen, von der 6435000 Euro gesamtschuldnerisch mit Galp Energía SGPS zu zahlen waren. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 25 Mit Klageschrift, die am 19. Dezember 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung und, hilfsweise, auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße. 26 Zur Stützung ihrer Klage führten die Rechtsmittelführerinnen neun Klagegründe an. 27 Das Gericht ist dem dritten Klagegrund der Rechtsmittelführerinnen gefolgt und hat Art. 1 der Entscheidung bezogen auf die Feststellung für nichtig erklärt, dass sich Galp Energía España, Petróleos de Portugal und Galp Energía SGPS an einem Komplex von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen auf dem spanischen Bitumenmarkt beteiligt hätten, soweit dieser Komplex zum einen das System zur Überwachung der Umsetzung der Vereinbarungen über die Markt- und Kundenaufteilung und zum anderen den Ausgleichsmechanismus zur Korrektur von Abweichungen von den Vereinbarungen über die Markt- und Kundenaufteilung umfasst habe. 28 Hierzu hat sich das Gericht, wie u. a. aus den Rn. 215, 292, 293 und 301 des angefochtenen Urteils hervorgeht, für die Annahme, dass eine Verantwortlichkeit der Rechtsmittelführerinnen im Hinblick auf das Überwachungssystem und den Ausgleichsmechanismus nicht erwiesen sei, lediglich auf Beweise aus dem für den Sachverhalt maßgeblichen Zeitraum gestützt. Es hat es somit abgelehnt, die Erklärung von Herrn V. C., des Verkaufsdirektors für Bitumen der Petrogal Española SA (nunmehr Galp Energía España) vom 6. Dezember 2007 zu berücksichtigen, die von den Rechtsmittelführerinnen zur Akte des gerichtlichen Verfahrens gereicht wurde und daher von der Kommission in der streitigen Entscheidung nicht als belastendes Beweismittel berücksichtigt worden war. 29 In den Rn. 611, 625 und 626 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nichtsdestoweniger unter Berücksichtigung dieser Erklärung von Herrn V. C. vom 6. Dezember 2007 festgestellt, dass die Rechtsmittelführerinnen von der Beteiligung der anderen Kartellmitglieder am Ausgleichsmechanismus Kenntnis gehabt hätten, dass sie auch die Beteiligung der anderen Kartellmitglieder am Überwachungssystem hätten vorhersehen können und dass sie daher hinsichtlich dieser beiden Komponenten der Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden könnten. 30 In Anbetracht dieser Umstände hat das Gericht in Rn. 630 des angefochtenen Urteils angenommen, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße nicht zu ändern sei; in Rn. 632 des angefochtenen Urteils hat es aber den Standpunkt vertreten, dass der Umfang der von der Kommission wegen mildernder Umstände vorgenommenen Ermäßigung der Geldbuße erhöht werden müsse. 31 In den Rn. 635 und 636 des angefochtenen Urteils ist es daher dem neunten Klagegrund teilweise gefolgt und hat den Betrag der Geldbuße zusätzlich zu der bereits mit der streitigen Entscheidung gewährten Herabsetzung von 10 % um weitere 4 % herabgesetzt. 32 Das Gericht hat die anderen Nichtigkeitsgründe der Parteien zurückgewiesen, einschließlich des fünften und des sechsten Grundes, mit denen die Rechtswidrigkeit der Feststellung ihrer Beteiligung an der Preisabsprache sowie deren Dauer gerügt wurde. 33 Folglich wurde der Betrag der gegen Galp Energía España und Petróleos de Portugal in Art. 2 des verfügenden Teils der streitigen Entscheidung verhängten Geldbuße auf 8277500 Euro festgesetzt, während der Betrag der gegen Galp Energía SGPS in diesem Artikel verhängten Geldbuße auf 6149000 Euro festgesetzt wurde. Anträge der Parteien 34 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen, — das angefochtene Urteil aufzuheben; — die Art. 1 bis 3 der streitigen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betreffen, und/oder den Betrag der ihnen auferlegten Geldbuße herabzusetzen; — hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 35 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen; — den Rechtsmittelführerinnen die gesamten Kosten aufzuerlegen. Zum Rechtsmittel 36 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf drei Gründe. Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler, die die Feststellung der Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen im Zeitraum von 1995-2002 beeinträchtigen Vorbringen der Parteien 37 Mit ihrem ersten, in drei Teile gegliederten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe Art. 81 Abs. 1 EG falsch angewandt, die Beweise verfälscht und die Verfahrensregeln über die Beweiswürdigung sowie den mit Art. 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) gewährleisteten allgemeinen Grundsatz der Unschuldsvermutung verkannt, indem es in den Rn. 407 und 456 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, es könne nicht angenommen werden, dass die Kommission die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an der Preisabsprache „bis 2002“ rechtswidrig festgestellt habe. Außerdem habe das Gericht diese Feststellung nicht rechtlich hinreichend begründet. 38 Mit dem ersten Teil ihres Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, es habe in den Rn. 370 bis 408 des angefochtenen Urteils bei der Feststellung, die Kommission habe die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen in der Zeit von 1995 bis 2002 nachgewiesen, zwei entlastende Umstände nicht berücksichtigt: Weder im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung von BP noch in den von BP vorgelegten Dokumenten aus dem für den Sachverhalt maßgeblichen Zeitraum werde nämlich eine Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen erwähnt. 39 Mit dem zweiten Teil ihres Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, es habe nicht festgestellt, dass die streitige Entscheidung keinerlei Beweis zum Beginn der angeblichen Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen enthalte. 40 Dazu machen sie geltend, dass die Erklärungen von Repsol und PROAS zur Anwendung der Kronzeugenregelung keine konkreten Tatsachen erwähnten, u. a. Zeitpunkte, Zusammenkünfte, Telefongespräche oder Preiserhöhungen, und dass diese Erklärungen nicht präzise und übereinstimmend genug seien, um eine Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen von 1995 bis 2002 nachzuweisen. In diesem Sinne weisen sie auch darauf hin, dass der Zeitpunkt des Beginns der Marktaufteilung nicht als der Zeitpunkt des Beginns der Beteiligung von Petróleos de Portugal an den Preisabsprachen angesehen werden könne, da diese beiden Absprachen nach der streitigen Entscheidung verschiedene Teile des Kartells darstellten. 41 Mit dem dritten Teil ihres Rechtsmittelgrundes kritisieren die Rechtsmittelführerinnen das Gericht insoweit, als es entschieden habe, dass der interne E-Mail-Wechsel von Galp Energía España vom 18. und vom 19. Oktober 2000, der in den Rn. 387 bis 404 des angefochtenen Urteils gewürdigt worden sei, einen Beweis aus dem für den Sachverhalt maßgeblichen Zeitraum darstelle, der die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an der Preisabsprache belege. 42 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für insgesamt unzulässig und jedenfalls für unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 43 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d seiner Verfahrensordnung folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig (vgl. u. a. Urteil Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44 Ein Rechtsmittelgrund, der nicht so genau vorgetragen und substantiiert wird, dass der Gerichtshof seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann, entspricht diesen Erfordernissen nicht und ist für unzulässig zu erklären (vgl. in diesem Sinne Urteil Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). 45 Die Argumente, die eine Verkennung von Art. 81 Abs. 1 EG, einen Begründungsmangel der streitigen Entscheidung, einen Verstoß gegen die Verfahrensregeln über die Beweiswürdigung sowie den allgemeinen Grundsatz der Unschuldsvermutung betreffen, und das Vorbringen zur Verfälschung von Beweisen bezeichnen nicht mit der erforderlichen Genauigkeit einen Rechtsfehler, den das Gericht begangen haben soll, sondern sie bestehen aus allgemeinen und unsubstantiierten Behauptungen, so dass sie als unzulässig zurückzuweisen sind. 46 Im Hinblick auf den ersten und den dritten Teil des vorliegenden Rechtsmittelgrundes genügt, soweit die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, es habe zum einen bei der Feststellung, dass die Kommission die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an den Preisabsprachen in der Zeit von 1995 bis 2002 nachgewiesen habe, zwei Beweiselemente nicht berücksichtigt und sei zum anderen davon ausgegangen, dass der interne E-Mail-Wechsel der Rechtsmittelführerinnen vom 18. und vom 19. Oktober 2000 einen Beweis aus dem für den Sachverhalt maßgeblichen Zeitraum darstelle, der ihre Beteiligung an den Preisabsprachen belege, der Hinweis, dass das Rechtsmittel nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Rechtsfragen beschränkt ist. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Würdigung der ihm vorgelegten Beweise ist daher allein das Gericht zuständig. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweise, vorbehaltlich ihrer Verfälschung – die von den Rechtsmittelführerinnen im vorliegenden Fall nur ungenau und unsubstantiiert vorgetragen wird –, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 84). 47 Diese Argumente sind somit als unzulässig zurückzuweisen. 48 Zum zweiten Teil des vorliegenden Rechtsmittelgrundes, mit dem die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vorwerfen, es habe nicht festgestellt, dass die streitige Entscheidung keinerlei Beweis zum Beginn ihrer angeblichen Beteiligung an den Preisabsprachen enthalte, genügt der Hinweis, dass diese Argumentation entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht vor dem Gericht geltend gemacht wurde. Sie ist somit neu und daher unzulässig. 49 Aus alledem folgt, dass der erste Rechtsmittelgrund insgesamt als unzulässig zurückzuweisen ist. Zum dritten Rechtsmittelgrund: Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer für die Entscheidung durch das Gericht Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 50 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe gegen Art. 47 der Charta und Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verstoßen, indem es nicht innerhalb angemessener Frist entschieden habe, was die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung oder, hilfsweise, eine wesentliche Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertige. 51 Sie tragen vor, dass ihre Nichtigkeitsklage am 19. Dezember 2007 eingereicht, das schriftliche Verfahren am 21. Oktober 2008 geschlossen, das mündliche Verfahren am 12. November 2012 eröffnet, die mündliche Verhandlung am 24. Januar 2013 abgehalten und das Urteil am 16. September 2013 erlassen worden sei. 52 Da das Verfahren insgesamt ungefähr fünf Jahre und neun Monate (69 Monate) gedauert habe, mit einem zeitlichen Abstand von vier Jahren und einem Monat (49 Monate) zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens, habe das Gericht, so die Rechtsmittelführerinnen unter Berufung auf das vom Gerichtshof im Urteil Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, EU:C:1998:608) festgelegte Kriterium, seiner Pflicht, innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, nicht genügt. 53 Die Rechtsmittelführerinnen unterstreichen in dieser Hinsicht zum einen, dass die Rechtssache deutlich weniger kompliziert gewesen sei als die Mehrzahl der anderen vor das Gericht gebrachten Kartellsachen und dass die Anzahl der Klagen begrenzt gewesen sei, da lediglich vier Mitglieder des Kartells eine Klage erhoben hätten, und zum anderen, dass die übermäßige Dauer des Verfahrens vor dem Gericht ihnen in keiner Weise zurechenbar sei. 54 Die Kommission macht ihrerseits geltend, in Ermangelung einer Auswirkung eines Verstoßes gegen die angemessene Urteilsfrist auf den Ausgang des Rechtsstreits könne eine Aufhebung des angefochtenen Urteils nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs den betreffenden Verstoß nicht ausgleichen. Würdigung durch den Gerichtshof 55 Ein Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessen Frist zu entscheiden, ist mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden, die einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. Somit kann der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden, sondern muss beim Gericht selbst eingeklagt werden (Urteile Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 66, ICF/Kommission,C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 57, sowie Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 17 und 18). 56 Wird das nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständige Gericht mit einer Schadensersatzklage befasst, hat es darüber in einer anderen Besetzung als derjenigen zu entscheiden, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war (vgl. in diesem Sinne Urteile Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 67, ICF/Kommission,EU:C:2014:2274, Rn. 58, sowie Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 19). 57 Wenn indessen offensichtlich ist, dass das Gericht seine Pflicht, die Rechtssache innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, in hinreichend qualifizierter Weise verletzt hat, ohne dass es insoweit erforderlich wäre, dass die Parteien zusätzliche Nachweise beibringen, kann der Gerichtshof dies feststellen (vgl. in diesem Sinne Urteile Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 90, ICF/Kommission,EU:C:2014:2274, Rn. 59, sowie Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 20). 58 Dies ist vorliegend der Fall. Die Verfahrensdauer vor dem Gericht, nämlich nahezu fünf Jahre und neun Monate, die insbesondere einen Zeitraum von vier Jahren und einem Monat enthält, der zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung ohne irgendeine Verfahrenshandlung verstrichen ist, kann weder durch die Art noch durch den Schwierigkeitsgrad der Rechtssache und auch nicht durch deren Kontext erklärt werden. Zum einen wies der beim Gericht anhängig gemachte Rechtsstreit nämlich keinen besonderen Schwierigkeitsgrad auf. Zum anderen geht weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkten hervor, dass dieser Zeitraum der Untätigkeit objektiv gerechtfertigt gewesen wäre oder dass die Rechtsmittelführerinnen hierzu beigetragen hätten. 59 Aus den in Rn. 55 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der dritte Grund des vorliegenden Rechtsmittels zurückzuweisen ist. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Überschreitung der Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung durch das Gericht Vorbringen der Parteien 60 Der zweite Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen umfasst drei Teile. 61 Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes machen sie geltend, dass das Gericht in den Rn. 625, 626 und 630 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen habe, indem es seine Befugnisse überschritten habe, da es im Rahmen eines von Amts wegen geprüften Nichtigkeitsgrundes aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Verantwortlichkeit der Rechtsmittelführerinnen im Hinblick auf zwei Komponenten der Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG festgestellt habe, nämlich die Kenntnis von dem Ausgleichsmechanismus und die Vorhersehbarkeit des Überwachungssystems. 62 Das Gericht habe im vorliegenden Fall auch ultra petita entschieden, da sich die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht auf diese Gründe gestützt habe, diese Gründe von den Rechtsmittelführerinnen nicht als Nichtigkeitsgründe geltend gemacht worden seien und sie mit Ausnahme der Frage, ob die Erklärung von Herrn V. C. im Verfahren zugelassen werden könne, nicht erörtert worden seien. 63 Die Kommission meint, das Gericht habe bei der Entscheidung über die Höhe der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße deren Kenntnis von dem Überwachungs- und dem Ausgleichsmechanismus berücksichtigen können, da es sich um einen tatsächlichen Umstand handle. Sie ist der Auffassung, dass das Gericht im Hinblick auf die Erklärung von Herrn V. C. in gleicher Weise habe vorgehen können, u. a. deshalb, weil der Gerichtshof dem Gericht in Rn. 40 des Urteils KNP BT/Kommission (C‑248/98 P, EU:C:2000:625) die Möglichkeit zuerkannt habe, bei der Beurteilung der Angemessenheit von Geldbußen zusätzliche Informationen, die nicht in der ihm zur Prüfung vorgelegten Entscheidung aufgeführt seien, als im Rahmen der Begründungspflicht erforderliche Elemente zu berücksichtigen. Schließlich ist die Kommission der Auffassung, dass der Rechtsmittelgrund ins Leere gehe, da das Gericht die Geldbuße bereits herabgesetzt habe. 64 Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe, indem es in den Rn. 624 und 625 des angefochtenen Urteils befunden habe, dass es befugt sei, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Erklärung von Herrn V. C. zum Nachweis der Verantwortlichkeit der Rechtsmittelführerinnen wegen ihrer Kenntnis des Ausgleichsmechanismus und der Vorhersehbarkeit des Überwachungssystems zu berücksichtigen, das Recht auf ein faires Verfahren einschließlich des Grundsatzes der Waffengleichheit, der Verteidigungsrechte und insbesondere des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens verletzt. 65 Das Gericht habe diese Grundsätze verletzt, indem es den Rechtsmittelführerinnen vor der Entscheidung nicht genau die Natur und den Gegenstand dieses neuen Grundes gemäß den Anforderungen von Art. 6 der EMRK sowie der Art. 47 und 48 der Charta mitgeteilt habe. 66 Die Kommission wendet sich gegen dieses Vorbringen, indem sie den Umstand unterstreicht, dass die von Herrn V. C. vorgelegten Beweise in Bezug auf die Kenntnis der Rechtsmittelführerinnen von dem Überwachungs- und dem Ausgleichsmechanismus zuerst von den Rechtsmittelführerinnen erwähnt worden seien. Es sei daher abwegig, wenn die Rechtsmittelführerinnen geltend machten, sie hätten von diesen Beweisen keine Kenntnis nehmen können. 67 Mit dem dritten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes bringen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe, indem es ihre Verantwortlichkeit hinsichtlich der beiden Komponenten der Zuwiderhandlung festgestellt habe, in Rn. 626 des angefochtenen Urteils Beweise verfälscht und den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt. Die Feststellung stütze sich auf eine unvollständige Wiedergabe der Erklärung von Herrn V. C., aus der klar hervorgehe, dass dieser keinerlei Kenntnis von der Natur des Ausgleichsmechanismus gehabt habe, der Gegenstand der streitigen Entscheidung gewesen sei. 68 Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht hingegen die in der Erklärung von Herrn V. C. enthaltenen Beweise nicht verfälscht. Würdigung durch den Gerichtshof 69 Mit dem ersten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes in Verbindung mit dem zweiten Teil dieses Grundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, die Grenzen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung, wie sie in Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 definiert ist, überschritten zu haben. 70 Für die Beurteilung der Begründetheit des ersten Teils dieses Rechtsmittelgrundes ist zunächst hervorzuheben, dass das Gericht, nachdem es zum einen in den Rn. 265, 266, 270 und 292 des angefochtenen Urteils festgestellt hatte, dass die Kommission die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an dem Ausgleichs- und dem Überwachungsmechanismus nicht bewiesen habe, und zum anderen in Rn. 282 dieses Urteils festgestellt hatte, dass die Kommission die streitige Entscheidung nur auf die Begründung der Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an diesen beiden Komponenten gestützt habe, um ihre Verantwortlichkeit in dieser Hinsicht anzunehmen, in den Rn. 624 bis 626 und 630 des angefochtenen Urteils Folgendes ausgeführt hat: 71 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das System der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV besteht, die gemäß Art. 261 AEUV und auf Antrag der Kläger um die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht hinsichtlich der in diesem Bereich von der Kommission verhängten Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann (Urteil Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 42). 72 Wie der Gerichtshof bereits mehrfach dargelegt hat, erstreckt sich die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle insoweit auf sämtliche Bestandteile der Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV, deren eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle das Gericht sicherstellt, und zwar auf der Grundlage der von den betreffenden Klägern geltend gemachten Klagegründe (vgl. in diesem Sinne Urteile KME Germany u. a./Kommission, C‑272/09 P, EU:C:2011:810, Rn. 102 und 109, Chalkor/Kommission,C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 62 und 82, sowie Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 56 und 59) und unter Berücksichtigung aller von diesen vorgebrachten Umstände – aus der Zeit vor oder nach der ergangenen Entscheidung –, unabhängig davon, ob sie vorab im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht wurden oder zum ersten Mal im Rahmen der Klage, mit der das Gericht befasst ist, vorgebracht wurden, soweit diese Umstände für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission maßgeblich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 87 bis 92). 73 Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Gerichte der Union im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV die vom Urheber der in Rede stehenden Handlung gegebene Begründung nicht durch ihre eigene ersetzen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). 74 Im Übrigen bestimmt Art. 261 AEUV, dass „[a]ufgrund der Verträge vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam sowie vom Rat erlassene Verordnungen … hinsichtlich der darin vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Zuständigkeit übertragen [können], welche die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung solcher Maßnahmen umfasst“. In Ausübung der mit dieser Bestimmung eingeräumten Befugnis hat der Unionsgesetzgeber in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt, dass „[b]ei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, … der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung [hat und] die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen [kann]“. 75 So ist der Unionsrichter, wenn er seine in den Art. 261 AEUV und 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausübt, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus befugt, die Beurteilung der Kommission, der Urheberin des Rechtsakts, in dem der Betrag dieser Zwangsmaßnahme ursprünglich festgelegt wurde, im Hinblick auf die Festsetzung dieses Betrags durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 61). 76 Der Umfang dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ist allerdings – im Gegensatz zu der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle – strikt auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beschränkt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 62, Alliance One International/Kommission,C‑679/11 P, EU:C:2013:606, Rn. 105, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a.,C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 126, sowie Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 45). 77 Daraus ergibt sich, dass die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, über die das Gericht auf der Grundlage von Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verfügt, allein die Beurteilung der von der Kommission verhängten Geldbuße durch das Gericht betrifft, unter Ausschluss jeder Änderung der Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung, die die Kommission in der Entscheidung, über die das Gericht zu befinden hat, rechtmäßig festgestellt hat. 78 Wie bereits in Rn. 70 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, hat das Gericht im vorliegenden Fall jedoch, obwohl es festgestellt hatte, dass die Kommission eine Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an dem Ausgleichsmechanismus und dem Überwachungssystem nicht nachgewiesen habe und dass die streitige Entscheidung sich außer der Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an diesen beiden Komponenten der Zuwiderhandlung auf keine weitere Begründung stütze, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den Rn. 625, 626 und 630 des angefochtenen Urteils die Feststellung getroffen, die Rechtsmittelführerinnen hätten von der Beteiligung der anderen Mitglieder des Kartells an dem Ausgleichsmechanismus Kenntnis gehabt, aber auch deren Beteiligung an dem Überwachungssystem voraussehen können. Demzufolge war es zum einen der Auffassung, dass sie dafür nach Art. 101 AEUV verantwortlich gemacht werden könnten, und zum anderen, dass dies bei der Festlegung des Betrags der Geldbuße zu berücksichtigen sei. 79 Damit hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen. 80 Da der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes begründet ist, ist ihm daher zu folgen. 81 Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit in Nr. 3 seines Tenors der neue Betrag der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbuße unter Berücksichtigung der vom Gericht gemäß seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den Rn. 625, 626 und 630 dieses Urteils fehlerhaft getroffenen Feststellung, dass die Rechtsmittelführerinnen von der Beteiligung der anderen Mitglieder des Kartells an dem Ausgleichsmechanismus Kenntnis gehabt hätten, dass sie ebenfalls deren Beteiligung an dem Überwachungssystem hätten vorhersehen können und dass sie daher dafür verantwortlich gemacht werden könnten, festgelegt wird. 82 Nach alledem ist über die weiteren Bestandteile des zweiten und des dritten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes nicht zu entscheiden. Zur Klage vor dem Gericht 83 Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er das angefochtene Urteil aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. 84 Dies ist in der vorliegenden Rechtssache der Fall, da der Gerichtshof über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über die Klage zu entscheiden. 85 Hierzu ist festzustellen, dass in Anbetracht von Nr. 1 des verfügenden Teils der streitigen Entscheidung in der durch das angefochtene Urteil teilweise für nichtig erklärten Fassung und unter Berücksichtigung der Zurückweisung des ersten Rechtsmittelgrundes des vorliegenden Rechtsmittels in Rn. 49 des vorliegenden Urteils abschließend festgestellt ist, dass die Rechtsmittelführerinnen für ihre Beteiligung an einem Komplex von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Fluxbitumenhandel, der sich auf ganz Spanien (mit Ausnahme der Kanarischen Inseln) erstreckte und in Marktaufteilungsvereinbarungen und Preisabsprachen bestand, im Zeitraum vom 31. Januar 1995 bis zum 1. Oktober 2002 – was GALP Energía España sowie Petróleos de Portugal betrifft – bzw. im Zeitraum vom 22. April 1999 bis zum 1. Oktober 2002 – was GALP Energía SGPS betrifft – zur Verantwortung zu ziehen sind. 86 Die vom Gericht getroffene Feststellung, es sei kein Beweis für die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen am Ausgleichsmechanismus und am Überwachungssystem erbracht worden, ist nämlich nach Art. 264 Abs. 1 AEUV nicht dazu angetan, zu einer Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung insgesamt zu führen, da diese Komponenten ihrer Art nach untergeordnete Bestandteile der betreffenden Zuwiderhandlung darstellten. Der Umstand, dass die Kommission keinen Beweis für eine solche Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen erbracht hat, ändert den wesentlichen Inhalt der streitigen Entscheidung nicht, da die darin festgestellte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, wie aus den Rn. 12 und 13 des vorliegenden Urteils hervorgeht, im Wesentlichen aus zwei Hauptkomplexen der Zuwiderhandlung besteht, nämlich der Marktaufteilung und den Preisabsprachen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 36 bis 38). 87 Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist damit in Anwendung der dem Gerichtshof durch Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 zuerkannten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über den Betrag der den Rechtsmittelführerinnen aufzuerlegenden Geldbuße zu entscheiden (Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, da er nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung endgültig über den Rechtsstreit entscheidet, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann (vgl. u. a. Urteil KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung). 89 Um die Höhe der zu verhängenden Geldbuße festzusetzen, hat der Gerichtshof selbst die Umstände des Einzelfalls und die Art der fraglichen Zuwiderhandlung zu beurteilen (Urteil Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, EU:C:1983:313, Rn. 111). 90 Dies setzt nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 für jedes sanktionierte Unternehmen die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung unter Wahrung der Grundsätze u. a. der Begründungspflicht, der Verhältnismäßigkeit, der individuellen Sanktionsfestsetzung und der Gleichbehandlung voraus (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 53 und 56, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 75, sowie Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 77), ohne dass der Gerichtshof durch die von der Kommission in ihren Leitlinien definierten Richtlinien gebunden wäre (vgl. entsprechend Urteil Italien/Kommission, C‑310/99, EU:C:2002:143, Rn. 52), auch wenn diese die Unionsgerichte bei der Ausübung ihrer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung leiten können (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung). 91 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen während eines bedeutenden Zeitraums von sieben Jahren und acht Monaten – was GALP Energía España und Petróleos de Portugal betrifft – bzw. von drei Jahren und fünf Monaten – was GALP Energía SGPS betrifft – an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Gebiet Spaniens beteiligt waren, die im Wesentlichen aus Marktaufteilungsvereinbarungen und einer Preisabsprache bestand, mithin einer Zuwiderhandlung, die aufgrund ihrer Art als sehr schwer einzustufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Versalis/Kommission, C‑511/11 P, EU:C:2013:386, Rn. 83). 92 Weiterhin ist der Umstand zu berücksichtigen, dass die Rechtsmittelführerinnen, was ihre individuelle Situation betrifft, entsprechend den Angaben in Rn. 514 der streitigen Entscheidung über einen Marktanteil von 4,54 % verfügten, der die Annahme zulässt, dass sie, wie vom Gericht in Rn. 631 des angefochtenen Urteils festgestellt, aufgrund ihrer Größe nicht in der Lage waren, dem Wettbewerb durch ihre rechtswidrige Verhaltensweise einen besonders schweren Schaden zuzufügen. Weiterhin wurde von der Kommission in den Rn. 566 und 567 der streitigen Entscheidung zu Recht hervorgehoben, dass sich die Rechtsmittelführerinnen in begrenzterem Umfang als andere Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligten. 93 Für die Festlegung des Betrags der gegen die Rechtsmittelführerinnen zu verhängenden Geldbuße macht sich der Gerichtshof die Würdigungen der Kommission und des Gerichts zum Grundbetrag der Geldbuße sowie zu dessen Ermäßigung um 10 % infolge der begrenzten Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an der streitigen Zuwiderhandlung zu eigen. Da die Kommission die Beteiligung der Rechtsmittelführerinnen an dem Ausgleichsmechanismus sowie dem Überwachungssystem nicht nachgewiesen hat, ist der Grundbetrag jedoch zusätzlich um 10 % zu ermäßigen, wobei diese Ermäßigung demnach zu der bereits in der streitigen Entscheidung gewährten Ermäßigung von 10 % hinzuzurechnen ist. 94 Nach alledem und unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls (vgl. Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung) wird der Betrag der gegen GALP Energía España und Petróleos de Portugal als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße auf 7,7 Mio. Euro festgelegt, wobei GALP Energía SGPS in Höhe von 5,72 Mio. Euro als Gesamtschuldner mithaftet. Kosten 95 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. 96 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 97 In dieser Hinsicht ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerinnen zwei Drittel der Kosten der Kommission sowie ihre eigenen, im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens verauslagten Kosten tragen und dass die Kommission ein Drittel ihrer eigenen Kosten und der mit diesem Verfahren verbundenen Kosten der Rechtsmittelführerinnen trägt. Im Hinblick auf die von den Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe, von denen ein Teil endgültig zurückgewiesen wurde, trägt ferner jede Partei ihre eigenen Kosten für das Verfahren im ersten Rechtszug. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Galp Energía España u. a./Kommission (T‑462/07, EU:T:2013:459) wird aufgehoben, soweit in Nr. 3 seines Tenors der neue Betrag der gegen die GALP Energía España SA, die Petróleos de Portugal SA und die GALP Energía SGPS SA unter Berücksichtigung der vom Gericht gemäß seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den Gründen dieses Urteils fehlerhaft getroffenen Feststellung, dass die GALP Energía España SA, die Petróleos de Portugal SA und die GALP Energía SGPS SA von der Beteiligung der anderen Mitglieder des Kartells an dem Ausgleichsmechanismus Kenntnis gehabt hätten, dass sie ebenfalls deren Beteiligung an dem Überwachungssystem hätten vorhersehen können und dass sie daher dafür verantwortlich gemacht werden könnten, festgelegt wird. 2. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen. 3. Der Betrag der in Art. 2 der Entscheidung K(2007) 4441 endg. der Kommission vom 3. Oktober 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 EG (Sache COMP/38.710 – Bitumen [Spanien]) gegen die GALP Energía España SA und die Petróleos de Portugal SA als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße wird auf 7,7 Mio. Euro festgelegt, wobei die GALP Energía SGPS in Höhe von 5,72 Mio. Euro als Gesamtschuldner mithaftet. 4. Die GALP Energía España SA, die Petróleos de Portugal SA und die GALP Energía SGPS SA tragen zwei Drittel der Kosten der Europäischen Kommission und zwei Drittel ihrer eigenen im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens verauslagten Kosten sowie ihre eigenen Kosten für das Verfahren im ersten Rechtszug. 5. Die Europäische Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der mit dem Rechtsmittelverfahren verbundenen Kosten der GALP Energía España SA, der Petróleos de Portugal SA und der GALP Energía SGPS SA sowie ihre eigenen Kosten für das Verfahren im ersten Rechtszug. Unterschriften (*1)   Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 26. November 2015.#HK Intertrade Co. Ltd gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung nuklearer Proliferation – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Beginn – Zulässigkeit – Anspruch auf rechtliches Gehör – Mitteilungspflicht – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Offensichtlicher Beurteilungsfehler.#Verbundene Rechtssachen T-159/13 und T-372/14.
62013TJ0159
ECLI:EU:T:2015:894
2015-11-26T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 24. September 2015.#Italienische Republik und Königreich Spanien gegen Europäische Kommission.#Sprachenregelung – Bekanntmachung allgemeiner Auswahlverfahren für die Einstellung von Verwaltungsräten und Assistenten – Wahl der zweiten Sprache unter drei Sprachen – Kommunikationssprache mit den Bewerbern der Auswahlverfahren – Verordnung Nr. 1 – Art. 1d Abs. 1, Art. 27 und Art. 28 Buchst. f des Statuts – Diskriminierungsverbot – Verhältnismäßigkeit.#Rechtssachen T-124/13 und T-191/13.
62013TJ0124
ECLI:EU:T:2015:690
2015-09-24T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013TJ0124 URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer) 24. September 2015 (*1) „Sprachenregelung — Bekanntmachung allgemeiner Auswahlverfahren für die Einstellung von Verwaltungsräten und Assistenten — Wahl der zweiten Sprache unter drei Sprachen — Kommunikationssprache mit den Bewerbern der Auswahlverfahren — Verordnung Nr. 1 — Art. 1d Abs. 1, Art. 27 und Art. 28 Buchst. f des Statuts — Diskriminierungsverbot — Verhältnismäßigkeit“ In den Rechtssachen T‑124/13 und T‑191/13 Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato, Klägerin in der Rechtssache T‑124/13, Königreich Spanien, zunächst vertreten durch S. Centeno Huerta, dann durch J. García-Valdecasas Dorrego, abogados del Estado, Kläger in der Rechtssache T‑191/13 und Streithelfer zur Unterstützung der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑124/13, gegen Europäische Kommission, in der Rechtssache T‑124/13 vertreten durch J. Currall, B. Eggers und G. Gattinara und in der Rechtssache T‑191/13 durch J. Currall, J. Baquero Cruz und B. Eggers als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen, in der Rechtssache T‑124/13, Nichtigerklärung erstens der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/125/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Audit, Finanzen und Rechnungsführung sowie Wirtschaft und Statistik (ABl. 2012, C 394 A, S. 1), zweitens der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/126/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Biologie, Bio- und Gesundheitswissenschaften, Chemie, Physik und Werkstoffkunde, Kernforschung, Bauingenieurwesen und Maschinenbau sowie Elektrotechnik und Elektronik (ABl. 2012, C 394 A, S. 11) und drittens der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Administration (AD 6) in den Fachgebieten Gebäudesicherheit und Gebäudetechnik (ABl. 2013, C 29 A, S. 1) und, in der Rechtssache T‑191/13, wegen Nichtigerklärung der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 erlässt DAS GERICHT (Achte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter), der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter, Kanzler: J. Palacio-González, Hauptverwaltungsrat, und S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündlichen Verhandlungen vom 26. Februar und 4. März 2015 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) ist ein interinstitutionelles Amt, das aufgrund des Beschlusses 2002/620/EG des Europäischen Parlaments, des Rates, der Kommission, des Gerichtshofs, des Rechnungshofs, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Ausschusses der Regionen und des Europäischen Bürgerbeauftragten vom 25. Juli 2002 über die Errichtung des EPSO (ABl. L 197, S. 53) geschaffen wurde. Nach Art. 2 Abs. 3 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) in der Fassung vor der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 zur Änderung des Statuts (ABl. L 124, S. 1) übertrugen die Organe, die den Beschluss unterzeichnet hatten, durch dessen Art. 2 Abs. 1 dem EPSO die Ausübung der in Art. 30 Abs. 1 des Statuts und in Anhang III des Statuts ihren Anstellungsbehörden übertragenen Befugnisse. Art. 4 des Beschlusses sieht vor, dass Anträge und Beschwerden im Zusammenhang mit der Ausübung der dem EPSO übertragenen Befugnisse gemäß Art. 91a des Statuts an dieses zu richten sind, während jede Klage aus diesem Bereich gegen die Europäische Kommission zu richten ist. 2 Am 7. September 2012 veröffentlichte das EPSO im Amtsblatt der Europäischen Union (C 270 A, S. 1) einen Leitfaden für allgemeine Auswahlverfahren (im Folgenden: Leitfaden). In Teil 3 („Kommunikation“) des Leitfadens heißt es: „Im Interesse verständlicher und eindeutiger Texte allgemeinen Inhalts und einer entsprechenden Kommunikation zwischen EPSO und den Bewerbern erfolgen die Einladungen zu den verschiedenen Tests und Prüfungen sowie der gesamte Schriftwechsel ausschließlich in deutscher, englischer oder französischer Sprache.“ 3 Am 20. Dezember 2012 veröffentlichte das EPSO im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/125/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Audit, Rechnungsführung und Finanzen sowie Wirtschaft und Statistik (ABl. C 394 A, S. 1) und die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/126/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Biologie, Bio- und Gesundheitswissenschaften, Chemie, Physik und Werkstoffkunde, Kernforschung, Bauingenieurwesen und Maschinenbau sowie Elektrotechnik und Elektronik (ABl. C 394 A, S. 11). Am 31. Januar 2013 veröffentlichte es im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Administration (AD 6) in den Fachgebieten Gebäudesicherheit und Gebäudetechnik (ABl. C 29 A, S. 1). Mit den vorliegenden Klagen wird die Nichtigerklärung dieser Bekanntmachungen (im Folgenden zusammen: angefochtene Bekanntmachungen) beantragt. 4 Im einleitenden Teil jeder der angefochtenen Bekanntmachungen wird darauf hingewiesen, dass der Leitfaden „fester Bestandteil“ der Bekanntmachung ist. 5 In den angefochtenen Bekanntmachungen werden als Voraussetzungen für die Zulassung zu den betreffenden Auswahlverfahren eine gründliche Kenntnis einer der (damals 23) Amtssprachen der Europäischen Union gefordert, wobei diese Sprache als „Sprache 1“ des Auswahlverfahrens bezeichnet wird, und ausreichende Kenntnis einer als „Sprache 2“ des Auswahlverfahrens bezeichneten zweiten Sprache, die für jeden Bewerber Deutsch, Englisch oder Französisch sein muss und nicht mit Sprache 1 identisch sein darf (Abschnitt III Nr. 2.3 der angefochtenen Bekanntmachungen). 6 In jeder der angefochtenen Bekanntmachungen wird an derselben Stelle die Beschränkung der Wahl von Sprache 2 auf die drei oben genannten Sprachen erläutert. In der Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 heißt es hierzu: „Im Einklang mit dem Urteil [vom 27. November 2012, Italien/Kommission (C‑566/10 P, Slg, EU:C:2012:752),] müssen die EU-Organe begründen, weshalb sie im vorliegenden Auswahlverfahren die Wahl der zweiten Sprache auf eine begrenzte Anzahl von EU-Amtssprachen beschränken. Die Bewerber werden darüber informiert, dass die zweite Sprache in diesem Auswahlverfahren im Interesse des Dienstes festgelegt wurde, wonach neue Mitarbeiter unmittelbar nach ihrer Einstellung in der Lage sein müssen, ihre Aufgaben zu erfüllen und bei ihrer täglichen Arbeit effizient zu kommunizieren. Andernfalls wäre das reibungslose Funktionieren der EU-Organe erheblich beeinträchtigt. Aufgrund der langjährigen Praxis der EU-Organe hinsichtlich der für die interne Kommunikation verwendeten Sprachen sowie angesichts der dienstlichen Erfordernisse für die externe Kommunikation und die Bearbeitung von Vorgängen sind Englisch, Französisch und Deutsch weiterhin die am häufigsten verwendeten Sprachen. Darüber hinaus sind Englisch, Französisch und Deutsch bei den Auswahlverfahren, bei denen die zweite Sprache gewählt werden kann, die bei weitem am häufigsten gewählten Zweitsprachen. Dies bestätigt die gängigen Standards in Ausbildung und Beruf. Bei den Bewerbern um eine Stelle bei den EU-Organen kann somit davon ausgegangen werden, dass sie mindestens eine dieser Sprachen beherrschen. Wägt man das Interesse des Dienstes gegen die Fähigkeiten der Bewerber ab und trägt man gleichzeitig der fachlichen Ausrichtung dieses Auswahlverfahrens Rechnung, so ist es berechtigt, die Tests in diesen drei Sprachen abzuhalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Bewerber – unabhängig davon, welche Amtssprache sie als erste Sprache gewählt haben – mindestens eine dieser drei Amtssprachen zur Ausübung ihrer Tätigkeit angemessen beherrschen. Aus Gründen der Gleichbehandlung müssen ferner alle Bewerber – also auch diejenigen, die als erste Sprache Englisch, Deutsch oder Französisch gewählt haben – den Test in ihrer zweiten Sprache, die eine dieser drei Sprachen sein muss, ablegen. Durch eine derartige Bewertung der Fachkompetenzen können die EU-Organe prüfen, ob die Bewerber unmittelbar in der Lage sind, in einem Umfeld zu arbeiten, das ihrem Berufsalltag sehr nahe kommt. Hiervon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit späterer Sprachkurse, mit denen sich die künftigen Bediensteten die Fähigkeit aneignen können, in einer dritten Sprache zu arbeiten (Artikel 45 Absatz 2 des Beamtenstatuts).“ Die beiden anderen angefochtenen Bekanntmachungen enthalten im Wesentlichen die gleichen Erläuterungen, wobei ihr Wortlaut in manchen Sprachfassungen leicht abweicht. 7 Die Bekanntmachungen der Auswahlverfahren EPSO/AST/125/12 und EPSO/AD/248/13 sehen die Durchführung von „Zulassungstests“ an Computern vor (Abschnitt IV jeder dieser beiden Bekanntmachungen). In der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 heißt es dazu, dass diese Tests nur durchgeführt werden, wenn sich pro Fachgebiet mehr als 1000 Bewerber angemeldet haben. 8 Die Bekanntmachungen der Auswahlverfahren EPSO/AST/126/12 und EPSO/AD/248/13 enthalten einen mit „Zulassung zum Auswahlverfahren und Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen“ überschriebenen Abschnitt (Abschnitt IV der erstgenannten und Abschnitt V der letztgenannten Bekanntmachung). Dieser sieht vor, dass die Prüfung, ob die Bewerber die allgemeinen und besonderen Zulassungsbedingungen erfüllen, und die Auswahl anhand ihrer Befähigungsnachweise „zunächst“ anhand ihrer Angaben im Bewerbungsbogen vorgenommen werden. Dabei wird anhand der Angaben der Bewerber zu den allgemeinen und besonderen Zulassungsbedingungen festgestellt, ob sie zu denjenigen Bewerbern zählen, die sämtliche Zulassungsbedingungen des Auswahlverfahrens erfüllen. Anschließend wählt der Prüfungsausschuss anhand der Befähigungsnachweise unter den Bewerbern, die alle Zulassungsbedingungen des Auswahlverfahrens erfüllen, diejenigen aus, die gemessen an den in den Bekanntmachungen aufgeführten Auswahlkriterien die besten Qualifikationen (vor allem hinsichtlich Bildungsabschluss und Berufserfahrung) für die Art der Tätigkeit mitbringen. 9 Diese Auswahl erfolgt ausschließlich aufgrund der unter der Rubrik „Talentfilter“ im Bewerbungsbogen gegebenen Antworten. Die Antworten werden später bei den Bewerbern, die die erforderliche Mindestpunktzahl erreicht und in einem späteren Stadium des Auswahlverfahrens am besten abgeschnitten haben, gegebenenfalls anhand der von ihnen beigebrachten Nachweise überprüft. Die Auswahl der Bewerber findet in zwei Phasen statt. Eine erste Auswahl erfolgt ausschließlich aufgrund der unter der Rubrik „Talentfilter“ im Bewerbungsbogen gegebenen Antworten, die unter Berücksichtigung der Gewichtung der Fragen eine bestimmte Punktzahl ergeben. Bevor der Prüfungsausschuss die Bewerbungen prüft, wird jedes unter Nr. 4 der Anhänge der angefochtenen Bekanntmachungen genannte Kriterium von ihm entsprechend der Bedeutung, die er ihm beimisst, mit dem Faktor 1 bis 3 gewichtet. Die Online-Bewerbungsbögen der Bewerber mit den meisten Punkten werden anschließend einer weiteren Prüfung unterzogen. In dieser zweiten Phase werden für jedes Fachgebiet etwa neunmal so viele Bewerbungsunterlagen geprüft, wie Bewerber in die Reserveliste aufgenommen werden. Der Prüfungsausschuss prüft die Antworten der Bewerber und vergibt für jede Antwort eine Note zwischen 0 und 4. Die Noten werden mit dem Faktor multipliziert, mit dem die entsprechende Frage gewichtet wurde, und addiert. Das Ergebnis bildet die Gesamtnote. Danach erstellt der Prüfungsausschuss anhand der Gesamtnoten eine Rangfolge der Bewerber. 10 Die letzte Phase der von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Auswahlverfahren besteht in den Auswahlverfahren EPSO/AST/125/12 und EPSO/AD/248/13 aus einem „Assessment-Center“ (vgl. Abschnitt V bzw. Abschnitt VI dieser beiden Bekanntmachungen) und im Auswahlverfahren EPSO/AST/126/12 aus einem „allgemeinen Auswahlverfahren“ (vgl. Abschnitt V der fraglichen Bekanntmachung). Zum „Assessment-Center“ werden pro Fachgebiet höchstens dreimal so viele Bewerber eingeladen, wie in die Reserveliste aufgenommen werden. 11 Die Bekanntmachungen der Auswahlverfahren EPSO/AST/126/12 und EPSO/AD/248/13 umfassen Anhänge, die jeweils eines der Fachgebiete der beiden Bekanntmachungen betreffen. Nr. 4 jedes Anhangs enthält die Auswahlkriterien, die vom Prüfungsausschuss bei der Gewichtung der von den Bewerbern unter der Rubrik „Talentfilter“ im Bewerbungsbogen gegebenen Antworten zugrunde gelegt werden (siehe oben, Rn. 9). Verfahren und Anträge der Parteien 12 Mit Klageschrift, die am 4. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Italienische Republik in der Rechtssache T‑124/13 Klage erhoben. 13 Mit Schriftsatz, der am 4. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Spanien beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 11. September 2013 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen. Am 22. November 2013 hat das Königreich Spanien seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 14 In der Rechtssache T‑124/13 beantragt die Italienische Republik, — die angefochtenen Bekanntmachungen für nichtig zu erklären; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 15 Das Königreich Spanien unterstützt die Anträge der Italienischen Republik auf Nichtigerklärung der angefochtenen Bekanntmachungen und beantragt darüber hinaus, der Kommission die mit seiner Streithilfe verbundenen Kosten aufzuerlegen. 16 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen. 17 Mit Klageschrift, die am 5. April 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 Klage erhoben. 18 Das Königreich Spanien beantragt, — die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 für nichtig zu erklären; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 19 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen. 20 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Achten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegenden Rechtssachen deshalb zugewiesen worden sind. 21 Das Gericht (Achte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, in den vorliegenden Rechtssachen die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen den Parteien in der Rechtssache T‑191/13 schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben fristgerecht geantwortet. 22 Die Parteien haben in den Sitzungen vom 26. Februar 2015 in der Rechtssache T‑191/13 und vom 4. März 2015 in der Rechtssache T‑124/13 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 23 In der die Rechtssache T‑191/13 betreffenden Sitzung hat das Gericht dem Königreich Spanien eine Frist für eine schriftliche Stellungnahme zu einer eventuellen Verbindung der vorliegenden Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung gesetzt. Am 3. März 2015 ist die mündliche Verhandlung nach Eingang der Stellungnahme des Königreichs Spanien geschlossen worden. Rechtliche Würdigung 24 Das Gericht hat beschlossen, die Rechtssachen gemäß Art. 68 seiner Verfahrensordnung zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden, nachdem die Parteien in Beantwortung einer mündlichen Frage des Gerichts in den Sitzungen bzw., im Fall des Königreichs Spanien, schriftlich (siehe oben, Rn. 23) erklärt haben, dass sie dagegen keine Einwände erheben. 25 In der Rechtssache T‑124/13 stützt die Italienische Republik ihre Klage auf sieben Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Art. 263 AEUV, 264 AEUV und 266 AEUV rügt, zweitens einen Verstoß gegen Art. 342 AEUV und die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. 1958, Nr. 17, S. 385) in geänderter Fassung, drittens einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 EU, Art. 18 AEUV, Art. 22 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1), die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, Art. 1d Abs. 1 und 6, Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Buchst. f des Statuts sowie Art. 1 Abs. 2 und 3 von Anhang III des Statuts, viertens einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 EU und den Grundsatz des Vertrauensschutzes, fünftens einen Ermessensmissbrauch sowie einen Verstoß gegen die „materiellen Vorschriften über Art und Zweck der Bekanntmachungen der Auswahlverfahren“, insbesondere Art. 1d Abs. 1 und 6, Art. 27 Abs. 2, Art. 28 Buchst. f, Art. 34 Abs. 3 und Art. 45 Abs. 1 des Statuts und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sechstens einen Verstoß gegen Art. 18 AEUV, Art. 24 Abs. 4 AEUV, Art. 22 der Charta der Grundrechte, Art. 2 der Verordnung Nr. 1 sowie Art. 1d Abs. 1 und 6 des Statuts und siebtens einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV, die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, Art. 1d Abs. 1 und 6 und Art. 28 Buchst. f des Statuts, Art. 1 Abs. 1 Buchst. f von Anhang III des Statuts und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie eine „Verfälschung von Tatsachen“. 26 Das Königreich Spanien macht in der Rechtssache T‑124/13 zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik geltend, die angefochtenen Bekanntmachungen müssten wegen Verstoßes gegen Art. 22 der Charta der Grundrechte, Art. 342 AEUV, die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, die Art. 1d und 27 des Statuts und die aus dem Urteil vom 27. November 2012, Italien/Kommission (C‑566/10 P, Slg, EU:C:2012:752), resultierende Rechtsprechung für nichtig erklärt werden. Überdies seien die angefochtenen Bekanntmachungen wegen der unberechtigten Vorherrschaft des Deutschen, des Englischen und des Französischen diskriminierend, verletzten Art. 27 des Statuts, weil das von ihnen vorgesehene Auswahlsystem nicht die Einstellung der besten Bewerber gewährleiste, und verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie nicht das beste Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels darstellten. 27 In der Rechtssache T‑191/13 macht das Königreich Spanien im Wesentlichen drei Klagegründe geltend, mit denen es erstens die Verletzung der Verordnung Nr. 1, zweitens einen Verstoß gegen Art. 1d des Statuts, das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und drittens die Verletzung von Art. 27 des Statuts rügt. 28 Die Italienische Republik und das Königreich Spanien wenden sich mit den oben genannten Klagegründen gegen zwei verschiedene Aspekte der angefochtenen Bekanntmachungen, nämlich zum einen gegen die Beschränkung der Sprachen, die in der Kommunikation zwischen den Bewerbern und EPSO verwendet werden können, auf Deutsch, Englisch und Französisch und zum anderen dagegen, dass die Bewerber der Auswahlverfahren, die Gegenstand der Bekanntmachungen sind, die zweite Sprache nur unter den drei genannten Sprachen auswählen können. Außerdem wendet sich das Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 gegen einen dritten Aspekt der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13, und zwar die Verwendung der von den Bewerbern dieses Auswahlverfahrens gewählten zweiten Sprache (Deutsch, Englisch oder Französisch) bei bestimmten Prüfungen der letzten Phase des Auswahlverfahrens („Assessment-Center“) (siehe oben, Rn. 10). 29 Die Rechtmäßigkeit der beiden Aspekte der angefochtenen Bekanntmachungen, gegen die sich die Italienische Republik und das Königreich Spanien wenden (siehe oben, Rn. 28), ist im Licht der von ihnen geltend gemachten Klagegründe nacheinander zu prüfen. Im Anschluss an diese Prüfung ist gegebenenfalls die Rechtmäßigkeit des dritten, vom Königreich Spanien beanstandeten Aspekts der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 (siehe oben, Rn. 28) zu prüfen. 30 Vor dieser Prüfung ist jedoch zunächst die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit des ersten vom Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 geltend gemachten Klagegrundes zu prüfen, mit dem es im Wesentlichen eine Verletzung der Verordnung Nr. 1 rügt. Zur Zulässigkeit des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑191/13 31 In seiner Klageschrift in der Rechtssache T‑191/13 führt das Königreich Spanien aus, es beantrage die Nichtigerklärung der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 u. a. auf der Grundlage der Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, und fügt hinzu, die in Rede stehende Bekanntmachung stehe nicht im Einklang mit der durch diese Verordnung eingeführten Sprachenregelung. 32 Die Kommission macht jedoch im Wesentlichen geltend, dass der Klagegrund einer Verletzung der Verordnung Nr. 1 vom Königreich Spanien ohne ausreichende Darlegung nur beiläufig erwähnt werde. Ein solches Vorbringen genüge nicht den Anforderungen von Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 und der Rechtsprechung zu ihrer Anwendung. 33 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 jede Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen unabhängig von terminologischen Fragen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Ausübung seiner Kontrolle ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insbesondere ist es zwar zulässig, bei der Darlegung der Klagegründe von der Terminologie und der Aufzählung in der Verfahrensordnung abzuweichen, und es kann ausreichen, wenn das Vorbringen des Klägers seinem Inhalt nach die Klagegründe erkennen lässt, ohne diese rechtlich einzuordnen; dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Klagegründe mit hinreichender Deutlichkeit aus der Klageschrift hervorgehen. Die bloße abstrakte Aufzählung der Klagegründe in der Klageschrift entspricht nicht den Anforderungen der Satzung des Gerichtshofs und der Verfahrensordnung; mit der dort verwendeten Formulierung „kurze Darstellung der Klagegründe“ ist gemeint, dass in der Klageschrift erläutert werden muss, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird (vgl. Beschluss vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg, EU:T:1993:39, Rn. 20 und 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass es – abgesehen von den Gesichtspunkten zwingenden Rechts, die vom Unionsrichter gegebenenfalls von Amts wegen zu prüfen sind – Sache des Klägers ist, in der Klageschrift die Klagegründe darzulegen, die er zur Stützung seiner Klage geltend macht. Dafür reicht die abstrakte Darlegung der Überschrift eines Klagegrundes nicht aus. Es ist auch anzugeben, worin der geltend gemachte Klagegrund besteht; mit anderen Worten muss im Einzelnen dargelegt werden, wie er mit den Klageanträgen zusammenhängt, und es muss erläutert werden, in welcher Weise er für den Fall seiner Begründetheit den Richter veranlassen muss, den Anträgen stattzugeben. 35 Dagegen kann nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung im Rahmen des von den Parteien eingegrenzten Rechtsstreits der Unionsrichter, auch wenn er nur über das Begehren der Parteien zu entscheiden hat, nicht verpflichtet sein, allein die Argumente zu berücksichtigen, auf die sie ihr Vorbringen gestützt haben, weil er seine Entscheidung sonst gegebenenfalls auf unzutreffende rechtliche Erwägungen stützen müsste (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2009, Kommission/Roodhuijzen, T‑58/08 P, Slg, EU:T:2009:385, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere hat der Unionsrichter in einem Rechtsstreit, in dem die Parteien über die Auslegung und Anwendung einer unionsrechtlichen Vorschrift streiten, die für die Entscheidung des Rechtsstreits einschlägigen Vorschriften auf den ihm von den Parteien unterbreiteten Sachverhalt anzuwenden. Nach dem Grundsatz iura novit curia fällt die Ermittlung des Sinns einer Rechtsvorschrift nämlich nicht in den Geltungsbereich des Grundsatzes der freien Disposition der Parteien über den Rechtsstreit (vgl. Urteil Kommission/Roodhuijzen, EU:T:2009:385, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Zulässigkeit eines Klagegrundes nicht von der Verwendung einer bestimmten Terminologie abhängt. Es genügt, wenn das Wesen des Klagegrundes mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Text der Klageschrift hervorgeht. Die Zulässigkeit eines Klagegrundes hängt auch nicht davon ab, dass konkrete Regeln oder Rechtsgrundsätze angeführt werden. Es ist nämlich Sache des Unionsrichters, die maßgeblichen Vorschriften zu bestimmen und auf den Sachverhalt, der ihm von den Parteien vorgetragen wird, anzuwenden, auch wenn sich die Parteien nicht auf diese Vorschriften berufen oder sogar andere Vorschriften angeführt haben sollten. 37 Aus der oben in Rn. 35 angeführten Rechtsprechung folgt schließlich, dass sich das Gericht, wenn der Kläger einen Klagegrund in zulässiger Weise geltend gemacht hat, bei dessen Prüfung nicht auf das Vorbringen dieser Partei beschränken darf, sondern ihn unter Berücksichtigung aller anwendbaren Regeln und Rechtsgrundsätze vollständig würdigen muss, und zwar gerade deshalb, damit es seine Entscheidung nicht auf rechtsfehlerhafte Erwägungen stützt, was diese Rechtsprechung verhindern soll. 38 Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen kann entgegen der Ansicht der Kommission der vom Königreich Spanien in seiner Klageschrift in der Rechtssache T‑191/13 auf die Verletzung der Verordnung Nr. 1 gestützte Klagegrund nicht als unzulässig eingestuft werden. Es hat sich nämlich nicht auf eine bloße abstrakte Bezugnahme auf die Verordnung in Nr. 27 der Klageschrift beschränkt. In deren Nr. 30 hat es deutlich darauf hingewiesen, dass in der angefochtenen Bekanntmachung die mit der Verordnung eingeführte Sprachenregelung seines Erachtens nicht beachtet wurde. Es hat sodann der Analyse der diese Regelung betreffenden Fragen zwei ganze Abschnitte der Klageschrift gewidmet. Auch die übrige Klageschrift enthält mehrere Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 1 und die mit ihr eingeführte Sprachenregelung. 39 Insbesondere macht das Königreich Spanien in Nr. 68 der Klageschrift in der Rechtssache T‑191/13 geltend, dass die „Beschränkung der Kommunikation der Bewerber mit dem EPSO auf drei Sprachen gegen die Regelung in der Verordnung Nr. 1 verstößt“. Zu nennen ist auch die im letzten Abschnitt („Ergebnis“) der Klageschrift enthaltene Nr. 96, in der es heißt: „[Die angefochtene] Bekanntmachung [beraubt] Art. 1 der Verordnung [Nr. 1] seines Sinnes, indem sie die Verwendung und Wertschätzung der anderen Amtssprachen der Union zugunsten des Englischen, des Französischen oder des Deutschen praktisch aufhebt, ohne dass eine solche Beschränkung durch konkrete objektive Gründe im Zusammenhang mit den zu besetzenden Stellen gerechtfertigt wäre. Die angefochtene Bekanntmachung ist keine bloße Anpassung, sondern eine echte Änderung der gesamten in Art. 1 der Verordnung [Nr. 1] enthaltenen Sprachenregelung.“ 40 Daraus folgt, dass der erste vom Königreich Spanien geltend gemachte Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Verordnung Nr. 1 gerügt wird, den Anforderungen von Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 genügt und somit zulässig ist. Zur Beschränkung der Sprachen, die bei der Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO verwendet werden können 41 In der Rechtssache T‑124/13 betrifft der sechste Klagegrund der Italienischen Republik, mit dem ein Verstoß gegen Art. 18 AEUV, Art. 24 Abs. 4 AEUV, Art. 22 der Charta der Grundrechte, Art. 2 der Verordnung Nr. 1 sowie Art. 1d Abs. 1 und 6 des Statuts gerügt wird, diesen Aspekt der angefochtenen Bekanntmachungen. 42 Nach Ansicht der Italienischen Republik verstößt die fragliche Beschränkung offensichtlich gegen Art. 18 AEUV, Art. 24 Abs. 4 AEUV, Art. 22 der Charta der Grundrechte, Art. 2 der Verordnung Nr. 1 sowie Art. 1d Abs. 1 und 6 des Statuts. Aus diesen Vorschriften gehe klar hervor, dass die europäischen Bürger berechtigt seien, sich in jeder der 23 Amtssprachen an die Unionsorgane zu wenden und dass sie das Recht hätten, eine Antwort der Organe in derselben Sprache zu erhalten. Dies ergebe sich auch aus dem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752). Die genannte Beschränkung diskriminiere die Bürger der Mitgliedstaaten, deren Amtssprache nicht Deutsch, Englisch oder Französisch sei. 43 Die Italienische Republik weist die These zurück, dass die Teilnahme an einem Auswahlverfahren zur Einstellung von Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union keine Form der Beteiligung der Bürger am demokratischen Leben der Union sei. Der Ablauf eines Auswahlverfahrens und die verwendete Kommunikationssprache seien vielmehr „Bestandteile einer Beziehung konstitutioneller Art zwischen dem interessierten Bürger und der Union“. Folglich müsse „die Sprache des Auswahlverfahrens die Sprache des Bürgers sein“. Wie dem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752) zu entnehmen sei, treffe es auch nicht zu, dass die Teilnahme an einem Auswahlverfahren eine organinterne organisatorische Frage betreffe. Es handele sich um eine Beziehung zwischen dem fraglichen Organ und einem Rechtssubjekt (einem Bürger), der noch nicht zum Personal dieses Organs gehöre. 44 Das Königreich Spanien unterstützt in seinem Streithilfeschriftsatz das Vorbringen der Italienischen Republik. Es macht geltend, die Beschränkung der Sprachen, die bei der Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO verwendet werden könnten, verschaffe in der Praxis all denjenigen Bewerbern einen Wettbewerbsvorteil, deren erste Sprache eine der drei bezeichneten Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) sei. Eine Beschränkung der Sprachen, die bei der Kommunikation mit dem EPSO verwendet werden könnten, aus funktionellen Gründen sei „verständlich“, aber die Beschränkung auf die drei genannten Sprachen verstoße gegen die Verordnung Nr. 1. Eine solche Beschränkung sei im Übrigen diskriminierend. Die Einstellung von Beamten und sonstigen Bediensteten durch ein Organ stelle auch keine rein interne Frage dar. 45 In der Rechtssache T‑191/13 macht das Königreich Spanien, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 38 und 39), mit seinem ersten Klagegrund geltend, dass die Beschränkung der Sprachen für die Kommunikation zwischen dem EPSO und den Bewerbern des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 auf Deutsch, Englisch und Französisch gegen die Sprachenregelung der Verordnung Nr. 1 verstoße. 46 Die Kommission hält dem zunächst entgegen, dass die von der Italienischen Republik genannten Randnummern des oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) in keinem Zusammenhang mit der Frage der in einem Auswahlverfahren verwendeten Sprachen stünden, sondern sich auf einen anderen Aspekt bezögen, und zwar auf die Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auswahlverfahren. In diesem Zusammenhang weist sie auch auf die Rechtsprechung, insbesondere das Urteil vom 9. September 2003, Kik/HABM (C‑361/01 P, Slg, EU:C:2003:434, Rn. 82), hin, wonach die zahlreichen Bezugnahmen im AEU-Vertrag auf den Gebrauch der Sprachen in der Union nicht als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts angesehen werden könnten, der jedem Bürger einen Anspruch darauf gebe, dass alles, was seine Interessen berühren könnte, unter allen Umständen in seiner Sprache verfasst sei. 47 Die Bewerber eines Auswahlverfahrens befänden sich in einer „Zwischenposition“. Sie nähmen zwar durch die Lektüre der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Bekanntmachung des Auswahlverfahrens Kenntnis von der Existenz eines Auswahlverfahrens, und aus diesem Grund seien die angefochtenen Bekanntmachungen in allen Amtssprachen der Union veröffentlicht worden. Sobald der Bewerber jedoch im Hinblick auf seine Teilnahme am Auswahlverfahren mit der Verwaltung in Kontakt trete, sei es legitim, von ihm zu erwarten, dass er neben seiner Muttersprache mindestens eine weitere Amtssprache beherrsche. 48 Den Sprachkompetenzen der Bewerber eines Auswahlverfahrens dürfe keine nachrangige Bedeutung beigemessen werden. Dies verstieße gegen den Grundsatz der Autonomie der Unionsorgane, der in den Art. 335 AEUV und 336 AEUV verankert sei. Nach diesem Grundsatz obliege die Festlegung des Sprachenbedarfs der Dienststelle allein den Organen und nicht den Mitgliedstaaten. Auch im oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752, Rn. 87 und 88) werde anerkannt, dass das dienstliche Interesse ein berechtigtes Ziel darstelle, das auf der Sprache beruhende Beschränkungen des Diskriminierungsverbots in Art. 1d des Statuts rechtfertigen könne. 49 Somit sei die Ansicht, dass die Bewerber im Rahmen eines Auswahlverfahrens unterschiedslos jede Amtssprache der Union benutzen dürften, nicht vertretbar. Die Organe benötigten einsatzfähiges Personal, und daher sei es unvermeidbar, dass der Bewerber bei Kontakten administrativer Art in Bezug auf die Organisation der Auswahlverfahren auch in der Lage sein müsse, in den für die Organe zweckmäßigen Sprachen wie Englisch, Französisch und Deutsch zu kommunizieren. Diese Kontakte zur Verwaltung seien bereits Elemente, die mit dem späteren Arbeitsumfeld erfolgreicher Bewerber zusammenhingen. 50 Die Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO betreffe jedenfalls grundlegende Informationen über den Ablauf der Prüfungen und der verschiedenen Phasen des Auswahlverfahrens. Was das in den angefochtenen Bekanntmachungen geforderte Niveau der Kenntnisse und der Verwendung des Deutschen, Englischen oder Französischen angehe, könne ein Bewerber, dessen Sprachkenntnisse es ihm nicht einmal ermöglichten, die in Rede stehenden Mitteilungen in einer dieser Sprachen zu verstehen, sicher nicht damit rechnen, von einem Unionsorgan eingestellt zu werden. Aus denselben Gründen würden Bewerber, deren Muttersprache Deutsch, Englisch oder Französisch sei, keineswegs bevorzugt. Gestützt werde dieses Vorbringen durch Statistiken für das Auswahlverfahren EPSO/AST/126, die zeigten, dass Bewerber mit italienischer Staatsangehörigkeit die Liste derjenigen anführten, deren Bewerbung validiert worden sei. 51 Überdies würden die auf der Website des EPSO zu findenden allgemeinen Informationen über Auswahlverfahren ebenso wie der Leitfaden in allen Amtssprachen veröffentlicht. Es wäre mit den dienstlichen Interessen offensichtlich unvereinbar, wenn das EPSO die Übersetzung aller eingehenden Bewerbungsbögen aus der Muttersprache des Bewerbers ins Englische, Französische oder Deutsche gewährleisten müsste. Zudem würden die Bewerber durch eine Übersetzung ihres Lebenslaufs benachteiligt, weil sie die Kontrolle über die von ihnen selbst gegebenen Informationen verlören. 52 Zur Prüfung dieses Vorbringens ist zunächst auf die einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 1 hinzuweisen. Sie sieht in ihrem Art. 1 in der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angefochtenen Bekanntmachungen geltenden Fassung Folgendes vor: „Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Union sind Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.“ 53 Art. 2 der Verordnung Nr. 1 bestimmt: „Schriftstücke, die ein Mitgliedstaat oder eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person an Organe der [Union] richtet, können nach Wahl des Absenders in einer der Amtssprachen abgefasst werden. Die Antwort ist in derselben Sprache zu erteilen.“ 54 Art. 6 der Verordnung Nr. 1 sieht vor, dass die Organe in ihren Geschäftsordnungen festlegen können, wie die in dieser Verordnung vorgesehene Regelung der Sprachenfrage im Einzelnen anzuwenden ist. Wie der Gerichtshof jedoch in Rn. 67 des oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) festgestellt hat, haben die von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Organe (die auch von den Bekanntmachungen der Auswahlverfahren in der genannten Rechtssache betroffen waren) aber in ihren Geschäftsordnungen nicht gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1 festgelegt, wie die Regelung der Sprachenfrage im Einzelnen anzuwenden ist. Der Gerichtshof hat auch klargestellt, dass die Bekanntmachungen der Auswahlverfahren insoweit nicht als Geschäftsordnungen angesehen werden können. 55 Bevor das oben in Rn. 26 angeführte Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752) erging, hatte das Gericht entschieden, dass die Verordnung Nr. 1 in den Beziehungen zwischen den Organen und ihren Beamten und sonstigen Bediensteten nicht anwendbar ist, da sie die Sprachenfrage nur im Verhältnis zwischen den Organen und einem Mitgliedstaat oder einer Person regelt, die der Zuständigkeit eines Mitgliedstaats untersteht. Das Gericht hatte ferner entschieden, dass die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sowie die Bewerber um solche Stellen, was die Anwendung der Bestimmungen des Statuts einschließlich jener über die Einstellung bei einem Organ angeht, allein der Zuständigkeit der Union unterstehen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Gleichstellung der Bewerber um solche Stellen mit den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union bei der anwendbaren Sprachenregelung dadurch gerechtfertigt, dass die Bewerber mit einem Unionsorgan allein zu dem Zweck in Beziehung treten, eine Stelle als Beamter oder sonstiger Bediensteter zu erhalten, für die bestimmte Sprachkenntnisse erforderlich sind und in den für die Besetzung der fraglichen Stelle anwendbaren Bestimmungen verlangt werden können. Diese Rechtsprechung verweist auch auf Art. 6 der Verordnung Nr. 1 und auf die in diesem Artikel vorgesehene Möglichkeit der Organe, in ihren Geschäftsordnungen festzulegen, wie die Regelung der Sprachenfrage im Einzelnen anzuwenden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2008, Italien/Kommission, T‑185/05, Slg, EU:T:2008:519, Rn. 117 bis 119 und die dort angeführte Rechtsprechung). 56 Im Anschluss an das oben in Rn. 26 angeführte Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752) dürften diese Erwägungen jedoch als nicht mehr tragfähig anzusehen sein. Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass mangels besonderer Vorschriften für die Beamten und sonstigen Bediensteten und mangels entsprechender Bestimmungen in den Geschäftsordnungen der betreffenden Organe kein Rechtsakt den Schluss zulässt, dass das Verhältnis zwischen diesen Organen und ihren Beamten und sonstigen Bediensteten völlig vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1 ausgeschlossen ist. Dies gilt nach Ansicht des Gerichtshofs erst recht für das Verhältnis zwischen den Organen und den Bewerbern in einem externen Auswahlverfahren, die grundsätzlich weder Beamte noch sonstige Bedienstete sind (Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 68 und 69). 57 Zurückzuweisen ist insoweit das Vorbringen der Kommission (siehe oben, Rn. 46) zur Irrelevanz dieses Teils des oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Kommunikationssprachen zwischen den Bewerbern und dem EPSO. In diesem Teil seines Urteils hat der Gerichtshof nämlich die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1 auf Bewerber eines Auswahlverfahrens geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Verordnung auf sie anwendbar ist. Diese Schlussfolgerung ist auch für die mit dem sechsten Klagegrund der Italienischen Republik und dem ersten Klagegrund des Königreichs Spanien aufgeworfene Frage relevant. 58 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auch das Argument der Kommission (siehe oben, Rn. 47) zurückzuweisen, dass sich die Bewerber eines Auswahlverfahrens in einer „Zwischenposition“ befänden. 59 Zu dem oben in Rn. 46 angeführten Urteil Kik/HABM (EU:C:2003:434, Rn. 82) genügt der Hinweis, dass für die von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Organe – im Unterschied zum Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), dessen Sprachenregelung Gegenstand der Rechtssache war, in der das genannte Urteil ergangen ist – keine spezielle Sprachenregelung gilt (Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 86). Sie unterliegen der durch die Verordnung Nr. 1 eingeführten Sprachenregelung. 60 In Anbetracht dieser Erwägungen sowie des klaren und unmissverständlichen Wortlauts von Art. 2 der Verordnung Nr. 1 ist festzustellen, dass die angefochtenen Bekanntmachungen, indem sie vorsehen, dass die Bewerber in den streitigen Auswahlverfahren für die Kommunikation mit dem EPSO nur die Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch wählen dürfen, die Verordnung Nr. 1 verletzen. Dies ist ein ausreichender Grund für ihre Nichtigerklärung, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob diese Vorgabe, wie die Italienische Republik und das Königreich Spanien geltend machen, zu einer verbotenen Diskriminierung aufgrund der Sprache führt. 61 Der Bewerbungsbogen ist nämlich zweifelsfrei ein Schriftstück, das eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats unterstehende Person, nämlich der Bewerber, an die Organe richtet, die das EPSO errichtet haben. Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1 ist diese Person (der Bewerber) somit berechtigt, unter den in Art. 1 der Verordnung aufgeführten Amtssprachen die Sprache zu wählen, in der das Schriftstück abgefasst wird. Da die angefochtenen Bekanntmachungen diese Wahl auf die Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch beschränken, verletzen sie die genannten Bestimmungen. Das Gleiche gilt für etwaige andere Mitteilungen, die ein Bewerber im Zusammenhang mit den Auswahlverfahren, auf die sich die angefochtenen Bekanntmachungen beziehen, an das EPSO richtet. 62 Überdies stellen die Mitteilungen des EPSO an die Bewerber, die bei ihm einen Bewerbungsbogen eingereicht haben, Antworten im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 1 auf den Bewerbungsbogen und auf etwaige andere vom fraglichen Bewerber an das EPSO gerichtete Schriftstücke dar. Nach dieser Bestimmung sind die Antworten daher in der Sprache zu erteilen, die der fragliche Bewerber unter allen Amtssprachen für die Abfassung seiner Schriftstücke gewählt hat. Die angefochtenen Bekanntmachungen verletzen die Verordnung Nr. 1 auch dadurch, dass sie vorsehen, dass das EPSO mit den Bewerbern in einer von ihnen unter den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch und nicht unter allen Amtssprachen ausgewählten Sprache kommuniziert. 63 Die Erfüllung der dem EPSO nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1 obliegenden Pflicht, mit den Bewerbern der Auswahlverfahren, auf die sich die angefochtenen Bekanntmachungen beziehen, in einer von jedem Bewerber frei unter allen Amtssprachen und nicht nur unter den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch ausgewählten Sprache zu kommunizieren, ist umso bedeutsamer in den Fällen, in denen die angefochtenen Bekanntmachungen eine „Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen“ (siehe oben, Rn. 8 und 9) vorsehen, die „[a]nhand [der] Angaben [der Bewerber] im Bewerbungsbogen“ vorgenommen wird. Wichtig ist dabei, dass die Angaben in der von jedem Bewerber gewählten Sprache, gegebenenfalls in seiner Muttersprache, gemacht werden und nicht in einer Sprache, die bei einigen Bewerbern nicht die Sprache sein wird, in der sie sich am besten ausdrücken können, mögen sie auch über eine ausreichende Kenntnis dieser Sprache verfügen. 64 Dass nach Teil 3 des Leitfadens die Wahl der Sprachen, in denen die Bewerber mit dem EPSO kommunizieren, „[i]m Interesse verständlicher und eindeutiger Texte allgemeinen Inhalts und einer entsprechenden Kommunikation zwischen EPSO und den Bewerbern“ beschränkt ist, kann nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Dass das EPSO den Bewerbern, die es vorgezogen hätten, mit ihm in einer anderen Amtssprache als den drei oben genannten Sprachen zu kommunizieren, die Verwendung einer dieser drei Sprachen vorschreibt, vermag die Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Texte allgemeinen Inhalts dieser Bewerber und der vom ESPO an sie gerichteten Mitteilungen nicht zu gewährleisten. Das Gleiche gilt für das Verständnis der von den Bewerbern an das EPSO gerichteten Mitteilungen, da deren Eindeutigkeit dadurch beeinträchtigt werden kann, dass sie in einer Sprache abgefasst sind, die nicht die Sprache erster Wahl der betreffenden Bewerber ist. 65 Unabhängig davon genügt der Hinweis, dass Art. 2 der Verordnung Nr. 1 eine Ausnahme von der darin auferlegten Verpflichtung weder aus den in Teil 3 des Leitfadens genannten noch aus anderen Gründen vorsieht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 72). 66 Mit diesen Erwägungen lassen sich auch die übrigen von der Kommission vorgetragenen Argumente zurückweisen. 67 Das auf die Autonomie der Unionsorgane gestützte Argument (siehe oben, Rn. 48) greift nicht durch. Es trifft zu, dass in der Rechtsprechung der in Art. 2 des Statuts verankerte Grundsatz der funktionellen Autonomie der Unionsorgane bei der Auswahl ihrer Beamten und Bediensteten anerkannt ist. Die Unionsorgane verfügen dabei über einen weiten Ermessensspielraum und Autonomie bezüglich der Schaffung einer Beamten- oder Bedienstetenstelle, bezüglich der Auswahl des Beamten oder Bediensteten, mit dem die geschaffene Stelle besetzt wird, und bezüglich der Art des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Organ und dem Bediensteten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2005, AB, C‑288/04, Slg, EU:C:2005:526, Rn. 26 und 28). Diese Autonomie befreit sie jedoch nicht von der Pflicht, die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts zu beachten, zu denen auch die im vorliegenden Fall verletzten Bestimmungen von Art. 2 der Verordnung Nr. 1 gehören. 68 Hinzuzufügen ist, dass das Erfordernis, den Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 1 nachzukommen, die Unionsorgane nicht daran hindert, ihren Sprachenbedarf in Ausübung ihrer von der Kommission angesprochenen funktionellen Autonomie selbst zu bestimmen. Art. 2 der Verordnung Nr. 1, um den es hier geht, hindert nicht daran, in der Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens von den Bewerbern spezielle Sprachkenntnisse zu verlangen. Er sieht nur vor, dass der Urheber der Bekanntmachung, im vorliegenden Fall das EPSO, mit jedem Bewerber in der von ihm gewählten Amtssprache kommunizieren muss und die Sprachenwahl nicht auf eine kleinere Gruppe von Sprachen beschränken darf, auch wenn von den Bewerbern, die am Auswahlverfahren teilnehmen möchten, die Kenntnis mindestens einer dieser Sprachen verlangt wird. 69 Das Argument der Kommission, dass die Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO grundlegende Informationen betreffe, die ein Bewerber mit einer für die Teilnahme am Auswahlverfahren ausreichenden Kenntnis des Deutschen, Englischen oder Französischen unschwer verstehen könne, ist ebenfalls zurückzuweisen, wie auch das Argument, dass es mit den dienstlichen Interessen unvereinbar wäre, wenn die Bewerbungsbögen aus der Sprache, in der sie abgefasst seien, ins Deutsche, Englische oder Französische übersetzt werden müssten. Art. 2 der Verordnung Nr. 1 sieht Ausnahmen von der darin auferlegten Verpflichtung weder aus Gründen, die mit dienstlichen Interessen zusammenhängen, noch aus anderen Gründen vor. Überdies überlässt dieser Artikel, wie bereits ausgeführt, der Person, die ein Schriftstück an ein Organ richtet, die Wahl der Sprache, in der das Schriftstück abgefasst wird, und schreibt den Organen vor, ihr in der gleichen Sprache zu antworten, unabhängig davon, ob sie Kenntnisse einer anderen Sprache hat. 70 Schließlich greift weder das Argument durch, dass die Informationen auf der Website des EPSO und der Leitfaden in allen Amtssprachen verfügbar seien, noch das Argument, dass den Bewerbern italienischer Staatsangehörigkeit durch die Tatsache, dass sie sich bei ihrer Kommunikation mit dem EPSO nicht des Italienischen bedienen könnten, kein Nachteil entstanden sei. 71 Zum ersten Argument genügt der Hinweis, dass es im vorliegenden Fall um die in der individuellen Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO verwendete Sprache geht und dass die angeführten Umstände keinen Einfluss auf die Pflicht des EPSO haben, bei dieser Kommunikation Art. 2 der Verordnung Nr. 1 zu beachten. 72 Zum zweiten Argument genügt der Hinweis, dass die Verletzung einer Rechtsregel der Union, im vorliegenden Fall des vom EPSO zu beachtenden Art. 2 der Verordnung Nr. 1, ausreicht, um zur Nichtigerklärung der angefochtenen Bekanntmachungen zu führen, ohne dass dargetan werden muss, dass bestimmten Bewerbern dadurch ein Nachteil entstanden ist. 73 Im Ergebnis ist in Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen dem sechsten Klagegrund der Italienischen Republik und dem ersten Klagegrund des Königreichs Spanien stattzugeben, und die angefochtenen Bekanntmachungen sind für nichtig zu erklären, weil sie die Sprachen, die in der Kommunikation zwischen den Bewerbern und dem EPSO verwendet werden dürfen, auf Deutsch, Englisch und Französisch beschränken. Zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber der Auswahlverfahren, auf die sich die angefochtenen Bekanntmachungen beziehen, auf Deutsch, Englisch und Französisch 74 Zu prüfen ist die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber der Auswahlverfahren, auf die sich die angefochtenen Bekanntmachungen beziehen, auf Deutsch, Englisch und Französisch, da es sich um einen anderen Aspekt der genannten Bekanntmachungen handelt, auf den sich die oben in Rn. 60 festgestellte Rechtsverletzung nicht auswirkt. 75 Insoweit sind der dritte und der siebte Klagegrund der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑124/13 sowie der zweite Klagegrund des Königreichs Spanien in der Rechtssache T‑191/13 zu prüfen. 76 Mit ihrem dritten Klagegrund rügt die Italienische Republik einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 EU, Art. 18 AEUV, Art. 22 der Charta der Grundrechte, die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, Art. 1d Abs. 1 und 6, Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Buchst. f des Statuts sowie Art. 1 Abs. 2 und 3 von Anhang III des Statuts. Sie macht im Wesentlichen geltend, die in den angefochtenen Bekanntmachungen vorgesehene Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber der fraglichen Auswahlverfahren auf Deutsch, Englisch und Französisch verletze alle diese Bestimmungen. 77 Mit ihrem siebten Klagegrund rügt die Italienische Republik einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV, die Art. 1 und 6 der Verordnung Nr. 1, Art. 1d Abs. 1 und 6 und Art. 28 Buchst. f des Statuts, Art. 1 Abs. 1 Buchst. f von Anhang III des Statuts und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie eine „Verfälschung von Tatsachen“. Mit diesem Klagegrund macht sie im Wesentlichen geltend, die angefochtenen Bekanntmachungen seien nicht oder nicht hinreichend begründet. Überdies treffe die gegebene Begründung nicht zu und stehe nicht mit den genannten Bestimmungen im Einklang. 78 Mit seinem zweiten Klagegrund in der Rechtssache T‑191/13 rügt das Königreich Spanien im Wesentlichen einen Verstoß gegen das in Art. 1d des Statuts verankerte Verbot der Diskriminierung aufgrund der Sprache. 79 Es macht geltend, die Begründung für die Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache (siehe oben, Rn. 6) bestehe in einem „stereotypen Text“, der nicht den Anforderungen des oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) entspreche. Die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 sei deshalb mit den gleichen Mängeln behaftet wie die Bekanntmachungen in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei. Ihre Begründung sei allgemein gehalten und erfülle nicht die „Mindestanforderungen an die Beweise, die eine Beschränkung der vollständigen Sprachenregelung rechtfertigen“. In seinem Streithilfeschriftsatz in der Rechtssache T‑124/13 trägt das Königreich Spanien entsprechende Argumente vor. 80 Zunächst ist zu der Frage, ob die Begründung der angefochtenen Bekanntmachung möglicherweise fehlt oder unzureichend ist, festzustellen, dass die Kommission in der Rechtssache T‑191/13 geltend macht, das Königreich Spanien habe in seiner Klageschrift keinen solchen Klagegrund vorgebracht. 81 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass mit dem Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht die Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV gerügt wird und dass dies einen Gesichtspunkt darstellt, den der Unionsrichter gegebenenfalls von Amts wegen prüfen muss (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem bestreitet die Italienische Republik, wie bereits ausgeführt, im Rahmen ihres siebten Klagegrundes in der Rechtssache T‑124/13 u. a., dass die Urheber der angefochtenen Bekanntmachungen ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sind. 82 Ferner ist insoweit darauf hinzuweisen, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung bei der Pflicht zur Begründung von Entscheidungen um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der sachlichen Richtigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung eines Rechtsakts soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen er beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit des fraglichen Rechtsakts, nicht aber dessen Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, hinreichend sein kann (vgl. Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg, EU:C:2008:392, Rn. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Im vorliegenden Fall enthalten die angefochtenen Bekanntmachungen, wie oben in Rn. 6 ausgeführt, eine Begründung, mit der gerechtfertigt werden soll, dass die Bewerber über eine ausreichende Kenntnis des Deutschen, Englischen oder Französischen verfügen müssen, unter denen die zweite Sprache des Auswahlverfahrens zu wählen ist. Somit kann ihrem Urheber, dem EPSO, kein Verstoß gegen die Begründungspflicht vorgeworfen werden. Die gesonderte Frage der sachlichen Richtigkeit der Begründung wird nachfolgend geprüft. 84 Sodann ist im Rahmen der Prüfung der letztgenannten Frage auf den Wortlaut der vom Gerichtshof in seinem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752) erwähnten Bestimmungen hinzuweisen, die auch von der Italienischen Republik und vom Königreich Spanien in ihrer Argumentation angesprochen worden sind, sowie auf die Schlüsse, die der Gerichtshof aus ihnen gezogen hat. 85 In den Rn. 81 bis 84 seines oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) hat der Gerichtshof außer auf Art. 1 der Verordnung Nr. 1 (siehe oben, Rn. 52) auch auf Art. 1d Abs. 1 und 6 und Art. 28 Buchst. f des Statuts sowie auf Art. 1 Abs. 1 Buchst. f von Anhang III des Statuts Bezug genommen. 86 Art. 1d des Statuts bestimmt in Abs. 1, dass bei der Anwendung des Statuts jede Diskriminierung u. a. aufgrund der Sprache verboten ist. In Art. 1d Abs. 6 heißt es: „Jede Einschränkung des Diskriminierungsverbots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist unter Angabe von objektiven und vertretbaren Gründen zu rechtfertigen; dabei sind die legitimen Ziele von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik zu berücksichtigen.“ 87 Nach Art. 28 Buchst. f des Statuts darf nur zum Beamten ernannt werden, wer nachweist, dass er gründliche Kenntnisse in einer Sprache der Union und ausreichende Kenntnisse in einer weiteren Sprache der Union besitzt. Wie der Gerichtshof in seinem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752, Rn. 83) ausgeführt hat, wird in dieser Bestimmung zwar präzisiert, dass vom Bewerber „in dem Umfang …, in dem dies für die Ausübung seines Amtes erforderlich ist“, ausreichende Kenntnisse in einer weiteren Sprache verlangt werden, doch werden keine Kriterien angegeben, anhand deren die Wahl dieser Sprache unter den in Art. 1 der Verordnung Nr. 1 genannten Amtssprachen beschränkt werden kann. 88 Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. f von Anhang III des Statuts können in der Stellenausschreibung gegebenenfalls die wegen der besonderen Art der zu besetzenden Dienstposten erforderlichen Sprachkenntnisse angegeben werden. Wie der Gerichtshof in seinem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752, Rn. 84) ausgeführt hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung aber keine allgemeine Ermächtigung zur Abweichung von den Anforderungen von Art. 1 der Verordnung Nr. 1. 89 Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass die oben in den Rn. 86 bis 88 genannten Bestimmungen keine ausdrücklichen Kriterien vorsehen, anhand deren sich die Wahl der von den Bewerbern eines Auswahlverfahrens zur Einstellung von Unionsbeamten zu beherrschenden zweiten Sprache auf die drei in den angefochtenen Bekanntmachungen vorgegebenen oder auf andere Amtssprachen beschränken ließe (Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 85). Er hat überdies festgestellt, dass für die von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Organe (die auch von den Bekanntmachungen betroffen waren, um die es in der Rechtssache vor dem Gerichtshof ging) keine spezielle Sprachenregelung gilt (siehe oben, Rn. 59). 90 Der Gerichtshof hat allerdings festgestellt, dass sich aus allen genannten Bestimmungen ergibt, dass das dienstliche Interesse ein legitimes Ziel darstellen kann, das berücksichtigt werden kann. Insbesondere erlaubt Art. 1d des Statuts Einschränkungen des Diskriminierungsverbots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Das dienstliche Interesse muss aber objektiv gerechtfertigt sein, und das Niveau der verlangten Sprachkenntnis muss sich nach den tatsächlichen dienstlichen Anforderungen richten (Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 88). 91 Insoweit hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass die Regeln, mit denen die Wahl der zweiten Sprache eingeschränkt wird, klare, objektive und vorhersehbare Kriterien vorsehen müssen, so dass die Bewerber rechtzeitig im Voraus wissen, welche Anforderungen an die Sprachkenntnisse gestellt werden, um sich optimal auf die Auswahlverfahren vorbereiten zu können (Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 90). 92 In dem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752, Rn. 91) hat der Gerichtshof festgestellt, dass die betreffenden Organe nie gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1 interne Regeln erlassen haben. Er hat hinzugefügt, dass die Kommission auch nicht dargetan hat, dass andere Rechtsakte wie Mitteilungen existierten, in denen die Kriterien für die Beschränkung der Wahl einer Sprache als zweite Sprache für die Teilnahme an den dort in Rede stehenden Auswahlverfahren festgelegt wurden. Schließlich hat er festgestellt, dass die Bekanntmachungen der Auswahlverfahren, die Gegenstand seines Urteils waren, keine Begründung für die Auswahl der drei Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) enthielten, unter denen die Bewerber der Auswahlverfahren die zweite Sprache wählen mussten. 93 Aus diesen Erwägungen des Gerichtshofs folgt, dass die Beschränkung der von den Bewerbern eines Auswahlverfahrens zu wählenden zweiten Sprache auf eine begrenzte Zahl von Sprachen unter Ausschluss der übrigen Amtssprachen eine Diskriminierung aufgrund der Sprache darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 102). Es liegt nämlich auf der Hand, dass durch eine solche Vorgabe bestimmte potenzielle Bewerber (die eine ausreichende Kenntnis mindestens einer der bezeichneten Sprachen besitzen) begünstigt werden, weil sie am Auswahlverfahren teilnehmen und somit als Beamte oder sonstige Bedienstete der Union eingestellt werden können, während andere Bewerber, die keine solche Kenntnis besitzen, ausgeschlossen werden. 94 Die Kommission macht geltend, es handele sich nicht um eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Dieses Argument geht jedoch ins Leere, denn Art. 1d des Statuts verbietet nicht nur Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch andere Formen der Diskriminierung, u. a. aufgrund der Sprache. 95 Im selben Kontext macht die Kommission in der Rechtssache T‑124/13 geltend, von Rechts wegen könne keine Diskriminierung vorliegen, „weil die Bewerber einen Teil [der von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen] Auswahlverfahren in ihrer Muttersprache absolvieren können und weil die Wahl der zweiten Sprache auf der Grundlage der verbreitetsten und in Europa am häufigsten erlernten Sprachen stattfindet“. 96 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Art. 1d des Statuts verbietet jede Diskriminierung aufgrund der Sprache, auch wenn die Zahl der Opfer einer solchen Diskriminierung relativ gering sein mag. Eine ganz andere Frage ist die, ob eine Diskriminierung aus anderen Gründen hingenommen werden kann; dann kann die begrenzte Zahl potenzieller Opfer einer Diskriminierung ein tragfähiges Argument für die Verhältnismäßigkeit der betreffenden Maßnahme sein. 97 Somit ist zu prüfen, ob das EPSO als Urheber der angefochtenen Bekanntmachungen durch die Beschränkung der Sprachen, unter denen die betreffenden Bewerber die zweite Sprache wählen müssen, auf Deutsch, Englisch und Französisch eine verbotene Diskriminierung aufgrund der Sprache geschaffen und damit gegen Art. 1d des Statuts verstoßen hat. 98 Im Gegensatz zu den Bekanntmachungen der Auswahlverfahren, die Gegenstand des oben in Rn. 26 angeführten Urteils Italien/Kommission (EU:C:2012:752) waren, enthalten die angefochtenen Bekanntmachungen eine Begründung (siehe oben, Rn. 6), die speziell aufgenommen wurde, um den Anforderungen dieses Urteils zu entsprechen. Aus dieser Begründung geht u. a. hervor, dass „die zweite Sprache in diesem Auswahlverfahren im Interesse des Dienstes festgelegt wurde, wonach neue Mitarbeiter unmittelbar nach ihrer Einstellung in der Lage sein müssen, ihre Aufgaben zu erfüllen und bei ihrer täglichen Arbeit effizient zu kommunizieren. Andernfalls wäre das reibungslose Funktionieren der EU-Organe erheblich beeinträchtigt.“ 99 Die weiteren oben in Rn. 92 wiedergegebenen Feststellungen des Gerichtshofs treffen jedoch auch auf die Umstände der vorliegenden Rechtssachen zu. Wie die Kommission im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, haben die von der angefochtenen Bekanntmachung betroffenen Organe nämlich im Anschluss an das oben in Rn. 26 angeführte Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752) bis zur Veröffentlichung der angefochtenen Bekanntmachungen weder interne Regeln gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1 erlassen noch andere Rechtsakte wie Mitteilungen, in denen die Kriterien für die Beschränkung der Wahl einer Sprache als zweite Sprache für die Teilnahme an einem Auswahlverfahren zur Einstellung von Unionsbeamten festgelegt wurden. Insbesondere enthält der Leitfaden keine dahin gehende Festlegung. 100 Aus dem oben in Rn. 26 angeführten Urteil Italien/Kommission (EU:C:2012:752, Rn. 95) geht hervor, dass das Fehlen von Regeln oder Mitteilungen wie den oben in Rn. 99 angesprochenen durch den Inhalt der Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens, die sich zwangsläufig nur auf ein bestimmtes Auswahlverfahren bezieht, nicht ausgeglichen werden kann. Die Zeit zwischen der Veröffentlichung der Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens und den schriftlichen Prüfungen dieses Verfahrens ermöglicht es einem Bewerber nicht unbedingt, ausreichende Sprachkenntnisse zu erwerben, um seine fachlichen Leistungen nachzuweisen. Die Möglichkeit, eine der drei Sprachen, unter denen nach den angefochtenen Bekanntmachungen die zweite Sprache auszuwählen ist, im Hinblick auf künftige Auswahlverfahren zu erlernen, bestünde nur, wenn sich die vom EPSO vorgegebenen Sprachen lange Zeit im Voraus bestimmen ließen. Das Fehlen von Regeln wie den oben in Rn. 92 angesprochenen gewährleistet aber in keiner Weise, dass die Wahl der Sprachen der Auswahlverfahren immer gleich ausfällt, und ermöglicht es in diesem Bereich auch nicht, sie vorherzusehen. 101 Gleichwohl ist zu prüfen, ob die in die angefochtenen Bekanntmachungen aufgenommene Begründung belegt, dass die Beschränkung der den Bewerbern der streitigen Auswahlverfahren als zweite Sprache zur Wahl stehenden Sprachen auf Deutsch, Englisch und Französisch im dienstlichen Interesse gerechtfertigt ist und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht. 102 Zunächst sind die Parameter einer solchen Prüfung zu bestimmen. Die Kommission führt den Grundsatz der Autonomie der Unionsorgane an (siehe oben, Rn. 67) und macht geltend, diese verfügten über einen „besonders weiten“ Spielraum, da sie allein über ihre Personalpolitik entscheiden könnten. Sie schließt daraus, dass in diesem Kontext ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nur bei einer willkürlichen oder im Verhältnis zum angestrebten Ziel, das darin bestehe, über sofort einsatzfähiges Personal verfügen zu können und Beamte einzustellen, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügten, offensichtlich unangemessenen Auswahl vorliege. 103 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass allein das Ziel, über sofort einsatzfähiges Personal zu verfügen, gegebenenfalls eine Diskriminierung aufgrund der Sprache zu rechtfertigen vermag. Dagegen ist eine solche Diskriminierung nicht geeignet, die Einstellung von Beamten zu erleichtern, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen, denn es liegt auf der Hand, dass diese Eigenschaften von den Sprachkenntnissen eines Bewerbers unabhängig sind. 104 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die funktionelle Autonomie der Organe sie nicht von der Pflicht befreit, die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts zu beachten, zu denen auch Art. 1d des Statuts gehört. 105 Außerdem trifft es zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung in den Bereichen, in denen ein Ermessen auszuüben ist, gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen wird, wenn das betreffende Organ eine willkürliche oder im Verhältnis zum Ziel der Regelung offensichtlich unangemessene Differenzierung vornimmt (vgl. Urteil vom 20. März 2012, Kurrer u. a./Kommission, T‑441/10 P bis T‑443/10 P, SlgÖD, EU:T:2012:133, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. April 2010, Gualtieri/Kommission, C‑485/08 P, Slg, EU:C:2010:188, Rn. 72). 106 Diese Rechtsprechung schließt jedoch nicht jede Kontrolle etwaiger Anforderungen an spezielle Sprachkenntnisse der Bewerber eines Auswahlverfahrens zur Einstellung von Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union durch den Unionsrichter aus. Vielmehr geht aus den oben in Rn. 90 genannten Erwägungen des Gerichtshofs hervor, dass der Unionsrichter zu prüfen hat, ob solche Anforderungen objektiv gerechtfertigt sind und in angemessenem Verhältnis zu den tatsächlichen dienstlichen Erfordernissen stehen, mithin nicht willkürlich oder zur Erreichung des angestrebten Ziels offensichtlich unangemessen sind. 107 Nach der Begründung der angefochtenen Bekanntmachungen müssen „im Interesse des Dienstes … neue Mitarbeiter unmittelbar nach ihrer Einstellung in der Lage sein …, ihre Aufgaben zu erfüllen und bei ihrer täglichen Arbeit effizient zu kommunizieren“. Weiter heißt es darin: „Aufgrund der langjährigen Praxis der EU-Organe hinsichtlich der für die interne Kommunikation verwendeten Sprachen sowie angesichts der dienstlichen Erfordernisse für die externe Kommunikation und die Bearbeitung von Vorgängen sind Englisch, Französisch und Deutsch weiterhin die am häufigsten verwendeten Sprachen.“ 108 Sodann wird festgestellt, dass diese drei Sprachen „bei den Auswahlverfahren, bei denen die zweite Sprache gewählt werden kann, die bei weitem am häufigsten gewählten Zweitsprachen [sind]. Dies bestätigt die gängigen Standards in Ausbildung und Beruf. Bei den Bewerbern um eine Stelle bei den EU-Organen kann somit davon ausgegangen werden, dass sie mindestens eine dieser Sprachen beherrschen. Wägt man das Interesse des Dienstes gegen die Fähigkeiten der Bewerber ab und trägt man gleichzeitig der fachlichen Ausrichtung dieses Auswahlverfahrens Rechnung, so ist es berechtigt, die Tests in diesen drei Sprachen abzuhalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Bewerber – unabhängig davon, welche Amtssprache sie als erste Sprache gewählt haben – mindestens eine dieser drei Amtssprachen zur Ausübung ihrer Tätigkeit angemessen beherrschen.“ 109 Mit der Erwägung, dass „[d]urch eine derartige Bewertung der Fachkompetenzen … die EU-Organe prüfen [können], ob die Bewerber unmittelbar in der Lage sind, in einem Umfeld zu arbeiten, das ihrem Berufsalltag sehr nahe kommt“, soll offenbar gerechtfertigt werden, dass einige Prüfungen in der von jedem Bewerber unter den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch ausgewählten zweiten Sprache durchgeführt werden. Als Erläuterung dafür, dass Bewerber, die eine dieser drei Sprachen als erste Sprache gewählt haben, die betreffenden Prüfungen gleichwohl in einer anderen dieser drei Sprachen, die sie als zweite Sprache gewählt haben, ablegen müssen, werden „Gründe der Gleichbehandlung“ angeführt. 110 Eine Schlüsselstellung in diesen Ausführungen nimmt die Behauptung ein, dass die drei genannten Sprachen „[a]ufgrund der langjährigen Praxis der EU-Organe hinsichtlich der für die interne Kommunikation verwendeten Sprachen … weiterhin die am häufigsten verwendeten Sprachen“ seien. Dabei handelt es sich jedoch um eine vage, nicht durch konkrete Angaben untermauerte Behauptung. 111 Diese angebliche Praxis der Unionsorgane hinsichtlich der für die interne Kommunikation verwendeten Sprachen wird nämlich nicht näher erläutert. Insbesondere wird nicht präzisiert, ob sie bedeutet, dass diese drei Sprachen von allen Dienststellen aller von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Organe parallel für die interne Kommunikation verwendet werden, oder ob einige Dienststellen eine dieser Sprachen verwenden und andere Dienststellen eine andere. Im letztgenannten Fall bestünde die Gefahr, dass Dienststellen, die an erfolgreichen Bewerbern der streitigen Auswahlverfahren interessiert sind, die eine oder andere der drei genannten Sprachen nicht für die interne Kommunikation verwenden, was die Sachdienlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkung der Wahlmöglichkeit für die Bewerber der fraglichen Auswahlverfahren auf diese drei Sprachen in Frage stellen würde. In einem solchen Fall würden nämlich entweder einige Bewerber, obwohl sie im Auswahlverfahren erfolgreich waren, nicht eingestellt, oder die betreffenden Dienststellen müssten zum Teil Bewerber einstellen, die die für die interne Kommunikation verwendete Sprache nicht beherrschen, so dass die Frage nach dem Sinn und dem Nutzen der Beschränkung berechtigt wäre. 112 Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen insoweit einige nähere Angaben gemacht und zusätzliche Beweise vorgelegt. Deren Prüfung vermag jedoch die durch die oben wiedergegebenen Behauptungen in den angefochtenen Bekanntmachungen aufgeworfenen ernsten Zweifel nicht zu zerstreuen. 113 Erstens macht die Kommission geltend, Deutsch, Englisch und Französisch seien „die drei Hauptberatungssprachen der Unionsorgane“. Ursprünglich seien Französisch und Deutsch verwendet worden, und seit 1973 sei Englisch hinzugekommen. Zudem sei Französisch die traditionelle Beratungssprache bei den Gerichten des Gerichtshofs der Europäischen Union, während Englisch „die verbreitetste Arbeitssprache bei den Agenturen“ sei. Diese Sachlage werde u. a. durch die Sprachenregelung des nach Art. 16 Abs. 7 EUV mit der Vorbereitung der Arbeiten des Rates der Europäischen Union betrauten Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) bestätigt. 114 Mit Ausnahme einiger E-Mails, die in der Rechtssache T‑124/13 als Beleg dafür vorgelegt worden sind, dass Deutsch, Englisch und Französisch die von den Mitgliedstaaten im AStV verwendeten Verkehrssprachen seien, hat die Kommission jedoch keine weiteren Beweise zur Stützung ihrer oben zusammengefassten Ausführungen geliefert. 115 Mangels solcher Beweise ist die vage und allgemeine Behauptung, dass Deutsch, Englisch und Französisch die Hauptberatungssprachen der Unionsorgane seien, nicht überzeugend. Die Kommission räumt selbst ein, dass die einzige Beratungssprache aller Gerichte, aus denen der Gerichtshof besteht, traditionell das Französische ist. Überdies ist allgemein bekannt, dass sich die Mitglieder des Europäischen Parlaments im Plenum oder in den Ausschüssen in allen Amtssprachen äußern. Das Gleiche gilt für die Vertreter der Mitgliedstaaten im Rat. 116 Selbst wenn die Angabe der Kommission, dass die drei genannten Sprachen die im AStV verwendeten „Verkehrssprachen“ seien, zutreffen sollte (was die Italienische Republik in der Rechtssache T‑124/13 im Übrigen bestreitet), wäre dies für die Entscheidung des Rechtsstreits irrelevant. Weder geht aus den Akten hervor noch wird von der Kommission geltend gemacht, dass zwischen den Tätigkeiten des AStV und den von den Bewerbern der streitigen Auswahlverfahren, sofern sie diese erfolgreich absolvieren und eingestellt werden, auszuübenden Funktionen irgendein Zusammenhang besteht. 117 Diese Erwägung gilt generell für alle etwaigen Argumente, die sich darauf stützen, dass eine oder mehrere Sprachen als „Beratungssprachen“ eines Unionsorgans verwendet würden. Selbst wenn die Mitglieder eines bestimmten Organs bei ihren Beratungen ausschließlich eine oder gewisse Sprachen verwenden sollten, kann ohne nähere Erläuterungen nicht angenommen werden, dass ein neu eingestellter Beamter, der keine dieser Sprachen beherrscht, nicht in der Lage wäre, bei dem fraglichen Organ sofort eine nützliche Tätigkeit zu erbringen. 118 Zweitens macht die Kommission geltend, Deutsch, Englisch und Französisch seien die drei Sprachen, in die ihre Generaldirektion Übersetzung fast alle Dokumente übersetze. Zur Stützung dieses Vorbringens legt die Kommission Statistiken zu den Ausgangs- und Zielsprachen der in den Jahren 2000 bis 2012 übersetzten Texte vor. Ihres Erachtens kann daraus klar abgeleitet werden, dass die drei fraglichen Sprachen die von ihren Dienststellen bei den Übersetzungsaufträgen am häufigsten nachgefragten Sprachen seien, sowohl als Ausgangssprache bei der Übersetzung eines externen Dokuments zum internen Gebrauch als auch als Zielsprache bei internen Dokumenten, die zum externen Gebrauch bestimmt seien. 119 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Relevanz dieser Statistiken dadurch gemindert wird, dass sie nur die Kommission betreffen. Nichts lässt nämlich den Schluss zu, dass bei den übrigen von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Organen die gleiche Situation besteht. 120 Überdies geht die Kommission zu Unrecht von der Prämisse aus, dass die Statistiken zur Ausgangssprache eines übersetzten Dokuments nur externe Dokumente erfassen, die zum internen Gebrauch übersetzt werden, während umgekehrt die Statistiken zur Zielsprache der übersetzten Dokumente nur interne Dokumente erfassen, die zum externen Gebrauch bestimmt sind. In den von ihr vorgelegten Statistiken wird die Zahl übersetzter Seiten anhand der Sprache des Originaldokuments (Ausgangssprache) oder der Sprache, in die übersetzt wurde (Zielsprache), aufgeschlüsselt, ohne zwischen Übersetzungen zum internen oder externen Gebrauch zu unterscheiden. 121 Es ist somit unmöglich, den in diesen Statistiken enthaltenen Anteil von Texten internen Ursprungs, die zum externen Gebrauch bestimmt sind, oder den Anteil der für die Bereiche, die von den angefochtenen Bekanntmachungen erfasst werden, relevanten Texte zu ermitteln. Sollte ein hoher Anteil der übersetzten Seiten externen Ursprungs sein, wäre aber die Relevanz der Statistiken zur Ausgangssprache der übersetzten Dokumente für die Ermittlung der bei der Kommission für die interne Kommunikation verwendeten Sprachen zweifelhaft. Da es keine Unterscheidung nach den Dienststellen gibt, für die die einzelnen Übersetzungen bestimmt sind, spiegeln überdies etwaige Schlussfolgerungen aus diesen Statistiken hinsichtlich der von der gesamten Kommission intern verwendeten Sprachen nicht zwangsläufig die Situation bei den konkreten Dienststellen wider, die in den Bereichen tätig sind, auf die sich die angefochtenen Bekanntmachungen beziehen. 122 Die von der Kommission vorgelegten Statistiken können jedenfalls ihr Vorbringen, das die Ausführungen in den angefochtenen Bekanntmachungen widerspiegelt, nicht untermauern. 123 Die Statistiken zur Ausgangssprache der übersetzten Dokumente belegen zwar, dass Englisch, Französisch und Deutsch die Plätze eins, zwei und drei bei der Ausgangssprache der übersetzten Seiten einnehmen, doch ist der Unterschied zwischen diesen drei Sprachen beträchtlich. 124 So machten im Jahr 2012 englische Texte 77,06 % der übersetzten Texte aus, französische Texte 5,20 % und deutsche Texte 2,90 %. Die Situation im Jahr 2011 entsprach dem weitgehend: Auf das Englische entfielen 80,63 % der übersetzten Seiten, auf das Französische 5,76 % und auf das Deutsche 2,28 %. Von 2000 bis 2012 stieg der Anteil des Englischen erheblich (von 55,08 % auf 77,06 %), der des Französischen ging stark zurück (von 32,49 % auf 5,20 %), und der des Deutschen sank ebenfalls (von 4,08 % auf 2,90 %). Ferner ist festzustellen, dass der Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Italienischen, das außer im Jahr 2012 den vierten Platz einnahm, nicht sehr groß ist. Ihr jeweiliger Anteil betrug 2,24 % gegenüber 2,06 % im Jahr 2010 und 2,28 % gegenüber 1,49 % im Jahr 2011. Im Jahr 2012 nahmen das Spanische und das Griechische den vierten Platz ein, mit 1,61 % der übersetzten Seiten gegenüber 2,90 % für das Deutsche. 125 In den jüngsten Statistiken zur Zielsprache der übersetzten Texte (für 2011 und 2012) nehmen zwar Englisch, Französisch und Deutsch die ersten drei Plätze ein. Der Unterschied zwischen der Zahl der in diese drei Sprachen übersetzten Seiten und der in andere Sprachen übersetzten Seiten ist jedoch nicht sehr bedeutsam. So wurden im Jahr 2011 12,31 % der Seiten ins Englische übersetzt, 7,92 % ins Französische, 6,53 % ins Deutsche, 4,27 % ins Italienische, 4,20 % ins Spanische, 4,13 % ins Niederländische, 4,09 % ins Portugiesische und 3,94 % ins Griechische; bei allen anderen Amtssprachen mit Ausnahme des Irischen (0,61 % der übersetzten Seiten) waren es über 3,50 % der übersetzten Seiten. Im Jahr 2012 lagen die Anteile der ins Englische, ins Französische und ins Deutsche übersetzten Seiten bei 14,92 %, 8,25 % und 6,47 %, während 4,40 % ins Italienische und 4,26 % ins Spanische übersetzt wurden; bei allen anderen Amtssprachen (mit Ausnahme des Irischen: 0,41 % der übersetzten Seiten) waren es mindestens 3,35 % der übersetzten Seiten. Diese Statistiken lassen nicht den Schluss zu, dass ein erfolgreicher Teilnehmer am streitigen Auswahlverfahren, der über eine ausreichende Kenntnis des Englischen, Französischen oder Deutschen verfügt, ab dem ersten Tag seiner Einstellung voll einsatzfähig wäre, während ein Bewerber mit mindestens ausreichender Kenntnis von zwei anderen Amtssprachen dies nicht wäre. 126 Aus diesen Statistiken geht zwar hervor, dass ein sehr großer Teil der übersetzten Seiten auf englische Originaldokumente (Ausgangssprache) zurückgeht. In den angefochtenen Bekanntmachungen wird jedoch nicht ausschließlich eine ausreichende Kenntnis des Englischen verlangt. Ein Bewerber, der keine ausreichende Kenntnis dieser Sprache hat, kann an den betreffenden Auswahlverfahren teilnehmen, wenn er über eine ausreichende Kenntnis zumindest des Deutschen oder des Französischen verfügt. Wie bereits ausgeführt, entfällt auf jede dieser beide Sprachen, sowohl als Ausgangssprache als auch als Zielsprache, ein relativ geringer Anteil der von den Dienststellen der Kommission übersetzten Seiten. Wenn ein Bewerber, der als zweite Sprache nur eine dieser beiden Sprachen beherrscht, an den fraglichen Auswahlverfahren teilnehmen kann, erscheint es nicht gerechtfertigt, potenzielle Bewerber, die andere Amtssprachen beherrschen, davon auszuschließen. 127 Drittens macht die Kommission in der Rechtssache T‑124/13 geltend, Deutsch, Englisch und Französisch seien die von ihren Beamten und sonstigen Bediensteten am meisten gesprochenen Sprachen. Zum Beleg dafür legt sie eine Tabelle mit einem Auszug aus dem System zur Registrierung der persönlichen Informationen ihrer Beamten und sonstigen Bediensteten vor, die sie mit Schreiben ihres Generaldirektors für Personal vom 14. März 2013 auch der Italienischen Republik übermittelt habe. Aus dieser Tabelle ergebe sich, dass Französisch, Deutsch und dann Englisch von ihren Beamten und sonstigen Bediensteten mehrheitlich als Hauptsprache angegeben würden, gefolgt vom Niederländischen und vom Italienischen. 128 Zunächst ist festzustellen, dass die oben angeführten Vorbehalte aufgrund der Tatsache, dass die Statistiken zu den übersetzten Texten nur die Kommission betreffen, auch für diese Tabelle gelten, die nur das Personal der Kommission erfasst. 129 Sodann ist, unabhängig von diesem Umstand, festzustellen, dass die Beamten und sonstigen Bediensteten der Kommission in dieser Tabelle nach ihrer Hauptsprache aufgeschlüsselt sind, d. h. offensichtlich nach ihrer Muttersprache. Folglich lässt sich aus ihr entgegen dem Vorbringen der Kommission kein sachdienlicher Schluss hinsichtlich der von ihren Beamten gesprochenen Sprachen ziehen, da die Beamten und sonstigen Bediensteten der Kommission nach Art. 28 Buchst. f des Statuts neben ihrer Muttersprache mindestens eine weitere Sprache ausreichend beherrschen müssen (siehe oben, Rn. 87). 130 Überdies ist festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht vorbringt, nach dieser Tabelle stellten die Beamten und sonstigen Bediensteten mit Englisch als Hauptsprache (9,1 %) die drittgrößte Gruppe dar, nach den Personen mit Französisch (26,9 %) und mit Deutsch (11,1 %) als Hauptsprachen. In Wirklichkeit nehmen die Beamten und sonstigen Bediensteten mit Englisch als Hauptsprache den vierten Platz ein; vor ihnen befinden sich auch die Personen mit Niederländisch als Hauptsprache (9,2 %). An fünfter Stelle stehen die Beamten und sonstigen Bediensteten mit Italienisch als Hauptsprache (9 %), gefolgt von Personen mit Spanisch (6,8 %), Griechisch (4 %) und Polnisch (4 %) als Hauptsprachen. 131 Diese Zahlen können somit nicht einmal allein für die Kommission ein Erfordernis wie das in den angefochtenen Bekanntmachungen enthaltene rechtfertigen, wonach ein neu eingestellter Beamter oder sonstiger Bediensteter über eine ausreichende Kenntnis des Deutschen, Englischen oder Französischen verfügen muss. Bestenfalls, wenn es sich um einen Bewerber des Auswahlverfahrens handelt, der über eine ausreichende Kenntnis des Französischen verfügt, handelt es sich um eine Sprache, die die Hauptsprache von etwa einem Viertel der Beamten und sonstigen Bediensteten der Kommission ist. Bei den beiden anderen in Rede stehenden Sprachen (Deutsch und Englisch) handelt es sich um die Hauptsprache von etwa jedem zehnten Beamten oder sonstigen Bediensteten der Kommission. Daher ist nicht ersichtlich, weshalb solche Kenntnisse als unerlässlich für einen neu eingestellten Beamten oder sonstigen Bediensteten anzusehen sein sollten, zumal eine entsprechende Kenntnis anderer Sprachen wie des Italienischen, bei denen es sich um die Hauptsprachen vergleichbarer Gruppen von Beamten oder sonstigen Bediensteten handelt, nicht verlangt wird. 132 Die Kommission hat als Anlage zu ihrer Gegenerwiderung in der Rechtssache T‑124/13 eine weitere Tabelle mit einer Aufschlüsselung ihrer Beamten und sonstigen Bediensteten nach Staatsangehörigkeit und zweiter Sprache vorgelegt. Diese Tabelle enthält auch eine Zeile mit der Angabe des „Durchschnitts“ pro Sprache; dieser beträgt 56,4 % für das Englische, 19,8 % für das Französische, 5,5 % für das Deutsche, 2,2 % für das Niederländische, 2 % für das Italienische und 1,6 % für das Spanische; bei allen anderen Amtssprachen liegt er unter 1 % pro Sprache. Ein „Durchschnitt“ von 11,5 % ist der Spalte „n/a“ zugeordnet; sie enthält nach den Erläuterungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung die Mitglieder ihres Personals, die keine Angaben zur zweiten Sprache gemacht haben. 133 Wiederum können die Angaben in dieser Tabelle, selbst wenn man sich auf den Fall der Kommission beschränkt, kein Erfordernis hinsichtlich der Sprachkenntnisse der Bewerber von Auswahlverfahren wie das hier in Rede stehende rechtfertigen. Zunächst wird in der Tabelle nur die von jedem Beamten angegebene zweite Sprache berücksichtigt, so dass sich aus ihr kein sonderlich genaues Bild der Sprachkenntnisse der Beamten und sonstigen Bediensteten der Kommission ergibt. Um zu erfahren, wie viele von ihnen eine zumindest ausreichende Kenntnis z. B. des Englischen haben, müssten nämlich sowohl diejenigen berücksichtigt werden, deren Hauptsprache Englisch ist, als auch diejenigen, für die das Englische eine dritte oder vierte Sprache (und nicht nur eine zweite Sprache) darstellt, denn es ist nicht auszuschließen, dass ein Beamter oder sonstiger Bediensteter über eine ausreichende Kenntnis von mehr als zwei Sprachen verfügt. 134 Jedenfalls können, selbst wenn die Prozentangaben für das Englische und, in geringerem Maß, das Französische ein Erfordernis rechtfertigen könnten, wonach Bewerber, die eine Stelle bei der Kommission anstreben, mindestens eine dieser beiden Sprachen ausreichend beherrschen müssen, die Angaben in dieser Tabelle nicht die Einbeziehung des Deutschen in die Sprachen, deren Kenntnis verlangt wird, rechtfertigen, denn Deutsch ist die Hauptsprache etwa jedes zehnten Beamten und wird von nur 5,5 % der Beamten der Kommission als Zweitsprache genannt. Überdies erschiene bei Einbeziehung des Deutschen auch die des Italienischen, des Spanischen oder selbst des Niederländischen nicht unvernünftig, da die Prozentangaben für jede dieser drei Sprachen nicht sehr weit von denen für das Deutsche entfernt sind. 135 Die Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache der Bewerber eines Auswahlverfahrens auf eine begrenzte Zahl von Amtssprachen kann nämlich nicht als objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig angesehen werden, wenn zu ihnen neben einer Sprache, deren Kenntnis wünschenswert oder sogar erforderlich ist, weitere Sprachen gehören, die keinen besonderen Vorteil verschaffen. Lässt man als Alternative zur einzigen Sprache, deren Kenntnis für einen neu eingestellten Beamten von Vorteil ist, weitere Sprachen zu, deren Kenntnis keinen Vorteil bringt, gibt es keinen stichhaltigen Grund, nicht auch alle anderen Amtssprachen zuzulassen. 136 Viertens macht die Kommission geltend, Deutsch, Englisch und Französisch seien die in den Mitgliedstaaten der Union am meisten erlernten und gesprochenen Fremdsprachen. Zur Stützung ihres Vorbringens legt sie einen in Statistics in Focus Nr. 49/2010 veröffentlichten Bericht von Eurostat vor, in dem es zum einen heißt, dass Englisch „bei weitem die auf allen Bildungsebenen am häufigsten erlernte Fremdsprache [in Europa] ist, gefolgt von Französisch, Deutsch, Russisch und, in geringerem Maß, Spanisch“, und zum anderen, dass „als die bei weitem verbreitetste Fremdsprache [in Europa] Englisch angesehen wird, gefolgt von Deutsch, Russisch, Französisch und Spanisch“. 137 Diese Statistiken beziehen sich auf alle Unionsbürger, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Sprachkenntnisse der Unionsbeamten korrekt widerspiegeln. Sie können jedenfalls lediglich belegen, dass die Zahl potenzieller Bewerber, auf die sich die Beschränkung der in den Auswahlverfahren, die von den angefochtenen Bekanntmachungen erfasst werden, wählbaren zweiten Sprache auf Deutsch, Englisch und Französisch negativ auswirken kann, geringer ist als bei einer auf andere Sprachen beschränkten Wahlmöglichkeit. Dies reicht aber nicht aus, um die fragliche Beschränkung als nicht diskriminierend einzustufen, da die möglicherweise begrenzte Zahl benachteiligter Personen insoweit kein tragfähiges Argument darstellen kann (siehe oben, Rn. 96). 138 Diese Ergebnisse könnten allenfalls die Verhältnismäßigkeit der fraglichen Beschränkung belegen, sofern sie im dienstlichen Interesse läge. Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, hat die Kommission aber gerade nicht nachgewiesen. 139 Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die von der Kommission vorgelegten Beweise dafür, dass Deutsch, Englisch und Französisch von den Bewerbern der Auswahlverfahren am häufigsten als zweite Sprache gewählt würden, wenn sie bei ihrer Wahl nicht beschränkt wären. Dass die Zahl der Bewerber, die sich gehindert sehen, eine andere Sprache als zweite Sprache des Auswahlverfahrens zu wählen, womöglich nicht sehr groß ist, bedeutet nicht, dass diese Bewerber nicht diskriminiert würden. 140 Fünftens macht die Kommission in ihrer Gegenerwiderung in der Rechtssache T‑124/13 geltend, das Kollegium der Verwaltungschefs der Unionsorgane habe die nötigen Analysen vorgenommen, um zu beurteilen, ob Deutsch, Englisch und Französisch als die repräsentativsten der von den Dienststellen der Organe verwendeten Sprachen angesehen werden könnten. Das Kollegium habe festgestellt, dass Einigkeit über die allgemeine Leitlinie für den Sprachengebrauch in den vom EPSO durchgeführten Auswahlverfahren bestehe. 141 Die Kommission hat ein Schreiben des Präsidenten dieses Kollegiums vom 10. Juni 2013 vorgelegt, in dem es heißt, im Kollegium habe unter den Verwaltungschefs der Unionsorgane Einvernehmen über die Billigung des Entwurfs einer allgemeinen Leitlinie für den Sprachengebrauch in den vom EPSO durchgeführten Auswahlverfahren bestanden, abgesehen davon, dass der Vertreter des Gerichtshofs einen Vorbehalt geäußert und erklärt habe, sich der Stellungnahme zu enthalten. Sie hat auch den Text der betreffenden Leitlinie vorgelegt. 142 Diese Belege, die im Übrigen aus der Zeit nach den angefochtenen Bekanntmachungen und den Klageerhebungen stammen, können die obigen Erwägungen nicht in Frage stellen. In der vom Kollegium der Verwaltungschefs gebilligten Leitlinie wird keine neue, über die bereits geprüften Gesichtspunkte hinausgehende Tatsache erwähnt. Die Kommission trägt selbst vor, dass die von den Verwaltungschefs geprüften Daten mit von ihr als Anlagen zur Klagebeantwortung vorgelegten Daten „weitgehend übereinstimmen“. Aus den oben genannten Gründen können diese Daten das in der Begründung der angefochtenen Bekanntmachungen oder in den Schriftsätzen der Kommission enthaltene Vorbringen zum Sprachengebrauch innerhalb der Unionsorgane aber nicht rechtfertigen. Dass die Verwaltungschefs der Unionsorgane mit Ausnahme des Vertreters des Gerichtshofs, der sich der Stimme enthalten hat, zu einem anderen Ergebnis gekommen sind, ist irrelevant. 143 Sechstens schließlich trägt die Kommission vor, die Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache durch die angefochtenen Bekanntmachungen sei aufgrund der Art der Prüfungen gerechtfertigt. Insbesondere müsse für die Phase des „Assessment-Center“ im Hinblick auf eine einheitliche Bewertung der Bewerber und die Erleichterung ihrer Kommunikation mit den übrigen Teilnehmern am Auswahlverfahren und dem Prüfungsausschuss sichergestellt sein, dass die Prüfungen in einer Verkehrssprache stattfänden. 144 Zur Beantwortung dieses Arguments genügt der Hinweis, dass eine solche Rechtfertigung der fraglichen Beschränkung in der Begründung der angefochtenen Bekanntmachungen nicht enthalten ist. Die aus den angefochtenen Bekanntmachungen resultierende Diskriminierung aufgrund der Sprache kann aber nicht aus anderen als den dort angeführten Gründen für gerechtfertigt erklärt werden. Somit ist auch dieses Argument zurückzuweisen. 145 Folglich ist die in den angefochtenen Bekanntmachungen vorgenommene Beschränkung der Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber bei den Auswahlverfahren, auf die sich die Bekanntmachungen beziehen, auf Deutsch, Englisch und Französisch aus allen oben genannten Gründen weder objektiv gerechtfertigt, noch steht sie in angemessenem Verhältnis zu dem angestrebten Ziel, das nach den Angaben der Kommission darin besteht, sofort einsatzfähige Beamte und sonstige Bedienstete einzustellen. 146 Es genügt nämlich nicht, eine solche Beschränkung unter Bezugnahme auf die große Zahl der in Art. 1 der Verordnung Nr. 1 als Amts- und Arbeitssprachen der Union anerkannten Sprachen und das daraus folgende Erfordernis, eine geringere Zahl von Sprachen oder sogar nur eine von ihnen als interne Kommunikationssprachen oder „Verkehrssprachen“ zu wählen, im Grundsatz zu verteidigen. Daneben bedarf es einer objektiven Rechtfertigung der Wahl einer oder mehrerer konkreter Sprachen unter Ausschluss aller anderen. 147 Genau dies haben sowohl das EPSO als Urheber der angefochtenen Bekanntmachungen als auch die Kommission als Beklagte vor dem Gericht nicht getan. Die von der Kommission gemachten Angaben enthalten keinen Beleg dafür, dass ein neu eingestellter Beamter, der über eine ausreichende Kenntnis des Deutschen, des Englischen oder des Französischen verfügt, sofort einsatzfähig wäre, während ein Bewerber mit mindestens ausreichender Kenntnis von zwei anderen Amtssprachen dies nicht wäre. 148 Folglich ist dem dritten und dem siebten Klagegrund der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑124/13 sowie dem zweiten Klagegrund des Königreichs Spanien in der Rechtssache T‑191/13 stattzugeben, und die angefochtenen Bekanntmachungen sind, ohne dass auf die übrigen, noch nicht geprüften Klagegründe eingegangen zu werden braucht, auch deshalb für nichtig zu erklären, weil sie die Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber auf Deutsch, Englisch und Französisch beschränken. 149 In Anbetracht dessen braucht auch nicht über die vom Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 erhobene Rüge entschieden zu werden, dass der Gebrauch der von den Bewerbern des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 unter Deutsch, Englisch und Französisch gewählten zweiten Sprache bei bestimmten Prüfungen der letzten Phase dieses Auswahlverfahrens rechtswidrig sei. 150 Die Feststellung, dass die fragliche Bekanntmachung des Auswahlverfahrens rechtswidrig ist, weil die Wahl der zweiten Sprache durch die Bewerber eingeschränkt wird, bedeutet nämlich zwangsläufig, dass auch die Beschränkung der bei bestimmten Prüfungen der letzten Phase dieses Auswahlverfahrens zu verwendenden Sprache rechtswidrig ist, so dass unter den Umständen des vorliegenden Falls die Prüfung der vom Königreich Spanien bestrittenen Rechtmäßigkeit dieses dritten Aspekts des Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 gegenstandslos geworden ist. 151 Schließlich sind nach Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung in der Rechtssache T‑124/13, die insoweit keine Einwände erhoben haben, die Ergebnisse der von den angefochtenen Bekanntmachungen betroffenen Auswahlverfahren nicht in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2012:752, Rn. 103, und vom 16. Oktober 2013, Italien/Kommission, T‑248/10, EU:T:2013:534, Rn. 45 bis 51). Kosten 152 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß den dahin gehenden Anträgen der Kläger neben ihren eigenen Kosten die Kosten aufzuerlegen, die der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑124/13 und dem Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 entstanden sind. 153 Das Königreich Spanien trägt als Streithelfer in der Rechtssache T‑124/13 gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung die ihm durch diese Streithilfe entstandenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Achte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtssachen T‑124/13 und T‑191/13 werden zu gemeinsamem Urteil verbunden. 2. Die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/125/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Audit, Finanzen und Rechnungsführung sowie Wirtschaft und Statistik, die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/126/12 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Assistenz in den Fachgebieten Biologie, Bio- und Gesundheitswissenschaften, Chemie, Physik und Werkstoffkunde, Kernforschung, Bauingenieurwesen und Maschinenbau sowie Elektrotechnik und Elektronik und die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/248/13 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Funktionsgruppe Administration (AD 6) in den Fachgebieten Gebäudesicherheit und Gebäudetechnik werden für nichtig erklärt. 3. Die Europäische Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑124/13 und dem Königreich Spanien in der Rechtssache T‑191/13 entstanden sind. 4. Das Königreich Spanien trägt die ihm durch seine Streithilfe in der Rechtssache T‑124/13 entstandenen Kosten. Gratsias Kancheva Wetter Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2015. Unterschriften (*1) Verfahrenssprachen: Italienisch und Spanisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 14. Januar 2015.#Veloss International und Attimedia SA gegen Europäisches Parlament.#Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Erbringung von Übersetzungsdiensten ins Griechische für das Parlament – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Begründungspflicht – Außervertragliche Haftung.#Rechtssache T‑667/11.
62011TJ0667
ECLI:EU:T:2015:5
2015-01-14T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 9. Dezember 2014.#BT Telecommunications PUE gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anhörungsrecht – Beurteilungsfehler.#Rechtssache T‑440/11.
62011TJ0440
ECLI:EU:T:2014:1042
2014-12-09T00:00:00
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 26. November 2014.#Energetický a průmyslový holding a.s. und EP Investment Advisors s.r.o. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung, mit der die Nichtduldung einer Nachprüfung festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird – Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Unschuldsvermutung – Verteidigungsrechte – Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht.#Rechtssache T‑272/12.
62012TJ0272
ECLI:EU:T:2014:995
2014-11-26T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62012TJ0272 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 26. November 2014 (*1) „Wettbewerb — Verwaltungsverfahren — Entscheidung, mit der die Nichtduldung einer Nachprüfung festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird — Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 — Unschuldsvermutung — Verteidigungsrechte — Verhältnismäßigkeit — Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑272/12 Energetický a průmyslový holding a.s. mit Sitz in Brno (Tschechische Republik), EP Investment Advisors s.r.o. mit Sitz in Prag (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigte: zunächst K. Desai, Solicitor, sowie Rechtsanwälte J. Schmidt und M. Peristeraki, dann Rechtsanwälte J. Schmidt, R. Klotz und M. Hofmann, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch A. Antoniadis und R. Sauer, dann durch R. Sauer und C. Vollrath als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung des Beschlusses K(2012) 1999 endg. der Kommission vom 28. März 2012 in einem Verfahren nach Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Nichtduldung einer Nachprüfung) (Sache COMP/39793 – EPH und andere), erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse und A. M. Collins (Berichterstatter), Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014, folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen 1 Gemäß Art. 20 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) „[sind] [d]ie mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen … befugt, … Kopien oder Auszüge gleich welcher Art aus … Büchern und [Geschäftsunterlagen] anzufertigen oder zu erlangen“. 2 Art. 20 Abs. 4 dieser Verordnung bestimmt: „Die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben …“ 3 Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung „[kann] [d]ie Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 1 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig … bei Nachprüfungen nach Artikel 20 die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorlegen oder in einer Entscheidung nach Artikel 20 Absatz 4 angeordnete Nachprüfungen nicht dulden“. Vorgeschichte des Rechtsstreits 4 Mit Entscheidung vom 16. November 2009 ordnete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Nachprüfung in den Räumlichkeiten der Energetický a průmyslový holding a.s. (im Folgenden: EPH) und der von ihr kontrollierten Unternehmen an. Die Nachprüfung bei EPH und der EP Investment Advisors s.r.o. (im Folgenden: EPIA), ihrer 100%igen Tochtergesellschaft (im Folgenden zusammen: Klägerinnen) begann am 24. November 2009 um 9.30 Uhr in deren gemeinsamen Räumlichkeiten in der fünften Etage eines Gebäudes in Prag (Tschechische Republik). Nach Kenntnisnahme von dem Nachprüfungsbeschluss erklärten die Klägerinnen, sich der Nachprüfung nicht zu widersetzen. 5 Die Nachprüfung wurde durch sieben Vertreter der Kommission und vier Vertreter des tschechischen Amts für den Schutz des Wettbewerbs durchgeführt. Dieses Team übermittelte Herrn J., dem Exekutivdirektor von EPIA und Mitglied des Verwaltungsrats von EPH, den Nachprüfungsbeschluss sowie Erläuterungen. 6 Herr N., ein Mitglied des Nachprüfungsteams, forderte Herrn J. auf, die Organisation der Klägerinnen zu beschreiben und den Leiter der IT‑Abteilung zu kontaktieren. Weiterhin setzte er Herrn J. davon in Kenntnis, dass sein E-Mail-Konto sowie die Konten dreier weiterer Schlüsselpersonen der Gesellschaft, nämlich der Herren K., S. und M., von der IT‑Abteilung zu identifizieren und zu sperren seien. Er wies darauf hin, dass diese vier E-Mail-Konten mit einem neuen, nur den mit der Nachprüfung betrauten Kommissionsbediensteten (im Folgenden: Inspektoren) bekannten Passwort einzurichten seien, um nur diesen während ihrer Nachprüfung Zugang zu den Konten zu verschaffen. 7 Die Klägerinnen hatten zur Zeit der Nachprüfung keine unabhängige IT‑Abteilung. Bis zum Auszug der Klägerinnen aus den Räumlichkeiten nach ihrer Veräußerung am 8. Oktober 2009 erbrachte J&T Banka, eine Tochtergesellschaft der ehemaligen Muttergesellschaft von EPH, J&T Finance Group, vorübergehend IT‑Dienstleistungen für die Klägerinnen. Die IT‑Abteilung, die sich in der dritten Etage des von den Klägerinnen genutzten Gebäudes befand, bediente sich für die Verwaltung von deren E-Mail-Konten eines Servers der J&T Finance Group. Diese aus acht Angestellten bestehende Abteilung wurde von Herrn H. geleitet. Die Angestellten arbeiteten alle in einem einzigen IT‑Raum, in dem sich ihre Büros befanden. 8 Die an die E-Mail-Konten von EPIA gerichteten E-Mails wurden vor ihrer Verteilung auf die verschiedenen Konten über den Server der J&T Finance Group geleitet. Dies traf auch auf EPH zu, da die für die Klägerinnen arbeitenden Personen nur ein einziges, den beiden Gesellschaften gemeinsames E-Mail-Konto nutzten. Dies war der Fall für die oben in Rn. 6 genannten vier Mitarbeiter, die für die Ausübung ihrer Funktionen in den zwei klagenden Gesellschaften jeweils ein einziges E‑Mail-Konto besaßen. 9 Am ersten Tag der Nachprüfung benannte Herr J. bei seinem Treffen mit Herrn N. Herrn H. als die für die IT‑Abteilung der Klägerinnen verantwortliche Person. Nachdem er von Herrn J. gerufen worden war, um Fragen zur IT zu beantworten, traf Herr H. mit Herrn D., dem für Informationstechnologie zuständigen Inspektor zusammen. Im Verlauf dieses Treffens, gegen 11.30 Uhr, ersuchte Herr D. Herrn H., die E-Mail-Konten der vier Schlüsselpersonen bis auf neue Weisung der Inspektoren zu sperren. Diese Sperrung erfolgte um 12.00 Uhr. Die Passwörter für die E-Mail-Konten wurden anschließend gegen 12.30 Uhr im IT‑Raum von Herrn Ko., einem Angestellten der IT‑Abteilung, in Anwesenheit der Herren H. und D. geändert. 10 Gegen 14.00 Uhr dieses Tages teilte Herr M., der von zu Hause aus arbeitete, der IT‑Abteilung telefonisch mit, dass er keinen Zugang zu seinem E-Mail-Konto habe. Herr Šp., einer der Untergebenen von Herrn H., nahm diesen Anruf entgegen und stellte das Passwort von Herrn M. wieder her, um diesem erneut die Nutzung seines E-Mail-Kontos zu ermöglichen. 11 Am 25. November 2009, d. h. am zweiten Tag der Nachprüfung, versuchte Herr D. vergeblich, auf das E-Mail-Konto von Herrn M. zuzugreifen, bevor er feststellte, dass das Passwort für dieses Konto ausgetauscht worden war. Herr D. verlangte eine Zurücksetzung dieses Passworts, um das Konto erneut zu sperren und dessen Durchsuchung durch die Inspektoren zu ermöglichen. 12 Am selben Tag erstellte die Kommission ein Protokoll, in dem u. a. Folgendes festgehalten wurde: „Am 24. November gegen 11.00 Uhr verlangte die Kommission von Herrn [H.] eine Änderung des Passworts für die Active-Directory-Konten von vier Personen, nämlich der Herren [K., J., S. und M.]. Herrn [H.] wurde klar zu verstehen gegeben, dass die fraglichen Konten während der Dauer der Nachprüfung oder zumindest solange gesperrt bleiben sollten, bis dem Unternehmen von den Inspektoren mitgeteilt werde, dass die Passwörter erneut geändert werden könnten. Die Passwörter wurden auf Anweisung von Herrn [H.] durch Herrn [Ko.] geändert, und es wurde ein nur den Inspektoren bekanntes Passwort für die Konten eingerichtet. Gegen 14 Uhr desselben Tages änderte Herr [Šp.], ein Angestellter der IT‑Abteilung, auf Ersuchen von Herrn [M.] das Passwort für das E‑Mail-Konto von Herrn [M.]. Weiterhin bestätigt Herr [H.], dass … [er] die Inspektoren am Donnerstag, den 26. November gegen 12 Uhr davon in Kenntnis gesetzt hat, dass er die externe IT‑Abteilung am 25. November auf Ersuchen von Herrn [J.] angewiesen hatte, alle auf diese vier Konten eingehenden E-Mails zu sperren … Herr [H.] bestätigt, dass es sich bei den vorstehenden Feststellungen um eine zutreffende Beschreibung der Tatsachen handelt. Das Unternehmen kann diese Erläuterung vor dem 1. Dezember 2009 durch die Übermittlung einer Berichtigung, Änderung oder eines Zusatzes ergänzen.“ 13 Das Protokoll wurde von den Inspektoren einerseits und von Herrn H. andererseits unterzeichnet. 14 Am 26. November 2009, d. h. am dritten Tag der Nachprüfung, stellten die Inspektoren um 12 Uhr bei der Untersuchung des E-Mail-Kontos von Herrn J. fest, dass seine Inbox keine neue E-Mail enthielt. Herr H. erklärte den Inspektoren, dass er der IT‑Abteilung am zweiten Tag der Nachprüfung gegen 12 Uhr auf Ersuchen von Herrn J. Anweisung erteilt habe, zu verhindern, dass die an die Konten der vier Schlüsselpersonen gerichteten E-Mails in deren jeweilige Inboxen gelangen. Die eingehenden E-Mails verblieben mithin auf dem Server der J&T Finance Group und wurden nicht an die Inboxen ihrer Empfänger weitergeleitet. 15 Später wurde bestätigt, dass diese Maßnahme nur auf das Konto von Herrn J. und nicht auf die Konten der anderen Schlüsselpersonen angewandt worden war. 16 Am 17. Mai 2010 beschloss die Kommission, ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung nach Kapitel VI der Verordnung Nr. 1/2003 wegen Nichtduldung einer Nachprüfung und unvollständiger Vorlage angeforderter Geschäftsunterlagen gegen EPH und J&T Investment Advisors s.r.o. (deren Rechtsnachfolgerin EPIA ist) einzuleiten. Die Entscheidungen über die Einleitung dieses Verfahrens wurden diesen Gesellschaften am 19. Mai 2010 bekannt gegeben. 17 Am 8. September 2010 richtete die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein Auskunftsverlangen an die Klägerinnen, worauf diese mit Schreiben vom 22. September 2010 antworteten. 18 Am 23. September 2010 hatten die Klägerinnen in einer Nachbesprechung mit der Kommission Gelegenheit zur Stellungnahme. 19 Am 22. Dezember 2010 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte im Hinblick auf eine mutmaßliche Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 an die Klägerinnen. 20 Mit Schreiben vom 17. Februar 2011 nahmen die Klägerinnen zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung. Die Anhörung fand am 25. März 2011 statt. 21 Die Kommission richtete am 1. April 2011 wiederum ein Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die Klägerinnen, um Erläuterungen zu den bei der Anhörung übermittelten Informationen zu erhalten. Die Klägerinnen antworteten am 14. April 2011 auf dieses Auskunftsverlangen, insbesondere durch die Übermittlung neuer Informationen zur Entsperrung eines E-Mail-Kontos. 22 Am 16. Juni 2011 richtete die Kommission ein erneutes Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die Klägerinnen, worauf diese mit Schreiben vom 22. Juni 2011 antworteten. In dieser Antwort teilten sie insbesondere mit, dass sich der im Jahr 2010 erzielte Gesamtumsatz von EPH auf 990700000 Euro belaufen habe. 23 Am 23. Juni 2011 wurden die Klägerinnen in einer weiteren Nachbesprechung über die vorläufige Auffassung der Kommission im Anschluss an die Anhörung und ihre schriftlichen Erklärungen in Kenntnis gesetzt. 24 Am 19. Juli 2011 richtete die Kommission eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerinnen, in der zusätzliche Aspekte in Bezug auf einen der beiden Beschwerdepunkte, nämlich die Entsperrung eines E-Mail-Kontos, dargelegt wurden. 25 Die Klägerinnen nahmen zu der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte am 12. September 2011 Stellung. Die Anhörung fand am 13. Oktober 2011 statt. 26 Am 28. März 2012 erließ die Kommission den Beschluss K(2012) 1999 endg. in einem Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 (Nichtduldung einer Nachprüfung) (Sache COMP/39793 – EPH und andere) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), in dessen verfügendem Teil es heißt: „Artikel 1 EPH und EPIA haben die in ihren Räumlichkeiten am 24.-26. November 2009 nach Artikel 20 Absatz 4 der Verordnung … Nr. 1/2003 durchgeführte Nachprüfung insofern nicht geduldet, als sie fahrlässig Zugang zu einem gesperrten E-Mail-Konto gewährt und vorsätzlich E-Mails auf einen Server umgeleitet haben, was eine Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung darstellt. Artikel 2 Für die in Artikel 1 bezeichnete Zuwiderhandlung wird eine Geldbuße in Höhe von 2500000 Euro gegen die gesamtschuldnerisch haftenden EPH und EPIA verhängt …“ Verfahren und Anträge der Parteien 27 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 12. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 28 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung der Kommission schriftlich Fragen gestellt, die diese fristgerecht beantwortet hat. 29 Die Parteien haben in der Sitzung vom 6. März 2014 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 30 Die Klägerinnen beantragen, — den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; — hilfsweise, die auferlegte Geldbuße aufzuheben oder auf einen symbolischen Betrag herabzusetzen oder zumindest wesentlich herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 31 Die Kommission beantragt, — die Klage insgesamt abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 32 Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf vier Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügen sie die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, mit dem zweiten die Fehlerhaftigkeit der Feststellung, wonach sie die Nachprüfung nicht geduldet hätten, mit dem dritten die Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und mit dem vierten einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße. 33 Als Erstes ist der zweite Klagegrund zur Feststellung der streitigen Zuwiderhandlung zu prüfen. Sodann sind gemeinsam der erste und der dritte Klagegrund, die sich auf den Ablauf des Verwaltungsverfahrens beziehen, zu untersuchen. Schließlich ist der die Bemessung der Geldbuße betreffende vierte Klagegrund zu prüfen. Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 34 Die in Art. 1 des angefochtenen Beschlusses festgestellte Zuwiderhandlung, nämlich die Nichtduldung der Nachprüfung, besteht zum einen in der fahrlässigen Gewährung des Zugangs zu einem gesperrten E-Mail-Konto und zum anderen in der vorsätzlichen Umleitung eingehender E-Mails auf einen Server. Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass die Feststellung der Zuwiderhandlung auf unmittelbaren und objektiven Beweisen beruht, nämlich dem Protokoll (wiedergegeben in der vorstehenden Rn. 12) und der „Protokolldatei“ des E-Mail-Kontos von Herrn M. (Erwägungsgründe 28 und 33 des angefochtenen Beschlusses). In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen auf Fragen des Gerichts klargestellt, dass sie den Inhalt des Protokolls nicht in Frage stellen. Sie haben niemals den Beweiswert der „Protokolldatei“ in Frage gestellt. Zwischen den Parteien ist daher unstreitig, dass Herr M. entgegen den Anweisungen der Inspektoren während der Nachprüfung Zugang zu seinem E-Mail-Konto hatte und dass an das E‑Mail-Konto von Herrn J. gerichtete E-Mails auf dessen Ersuchen gesperrt wurden. 35 Die Klägerinnen machen mit dem vorliegenden Klagegrund indessen geltend, die Kommission habe nicht rechtlich hinreichend bewiesen, dass die ihnen zur Last gelegten Umstände zu einer unvollständigen Vorlage der von den Inspektoren angeforderten Geschäftsunterlagen geführt habe, so dass ihnen keine Nichtduldung der Nachprüfung vorgeworfen werden könne. Die Verhaltensweisen, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses seien, seien auf ein bloßes Versehen zurückzuführen und nicht als Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Verhalten zu qualifizieren. Folglich sei der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären. 36 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. 37 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, die Kommission Geldbußen festsetzen kann, wenn sich Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig weigern, eine Nachprüfung zu dulden. Es handelt sich dabei um einen der beiden Fälle, in denen nach dieser Bestimmung eine Geldbuße verhängt werden kann. Nach der Rechtsprechung trägt die Kommission die Beweislast für diese Nichtduldung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, Slg, EU:C:2012:738, Rn. 71). Somit ist zu prüfen, ob die Feststellung der Zuwiderhandlung, wie sie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, im Licht des Vorbringens der Klägerinnen durch diese Beweise rechtlich hinreichend belegt wird. Zur fahrlässigen Gewährung des Zugangs zu einem gesperrten E-Mail-Konto 38 Das von den Inspektoren untersuchte E‑Mail-Konto von Herrn M. stand seit dem ersten Tag der Nachprüfung nicht vollständig unter ihrer Kontrolle, was von den Klägerinnen nicht bestritten wird. Ferner wurde erst dann entdeckt, dass Herr M. Zugang zu seinem Konto hatte, als Herr D. am zweiten Tag der Nachprüfung versuchte, auf das Konto zuzugreifen. Somit genügt der bloße Umstand, dass die Inspektoren keinen – wie von ihnen verlangt – ausschließlichen Zugang zu dem E-Mail-Konto von Herrn M., einer der vier Schlüsselpersonen, für dessen Konto eine Sperrung angeordnet worden war (siehe oben, Rn. 12), erhielten, um den streitigen Vorfall als Nichtduldung der Nachprüfung zu qualifizieren. 39 Als Erstes kann das Vorbringen der Klägerinnen keinen Erfolg haben, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie den Umstand der Gewährung des Zugangs zu dem gesperrten E-Mail-Konto unabhängig von der Frage, ob E-Mails manipuliert oder gelöscht worden seien, als fahrlässig begangene Zuwiderhandlung eingestuft habe. Aus dem 28. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass Herr H. in dem Protokoll nicht nur bestätigt hat, dass während der Nachprüfung ein Zugang zu dem fraglichen Konto gewährt worden war, sondern auch, dass „[d]ie Inspektoren [sich] weiterhin eine Liste der auf das E-Mail-Konto von Herrn [M.] erfolgten Zugriffe [beschafft haben]“ und dass „[d]iese Protokolldatei zeigt, dass das E-Mail-Konto von Herrn [M.] zwischen 14.50 Uhr am ersten und 13.05 Uhr am zweiten Tag [der Nachprüfung] ununterbrochen eingesehen worden ist“. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission die Beweislast dafür trägt, dass Zugang zu den Daten auf dem gesperrten E‑Mail-Konto von Herrn M. gewährt worden ist, jedoch nicht aufzuzeigen hat, dass diese Daten manipuliert oder gelöscht worden sind (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Dezember 2010, E.ON Energie/Kommission, T‑141/08, Slg, EU:T:2010:516, Rn. 85 und 86). 40 Die Klägerinnen behaupten in diesem Zusammenhang nicht, dass die Daten auf dem E-Mail-Konto von Herrn M. zum Zeitpunkt von deren Überprüfung durch die Inspektoren vollständig gewesen seien. Dagegen machen sie unter Berufung auf Argumente technischer Art hinsichtlich der „Beständigkeit“ der elektronischen Dateien und deren automatischer Duplizierung auf dem Server geltend, es habe keine Nichtduldung der Nachprüfung vorgelegen, da die Daten auf ihrem Server gespeichert gewesen seien. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da die Nichtduldung der Nachprüfung im vorliegenden Fall gegeben war, als den Inspektoren kein ausschließlicher Zugang zu dem E‑Mail-Konto von Herrn M. gewährt wurde (siehe oben, Rn. 38). 41 Der Umstand ‐ unterstellt, er wäre erwiesen –, dass die fraglichen elektronischen Dateien, nämlich die auf dem E-Mail-Konto von Herrn M. eingegangenen und von diesem Konto versandten E-Mails auf dem Server jederzeit für die Inspektoren zugänglich waren, ist unerheblich, da die Kommission nicht verpflichtet war, Nachforschungen über die Möglichkeit anzustellen, ob sich die Dateien in intakter Form an einem anderen Ort als auf dem E‑Mail-Konto, dessen Sperrung zu Beginn der Nachprüfung angeordnet worden war, befinden könnten. Die Inspektoren hätten in der Lage sein müssen, das Beweismaterial in Papier- oder elektronischer Form an denjenigen Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, vorliegend nämlich auf dem E-Mail-Konto von Herrn M., ohne von den Klägerinnen daran gehindert zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2010, CNOP und CCG/Kommission, T‑23/09, Slg, EU:T:2010:452, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Klägerinnen unerheblich, Herr M. habe über Fernzugriff Zugang zu seinem Konto gehabt, was ihn daran gehindert habe, die auf der Festplatte seines Computers gespeicherten Daten zu verändern. 42 Das Gleiche gilt für das Vorbringen, die Kommission hätte für die Feststellung, ob die Überprüfung des Inhalts des Kontos tatsächlich beeinträchtigt worden sei, überprüfen müssen, zu welchem Zeitpunkt die letzte Sicherungskopie auf den Server erfolgt sei. Die Kommission traf keinerlei Verpflichtung, eine solche Überprüfung durchzuführen (siehe oben, Rn. 39). Der von den Klägerinnen angeführte Umstand, dass die Kommission in einer früheren Sache anders vorgegangen sei, indem sie gelöschte Dateien wiederhergestellt habe, ist für sich genommen nicht geeignet, ihr in der vorliegenden Rechtssache eine solche Verpflichtung aufzuerlegen, und bedeutet nicht, dass die Kommission voreingenommen gegen die Klägerinnen gewesen ist. 43 Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe nicht rechtlich hinreichend ihre Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit dem Zugang zu dem gesperrten E-Mail-Konto bewiesen. Dieses Argument bezieht sich auf den 72. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach „Herr [H.] verpflichtet war, seine Untergebenen, einschließlich Herrn [Šp.], unverzüglich von den Anweisungen der Inspektoren zu unterrichten und dafür Sorge zu tragen, dass diese genauestens eingehalten werden“, und „[d]er Umstand, dass er dies nicht getan hat, zu der Schlussfolgerung [führt], dass die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen wurde.“ 44 Erstens ist der von den Klägerinnen vorgebrachte Umstand ‐ unterstellt, er wäre erwiesen –, dass Herr M. nicht gewusst habe, dass sein E-Mail-Konto gesperrt war und eine Nachprüfung stattfand, ohne Bedeutung, da die Feststellung der Fahrlässigkeit auf das Unterlassen von Herrn H. gestützt wird. Wie aus dem 73. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, „[hatte] Herr [H.], da er [in seiner Eigenschaft als Leiter der IT‑Abteilung] gesondert und umfassend von einem Kommissionsinspektor informiert worden war, … seine Untergebenen in der IT‑Abteilung unverzüglich über diese Verpflichtungen [zur Sperrung der E-Mail-Konten] und die Durchführungsmodalitäten im IT‑Bereich zu informieren …, um einen Verstoß gegen die Verfahrenspflichten aus der Verordnung Nr. 1/2003 zu vermeiden“. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie den Inhalt des Protokolls nicht in Frage stellen. Sie können auch nicht geltend machen, der Vorfall habe sich aus „bloßem Versehen“ ereignet, da Herr H. die Anweisung, dass die von den Inspektoren identifizierten vier E-Mail-Konten für die gesamte Dauer der Nachprüfung gesperrt bleiben sollten, tatsächlich erhalten hatte und sie nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 dieser Anweisung Folge zu leisten hatten. 45 Weiterhin können die Klägerinnen das Unterlassen von Herrn H. nicht einer mangelnden Sorgfalt der Inspektoren zurechnen, indem sie diesen vorwerfen, Herr H. sei nicht ordnungsgemäß über seine Pflichten und über die mit der Nichtbeachtung ihrer Anweisungen verbundenen Sanktionen informiert worden. Da Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 es der Kommission nämlich ermöglichen soll, bei Unternehmen, die Zuwiderhandlungen gegen die Art. 101 AEUV und 102 AEUV begangen haben sollen, überraschende Nachprüfungen durchzuführen, wenn ein begründeter Nachprüfungsbeschluss ordnungsgemäß an eine innerhalb dieser Unternehmen befugte Person übermittelt wurde, muss die Kommission in der Lage sein, ihre Nachprüfungen durchzuführen, ohne jede betroffene Person über ihre unter den Umständen des betreffenden Falles bestehenden Pflichten informieren zu müssen. Eine solche Verpflichtung hätte eine Verzögerung der Nachprüfung zur Folge, deren Dauer zeitlich streng begrenzt ist. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Herren J. und H. in ihrer jeweiligen Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter bzw. Leiter des IT‑Dienstes die zur Entgegennahme von Anweisungen seitens der Kommissionsinspektoren befugten Personen waren. Da der Nachprüfungsbeschluss zu Beginn der Nachprüfung an die befugten Personen übermittelt worden war, ist festzustellen, dass es Sache der Klägerinnen war, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anweisungen der Inspektoren umzusetzen und um sicherzustellen, dass diese Umsetzung nicht durch Personen beeinträchtigt wird, die befugt sind, im Namen der Unternehmen tätig zu werden (vgl. entsprechend Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2010:516, Rn. 260). 46 Zweitens ist auch das in der Erwiderung vorgetragene Argument zurückzuweisen, dass Herr H. ein Angestellter einer unabhängigen Gesellschaft und deshalb nicht befugt gewesen sei, für die Klägerinnen zu handeln. Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, und dies wird von den Klägerinnen auch nicht bestritten, dass Herr H. bei Beginn der Nachprüfung von Herrn J. gegenüber den Inspektoren als die für den IT‑Dienst der Klägerinnen verantwortliche Person benannt worden war (22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Befugnis der Kommission, ein Unternehmen, das eine Zuwiderhandlung begangen hat, mit einer Sanktion zu belegen, nur die rechtswidrige Handlung einer Person voraussetzt, die im Allgemeinen berechtigt ist, für das Unternehmen tätig zu werden (vgl. Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2010:516, Rn. 258 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47 Drittens ist festzustellen dass es sich bei den von den Klägerinnen beanstandeten „subjektiven Annahmen“ der Kommission zum Kenntnisstand von Herrn Šp. in Wirklichkeit um Feststellungen aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte handelt, die nicht in den angefochtenen Beschluss aufgenommen worden sind. Die diesbezüglichen Argumente der Klägerinnen sind daher auf jeden Fall unerheblich (siehe oben, Rn. 44), da die Feststellung der Fahrlässigkeit auf das Unterlassen von Herrn H. und nicht auf die Kenntnisse von Herrn Šp. gestützt wird. 48 Nach alledem hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass im vorliegenden Fall fahrlässig Zugang zu einem gesperrten E‑Mail-Konto gewährt worden sei. Zur vorsätzlichen Umleitung eingehender E-Mails auf einen Server 49 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe das Vorliegen der einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 darstellenden Tatsachen im Hinblick auf die Umleitung eingehender E-Mails, die angeblich den Umfang des Zugangs der Inspektoren während eines großen Teils der Nachprüfung eingeschränkt hätte, nicht rechtlich hinreichend bewiesen. 50 Erstens ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, die für das Konto von Herrn J. bestimmten E-Mails seien weiterhin über den Server geleitet und auf diesem Datenträger, der den Inspektoren jederzeit zugänglich gewesen sei, sofern sie die Untersuchung dieser E-Mails gewünscht hätten, gespeichert worden. Die Inspektoren hätten nämlich in der Lage sein müssen, auf alle E-Mails zugreifen zu können, die sich normalerweise in der den Gegenstand der Nachprüfung bildenden Inbox von Herrn J. befinden, ohne diese zur Durchführung ihrer Nachprüfung an anderen Orten sammeln zu müssen (siehe oben, Rn. 40). 51 Zunächst einmal bestreiten die Klägerinnen nicht, dass diese E-Mails entgegen den Anweisungen der Inspektoren auf Verlangen von Herrn J. von dessen Konto umgeleitet wurden. Sodann war die Kommission, da sie auf der Grundlage unbestrittenen Beweismaterials nachgewiesen hat, dass die Dateien auf dem Konto von Herrn J. während der Dauer der Nachprüfung nur in unvollständiger Form vorlagen, nicht verpflichtet, zu prüfen, ob sich die fehlenden Daten an einer anderen Stelle im EDV-System der Klägerinnen befinden könnten. Wie sich aus dem 57. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, erfolgten die Anweisung von Herrn J., die auf den Konten der vier Schlüsselpersonen der Klägerinnen eingehenden E‑Mails umzuleiten, und deren Umsetzung durch die IT‑Abteilung, zumindest was die an sein eigenes E-Mail-Konto gerichteten E-Mails anbelangt, ohne dass die Inspektoren davon in Kenntnis gesetzt wurden. Diese stellten fest, dass sie keinen Zugriff auf sämtliche E-Mails auf dem E‑Mail-Konto von Herrn J. hatten, als die Nachprüfung bereits im Gange war, obwohl sie ab deren Beginn einen ausschließlichen Zugang zu diesem Konto verlangt hatten (siehe oben, Rn. 12). Schließlich geht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen das Argument der Klägerinnen ins Leere, es habe der Kommission bekannt sein müssen, dass die Daten auf dem Server auffindbar gewesen seien. 52 Darüber hinaus ergibt sich aus Anhang 2 des Inspektionsberichts der Kommission hinsichtlich der IT‑spezifischen Untersuchung, dass die Inspektoren vorliegend versucht haben, bestimmte elektronische Dateien wiederherzustellen, dass das Ergebnis jedoch „merkwürdig“ war und dass eine große Anzahl von Dokumenten nach wie vor fehlte. Mithin ist das Vorbringen der Klägerinnen, die den Gegenstand des Nachprüfungsbeschlusses bildenden Daten seien den Inspektoren jederzeit über den Server zugänglich gewesen, als unbegründet zurückzuweisen. 53 Im Rahmen der Mitwirkungspflicht bei einer Nachprüfung ergibt sich im Übrigen aus der Rechtsprechung, dass das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen der Kommission auf deren Verlangen die in seinem Besitz befindlichen, den Gegenstand der Untersuchung betreffenden Dokumente auch dann vorlegen muss, wenn diese Schriftstücke von der Kommission als Beweis für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung verwendet werden könnten (vgl. zur Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] [ABl. 1962, Nr. 13, S. 204], Urteil vom 29. Juni 2006, Kommission/SGL Carbon, C‑301/04 P, EU:C:2006:432, Rn. 44). Da die Klägerinnen verpflichtet waren, den Inspektoren die E-Mails von Herrn J. zur Verfügung zu stellen, können sie sich nicht auf den Vortrag beschränken, die Inspektoren hätten die betroffenen Daten an einer anderen Stelle in ihren Räumlichkeiten finden können. Für die Anwendung von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 reicht es im Übrigen aus, dass die umgeleiteten E-Mails von dem Nachprüfungsbeschluss erfasst waren, was die Klägerinnen nicht bestreiten. 54 Das Argument, die Umleitung sei nur während einer sehr kurzen Phase der Nachprüfung erfolgt und habe daher nur eine begrenzte und für eine bis 2006 zurückreichende Untersuchung nicht wesentliche Anzahl von E-Mails betroffen, ist nicht geeignet, die von der Kommission bewiesenen Tatsachen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Die Anzahl oder die Bedeutung der umgeleiteten E-Mails für den Gegenstand der Untersuchung sind für die Feststellung einer Zuwiderhandlung jedenfalls ohne Bedeutung. 55 Auch ist der Umstand, dass die Kommission nach Abschluss der fraglichen Nachprüfung kein Verfahren wegen einer Verletzung materiellen Rechts im Sinne von Art. 101 AEUV gegen die Klägerinnen eingeleitet hat, ohne Bedeutung für die Einstufung als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften. Da Nachprüfungsbeschlüsse zu Beginn einer Untersuchung erlassen werden, kann in diesem Stadium keine Rede davon sein, abschließend zu beurteilen, ob die Handlungen oder Beschlüsse der Adressaten oder anderer Einheiten als Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, oder als Verhaltensweisen im Sinne von Art. 102 AEUV eingestuft werden können (Urteil CNOP und CCG/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, EU:T:2010:452, Rn. 68). 56 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, durch die im 57. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vertretene Annahme werde nicht in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen, dass sie vorsätzlich gehandelt hätten. 57 In diesem Erwägungsgrund heißt es: „Die Kommission ist im Hinblick auf die Umleitung eingehender E‑Mails (während der Dauer der Nachprüfung empfangene E‑Mails) von den E-Mail-Konten auf den Server von J&T FG der Ansicht, dass sowohl Herr [J.] als auch Herr [H.] wussten, dass sie sicherzustellen hatten, dass nur die Kommissionsinspektoren Zugang zu den identifizierten vier E-Mail-Konten haben und sie daher nicht befugt waren, die Parameter der E-Mail-Konten während der Dauer der Nachprüfung zu verändern. Es war keine Ausnahme für eingehende E‑Mails vorgesehen, die normalerweise auf den Konten empfangen worden wären; diese eingehenden E-Mails waren Gegenstand der laufenden Nachprüfung sowie der diesbezüglichen Anweisungen. Herrn [J.], der Herrn [H.] ersucht hat, der IT‑Abteilung Anweisung zur Umleitung der an bestimmte E-Mail-Konten gerichteten E‑Mails zu erteilen, und Herrn [H.] selbst muss bewusst gewesen sein, dass es sich dabei um einen Verstoß gegen die EPIA und EPH für die Dauer der Nachprüfung auferlegten Verpflichtungen handelte. Die eingehenden E‑Mails sind mithin (jedenfalls hinsichtlich des E-Mail-Kontos von Herrn [J.]) vorsätzlich umgeleitet worden.“ 58 In Fn. 87 des angefochtenen Beschlusses verweist die Kommission für die Erläuterungen und Anweisungen der Kommissionsinspektoren gegenüber Herrn J. und gegenüber Herrn H. auf die Erwägungsgründe 20 und 21 dieses Beschlusses. Der Inhalt dieser beiden Erwägungsgründe ist im Wesentlichen oben in den Rn. 6 bis 8 wiedergegeben. Es ist festzustellen, dass sich die Erläuterungen und Anweisungen gegenüber Herrn [H.] in Wirklichkeit im 22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses finden (siehe oben, Rn. 9). 59 Diese Tatsachen wurden von den Klägerinnen nicht bestritten, und sie tragen daher zu Unrecht vor, die Kommission habe sich auf eine bloße „Annahme“ gestützt. Zum einen wird durch das Protokoll bestätigt, dass Herrn H. Anweisungen erteilt worden waren (siehe oben, Rn. 12). Zum anderen ist unstreitig, dass Herr J. die Bekanntgabe des Nachprüfungsbeschlusses für die Klägerinnen angenommen und den Inspektoren Herrn H. als die in deren IT‑Abteilung für die Sperrung der Konten verantwortliche Person benannt hat (siehe oben, Rn. 5 und 9). Sowohl Herr J. als auch Herr H. hatten die Anweisungen zur Sperrung der Konten unmittelbar von den Inspektoren erhalten und waren verpflichtet, diesen die von dem Gegenstand der Untersuchung erfassten elektronischen Dokumente zu übermitteln (siehe oben, Rn. 53). Die Kommission hat somit keinen Irrtum begangen, als sie davon ausgegangen ist, dass die Umleitung eingehender E-Mails auf einen Server vorsätzlich erfolgt ist, da die Umleitung der E-Mails von dem Konto von Herrn J. von diesen beiden Personen angeordnet und umgesetzt worden war, um den Zugang zu dessen E-Mails über dessen E-Mail-Konto zu verhindern, was offensichtlich sowohl den ihnen erteilten Anweisungen als auch dem Ziel der Nachprüfung zuwider lief. 60 Das Vorbringen der Klägerinnen, die betroffenen Personen hätten nicht wissen können, dass ihr Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellte, stimmt im Wesentlichen mit dem ersten Klagegrund überein und wird daher im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft werden. 61 Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes keine andere plausible Erklärung der Tatsachen liefern als die, aus der die Kommission das Vorliegen einer Zuwiderhandlung geschlossen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 37 angeführt, EU:C:2012:738, Rn. 74 bis 76). 62 Daraus folgt, dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist. Zum ersten und zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte und Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung 63 Mit ihrem ersten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die beiden die Zuwiderhandlung darstellenden Vorfälle seien auf mangelnde Sorgfalt der Kommissionsinspektoren zurückzuführen und führen aus, aufgrund unzulänglicher Anweisungen seien ihre Verteidigungsrechte verletzt worden. Ihrer Ansicht nach wäre es nicht zu den Vorfällen gekommen, wenn die betroffenen Personen, d. h. Herr J. und Herr H. sowie dessen Team, ordnungsgemäß über ihre Pflichten im Rahmen der Nachprüfung und über die Folgen informiert worden wären, die sich aus deren Nichtbeachtung ergeben würden. 64 Mit ihrem dritten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei ihnen gegenüber während des Verwaltungsverfahrens voreingenommen gewesen, was zu einer übermäßig strengen Haltung in dem angefochtenen Beschluss geführt habe, der unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung erlassen worden sei. 65 Die Kommission weist dieses Vorbringen insgesamt als unbegründet zurück. Zum ersten Klagegrund 66 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das vor der Kommission ablaufende Verwaltungsverfahren nach der Verordnung Nr. 1/2003 in zwei unterschiedliche, aufeinanderfolgende Abschnitte unterteilt ist, die jeweils einer eigenen inneren Logik folgen, nämlich einen Abschnitt der Voruntersuchung und einen kontradiktorischen Abschnitt. Der Abschnitt der Voruntersuchung, in dem die Kommission von ihren in dieser Verordnung vorgesehenen Untersuchungsbefugnissen Gebrauch macht und der bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte währt, soll es der Kommission ermöglichen, alle relevanten Elemente zusammenzutragen, durch die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften bestätigt oder nicht bestätigt wird, und eine erste Position zur Ausrichtung und zum weiteren Gang des Verfahrens einzunehmen. Dagegen hat es der zweite Abschnitt, der sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung erstreckt, der Kommission zu ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission, T‑410/09, EU:T:2012:676, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). 67 Die von der Kommission im Abschnitt der Voruntersuchung ergriffenen Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere die Nachprüfungsmaßnahmen und die Auskunftsverlangen gemäß den Art. 18 und 20 der Verordnung Nr. 1/2003, implizieren naturgemäß den Vorwurf einer Zuwiderhandlung und können erhebliche Auswirkungen auf die Situation der unter Verdacht stehenden Unternehmen haben. Folglich muss verhindert werden, dass die Verteidigungsrechte in diesem Abschnitt des Verwaltungsverfahrens in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden, da die getroffenen Ermittlungsmaßnahmen für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können. Die Kommission hat daher möglichst genau anzugeben, wonach gesucht wird und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen soll (vgl. in diesem Sinne Urteil Almamet/Kommission, oben in Rn. 66 angeführt, EU:T:2012:676, Rn. 26 bis 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Auch ist darauf hinzuweisen, dass den betroffenen Unternehmen im Rahmen einer Nachprüfung fünf Kategorien von Garantien eingeräumt werden, nämlich erstens die Begründung der Nachprüfungsbeschlüsse, zweitens die der Kommission für den Ablauf der Nachprüfung gesetzten Grenzen, drittens die fehlende Möglichkeit für die Kommission, die Nachprüfung gewaltsam durchzusetzen, viertens das Eingreifen nationaler Stellen und fünftens die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, Slg, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2013:404, Rn. 74). Das Argument der Klägerinnen, die Inspektoren hätten die von der Nachprüfung betroffenen Personen nicht ausreichend über deren Pflichten und die mit deren Nichtbeachtung verbundenen etwaigen Sanktionen informiert, ist vorliegend im Wesentlichen in die ersten beiden der vorgenannten Kategorien einzuordnen. 69 Als Erstes ergibt sich hinsichtlich der Begründung eines Nachprüfungsbeschlusses aus der Rechtsprechung, dass mit ihr die Berechtigung des in den betroffenen Unternehmen beabsichtigten Eingriffs aufgezeigt werden soll. In der Begründung sind daher die Annahmen und Verdachtsmomente zu nennen, die die Kommission erhärten möchte (Urteil Deutsche Bahn u. a./Kommission, oben in Rn. 68 angeführt, EU:T:2013:404, Rn. 75). Darüber hinaus muss dieser Beschluss die Anforderungen von Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 erfüllen (siehe oben, Rn. 2). 70 Diese Anforderungen wurden im vorliegenden Fall eingehalten. Wie insbesondere Art. 1 des Nachprüfungsbeschlusses zu entnehmen ist, wurden die Klägerinnen klar über den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen der Nachprüfung in Kenntnis gesetzt. Insbesondere hatten sie die für die Zwecke der von den Inspektoren während der Dauer der Nachprüfung durchgeführten Untersuchung angeforderten Bücher und sonstige Geschäftsunterlagen, unabhängig von der Form des Informationsträgers, vorzulegen. In Art. 3 des Nachprüfungsbeschlusses waren Sanktionen für die Nichtbeachtung der in Art. 1 aufgeführten Pflichten vorgesehen. So ergibt sich insbesondere aus Art. 3 Buchst. a des Nachprüfungsbeschlusses, dass Geldbußen verhängt werden können, wenn sich Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig weigern, die Nachprüfung zu dulden. 71 Wie die Kommission zutreffend geltend macht, ist festzustellen, dass die Inspektoren nicht verpflichtet waren, die betroffenen Personen darauf hinzuweisen, dass die Verstöße mit einer Geldbuße geahndet werden können. Zur Wahrung der Verteidigungsrechte reicht es aus, dass der Nachprüfungsbeschluss und die Erläuterungen ordnungsgemäß an eine innerhalb der klagenden Unternehmen befugte Person übermittelt wurden. Die Mitwirkungspflicht besteht ab der Übermittlung des Nachprüfungsbeschlusses und nicht erst ab der Übermittlung etwaiger Warnhinweise an einzelne Personen (siehe oben, Rn. 45). 72 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Erläuterungen, die den Unternehmen zusammen mit den angefochtenen Nachprüfungsbeschlüssen bekannt gegeben werden, in sachdienlicher Weise klarstellen, wie die Kommission den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung inhaltlich wahrnimmt. Diese Erläuterungen legen dar, wie bestimmte Phasen der Nachprüfung durchzuführen sind, und enthalten sachdienliche Informationen für das Unternehmen, wenn dessen Vertreter den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu beurteilen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutsche Bahn u. a./Kommission, oben in Rn. 68 angeführt, EU:T:2013:404, Rn. 83 und 84). 73 In den den Klägerinnen übermittelten Erläuterungen wurden insbesondere die folgenden Punkte aufgeführt: die Pflicht der Kommission zur Bekanntgabe des die Nachprüfung genehmigenden Beschlusses (Rn. 3), die erschöpfende Aufzählung der Befugnisse der Bediensteten (Rn. 4), das Recht, die Dienste eines Anwalts in Anspruch zu nehmen (Rn. 6), die Modalitäten, unter denen bestimmte elektronische Dokumente eingesehen, gesucht und kopiert werden können (Rn. 10 und 11), die Lösungen für die Handhabung einer aufgezeichneten Einsichtnahme in bestimmte auf einem elektronischen Datenträger gespeicherte Informationen (Rn. 11 und 12) und die Voraussetzungen für eine vertrauliche Behandlung bestimmter Informationen oder bestimmter Geschäftsgeheimnisse im Anschluss an die Nachprüfung (Rn. 13 und 14). In Rn. 15 wurde detailliert dargestellt, wie die Anbringung eines Siegels zu erfolgen hatte. 74 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Herrn J. der Nachprüfungsbeschluss und die Erläuterungen bei der Ankunft der Inspektoren in den Räumlichkeiten der Beklagten am ersten Tag der Nachprüfung übermittelt wurden (vgl. 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission ist damit den oben Rn. 68 genannten Garantien nachgekommen. 75 Insbesondere enthält der Nachprüfungsbeschluss die in Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Angaben. Im Einzelnen hat die Kommission Folgendes angegeben: die Namen der Adressaten, die Gründe, aus denen sie das Vorliegen rechtswidriger Verhaltensweisen vermutete, die Art der möglicherweise als wettbewerbswidrig einzustufenden Praktiken, den betroffenen Markt für Waren und Dienstleistungen, den geografischen Markt, auf dem die mutmaßlichen Praktiken stattgefunden haben sollen, den Zusammenhang zwischen diesen mutmaßlichen Praktiken und dem Verhalten des Unternehmens, an das der Beschluss gerichtet ist, die zur Durchführung der Nachprüfung befugten Bediensteten, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und die den zuständigen Beschäftigten des Unternehmens obliegenden Verpflichtungen, Zeit und Ort der Nachprüfung, die im Fall einer Behinderung drohenden Sanktionen sowie die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs und dessen Voraussetzungen. Die Kommission hat somit die Verteidigungsrechte der Klägerinnen in vollem Umfang gewahrt, und deren weitere Argumente vermögen diese Feststellung nicht in Frage zu stellen. 76 Was das Vorbringen betrifft, die Akte der Kommission enthalte keine Angabe dazu, auf welche Art und Weise sie sich vergewissert habe, dass die von der Nachprüfung betroffenen Personen ordnungsgemäß über ihre Pflichten und über die Folgen aus deren Nichtbeachtung informiert worden seien, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass Herrn J. bei der Bekanntgabe des Nachprüfungsbeschlusses alle relevanten Informationen, einschließlich der Möglichkeit von Verfolgungen für Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, übermittelt worden sind. 77 Insbesondere können sich die Klägerinnen zur Rechtfertigung der von Herrn J., der die Bekanntgabe dieser Unterlagen als gesetzlicher Vertreter der Klägerinnen angenommen hatte, vorgenommenen einseitigen Maßnahmen zur Anweisung der Umleitung eingehender E‑Mails nicht auf eine mangelnde Kommunikation seitens der Kommissionsinspektoren berufen. Die Behauptung, er habe verstanden, dass er angewiesen worden sei, niemanden von der Nachprüfung zu informieren, geht mithin ins Leere. Wie sich aus den vorstehenden Rn. 74 bis 76 ergibt, hat die Kommission nämlich alle erforderlichen Informationen unmittelbar an ihn übermittelt. Folglich kann von einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen keine Rede sein. Weiterhin ergibt sich aus den Erwägungsgründen 21 und 22 des angefochtenen Beschlusses, deren Inhalt von den Klägerinnen nicht bestritten wird, dass Herr H. von Herrn J. als die für die IT‑Dienstleistungen zur Umsetzung der Anweisungen hinsichtlich der Sperrung der E-Mail-Konten verantwortliche Person benannt worden war, was beweist, dass er die den Klägerinnen während der Nachprüfung obliegende Mitwirkungspflicht inhaltlich erfasst hat. 78 Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen ist es ohne Bedeutung, dass die anderen Schlüsselpersonen nicht über die Sperrung ihrer E‑Mail-Konten in Kenntnis gesetzt wurden. Da die der Kommission zur Durchführung von Nachprüfungen eingeräumte Zeit durch den Nachprüfungsbeschluss streng begrenzt ist, mussten die Inspektoren davon ausgehen können, dass die Unternehmen, nachdem die Anweisungen an sie übermittelt worden waren, die für deren Umsetzung erforderlichen Maßnahmen ergreifen und dass sie diese Anweisungen nicht zu wiederholen hatten. Da die Bekanntgabe des Nachprüfungsbeschlusses und der Erläuterungen durch die Kommission vorliegend an befugte Personen erfolgte, ist festzustellen, dass die Klägerinnen alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hatten, um sicherzustellen, dass die Anweisungen hinsichtlich der Sperrung der E-Mail-Konten vollständig umgesetzt wurden (siehe oben, Rn. 45). Die Argumente in Bezug auf eine angeblich unzureichende Information sind mithin einschließlich der unbelegten Behauptungen, Herr J. habe den Inspektoren seine Absicht mitgeteilt, zu verlangen, dass seine E-Mails nicht mehr an seine Inbox zu versenden seien, zurückzuweisen. 79 Aus denselben Gründen ist auch das Argument zurückzuweisen, der Kommission hätte zum Schutz der Verteidigungsrechte eine größere Informationspflicht oblegen, da anders als die Anbringung eines Siegels, das für alle sichtbar sei und wobei es sich um ein außergewöhnliches Ereignis handele, die bloße Sperrung eines E-Mail-Kontos als solche nicht offensichtlich sei. Nach Erhalt der eindeutigen Anweisungen der Inspektoren hatten die Klägerinnen diese Anweisungen umzusetzen. 80 Auch das Vorbringen, das Personal der IT‑Abteilung sei nicht bei den Klägerinnen beschäftigt gewesen, ist nicht stichhaltig. Der Umstand, dass die Mitglieder der IT‑Abteilung von J&T Banka bezahlt wurden und ihre Dienstleistungen für die Klägerinnen vorübergehend erbrachten, oder der Umstand, dass Herr H. Angestellter einer unabhängigen Gesellschaft war, steht dem nicht entgegen, dass die Kommission davon ausgehen kann, dass sie Leistungen für die Klägerinnen sowie unter deren Leitung erbrachten (siehe oben, Rn. 46). Weiterhin hat Herr J. als gesetzlicher Vertreter der Klägerinnen ab dem Beginn der Nachprüfung Herrn H. als die für ihre IT‑Dienste verantwortliche Person benannt. 81 Die Behauptung, Herr. H. habe keine Zeit gehabt, die Mitglieder der IT‑Abteilung zu informieren und ihnen Anweisungen zur Sperrung der E-Mail-Konten zu erteilen, wird durch keinerlei Beweise untermauert. Im Übrigen enthält das am 30. November 2009 von den Klägerinnen an die Kommission gerichtete Schreiben mit dem Titel „Mitteilung der Erläuterungen anlässlich der Nachprüfung nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates“ keinerlei Hinweis auf eine solche Beschränkung. 82 Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund 83 Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe sich ihnen gegenüber im Laufe des Verfahrens insbesondere dadurch parteiisch verhalten, dass sie auf Indiskretionen hinsichtlich der Nachprüfung hingewiesen habe, die in der tschechischen Presse angekündigt worden sei und angeblich mit EPH in Zusammenhang stünden, so dass sie den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt habe. Die Kommission habe während der Nachprüfung und des Verwaltungsverfahrens mit Nachdruck und ohne ersichtlichen Grund auf bestimmte Tatsachen hingewiesen. Daraus ergebe sich, dass sie überzeugt gewesen sei, dass die Klägerinnen über diese Nachprüfung auf dem Laufenden gewesen seien und sich darauf vorbereitet hätten, was gegen die Verpflichtung zur völlig unparteiischen Prüfung des Sachverhalts verstoße. 84 Dieses Argument der Klägerinnen bezieht sich nicht auf den angefochtenen Beschluss, sondern auf die ihnen gegenüber ergangene Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 17. Dezember 2010, die ihnen am 22. Dezember 2010 bekannt gegeben wurde (siehe oben, Rn. 19). In der Klageschrift kritisieren sie die „Entscheidung der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf Bezug zu nehmen“. 85 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, sei es auch nur in gedrängter Form, so klar abgefasst sein muss, dass die Beteiligten tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt und sich somit wirksam verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt. Nach ständiger Rechtsprechung ist dieses Erfordernis im Übrigen erfüllt, wenn die Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten und nur Tatsachen berücksichtigt, zu denen die Betroffenen sich äußern konnten (vgl. Urteil vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T‑86/95, Slg, EU:T:2002:50, Rn. 442 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Kommission darf unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (Urteil vom 22. Oktober 2002, Schneider Electric/Kommission, T‑310/01, Slg, EU:T:2002:254, Rn. 438). 86 Das vorliegende Argument ist vor diesem Hintergrund zu würdigen. 87 In Rn. 13 der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 17. Dezember 2010 führt die Kommission zum Sachverhalt aus: „Es ist darauf hinzuweisen, dass die Berichterstattung auf Euro.cz (die mit EPH verbunden ist) über die drohende, unmittelbar bevorstehende Nachprüfung am 23. November 2009, d. h. einen Tag vor Beginn der Nachprüfung, erfolgt ist. Der Presseartikel enthält eine Erklärung von Herrn [M.] (sowohl für J&T IA als auch für EPH arbeitender externer Public-Relations-Experte), der als Sprecher von EPH interviewt worden war. Herr [M.] erklärte, die Eröffnung eines Verfahrens sei in Anbetracht des Marktanteils der Gesellschaft und der tatsächlichen Marktlage sehr überraschend, die Gesellschaft werde sich einem solchen Verfahren jedoch nicht widersetzen. Am 23. November 2009 um 17.47 Uhr informierte Herr [M.] insbesondere Herrn [K.] (Exekutivdirektor von J&T IA und Vorsitzender des Verwaltungsrats von EPH), Herrn [S.] (Rechtsberater von J&T IA und EPH) und Herrn [J.] per E-Mail von diesem Interview, wobei er einen Link zu dem Artikel auf der Webseite Euro.cz beifügte.“ 88 Erstens ist das aus dem Wortlaut von Rn. 13 der Mitteilung der Beschwerdepunkte abgeleitete Vorbringen zurückzuweisen, da es auf einem irrigen Verständnis der Mitteilung der Beschwerdepunkte beruht. Obwohl die Kommission auf eine Verbindung zwischen der Gesellschaft, die über etwaige Nachprüfungen berichtet hatte, und EPH verwiesen hat, ist aus dieser Randnummer kein Vorwurf der Kommission zu entnehmen, EPH oder Herr M. seien für diese Indiskretionen verantwortlich. Weiterhin ergibt sich aus Rn. 14 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der die Kommission auf „die besondere Situation, in der [in der inländischen Presse] über die drohende Nachprüfung durch die Kommission berichtet wurde“, Bezug nimmt, dass die Kommission im Zusammenhang mit den fraglichen nachfolgenden Schwierigkeiten den Hinweis der Inspektoren gegenüber Herrn J. auf die Mitwirkungspflicht bei der Nachprüfung betont. 89 Zweitens hat die Kommission jedenfalls weder in der Mitteilung zusätzlicher Beschwerdepunkte vom 15. Juli 2011 noch in dem angefochtenen Beschluss die Ansicht vertreten, die Klägerinnen seien für die Indiskretionen verantwortlich. Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Indiskretionen nicht in dem angefochtenen Beschluss erwähnt wurden. Die einzige Bezugnahme auf den fraglichen Presseartikel findet sich im 101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem auf die von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente zu den besonderen Umständen eingegangen wird und in dem es heißt: „Herr [M.], der Public-Relations-Experte der Klägerinnen, war auch ihr Sprecher. Auch wenn er selbst keine geschäftlichen Entscheidungen trifft, besteht doch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass er über wichtige geschäftliche Fragen informiert ist. Im Übrigen hat er einen Tag vor der Nachprüfung in seiner Eigenschaft als Sprecher der Parteien eine Presseerklärung abgegeben, in der er äußerte, dass er die Eröffnung einer kartellrechtlichen Untersuchung auf dem tschechischen Elektrizitätsmarkt befürchte.“ 90 Die Kommission hat daher das Vorbringen, Herr M. sei nicht an den Geschäftstätigkeiten der Klägerinnen beteiligt, verworfen, und sie hat mit keinem Wort Indiskretionen hinsichtlich der Nachprüfung erwähnt. Die Indiskretionen gehörten mithin nicht zu den Gesichtspunkten, die die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt hat. Außerdem wird in dem angefochtenen Beschluss nicht behauptet, die Klägerinnen seien vor der Nachprüfung vorgewarnt worden. Der Umstand, dass die Entsperrung des E-Mail-Kontos von Herrn M. als eine fahrlässig begangene Zuwiderhandlung betrachtet wurde (70. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) zeigt, dass die Kommission dessen angebliche Kenntnis von der Nachprüfung nicht berücksichtigt hat. 91 Drittens handelt es sich bei dem Argument, die Voreingenommenheit der Kommission gegenüber den Klägerinnen erkläre, „warum sie während der Nachprüfung und des Verwaltungsverfahrens ohne ersichtlichen Grund weiter insistiert [habe]“, um eine bloße Behauptung, die durch keinerlei Beweise untermauert wird. 92 Viertens kann auch das Vorbringen zur mangelnden Sorgfalt der Kommission und zu den begrenzten Auswirkungen der angeblichen Nichtduldung der Nachprüfung und anderer Verwaltungsverfahren nicht durchdringen. Dieses Vorbringen entspricht nämlich im Wesentlichen dem Vorbringen, das bereits bei der Prüfung des zweiten Klagegrundes zurückgewiesen wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwei Vorfälle nachgewiesen hat, die Verstöße gegen Verfahrensvorschriften darstellten und deren tatsächliche Umstände von den Klägerinnen vor dem Gericht nicht bestritten wurden. 93 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission während des Verwaltungsverfahrens nicht gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen hat. Somit ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße 94 Da die ersten drei Klagegründe zurückgewiesen worden sind, ist nunmehr der vierte, hilfsweise vorgebrachte Klagegrund zu prüfen. 95 Soweit die Klägerinnen vorbringen, sie verstünden nicht, wie der Betrag der Geldbuße in dem angefochtenen Beschluss berechnet worden sei, ist nach Auffassung des Gerichts als Erstes zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss diesbezüglich einen Begründungsfehler aufweist. 96 Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2010:516, Rn. 277 und die dort angeführte Rechtsprechung). 97 Die Kommission hat sich vorliegend bei der Festsetzung der Höhe der fraglichen Geldbuße u. a. auf die Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gestützt. Das Vorbringen der Klägerinnen zum Nachweis des Vorliegens mildernder Umstände hat sie zurückgewiesen (Erwägungsgründe 83 bis 103 des angefochtenen Beschlusses). 98 Die Kommission hob hierzu erstens hervor, es sei wichtig, eine Geldbuße mit abschreckender Wirkung zu verhängen, um sicherzustellen, dass es für das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen nicht vorteilhafter sei, E-Mails zu fälschen, um eine hohe Geldbuße wegen einer Verletzung materiellen Rechts zu vermeiden (83. Erwägungsgrund). Zweitens wies sie auf die besondere Natur elektronischer Dokumente hin, die ihrer Ansicht nach eher als Papierdokumente manipuliert werden könnten (Erwägungsgründe 83 und 87). Drittens setze sich die fragliche Zuwiderhandlung aus zwei getrennten Vorfällen zusammen (88. Erwägungsgrund), und auch wenn einer dieser Vorfälle fahrlässig begangen worden sei, ändere dies nichts an der Schwere dieser Zuwiderhandlung (89. Erwägungsgrund). Viertens habe die Zuwiderhandlung während eines erheblichen Teils der Nachprüfung angedauert (90. Erwägungsgrund). 99 Sodann hat die Kommission das Vorbringen der Klägerin betreffend mildernde Umstände zurückgewiesen. Hierzu hat sie zum einen den Standpunkt eingenommen, dass die Klägerinnen Kenntnisse im Wettbewerbsrecht hätten und dass EPH ein wichtiger Akteur im Energiesektor sei (Erwägungsgründe 92 bis 98 des angefochtenen Beschlusses). Zum anderen hat sie das Vorbringen der Klägerinnen, weder Herr J. noch Herr M. seien an den Geschäftstätigkeiten der Klägerinnen beteiligt gewesen, als nicht stichhaltig zurückgewiesen (Erwägungsgründe 99 bis 101 des angefochtenen Beschlusses). Schließlich hat sie auf die begrenzte Kooperation der Klägerinnen bei der Feststellung der fraglichen Zuwiderhandlung hingewiesen (102. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 100 Infolgedessen ist das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe in dem angefochtenen Beschluss nicht erläutert, warum sie der Ansicht sei, dass den von ihnen vorgebrachten Gesichtspunkten nicht Rechnung zu tragen sei, zurückzuweisen. 101 Da die Kommission zu Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 keine Leitlinien mit einer Berechnungsmethode erlassen hat, an die sie bei der Festsetzung von Geldbußen nach dieser Bestimmung gebunden wäre, und da ihre Überlegungen im angefochtenen Beschluss klar und eindeutig zum Ausdruck kommen, brauchte sie den Grundbetrag der Geldbuße oder die etwaigen erschwerenden bzw. mildernden Umstände weder in absoluten Zahlen noch prozentual zu beziffern. Die Rüge der angeblich unzureichenden Begründung des angefochtenen Beschlusses ist daher zurückzuweisen. 102 Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei unverhältnismäßig. In einem ersten Teil wenden sie sich gegen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung. In einem zweiten Teil führen sie mildernde Umstände an, die von der Kommission nicht angemessen berücksichtigt worden seien. In einem dritten Teil führen sie die Gründe für ihre Ansicht an, dass der Betrag der Geldbuße überhöht sei. 103 Die Kommission beantragt, das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen. 104 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Handlungen der Organe nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten berechtigten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende anzuwenden ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2010:516, Rn. 286 und die dort angeführte Rechtsprechung). 105 Folglich dürfen die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, d. h. zur Beachtung der Wettbewerbsregeln, stehen, und die Geldbuße, die gegen ein Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs verhängt wird, muss in angemessenem Verhältnis zu der Zuwiderhandlung als Ganzes unter Berücksichtigung u. a. ihrer Schwere stehen. Dabei ist die Schwere einer Zuwiderhandlung nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung zahlreicher Faktoren zu bestimmen, hinsichtlich deren die Kommission über ein Ermessen verfügt (vgl. Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2010:516, Rn. 287 und die dort angeführte Rechtsprechung). 106 Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 85 bis 89 des angefochtenen Beschlusses die Gründe dargelegt, aus denen sie davon ausging, dass die fragliche Zuwiderhandlung insgesamt eine schwere Zuwiderhandlung sei. 107 Erstens ist, wie oben in Rn. 66 dargelegt, festzustellen, dass die Befugnis zur Durchführung von Nachprüfungen von besonderer Bedeutung für die Aufdeckung von Zuwiderhandlungen gemäß den Art. 101 AEUV und 102 AEUV ist. Die Kommission hat daher im 86. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass der Gesetzgeber für die Nichtduldung einer Nachprüfung in der Verordnung Nr. 1/2003 schärfere Sanktionen als nach der alten Regelung vorgesehen hat, um der besonders schwerwiegenden Natur dieses Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften Rechnung zu tragen. Ebenso durfte sie das Erfordernis berücksichtigen, eine hinreichende Abschreckungswirkung sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg, EU:C:1983:158, Rn. 108), damit Unternehmen es nicht als für sie lohnend ansehen können, elektronische Dokumente im Rahmen einer Nachprüfung nur teilweise zu übermitteln, um die Kommission daran zu hindern, auf der Grundlage dieser Beweise eine Verletzung materiellen Rechts festzustellen. 108 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kommt dieser abschreckenden Wirkung für elektronische Dateien umso größere Bedeutung zu, als diese aufgrund ihrer besonderen Natur leichter und schneller manipuliert werden können als Dokumente in Papierform. Auch wenn, wie die Klägerinnen vorgetragen haben, die Löschung elektronischer Dateien in einem E‑Mail-Konto nicht immer irreversibel ist, da diese über andere elektronische Medien wiederhergestellt werden könnten – was im Übrigen auch bei bestimmten geschredderten physischen Dokumenten möglich ist –, steht dennoch außer Zweifel, dass ihre leichte Manipulierbarkeit die Effizienz einer Nachprüfung in besonderem Maß beeinträchtigt. Dokumente in Papierform verbleiben nach ihrer Beschlagnahme durch die Inspektoren während der Dauer der Nachprüfung physisch unter deren Kontrolle. Elektronische Dateien können dagegen selbst in Anwesenheit der Inspektoren schnell versteckt werden. Diese wissen mithin nicht, ob sie Zugang zu vollständigen und intakten elektronischen Daten haben. Als die Inspektoren im vorliegenden Fall das angeblich gesperrte E-Mail-Konto von Herrn J. prüften, wussten sie nicht, dass die eingehenden E-Mails bis zum letzten Tag der Nachprüfung auf den Server umgeleitet worden waren. Die Kommission hat demnach im 87. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses rechtsfehlerfrei festgestellt, dass dann, wenn ein Unternehmen die Anweisungen der Inspektoren, wonach E‑Mail-Konten für ihre Inhaber unzugänglich und für die Inspektoren vollständig zugänglich sein sollen, nicht einhält, diese Nichtbeachtung schon ihrer Art nach als ein schwerer Verstoß gegen die den Unternehmen bei einer Nachprüfung obliegenden Verfahrenspflichten anzusehen ist. 109 Zweitens können die Klägerinnen, da sie im Rahmen der vorangegangenen Klagegründe keinen Sorgfaltsmangel nachgewiesen haben, im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht geltend machen, die Kommission hätte ihre mangelnde Kenntnis des Wettbewerbsrechts der Union oder ihre begrenzten Ressourcen berücksichtigen müssen. Ihr Argument, der angefochtene Beschluss könne, da es sich um die erste Entscheidung zur Nichtduldung einer mit der Durchsuchung elektronischer Dateien verbundenen Nachprüfung handele, aufgrund dieses angeblichen Sorgfaltsmangels keinen Präzedenzfall darstellen, ist ebenfalls zurückzuweisen. 110 Zunächst sind die Klägerinnen nämlich, wie oben in den Rn. 70 und 73 festgestellt wurde, vom Beginn der Nachprüfung an klar über ihre Mitwirkungspflicht und ihr Recht, die Dienste eines Anwalts in Anspruch zu nehmen, in Kenntnis gesetzt worden. Ab dem Nachmittag des zweiten Tages der Nachprüfung waren entsprechend spezialisierte externe Anwälte in den Räumlichkeiten der Klägerinnen anwesend (Erwägungsgründe 97 und 98 des angefochtenen Beschlusses). Ferner hätten die von den Klägerinnen vorgetragenen Gesichtspunkte zu ihrer geringen Größe, ihren vernachlässigbaren grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten und ihrer kurz vor der Nachprüfung erfolgten Gründung ‐ unterstellt, sie wären erwiesen – keinen Einfluss auf die vorliegend unter Verstoß gegen die eindeutigen Anweisungen der Inspektoren erfolgte unvollständige Zurverfügungstellung der E-Mail-Konten haben können. Die Kommission hat das gesamte Vorbringen der Klägerinnen daher zu Recht zurückgewiesen (93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich kann auch das Vorbringen zur angeblichen Neuartigkeit ihrer Zuwiderhandlung nicht durchdringen, da die Möglichkeit der Durchsuchung elektronischer Dateien in den Erläuterungen ausdrücklich aufgeführt (siehe oben, Rn. 73) und die Mitwirkungspflicht im Rahmen dieser Durchsuchung in dem Nachprüfungsbeschluss ausführlich beschrieben worden war. 111 Drittens kann unter den vorliegenden Umständen eine Geldbuße in Höhe von 2500000 Euro entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht als im Hinblick auf ihre Größe unverhältnismäßig angesehen werden. Nach Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 ist die Kommission befugt, gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 1 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes festzusetzen, wenn sie gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Wie im 103. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt wurde, entspricht die den Klägerinnen auferlegte Geldbuße 0,25 % des Jahresumsatzes von EPH im Jahr 2010. Der Betrag dieses Umsatzes, der sich auf 990700000 Euro belief (dritter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ist von den Klägerinnen während des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt worden. Die Klägerinnen haben keinen Beleg dafür beigebracht, dass die Höhe der Geldbuße im Hinblick auf ihre Größe als solche unverhältnismäßig gewesen wäre. 112 Zum einen haben die Klägerinnen für das Vorbringen, mit dem sie ihren an der Produktion gemessenen Marktanteil von 6,9 %, wie er in dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegt wurde (95. Erwägungsgrund), bestreiten, keine überzeugenden Beweise beigebracht. Sie zitieren eine von ihnen während des Verwaltungsverfahrens vorgelegte Präsentation, in der für den Zeitpunkt der Nachprüfung ein an der „installierten Kapazität“ gemessener Anteil von 1,7 % und für das Jahr 2012 ein Anteil von 6,7 % angegeben wird, ohne jedoch die Daten zur Überprüfung dieser Berechnung und die Quelle dieser Daten zu übermitteln. Sie behaupten lediglich, dass sie „zum Zeitpunkt der Nachprüfung noch kein wichtiger Akteur im Energiesektor“ gewesen seien (95. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Jedenfalls wird die Größe der Klägerinnen insoweit berücksichtigt, als in Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Obergrenze von 1 % ihres Umsatzes festgesetzt wird. 113 Zum anderen ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass die auferlegte Geldbuße, die 0,25 % des relevanten Umsatzes entspreche, im Vergleich zu der von der Kommission gegen die E.ON Energie AG (Sache COMP/B-1/39.326 – E.ON Energie AG) festgesetzten Geldbuße, die nur 0,14 % des relevanten Umsatzes entspreche und geringer als die vorliegend festgesetzte Geldbuße sei, obwohl erschwerende Umstände vorgelegen hätten und in diesem Fall eine offensichtlichere und ernstere Zuwiderhandlung begangen worden sei, nämlich ein Siegelbruch, unverhältnismäßig hoch sei. Im letztgenannten Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass es sich bei einer Zuwiderhandlung in Form eines Siegelbruchs, durch den Zweifel an der Unversehrtheit der Beweismittel in dem versiegelten Raum geweckt werden, ihrem Wesen nach um eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung handelt (Urteil E.ON Energie/Kommission, oben in Rn. 37 angeführt, EU:C:2012:738, Rn. 128 und 129). Entsprechende Erwägungen gelten für den vorliegenden Fall, da die Art. 20 Abs. 2 Buchst. b und 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ziel haben, Nachprüfungen vor der Gefährdung zu schützen, die von einer mangelnden Unversehrtheit der von den Inspektoren gesammelten Geschäftsdaten ausgeht. Anders als im Fall von E.ON betrafen die Umstände, die zu dem angefochtenen Beschluss führten, zwei getrennte Vorfälle, wobei in einem dieser Fälle vorsätzlich gehandelt worden war. 114 Jedenfalls kann die Tatsache, dass die Kommission für bestimmte Zuwiderhandlungen in der Vergangenheit Geldbußen in bestimmter Höhe verhängte, ihr nicht die Möglichkeit nehmen, diese Geldbußen in den Grenzen der Verordnung Nr. 1/2003 zu erhöhen, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der Wettbewerbspolitik der Union sicherzustellen. Die effiziente Anwendung dieser Regeln verlangt nämlich, dass die Kommission die Höhe der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Rn. 107 angeführt, EU:C:1983:158, Rn. 109). 115 Viertens hat die Kommission im Hinblick auf die Berücksichtigung der Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung im 90. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass die Zuwiderhandlung „während eines erheblichen Teils der Nachprüfung in den Räumlichkeiten von EPIA und EPH angedauert [hat,] [dass] das E‑Mail-Konto von Herrn [M.] vom ersten bis zum zweiten Tag entsperrt worden [ist] und die E-Mails von Herrn [J.] vom zweiten bis zum dritten Tag umgeleitet worden [sind und dass je] länger die Entsperrung eines E-Mails-Kontos oder die Umleitung von E-Mails andauert, desto größer …das Risiko der Fälschung von E‑Mails [ist]“. 116 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen ist. In dieser Bestimmung wird keine Unterscheidung zwischen Geldbußen getroffen, die wegen Verletzungen materiellen Rechts auferlegt werden, und solchen, die wegen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften auferlegt werden. Die Kommission war daher entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen berechtigt, bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Dauer des fraglichen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften zu berücksichtigen. 117 Sodann ist das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe ihre Einschätzung, dass die Zuwiderhandlung während eines erheblichen Teils der Nachprüfung angedauert habe, nicht begründet. Wie den vorstehenden Rn. 101 und 115 zu entnehmen ist, hat die Kommission ihre Auffassung zur Festsetzung der streitigen Geldbuße u. a. durch den Hinweis, dass die Dauer das Risiko der Fälschung der elektronischen Daten erhöht habe, rechtlich hinreichend begründet. Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission abermals betont, dass die Dauer der beiden Vorfälle einen unmittelbaren Einfluss auf die fragliche Zuwiderhandlung gehabt habe, denn je länger diese angedauert hätten, desto größer sei die Gefahr gewesen, dass die Inspektoren die erwarteten Dateien nicht in den E-Mail-Konten hätten finden könnten. 118 Schließlich ist das Argument zurückzuweisen, die Kommission hätte bei der Feststellung der Dauer der Zuwiderhandlung die umfassende Kooperation der Klägerinnen mit den Inspektoren berücksichtigen müssen. Aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes ergibt sich, dass die Kommission diese Zuwiderhandlung auf der Grundlage objektiver und nicht vor Gericht angefochtener Beweise festgestellt hat. Der Umstand, dass die Klägerinnen, wie sie in Nr. 57 der Erwiderung geltend machen, auf andere Art und Weise bei der Nachprüfung kooperiert haben, kann weder Einfluss auf die Beurteilung der Dauer der beiden die Zuwiderhandlung darstellenden Vorfälle noch auf die Berücksichtigung mildernder Umstände haben. Es ist festzustellen, dass eine solche Kooperation nicht über ihre Pflicht zur Duldung der Nachprüfung (siehe oben, Rn. 40) hinausging. 119 Drittens genügt hinsichtlich der von den Klägerinnen geltend gemachten mildernden Umstände zunächst die Feststellung, dass in den vorstehenden Rn. 111 und 112 identische Argumente zu ihrer Größe und ihrer Bedeutung im Energiesektor im fraglichen Zeitraum bereits zurückgewiesen worden sind. Da der Größe der Klägerinnen durch die Obergrenze von 1 % ihres Umsatzes Rechnung getragen wird, rechtfertigt sie für sich genommen keine Herabsetzung der auferlegten Geldbuße. 120 Des Weiteren ist zu dem Vorbringen der Klägerinnen, ihre Kooperation habe den Inspektoren die Feststellung der Umstände gestattet, unter denen die Zuwiderhandlung begangen worden sei, festzustellen, dass die Kommission diesem Umstand in dem angefochtenen Beschluss Rechnung getragen hat, die Klägerinnen jedoch geltend machen, dass diese Berücksichtigung nicht angemessen sei. 121 Im 102. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird ausgeführt: „…[D]ie Kommission [berücksichtigt] bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße den Umstand, dass die Parteien auf eine Weise kooperiert haben, die es der Kommission ermöglicht hat, die Umstände der Nichtduldung der Nachprüfung in Bezug auf die E-Mails nachzuvollziehen: Der im Namen der Parteien handelnde Leiter der IT‑Abteilung hat das Protokoll unterzeichnet, in dem die Entsperrung des E-Mail-Kontos und die Umleitung der E-Mails beschrieben werden, und nach der Nachprüfung wurde ferner von den Parteien ein Schreiben versandt, in dem sie anerkannten, dass sowohl die Umleitung der E-Mails als auch die Entsperrung eines E-Mail-Kontos während der Nachprüfung erfolgt ist. Zugleich ist festzuhalten, dass Herr [H.] die begangenen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften nicht spontan, sondern erst dann zugegeben hat, als die Inspektoren Beweise für die Nichtduldung der Nachprüfung gefunden hatten (nämlich die Tatsache, dass das Konto von Herrn [M.] nicht mehr eingesehen werden konnte und dass die E‑Mails nicht mehr in die Inbox von Herrn [J.] gelangten). Auch haben die Parteien zwar bestimmte Sachverhalte nicht abgestritten, doch haben sie den Beweiswert des unterzeichneten Protokolls in Frage gestellt und waren generell bemüht, das Vorliegen jeglichen Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften in Zweifel zu ziehen.“ 122 Die beiden die vorliegende Zuwiderhandlung darstellenden Vorfälle sind den Inspektoren nicht von den Klägerinnen zur Kenntnis gebracht worden. Die Inspektoren haben in beiden Fällen eine Unregelmäßigkeit in den angeblich unter ihrer Kontrolle befindlichen E-Mail-Konten bemerkt und mussten untersuchen, aus welchen Gründen es zu einer Unterbrechung ihres Zugangs zu den E-Mails gekommen war (siehe oben, Rn. 11 und 14). Weiterhin haben die Klägerinnen den Beweiswert des Protokolls (siehe oben, Rn. 12) in Frage gestellt, jedoch nicht vor dem Gericht (siehe oben, Rn. 34). Da derzeit keine Leitlinien zur Festsetzung der Höhe von Geldbußen verfahrensrechtlicher Art existieren, der angefochtene Beschluss rechtlich hinreichend begründet ist (siehe oben, Rn. 101), sowie in Anbetracht des unklaren Verhaltens der Klägerinnen bei der Feststellung der Umstände zur Nichtduldung der Nachprüfung ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission die Kooperation der Klägerinnen bei der Festsetzung der Geldbuße ausreichend berücksichtigt hat. 123 Hinsichtlich des Arguments, die Nachprüfung sei weder erforderlich noch gerechtfertigt gewesen, da es keinerlei objektive Beweise für die Stichhaltigkeit des Verfahrens gebe, ist schließlich auf die Erwägungen oben in Rn. 55 zu verweisen. Darüber hinaus haben sich die Klägerinnen dem Nachprüfungsbeschluss, wie sie in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, weder während des Verwaltungsverfahrens noch vor Gericht widersetzt (siehe oben, Rn. 4). 124 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die den Klägerinnen auferlegte Geldbuße nicht unverhältnismäßig ist. 125 Folglich ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Kosten 126 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 127 Da die Klägerinnen mit ihren Anträgen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Energetický a průmyslový holding a.s. und die EP Investment Advisors s.r.o. tragen die Kosten. Frimodt Nielsen Dehousse Collins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. November 2014. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Rechtlicher Rahmen Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 Zur fahrlässigen Gewährung des Zugangs zu einem gesperrten E-Mail-Konto Zur vorsätzlichen Umleitung eingehender E-Mails auf einen Server Zum ersten und zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte und Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung Zum ersten Klagegrund Zum dritten Klagegrund Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 23. September 2014. # Groupe Léa Nature gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle). # Rechtssache T-341/13.
62013TJ0341
ECLI:EU:T:2014:802
2014-09-23T00:00:00
Gericht
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Beschluss des Gerichts (Dritte Kammer) vom 2. September 2014.#Verein Natura Havel e.V. und Hans-Peter Vierhaus gegen Europäische Kommission.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1409/2001 – Aufforderungsschreiben im Rahmen eines laufenden Vertragsverletzungsverfahrens betreffend die Vereinbarkeit des deutschen Luftverkehrsrechts mit dem Unionsrecht – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten – Teilweise offensichtlich unzulässige und teilweise offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrende Klage.#Rechtssache T‑538/13.
62013TO0538
ECLI:EU:T:2014:738
2014-09-02T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 18. September 2014.#Aguy Clement Georgias u. a. gegen Rat der Europäischen Union und Europäische Kommission.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Einrichtungen im Hinblick auf die Situation in Simbabwe – Einfrieren von Geldern – Außervertragliche Haftung – Kausalzusammenhang – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die Einzelpersonen Rechte verleiht – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht.#Rechtssache T‑168/12.
62012TJ0168
ECLI:EU:T:2014:781
2014-09-18T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62012TJ0168 URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer) 18. September 2014 (*1) „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik — Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Einrichtungen im Hinblick auf die Situation in Simbabwe — Einfrieren von Geldern — Außervertragliche Haftung — Kausalzusammenhang — Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die Einzelpersonen Rechte verleiht — Offensichtlicher Beurteilungsfehler — Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑168/12 Aguy Clement Georgias, wohnhaft in Harare (Zimbabwe), Trinity Engineering (Private) Ltd mit Sitz in Harare, Georgiadis Trucking (Private) Ltd mit Sitz in Harare, Prozessbevollmächtigte: zunächst M. Robson, E. Goulder, Solicitors, und H. Mercer, QC, dann M. Robson, H. Mercer und I. Quirk, Barrister, Kläger, gegen Rat der Europäischen Union, vertreten durch B. Driessen und G. Étienne als Bevollmächtigte, und Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis und S. Bartelt als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Ersatz des Schadens, der den Klägern infolge des Erlasses der Verordnung (EG) Nr. 412/2007 der Kommission vom 16. April 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 314/2004 über bestimmte restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe (ABl. L 101, S. 6) entstanden sein soll, erlässt DAS GERICHT (Achte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter) sowie der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter, Kanzler: J. Weychert, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2014 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 In seinem Gemeinsamen Standpunkt 2002/145/GASP vom 18. Februar 2002 über restriktive Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 50, S. 1), der auf der Grundlage von Art. 15 EU-Vertrag in der vor dem Vertrag von Lissabon geltenden Fassung erlassen wurde, brachte der Rat der Europäischen Union seine tiefe Sorge über die Lage in Simbabwe, insbesondere die von der Regierung von Simbabwe begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen, u. a. die Verletzung des Rechts auf Meinungsfreiheit, des Rechts auf Vereinigungsfreiheit und des Rechts, sich friedlich zu versammeln, zum Ausdruck. Er verhängte deshalb fortlaufend zu überprüfende restriktive Maßnahmen für einen Zeitraum von zwölf Monaten, der verlängert werden konnte. 2 Der Gemeinsame Standpunkt 2004/161/GASP des Rates vom 19. Februar 2004 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 50, S. 66) sah eine Verlängerung der mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2002/145 eingeführten restriktiven Maßnahmen vor. Er bestimmt u. a. in seinem Art. 4 Abs. 1, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den im Anhang aufgeführten Personen, die an Handlungen beteiligt sind, die die Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in Simbabwe ernsthaft untergraben, die Einreise in ihr Hoheitsgebiet oder die Durchreise zu verweigern. Sein Art. 5 Abs. 1 sieht im Übrigen vor, dass „[s]ämtliche Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die einzelnen Mitgliedern der Regierung von Simbabwe und mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen gehören, wie sie im Anhang aufgeführt sind, … eingefroren [werden]“. Schließlich bestimmt sein Art. 6, dass „[d]er Rat … je nach den politischen Entwicklungen in Simbabwe auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder der Kommission Änderungen an der Liste im Anhang vor[nimmt]“. 3 Gemäß seinem Art. 8 Abs. 2 galt der Gemeinsame Standpunkt 2004/161 ab dem 21. Februar 2004. Sein Art. 9 sah vor, dass er für einen Zeitraum von zwölf Monaten galt und dass er fortlaufend überprüft wurde. Nach demselben Artikel musste er „verlängert oder gegebenenfalls geändert [werden], wenn der Rat der Auffassung [war], dass die mit ihm verfolgten Ziele nicht erreicht wurden“. 4 Seine Geltungsdauer wurde sodann durch den Gemeinsamen Standpunkt 2005/146/GASP des Rates vom 21. Februar 2005 zur Verlängerung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 (ABl. L 49, S. 30) bis zum 20. Februar 2006, durch den Gemeinsamen Standpunkt 2006/51/GASP des Rates vom 30. Januar 2006 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 26, S. 28) bis zum 20. Februar 2007, durch den Gemeinsamen Standpunkt 2007/120/GASP des Rates vom 19. Februar 2007 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 51, S. 25) bis zum 20. Februar 2008, durch den Gemeinsamen Standpunkt 2008/135/ GASP des Rates vom 18. Februar 2008 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 43, S. 39) bis zum 20. Februar 2009, durch den Gemeinsamen Standpunkt 2009/68/GASP des Rates vom 26. Januar 2009 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 23, S. 43) bis zum 20. Februar 2010 und schließlich durch den Beschluss 2010/92/GASP des Rates vom 15. Februar 2010 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 41, S. 6) bis zum 20. Februar 2011 verlängert. 5 Die Verordnung (EG) Nr. 314/2004 des Rates vom 19. Februar 2004 über bestimmte restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe wurde, wie in ihrem fünften Erwägungsgrund erläutert wird, erlassen, um die in dem Gemeinsamen Standpunkt 2004/161 vorgesehenen restriktiven Maßnahmen umzusetzen. Sie sieht u. a. in ihrem Art. 6 Abs. 1 vor, dass sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die einzelnen Mitgliedern der Regierung von Simbabwe und mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, wie sie in Anhang III dieser Verordnung aufgeführt sind, gehören, eingefroren werden. Nach Art. 11 Buchst. b dieser Verordnung wird die Kommission ermächtigt, Anhang III dieser Verordnung auf der Grundlage von Beschlüssen in Bezug auf den Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2004/161 zu ändern. 6 Der erste Kläger, Herr Aguy Clement Georgias, ist ein simbabwischer Geschäftsmann. Er ist Eigentümer und Generaldirektor der zweiten Klägerin, der Trinity Engineering (Private) Ltd. Die dritte Klägerin, die Georgiadis Trucking (Private) Ltd, ist eine Zweigniederlassung der zweiten Klägerin. Der erste Kläger ist auch deren Generaldirektor. 7 Am 29. November 2005 wurde der erste Kläger vom Präsidenten der Republik Simbabwe zum nicht gewählten Senator im Senat von Simbabwe ernannt. Am 6. Februar 2007 ernannte ihn der Präsident der Republik Simbabwe zum Stellvertretenden Minister für Wirtschaftsentwicklung. 8 Mit dem Beschluss 2007/235/GASP des Rates vom 16. April 2007 zur Durchführung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 (ABl. L 101, S. 14) wurde der Anhang dieses Letzteren geändert, indem u. a. in Bezug auf den ersten Kläger der Eintrag „Georgias, Aguy; Stellvertretender Minister für Wirtschaftsentwicklung, geb. 22.6.1935“ hinzugefügt wurde. Die Kommission erließ am selben Tag die Verordnung (EG) Nr. 412/2007 vom 16. April 2007 zur Änderung der Verordnung Nr. 314/2004 (ABl. L 101, S. 6), mit der Anhang III dieser letztgenannten Verordnung geändert wurde. Der so geänderte Anhang umfasst u. a. einen Eintrag zum ersten Kläger, der mit dem ursprünglichen Eintrag gleichlautend ist. 9 Am 25. Mai 2007 traf der erste Kläger am Flughafen Heathrow (Vereinigtes Königreich) ein, um seine in England lebende Familie zu treffen und dann am nächsten Tag nach New York (Vereinigte Staaten) zu fliegen. Ihm wurde die Einreise in das Vereinigte Königreich und die Weiterreise über die Flughäfen dieses Landes nach New York verweigert, und er war gezwungen, die Nacht in Haft an dem genannten Flughafen zu verbringen und am nächsten Tag nach Harare (Simbabwe) zurückzufliegen. 10 Mit Beschluss 2007/455/GASP des Rates vom 25. Juni 2007 zur Durchführung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 (ABl. L 172, S. 89) wurde der Anhang dieses Gemeinsamen Standpunkts erneut geändert. Der folgende Satz wurde dem oben in Rn. 8 genannten, den ersten Kläger betreffenden Eintrag hinzugefügt: „Regierungsmitglied; als solches an Handlungen beteiligt, die die Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit ernsthaft untergraben.“ 11 Die Kommission änderte mit ihrer Verordnung (EG) Nr. 777/2007 vom 2. Juli 2007 zur Änderung der Verordnung Nr. 314/2004 (ABl. L 173, S. 3) noch einmal Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004. Der Name des ersten Klägers war weiterhin dort aufgeführt, nunmehr mit einem Eintrag, der mit dem oben in Rn. 10 wiedergegebenen Eintrag identisch war. 12 Mit dem Beschluss 2011/101/GASP des Rates vom 15. Februar 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Simbabwe (ABl. L 42, S. 6) wurde der Gemeinsame Standpunkt 2004/161 aufgehoben. Dieser Beschluss sah gegenüber Personen, deren Namen in seinem Anhang aufgeführt waren, restriktive Maßnahmen vor, die denjenigen entsprachen, die im Gemeinsamen Standpunkt 2004/161 vorgesehen waren. Der Name des ersten Klägers war jedoch nicht im Anhang dieses Beschlusses aufgeführt. Die Kommission erließ dann die Verordnung (EU) Nr. 174/2011 vom 23. Februar 2011 zur Änderung der Verordnung Nr. 314/2004 (ABl. L 49, S. 23), die Anhang III der letztgenannten Verordnung durch einen neuen Anhang ersetzte, der den Namen des ersten Klägers nicht mehr enthielt. Verfahren und Anträge der Parteien 13 Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 13. April 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 14 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, reichten die Kläger einen Antrag nach Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren ein. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 25. Mai 2012 zurückgewiesen. 15 Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der ursprünglich bestimmte Berichterstatter der Achten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. 16 Das Gericht (Achte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. 17 Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. April 2014 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 18 Die Kläger beantragen, — die Europäische Union, die Kommission und/oder den Rat zum Ersatz des entstandenen Schadens zu verurteilen, indem ihnen als Ausgleich folgende oder andere vom Gericht für angemessen erachtete Beträge gezahlt werden, nämlich 374986,57 Euro oder ein Äquivalent an den ersten Kläger, außerdem einen als für den immateriellen Schaden angemessen erachteten Betrag; 469520,24 Euro oder ein Äquivalent an die zweite Klägerin und 5 627 020 Euro oder ein Äquivalent an die dritte Klägerin; — falls und soweit das Gericht es für notwendig erachtet, die Ermittlung des den Klägern entstandenen Schadens anzuordnen; — der Kommission und/oder dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. 19 In der Erwiderung haben die Kläger den ursprünglich als Schadensersatz für die zweite Klägerin geforderten Betrag auf 462626 Euro korrigiert. Außerdem haben sie darauf hingewiesen, dass sie, auch wenn es Sache des Gerichts sei, die Höhe einer angemessenen Entschädigung für einen immateriellen Schaden zu ermitteln, die folgenden Beträge als angemessenen Ausgleich für einen dem ersten Kläger entstandenen Schaden dieser Art betrachteten: — 500 Euro dafür, dass er eine Nacht im Gefängnis am Flughafen Heathrow verbringen musste (oben, Rn. 9); — 10000 Euro für die Verschlechterung seines Gesundheitszustands. 20 Der Rat und die Kommission beantragen, — die Klage abzuweisen; — den Klägern die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Darlegung des Schadens, für den Ersatz beantragt wird 21 Nach dem Vorbringen der Kläger besteht der Schaden, für den im vorliegenden Verfahren Ersatz beantragt wird, hinsichtlich des ersten Klägers: — aus Reise- und Hotelkosten in Höhe von insgesamt 9689 US‑Dollar (USD), die er dadurch verloren habe, dass er seine Reise nach New York nach seiner Inhaftierung am Flughafen Heathrow habe abbrechen müssen (oben, Rn. 9); — aus Kosten für medizinische Behandlungen in Höhe von 221766,74 USD, die für ihn aufgrund der Verschlechterung seines Gesundheitszustands angefallen seien, die auf den persönlichen Stress zurückzuführen sei, der durch das Einfrieren seines Vermögens, durch die Auswirkungen dieses Einfrierens auf sein Berufsleben und auf die Möglichkeit, für den Unterhalt seiner Familie aufzukommen, und durch seine Inhaftierung am Flughafen Heathrow ausgelöst worden sei; — aus Gerichtskosten in Höhe von 67879,30 Pfund Sterling (GBP), die für die Anfechtung der Entscheidung der Behörden des Vereinigten Königreichs, ihm die Einreise in sein Hoheitsgebiet oder die Durchreise über seine Flughäfen zu verweigern, vor den zuständigen Gerichten dieses Mitgliedstaats aufgewendet worden seien; — aus Gerichtskosten in Höhe von 74097,72 GBP, die im Rahmen der Schritte, die unternommen worden seien, damit sein Name aus Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 gestrichen werde, aufgewendet worden seien; — aus Kosten für Werbung in Höhe von 9696,43 USD, die aufgewendet worden seien, um die negativen Auswirkungen des Einfrierens seiner Vermögenswerte auf sein berufliches Ansehen auszugleichen und somit die Verluste seiner Unternehmen zu verringern; — aus einem immateriellen Schaden aufgrund der Verschlechterung seines Gesundheitszustands und seiner Inhaftierung in einer Gefängniszelle am Flughafen Heathrow. 22 Was die zweite und die dritte Klägerin betrifft, so besteht der Schaden, für den Ersatz verlangt wird, aus geschäftlichen Verlusten, die mit 605675 USD bzw. 7375000 USD beziffert werden und die ihnen aufgrund „extraterritorialer Wirkungen“ der Verordnung Nr. 314/2004 entstanden sein sollen, die einige ihrer Geschäftspartner dazu veranlasst hätten, keine Geschäfte mehr mit ihnen zu schließen. 23 Die Klägerinnen erläutern, dass sie den Schaden in USD bewertet hätten. Die so ermittelten Beträge, umgerechnet in Euro, entsprächen den in ihren Anträgen genannten Beträgen, wie sie in der Erwiderung korrigiert wurden (siehe oben, Rn. 18 und 19). Hinweis auf die Rechtsprechung betreffend Schadensersatzklagen nach Art. 340 Abs. 2 AEUV 24 Nach gefestigter Rechtsprechung hängt die Begründetheit einer Schadensersatzklage nach Art. 340 Abs. 2 AEUV von der Erfüllung mehrerer Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens sowie dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Rn. 16, und Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T-175/94, Slg. 1996, II-729, Rn. 44). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C-146/91, Slg. 1994, I-4199, Rn. 19 und 81, und Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T-279/03, Slg. 2006, II-1291, Rn. 77). 25 Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Slg. 2000, I-5291, Rn. 42, und vom 10. Dezember 2002, Kommission/Camar und Tico, C-312/00 P, Slg. 2002, I-11355, Rn. 53). 26 Ferner liegt nach ständiger Rechtsprechung ein Kausalzusammenhang im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV vor, wenn ein sicherer unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem von dem betreffenden Organ begangenen Fehler und dem geltend gemachten Schaden besteht, für den die Kläger die Beweislast tragen (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Januar 1987, GAEC de la Ségaude/Rat und Kommission, 253/84, Slg. 1987, 123, Rn. 20, und vom 30. Januar 1992, Finsider u. a./Kommission, C-363/88 und C-364/88, Slg. 1992, I-359, Rn. 25). Der geltend gemachte Schaden muss sich mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten ergeben, wobei dieses Verhalten der ausschlaggebende Grund für den Schaden sein muss, während keine Verpflichtung zu Schadensersatz für jede noch so entfernte nachteilige Folge einer rechtswidrigen Situation besteht (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Slg. 1979, 3091, Rn. 21; vgl. Urteil Galileo International Technology u. a./Kommission, oben in Rn. 24 angeführt, Rn. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur Verjährung und zur Zulässigkeit des Vorbringens der Kläger zur Rechtswidrigkeit der Verordnungen Nr. 314/2004 und Nr. 412/2007 27 Im Hinblick auf einige der vom Rat in seiner Klagebeantwortung vorgetragenen Argumente ist die Frage zu prüfen, ob die Kläger die in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bestimmte Verjährungsfrist für eine Schadensersatzklage eingehalten haben. 28 Der Rat verweist darauf, dass die Verordnung Nr. 314/2004 am 24. Februar 2004 im Amtsblatt veröffentlicht worden sei und dass, „soweit die Kläger beabsichtigten, Ersatz für einen Schaden zu fordern …, der ihnen durch eine behauptete Rechtswidrigkeit“ dieser Verordnung entstanden sei, ihre Klage verjährt sei. 29 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, die aus außervertraglicher Haftung hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt, verjähren. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Unionsorgan geltend macht. In letzterem Fall muss die Klage jedoch innerhalb einer Frist von zwei Monaten erhoben werden. 30 Nach ständiger Rechtsprechung beginnt diese Verjährungsfrist zu laufen, wenn alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat. In Fällen, in denen die Haftung der Union ihre Ursache in einem Rechtsetzungsakt hat, kann die Verjährungsfrist daher nicht zu laufen beginnen, bevor die Schadensfolgen dieses Rechtsetzungsakts eingetreten sind, und damit nicht, bevor den Betroffenen ein sicherer Schaden entstanden ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 2008, Kommission/Cantina sociale di Dolianova u. a., C-51/05 P, Slg. 2008, I-5341, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 31 Im vorliegenden Fall konnten für die Kläger nachteilige Folgen der Verordnung Nr. 314/2004 erst ab dem Erlass der Verordnung Nr. 412/2007 am 16. April 2007 entstanden sein, mit der Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 durch einen neuen Anhang III, in dem u. a. der Name des ersten Klägers aufgeführt war, ersetzt wurde. Da die vorliegende Klage am 13. April 2012 erhoben wurde, ist es offensichtlich, dass die von den Klägern erhobene Klage nicht verjährt ist. 32 Weiter handelt es sich bei der Schadensersatzklage nach Art. 340 Abs. 2 AEUV nach ständiger Rechtsprechung um einen selbständigen Rechtsbehelf mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten, der von Voraussetzungen abhängig ist, die ihrem besonderen Zweck angepasst sind. Sie unterscheidet sich dadurch von der Nichtigkeitsklage, dass sie nicht die Beseitigung einer bestimmten Maßnahme zum Ziel hat, sondern den Ersatz des Schadens, den ein Unionsorgan verursacht (vgl. Urteil des Gerichts vom 21. Juni 2006, Danzer/Rat, T-47/02, Slg. 2006, II-1779, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). 33 So wurde entschieden, dass selbst das Vorhandensein einer bestandskräftig gewordenen Einzelfallentscheidung der Zulässigkeit einer Schadensersatzklage nicht entgegenstehen kann, mit Ausnahme des Sonderfalls, dass eine solche Klage in Wirklichkeit auf die Aufhebung dieser Einzelfallentscheidung gerichtet ist, wie das der Fall ist, wenn die Schadensersatzklage auf Zahlung eines Betrags an den Kläger gerichtet ist, der genau dem Betrag der Abgaben entspricht, die dieser in Ausführung der genannten Entscheidung gezahlt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 26. Februar 1986, Krohn Import-Export/Kommission, 175/84, Slg. 1986, 753, Rn. 32 und 33; vgl. auch Urteil Danzer/Rat, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34 Im Übrigen kann sich gemäß Art. 277 AEUV ungeachtet des Ablaufs der in Art. 263 Abs. 6 AEUV genannten Frist jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird, gegenüber diesem Rechtsakt auf die in Art. 263 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Gründe berufen. 35 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Rechtsakte, die dem Schaden, der den Klägern entstanden sein soll, zugrunde liegen, besonderer Natur sind, da es sich gleichzeitig um Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, die die Kriterien bestimmen, die bei einer Person vorliegen müssen, um ihre Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen einzufrieren, und die einer Gruppe allgemein und abstrakt bestimmter Adressaten verbieten, Personen und Einrichtungen, deren Namen in den Listen in ihren Anhängen aufgeführt sind, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und um ein Bündel von Einzelentscheidungen gegen diese Personen und Einheiten handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 2013, Gbagbo u. a./Rat, C‑478/11 P bis C‑482/11 P, Rn. 56, und Urteil des Gerichts vom 28. Mai 2013, Trabelsi u. a./Rat, T‑187/11, Rn. 85 und 86). Somit können die Kläger, soweit die Verordnungen Nr. 314/2004 und Nr. 412/2007 Rechtsakte mit allgemeiner Geltung sind, ihre Schadensersatzklage auf die Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Verordnungen stützen, ungeachtet der Tatsache, dass sie keine Nichtigkeitsklage gegen diese erhoben haben. Das dagegen gerichtete Argument des Rates, nach dem Art. 277 AEUV „keine Ausnahme von Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs dar[stelle]“, kann nicht durchgreifen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 31) war die Verjährungsfrist nach diesem Artikel bei Erhebung der Klage noch nicht abgelaufen, und es gibt keinen Grund, dass dieser Artikel der Anwendung von Art. 277 AEUV auf den vorliegenden Fall entgegenstehen könnte. Zum Schaden, der aufgrund der Inhaftierung des ersten Klägers am Flughafen Heathrow entstanden sein soll 36 Es ist mit der Prüfung der Klage zu beginnen, soweit sie auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der dem ersten Kläger durch seine Inhaftierung am Flughafen Heathrow entstanden sein soll (siehe oben, Rn. 9). 37 Insoweit ist zu betonen, dass die Umstände dieses Vorfalls und die Gründe, aus denen dem ersten Kläger die Einreise in das Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs oder die Durchreise über dessen Flughäfen verweigert wurde, in einem Schreiben vom 28. August 2007 dargelegt sind, das vom Treasury Solicitor’s Department (Juristischer Dienst der Regierung des Vereinigten Königreichs) an die Berater des ersten Klägers gesandt und von den Klägern als Anlage zu ihrer Klageschrift vorgelegt wurde. 38 Aus diesem Schreiben ergibt sich, dass dem ersten Kläger bei seiner Ankunft am Flughafen Heathrow am 25. Mai 2007 eine Entscheidung der zuständigen Behörde des Vereinigten Königreichs mitgeteilt wurde, dass ihm die Einreise verweigert werde. Diese Entscheidung war auf der Grundlage von Section 8B des Immigration Act 1971 (Einwanderungsgesetz von 1971) in geänderter Fassung getroffen worden. Diese Vorschrift ermächtigt den Minister u. a., einen Rechtsakt des Rates als einen für die Zwecke dieses Artikels bestimmten Rechtsakt zu bezeichnen. In diesem Fall muss jedem, der in dem in Rede stehenden Rechtsakt genannt ist, die Einreise ins Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs verweigert werden. 39 Jedoch hat sich laut dem genannten Schreiben nach einer Überprüfung herausgestellt, dass der Minister zum Zeitpunkt der Ankunft des ersten Klägers am Flughafen Heathrow den Beschluss 2007/235 noch nicht gemäß Section 8B Immigration Act 1971 bezeichnet hatte und dass folglich die letztgenannte Vorschrift nicht erlaubte, dem ersten Kläger den Zugang zum Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs zu verweigern. Das Treasury Solicitor’s Department hat daher in seinem oben genannten Schreiben die Berater des ersten Klägers informiert, dass die anfängliche Entscheidung, mit der ihm die Einreise in das Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs verweigert worden sei, zurückgenommen und durch eine neue, gleichgerichtete Entscheidung des Ministers auf der Grundlage von Paragraph 321A (5) der Immigration Rules (Einreiseregeln des Vereinigten Königreichs) ersetzt werde, nach denen die Einreiseerlaubnis einer Person für das Vereinigte Königreich aufgehoben werden könne, wenn sich aufgrund von Informationen, über die die zuständigen Behörden verfügten, zeige, dass eine solche Aufhebung „durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt“ sei. 40 Diese Ausführungen werden von den Klägern nicht bestritten, und sie werden im Übrigen in der Klageschrift und in einer Erklärung des ersten Klägers, die der Klageschrift als Anlage beigefügt ist, wiederholt. Daraus ergibt sich aber, dass der Schaden, der dem ersten Kläger wegen des ihm erteilten Verbots der Einreise in das Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs und seiner Inhaftierung am Flughafen Heathrow für eine Nacht bis zum Rückflug nach Harare am nächsten Tag entstanden sein soll, unmittelbar auf eine Entscheidung der zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats zurückgeht. 41 Die Kläger sind dennoch der Meinung, es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem Schaden und dem Erlass der Verordnung Nr. 412/2007. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass der Gemeinsame Standpunkt 2004/161, in dem ab dem Zeitpunkt der Änderung seines Anhangs durch den Beschluss 2007/235 auch der erste Kläger genannt worden sei, keine rechtlich bindende Wirkung im Recht der Mitgliedstaaten habe. Daraus ergibt sich nach ihrer Ansicht, dass „die Behörden [des Vereinigten Königreichs] das Einreiseverbot gegen ihn nach den in Rule 321A (5) der Immigration Rules aufgeführten Ermessensgründen verhängen durften, weil die Vermögenswerte des ersten Klägers gemäß der Verordnung [Nr. 314/2004] eingefroren worden [seien]“. 42 Dem kann nicht gefolgt werden. 43 Welche Gründe auch immer die Behörden des Vereinigten Königreichs veranlasst haben, die Einreiseerlaubnis des ersten Klägers aufzuheben und ihm somit die Einreise in das Vereinigte Königreich und die Durchreise über seine Flughäfen zu verweigern, ausschlaggebend ist, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die von den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats in Ausübung ihrer souveränen Befugnisse betreffend die Kontrolle der Einreise von Angehörigen dritter Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Union sind, in das Hoheitsgebiet dieses Staates getroffen wurde. Auf dieser Entscheidung beruht die Inhaftierung des ersten Klägers am Flughafen Heathrow und seine Rückführung mit einem Direktflug ab Heathrow, und diese Ereignisse sollen zu seinem Schaden geführt haben. Ein sicherer unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang im Sinne der oben in Rn. 26 angeführten Rechtsprechung kann also nur zwischen dieser Entscheidung und dem Schaden, auf den sich der erste Kläger beruft, bestehen. Selbst unter der Voraussetzung, dass das Einfrieren der Vermögenswerte des ersten Klägers die Behörden des Vereinigten Königreichs zu der Entscheidung veranlasst hat, ihm die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verbieten, ergibt sich sein behaupteter Schaden aus diesem Verbot nicht mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem in Rede stehenden Einfrieren der Vermögenswerte, wie es nach dieser Rechtsprechung erforderlich ist. 44 Insoweit ist hervorzuheben, dass Art. 4 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 zwar bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um natürlichen Personen, die im Anhang dieses Gemeinsamen Standpunkts aufgeführt sind, einschließlich des ersten Klägers, die Einreise in ihr Hoheitsgebiet oder die Durchreise zu verweigern. Aus den Urteilen des Gerichtshofs vom 27. Februar 2007, Gestoras Pro Amnistía u. a./Rat (C-354/04 P, Slg. 2007, I-1579, Rn. 51 bis 57) und Segi u. a./Rat (C-355/04 P, Slg. 2007, I-1657, Rn. 51 bis 57), ergibt sich jedoch, dass ein Gemeinsamer Standpunkt, wie er in den Titeln V und VI des EU-Vertrags in der vor dem Vertrag von Lissabon geltenden Fassung vorgesehen war, als solcher keine Rechtswirkungen gegenüber Dritten, wie im vorliegenden Fall gegenüber dem ersten Kläger, entfalten soll. So war, wie sich aus Art. 46 EU-Vertrag in seiner vor dem Vertrag von Lissabon geltenden Fassung ergibt, keine Zuständigkeit des Gerichtshofs oder des Gerichts im Hinblick auf Rechtsakte, die auf der Grundlage der verschiedenen Vorschriften des Titels V dieses Vertrags betreffend die GASP erlassen wurden, vorgesehen. 45 Im Übrigen machen die Kläger, die sich offensichtlich der fehlenden Zuständigkeit des Gerichts, über eine Schadensersatzklage zu entscheiden, mit welcher der Ersatz eines Schadens gefordert wird, der angeblich aus dem Erlass eines Gemeinsamen Standpunkts nach Titel V EU-Vertrag in seiner vor dem Vertrag von Lissabon geltenden Fassung folgt, bewusst sind, in ihrer Klage nicht geltend, dass der Schaden, dessen Ersatz sie verlangen, ganz oder teilweise auf den Erlass des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 zurückzuführen sei. Sie tragen vor, dieser Schaden ergebe sich aus dem Erlass der Verordnung Nr. 314/2004. Dies kann aber für den angeblichen Schaden aufgrund der Inhaftierung des ersten Klägers am Flughafen Heathrow nicht der Fall sein, da die Verordnung Nr. 314/2004 keine Vorschrift enthält, die die Einreise des ersten Klägers in das Vereinigte Königreich oder seine Durchreise über das Hoheitsgebiet diese Staates verbietet. 46 Somit ist der Schluss zu ziehen, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen dem den Organen der Union im Rahmen der Klage vorgeworfenen Verhalten, nämlich dem Erlass der Verordnung Nr. 412/2007, soweit sie rechtswidrig sein soll, und einem behaupteten Schaden des ersten Klägers aufgrund dieses Vorfalls gibt (siehe oben, Rn. 21 erster, dritter und sechster Gedankenstrich). Da eine der kumulativen Voraussetzungen für die Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV folglich nicht erfüllt ist, ist die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit sie auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der dem ersten Kläger durch seine Inhaftierung am Flughafen Heathrow entstanden sein soll, d. h. konkret, soweit sie die verlorenen Reise- und Hotelkosten des ersten Klägers, die Gerichtskosten, die aufgewendet wurden, um bei den zuständigen Gerichten des Vereinigten Königreichs das Verbot der Einreise in diesen Mitgliedstaat anzufechten, und den „nicht finanziellen“, mit anderen Worten immateriellen Schaden betrifft, der ihm nach seinem Vorbringen aufgrund dieses Vorfalls entstanden sein soll (siehe oben, Rn. 21 erster, dritter und sechster Gedankenstrich). Zu den weiteren Schäden 47 Was die weiteren Schäden betrifft, so sind die verschiedenen Rügen der Kläger zu prüfen, um festzustellen, ob die Voraussetzung für die Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV, die die Rechtswidrigkeit des behaupteten Verhaltens betrifft, im vorliegenden Fall erfüllt ist. 48 Die Kläger tragen mehrere Rügen vor, um darzutun, dass der Rat und die Kommission sich mit dem Erlass der Verordnungen Nr. 314/2004 und Nr. 412/2007 rechtswidrig verhalten hätten. Erstens berufen sie sich im Wesentlichen auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Organe der Union, da diese der Ansicht gewesen seien, der Name des ersten Klägers sei in die Liste der von dem in der Verordnung Nr. 314/2004 eingeführten Einfrieren der Vermögenswerte betroffenen Personen aufzunehmen. Zweitens berufen sie sich auf einen Begründungsmangel der angefochtenen Verordnungen, was den ersten Kläger betreffe, wodurch seine Verteidigungsrechte verletzt worden seien und ihm jeglicher effektive Rechtsschutz entzogen worden sei. Drittens machen sie einen Ermessensmissbrauch geltend. Viertens berufen sie sich auf die Verletzung der Verteidigungsrechte des ersten Klägers, soweit insbesondere die Frage der Beibehaltung seines Namens in Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 betroffen ist, die nach ihrer Ansicht von diesen Organen regelmäßig hätte überprüft werden müssen. 49 Zur Erläuterung dieser verschiedenen Rügen gehen die Kläger von der Prämisse aus, die bloße Tatsache, dass der erste Kläger Stellvertretender Minister gewesen sei, sei keine ausreichende Grundlage dafür gewesen, um die Aufnahme seines Namens in Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 und das Einfrieren seiner Vermögenswerte zu rechtfertigen. Sie werfen somit den Organen der Union sowohl einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vor, soweit sie sich zu Unrecht allein auf diese Tatsache gestützt hätten, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der erste Kläger für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sei, als auch eine Verletzung der Begründungspflicht, indem sie das Einfrieren seiner Vermögenswerte nicht ausreichend begründet hätten. Ihre Rüge eines Ermessensmissbrauchs ist im Wesentlichen ebenfalls auf diese Grundlage gestützt. Die beklagten Organe tragen ihrerseits vor, die Aufnahme des Namens des ersten Klägers in Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 sei allein aufgrund seiner Eigenschaft als Stellvertretender Minister rechtmäßig beschlossen worden, ohne dass es erforderlich gewesen wäre, dies durch Bezugnahme auf andere Beweise zu rechtfertigen. 50 Bei dieser Argumentation der Kläger stellt sich vorab die Frage nach der Feststellung der Gründe, die das Einfrieren der Vermögenswerte der in der Verordnung Nr. 314/2004 genannten Personen, zu denen nach dem Erlass der Verordnung Nr. 412/2007 auch der Name des ersten Klägers zählte, rechtfertigten. Konkret geht es um die Frage, ob nach der Vorstellung der Urheber dieser Maßnahme das eingeführte Einfrieren von Vermögenswerten gegenüber dem ersten Kläger allein durch seine Eigenschaft als Mitglied der Regierung von Simbabwe oder auch durch weitere Gründe, die gegebenenfalls festzustellen sind, gerechtfertigt war. Zu den Gründen für das Einfrieren der Vermögenswerte des ersten Klägers und zur Beachtung der Begründungspflicht 51 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 314/2004 auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG erlassen wurde. Art. 60 Abs. 1 EG bestimmt: „Falls ein Tätigwerden der Gemeinschaft in den in Artikel 301 [EG] vorgesehenen Fällen für erforderlich erachtet wird, kann der Rat nach dem Verfahren des Artikels 301 die notwendigen Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit den betroffenen dritten Ländern ergreifen“. Art. 301 EG bestimmt seinerseits: „Ist in gemeinsamen Standpunkten oder gemeinsamen Aktionen, die nach den Bestimmungen des [EU-Vertrags in seiner vor dem Vertrag von Lissabon geltenden Fassung] betreffend die [GASP] angenommen worden sind, ein Tätigwerden der Gemeinschaft vorgesehen, um die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten Ländern auszusetzen, einzuschränken oder vollständig einzustellen, so trifft der Rat die erforderlichen Sofortmaßnahmen; der Rat beschließt auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit.“ 52 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs betreffen die Art. 60 EG und 301 EG im Hinblick auf ihren Wortlaut, insbesondere die Wendungen „mit den betroffenen dritten Ländern“ und „zu einem oder mehreren dritten Ländern“, den Erlass von Maßnahmen gegenüber Drittländern, wobei der zuletzt genannte Begriff die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbundenen oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen oder Organisationen einschließen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C-402/05 P und C-415/05 P, Slg. 2008, I-6351, Rn. 166, und vom 13. März 2012, Tay Za/Rat, C‑376/10 P, Rn. 53). 53 Es ist auch auf die Erwägungsgründe 4 und 5 der Verordnung Nr. 314/2004 hinzuweisen, die die Gründe für den Erlass insbesondere von Art. 6 dieser Verordnung, dessen Inhalt oben in Rn. 5 dargestellt wurde, erklären. In diesen Erwägungsgründen heißt es: „(4) Die im Gemeinsamen Standpunkt 2004/161/GASP vorgesehenen restriktiven Maßnahmen umfassen … das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Ressourcen von Mitgliedern der Regierung Simbabwes sowie mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen. (5) Diese Maßnahmen fallen in den Geltungsbereich des [EG-]Vertrags, weshalb insbesondere zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gemeinschaftliche Rechtsvorschriften erforderlich sind, um die Maßnahmen umzusetzen …“ 54 Was die Verordnung Nr. 412/2007 betrifft, so wird in ihrem zweiten Erwägungsgrund einfach festgestellt, dass „mit dem Beschluss 2007/235/GASP … der Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161/GASP geändert [wird]“ und dass „Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 … daher entsprechend zu ändern [ist]“. Die Verordnung Nr. 412/2007 umfasst nur zwei Artikel, wobei in Art. 1 der genannten Verordnung einfach Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 durch den Text in ihrem Anhang geändert wird und Art. 2 dieser Verordnung den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens präzisiert. 55 Zu berücksichtigen sind auch die oben in Rn. 2 bzw. Rn. 8 zusammengefassten Bestimmungen des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 und des Beschlusses 2007/235, die im Zusammenhang mit dem Erlass der Verordnungen Nr. 314/2004 und Nr. 412/2007 stehen und die im Amtsblatt veröffentlicht wurden. 56 Insoweit ist auch auf die Erwägungsgründe 2, 6 und 7 des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 hinzuweisen, die wie folgt lauten: „(2) Mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2002/145/GASP verhängte der Rat zudem ein Reiseverbot und verfügte das Einfrieren von Geldern; diese Maßnahmen galten gegenüber der Regierung von Simbabwe und Personen, die weit gehende Verantwortung für schwere Verstöße gegen die Menschenrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Vereinigungsfreiheit und das Recht, sich friedlich zu versammeln, tragen. … (6) Da sich an der Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Simbabwe nichts geändert hat, sollten die restriktiven Maßnahmen der … Union … verlängert werden. (7) Mit diesen restriktiven Maßnahmen sollen die betroffenen Personen dazu angehalten werden, Politiken zurückzuweisen, die zur Unterdrückung der Menschenrechte und des Rechts auf freie Meinungsäußerung führen und eine verantwortungsvolle Staatsführung unmöglich machen.“ 57 Aus den oben genannten Erwägungsgründen in Verbindung mit den oben genannten Bestimmungen ergibt sich klar, dass der Rat mit dem Erlass von Art. 6 der Verordnung Nr. 314/2004 beabsichtigte, die Vermögenswerte der „Mitglieder der Regierung von Simbabwe“, deren Namen in Anhang III dieser Verordnung aufgeführt waren, allein im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Regierungsmitglieder dieses Staates einzufrieren. Dies wird aus der Bezugnahme im zweiten Erwägungsgrund und in Art. 5 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 auf zwei unterschiedliche Personenkategorien, die von einer Maßnahme des Einfrierens der Vermögenswerte erfasst werden sollen, erkennbar, nämlich zum einen die Mitglieder der Regierung von Simbabwe und zum anderen „Personen, die weit gehende Verantwortung für schwere Verstöße gegen die Menschenrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Vereinigungsfreiheit und das Recht, sich friedlich zu versammeln, tragen“. 58 Die Änderung des Eintrags betreffend den ersten Kläger im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 und in Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004, die mit dem Beschluss 2007/455 bzw. der Verordnung Nr. 777/2007 (siehe oben, Rn. 10 und 12) erfolgte, kann zu keinem anderen Schluss führen. Der Satzteil „als solches“ in dem zu diesem Eintrag hinzugefügten Absatz weist nämlich darauf hin, dass für den ersten Kläger allein die Eigenschaft als Mitglied einer Regierung, die an Handlungen beteiligt ist, die die Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit ernsthaft untergraben, gerechtfertigt hat, dass die Maßnahmen, die dieser Gemeinsame Standpunkt betrifft, auf ihn angewendet werden. Mit anderen Worten, es handelte sich ganz offensichtlich um eine bloße Präzisierung und nicht um eine Änderung dieser Begründung. 59 Das gegenteilige Vorbringen der Kläger kann zu keinem anderen Schluss führen. 60 Als Erstes beziehen sich diese auf den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 314/2004, der wie folgt lautet: „Der Rat ist weiterhin der Auffassung, dass die Regierung Simbabwes nach wie vor an schweren Verstößen gegen die Menschenrechte beteiligt ist. Der Rat hält es daher für erforderlich, die restriktiven Maßnahmen gegen die Regierung Simbabwes und diejenigen, die in erster Linie die Verantwortung für diese Verstöße tragen, aufrechtzuerhalten, solange die Verstöße anhalten.“ 61 Nach Ansicht der Kläger steht diese Bezugnahme mit dem Kontext dieser Verordnung in Einklang, auch unter Berücksichtigung der Bezugnahme im dritten Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 auf einen anderen, früheren Gemeinsamen Standpunkt, durch den die [durch den Gemeinsamen Standpunkt 2002/145 verhängten] restriktiven Maßnahmen „auf weitere Personen ausgedehnt wurde, die weit gehende Verantwortung für … Verstöße tragen“, die im zweiten Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 erwähnt sind. 62 Das Argument, das die Kläger aus den oben genannten Erwägungsgründen abzuleiten versuchen, kann nicht durchgreifen. Der Hinweis im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 314/2004 auf den Umstand, dass nach Auffassung des Rates die Regierung Simbabwes an schweren Verstößen gegen die Menschenrechte beteiligt ist, bedeutet nicht, dass der Rat jedem einzelnen Mitglied dieser Regierung spezifische Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen hat, für die dieses Mitglied persönlich verantwortlich wäre. Ein solcher Hinweis ist vollkommen vereinbar mit einer Entscheidung, gegen sämtliche Mitglieder der fraglichen Regierung das Einfrieren ihrer Vermögenswerte nur aufgrund ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Regierung, die als solche an Verstößen gegen Menschenrechte beteiligt war, anzuordnen. 63 Diese Auslegung des in Rede stehenden Erwägungsgrundes wird in dessen Satz 2 bestätigt, der deutlich zwischen der „Regierung Simbabwes“ und „[den]jenigen, die in erster Linie die Verantwortung für diese Verstöße tragen“ unterscheidet, womit, mit anderen Worten, die Unterscheidung übernommen wird, von der schon oben in Rn. 57 die Rede war. 64 Außerdem ist der dritte Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161, auf den sich die Kläger auch berufen, unerheblich, da darin nur auf den Inhalt eines anderen Gemeinsamen Standpunkts hingewiesen wird, mit dem der Gemeinsame Standpunkt 2002/145 geändert wurde. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Geltungsdauer dieses letztgenannten Gemeinsamen Standpunkts am 20. Februar 2004 endete und dass er durch den Gemeinsamen Standpunkt 2004/161 ersetzt wurde. 65 Zweitens verweisen die Kläger auf Art. 4 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 (siehe oben, Rn. 2). Sie machen geltend, der bloße Umstand, dass der erste Kläger Stellvertretender Minister gewesen sei, beweise nicht, dass er an Handlungen beteiligt gewesen sei, die schwere Verstöße gegen die Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in Simbabwe darstellten. 66 Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Art. 4 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 betrifft das für natürliche Personen, deren Namen im Anhang dieses Gemeinsamen Standpunkts aufgeführt sind, geltende Verbot, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen oder im Transit durch diese durchzureisen. Wie sich oben aus Rn. 44 ergibt, handelt es sich um eine Maßnahme, die von den Mitgliedstaaten selbst getroffen werden musste. Die Verordnung Nr. 314/2004 enthält keine dahin gehende Vorschrift. Selbst wenn man somit annimmt, dass das Verbot in Art. 4 des genannten Gemeinsamen Standpunkts gegen die betroffenen Personen, darunter auch den ersten Kläger, nicht allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Mitglied der Regierung von Simbabwe verhängt wurde, ist dies allein unerheblich für die Gründe, gegenüber denselben Personen das Einfrieren ihrer Vermögenswerte anzuordnen. Art. 5 Abs. 1 dieses Gemeinsamen Standpunkts, der das Einfrieren von Vermögenswerten betrifft und dessen Wortlaut oben in Rn. 2 dargestellt ist, enthält keine, Art. 4 Abs. 1 desselben Gemeinsamen Standpunkts entsprechende, Bezugnahme auf Handlungen der Mitglieder der Regierung von Simbabwe. 67 Drittens berufen sich die Kläger zum einen darauf, dass der erste Kläger immer noch Stellvertretender Minister gewesen sei, als sein Name aus Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 gestrichen worden sei (siehe oben, Rn. 12), und dass er diese Funktion auch nach dieser Streichung weiterhin ausgeübt habe, sowie zum anderen darauf, dass gegenüber bestimmten anderen Ministern oder Stellvertretenden Ministern, nämlich den im Februar 2009 ernannten Mitgliedern der Regierung von Simbabwe, kein entsprechendes Einfrieren ihrer Vermögenswerte angeordnet worden sei. Daraus folgt nach Ansicht der Kläger, dass die Position eines Stellvertretenden Ministers, die der erste Kläger innegehabt habe, als solche nicht ausreichend gewesen sei, um die Aufnahme seines Namens in die Liste der Personen zu rechtfertigen, deren Vermögenswerte nach der Verordnung Nr. 314/2004 eingefroren wurden. 68 Insoweit ist zwischen den Parteien unstrittig, dass nach der Aufnahme des Namens des ersten Klägers in die Liste der Personen, deren Vermögenswerte nach der Verordnung Nr. 314/2004 eingefroren wurden, die politische Situation in Simbabwe mit der Unterzeichnung des „Global Political Agreement“ (Umfassendes Politisches Abkommen, im Folgenden: GPA) zwischen der Regierungspartei Zanu PF einerseits und den zwei Gruppierungen der Oppositionspartei MDC andererseits am 15. September 2008 eine bedeutende Änderung erfahren hat. Das GPA sah u. a. die Ernennung von Herrn Morgan Tsvangirai, Vorsitzender der MDC, für die Position des Premierministers sowie die Ernennung einer neuen Regierung, bestehend aus zwei Stellvertretenden Premierministern, die von den beiden Flügeln der MDC vorgeschlagen wurden, 31 Ministern, von denen 15 von der Zanu PF und 16 von den beiden Flügeln der MDC vorgeschlagen wurden, sowie 15 Stellvertretenden Ministern, von denen acht von der Zanu PF und sieben von den beiden Gruppierungen der MDC vorgeschlagen wurden, vor. Die Ernennung dieser neuen Regierung erfolgte schließlich im Februar 2009. 69 Im Hinblick auf diese bedeutende Entwicklung kann aus dem Umstand, dass die Namen der Minister, die nach dem GPA als Mitglieder der Regierung von Simbabwe ernannt wurden, nicht in die Liste der Personen aufgenommen wurden, deren Vermögenswerte nach der Verordnung Nr. 314/2004 eingefroren wurden, nicht das Argument abgeleitet werden, dass, wie die Kläger vortragen, im Jahr 2007, als ein solches Einfrieren gegen den ersten Kläger angeordnet worden war, der Rat nicht beabsichtigt habe, seine Vermögenswerte allein aus dem Grund, dass er Mitglied der Regierung von Simbabwe gewesen sei, einzufrieren Diese Erwägung lässt die nachstehende Prüfung der Rechtmäßigkeit sowohl der Entscheidung, die Vermögenswerte des ersten Klägers einzufrieren, als auch der Entscheidung, diese Maßnahme, was ihn betrifft, im Februar 2009 nicht aufzuheben, unberührt. Es handelt sich dabei um Fragen, die sich von der Frage der Feststellung der Gründe, die die Aufnahme des Namens des ersten Klägers in die Liste der Personen, deren Vermögenswerte gemäß der Verordnung Nr. 314/2004 eingefroren wurden, rechtfertigen, unterscheiden. 70 Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Vermögenswerte des ersten Klägers allein aufgrund seiner Eigenschaft als Stellvertretender Minister eingefroren wurden. Nach dieser Schlussfolgerung kann die Rüge der Kläger, mit der sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend machen, ohne Weiteres als unbegründet zurückgewiesen werden. Da nämlich, wie oben dargelegt wurde, die Verordnung Nr. 314/2004 klar darauf hinweist, dass der Rat beabsichtigte, die Vermögenswerte der Mitglieder der Regierung von Simbabwe einzufrieren, und da Anhang III dieser Verordnung in der durch die Verordnung Nr. 412/2007 geänderten Fassung die Eigenschaft des ersten Klägers als Stellvertretender Minister erwähnt, ist der Schluss zu ziehen, dass sie das Einfrieren der Vermögenswerte des ersten Klägers ausreichend begründet hat. 71 Die Frage, ob der Rat zu Recht davon ausgegangen ist, dass diese Eigenschaft des ersten Klägers ausreichend war, um für sich allein das Einfrieren seiner Vermögenswerte zu rechtfertigen, betrifft nicht die Beachtung der Begründungspflicht, sondern die Stichhaltigkeit dieser Begründung, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Rn. 67, und vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C-17/99, Slg. 2001, I-2481, Rn. 35). Diese Frage ist nun nachfolgend zu prüfen, wofür erforderlich ist, die Rügen der Kläger, mit denen sie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Ermessensmissbrauch geltend machen, zu untersuchen. Zu den Rügen, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und ein Ermessensmissbrauch geltend gemacht werden 72 Das Gericht hat bereits in seinem Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat (T-390/08, Slg. 2009, II-3967, Rn. 36), entschieden, dass, was die allgemeinen Regeln über die Einzelheiten der restriktiven Maßnahmen betraf, der Rat bei der Beurteilung der Umstände, die bei der Verhängung von wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG in Übereinstimmung mit einem im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) angenommenen Gemeinsamen Standpunkt zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen verfügt. Da der Gemeinschaftsrichter insbesondere nicht seine Beurteilung der Beweise, Tatsachen und Umstände, die dem Erlass solcher Maßnahmen zugrunde liegen, an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen darf, muss sich die Kontrolle durch das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet wurden, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und weder ein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen noch ein Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen solche Maßnahmen beruhen. 73 In diesem Zusammenhang ist jedoch die Rechtsprechung zum Begriff der dritten Länder im Sinne der Art. 60 und 301 EG, oben in Rn. 52 angeführt, zu berücksichtigen. Danach kann der Rat, wenn er beabsichtigt, auf der Grundlage dieser Artikel restriktive Maßnahmen gegen die Machthaber eines solchen Landes und gegen Einzelpersonen oder Einrichtungen, die mit diesen Machthabern verbunden sind oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrolliert werden, zu erlassen, bei der Ausübung seines weiten Ermessens in dem Bereich zwar den Kreis der Machthaber und der mit ihnen verbundenen Personen, gegen die die zu erlassenden Maßnahmen gerichtet werden, mehr oder weniger weit ziehen, er kann aber den Anwendungsbereich dieser Maßnahmen nicht auf Personen oder Einrichtungen ausdehnen, die weder zu der einen noch zu der anderen der oben erwähnten Kategorien gehören (vgl. in diesem Sinne Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 52 angeführt, Rn. 63). 74 Im Übrigen ist es in einem Fall, in dem der Rat die Kriterien, die die Aufnahme einer Person oder einer Einrichtung in die Liste der Personen oder Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen auf der Grundlage der beiden oben genannten Artikel erlassen werden, rechtfertigen können, abstrakt festlegt, Sache des Gerichts, auf der Grundlage der von der betroffenen Person oder Einrichtung geltend gemachten oder von Amts wegen festgestellten Gründe zu prüfen, ob der betreffende Fall den vom Rat festgelegten abstrakten Kriterien entspricht. Diese Kontrolle erstreckt sich auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände, die zur Begründung der Aufnahme des Namens der in Rede stehenden Person oder Einrichtung in die Liste der Namen derjenigen, die von restriktiven Maßnahmen betroffen sind, herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Das Gericht muss sich auch von der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Erfüllung des insoweit bestehenden Begründungserfordernisses sowie gegebenenfalls von der Berechtigung der zwingenden Erwägungen überzeugen, auf die sich der Rat ausnahmsweise beruft, um hiervon abweichen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 72 angeführt, Rn. 37). 75 Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der erste Kläger zur Zeit der Aufnahme seines Namens in Anhang III der Verordnung Nr. 314/2004 Stellvertretender Minister in Simbabwe war und dass er diese Eigenschaft während des gesamten Zeitraums, in dem sein Name in diesem Anhang aufgeführt war, beibehalten hat. 76 Die Kläger tragen vor, es sei „zu ermitteln, in welchem Umfang ein Stellvertretender Minister Exekutivgewalt besitzt“, und sie führen mehrere Punkte zum Nachweis dafür an, dass die Amtsbefugnisse des ersten Klägers „ausschließlich auf die Aufgaben seines Ressorts beschränkt waren“ und dass es keine „Verbindung zwischen den ministeriellen Ressorts des [ersten Klägers] und den Einschränkungen der Menschenrechte, des Rechtsstaats oder der Demokratie“ gegeben habe. 77 Das Gericht ist aber der Ansicht, dass ein Stellvertretender Minister zu den „Machthabern“ eines dritten Landes, im vorliegenden Fall von Simbabwe, im Sinne der oben in Rn. 52 angeführten Rechtsprechung und zu den „Mitgliedern der Regierung“ dieses Landes im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 und der Verordnung Nr. 314/2004 gehört. Somit kann den Organen der Union kein Tatsachenirrtum vorgeworfen werden, indem sie auf den ersten Kläger nach seiner Ernennung zum Stellvertretenden Minister die restriktive Maßnahme des Einfrierens seiner Vermögenswerte angewandt haben. 78 Unter diesen Umständen kann das Vorbringen der Kläger, das oben in Rn. 76 zusammengefasst ist, nur unter dem Blickwinkel eines eventuellen offensichtlichen Beurteilungsfehlers des Rates geprüft werden, indem er beim Erlass der Verordnung Nr. 314/2004 eine restriktive Maßnahme vorgesehen hat, nämlich das Einfrieren der Vermögenswerte aller Mitglieder der Regierung von Simbabwe, ohne zwischen denjenigen zu unterscheiden, deren Aktivitäten oder Kompetenzen mit den vom Rat festgestellten schweren Menschenrechtsverletzungen in diesem Land (vgl. erster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 314/2004) in Zusammenhang standen, und denjenigen, für die ein Zusammenhang dieser Art nicht festgestellt werden konnte. 79 Insoweit ist zu bemerken, dass die Kläger unzutreffend vortragen, die vorliegende Rechtssache betreffe nicht eine Rechtswidrigkeit bei der Formulierung von Regeln über die Aufnahme des Namens einer Person in die Liste der von einem Einfrieren ihrer Vermögenswerte betroffenen Personen, sondern die Anwendung dieser Regeln. Wie oben in Rn. 77 ausgeführt, wurden die einschlägigen Regeln unter Berücksichtigung des im vorliegenden Fall herangezogenen Kriteriums, das nur auf die Eigenschaft des Betroffenen als Mitglied der Regierung Simbabwes abstellt, korrekt angewandt. 80 Hinsichtlich der Frage, ob der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Formulierung dieser Regeln begangen hat, ist das Gericht unter Berücksichtigung zum einen des Zwecks des streitigen Einfrierens der Vermögenswerte, der darin besteht, „die betroffenen Personen dazu [anzuhalten], Politiken zurückzuweisen, die zur Unterdrückung der Menschenrechte und des Rechts auf freie Meinungsäußerung führen und eine verantwortungsvolle Staatsführung unmöglich machen“ (siebter Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161, siehe oben, Rn. 56) und zum anderen des weiten Ermessens, das dem Rat in diesem Bereich zukommt, der Ansicht, dass dem Rat kein solcher Fehler vorgeworfen werden kann. 81 Die Kläger tragen vor, das Engagement einer Einzelperson in den demokratischen Prozessen ihres Landes, in dem die Demokratie nicht perfekt funktioniere und schwere Verletzungen der Menschenrechte und des Rechtsstaats stattfänden, könne nicht den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen sie rechtfertigen. Die gegenteilige Auffassung würde die Demokratie in Verruf bringen. 82 Dem kann nicht gefolgt werden. Wie sich aus den oben in den Rn. 1 bis 8 erwähnten Erwägungsgründen und Vorschriften ergibt, war der Rat zum Zeitpunkt der Einführung der streitigen Maßnahme des Einfrierens von Vermögenswerten durch die Verordnung Nr. 314//2004 und zum Zeitpunkt der Aufnahme, im Jahr 2007, des Namens des ersten Klägers in die Liste der von dieser Maßnahme betroffenen Personen der Ansicht, dass die Regierung von Simbabwe für schwere Menschenrechtsverletzungen in diesem Land verantwortlich sei. Unter Berücksichtigung dieser Erwägung, die von den Klägern nicht in Frage gestellt wird, konnte der Rat, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, der Ansicht sein, dass eine Person, die an den „demokratischen Prozessen ihres Landes“ beteiligt ist, nicht Mitglied einer solchen Regierung werden dürfe, bevor diese oder eine andere, die an deren Stelle trete, nicht die Politik zurückweise, die dazu führe, die Menschenrechte und das Recht zur freien Meinungsäußerung zu unterdrücken und die verantwortungsvolle Staatsführung zu behindern. 83 Die Kläger machen auch geltend, der Begriff „zielgerichtete Sanktionen“, zu denen das streitige Einfrieren der Vermögenswerte gehöre, beinhalte zwingend die Berücksichtigung der individuellen Handlungen der betroffenen Personen. Nach ihrer Ansicht ist es das Ziel solcher Sanktionen, die für die in Rede stehenden Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen festzustellen. 84 Die Kläger berufen sich außerdem auf das mit „Leitlinien zur Umsetzung und Bewertung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU“ überschriebene Dokument 15114/05 des Rates vom 2. Dezember 2005, das sie als Kopie in der Anlage der Klageschrift beigefügt haben. 85 Sie führen insbesondere Nr. 14 dieses Dokuments an, in der es unter der Überschrift „Zielgerichtete Maßnahmen“ heißt: „Die getroffenen Maßnahmen sollten auf diejenigen ausgerichtet sein, deren Politik oder Verhalten die EU veranlasst hat, restriktive Maßnahmen zu verhängen. Solche zielgerichteten Maßnahmen sind wirksamer als Maßnahmen, die unterschiedslos angewendet werden, außerdem werden dadurch die nachteiligen Auswirkungen auf diejenigen, die nicht Verantwortung für eine derartige Politik oder ein derartiges Verhalten tragen, so gering wie möglich gehalten.“ 86 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Art. 60 EG und 301 EG nach ihrem Wortlaut selbst auf dritte Länder gerichtet sind. In einem solchen Kontext geht es um „zielgerichtete Sanktionen“, wenn die auf der Grundlage dieser beiden Artikel erlassenen restriktiven Maßnahmen nicht auf das gesamte betroffene Land und dessen Bewohner oder Staatsangehörige gerichtet sind, sondern nur auf die Personen, die als die für die Politik oder die Handlungen, die der Verhängung dieser Maßnahmen zugrunde liegen, Verantwortlichen festgestellt wurden. Auf genau dies weist im Übrigen die von den Klägern angeführte Nr. 14 des Dokuments 15114/05 des Rates hin. 87 Die entscheidende Frage, die sich stellt, ist nur diejenige, die in Rede stehenden Verantwortlichen, gegen die die zielgerichteten Sanktionen angeordnet werden können, festzustellen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass solche Sanktionen gegen die Machthaber eines Drittlands sowie die mit ihnen verbundenen Personen gerichtet werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 52 angeführt, Rn. 68). Mit anderen Worten, nach dieser Rechtsprechung gelten die Machthaber und die Personen, die mit ihnen verbunden sind, als für die Politik oder die Handlungen, die den betreffenden restriktiven Maßnahmen zugrunde liegen, verantwortlich, unabhängig von ihrer persönlichen Beteiligung bei der Durchführung dieser Politik und dieser Handlungen. Diese Schlussfolgerung ist noch mehr geboten, wenn es sich um Mitglieder der Regierung eines Drittlands handelt, die unabhängig von ihren individuellen Befugnissen innerhalb dieser Regierung die kollektive Verantwortung für die Politik dieser Regierung und deren gesamtes Verhalten übernehmen müssen. 88 Somit ist das Vorbringen der Kläger zu den streitigen restriktiven Maßnahmen als zielgerichteten Sanktionen sowie zum Dokument 15114/05 des Rates zurückzuweisen. Die Auswirkungen des Umstands, dass das Dokument 15114/05 nach dem Erlass der Verordnung Nr. 314/2004 erstellt wurde, auf die vorliegende Rechtssache sind folglich nicht zu untersuchen. 89 Im Übrigen ist unter Berücksichtigung aller vorstehenden Erwägungen das gesamte Vorbringen der Kläger zum persönlichen Verhalten des ersten Klägers zurückzuweisen. Selbst wenn man annimmt, dass dieses Vorbringen begründet ist, dient es höchstens dazu, zu zeigen, dass der erste Kläger sich nicht persönlich an der Politik und den Handlungen der Regierung von Simbabwe beteiligt hat, auf die sich die streitigen Maßnahmen beziehen, und dass er sowohl als Privatperson als auch in seiner Eigenschaft als Minister einen positiven Einfluss auf sein Land ausgeübt hat. Solche Umstände genügen nicht, um zu darzutun, dass der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als er entschieden hat, das Einfrieren der Vermögenswerte aller Mitglieder der Regierung anzuordnen, ohne zwischen denjenigen, die persönlich an den Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren, und denjenigen, die dies nicht waren, zu differenzieren. 90 Auch das Vorbringen der Kläger, der erste Kläger habe einige weiße Bauern, die von der Vertreibung von ihrem Land bedroht gewesen seien, persönlich unterstützt, reicht in dieser Hinsicht nicht aus. 91 Bei den Beweisen, auf die sich die Kläger insoweit berufen, handelt es sich um Briefe und Erklärungen, die zum Teil aus der Zeit vor der Ernennung des ersten Klägers zum Stellvertretenden Minister bestehen. Bei den Beweisen, die ein späteres Datum als diese Ernennung tragen, ergibt sich nicht klar aus ihrem Inhalt, ob sie sich auf Ereignisse vor oder nach dieser Ernennung beziehen. 92 Selbst wenn man auf der Grundlage der oben genannten Beweise annimmt, dass der erste Kläger nach seiner Ernennung zum Stellvertretenden Minister einige von der Vertreibung bedrohte weiße Bauern weiterhin unterstützt hat, genügt diese Tatsache allein offensichtlich nicht, um zu dem Schluss gelangen zu können, dass er innerhalb der Regierung von Simbabwe eine andere, den Menschenrechtsverletzungen, für die diese Regierung verantwortlich war, eindeutig entgegengesetzte Politik, die auf eine Beendigung dieser Verletzungen gerichtet war, verfolgte. Es kann aber nur in diesem letztgenannten Fall von einem offensichtlicher Beurteilungsfehler des Rates dadurch, dass er nicht zwischen zwei verschiedenen Strömungen innerhalb derselben Regierung differenziert und das Einfrieren der Vermögenswerte unterschiedslos gegenüber allen Regierungsmitgliedern angeordnet hat, die Rede sein. 93 Nach alledem kann sowohl der von den Klägern erhobene Vorwurf eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers als auch der eines Ermessensmissbrauchs als unbegründet zurückgewiesen werden, soweit sie sich auf die Aufnahme des Namens des ersten Klägers in die Liste der vom Einfrieren der Vermögenswerte nach der Verordnung Nr. 314/2004 betroffen Personen beziehen. 94 Insbesondere ist – was den Vorwurf des Ermessensmissbrauchs betrifft – darauf hinzuweisen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das speziell vorgesehen ist, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 72 angeführt, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 95 Die Kläger haben aber weder vorgetragen noch Beweise dafür vorgelegt, dass der Rat und die Kommission dadurch, dass sie das Einfrieren der Vermögenswerte der Mitglieder der Regierung von Simbabwe angeordnet und den Namen des ersten Klägers in die Liste der von diesem Einfrieren betroffenen Personen aufgenommen haben, ein anderes Ziel verfolgten als das, die betroffenen Personen dazu anzuhalten, Politiken zurückzuweisen, die zur Unterdrückung der Menschenrechte und des Rechts auf freie Meinungsäußerung führen und eine verantwortungsvolle Staatsführung unmöglich machen. Folglich handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Ermessensmissbrauch (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 72 angeführt, Rn. 50). 96 In Wirklichkeit sind die Argumente, die die Kläger im Rahmen der Darlegung ihres Vorwurfs eines Ermessensmissbrauchs vorbringen, im Wesentlichen darauf gerichtet, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler nachzuweisen. Unter diesem Aspekt wurden diese Argumente oben geprüft und zurückgewiesen. 97 Weiter ist die Klage insbesondere in Bezug auf die Beibehaltung des Namens des ersten Klägers auf der Liste der vom Einfrieren ihrer Vermögenswerte betroffenen Personen zu prüfen. Konkret geht es darum, festzustellen, ob der Rat und die Kommission nicht dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, dass sie den Namen des ersten Klägers nicht vor dem 23. Februar 2011 von der genannten Liste gestrichen haben. In diesem Zusammenhang wird auch der von den Klägern erhobene Vorwurf einer Verletzung der Verteidigungsrechte des ersten Klägers geprüft, soweit er diese besondere Frage betrifft. Zur Beibehaltung des Namens des ersten Klägers auf der Liste der Personen, deren Vermögenswerte eingefroren wurden 98 Die Kläger weisen darauf hin, dass der Gemeinsame Standpunkt 2004/161, der von der Verordnung Nr. 314/2004 umgesetzt worden sei, anfänglich für einen Zeitraum von zwölf Monaten gegolten habe, dass er „laufend überprüft“ und seine Geltungsdauer anschließend mehrfach verlängert worden sei (siehe oben, Rn. 3 und 4). Es handele sich, auch wenn in der Verordnung Nr. 314/2004 keine Ablauffrist vorgesehen sei, nur um eine „Verwaltungsübereinkunft“, wie sich aus Nr. 31 des Dokuments 15114/05 des Rates ergebe, und das Erfordernis der laufenden und regelmäßigen Überprüfung gelte auch in Bezug auf die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen. 99 Die Kläger führen weiter aus, da die Vermögenswerte der betroffenen Personen bereits eingefroren gewesen seien, sei ein Überraschungseffekt nicht erforderlich gewesen, und die Betroffenen, wie im vorliegenden Fall der erste Kläger, hätten über die Gründe und maßgeblichen Beweise, die eine Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen sie rechtfertigten, informiert werden und die Gelegenheit erhalten können, die Überprüfung ihrer Situation zu verlangen. Diesen Personen, darunter dem ersten Kläger, habe keine solche Verfahrensgarantie zur Verfügung gestanden, und es sei nicht einmal bewiesen, dass eine Überprüfung ihrer Situation tatsächlich stattgefunden habe. Die Verteidigungsrechte des ersten Klägers seien somit in dem Zeitraum, in dem er von den restriktiven Maßnahmen betroffen gewesen sei, völlig ignoriert worden, was offensichtlich rechtswidrig sei. 100 Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel daran, dass die Organe der Union verpflichtet waren, die Situation, die den Erlass der streitigen restriktiven Maßnahmen gerechtfertigt hat, und die Möglichkeit, diese zu verlängern, u. a. in Bezug auf den ersten Kläger regelmäßig zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als diese Maßnahmen den Gebrauch des Eigentumsrechts der betroffenen Personen einschränkten, wobei diese Einschränkung im Übrigen im Hinblick auf die allgemeine Tragweite des streitigen Einfrierens der Vermögenswerte als erheblich einzustufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, oben in Rn. 52 angeführt, Rn. 358). 101 So war die Geltungsdauer des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 anfangs auf ein Jahr beschränkt, und für seine Verlängerung war eine neue Entscheidung des Rates erforderlich, die notwendigerweise nach einer Überprüfung der Situation getroffen wurde. Im Übrigen war, wie die Kläger zutreffend ausführen, die Tatsache, dass die Geltungsdauer der Verordnung Nr. 314/2004 nicht begrenzt war, ganz einfach aus Verwaltungsgründen gerechtfertigt. 102 Nr. 31 des Dokuments 15114/05 des Rates lautet insoweit wie folgt: „Enthält ein GASP-Rechtsakt eine Ablauffrist, so bedeutet dies nicht automatisch, dass auch die Verordnungen zur Durchführung des GASP-Rechtsaktes eine Ablauffrist enthalten müssen: — Da die Verordnungen der Durchführung des GASP-Rechtsaktes dienen, müssen sie aufgehoben werden, wenn der GASP-Rechtsakt nicht mehr anwendbar ist … In einem solchen Fall können Verordnungen auch rückwirkend aufgehoben werden, wobei die davon betroffene Zeitspanne jedoch so kurz wie möglich gehalten werden sollte. — Werden die Maßnahmen durch einen nachfolgenden GASP-Rechtsakt verlängert, würde die Änderung der Ablauffrist der Verordnung oder die Annahme einer neuen Verordnung mit denselben Rechtsvorschriften lediglich Verwaltungsaufwand bedeuten, der vermieden werden sollte. Insbesondere in Fällen, in denen die Entscheidung über eine Verlängerung der Maßnahmen sehr kurzfristig getroffen wird, könnte es eine Zeitspanne geben, in der die Maßnahmen nicht anwendbar sind, solange noch keine Verordnung geändert oder erlassen wurde … Aus den genannten Gründen sollte die Verordnung vorzugsweise in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben wird.“ 103 Auch wenn die Geltungsdauer der Verordnung Nr. 314/2004 zeitlich nicht begrenzt war, versteht sich jedoch von selbst, dass, falls die Geltungsdauer des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161, den diese Verordnung umsetzen sollte, sowohl insgesamt als auch nur hinsichtlich bestimmter Personen, die von ihm betroffen waren, nicht verlängert würde, der Rat und die Kommission hinsichtlich der angeführten Personen auch die Verordnung Nr. 314/2004 aufheben würden Dies wird nämlich in Nr. 31 des oben angeführten Dokuments 15114/05 des Rates zumindest implizit anerkannt. 104 Im Übrigen bestreitet der Rat in seiner Klagebeantwortung nicht, dass eine Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung der streitigen restriktiven Maßnahmen besteht, macht jedoch geltend, diese seien tatsächlich einer solchen Prüfung unterzogen worden, bei der aber keine Gründe festgestellt worden seien, die ihre Aufhebung vor dem 15. Februar 2011 in Bezug auf den ersten Kläger hätten rechtfertigen können. Die Kommission führt aus, ihre Rolle sei darauf beschränkt gewesen, die vom Rat erlassenen Maßnahmen durchzuführen. 105 Da die Kläger sich auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte des ersten Klägers im Zusammenhang mit der regelmäßigen Überprüfung der streitigen Maßnahmen berufen, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist und auch dann sichergestellt werden muss, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Rn. 27, und vom 9. November 2006, Kommission/De Bry, C-344/05 P, Slg. 2006, I-10915, Rn. 37). Dieser Grundsatz gebietet es, dass der Betroffene in die Lage versetzt wird, zu den Umständen sachgerecht Stellung zu nehmen, auf die in der zu erlassenden Maßnahme zu seinen Lasten abgestellt werden könnte (Urteil Kommission/De Bry, Rn. 38). 106 Jedoch ergibt sich im Zusammenhang mit einer Nichtigkeitsklage aus einer ebenfalls ständigen Rechtsprechung, dass eine solche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur dann zu einer Nichtigerklärung führt, wenn das Verfahren ohne diese Verletzung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C-142/87, Slg. 1990, I-959, Rn. 48, und Beschluss des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, Kish Glass/Kommission, C-241/00 P, Slg. 2001, I-7759, Rn. 36). 107 In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Kläger mit einer Schadensersatzklage den Ersatz des Schadens verlangt, der ihm durch den Erlass eines Rechtsakts oder durch dessen Verlängerung unter Missachtung seiner Verteidigungsrechte entstanden sein soll, und in dem er keine Nichtigkeitsklage gegen den fraglichen Rechtsakt erhoben hat, ergibt sich logischerweise sowohl aus der oben in Rn. 106 angeführten Rechtsprechung als auch aus den Erwägungen zur Notwendigkeit des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen der behaupteten Rechtswidrigkeit und dem geltend gemachten Schaden (siehe oben, Rn. 24), dass nur die Geltendmachung einer Verletzung seiner Verteidigungsrechte nicht ausreicht, um die Begründetheit seiner Schadensersatzklage nachzuweisen. Es sind noch die Argumente und die Beweise zu nennen, die der Betroffene geltend gemacht hätte, wenn seine Verteidigungsrechte gewahrt worden wären, und es ist gegebenenfalls nachzuweisen, dass diese Argumente und Beweise in seinem Fall zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, d. h. im vorliegenden Fall und hinsichtlich des ersten Klägers dazu, dass ihm gegenüber die streitige restriktive Maßnahme des Einfrierens seiner Vermögenswerte nicht verlängert worden wäre. 108 Es ist jedoch festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Kläger dieses Erfordernis nicht beachtet haben. So erklären sie in ihren Schreiben nicht, welche Argumente und Beweise der erste Kläger hätte geltend machen können, wenn er vor jeder jährlichen Verlängerung der Geltungsdauer des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 angehört worden wäre, und wie diese Argumente und Beweise in Bezug auf seine Person zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, d. h. zur Streichung seines Namens von der Liste der Namen der Personen, deren Vermögenswerte eingefroren worden waren, zu einem früheren Zeitpunkt als dem 15. Februar 2011. 109 Infolgedessen ist, ohne dass es erforderlich wäre, festzustellen, ob, wie die Kläger geltend machen, der Rat verpflichtet war, den ersten Kläger vor jeder jährlichen Verlängerung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161, soweit sie ihn betraf, anzuhören, der Vorwurf der Verletzung der Verteidigungsrechte des ersten Klägers bei der Verlängerung der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen als unbegründet zurückzuweisen. 110 Es bleibt noch die Frage zu prüfen, ob die Organe der Union einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, indem sie den Namen des ersten Klägers nicht vor dem 15. Februar 2011 aus der Liste der Personen gestrichen haben, deren Vermögenswerte gemäß der Verordnung Nr. 314/2004 zur Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 eingefroren worden waren. 111 Es ist festzustellen, dass der einzige Punkt in dem Vorbringen der Kläger, der insoweit erheblich sein konnte, die Tatsache ist, dass gegenüber keinem der im Februar 2009 ernannten neuen Mitglieder der Regierung von Simbabwe das Einfrieren seiner Vermögenswerte analog demjenigen, das gegenüber dem ersten Kläger bis zum 15. Februar 2011 galt, angeordnet worden war. Somit ist zu prüfen, ob die Organe der Union einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, da sie nicht entschieden haben, den Namen des ersten Klägers aus der Liste der Namen der Personen, deren Vermögenswerte eingefroren wurden, zu streichen, während sie entschieden haben, die Namen der Mitglieder der Regierung von Simbabwe, die im Februar 2009 ihr Amt antraten, nicht in diese Liste aufzunehmen. Allgemeiner ist zu prüfen, ob es auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zurückzuführen ist, dass der Name des ersten Klägers nach dieser Entwicklung noch weitere zwei Jahre auf der genannten Liste verblieben ist. 112 Im vorliegenden Fall ist einzuräumen, dass die Entscheidung des Rates im Februar 2009, die restriktiven Maßnahmen aus dem Gemeinsamen Standpunkt 2004/161 nicht auf die neuen Mitglieder der Regierung von Simbabwe auszudehnen, die ihr Amt nach dem GPA angetreten haben, eine bedeutende Änderung seines Standpunkts darstellte. Bis zu dieser Entwicklung scheint es Standpunkt des Rates gewesen zu sein, dass die restriktiven Maßnahmen, u. a. das Einfrieren der Vermögenswerte, gegen jedes Mitglied der Regierung von Simbabwe allein deshalb zu erlassen waren, weil es Mitglied einer Regierung war, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich war (siehe auch oben, Rn. 57). Offensichtlich war dieser Standpunkt ab Februar 2009 nicht mehr aktuell, da die Vermögenswerte aller neuen Mitglieder der Regierung von Simbabwe, einschließlich derjenigen, die von der Zanu-PF‑Partei, die vor dem GPA allein an der Macht war, vorgeschlagen worden waren, nicht eingefroren wurden. 113 Der Rat bestätigt zu dieser Frage, dass nach dem Abschluss des GPA und der Ernennung der neuen Mitglieder der Regierung im Februar 2009 die Entscheidung getroffen worden sei, „aus der Liste [der Personen, die den restriktiven Maßnahmen unterlagen, weder den ersten Kläger] noch irgendein Mitglied der Regierung, das in der Liste aufgeführt war, zu streichen, bevor hinsichtlich der Haltung der Mitglieder der bestehenden Regierung gegenüber der aus dem GPA resultierenden Koalition nicht mehr Sicherheit bestand“. 114 Die Kläger beklagen zunächst, dass der Rat ihnen trotz zahlreicher Bitten ihrerseits das, was sie als die „Entscheidung“ betrachteten, die der Rat in seiner oben zusammengefassten Argumentation erwähne, nicht übermittelt habe. Sie berufen sich außerdem auf Auszüge aus dem Dokument GASP/00028/11 des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 18. Januar 2011, die sie auf einen Antrag auf Akteneinsicht erhalten hätten. In diesem Dokument sei der Name des ersten Klägers unter denjenigen der „hohen Beamten und Politiker, die gemäßigt sind und bei denen man davon ausgegangen ist, dass sie nicht unmittelbar mit den Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang stehen“, erwähnt, und es werde vorgeschlagen, dass er von der Liste der Namen der Personen, die den restriktiven Maßnahmen unterlagen, gestrichen werde. Die Kläger tragen vor, der Name des ersten Klägers sei nach dieser Einschätzung von der fraglichen Liste gestrichen worden. 115 Im Übrigen machen die Kläger geltend, als der erste Kläger in einem Schreiben seines Rechtsanwalts an den Rat „nur bestätigt“ habe, dass er ein Geschäftsmann und leidenschaftlicher Befürworter der Menschenrechte sei, sei sein Name sofort von der Liste mit den Namen der Personen, die restriktiven Maßnahmen unterlagen, gestrichen worden. 116 Zunächst ist festzustellen, dass die Kläger die Argumentation des Rates falsch verstanden haben, wenn sie beklagen, sie hätten keine Mitteilung der „Entscheidung“ erhalten, den Namen des ersten Klägers nicht von der Liste mit den Namen der Personen, deren Vermögenswerte eingefroren wurden, zu streichen. Es ist offensichtlich, dass der Rat mit seiner Bezugnahme auf eine solche „Entscheidung“ die von ihm 2009 und 2010 bei der Verlängerung der Geltungsdauer des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 getroffene Entscheidung meint, das Einfrieren der Vermögenswerte der Mitglieder der Regierung von Simbabwe, die vor dem GPA und der Änderung der im Februar 2009 erfolgten Zusammensetzung dieser Regierung ernannt worden waren, weiterhin in Kraft zu belassen. Die Gründe für diese Entscheidung ergeben sich aber aus dem Gemeinsamen Standpunkt 2009/68 und dem Beschluss 2010/92, mit denen die Geltungsdauer des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 bis zum 20. Februar 2010 bzw. 20. Februar 2011 verlängert worden war. 117 So wird im dritten Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2009/68, der vor der Änderung der Zusammensetzung der Regierung von Simbabwe im Februar 2009 erlassen wurde, Folgendes ausgeführt: „Angesichts der Lage in Simbabwe, insbesondere der von den Behörden Simbabwes organisierten und ausgeübten Gewalt und der anhaltenden Blockade der Umsetzung [des GPA], sollte der Gemeinsame Standpunkt 2004/161/GASP um weitere 12 Monate verlängert werden.“ 118 Der Gemeinsame Standpunkt 2009/68 hat außerdem den Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 durch einen neuen Anhang ersetzt, um darin die Namen einiger Personen zusätzlich aufzunehmen. Der den ersten Kläger betreffende Eintrag ist nicht geändert worden. 119 Die Erwägungsgründe 3 und 4 des Beschlusses 2010/92 lauten: „(3) Angesichts der Lage in Simbabwe, insbesondere der mangelnden Fortschritte bei der Umsetzung des [GPA], sollten die im Gemeinsamen Standpunkt 2004/161/GASP festgelegten restriktiven Maßnahmen um weitere zwölf Monate verlängert werden. (4) Es liegen allerdings keine Gründe mehr dafür vor, bestimmte Personen und Organisationen weiterhin in der Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen aufzuführen, auf die der Gemeinsame Standpunkt 2004/161/GASP Anwendung findet. Die Liste im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2004/161/GASP sollte entsprechend geändert werden.“ 120 Aus dem Anhang dieses letztgenannten Beschlusses ergibt sich außerdem, dass die Namen von sechs natürlichen Personen aus der Liste der Namen der Personen, die restriktiven Maßnahmen unterlagen, im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161 gestrichen wurden. Nur eine dieser sechs Personen, in diesem Fall Herr Joseph Msika, war Mitglied der Regierung von Simbabwe (Vizepräsident). Der Grund für die Streichung seines Namens aus dieser Liste war ganz offensichtlich der, dass er, wie die Parteien auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigten, am 4. August 2009 verstorben war. 121 Es ist somit offensichtlich, dass der Rat sowohl beim Erlass des Gemeinsamen Standpunkts 2009/68 als auch beim Erlass des Beschlusses 2010/92 der Meinung war, dass die Fortschritte bei der Umsetzung des GPA nicht ausreichend waren und dass, um weiterhin Druck auf die politischen Kräfte von Simbabwe auszuüben, die vor dem Abschluss des GPA alleinige Machthaber waren, die restriktiven Maßnahmen beizubehalten sind, die gegen die Mitglieder der Regierung dieses Landes, die beim Abschluss des GPA bereits im Amt waren, eingeführt worden waren. 122 Die Kläger haben nicht dargetan, inwiefern diese Beurteilung mit einem offensichtlichen Fehler behaftet war. Vielmehr bestätigt letztlich der Umstand, dass die im GPA, das im September 2008 geschlossen worden war, vorgesehene Ernennung der von der Oppositionspartei MDC vorgeschlagenen Minister erst mit mehreren Monaten Verspätung im Februar 2009 stattfand, die Einschätzung des Rates. 123 Die sich aus dem Dokument GASP/00028/11 des Europäischen Auswärtigen Dienstes (siehe oben, Rn. 114) ergebende Wertung, der zufolge der erste Kläger zu den „gemäßigten“ Politikern gehöre und nicht „unmittelbar“ mit den Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang gestanden habe, reicht nicht aus, um einen solchen Irrtum nachzuweisen. Zwar kann in Anbetracht dessen gefolgert werden, dass am 15. Februar 2011 beim Erlass des Beschlusses 2011/101, der zu einer Beendigung der gegenüber dem ersten Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen führte, der Rat die aktuelle Entwicklung der Situation in Simbabwe als genügend positiv erachtete, um die Aufhebung der restriktiven Maßnahmen gegenüber bestimmten „Moderaten“, u. a. dem ersten Kläger, zu rechtfertigen. Da jedoch von den Klägern nichts Gegenteiliges vorgetragen wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Rat einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem er eine solche Aufhebung nicht früher beschlossen hat. 124 Nach alledem kann der von den Klägern erhobene Vorwurf eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers dadurch, dass der Rat das Einfrieren der Vermögenswerte des ersten Klägers nicht zu einem früheren Zeitpunkt als dem 15. Februar 2011 aufgehoben hat, nicht zugelassen werden. Diese Rüge ist deshalb in vollem Umfang zurückzuweisen. 125 Da somit alle – oben in Rn. 49 zusammengefassten – Rügen, die von den Klägern geltend gemacht werden, um die Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens des Rates und der Kommission nachzuweisen, zurückzuweisen sind, ist die Klage gemäß der oben in Rn. 24 angeführten Rechtsprechung insgesamt abzuweisen. Kosten 126 Nach Art. 87 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag des Rates und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Achte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Herr Aguy Clement Georgias, die Trinity Engineering (Private) Ltd und die Georgiadis Trucking (Private) Ltd tragen ihre eigenen Kosten sowie diejenigen des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission. Gratsias Kancheva Wetter Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2014. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 3. Juli 2014. # Sharif University of Technology gegen Rat der Europäischen Union. # Rechtssache T-181/13.
62013TJ0181
ECLI:EU:T:2014:607
2014-07-03T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62013TJ0181 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62013TJ0181 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62013TJ0181 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 26. November 2013.#Groupe Gascogne SA gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff – Zurechenbarkeit einer Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft – Berücksichtigung der Gesamtumsätze der Gruppe bei der Berechnung der Obergrenze der Geldbuße – Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes.#Rechtssache C‑58/12 P.
62012CJ0058
ECLI:EU:C:2013:770
2013-11-26T00:00:00
Gerichtshof, Sharpston
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62012CJ0058 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 26. November 2013 (*1) „Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle — Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff — Zurechenbarkeit einer Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft — Berücksichtigung der Gesamtumsätze der Gruppe bei der Berechnung der Obergrenze der Geldbuße — Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht — Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes“ In der Rechtssache C‑58/12 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. Januar 2012, Groupe Gascogne SA mit Sitz in Saint-Paul-les-Dax (Frankreich), vertreten durch P. Hubert und E. Durand, avocats, Rechtsmittelführerin, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und N. von Lingen als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen und M. Safjan, der Richter J. Malenovský, E. Levits, A. Ó Caoimh, J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und D. Šváby sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin), Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2013, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. Mai 2013 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Groupe Gascogne SA (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. November 2011, Groupe Gascogne/Kommission (T‑72/06, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage auf Teilnichtigerklärung und Abänderung der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.354 – Industrielle Sackverpackungen) (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen worden ist, oder, hilfsweise, die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit damit die mit der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße bestätigt worden ist. Rechtlicher Rahmen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 2 Die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ersetzt hat, bestimmt in Art. 23 Abs. 2, der an die Stelle von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 getreten ist: „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen … … Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. …“ Richtlinie 83/349/EWG 3 Nach ihrem ersten Erwägungsgrund sollen mit der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel [44 Abs. 2 Buchst. g EG] über den konsolidierten Abschluss (ABl. L 193, S. 1) in der durch die Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 (ABl. L 178, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 83/349) die einzelstaatlichen Vorschriften über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, insbesondere von Gesellschaften, die Unternehmenszusammenschlüssen angehören, koordiniert werden. 4 Die Unternehmen, die zur Aufstellung des konsolidierten Abschlusses verpflichtet sind, sind in Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 83/349 definiert. Nach diesem Abs. 1 handelt es sich dabei insbesondere um jedes Mutterunternehmen, das „a) die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines Unternehmens (Tochterunternehmens) hat oder b) das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unternehmens (Tochterunternehmens) zu bestellen oder abzuberufen und gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter dieses Unternehmens ist oder c) das Recht hat, auf ein Unternehmen (Tochterunternehmen), dessen Aktionär oder Gesellschafter es ist, einen beherrschenden Einfluss … auszuüben“. 5 Nach Art. 16 Abs. 3 dieser Richtlinie hat „[d]er konsolidierte Abschluss … ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen zu vermitteln“. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung 6 Die Rechtsmittelführerin ist eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, die seit 1994 die Gascogne Sack Deutschland GmbH, vormals Sachsa Verpackung GmbH (im Folgenden: Sachsa), kontrolliert. 7 Die Rechtsmittelführerin hält 10 % der Geschäftsanteile von Sachsa unmittelbar. Ihre 100%ige Tochtergesellschaft, die Gascogne Deutschland GmbH, hält die übrigen 90 % der Geschäftsanteile von Sachsa. 8 Im Jahr 2001 unterrichtete die British Polythene Industries plc die Kommission von der Existenz eines Kartells im Industriesacksektor. 9 Nachdem die Kommission im Juni 2002 Nachprüfungen vorgenommen hatte, leitete sie am 29. April 2004 das Verwaltungsverfahren ein und erließ gegen mehrere Unternehmen, u. a. gegen die Rechtsmittelführerin, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 10 Am 30. November 2005 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, nach deren Art. 1 Abs. 1 Buchst. k Sachsa und die Rechtsmittelführerin dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen haben, dass sie vom 9. Februar 1988 bis zum 26. Juni 2002, was Sachsa angeht, und vom 1. Januar 1994 bis zum 26. Juni 2002, was die Rechtsmittelführerin betrifft, an einem System aus Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Industriesacksektor in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden zur Festsetzung von Preisen, Erarbeitung gemeinsamer Preisberechnungsmethoden, Aufteilung von Märkten, Zuweisung von Verkaufskontingenten, Kunden und Aufträgen, Abstimmungen von Angeboten auf Ausschreibungen und zum Austausch sensibler Informationen über einzelne Verkäufe mitgewirkt haben. 11 Die Kommission hat daher in Art. 2 Abs. 1 Buchst. i der streitigen Entscheidung eine Geldbuße von 13,2 Mio. Euro gegen Sachsa verhängt und festgelegt, dass davon 9,9 Mio. Euro im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung auf die Rechtsmittelführerin Groupe Gascogne entfallen. Angefochtenes Urteil 12 Die Rechtsmittelführerin erhob mit am 23. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift Klage gegen die streitige Entscheidung. Sie beantragte im Wesentlichen, diese Entscheidung, soweit diese sie betrifft, für nichtig zu erklären, die Entscheidung abzuändern, soweit gegen Sachsa eine Geldbuße festgesetzt wurde, die mehr als 10 % ihres Umsatzes beträgt, oder, hilfsweise, die gegen Sachsa und sie selbst gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße herabzusetzen. 13 Die Rechtsmittelführerin machte drei Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund wurde gerügt, dass die Kommission gegen Art. 81 EG verstoßen habe, indem sie ihr fälschlicherweise die Praktiken von Sachsa ab dem 1. Januar 1994 zugerechnet und sie damit zu Unrecht als Gesamtschuldnerin zur Zahlung eines Teils der gegen Sachsa verhängten Geldbuße herangezogen habe. Mit ihrem zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund trug die Rechtsmittelführerin vor, die Kommission habe dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen, dass sie den Begriff des Unternehmens im Sinne dieses Artikels falsch ausgelegt habe, und zugleich Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verkannt, indem sie sich bei der Ermittlung der Obergrenze der Geldbuße auf die konsolidierten Umsätze der Gruppe, an deren Spitze die Rechtsmittelführerin stehe, gestützt habe. Mit dem nachrangig hilfsweise geltend gemachten dritten Klagegrund wurde gerügt, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie der Rechtsmittelführerin eine überhöhte Geldbuße auferlegt habe. 14 Mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 beantragte die Rechtsmittelführerin die Wiedereröffnung des schriftlichen Verfahrens, weil sich während des Verfahrens ein neuer rechtlicher Grund ergeben habe, nämlich das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, insbesondere des Art. 6 EUV, mit dem die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) in den Rang von Primärrecht erhoben worden sei. 15 In der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2011 machte die Rechtsmittelführerin über die in ihrer Klageschrift enthaltenen Klagegründe hinaus mehrere auf die Charta gestützte Rügen und insbesondere eine Verletzung der in Art. 48 der Charta niedergelegten Unschuldsvermutung geltend. Hierzu hat das Gericht in den Randnrn. 27, 28 und 30 des angefochtenen Urteils ausgeführt: „27 … [D]ie Rügen der Klägerin, mit der sie eine Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und der Verteidigungsrechte, die in Art. 48 der Charta verbürgt sind, geltend macht, [werden] zusätzlich zu den Argumenten vorgebracht, die im Rahmen der in der Klageschrift enthaltenen Klagegründe angeführt worden sind, und weisen mit diesen ursprünglichen Argumenten keinen so engen Zusammenhang auf, dass sie als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden könnten. Diese Rügen sind daher als neu anzusehen. 28 Folglich ist zu prüfen, ob das Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union am 1. Dezember 2009, insbesondere des Art. 6, wonach die Charta und die Verträge rechtlich gleichrangig sind, eine neue Tatsache darstellt, die die Erhebung neuer Rügen rechtfertigt. Hierzu ist festzustellen, dass die von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Grundsätze zum Zeitpunkt des Erlasses der [streitigen] Entscheidung als allgemeine Grundsätze des Unionsrechts … Bestandteil der Unionsrechtsordnung und durch diese verbürgt waren … … 30 Daher ist festzustellen, dass sich die Klägerin nicht auf die mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon eingetretenen Änderungen der Unionsrechtsordnung berufen kann, um in der mündlichen Verhandlung die Verletzung des Art. 48 der Charta zu rügen …“ 16 Die drei von der Klägerin in der Klageschrift angeführten Nichtigkeitsgründe hat das Gericht als unbegründet zurückgewiesen. 17 Zum ersten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wurde, die Praktiken von Sachsa seien zu Unrecht der Rechtsmittelführerin zugerechnet worden, hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 69 und 70 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, nach der in Fällen, in denen eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft halte, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen habe, eine widerlegliche Vermutung bestehe, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübe. Das Gericht hat sodann in Randnr. 72 des Urteils ausgeführt, es stehe fest, dass „die Rechtsmittelführerin unmittelbar oder mittelbar 100 % der Geschäftsanteile von Sachsa hielt und daher die Möglichkeit hatte, das Marktverhalten von Sachsa zu kontrollieren“. Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 73 bis 93 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geprüft, wonach Sachsa ihr Vorgehen selbst habe bestimmen können und somit eigenständig gewesen sei. In Randnr. 74 des angefochtenen Urteils heißt es dazu: „Auch wenn einige Gesichtspunkte, die die Klägerin vorgebracht hat, darauf hindeuten, dass Sachsa weitgehende Selbstständigkeit genoss, bleibt doch die Tatsache bestehen, dass die Klägerin tatsächlich in die Betriebsführung ihrer Tochtergesellschaft eingriff, dass sie der Ausrichtung ihres Marktverhaltens wesentliche Grenzen setzte und dass sie somit die tatsächliche Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft ausübte.“ 18 In Randnr. 93 des angefochtenen Urteils hat das Gericht weiter ausgeführt: „Die Prüfung aller von der Klägerin und der Kommission vorgebrachten Beweismittel und Argumente ergibt, dass die Kommission keinen Beurteilungsfehler beging, als sie zu der Auffassung gelangte, dass die Klägerin die Geschäftsleitung ihrer Tochtergesellschaft regelmäßig überwachte, und der Klägerin die Verantwortung für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung zuwies. Auch ohne sich auf die Vermutung einer tatsächlichen Kontrolle – aufgrund des Alleineigentums der Klägerin an Sachsa – stützen zu müssen, konnte die Kommission aufgrund der Gesamtheit der ihr vorliegenden Beweismittel zu dem Ergebnis gelangen, dass die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft im vorliegenden Fall tatsächlich kontrollierte.“ 19 Zum zweiten Klagegrund, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 rügte, hat das Gericht in den Randnrn. 110 bis 113 des angefochtenen Urteils entschieden: „110 … [D]ie Obergrenze der Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 [ist] auf der Grundlage des Umsatzes des Unternehmens im wettbewerbsrechtlichen Sinne zu berechnen, d. h. des Gesamtumsatzes aller Gesellschaften, die zu der Gruppe gehören, deren Holdinggesellschaft die Klägerin ist. 111 … [B]ei der Berücksichtigung des konsolidierten Umsatzwertes der Muttergesellschaft im Rahmen der Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes des fraglichen Unternehmens [muss] nicht nachgewiesen werden, dass jede einzelne Tochtergesellschaft in der Gruppe ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt. 112 Die Berücksichtigung des konsolidierten Umsatzes der Muttergesellschaft … bedeutet nicht, dass die Tochtergesellschaften, die die Gruppe bilden, an deren Spitze diese Muttergesellschaft steht, für die festgestellte Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden. Denn die in der genannten Bestimmung bezeichnete Obergrenze dient allein dazu, die Festsetzung einer Geldbuße zu verhindern, die unter Berücksichtigung der Gesamtgröße der wirtschaftlichen Einheit zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung überhöht ist, wobei diese Gesamtgröße anhand des Umsatzes der die Unternehmensgruppe bildenden Gesellschaften zu beurteilen ist … 113 Daher erfordert die Berücksichtigung des konsolidierten Umsatzes der Muttergesellschaft zur Berechnung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes des betreffenden Unternehmens nicht, dass die die Gruppe bildenden Tochtergesellschaften alle auf demselben Markt tätig sind oder dass ein Zusammenhang zwischen diesen Tochtergesellschaften und der Zuwiderhandlung besteht.“ 20 Nach Prüfung aller Klagegründe hat das Gericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof 21 Die Rechtsmittelführerin beantragt, — das angefochtene Urteil aufzuheben; — hilfsweise, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als damit die mit der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Sanktion bestätigt wurde, und die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen oder die Geldbuße unmittelbar auf einen Betrag festzusetzen, der 10 % des kumulierten Umsatzes von ihr und Sachsa nicht übersteigt, und zwar unter weiterer Berücksichtigung der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Gericht; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 22 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen und — der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen. 23 Mit Schreiben vom 11. September 2012 hat die Rechtsmittelführerin unter Berufung auf Art. 42 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs in der damals geltenden Fassung beantragt, das schriftliche Verfahren wegen des Auftretens eines neuen Gesichtspunkts, nämlich ihrer äußerst schlechten Finanzlage, wiederzueröffnen. 24 Gemäß Art. 24 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 61 seiner Verfahrensordnung hat der Gerichtshof die Parteien, das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union sowie die Mitgliedstaaten zu der Beantwortung von Fragen aufgefordert, die die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung einer angemessenen Verfahrensdauer vor dem Gericht und die Maßnahmen betreffen, die den Folgen einer überlangen Verfahrensdauer abzuhelfen geeignet sind. Zum Rechtsmittel Zum ersten und zweiten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 25 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund beanstandet die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht die Rügen einer Verletzung der Unschuldsvermutung und der Verteidigungsrechte, die sie in der mündlichen Verhandlung auf der Grundlage der Charta erhoben habe, als verspätet und damit unzulässig zurückgewiesen habe. Das Gericht habe zum einen verkannt, dass diese Rügen einen hinreichenden Zusammenhang mit den in der Klageschrift ursprünglich angeführten Argumenten aufwiesen, und zum anderen, dass das Inkrafttreten des EU-Vertrags eine neue Tatsache darstelle, die es rechtfertige, dass solche Rügen nach Einreichung der Klageschrift geltend gemacht würden. 26 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandet die Rechtsmittelführerin, dass sie nach dem angefochtenen Urteil allein deshalb, weil sie das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft Sachsa halte, für deren wettbewerbswidriges Verhalten haftbar gemacht werden dürfe. Damit habe das Gericht die in Art. 48 der Charta verbürgte Unschuldsvermutung missachtet und gegen seine Pflicht zur Begründung seiner Urteile verstoßen. 27 Die Kommission macht geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund offensichtlich unbegründet sei. 28 Den zweiten Rechtsmittelgrund hält sie für unzulässig, da er im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sei. Er gehe außerdem ins Leere, weil sie die gesamtschuldnerische Haftung der Rechtsmittelführerin für die von Sachsa begangene Zuwiderhandlung nicht allein auf die Vermutung gestützt habe, dass mit dem vollständigen Eigentum an Sachsa die Ausübung eines bestimmenden Einflusses einhergehe. Jedenfalls sei der Rechtsmittelgrund unbegründet. Würdigung durch den Gerichtshof 29 Der erste und der zweite Rechtsmittelgrund, die Fragen nach der Wahrung der Unschuldsvermutung und der Verteidigungsrechte aufwerfen, sind zusammen zu prüfen. 30 Soweit sich die Rechtsmittelführerin im Rahmen ihres ersten Rechtsmittelgrundes gegen die Feststellung des Gerichts wendet, dass die in der mündlichen Verhandlung auf der Grundlage der Charta erhobenen Rügen keine bloße Erweiterung der ursprünglich in der Klageschrift dargelegten Gründe darstellten, genügt der Hinweis, dass sie in ihrer Rechtsmittelschrift ausdrücklich einräumt, sie habe in ihrer Klageschrift nicht ausdrücklich auf die Charta Bezug genommen, sondern in diesem Stadium des schriftlichen Verfahrens nur vorgebracht, dass der Beweis einer inexistenten Tatsache, wie des Fehlens von Weisungen einer Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft, praktisch unmöglich sei. Die Rechtsmittelführerin räumt auch ein, dass sie die Charta erst in einem späteren Verfahrensstadium, nämlich dem der Erwiderung, erwähnt habe, und zwar unter Berufung auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Straftatbestände und der Strafen, wie er in Art. 49 der Charta vorgesehen sei. 31 Unter diesen Umständen kann das Vorbringen der Rechtsmittelführerin gegen die in Randnr. 27 des angefochtenen Urteils enthaltene Beurteilung keinen Erfolg haben. Das Gericht hat in dieser Randnummer zu Recht festgestellt, dass die von der Rechtsmittelführerin in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge, es seien die Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte gemäß Art. 48 der Charta verletzt worden, mit den ursprünglich in der Klageschrift angeführten Argumenten keinen so engen Zusammenhang aufwiesen, dass sie als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden könnten. Das Gericht hat diese Argumente damit zutreffend als neu angesehen. 32 Zu der Frage, ob das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, wie die Rechtsmittelführerin weiter vorträgt, als ein Grund anzusehen gewesen wäre, der während des Verfahrens vor dem Gericht zutage getreten ist, und es deshalb nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts gerechtfertigt hätte, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass dieses Inkrafttreten, mit dem die Charta in das Primärrecht der Union einbezogen wurde, nicht als ein neuer rechtlicher Grund im Sinne von Art. 42 Abs. 2 Unterabs. 1 seiner Verfahrensordnung angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass er bereits vor dem Inkrafttreten dieses Vertrags wiederholt festgestellt hatte, dass das Recht auf ein faires Verfahren, wie es sich u. a. aus Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt, ein Grundrecht ist, das die Europäische Union als allgemeinen Grundsatz nach Art. 6 Abs. 2 EU achtet (vgl. u. a. Urteil vom 3. Mai 2012, Legris Industries/Kommission, C‑289/11 P, Randnr. 36). 33 Diese vom Gerichtshof für die Anwendung seiner Verfahrensordnung gegebene Auslegung gilt auch für die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts. 34 Demnach ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. 35 Soweit die Rechtsmittelführerin im Rahmen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes geltend macht, das Gericht habe unter Missachtung der in Art. 48 der Charta verbürgten Unschuldsvermutung ihre Haftung für die von ihrer Tochtergesellschaft Sachsa begangene Zuwiderhandlung allein deshalb bejaht, weil sie das gesamte Kapital von Sachsa halte, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung einer Partei, wenn sie vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen könnte, das sie vor dem Gericht hätte vorbringen können, aber nicht vorgebracht hat, letztlich gestattet würde, den Gerichtshof mit einem weiter reichenden Rechtsstreit zu befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels kann der Gerichtshof grundsätzlich nur überprüfen, wie das Gericht die vor ihm erörterten Angriffs- und Verteidigungsmittel gewürdigt hat. 36 Soweit mit dem zweiten Rechtsmittelgrund ein Verstoß gegen Art. 48 der Charta gerügt wird, ist er daher als unzulässig zurückzuweisen. 37 Soweit die Rechtsmittelführerin mit diesem Rechtsmittelgrund geltend macht, dass das Gericht gegen seine Begründungspflicht verstoßen habe, weil es nicht auf ihr Vorbringen eingegangen sei, wonach die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses sich in der Praxis wie eine unwiderlegbare Vermutung auswirke, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die dem Gericht gemäß Art. 36 und Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs obliegende Pflicht zur Begründung der Urteile nicht bedeutet, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandeln müsste. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann. 38 Insoweit hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 69 und 70 des angefochtenen Urteils zutreffend auf die einschlägige ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, die dieser nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon bestätigt hat (vgl. u. a. Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, Randnrn. 107 bis 111). Nach dieser Rechtsprechung besteht in Fällen, in denen eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat, eine widerlegliche Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Gemäß dieser Rechtsprechung kann die Kommission in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. u. a. Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, Randnr. 47). 39 Das Gericht hat sodann in den Randnrn. 73 bis 93 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geprüft, dass sie nicht in die Betriebsführung von Sachsa eingegriffen habe. Das Gericht hat in Randnr. 74 zwar eingeräumt, dass einige Argumente für eine große Eigenständigkeit von Sachsa sprächen. Dennoch ist es nach einer eingehenden Prüfung der von den Parteien vorgelegten Beweisstücke in Randnr. 93 zu dem Schluss gelangt, dass die Kommission insoweit keinen Beurteilungsfehler begangen habe. Nach Auffassung des Gerichts hatte die Kommission vielmehr fehlerfrei festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin die Geschäftsleitung ihrer Tochtergesellschaft regelmäßig überwacht habe, und die Rechtsmittelführerin für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht. 40 Anders als die Rechtsmittelführerin vorträgt, belegt der vom Gericht im angefochtenen Urteil gewählte Ansatz nicht, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf eine ganz oder nahezu ganz in ihrem Eigentum stehende Tochtergesellschaft in Wirklichkeit unwiderlegbar wäre. 41 Wie der Gerichtshof nämlich bereits entschieden hat, bedeutet der Umstand allein, dass eine Einheit in einem bestimmten Fall keine Beweismittel vorlegt, die geeignet sind, die Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt, zu widerlegen, insoweit nicht, dass diese Vermutung keinesfalls widerlegt werden könnte (Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C-521/09 P, Slg. 2011, I-8947, Randnr. 66). 42 Unter diesen Umständen ist die Argumentation der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, soweit sie geltend macht, die Würdigung ihres Vorbringens durch das Gericht zeige allein aufgrund ihres – aus Sicht der Rechtsmittelführerin negativen – Ergebnisses, dass eine unwiderlegbare Vermutung vorliege (vgl. in diesem Sinne Urteil Elf Aquitaine/Kommission, Randnr. 67). 43 Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 44 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, den Begriff des Unternehmens falsch ausgelegt zu haben. Es habe irrig die Auffassung vertreten, dass die Kommission zur Berechnung der Geldbußenobergrenze nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 den kumulierten Umsatz aller Gesellschaften habe berücksichtigen dürfen, die zu der von ihr geführten Gruppe gehörten. Diese kumulierten Umsätze hätten aber bei der Berechnung der Geldbuße, die wegen einer wettbewerbswidrigen Praxis einer ihrer Tochtergesellschaften festgesetzt worden sei, nur dann als Obergrenze gelten dürfen, wenn die gesamte Gruppe ein einheitliches Unternehmen gebildet hätte. Weder in der streitigen Entscheidung noch im angefochtenen Urteil sei indessen versucht worden, zu belegen, dass es sich um ein solches einheitliches Unternehmen gehandelt habe. 45 Über diesen Begründungsmangel hinaus habe das Gericht in Randnr. 108 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Gesamtgröße einer wirtschaftlichen Einheit „anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln ist, aus denen die Gruppe besteht, an deren Spitze letztlich die Holdinggesellschaft steht, da nur der Gesamtumsatz der zu dieser Gruppe gehörenden Gesellschaften die Größe und die Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens widerspiegeln kann“. Damit habe das Gericht die Begriffe der Gruppe und des Unternehmens verwechselt. 46 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung sei der Gesamtumsatz eines Unternehmens ein Indiz für seine wirtschaftliche Bedeutung und seinen Markteinfluss. Daher habe sie sich zur Ermittlung der Obergrenze der Geldbuße auf den Gesamtumsatz der Gruppe, an deren Spitze die Rechtsmittelführerin stehe, stützen dürfen, wie er sich aus den geltenden unionsrechtlichen Vorschriften über die konsolidierte Rechnungslegung ergebe. Würdigung durch den Gerichtshof 47 Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 EG verstoßen, mit der Maßgabe Geldbußen verhängen, dass die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen 10 % seines jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigt. 48 Durch diese Obergrenze der Geldbuße soll die Verhängung von Geldbußen verhindert werden, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können. Es handelt sich somit um eine Grenze, die einheitlich für alle Unternehmen gilt, von deren jeweiliger Größe abhängt und überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll (vgl. u. a. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnrn. 280 und 281). 49 Diese Zielsetzung ist jedoch im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, zu sehen, die die Berücksichtigung der Größe und der Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens rechtfertigt, d. h. der Gesamtressourcen des Urhebers der Zuwiderhandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C-413/08 P, Slg. 2010, I-5361, Randnr. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50 Es ist nämlich die angestrebte Wirkung auf das betreffende Unternehmen, die es rechtfertigt, dass die Größe und die Gesamtressourcen dieses Unternehmens berücksichtigt werden, um eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf (Urteil Lafarge/Kommission, Randnr. 104). 51 Unter diesen Umständen erscheint es berechtigt, bei der Bewertung der finanziellen Ressourcen eines Unternehmens, dem eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union zugerechnet wird, den Umsatz aller Gesellschaften zu berücksichtigen, auf die das betreffende Unternehmen einen bestimmenden Einfluss ausüben kann. 52 Insbesondere ist, wenn das Unternehmen, dem die Zuwiderhandlung zugerechnet wird, an der Spitze einer Gruppe von Gesellschaften steht, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, der für die Berechnung der Geldbußenobergrenze nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zu berücksichtigende Umsatz derjenige der gesamten Gruppe. 53 Dieser Gesamtumsatz ist nämlich der beste Indikator für die Fähigkeit des betreffenden Unternehmens, die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel aufzubringen. 54 Insoweit sollen, wie die Kommission geltend gemacht hat, die geltenden unionsrechtlichen Vorschriften über die konsolidierte Rechnungslegung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aller Gesellschaften vermitteln, die einer Gruppe angehören. Zur Aufstellung des konsolidierten Abschlusses ist daher nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie 83/349 jedes Mutterunternehmen verpflichtet, das u. a. die Mehrheit der Stimmrechte in einem Tochterunternehmens hat oder das Recht hat, Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines solchen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen, oder aber das Recht hat, auf ein solches Unternehmen einen „beherrschenden Einfluss“ auszuüben. 55 Daraus folgt, dass die Kommission, wenn sie in rechtlich hinreichender Weise dargetan hat, dass eine Zuwiderhandlung einer Gesellschaft zuzurechnen ist, die an der Spitze einer Gruppe steht, zur Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit dieser Gesellschaft deren konsolidierten Abschluss berücksichtigen kann, da dieser einen relevanten Gesichtspunkt der Beurteilung bildet. 56 Das Gericht hat demnach keinen Rechtsfehler begangen, als es in den Randnrn. 108 bis 110 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Obergrenze der gegen die Rechtsmittelführerin verhängten Geldbuße zu Recht auf der Grundlage des kumulierten Umsatzes aller Gesellschaften berechnet worden war, die zu der Gruppe gehören, an deren Spitze die Rechtsmittelführerin steht. 57 Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie, nachdem sie dargetan hat, dass die Muttergesellschaft für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar zu machen ist, für jede einzelne Tochtergesellschaft der Gruppe den Nachweis erbringt, dass sie ihr Marktverhalten nicht eigenständig bestimmt. Wie das Gericht in Randnr. 112 des angefochtenen Urteils entschieden hat, handelt es sich bei der Frage, ob die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zuzurechnen ist, und dem Verbot, eine Geldbuße zu verhängen, die über 10 % des Umsatzes des betreffenden Unternehmens hinausgeht, um zwei verschiedene Fragen, die unterschiedlichen Zielsetzungen entsprechen. Es ist gegebenenfalls Sache der Gesellschaft, nach deren Meinung der konsolidierte Umsatz die tatsächliche Wirtschaftslage nicht widerspiegelt, Gesichtspunkte anzuführen, die geeignet sind, eine Kontrollbefugnis der Muttergesellschaft zu widerlegen. 58 Der dritte Rechtsmittelgrund, wonach das Gericht einen Rechtsfehler begangen und seine Begründungspflicht verletzt haben soll, ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 59 Mit diesem Rechtsmittelgrund trägt die Rechtsmittelführerin vor, ihr in Art. 47 der Charta verbürgtes Grundrecht darauf, dass über ihre Sache innerhalb angemessener Frist entschieden werde, sei im vorliegenden Fall verletzt worden. 60 Die Rechtsmittelführerin erinnert daran, dass das Verfahren vor dem Gericht am 23. Februar 2006 begonnen habe und am 16. November 2011 beendet worden sei. Zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der ersten Mitteilung, die sie zum Stand des Verfahrens erhalten habe, habe eine lange Zeit der Untätigkeit des Gerichts gelegen. 61 Weder die Komplexität oder der Umfang der Akten noch die Zahl der in Rede stehenden Unternehmen oder Verfahrenssprachen könnten es rechtfertigen, dass sich das Gericht in diesem Zeitraum überhaupt nicht mit der Rechtssache beschäftigt habe. 62 Als sie beim Gericht ihre Klage gegen die streitige Entscheidung erhoben habe, habe sie beschlossen, die festgesetzte Geldbuße nicht sofort zu entrichten. Dafür habe sie aber Zinsen auf den Geldbußenbetrag zahlen und eine Bankbürgschaft stellen müssen. Die überlange Verfahrensdauer habe eine Erhöhung der mit diesem Vorgehen verbundenen Kosten bewirkt. 63 Die Rechtsmittelführerin beantragt daher, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als Sachsa damit eine Geldbuße auferlegt worden sei, für die sie gesamtschuldnerisch hafte, oder, hilfsweise, diese Geldbuße unter Berücksichtigung der finanziellen Belastung herabzusetzen, die sie wegen der Verletzung ihres Rechts auf Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist habe tragen müssen. 64 Die Kommission rügt diesen Rechtsmittelgrund als unzulässig, denn er sei nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht geltend gemacht worden. 65 In der Sache macht die Kommission geltend, dass die geeignete Abhilfe bei einer Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, mit der gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt worden sei, nicht in einer Herabsetzung der festgesetzten Geldbuße bestehe, sondern in einer Schadensersatzklage. Hilfsweise trägt die Kommission vor, dass diese Herabsetzung, wenn nach Auffassung des Gerichtshofs der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verletzt worden und diesem Verstoß durch eine Herabsetzung der Geldbuße abzuhelfen sei, allenfalls symbolisch sein dürfe. Würdigung durch den Gerichtshof – Zur Zulässigkeit 66 Wie aus Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und dessen Rechtsprechung hervorgeht, kann der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nachprüfen, ob das Gericht Verfahrensfehler begangen hat, durch die die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C-385/07 P, Slg. 2009, I-6155, Randnr. 176). 67 Zu der mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund geltend gemachten Unregelmäßigkeit ist festzustellen, dass nach Art. 47 Abs. 2 der Charta „[j]ede Person … ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“. Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, betrifft dieser Artikel den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Damit gilt dieses Recht, das vor dem Inkrafttreten der Charta in seiner Geltung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bestätigt worden war, auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung). 69 Obwohl die Rechtsmittelführerin in erster Linie den Zeitraum der Untätigkeit des Gerichts zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und dem Beginn des mündlichen Verfahrens beanstandet, hat sie die Verletzung dieses Rechts in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht nicht geltend gemacht. 70 Entgegen dem Vorbringen der Kommission kann diese Unterlassung nicht dazu führen, dass der vierte Rechtsmittelgrund deshalb unzulässig ist, weil er erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht worden ist. Denn eine Partei muss zwar einen Verfahrensfehler geltend machen können, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Verstoß gegen die geltenden Vorschriften vorliegt, sie kann aber nicht verpflichtet sein, dies in einem Stadium zu tun, in dem die volle Auswirkung dieses Verstoßes noch nicht bekannt ist. Was speziell die Überschreitung einer angemessenen Entscheidungsfrist betrifft, muss die klägerische Partei, die meint, dass diese Überschreitung vor dem Gericht ihre Interessen beeinträchtigt, diesen Verstoß nicht unverzüglich geltend machen. Sie kann gegebenenfalls den Abschluss des Verfahrens abwarten, um dessen Gesamtdauer und somit sämtliche Umstände in Erfahrung zu bringen, deren Kenntnis es bedarf, um die nach ihrer Auffassung erlittene Rechtsverletzung zu benennen. 71 Mithin ist der vierte Rechtsmittelgrund zulässig. – Zur Begründetheit 72 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Überschreitung einer angemessenen Entscheidungsfrist als ein Verfahrensfehler, der die Verletzung eines Grundrechts darstellt, der betreffenden Partei einen Rechtsbehelf eröffnen muss, der ihr eine angemessene Wiedergutmachung bietet (vgl. Urteil des EGMR vom 26. Oktober 2000, Kudla/Polen, Recueil des arrêts et décisions, 2000 XI, §§ 156 und 157). 73 Soweit die Rechtsmittelführerin die Aufhebung des angefochtenen Urteils und hilfsweise dessen Aufhebung, soweit damit die gegen sie verhängte Geldbuße bestätigt wurde, oder deren Herabsetzung beantragt, ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnrn. 190 und 196 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 74 Diese Rechtsprechung beruht insbesondere auf der Erwägung, dass die Aufhebung des angefochtenen Urteils, wenn die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist keine Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits hat, dem vom Gericht begangenen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abhelfen kann (Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 193). 75 Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin dem Gerichtshof keinen Anhaltspunkt dafür vorgetragen, dass sich die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht auf den Ausgang des bei diesem anhängigen Rechtsstreits auswirken konnte. 76 Daraus folgt, dass der vierte Rechtsmittelgrund entgegen dem Antrag der Rechtsmittelführerin als solcher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann. 77 Die Rechtsmittelführerin macht jedoch geltend, dass die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht für sie kostspielige Folgen gehabt habe, und beantragt deshalb, die Geldbuße, für die sie gesamtschuldnerisch hafte, aufzuheben. 78 Hierzu ist festzustellen, dass der Gerichtshof angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, der Rechtsmittelführerin nicht aus dem bloßen Grund der Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist erlauben kann, eine Geldbuße dem Grund oder der Höhe nach in Frage zu stellen, obwohl sämtliche Rechtsmittelgründe, die sie gegen die Feststellungen des Gerichts zur Höhe dieser Geldbuße und zu den mit ihr geahndeten Verhaltensweisen vorgebracht hat, zurückgewiesen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 194). 79 Daraus folgt, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist im Rahmen der Prüfung einer Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben worden ist, mit der gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union verhängt wurde, nicht dazu führen kann, dass die mit dieser Entscheidung verhängte Geldbuße ganz oder teilweise aufgehoben wird. 80 Soweit die Rechtsmittelführerin hilfsweise zur Wiedergutmachung des wirtschaftlichen Schadens, der ihr aus der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Gericht entstanden sein soll, eine Herabsetzung der Geldbuße beantragt, für die sie gesamtschuldnerisch haftet, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, als er mit einem ähnlichen Sachverhalt befasst war, einem solchen Antrag zunächst aus Gründen der Prozessökonomie und im Hinblick darauf, dass gegen einen solchen Verfahrensfehler ein unmittelbarer und effektiver Rechtsbehelf gegeben sein muss, stattgegeben und folglich die Geldbuße herabgesetzt hat (Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 48). 81 Später hat der Gerichtshof in einer Rechtssache, in der es um eine Entscheidung der Kommission ging, mit der ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung festgestellt, aber keine Geldbuße verhängt wurde, entschieden, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht zu einer Schadensersatzklage führen kann (Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 195). 82 Die vorliegende Rechtssache betrifft zwar einen Sachverhalt, der mit demjenigen vergleichbar ist, der dem Urteil Baustahlgewebe/Kommission zugrunde lag. Eine auf der Grundlage der Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV gegen die Union erhobene Schadensersatzklage stellt jedoch, da sie alle Fälle der Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer abdecken kann, einen effektiven und allgemeinen Rechtsbehelf zur Geltendmachung und Ahndung eines solchen Verstoßes dar. 83 Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Ergebnis, dass der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden ist, da eine solche Schadensersatzklage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. 84 Daraus folgt, dass der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden kann, sondern beim Gericht selbst eingeklagt werden muss. 85 Zu den Kriterien, anhand deren zu beurteilen ist, ob das Gericht den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist beachtet hat, ist festzustellen, dass die Angemessenheit der Entscheidungsfrist anhand der Umstände jeder einzelnen Rechtssache, etwa der Komplexität des Rechtsstreits und des Verhaltens der Parteien, zu beurteilen ist (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung). 86 Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Liste der relevanten Kriterien nicht abschließend ist und dass die Beurteilung der Angemessenheit dieser Frist keine systematische Prüfung der Umstände des Falles anhand jedes Kriteriums erfordert, wenn die Dauer des Verfahrens anhand eines von ihnen gerechtfertigt erscheint. Die Komplexität der Sache oder vom Kläger herbeigeführte Verzögerungen können daher herangezogen werden, um eine auf den ersten Blick zu lange Dauer zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Bei der Prüfung dieser Kriterien ist zu berücksichtigen, dass bei einem Rechtsstreit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel, zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird, nicht nur für den Rechtsmittelführer und seine Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 186 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 Es ist ebenfalls Sache des Gerichts, unter Prüfung der hierzu vorgelegten Nachweise sowohl die Verwirklichung des geltend gemachten Schadens als auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der überlangen Dauer des streitigen Gerichtsverfahrens zu beurteilen. 89 Insoweit ist hervorzuheben, dass das Gericht im Fall einer Schadensersatzklage mit der Begründung, es habe die Anforderungen zur Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist verkannt und dadurch Art. 47 Abs. 2 der Charta verletzt, gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV die allgemeinen Grundsätze zu berücksichtigen hat, die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten für auf ähnliche Verstöße gestützte Klagen gelten. In diesem Zusammenhang muss das Gericht insbesondere untersuchen, ob sich feststellen lässt, dass die von der Fristüberschreitung betroffene Partei neben einem materiellen Schaden auch einen immateriellen Schaden erlitten hat, der gegebenenfalls angemessen zu entschädigen ist. 90 Es ist daher Sache des nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständigen Gerichts, über solche Schadensersatzklagen in einer anderen Besetzung als derjenigen, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war, und unter Heranziehung der in den Randnrn. 85 bis 89 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterien zu entscheiden. 91 Dies vorausgeschickt, ist festzustellen, dass sich die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht, die sich auf fast fünf Jahre und neun Monate belief, durch keinen der Umstände der Rechtssache, die zum vorliegenden Rechtsstreit geführt hat, rechtfertigen lässt. 92 So ist insbesondere zu konstatieren, dass zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission im Februar 2007 und der Eröffnung der mündlichen Verhandlung im Dezember 2010 etwa drei Jahre und zehn Monate lagen. Die Länge dieser Zeitspanne lässt sich nicht mit den Umständen der Rechtssache erklären, ob es sich nun um die Komplexität des Rechtsstreits, das Verhalten der Parteien oder Zwischenstreitigkeiten handelt. 93 Was die Komplexität der Rechtssache angeht, so ergibt eine Überprüfung der in Randnr. 13 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Klage der Rechtsmittelführerin, dass die geltend gemachten Klagegründe zwar eine eingehende Prüfung erforderlich machten, aber keinen besonders hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen. Auch dass 15 Adressaten der streitigen Entscheidung beim Gericht Klagen auf deren Nichtigerklärung erhoben hatten, kann das Gericht nicht daran gehindert haben, innerhalb von weniger als drei Jahren und zehn Monaten eine Zusammenfassung der Akten zu erstellen und die mündliche Verhandlung vorzubereiten. 94 Es ist hervorzuheben, dass das Gericht während dieser Zeitspanne das Verfahren weder unterbrochen noch verzögert hat, indem es irgendeine prozessleitende Maßnahme erlassen hätte. 95 Was das Verhalten der Parteien und das Auftreten von Zwischenstreitigkeiten anbelangt, kann der Umstand, dass die Rechtsmittelführerin im Oktober 2010 die Wiedereröffnung des schriftlichen Verfahrens beantragt hat, nicht die seit dessen Abschluss bereits abgelaufene Zeitspanne von drei Jahren und acht Monaten rechtfertigen. Dass der Rechtsmittelführerin im Dezember 2010 mitgeteilt wurde, die mündliche Verhandlung werde im Februar 2011 stattfinden, zeigt darüber hinaus, wie die Generalanwältin in Nr. 105 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dass sich dieser Zwischenstreit auf die Gesamtdauer des Verfahrens allenfalls geringfügig oder gar nicht ausgewirkt hat. 96 Nach alledem ist festzustellen, dass das Verfahren vor dem Gericht gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta verstoßen hat, da die Anforderungen zur Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist verkannt wurden. Dies bildet einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 42). 97 Aus den in den Randnrn. 73 bis 84 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. Zur Finanzlage der Rechtsmittelführerin 98 In der mündlichen Verhandlung hat die Rechtsmittelführerin dem Gerichtshof Angaben zu ihrer gegenwärtigen Finanzlage vorgelegt, aus denen sich ergeben soll, dass sie die in der streitigen Entscheidung festgesetzte Geldbuße nicht zahlen kann. Diese Ausführungen, die ihren Antrag auf vollständige Aufhebung oder, hilfsweise, Herabsetzung dieser Geldbuße stützen sollen, sind ihrer Ansicht nach zulässig, da sie zum einen im Zusammenhang mit einer neuen Tatsache im Sinne von Art. 127 der Verfahrensordnung stünden und zum anderen eine Erweiterung des vierten Rechtsmittelgrundes darstellten, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist gerügt werde. 99 Die Kommission macht geltend, dass dieses Vorbringen neu und damit unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei, weil es nicht durch Beweise erhärtet werde. 100 Hierzu ist festzustellen, dass beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt sind. Um beurteilen zu können, ob die Rechtsmittelführerin in der Lage ist, die ihr von der Kommission auferlegte Geldbuße zu zahlen, müsste der Gerichtshof Tatsachenfragen prüfen, die im Rahmen eines Rechtsmittels nicht in seine Zuständigkeit fallen. 101 Ebenso wenig darf der Gerichtshof bei seiner Entscheidung über ein Rechtsmittel seine eigene Würdigung aus Gründen der Billigkeit an die Stelle der Würdigung des Gerichts setzen, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der wegen Verletzung des Unionsrechts gegen ein Unternehmen verhängte Geldbuße entscheidet (vgl. u. a. Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, I‑3921, Randnr. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung). Überdies ist die Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die wirtschaftliche Lage des betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu verschaffen (vgl. u. a. Urteil SGL Carbon/Kommission, Randnr. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu ihrer Finanzlage ist daher als unzulässig und jedenfalls unbegründet zurückzuweisen. 103 Es ist jedoch hinzuzufügen, dass es der Rechtsmittelführerin freisteht, ihre finanziellen Schwierigkeiten, soweit sie einen Kausalzusammenhang zwischen diesen und der Nichteinhaltung des Grundsatzes der angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht für gegeben hält, im Rahmen einer beim Gericht nach den Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV erhobenen Klage geltend zu machen (vgl. Randnrn. 88 bis 90 des vorliegenden Urteils). 104 Nach alledem greift keiner der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgründe durch, so dass das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen ist. Kosten 105 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist, über die Kosten. 106 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Groupe Gascogne SA trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer) 12. Dezember 2013.#CH gegen Europäisches Parlament.#Öffentlicher Dienst – Akkreditierte parlamentarische Assistenten – Vorzeitige Auflösung des Vertrags – Antrag auf Beistand – Mobbing.#Rechtssache F‑129/12.
62012FJ0129
ECLI:EU:F:2013:203
2013-12-12T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer) 12. Dezember 2013(*) „Öffentlicher Dienst – Akkreditierte parlamentarische Assistenten – Vorzeitige Auflösung des Vertrags – Antrag auf Beistand – Mobbing“ In der Rechtssache F‑129/12 betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, CH, akkreditierte parlamentarische Assistentin des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Levi, C. Bernard-Glanz und A. Tymen, Klägerin, gegen Europäisches Parlament, vertreten durch: S. Alves und E. Taneva als Bevollmächtigte, Beklagter, erlässt DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST(Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kreppel sowie der Richter E. Perillo und R. Barents (Berichterstatter), Kanzler: J. Tomac, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2013, folgendes Urteil 1        Mit Klageschrift, die am 31. Oktober 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt CH die Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2012, ihren Vertrag als akkreditierte parlamentarische Assistentin aufzulösen, die Aufhebung der Entscheidung vom 15. März 2012, ihren Antrag auf Beistand abzulehnen, und, soweit erforderlich, die Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen über die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden sowie die Verurteilung des Parlaments, ihr einen Betrag von 120 000 Euro als Schadensersatz zu zahlen. Rechtlicher Rahmen 2        Der rechtliche Rahmen der vorliegenden Rechtssache besteht aus den Art. 12a und 24 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) sowie aus Art. 2 Buchst. c. und den Art. 127, 130 und Art. 139 Abs. 1 Buchst. d der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (im Folgenden: BSB). 3        Art. 31 („Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen“) Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.“ 4        In Art. 41 („Recht auf eine gute Verwaltung“) der Charta heißt es: „(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. (2) Dieses Recht umfasst insbesondere a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird … …“ 5        Art. 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments, die auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist, bestimmt: „Das Verhalten der Mitglieder ist geprägt von gegenseitigem Respekt, beruht auf den in den Grundlagentexten der Europäischen Union festgelegten Werten und Grundsätzen, achtet die Würde des Parlaments und darf weder den ordnungsgemäßen Ablauf der parlamentarischen Arbeit beeinträchtigen noch Ruhestörungen in den Gebäuden des Parlaments verursachen …“ 6        Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zu Titel VII der BSB, die mit Beschluss des Präsidiums des Parlaments vom 9. März 2009 erlassen und zuletzt durch den Beschluss des Präsidiums des Parlaments vom 13. Dezember 2010 geändert wurden (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen), sieht Folgendes vor: „Wenn der Assistent, das Mitglied oder die Mitgliedergemeinschaft, die er unterstützt, den Vertrag vor seinem Auslaufen beenden möchten, übermittelt der Assistent oder das zuständige Mitglied der zuständigen Dienststelle des Generalsekretariats des Parlaments einen entsprechenden schriftlichen Antrag, in dem der Grund oder die Gründe genannt werden, aus denen die vorzeitige Auflösung des Vertrags beantragt wird. Nach Prüfung des Antrags beendet die zum Abschluss von Dienstverträgen befugte Stelle den Vertrag entweder gemäß Artikel 139 Absatz 1 Buchstabe d der [BSB] unter Einhaltung der vorgesehenen Kündigungsfrist oder gemäß Artikel 139 Absatz 3 der [BSB] unter Einhaltung der vorgesehenen Bedingungen.“ Sachverhalt 7        Am 1. Oktober 2004 wurde die Klägerin von Herrn B., Abgeordneter des Parlaments, als parlamentarische Assistentin mit einem Vertrag eingestellt, der am Ende der Legislaturperiode 2004/2009 auslaufen sollte. Infolge des Endes des Mandats von Herrn B. im Jahr 2007 wurde die Klägerin ab dem 1. Dezember 2007 bis zum Ende dieser Legislaturperiode im Jahr 2009 als parlamentarische Assistentin einer anderen Abgeordneten des Parlaments, Frau P., eingestellt. Mit Wirkung zum 1. August 2009 wurde die Klägerin vom Parlament als akkreditierte parlamentarische Assistentin im Sinne von Art. 5a der BSB (im Folgenden: APA) bis zum Ende der Legislaturperiode 2009/2014 zur Unterstützung von Frau P. eingestellt. Ihr Vertrag sah eine Einstufung in die Besoldungsgruppe 14 der Funktionsgruppe II vor. 8        Mit Wirkung zum 1. September 2010 wurde dieser Vertrag durch einen neuen Vertrag ersetzt, mit dem die Klägerin neu in die Besoldungsgruppe 11 der Funktionsgruppe II eingestuft wurde. 9        Ab dem 27. September 2011 befand sich die Klägerin im Krankheitsurlaub, der bis zum 19. April 2012 verlängert wurde. 10      Am 26. Oktober 2011 stellte der die Klägerin behandelnde Arzt, Dr. A. G., eine Bescheinigung aus, in der ihr ängstlich-depressiver Zustand, die Wiederkehr einer „grüblerischen“ Verfassung und Essstörungen festgestellt wurden und auf eine Erklärung der Klägerin Bezug genommen wurde, nach der sie Opfer von Mobbing an ihrem Arbeitsplatz sei. In einem an Dr. A. G. gerichteten Gutachten vom 20. November 2011 stellte Dr. Y. G., Neuropsychiater, das Fortbestehen einer ängstlich-depressiven Störung fest. Am 22. November 2011 kam Dr. J. de M., Verantwortlicher der Abteilung für medizinisch-psychologische Gutachten der Universitätsklinik Brugmann in Brüssel (Belgien), zu dem Ergebnis, dass ein reaktives Burn-out-Syndrom vorliege, und erklärte, die ängstlich-depressive Störung der Klägerin habe ihren Ursprung in einem „in der Arbeit erlebten Mobbing“. 11      Am 28. November 2011 unterrichtete die Klägerin den beim Parlament eingerichteten Beratenden Ausschuss „Mobbing und Prävention von Mobbing am Arbeitsplatz“ (im Folgenden: Beratender Ausschuss „Mobbing“) über ihre Situation und das Verhalten von Frau P. ihr gegenüber. Am 6. Dezember 2011 befragte die Klägerin die Gesamtheit der Mitglieder dieses Ausschusses über die für das Einlegen einer Beschwerde wegen Mobbings erforderlichen Schritte. Mit E‑Mail vom 12. Dezember 2011 übermittelte die Klägerin der Gesamtheit der Mitglieder des Beratenden Ausschusses „Mobbing“ sowie dem Generalsekretär des Parlaments eine am selben Tag an Frau P. gerichtete E-Mail, in der sie ihren Gesundheitszustand infolge des Mobbings durch Letztere beschrieb. Mit E-Mail vom 21. Dezember 2011 wandte sich die Klägerin mit der Bitte um ein Treffen an den Vorsitzenden des Ausschusses. 12      Am 22. Dezember 2011 brachte die Klägerin über ihre Anwälte einen Antrag auf Beistand nach Art. 24 des Statuts ein, in dem sie vorbrachte, Opfer von Mobbing durch Frau P. zu sein, und die Anordnung von Abstandsmaßnahmen sowie die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung beantragte. 13      Am 6. Januar 2012 übermittelte Frau P. dem Referat Einstellung und Versetzung von Personal, das bei der Direktion Entwicklung der Humanressourcen der Generaldirektion Personal des Generalsekretariats des Parlaments eingerichtet ist, einen schriftlichen Antrag auf Auflösung des Vertrags der Klägerin. Am 18. Januar 2012 bestätigte Frau P. diesen Antrag. 14      Mit Entscheidung vom 19. Januar 2012 wurde der Vertrag der Klägerin mit Wirkung zum 19. März 2012 wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses aufgelöst (im Folgenden: Entlassungsentscheidung). Die Klägerin wurde während der Kündigungsfrist beurlaubt. Im Begleitschreiben zu dieser Entscheidung unterrichtete der zuständige Referatsleiter die Klägerin über den Eingang eines Antrags von Frau P. auf Beendigung des Vertrags der Klägerin am 18. Januar 2012. Frau P. war der Ansicht, dass erstens die Klägerin nicht die erforderlichen Fachkenntnisse habe, um die Arbeit der Parlamentsausschüsse, deren Mitglied sie sei, zu verfolgen, und zweitens die Klägerin sich sowohl ihr gegenüber als auch gegenüber anderen Abgeordneten und Assistenten teilweise inakzeptabel verhalte. Aus diesen Gründen könne Frau P. der Klägerin hinsichtlich ihrer weiteren Unterstützung nicht mehr vertrauen. 15      Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 ersuchten die Anwälte der Klägerin um eine Kopie des von Frau P. verfassten Antrags auf Entlassung. Auf dieses Ersuchen übermittelte ihnen das zuständige Referat des Parlaments mit Schreiben vom 2. Februar 2012 eine nicht erschöpfende Auflistung von Beispielen, die den Verlust des Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und Frau P. aufzeigten. 16      Mit Schreiben vom 7. Februar 2012 wiesen die Anwälte der Klägerin darauf hin, dass der Antrag der Klägerin auf Beistand unbeantwortet geblieben sei. 17      Mit an Dr. A. G. gerichtetem Schreiben vom 4. März 2012 stellte Dr. Y. G. eine Verschlimmerung der ängstlich-depressiven Störung der Klägerin zum einen aufgrund der Tatsache, dass das Parlament das „erlebte Mobbing“ nicht anerkannt habe, und zum anderen aufgrund der Entlassungsentscheidung fest. 18      Mit Schreiben vom 15. März 2012 betreffend den Antrag der Klägerin auf Beistand erklärte der zuständige Generaldirektor des Parlaments, zur Anwendbarkeit von Art. 24 des Statuts nicht Stellung zu nehmen, da dieser Antrag aufgrund der Auflösung des Vertrags der Klägerin und ihrer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit gegenstandslos geworden sei (im Folgenden: den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung). 19      Am 30. März 2012 legte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde gegen die Entlassungsentscheidung ein. Am 22. Juni 2012 legte die Klägerin auf derselben Grundlage Beschwerde gegen die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung ein. 20      Mit Entscheidung vom 20. Juli 2012 gab der Generalsekretär des Parlaments der Beschwerde gegen die Entlassungsentscheidung teilweise statt und entschied, den Zeitpunkt des Auslaufens des Vertrags der Klägerin im Hinblick auf ihren bis zum 19. April 2012 bestätigten Krankheitsurlaub gemäß Art. 139 Abs. 1 Buchst. d letzter Satz der BSB auf den 20. Juni 2012 zu verschieben. 21      Mit Entscheidung vom 8. Oktober 2012 wies der Generalsekretär des Parlaments die Beschwerde gegen die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung zurück. Anträge der Parteien 22      Die Klägerin beantragt, –        die Entlassungsentscheidung aufzuheben; –        die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung aufzuheben; –        soweit erforderlich, die Entscheidungen des Generalsekretärs des Parlaments vom 20. Juli 2012, mit der ihre Beschwerde vom 30. März 2012 gegen die Entlassungsentscheidung zurückgewiesen wurde, und vom 8. Oktober 2012, mit der ihre Beschwerde vom 22. Juni 2012 gegen die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung zurückgewiesen wurde, aufzuheben; –        das Parlament zu verurteilen, ihr einen Betrag von 120 000 Euro als Schadensersatz zu zahlen; –        dem Parlament die gesamten Kosten aufzuerlegen. 23       Das Parlament beantragt, –         die Klage als unbegründet abzuweisen; –         der Klägerin die gesamten Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zum Antrag auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen über die Beschwerden 24      Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt ein Aufhebungsantrag, der formal gegen die Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtet ist, in dem Fall, dass diese Entscheidung keinen eigenständigen Gehalt hat, dass das Gericht mit der Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Randnr. 8, Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2009, Hoppenbrouwers/Kommission, F‑104/07, Randnr. 31). Unter diesen Umständen sind die Anträge auf Aufhebung als nur gegen die Entlassungsentscheidung und die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung gerichtet anzusehen, da die Entscheidung vom 20. Juli 2012, mit der die Beschwerde vom 30. März 2012 gegen die Entlassungsentscheidung zurückgewiesen wurde, sowie die Entscheidung vom 8. Oktober 2012, mit der die Beschwerde vom 22. Juni 2012 gegen die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung zurückgewiesen wurde, keinen eigenständigen Gehalt haben. Zum Antrag auf Aufhebung der Entlassungsentscheidung und der den Antrag auf Beistand ablehnenden Entscheidung Vorbringen der Parteien –       Vorbringen der Klägerin 25      Laut der Klägerin besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem in Rede stehenden Mobbing, dem Mobbenden und der Entlassungsentscheidung, da diese Entscheidung auf den Antrag des Urhebers des Mobbings, Frau P., gestützt sei. Die das Mobbing begründenden Tatsachen seien im Antrag auf Beistand und den Beschwerden genau und ausführlich beschrieben und soweit möglich dokumentiert worden, so dass Frau P. nicht habe behaupten können, die Situation nicht zu kennen. Das Verhalten von Frau P. zeige eine dauerhafte Unzufriedenheit, die eine systematische Herabwürdigung der Leistungen und der Fähigkeiten der Klägerin, unaufhörliche verletzende und unkonstruktive Kritik in ihrer Gegenwart oder vor Dritten sowie eine ständige Infragestellung ihrer Arbeit zur Folge habe. Es würden nicht mehr nur die Qualität ihrer Arbeit, sondern ihre Person und ihre Würde in Frage gestellt. 26      Sodann gibt die Klägerin konkrete Beispiele für das von ihr als missbräuchlich angesehene Verhalten von Frau P. ihr gegenüber, insbesondere für die Herabwürdigung vor Dritten. Nach dem Urteil des Gerichts vom 24. Februar 2010, Menghi/ENISA (F‑2/09), beruhe die Entlassungsentscheidung auf einem Ermessensmissbrauch und sei aufzuheben. Diese Entscheidung sei nämlich nicht mit dem Ziel getroffen worden, Frau P. zu erlauben, sich von einer Assistentin zu trennen, mit der das Vertrauensverhältnis verlorengegangen sei, sondern mit dem Ziel, sich einer Assistentin zu „entledigen“, deren Antrag auf Beistand Frau P. hätte schaden können. Es sei Sache der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde (im Folgenden: AHCC), die mit einem Antrag auf Entlassung befasst sei, die Stichhaltigkeit der von Frau P. geltend gemachten Gründe zu beurteilen. Die AHCC könne sich nicht darauf beschränken, jedem von einem Abgeordneten stammenden Antrag auf Entlassung seines Assistenten stattzugeben, erst recht nicht, wenn Letzterer einen Antrag auf Beistand eingebracht habe. Hinsichtlich der ablehnenden Entscheidung über die Beschwerde gegen die Entlassungsentscheidung habe das Parlament sich nicht nur geweigert, eine offensichtlich auf einem Ermessensmissbrauch beruhende Entscheidung aufzuheben, sondern es habe auch gegen seine Begründungspflicht verstoßen, indem es zu Recht vorgetragene Hinweise außer Acht gelassen und nicht über die Frage des Ermessensmissbrauchs entschieden habe. Die Aufrechterhaltung der Entlassungsentscheidung habe sodann dem Parlament auch erlaubt, die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung aus dem Grund zu rechtfertigen, dass die Entlassung sie gegenstandslos gemacht habe. Schließlich sei die Entlassungsentscheidung auch deshalb aufzuheben, weil sie gegen Art. 12a des Statuts und die Gewähr verstoße, die diese Bestimmung den Bediensteten leiste, die ein Mobbing anzeigten. 27      Als offensichtlichen Beurteilungsfehler rügt die Klägerin die Gründe, auf die die Entlassungsentscheidung gestützt ist, und die Weigerung des Parlaments, diesen Fehler anzuerkennen. Die Klägerin weist darauf hin, dass Frau P. nach fast zweijähriger Zusammenarbeit entschieden habe, das Dienstverhältnis mit der Klägerin gemäß ihrem ersten Vertrag fortzusetzen. Was das Argument anbelange, auf das die Entlassungsentscheidung gestützt sei, wonach sich die Klägerin gegenüber ihren Kollegen inakzeptabel verhalten habe, sei für diese Behauptung kein Beweis beigebracht worden. 28      Zur den Antrag auf Beistand ablehnenden Entscheidung führt die Klägerin das Urteil des Gerichts vom 8. Februar 2011, Skareby/Kommission (F‑95/09), an und bringt vor, dass eine Entlassungsentscheidung einen Antrag auf Beistand nicht automatisch gegenstandslos mache. Zwar seien die beantragten Abstandsmaßnahmen infolge der Entlassung nicht mehr von Interesse, doch sei Art. 24 des Statuts auf APA anwendbar, und man könne ihr daher den Beistand und folglich die Einleitung einer Untersuchung nicht verweigern. –       Vorbringen des Parlaments 29      Einleitend hat das Parlament einige Bemerkungen zur Rechtsstellung der APA vorgetragen. Zunächst könne die Rechtsprechung auf dem Gebiet der Auflösung von Zeitbedienstetenverträgen nach Art. 2 Buchst. c der BSB entsprechend auf die Entlassung von APA angewandt werden, da das gegenseitige Vertrauen ein beiden Vertragsarten gemeinsamer wesentlicher Bestandteil sei. Dazu nimmt das Parlament auf das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. Oktober 2006, Bonnet/Gerichtshof (T‑406/04), und auf das Urteil des Gerichts vom 7. Juli 2010, Tomas/Parlament (F‑116/07, F‑13/08 und F‑31/08), Bezug. Zum Verfahren der Vertragsauflösung nach Art. 139 Abs. 1 Buchst. d der BSB und Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen führt das Parlament aus, die zuständige AHCC könne, wenn sie von einem Abgeordneten aufgrund der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses einen Antrag auf Beendigung des Vertrags eines APA vor seinem Auslaufen erhalte, nur diese Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Kenntnis nehmen und dem Antrag auf Entlassung stattgeben. Die AHCC verfüge nämlich bei der Umsetzung dieses Antrags über keinen Ermessensspielraum. Bei der von Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Prüfung dieses Antrags durch die AHCC handle es sich nur um eine verwaltungsmäßige Behandlung zur Vorbereitung der Entlassung und um die Durchführung des Verfahrens unter Einhaltung der Kündigungsfrist nach Art. 139 Abs. 1 Buchst. d der BSB. Folglich verfüge die AHCC bei der Umsetzung eines sich auf den Verlust des Vertrauensverhältnisses gründenden Antrags auf Entlassung eines APA über keinen Ermessensspielraum. Die Befugnisse der AHCC seien daher im Sinne der Auflösung des Vertrags der Klägerin auf Antrag von Frau P. aufgrund des Verlusts des für die Fortsetzung einer Arbeitsbeziehung zwischen ihr und der Klägerin unverzichtbaren Vertrauens gebunden gewesen. 30      Zum Ermessensmissbrauch und zum Mobbing trägt das Parlament vor, die Behauptungen und Anschuldigungen der Klägerin seien auf keine Dokumente oder sonstigen Beweismittel zum Nachweis ihrer Richtigkeit gestützt, und das Vorbringen der Klägerin, wonach die Entlassungsentscheidung auf einem Ermessensmissbrauch beruhe, da sie getroffen worden sei, um die Klägerin zu mobben, sei als unbegründet zurückzuweisen. Der Umstand, dass nach den der Klageschrift als Anlagen beigefügten medizinischen Gutachten die ängstlich-depressive Störung der Klägerin ihren Ursprung in einem „in der Arbeit erlebten Mobbing“ habe, erlaube nicht die Feststellung eines solchen Mobbings, da diese Gutachten sich auf subjektive Beschreibungen ihrer Arbeitsbedingungen durch die Klägerin gründeten. Auch habe Frau P. das zuständige Referat erstmals zwischen dem 28. November und dem 5. Dezember 2011 bezüglich des Ablaufs des Verfahrens zur Entlassung der Klägerin kontaktiert, also lange vor Stellung des Antrags auf Beistand. Daraus folge, dass die AHCC die Entlassungsentscheidung nicht erlassen habe, um sich der Klägerin infolge der Stellung ihres Antrags auf Beistand zu „entledigen“. Schließlich bestreitet das Parlament, dass die ablehnende Entscheidung über die Beschwerde gegen die Entlassungsentscheidung einen Begründungsmangel aufweise. 31      Zu einem offensichtlichen Beurteilungsfehler habe die Klägerin, die u. a. mit der Beurteilung der Frage betraut gewesen sei, ob in der Akte betreffend die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) Änderungen vorzuschlagen seien oder nicht, nicht nachgewiesen, dass die vorgeschlagenen Änderungen nicht „unpräsentierbar“ gewesen seien. Folglich habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die AHCC einen solchen Fehler begangen habe. Sodann habe das Parlament die Klägerin in der Entlassungsentscheidung nicht beschuldigt, sie habe die Arbeiten des Ausschusses für Wirtschaft und Währung mangelhaft verfolgt. Die Klägerin, die der Funktionsgruppe II angehört habe, habe hauptsächlich Aufgaben wie die Abfassung von Texten und Beratungstätigkeiten auszuführen gehabt. Im Schreiben vom 2. Februar 2012 habe die AHCC jedoch darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwar „durchaus Sekretariatstätigkeiten ausführen [konnte], doch nicht das erforderliche politische Urteilsvermögen … zeigt[e], um [Frau P.] bei der Verfolgung [der Arbeiten] der Parlamentsausschüsse … wirksam unterstützen zu können“. 32      Zur den Antrag auf Beistand ablehnenden Entscheidung führt das Parlament zunächst aus, dass die Art. 12a und 24 des Statuts auf Abgeordnete nicht anwendbar seien. Sodann stütze sich die Ablehnung des Antrags auf Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung auf zwei Gründe: zum einen auf die Tatsache, dass dieser Antrag infolge der Entlassung der Klägerin gegenstandslos geworden sei, und zum anderen auf die Unanwendbarkeit von Art. 24 des Statuts auf Abgeordnete. Folglich habe die AHCC dem Antrag auf Beistand nicht stattgeben können. Daher sei der Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 24 des Statuts zurückzuweisen. Die Umsetzung der Klägerin sei jedenfalls ausgeschlossen, da gemäß Art. 5a der BSB die Abgeordneten selbst bei der Verwaltung die Einstellung der Assistenten ihrer Wahl beantragten. Würdigung durch das Gericht –       Zur Auflösung des Vertrags der Klägerin 33      Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta hat jede Person das Recht, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. 34      Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung über die Entlassung unstreitig eine für die Klägerin nachteilige individuelle Maßnahme. 35      Aus der Akte ergibt sich jedoch, dass die AHCC die Klägerin vor der Auflösung ihres Vertrags nicht gehört hat. In der mündlichen Verhandlung hierzu befragt, hat das Parlament dies ausdrücklich bestätigt. 36      Laut dem Parlament ergibt sich aus der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Auflösung von Zeitbedienstetenverträgen nach Art. 2 Buchst. c der BSB, die entsprechend auf die Entlassung von APA angewandt werden könne, dass die AHCC einen APA nicht hören müsse, bevor sie die Entscheidung über die Auflösung seines Vertrags erlasse. 37      Soweit sich das Parlament auf die Rechtsprechung des Gerichts und des Gerichts der Europäischen Union berufen will, nach der, wenn eine Entlassungsentscheidung auf Vertrauensverlust beruhe, der Betroffene nicht über Verfahrensgarantien wie das Recht auf Anhörung im Verwaltungsverfahren verfüge, genügt der Hinweis, dass seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 die Bestimmungen der Charta zu berücksichtigen sind, die den Verträgen rechtlich gleichrangig sind. 38      Damit jedoch ein Verstoß gegen das Recht auf Anhörung im vorliegenden Fall zur Aufhebung der Entlassungsentscheidung führen kann, ist noch zu prüfen, ob das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Das Gericht wird diese Frage in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils prüfen. 39      Sodann ist das Vorbringen des Parlaments zu prüfen, nach dem, wenn die zuständige AHCC von einem Abgeordneten aufgrund der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses einen Antrag auf Beendigung des Vertrags eines APA vor seinem Auslaufen erhalte, sie nur diese Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Kenntnis nehmen und dem Antrag auf Entlassung stattgeben könne, da sie über keinen Ermessensspielraum bei der Umsetzung dieses Antrags verfüge. 40      Dazu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen der Abgeordnete, der die Auflösung des Vertrags eines APA beantragt, „[den] Grund oder die Gründe [nennen]“ muss, und dass nach Unterabs. 2 die AHCC den Vertrag „[n]ach Prüfung des Antrags“ beendet. Folglich ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass die AHCC zumindest verpflichtet ist, die Rechtmäßigkeit des Auflösungsantrags zu prüfen. Im gegenteiligen Fall hätten die Verpflichtung, nach der der Abgeordnete „[den] Grund oder die Gründe [nennen]“ muss, und die Verpflichtung der AHCC, den Antrag zu prüfen, keinen Sinn. 41      Daher genügt die Feststellung, dass nach dem Wortlaut dieses Artikels die AHCC zu kontrollieren hat, ob der insoweit vorgebrachte Grund nicht möglicherweise nach seinem Gehalt die Grundrechte verletzt (vgl. in diesem Sinne Urteil Bonnet/Gerichtshof, Randnr. 52) und gegen die in deren Licht ausgelegten Bestimmungen verstößt, die die Arbeitsverhältnisse zwischen der Union und ihren Bediensteten regeln, ohne dass über den Umfang der Prüfung des Antrags durch die AHCC gemäß Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen entschieden werden müsste. Das Parlament hat in der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, dass es im Rahmen der von diesem Artikel vorgesehenen Prüfung tatsächlich prüfe, ob der Antrag auf Auflösung des Vertrags die Grundrechte achte. 42      Daraus folgt, dass die AHCC tatsächlich prüfen musste, ob zwischen dem Antrag von Frau P. vom 6. Januar 2012 auf Auflösung des Vertrags der Klägerin und der Tatsache, dass Letztere am 22. Dezember 2011 einen Antrag auf Beistand gemäß Art. 24 des Statuts eingebracht hatte, der die Behauptung eines Mobbings durch Frau P. der Klägerin gegenüber und die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung zum Gegenstand hatte, ein Zusammenhang bestand. 43      Dazu bringt das Parlament vor, eine solche Möglichkeit sei ausgeschlossen, da Frau P. die zuständigen Dienststellen zwischen dem 28. November und dem 5. Dezember 2011, d. h. lange bevor die Klägerin ihren Antrag auf Beistand gestellt habe, kontaktiert habe, um bestimmte Informationen über den Vertrag der Klägerin zu erhalten. Es ist jedoch festzustellen, dass das Parlament nicht den geringsten Beweis zu diesem Punkt beigebracht hat. 44      Sodann steht fest, dass die AHCC am 6. Januar 2012, dem Zeitpunkt, zu dem Frau P. die Auflösung des Vertrags der Klägerin beantragte, Kenntnis von den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen hatte, aus denen sich eindeutig ergibt, dass die Störungen der Klägerin, die ihren Krankheitsurlaub seit dem 27. September 2011 notwendig gemacht hatten, laut den konsultierten Ärzten durch Mobbing an ihrem Arbeitsplatz verursacht worden waren. Ferner steht fest, dass die Klägerin am 12. Dezember 2011 eine E-Mail an Frau P. übermittelte, in der sie auf ihre Überlastung „infolge des täglichen Mobbings durch [diese], deren Opfer [sie war]“, Bezug nahm, und dass die Klägerin am selben Tag eine Kopie dieser E-Mail an den Generalsekretär des Parlaments und an den Beratenden Ausschuss „Mobbing“ übermittelte. Schließlich ist festzustellen, dass Frau P. am 19. Dezember 2011 eine E-Mail an die zuständige Dienststelle übermittelte, in der sie auf die E-Mail der Klägerin vom 12. Dezember 2011 hinwies, die nach Ansicht von Frau P. „äußerst beleidigend“ war. Mit derselben E-Mail ersuchte Frau P. auch um Informationen zu den Modalitäten der Auflösung der Verträge der APA. 45      Das Gericht ist der Ansicht, dass der soeben festgestellte Sachverhalt insgesamt die AHCC im Rahmen ihrer Prüfung nach Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen hätte veranlassen müssen, zu prüfen, ob der Antrag auf Auflösung des Vertrags der Klägerin im Zusammenhang mit dem von dieser am 22. Dezember 2011 eingebrachten Antrag auf Beistand stehen konnte oder nicht. Obwohl diese Prüfung schwierig und heikel ist, hätte die AHCC, wenn sie im vorliegenden Fall so gehandelt hätte, die Beachtung von Art. 31 Abs. 1 der Charta, nach dem jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen hat, vollständig gewährleisten können. 46      Es ist jedoch festzustellen, dass die AHCC laut den Ausführungen des Parlaments in der mündlichen Verhandlung, nachdem sie am 6. Januar 2012 den Antrag von Frau P. auf Auflösung des Vertrags der Klägerin erhalten hatte, diesen Antrag nicht geprüft und seine Bestätigung am darauffolgenden 18. Januar abgewartet hat. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die Unterlassung der von Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Prüfung des Auflösungsantrags durch die AHCC durch den Umstand bestätigt wird, dass der Vertrag der Klägerin am 19. Januar 2012, am Tag nach der Bestätigung des Antrags, aufgelöst wurde, obwohl die AHCC sehr wohl davon Kenntnis hatte, dass sich die Klägerin in Krankheitsurlaub befand. 47      Daraus folgt ganz offensichtlich, dass die AHCC auf den Antrag von Frau P. hin nicht einmal eine minimale Kontrolle durchführte, um sich zu vergewissern, ob im vorliegenden Fall Art. 139 Abs. 1 Buchst. d letzter Satz der BSB eingehalten worden war, nach dem die Kündigungsfrist von zwei Monaten, auf die die Klägerin Anspruch hatte, bis zum 19. April 2012 hätte ausgesetzt werden müssen. Das Gericht stellt auch fest, dass die AHCC diesen Fehler erst in der Antwort vom 20. Juli 2012 auf die Beschwerde vom 30. März 2012 berichtigte. 48      Schließlich ist noch zu prüfen, ob eine Anhörung der Klägerin vor dem Erlass der Entscheidung über die Entlassung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Insoweit ist das Gericht der Ansicht, dass die AHCC, hätte sie die Klägerin angehört, mehr Informationen für die Prüfung der Frage, ob der Antrag auf Auflösung des Vertrags der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Beistand stehen konnte oder nicht, hätte erlangen können und so, wie in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils festgestellt, die Beachtung von Art. 31 Abs. 1 der Charta vollständig hätte gewährleisten können. 49      Daraus folgt, dass die AHCC, indem sie die Entlassungsentscheidung erlassen hat, unter den Umständen des vorliegenden Falles gegen ihre Pflichten nach Art. 31 Abs. 1 und Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta sowie Art. 20 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen verstoßen hat. Folglich ist diese Entscheidung aufzuheben. –       Zur Ablehnung des Antrags auf Beistand 50      Zunächst ist das Vorbringen des Parlaments zu prüfen, nach dem Art. 12a des Statuts auf die Mitglieder dieses Organs nicht anwendbar sei und es daher dem von der Klägerin eingebrachten Antrag auf Beistand nicht habe stattgeben können. 51      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Art. 12a Abs. 1 des Statuts ist zwar nur auf Beamte anzuwenden, jedoch nimmt Abs. 2 dieser Bestimmung auf den „Beamten, der das Opfer von Mobbing … gewesen ist“, Bezug, ohne Angaben zum Ausgangspunkt dieses Mobbings zu machen. Daraus folgt, dass Abs. 1 dieser Bestimmung als solcher dem Parlament nicht verbietet, tätig zu werden, wenn der angeblich Mobbende ein Mitglied dieses Organs ist. 52      Sodann ist das Argument des Parlaments zu prüfen, nach dem der am 22. Dezember 2011 eingebrachte Antrag auf Beistand infolge der Auflösung des Vertrags der Klägerin gegenstandslos geworden sei. 53      Das Gericht ist der Auffassung, dass dieses Argument unverständlich ist. Wäre die Klägerin nämlich vor dem Zeitpunkt der Vertragsauflösung tatsächlich Opfer von Mobbing durch Frau P. gewesen, stünde dieser Sachverhalt fest, und die Vertragsauflösung könnte daran in diesem Fall nichts ändern. Sollte das Parlament mit diesem Vorbringen geltend machen wollen, dass die Beistandspflicht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des betroffenen Beamten aus dem Dienst ende, ist eine solche Auslegung offensichtlich mit dem Ziel und dem Umfang dieser Pflicht unvereinbar. Im Licht von Art. 31 Abs. 1 der Charta, nach dem „[j]ede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer … das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen [hat]“, ist nämlich Sinn und Zweck der Beistandspflicht nicht nur das dienstliche Interesse, sondern auch, wie sich aus dem Wortlaut dieses Artikels ergibt, das Interesse des Betroffenen. Dies gilt umso mehr, wenn der Antrag auf Beistand von einem Beamten stammt, der behauptet, Opfer von Mobbing zu sein, dessen Folgen über das Ausscheiden aus seinem Dienst hinaus andauern können. Außerdem hat das Parlament in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dieses Argument, nach dem der Antrag auf Beistand nur aufgrund der Auflösung des Vertrags der Klägerin gegenstandslos geworden sei, nicht gut formuliert worden sei. 54      Das Parlament macht auch geltend, Art. 24 des Statuts sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die angeblich Mobbende eine Abgeordnete sei. 55      Insoweit genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen auf einer offensichtlich fehlerhaften Auslegung von Art. 24 des Statuts beruht. Nach seinem Wortlaut ist sein Ziel nämlich, die Beamten vor einem Fehlverhalten Dritter zu schützen. Im vorliegenden Fall ist die angeblich Mobbende eine Abgeordnete, die gegenüber dem angeblichen Opfer ihres Verhaltens die Eigenschaft eines Dritten hat, da sie nicht dem Personal des Parlaments angehört. 56      Das Parlament trägt außerdem vor, Art. 24 des Statuts könne im Fall von Frau P. nicht angewandt werden, da es gegenüber seinen Mitgliedern über keine Zwangsmittel verfüge. 57      Auch dieses Vorbringen zeugt von einer offensichtlich fehlerhaften Auslegung dieses Artikels. Da es nämlich darum geht, den Beamten vor einem Fehlverhalten Dritter zu schützen und die Organe grundsätzlich über keine Zwangsmittel gegenüber Dritten verfügen, sieht das Statut eine Beistandspflicht vor, die der Verwaltung erlaubt, dem Beamten bei seiner Suche nach Schutz mit den rechtlichen Mitteln des Mitgliedstaats Beistand zu leisten, in dem sich der beanstandete Sachverhalt ereignet hat. 58      Ohne dass es erforderlich wäre, zum Vorbringen des Parlaments in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen, nach dem Frau P. aufgrund ihrer Eigenschaft als Abgeordnete gegenüber der Klägerin nicht als Dritte angesehen werden könne, ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments, die auf den Sachverhalt anwendbar ist, „[d]as Verhalten der Mitglieder … von gegenseitigem Respekt [geprägt ist], … auf den in den Grundlagentexten der … Union festgelegten Werten und Grundsätzen [beruht und] … die Würde des Parlaments [achtet] …“. Folglich hätte das Parlament nichts daran gehindert, Frau P. unter Berufung auf die angeführte Bestimmung aufzufordern, an einer Verwaltungsuntersuchung mitzuwirken, um das Mobbing durch Letztere, als dessen Opfer sich die Klägerin ansieht, zu prüfen. 59      Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Parlament vertretene Auslegung der Art. 12a und 24 des Statuts im Hinblick auf die Regelung für die Verträge von APA, nach der die AHCC weder eine Verwaltungsuntersuchung einleiten könne, um einen Fall von Mobbing zu prüfen, dessen Urheber ein Abgeordneter sein soll, noch einem APA gegen das Fehlverhalten eines solchen Abgeordneten Beistand leisten könne, dazu führen würde, dass diesen Artikeln jede praktische Wirksamkeit genommen und im vorliegenden Fall jede Form der – selbst beschränkten – Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entlassungsentscheidung und der ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Beistand ausgeschlossen würde. Das Gericht ist der Auffassung, dass eine solche Auslegung in offensichtlichem Widerspruch zu Art. 31 Abs. 1 der Charta steht, der ausdrücklich bestimmt, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen hat. 60      Daraus folgt, dass die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung aufzuheben ist. 61      Da die Entlassungsentscheidung und die den Antrag auf Beistand ablehnende Entscheidung aufgehoben werden, brauchen die anderen Klagegründe nicht mehr geprüft zu werden. Zum Antrag auf Schadensersatz Vorbringen der Parteien 62      Die Klägerin beantragt die Verurteilung des Parlaments zu einem nach billigem Ermessen festgesetzten Betrag von 120 000 Euro zur Wiedergutmachung des medizinischen, finanziellen und immateriellen Schadens, den sie aufgrund der Entlassungsentscheidung und der den Antrag auf Beistand ablehnenden Entscheidung erlitten habe. 63      Das Parlament beantragt die Zurückweisung dieses Antrags. Würdigung durch das Gericht 64      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag der Klägerin auf Wiedergutmachung eines medizinischen, finanziellen und immateriellen Schadens in Anbetracht ihrer Schriftsätze und ihres Vorbringens als ein Antrag auf finanzielle Entschädigung für den immateriellen Schaden aufgrund der Beeinträchtigung ihrer Gesundheit, ihrer Würde und ihres beruflichen Ansehens anzusehen ist, die ihr die in Rede stehenden Entscheidungen verursachen. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Aufhebung einer rechtswidrigen Maßnahme als solche ein angemessener und grundsätzlich hinreichender Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden sein, den die Maßnahme möglicherweise verursacht hat (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 1987, Hochbaum und Rawes/Kommission, 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, Randnr. 22; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. November 2004, Montalto/Rat, T‑116/03, Randnr. 127; Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2008, Suvikas/Rat, F‑6/07, Randnr. 151), es sei denn, der Kläger weist nach, dass er einen von der Rechtswidrigkeit, auf der die Aufhebung beruht, abtrennbaren immateriellen Schaden erlitten hat, der durch die Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Februar 1990, Culin/Kommission, C‑343/87, Randnr. 27 und 28; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, Randnr. 131). 65      Es steht fest, dass das Gefühl der Ungerechtigkeit und die Mühe, die einer Person durch die Tatsache entstehen, ein vorgerichtliches und dann ein gerichtliches Verfahren führen zu müssen, damit ihre Rechte anerkannt werden, einen Schaden darstellen, der allein aus der Tatsache, dass die Verwaltung Rechtsverstöße begangen hat, abgeleitet werden kann. Da diese Schäden zu ersetzen sind, wenn sie nicht durch die Befriedigung aufgrund der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen ausgeglichen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2013, CC/Parlament, F‑9/12, Randnr. 128), erscheint es dem Gericht im Hinblick auf die in hohem Maß zu beanstandenden Bedingungen, unter denen die Entlassungsentscheidung und die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Beistand getroffen wurden, sachgerecht, unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles den von der Klägerin erlittenen immateriellen Schaden nach billigem Ermessen mit einem Betrag von 50 000 Euro festzusetzen. 66      Nach alledem ist das Parlament zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 50 000 Euro zu zahlen. Kosten 67      Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist. 68      Aus den Gründen des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass das Parlament mit seiner Klage unterlegen ist. Die Klägerin hat auch ausdrücklich beantragt, das Parlament zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Umstände des vorliegenden Falles die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, trägt das Parlament seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST(Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2012, den Vertrag von CH als akkreditierte parlamentarische Assistentin aufzulösen, wird aufgehoben. 2.      Die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 15. März 2012, den Antrag von CH auf Beistand vom 22. Dezember 2011 abzulehnen, wird aufgehoben. 3.      Das Europäische Parlament wird verurteilt, an CH einen Betrag von 50 000 Euro zu zahlen. 4.      Das Europäische Parlament trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die CH entstandenen Kosten zu tragen. Kreppel Perillo Barents Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Dezember 2013. Die Kanzlerin Der Präsident W. Hakenberg H. Kreppel * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 26. November 2013.#Kendrion NV gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft – Gesamtschuldnerische Haftung der Muttergesellschaft für die gegen die Tochtergesellschaft festgesetzte Geldbuße – Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes.#Rechtssache C‑50/12 P.
62012CJ0050
ECLI:EU:C:2013:771
2013-11-26T00:00:00
Sharpston, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62012CJ0050 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 26. November 2013 (*1) „Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle — Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft — Gesamtschuldnerische Haftung der Muttergesellschaft für die gegen die Tochtergesellschaft festgesetzte Geldbuße — Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht — Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes“ In der Rechtssache C‑50/12 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 26. Januar 2012, Kendrion NV mit Sitz in Zeist (Niederlande), vertreten durch P. Glazener und T. Ottervanger, advocaten, Rechtsmittelführerin, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und S. Noë als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen und M. Safjan, der Richter J. Malenovský, E. Levits, A. Ó Caoimh, J. C. Bonichot, A. Arabadjiev und D. Šváby sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin), Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2013, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. Mai 2013 folgendes Urteil 1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kendrion NV (im Folgenden: Kendrion oder Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage auf Teilnichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.354 – Industrielle Sackverpackungen) (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen worden ist, sowie die Aufhebung oder, hilfsweise, die Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße. Rechtlicher Rahmen 2 Die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ersetzt hat, bestimmt in Art. 23 Abs. 2 und 3, der an die Stelle von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 getreten ist: „(2)   Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen … … Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. … (3)   Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung 3 Kendrion ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts. 4 Am 8. Juni 1995 übernahm die Kredest Beheer BV, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Combattant Holding BV, die wiederum eine 100%ige Tochtergesellschaft von Kendrion ist, die Aktiva und das Geschäft der Fardem-Gruppe in Edam (Niederlande) und in Beerse (Belgien) von der DSM NV. 5 Im November 1995 verkaufte die Rechtsmittelführerin das Geschäft der Fardem-Gruppe in Belgien. Im Dezember 1995 wurde die Tochtergesellschaft Kredest Beheer BV in Fardem Holding BV umbenannt. Diese wurde im September 2001 mit der Fardem Packaging BV und der CAT International BV zusammengeschlossen. Bei dieser Gelegenheit wurde der Name Fardem Holding in Fardem Packaging BV (im Folgenden: Fardem Packaging) geändert. 6 Im Jahr 2001 unterrichtete die British Polythene Industries plc die Kommission von der Existenz eines Kartells im Industriesacksektor. 7 Nachdem die Kommission im Juni 2002 Nachprüfungen vorgenommen und Fardem Packaging in den Jahren 2002 und 2003 um Auskünfte ersucht hatte, leitete sie am 29. April 2004 das Verwaltungsverfahren ein und erließ gegen mehrere Unternehmen, u. a. gegen Fardem Packaging und Kendrion, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 8 Zwischenzeitlich hatte Kendrion im September 2003 Fardem Packaging an deren leitende Angestellte verkauft. 9 Am 30. November 2005 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, nach deren Art. 1 Abs. 1 Buchst. d Fardem Packaging und Kendrion dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen haben, dass sie vom 6. Januar 1982 bis zum 26. Juni 2002, was Fardem Packaging angeht, und vom 8. Juni 1995 bis zum 26. Juni 2002, was Kendrion betrifft, an einem System aus Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Industriesacksektor in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden zur Festsetzung von Preisen, Erarbeitung gemeinsamer Preisberechnungsmethoden, Aufteilung von Märkten, Zuweisung von Verkaufskontingenten, Kunden und Aufträgen, Abstimmungen von Angeboten auf Ausschreibungen und zum Austausch sensibler Informationen über einzelne Verkäufe mitgewirkt haben. 10 Die Kommission hat daher in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der streitigen Entscheidung eine Geldbuße von 34 Mio. Euro gegen Kendrion verhängt und festgelegt, dass davon 2,2 Mio. Euro im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung auf Fardem Packaging entfallen. Angefochtenes Urteil 11 Kendrion erhob mit am 22. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift Klage gegen die streitige Entscheidung. Sie beantragte im Wesentlichen, diese Entscheidung ganz oder teilweise für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen. 12 Das Gericht hat dem Vorbringen von Kendrion acht Klagegründe entnommen. Mit den ersten sieben Klagegründen wurde gerügt, dass gegen die Art. 81 EG, 253 EG und 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und mehrere allgemeine Rechtsgrundsätze verstoßen worden sei. Erstens sei der verfügende Teil der streitigen Entscheidung mit ihren Gründen unvereinbar. Zweitens habe die Kommission zu Unrecht angenommen, dass Kendrion und Fardem Packaging eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Drittens sei die Rechtsmittelführerin zu Unrecht für eine von Fardem Packaging begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht worden. Viertens sei der Rechtsmittelführerin in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft mit der streitigen Entscheidung eine höhere Geldbuße auferlegt worden als der Tochtergesellschaft, die gesamtschuldnerisch verantwortlich gemacht worden sei. Fünftens sei die Rechtsmittelführerin anders behandelt worden als andere Muttergesellschaften, die für Zuwiderhandlungen einer Tochtergesellschaft haftbar gemacht worden seien. Sechstens sei gegen die genannten Bestimmungen verstoßen worden, indem der Grundbetrag der Geldbuße von Fardem Packaging auf 60 Mio. Euro festgesetzt worden sei, und siebtens indem gegen die Rechtsmittelführerin eine Geldbuße von 34 Mio. Euro verhängt worden sei. Mit dem achten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), geltend gemacht. 13 Mit Schreiben vom 12. Januar 2011 beantwortete die Rechtsmittelführerin eine ihr vom Gericht gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung gestellte Frage, wie sie die Auswirkungen des Urteils des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237), beurteile. 14 In der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2011 machte Kendrion geltend, dass das Verfahren vor dem Gericht übermäßig lang gedauert habe. Dieses Vorbringen hat das Gericht in Randnr. 18 des angefochtenen Urteils als ins Leere gehend zurückgewiesen. 15 Nachdem das Gericht alle von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Klagegründe geprüft hatte, hat es die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof 16 Kendrion beantragt, — das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufzuheben; — die streitige Entscheidung ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft; — die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen; — hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, und — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 17 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel zurückzuweisen und — Kendrion die Kosten aufzuerlegen. 18 Gemäß Art. 24 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 61 seiner Verfahrensordnung hat der Gerichtshof die Parteien, das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union sowie die Mitgliedstaaten zu der Beantwortung von Fragen aufgefordert, die die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung einer angemessenen Verfahrensdauer vor dem Gericht und die Maßnahmen betreffen, die den Folgen einer überlangen Verfahrensdauer abzuhelfen geeignet sind. Zum Rechtsmittel Zum zweiten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 19 Mit ihrem zuerst zu prüfenden zweiten Rechtsmittelgrund, der die Frage betrifft, ob Kendrion und ihre Tochtergesellschaft Fardem Packaging als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden können, wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe, was die Frage der Ausübung eines bestimmenden Einflusses von Kendrion auf ihre Tochtergesellschaft angehe, die Beweislast rechtsfehlerhaft verteilt und die von ihr und der Kommission insoweit vorgelegten Beweisstücke sowohl unzutreffend als auch ohne zureichende Begründung gewürdigt. 20 Kendrion trägt vor, die Kommission habe in der streitigen Entscheidung ihre Feststellung, dass sie und ihre Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten, nicht nur auf die Vermutung gestützt, dass die Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, deren gesamtes Kapital sie halte, einen beherrschenden Einfluss ausübe, sondern auch auf zusätzliche Beweisstücke. Nachdem sich das Gericht dieser Auffassung angeschlossen und in Randnr. 33 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, dass „zu prüfen [ist], ob die Kommission einen Beurteilungsfehler sowohl hinsichtlich der in der [streitigen] Entscheidung erwähnten zusätzlichen Gesichtspunkte als auch hinsichtlich der von der Klägerin zur Widerlegung der Vermutung eines bestimmenden Einflusses vorgebrachten Gesichtspunkte begangen hat“, habe es dann in Randnr. 53 seines Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass es sich darauf beschränken werde, „zu prüfen, ob es der Klägerin gelungen ist, diese vier zusätzlichen Punkte zu widerlegen“. Damit habe es verkannt, dass die Beweislast der Kommission obliege. 21 Außerdem sei das Gericht wegen der fehlerhaften Würdigung dieser vier zusätzlichen Punkte in Randnr. 68 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die Kommission davon habe ausgehen dürfen, dass die Rechtsmittelführerin und Fardem Packaging eine einzige wirtschaftliche Einheit bildeten. Jedenfalls habe das Gericht seine Entscheidung insoweit nicht ausreichend begründet. 22 Selbst wenn anzunehmen wäre, dass das Gericht die zusätzlichen Punkte zutreffend gewürdigt habe, ändere dies nichts daran, dass das Gericht das Vorbringen von Kendrion zur geschäftlichen Eigenständigkeit von Fardem Packaging verkannt oder nicht hinreichend geprüft habe. 23 Die Kommission ist der Ansicht, dass der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. 24 Sie habe ihre Feststellung, dass Kendrion für die Zuwiderhandlung von Fardem Packaging hafte, allein auf die Tatsache gestützt, dass diese zum maßgeblichen Zeitpunkt eine 100%ige Tochtergesellschaft der Rechtsmittelführerin gewesen sei, sowie auf die Vermutung, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübe. In der streitigen Entscheidung seien zwar vier zusätzliche Anhaltspunkte für einen solchen Einfluss erwähnt, diese seien aber nicht als entscheidend angesehen worden. 25 Was die Beurteilung der Beweiskraft der in der streitigen Entscheidung erwähnten zusätzlichen Beweise wie auch der von Kendrion für das Fehlen eines bestimmenden Einflusses von Kendrion auf ihre Tochtergesellschaft angeführten Beweise angeht, so hält die Kommission das Vorbringen von Kendrion für unzulässig. Würdigung durch den Gerichtshof 26 Zur Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes ist an das Vorbringen von Kendrion im ersten Rechtszug zu erinnern. 27 Wie sich aus den Randnrn. 31 und 32 des angefochtenen Urteils ergibt, hat die Rechtsmittelführerin nach der Verkündung des Urteils Akzo Nobel u. a./Kommission ihre Rüge fallen gelassen, wonach sich eine widerlegbare Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten einer Tochtergesellschaft ausübe, nicht allein darauf stützen lasse, dass diese Muttergesellschaft 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft halte. Unter Verweis auf Randnr. 155 des Urteils des Gerichts vom 27. Oktober 2010, Alliance One International u. a./Kommission (T-24/05, Slg. 2010, II-5329), trug die Rechtsmittelführerin jedoch vor, dass in den Fällen, in denen die Kommission die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübe, nicht nur darauf stütze, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft halte, sondern auch auf zusätzliche Gesichtspunkte, zu prüfen sei, ob diese Punkte für den Nachweis ausreichten, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausübe. 28 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass sich die Kommission in der vorliegenden Rechtssache im 580. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung ausdrücklich auf die Vermutung gestützt hatte, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die zu 100 % in ihrem Eigentum stehende Tochtergesellschaft ausübe, bevor sie im 584. Erwägungsgrund der Entscheidung ausführte, dass dieser Ansatz in jedem Einzelfall für jedes einzelne betroffene Unternehmen dargelegt werde. In den Fardem Packaging gewidmeten Erwägungsgründen wies die Kommission zunächst im 590. Erwägungsgrund der Entscheidung darauf hin, dass Kendrion über eine Zwischengesellschaft 100 % des Kapitals von Fardem Packaging gehalten habe, weshalb sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte an Kendrion gerichtet habe. Sodann erwähnte sie in den Erwägungsgründen 594 bis 597 der Entscheidung zusätzliche Gesichtspunkte, die in der letzten Phase des Verwaltungsverfahrens zutage getreten seien und die ihrer Ansicht nach den Einfluss von Kendrion auf ihre Tochtergesellschaft belegten. 29 Dies ist der Kontext, in dem die Ausführungen des Gerichts im angefochtenen Urteil zu prüfen sind. In dessen Randnrn. 49 bis 51 hat es zunächst an die Rechtsprechung zu der Vermutung erinnert, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die zu 100 % in ihrem Eigentum stehende Tochtergesellschaft ausübe. Sodann hat es in Randnr. 52 des Urteils ausgeführt, dass es zur Widerlegung dieser Vermutung „zum einen Sache der Muttergesellschaft ist, der Kommission alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft zur Würdigung vorzulegen …, und zum anderen die Kommission tatsächlich verpflichtet ist, alle Angaben in Bezug auf die Verbindungen zu prüfen, die belegen könnten, dass die Tochtergesellschaft im Verhältnis zu ihrer Muttergesellschaft eigenständig auftrat und dass diese beiden Gesellschaften daher keine wirtschaftliche Einheit bildeten“. 30 In Randnr. 53 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass sich die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht lediglich darauf berufen habe, dass die Rechtsmittelführerin 100 % des Kapitals von Fardem Packaging halte, sondern auch vier weitere Gesichtspunkte angeführt habe. Daraus hat es geschlossen, dass zu prüfen sei, ob es der Rechtsmittelführerin gelungen sei, diese vier zusätzlichen Beweise zu widerlegen. Dies hat es in den Randnrn. 54 bis 60 des Urteils getan, bevor es in den Randnrn. 63 bis 67 die Gesichtspunkte untersucht hat, die die Rechtsmittelführerin geltend gemacht hatte, um die Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, zu widerlegen. 31 In Randnr. 68 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass „es der Klägerin weder gelungen ist, die Beweiskraft der meisten von der Kommission vorgelegten zusätzlichen Beweisstücke zu erschüttern, noch die Vermutung, dass die Klägerin das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich kontrolliert hat, zu widerlegen“. 32 In Anbetracht dieser Ausführungen des Gerichts kann nicht dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin gefolgt werden, wonach das Gericht ihr in Randnr. 53 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Verpflichtung auferlegt habe, die vier zusätzlichen Beweise zu „widerlegen“, die die Kommission in der streitigen Entscheidung angeführt habe, obwohl es der Kommission obliege, die Beweiskraft dieser Gesichtspunkte darzutun. Denn zum einen ergibt sich aus den Randnrn. 54 bis 60 dieses Urteils, dass das Gericht die Beweiskraft dieser zusätzlichen Gesichtspunkte geprüft und festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerin die Beweiskraft nur eines der zusätzlichen Beweisstücke erschüttern konnte. Zum anderen geht aus den Randnrn. 63 bis 67 des angefochtenen Urteils hervor, dass es Kendrion nicht gelungen sei, die Vermutung, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt, zu widerlegen. 33 Darin unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache von der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a. (C‑628/10 P und C‑14/11 P), ergangen ist. Im erstinstanzlichen Urteil hatte das Gericht dort festgestellt, dass keiner der in der streitigen Entscheidung enthaltenen Beweise geeignet sei, die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf die Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft zu bekräftigen (Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., Randnr. 54). 34 Das Gericht hat daher in Randnr. 68 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Kommission in Anbetracht zum einen der Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die zu 100 % in ihrem Eigentum stehende Tochtergesellschaft ausübe, und zum anderen der drei zusätzlichen Beweisstücke, die einen solchen bestimmenden Einfluss bestätigten, „davon ausgehen durfte, dass die Klägerin und Fardem Packaging eine einzige wirtschaftliche Einheit bildeten und dass die Klägerin daher für das wettbewerbswidrige Verhalten vom Fardem Pakaging haftbar gemacht werden konnte“. 35 Soweit Kendrion vorträgt, dass die Begründung des angefochtenen Urteils für diese Würdigung der untersuchten Beweisstücke durch das Gericht unzureichend sei, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in Wirklichkeit darauf abzielt, diese Würdigung als solche in Frage zu stellen. Auch soweit Kendrion daneben geltend macht, dass das Gericht die Beweisstücke fehlerhaft gewürdigt habe, genügt deshalb der Hinweis, dass die Beweiswürdigung in die Zuständigkeit des Gerichts fällt und es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sie im Rahmen eines Rechtsmittels zu überprüfen. 36 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der zweite Rechtsmittelgrund von Kendrion zurückzuweisen ist. Zum ersten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 37 Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft Kendrion dem Gericht vor, es habe einen Rechtsfehler begangen und das angefochtene Urteil widersprüchlich und unzureichend begründet, soweit es in den Randnrn. 22 bis 30 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Kommission rechtlich hinreichend die Gründe dargelegt habe, aus denen sie gegen die Rechtsmittelführerin eine Geldbuße festgesetzt habe, die höher sei als die gegen ihre Tochtergesellschaft Fardem Packaging verhängte Geldbuße. 38 Das Gericht hat in Randnr. 22 des angefochtenen Urteils zunächst daran erinnert, dass „der verfügende Teil eines Rechtsakts mit seiner Begründung untrennbar verbunden ist, so dass er erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben“. Es hat dann in Randnr. 29 seines Urteils festgestellt, dass die Tragweite und der Inhalt von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der streitigen Entscheidung trotz dessen nicht eindeutiger Formulierung aus einer Lektüre der Erwägungsgründe der Entscheidung klar verständlich erhellten. 39 Kendrion, die der Ansicht ist, dass der verfügende Teil der streitigen Entscheidung mit deren Gründen nicht vereinbar ist, wirft dem Gericht vor, den in Randnr. 22 des angefochtenen Urteils angeführten Grundsatz nicht zutreffend angewandt zu haben. In den Randnrn. 24 und 25 des angefochtenen Urteils habe das Gericht verkannt, dass die Kommission nach den Erwägungsgründen dieser Entscheidung Kendrion zu den Muttergesellschaften gezählt habe, die für die Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaften mitverantwortlich seien, um sie dann als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der gegen Fardem Packaging festzusetzende Geldbuße heranzuziehen. Im verfügenden Teil dieser Entscheidung habe die Kommission jedoch die Rollen vertauscht, indem sie die Geldbuße gegen Kendrion verhängt habe und Fardem Packaging als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der Geldbuße herangezogen habe. Der verfügende Teil dieser Entscheidung sei nicht nur „nicht eindeutig“ formuliert, wie vom Gericht festgestellt, sondern stehe zu den Erwägungsgründen in Widerspruch. 40 Die Kommission trägt vor, dass die Mutter- und die Tochtergesellschaften gleichermaßen für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht hafteten. Es bestehe kein Unterschied zwischen der gesamtschuldnerischen Haftung der Muttergesellschaften und der eigenen Haftung der Tochtergesellschaften, da alle als Gesamtschuldnerinnen hafteten, weil sie Teil der wirtschaftlichen Einheit seien, die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen habe. Würdigung durch den Gerichtshof 41 Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. u. a. Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., Randnr. 72). 42 So ergibt sich, was Einzelentscheidungen angeht, aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck hat, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. u. a. Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., Randnr. 73). 43 Was die Prüfung der Frage angeht, ob der Begründung der streitigen Entscheidung ordnungsgemäß die Gründe entnommen werden konnten, aus denen in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d dieser Entscheidung gegen Kendrion als Muttergesellschaft eine Geldbuße verhängt wurde, für deren Zahlung Fardem Packaging als Tochtergesellschaft teilweise gesamtschuldnerisch haftet, so ist von der Prämisse auszugehen, dass die Kommission, wie sich aus der Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes ergibt, annehmen durfte, dass Kendrion und Fardem Packaging eine einzige wirtschaftliche Einheit bildeten und dass Erstere damit für das wettbewerbswidrige Verhalten Letzterer haftbar gemacht werden konnte (vgl. Randnr. 34 des vorliegenden Urteils). 44 In Randnr. 25 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass „die [streitige] Entscheidung zahlreiche Erläuterungen zu den Gründen enthält, aus denen die Kommission davon ausging, dass die Mutter- und die Tochtergesellschaften gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung haften“. Diese Gründe seien in allgemeiner Form in den Erwägungsgründen 577 bis 583 und näher in den Erwägungsgründen 587 bis 599 der Entscheidung dargelegt worden. In Randnr. 26 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, es gehe aus diesen Erläuterungen hervor, dass die Kommission der Rechtsmittelführerin deshalb eine Geldbuße auferlegt habe, weil sie von 1995 bis 2003 eine einzige wirtschaftliche Einheit mit Fardem Packaging gebildet habe. Da das wettbewerbswidrige Verhalten von Fardem Packaging der Rechtsmittelführerin infolge ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit zu derselben wirtschaftlichen Einheit zugerechnet werden könne, sei folglich aufgrund dieser Zurechnung die Rechtsmittelführerin so anzusehen, als habe sie die Zuwiderhandlung selbst begangen. 45 Überdies ist zu beachten, dass die Begründung der Kommission zu diesem Punkt in den Erwägungsgründen 578 bis 580 der streitigen Entscheidung mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung sowohl des Gerichts als auch des Gerichtshofs versehen war. 46 Unter diesen Umständen durfte das Gericht davon ausgehen, dass die streitige Entscheidung so ausreichend begründet war, dass die Rechtsmittelführerin nachvollziehen konnte, auf welcher Grundlage ihre Haftung bejaht wurde. 47 Da die Haftung von Kendrion, wie sich aus den Feststellungen des Gerichts ergibt, auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Einheit, die sie mit ihrer Tochtergesellschaft bildete, beruht (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 11. Juli 2013, Kommission/Stichting Administratiekantoor Portielje, C‑440/11 P, Randnrn. 37 bis 39 und die dort angeführte Rechtsprechung), kann die Rechtsmittelführerin nicht geltend machen, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der streitigen Entscheidung, soweit ihr damit persönlich eine Geldbuße auferlegt werde, in Widerspruch zur Begründung dieser Entscheidung stehe. 48 Soweit diese Bestimmung der streitigen Entscheidung für einen Teil der gegen Kendrion in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft verhängten Geldbuße die gesamtschuldnerische Haftung ihrer Tochtergesellschaft Fardem Packaging festlegt, ist in Übereinstimmung mit dem Gericht (Randnr. 29 des angefochtenen Urteils) festzustellen, dass diese Bestimmung zwar nicht eindeutig ist, aber ihre Tragweite und ihr Inhalt aus einer Lektüre der Erwägungsgründe der Entscheidung, insbesondere, wie das Gericht in Randnr. 28 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ihrer Erwägungsgründe 814 und 815, klar verständlich erhellten. Aus diesen Erwägungsgründen geht nämlich hervor, dass sich die Verhängung einer Geldbuße gegen Fardem Packaging, die erheblich niedriger ist als die gegen deren Muttergesellschaft festgesetzte Geldbuße, aus der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % erklärt. 49 Soweit Kendrion geltend macht, es hätte gegen sie keine höhere Geldbuße als gegen Fardem Packaging verhängt werden dürfen, überlagert sich ihr Vorbringen mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes. Es ist daher zusammen mit diesem zu prüfen. 50 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. Zum dritten Rechtsmittelgrund 51 Der dritte Rechtsmittelgrund besteht aus drei gesonderten Teilen, die nacheinander zu prüfen sind. Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes – Vorbringen der Parteien 52 Kendrion wirft dem Gericht vor, den Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung verkannt zu haben. 53 Unter Bezugnahme auf die Randnrn. 40 und 89 des Urteils vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission (C-90/09 P, Slg. 2011, I-1), macht Kendrion geltend, dass in diesem Urteil eine Rechtsregel aufgestellt werde, nach der die Kommission auf der Grundlage der Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die zu 100 % in ihrem Eigentum stehende Tochtergesellschaft ausübe, die Muttergesellschaft gesamtschuldnerisch für die gegen die Tochtergesellschaft verhängte Geldbuße haftbar machen könne. Der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung, mit der gewährleistet werden solle, dass die Geldbuße auch wirklich eingezogen werde, bedeute daher, dass die Muttergesellschaft nur für die Zahlung der gegen die Tochtergesellschaft verhängte Geldbuße in Anspruch genommen werden könne. 54 Die Kommission tritt diesem Vorbringen aus denselben Gründen wie den gegen den ersten Rechtsmittelgrund angeführten entgegen. – Würdigung durch den Gerichtshof 55 Vorab ist daran zu erinnern, dass sowohl die Haftung von Kendrion als Muttergesellschaft wie auch die von Fardem Packaging als ehemalige Tochtergesellschaft darauf beruhen, dass beide Gesellschaften Teil der wirtschaftlichen Einheit waren, die gegen Art. 81 EG verstoßen hat. Wie das Gericht in Randnr. 26 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, wird der Rechtsmittelführerin die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union selbst zur Last gelegt. 56 Daraus folgt, dass sich das Gesamtschuldverhältnis, das zwischen zwei eine solche wirtschaftliche Einheit bildenden Gesellschaften besteht, nicht auf eine Form von Bürgschaft reduzieren lässt, die die Muttergesellschaft leistet, um die Zahlung der gegen die Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße zu garantieren. 57 Im vorliegenden Fall beläuft sich, wie das Gericht in Randnr. 87 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, der Betrag, den die Kommission für angemessen erachtete, um die Beteiligung von Fardem Packaging am Kartell über einen Zeitraum von über 20 Jahren zu ahnden, nicht auf die im verfügenden Teil der streitigen Entscheidung erwähnten 2,2 Mio. Euro, sondern auf 60 Mio. Euro, d. h. auf einen Betrag, der höher ist als die 34 Mio. Euro, die für Kendrion für die Zeit festgelegt wurde, in der sie mit Fardem Packaging ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildete. Wie das Gericht in Randnr. 89 seines Urteils festgestellt hat, lässt sich der Umstand, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung eine Geldbuße von 34 Mio. Euro gegen die Rechtsmittelführerin und von 2,2 Mio. Euro gegen Fardem Packaging verhängte, mit der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % auf Fardem Packaging erklären. In diesem Zusammenhang hat das Gericht in den Randnrn. 92 und 93 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass dann, wenn zwei verschiedene juristische Personen, wie eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft, im Zeitpunkt des Erlasses einer Entscheidung, mit der eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln gegen sie verhängt wird, kein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG mehr bilden, jede von ihnen Anspruch auf individuelle Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes hat und damit aber Kendrion keinen Anspruch auf Anwendung der für ihre ehemalige Tochtergesellschaft geltenden Obergrenze. 58 Das Vorbringen von Kendrion, sie könne nicht zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt werden, die höher sei als die gegen ihre Tochtergesellschaft verhängte, ist somit unbegründet und folglich zurückzuweisen. Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes – Vorbringen der Parteien 59 Kendrion wirft dem Gericht vor, es habe verkannt, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe. 60 Kendrion trägt vor, dass sie die einzige Muttergesellschaft sei, gegen die eine Geldbuße verhängt worden sei, die höher als die gegen ihre Tochtergesellschaft festgesetzte sei, und zwar für eine von dieser begangene Zuwiderhandlung, an der sie als Muttergesellschaft nicht beteiligt gewesen sei. Zu Unrecht habe das Gericht diese Ungleichbehandlung in Randnr. 109 des angefochtenen Urteils mit der Obergrenze von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gerechtfertigt. Diese Obergrenze könne eine unterschiedliche Höhe der Geldbuße erklären, nicht aber die grundsätzliche Unterscheidung, die die Kommission zwischen Kendrion und den anderen Muttergesellschaften getroffen habe. 61 Die Kommission meint, das Gericht habe in Randnr. 109 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass sie, wie sich aus der streitigen Entscheidung ergebe, die Geldbußen für alle Adressaten dieser Entscheidung nach ein und derselben Methode bemessen habe. Dass diese Methode in zwei Fällen dazu geführt habe, dass der Muttergesellschaft höhere Geldbußen als der Tochtergesellschaft auferlegt worden seien, sei die Folge einer konsequenten Anwendung der gewählten Berechnungsmethode. – Würdigung durch den Gerichtshof 62 Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., C-127/07, Slg. 2008, I-9895, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). 63 Insbesondere dürfen die Unternehmen, die an einer gegen Art. 81 EG verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden (vgl. u. a. Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 64 Im vorliegenden Fall wendet sich die Rechtsmittelführerin nicht gegen die in Randnr. 109 des angefochtenen Urteils enthaltene Feststellung, es ergebe sich aus der streitigen Entscheidung, „dass die Kommission die Geldbußen für alle Adressaten der [streitigen] Entscheidung einschließlich der Rechtsmittelführerin, die als Muttergesellschaften einer am Kartell beteiligten Tochtergesellschaft nach ein und derselben Methode bemessen hat“. Sie sieht sich vielmehr dadurch benachteiligt, dass ihr als einzige der Muttergesellschaften, an die die streitige Entscheidung gerichtet war, eine höhere Geldbuße als ihrer Tochtergesellschaft auferlegt wurde, obwohl sie nicht an deren Zuwiderhandlung beteiligt war. 65 Die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung durch eine unterschiedliche Behandlung setzt aber voraus, dass die betreffenden Sachverhalte in Anbetracht aller sie kennzeichnenden Merkmale vergleichbar sind (vgl. insbesondere Urteil Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., Randnr. 25). 66 Wie die Generalanwältin in Nr. 104 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist der Fall von Kendrion jedoch insofern anders gelagert als der der anderen Muttergesellschaften, als sie, da sie ihre Tochtergesellschaft im September 2003 veräußert hatte, während des Geschäftsjahrs, das nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 für die Berechnung der Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens heranzuziehen ist, keine wirtschaftliche Einheit mehr mit ihrer Tochtergesellschaft bildete. 67 Diese Besonderheit hat die Kommission dazu veranlasst, diese Obergrenze des Umsatzes, der in dem dem Erlass der streitigen Entscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr erzielt wurde, für die beiden Gesellschaften getrennt zu berechnen. 68 Da sich die von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Ungleichbehandlung somit aus einem Umstand erklärt, der zu ihrer besonderen Lage gehört, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass zu ihrem Nachteil gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen worden sei. Zum dritten Rechtsmittelgrund 69 Kendrion trägt vor, dass die Ausführungen des Gerichts widersprüchlich und lückenhaft seien. Nachdem das Gericht in Randnr. 51 des angefochtenen Urteils erst befunden habe, dass die Kommission, wenn feststehe, dass die Muttergesellschaft und die Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildeten, die Verantwortlichkeit für das rechtswidrige Verhalten entweder der Muttergesellschaft oder der Tochtergesellschaft oder auch gesamtschuldnerisch der Mutter- und der Tochtergesellschaft zuweisen könne, habe es dann der Kommission zu Unrecht die Wahl auch eines vierten Weges erlaubt, nämlich die Heranziehung der Tochtergesellschaft als Gesamtschuldnerin zur Zahlung der Geldbuße, die gegen die Muttergesellschaft verhängt werde. 70 In diesem Zusammenhang genügt der Hinweis, dass die Argumentation von Kendrion verkennt, dass sie und ihre Tochtergesellschaft Teil des Unternehmens waren, das gegen Art. 81 EG verstoßen hat. Wie aus Randnr. 55 des vorliegenden Urteils hervorgeht, lassen die Erläuterungen in den Randnrn. 87 bis 89 des angefochtenen Urteils eindeutig erkennen, dass sich die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der streitigen Entscheidung gegen Fardem Packaging verhängte Geldbuße aus ihrer eigenen Verantwortung für die Zuwiderhandlung ergibt. 71 Da keiner der drei Teile des dritten Rechtsmittelgrundes durchgreift, ist dieser insgesamt zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 72 Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft Randnr. 18 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht das Vorbringen von Kendrion, das Verfahren vor dem Gericht habe zu lang gedauert, als ins Leere gehend zurückgewiesen hat. Das Gericht hat insoweit entschieden, dass sich die von ihm vorzunehmende gerichtliche Kontrolle nur auf die streitige Entscheidung beziehe und dass „[d]eren Rechtmäßigkeit nur im Licht der Tatsachen und Umstände zu prüfen ist, die der Kommission bei Erlass der Entscheidung bekannt waren“. 73 Die Rechtsmittelführerin schließt daraus, dass sich das Gericht für unzuständig halte, über Fehler in einem Verfahren vor ihm selbst zu entscheiden oder ihnen abzuhelfen. Sie wendet gegen diese Auffassung ein, dass das Gericht bei einem Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verbürgt seien und zu denen der Grundsatz einer angemessenen Entscheidungsfrist gehöre, sogar verpflichtet sei, einzugreifen. Indem das Gericht von vornherein jede Prüfung seiner eigenen Arbeitsweise in dem bei ihm anhängigen Fall abgelehnt habe, habe es gegen Unionsrecht verstoßen, und dieser Verstoß rechtfertige eine Aufhebung des angefochtenen Urteils. 74 Hilfsweise beantragt Kendrion die Aufhebung oder die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße. Sie meint, selbst wenn das Gericht über keine eigene Befugnis verfügte, die in einer Kommissionsentscheidung festgesetzte Geldbuße wegen überlanger Dauer des gerichtlichen Verfahrens herabzusetzen, sei jedenfalls der Gerichtshof durch nichts daran gehindert, sich zu diesem für die Rechtssicherheit der Rechtssuchenden grundlegenden Punkt zu äußern und daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. 75 Unter Bezugnahme auf die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Beurteilungskriterien weist Kendrion darauf hin, dass das erstinstanzliche Verfahren sechs Jahre und neun Monate gedauert habe. Die Rechtssache habe eine erhebliche Bedeutung für sie, da die Geldbuße ein Vielfaches ihres Nettogewinns und die Hälfte ihrer Eigenmittel betrage. Außerdem schade diese Geldbuße ihrem Ruf und schränke ihre Investitions- und Expansionsmöglichkeiten stark ein. In Anbetracht dieser Gesichtspunkte hält die Rechtsmittelführerin eine Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße um 5 % für gerechtfertigt. 76 Die Kommission wendet sich gegen das Vorbringen, wonach das Gericht es rechtsfehlerhaft abgelehnt habe, seine eigene Arbeitsweise zu überprüfen. Denn zum einen könne die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zur Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung führen. Zum anderen sei es unangemessen, das Gericht dazu zu verpflichten, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage zu prüfen, ob es den Parteien des Rechtsstreits einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährt habe, da es damit zum Richter in eigener Sache würde. Hilfsweise macht die Kommission geltend, es sei zweifelhaft, ob das Gericht im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist verstoßen habe. Würdigung durch den Gerichtshof 77 Vorab ist daran zu erinnern, dass nach Art. 47 Abs. 2 der Charta „[j]ede Person … ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“. Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, betrifft dieser Artikel den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C-385/07 P, Slg. 2009, I-6155, Randnr. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung). 78 Damit gilt dieses Recht, das vor dem Inkrafttreten der Charta in seiner Geltung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bestätigt worden war, auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung). 79 Im vorliegenden Fall hat das Gericht das Vorbringen von Kendrion in der mündlichen Verhandlung, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist vor, ohne Prüfung als ins Leere gehend zurückgewiesen und dies damit begründet, dass sich die von ihm vorzunehmende gerichtliche Kontrolle nur auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung beziehe. 80 Um zu beurteilen, ob das Gericht damit rechtmäßig gehandelt hat, ist zunächst darzulegen, welche Rechtsbehelfe und Verfahren einer Partei offenstehen, wenn der Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist verletzt worden ist. 81 Hierfür ist als Erstes in Erinnerung zu rufen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Überschreitung einer angemessenen Entscheidungsfrist als ein Verfahrensfehler, der die Verletzung eines Grundrechts darstellt, der betreffenden Partei einen Rechtsbehelf eröffnen muss, der ihr eine angemessene Wiedergutmachung bietet (vgl. Urteil des EGMR vom 26. Oktober 2000, Kudla/Polen, Recueil des arrêts et décisions, 2000 XI, §§ 156 und 157). 82 Soweit die Rechtsmittelführerin die Aufhebung des angefochtenen Urteils und hilfsweise eine Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße beantragt, ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnrn. 190 und 196 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 83 Diese Rechtsprechung beruht insbesondere auf der Erwägung, dass die Aufhebung des angefochtenen Urteils, wenn die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist keine Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits hat, dem vom Gericht begangenen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abhelfen kann (Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 193) 84 Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin dem Gerichtshof keinen Anhaltspunkt dafür vorgetragen, dass sich die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht auf den Ausgang des bei diesem anhängigen Rechtsstreits auswirken konnte. 85 Daraus folgt, dass der vierte Rechtsmittelgrund nicht zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann. 86 Soweit die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe nicht die notwendigen Konsequenzen aus seiner Missachtung einer angemessenen Entscheidungsfrist gezogen, ist festzustellen, dass sie nicht geltend macht, dem Gericht einen Anhaltspunkt dafür vorgetragen zu haben, dass sich dieser Verfahrensfehler auf den Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits auswirken und damit eine Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung rechtfertigen konnte. 87 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, der Rechtsmittelführerin nicht aus dem bloßen Grund der Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist erlauben kann, eine Geldbuße dem Grund oder der Höhe nach in Frage zu stellen, obwohl sämtliche Rechtsmittelgründe, die sie gegen die Feststellungen des Gerichts zur Höhe dieser Geldbuße und zu den mit ihr geahndeten Verhaltensweisen vorgebracht hat, zurückgewiesen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 194). 88 Daraus folgt, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist im Rahmen der Prüfung einer Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben worden ist, mit der gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union verhängt wurde, nicht dazu führen kann, dass die mit dieser Entscheidung verhängte Geldbuße ganz oder teilweise aufgehoben wird. 89 Soweit die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht eine Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße beantragt hat, um den nachteiligen Folgen Rechnung zu tragen, die sich für sie aus der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Gericht ergeben hätten, ist festzustellen, dass ein solcher Antrag erstens einen anderen Gegenstand hat als ein Antrag auf Nichtigerklärung, der sich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts beschränkt, und zweitens die Prüfung anderer Tatsachen als derjenigen voraussetzt, die im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in Randnr. 18 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung im Licht der Tatsachen und Umstände zu prüfen ist, die der Kommission bei Erlass der Entscheidung bekannt waren. 90 Demnach hat das Gericht die Rüge von Kendrion, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist vorliege, zu Recht als ins Leere gehend zurückgewiesen. 91 Soweit die Rechtsmittelführerin hilfsweise beantragt, der Gerichtshof möge aus den vor dem Gericht dargelegten Gründen die gegen sie festgesetzte Geldbuße herabsetzen, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, als er mit einem ähnlichen Sachverhalt befasst war, einem solchen Antrag zunächst aus Gründen der Prozessökonomie und im Hinblick darauf, dass gegen einen solchen Verfahrensfehler ein unmittelbarer und effektiver Rechtsbehelf gegeben sein muss, stattgegeben und folglich die Geldbuße herabgesetzt hat (Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 48). 92 Später hat der Gerichtshof in einer Rechtssache, in der es um eine Entscheidung der Kommission ging, mit der ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung festgestellt, aber keine Geldbuße verhängt wurde, entschieden, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht zu einer Schadensersatzklage führen kann (Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 195). 93 Die vorliegende Rechtssache betrifft zwar einen Sachverhalt, der mit demjenigen vergleichbar ist, der dem Urteil Baustahlgewebe/Kommission zugrunde lag. Eine auf der Grundlage der Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV gegen die Union erhobene Schadensersatzklage stellt jedoch, da sie alle Fälle der Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer abdecken kann, einen effektiven und allgemeinen Rechtsbehelf zur Geltendmachung und Ahndung eines solchen Verstoßes dar. 94 Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Ergebnis, dass der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden ist, da eine solche Klage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. 95 Daraus folgt, dass der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden kann, sondern beim Gericht eingeklagt werden muss. 96 Zu den Kriterien, anhand deren zu beurteilen ist, ob das Gericht den Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist beachtet hat, ist festzustellen, dass die Angemessenheit der Entscheidungsfrist anhand der Umstände jeder einzelnen Rechtssache, etwa der Komplexität des Rechtsstreits und des Verhaltens der Parteien, zu beurteilen ist (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung). 97 Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Liste der relevanten Kriterien nicht abschließend ist und dass die Beurteilung der Angemessenheit dieser Frist keine systematische Prüfung der Umstände des Falles anhand jedes Kriteriums erfordert, wenn die Dauer des Verfahrens anhand eines von ihnen gerechtfertigt erscheint. Die Komplexität der Sache oder vom Kläger herbeigeführte Verzögerungen können daher herangezogen werden, um eine auf den ersten Blick zu lange Dauer zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). 98 Bei der Prüfung dieser Kriterien ist zu berücksichtigen, dass bei einem Rechtsstreit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel, zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird, nicht nur für den Rechtsmittelführer und seine Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (vgl. u. a. Urteil Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, Randnr. 186 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Es ist ebenfalls Sache des Gerichts, unter Prüfung der hierzu vorgelegten Nachweise sowohl die Verwirklichung des geltend gemachten Schadens als auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der überlangen Dauer des streitigen Gerichtsverfahrens zu beurteilen. 100 Insoweit ist hervorzuheben, dass das Gericht im Fall einer Schadensersatzklage mit der Begründung, das Gericht habe die Anforderungen zur Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist verkannt und dadurch Art. 47 Abs. 2 der Charta verletzt, gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV die allgemeinen Grundsätze zu berücksichtigen hat, die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten für auf ähnliche Verstöße gestützte Klagen gelten. In diesem Zusammenhang muss das Gericht insbesondere untersuchen, ob sich feststellen lässt, dass die von der Fristüberschreitung betroffene Partei neben einem materiellen Schaden auch einen immateriellen Schaden erlitten hat, der gegebenenfalls angemessen zu entschädigen ist. 101 Es ist daher Sache des nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständigen Gerichts, über solche Schadensersatzklagen in einer anderen Besetzung als derjenigen, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war, und unter Heranziehung der in den Randnrn. 96 bis 100 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterien zu entscheiden. 102 Dies vorausgeschickt, ist festzustellen, dass sich die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht, die sich auf fast fünf Jahre und neun Monate belief, durch keinen der Umstände der Rechtssache, die zum vorliegenden Rechtsstreit geführt hat, rechtfertigen lässt. 103 So ist insbesondere zu konstatieren, dass zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission im Februar 2007 und der Eröffnung der mündlichen Verhandlung im Dezember 2010 etwa drei Jahre und zehn Monate liegen. Die Länge dieser Zeitspanne lässt sich nicht mit den Umständen der Rechtssache erklären, ob es sich nun um die Komplexität des Rechtsstreits, das Verhalten der Parteien oder Zwischenstreitigkeiten handelt. 104 Was die Komplexität der Rechtssache angeht, so ergibt eine Überprüfung der in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Klage der Rechtsmittelführerin, dass die geltend gemachten Klagegründe zwar eine eingehende Prüfung erforderlich machten, aber keinen besonders hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen. Auch dass 15 Adressaten der streitigen Entscheidung beim Gericht Klagen auf deren Nichtigerklärung erhoben hatten, kann das Gericht nicht daran gehindert haben, innerhalb von weniger als drei Jahren und zehn Monaten eine Zusammenfassung der Akten zu erstellen und die mündliche Verhandlung vorzubereiten. 105 Zum Verhalten der Parteien und zum Auftreten von Zwischenstreitigkeiten ist zu bemerken, dass das Gericht erst nach dieser Zeitspanne von drei Jahren und zehn Monaten im Dezember 2010 eine prozessleitende Maßnahme erließ, als es Kendrion aufforderte, schriftlich eine Frage zu beantworten. Die Rechtsmittelführerin kam dem am 12. Januar 2011 fristgerecht nach, so dass ihr Verhalten also keine Auswirkung auf die Gesamtdauer des Verfahrens hatte. 106 Nach alledem ist festzustellen, dass das Verfahren vor dem Gericht gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta verstoßen hat, da die Anforderungen zur Wahrung einer angemessenen Entscheidungsfrist verkannt wurden. Dies bildet einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 42). 107 Aus den in den Randnrn. 81 bis 95 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. 108 Nach alledem greift keiner der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgründe durch, so dass das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen ist. Kosten 109 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist, über die Kosten. 110 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2. Die Kendrion NV trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Niederländisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 6. September 2013. # Naser Bateni gegen Rat der Europäischen Union. # Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation - Einfrieren von Geldern - Offenkundiger Ermessensfehler. # Rechtssachen T-42/12 und T-181/12.
62012TJ0042
ECLI:EU:T:2013:409
2013-09-06T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 28. Mai 2013.#Fahed Mohamed Sakher Al Matri gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Erlass restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren von Geldern – Fehlende Rechtsgrundlage.#Rechtssache T‑200/11.
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013.#International Confederation of Societies of Authors and Composers (CISAC) gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung.#Rechtssache T‑442/08.
62008TJ0442
ECLI:EU:T:2013:188
2013-04-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62008TJ0442 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 12. April 2013 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet und Satellit sowie mittels Kabelweitersendung — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Aufteilung des räumlichen Marktes — Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften — Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird — Beweis — Unschuldsvermutung“ In der Rechtssache T-442/08 International Confederation of Societies of Authors and Composers (CISAC) mit Sitz in Neuilly-sur-Seine (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-F. Bellis und K. Van Hove, Klägerin, unterstützt durch European Broadcasting Union (EBU) mit Sitz in Grand-Saconnex (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: D. Slater, Solicitor, und Rechtsanwalt D. Waelbroeck, Streithelferin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und A. Biolan als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 3435 endgültig der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC) erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie der Richter S. Soldevila Fragoso und M. van der Woude, Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündlichen Verhandlungen vom 19. Oktober 2011 und vom 4. Juni 2012 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung 1 Die Entscheidung K(2008) 3435 endgültig der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) betrifft die Bedingungen der Verwaltung von Rechten zur öffentlichen Aufführung von Musikwerken und die Erteilung entsprechender Lizenzen, und zwar ausschließlich im Hinblick auf die Verwertungsarten der Übertragung per Internet, Satellit und Kabel. Sie richtet sich an 24 Verwertungsgesellschaften mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) (im Folgenden: Verwertungsgesellschaften). 2 Die Verwertungsgesellschaften verwalten die Rechte der Urheber (Textdichter und Komponisten) an den von ihnen geschaffenen Musikwerken. Diese Rechte umfassen im Allgemeinen das ausschließliche Recht, die Verwertung geschützter Werke zu genehmigen oder zu untersagen. Dies gilt insbesondere für die Rechte der öffentlichen Aufführung. Eine Verwertungsgesellschaft erwirbt diese Rechte entweder im Wege unmittelbarer Abtretung durch die ursprünglichen Rechteinhaber oder durch Übertragung von Seiten einer anderen Verwertungsgesellschaft, die Rechte derselben Art in einem anderen Land verwaltet, und sie erteilt im Namen ihrer Mitglieder Nutzungslizenzen an gewerbliche Nutzer wie Rundfunkunternehmen oder Veranstalter von Kulturereignissen (im Folgenden: Nutzer). 3 Mit der Verwaltung von Urheberrechten durch die einzelnen Verwertungsgesellschaften ist verbunden, dass sich diese vergewissern, dass jeder Rechteinhaber die Vergütung erhält, die ihm für die Aufführungen seiner Werke – unabhängig davon, wo sie stattfinden – zusteht, und darüber wachen, dass es zu keiner unerlaubten Aufführung geschützter Werke kommt. 4 Die Klägerin, die International Confederation of Societies of Authors and Composers (CISAC), ist eine nichtstaatliche Organisation ohne Erwerbszweck mit eigener Rechtspersönlichkeit, die dem französischen Recht unterliegt; eines ihrer Hauptziele ist die Förderung der gegenseitigen Vertretung der Verwertungsgesellschaften weltweit. 5 In diesem Zusammenhang hat die Klägerin einen unverbindlichen Mustervertrag ausgearbeitet, dessen ursprüngliche Fassung auf das Jahr 1936 zurückgeht, der mehrfach geändert wurde und der von den vertragsschließenden Verwertungsgesellschaften vervollständigt werden muss, insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des Verwaltungsgebiets (im Folgenden: Mustervertrag). Auf der Grundlage des Mustervertrags haben die Verwertungsgesellschaften Gegenseitigkeitsvereinbarungen getroffen, mit denen sie sich gegenseitig das Recht einräumen, Lizenzen zu erteilen (im Folgenden: Gegenseitigkeitsvereinbarungen). Die Gegenseitigkeitsvereinbarungen erfassen nicht nur die Rechtewahrnehmung in Bezug auf die herkömmlichen, sogenannten „Offline“-Anwendungen (Konzerte, Radio, Diskotheken usw.), sondern auch die Verwertung über Internet, Satellit oder Kabel. A – Verwaltungsverfahren 6 Im Jahr 2000 reichte die RTL Group SA, ein Rundfunk- und Fernsehkonzern, bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Beschwerde gegen eine der Klägerin angehörende Verwertungsgesellschaft unter Hinweis darauf ein, dass diese sich geweigert habe, ihr eine gemeinschaftsweite Lizenz für ihre Musiksendungen im Rundfunk zu erteilen. Im Jahr 2003 reichte die Music Choice Europe Ltd, die Radio- und Fernsehdienste über das Internet anbietet, eine zweite Beschwerde ein, die sich gegen die Klägerin richtete und den Mustervertrag betraf. Aufgrund dieser Beschwerden eröffnete die Kommission ein Verfahren nach den Wettbewerbsregeln. 7 Am 31. Januar 2006 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin und die Verwertungsgesellschaften (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte) und räumte ihnen eine Erwiderungsfrist von zwei Monaten ein, die die Klägerin einhielt. 8 Am 14., 15. und 16. Juni 2006 fand eine Anhörung der Klägerin und der meisten Verwertungsgesellschaften durch die Kommission statt. 9 Im März 2007 boten die Klägerin und 18 Verwertungsgesellschaften der Kommission gemäß Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Verpflichtungszusagen an, die nach Art. 27 Abs. 4 dieser Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden (ABl. 2007, C 128, S. 12). 10 In Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, dass die in Randnr. 9 des vorliegenden Urteils genannten Verpflichtungszusagen in Anbetracht der ihr vorgelegten Stellungnahmen keine geeignete Antwort auf die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeworfenen Wettbewerbsbedenken seien. B – Betroffene Klauseln des Mustervertrags 11 In der angefochtenen Entscheidung geht es insbesondere um die im Mustervertrag zumindest zeitweise vorgesehenen Klauseln über die Mitgliedschaft der Rechteinhaber in den Verwertungsgesellschaften (im Folgenden: Mitgliedschaftsklausel) und über den ausschließlichen Charakter der Mandate, die sich die Verwertungsgesellschaften in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen wechselseitig erteilen, sowie deren territoriale Reichweite. 12 Die Mitgliedschaftsklausel in Art. 11 Abs. 2 des Mustervertrags sah bis 3. Juni 2004 vor, dass die Verwertungsgesellschaften einen Urheber, der bereits Mitglied einer anderen Verwertungsgesellschaft war oder die Staatsangehörigkeit eines Landes besaß, in dem eine andere Verwertungsgesellschaft ihre Tätigkeit ausübte, nur unter bestimmten Voraussetzungen als Mitglied aufnehmen durften (Randnrn. 18 bis 21 und 27 der angefochtenen Entscheidung). Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass einige Gegenseitigkeitsvereinbarungen weiterhin eine solche Klausel enthielten (Randnrn. 35, 125 und 260 der angefochtenen Entscheidung). 13 Was den Ausschließlichkeitscharakter der Mandate und ihre territoriale Reichweite betrifft, sah zum einen Art. 1 Abs. 1 und 2 des Mustervertrags bis Mai 1996 vor, dass eine Verwertungsgesellschaft einer anderen auf Gegenseitigkeitsbasis das ausschließliche Recht einräumte, in den Gebieten, in denen die andere tätig war, die erforderlichen Genehmigungen für jede öffentliche Aufführung zu erteilen (im Folgenden: Ausschließlichkeitsklausel). Zum anderen fordert Art. 6 Abs. 1 des Mustervertrags die Verwertungsgesellschaften auf, ihre jeweiligen Tätigkeitsgebiete festzulegen, ohne Näheres hierzu zu bestimmen. Nach Art. 6 Abs. 2 des Mustervertrags hat sich jede Verwertungsgesellschaft jeder Einmischung in die Ausübung des der anderen übertragenen Mandats in deren Gebiet zu enthalten (im Folgenden: Nichteinmischungsklausel) (Randnrn. 22 bis 25 der angefochtenen Entscheidung). 14 Der angefochtenen Entscheidung zufolge setzen die Verwertungsgesellschaften Art. 6 Abs. 1 des Mustervertrags so um, dass sie darin Gebietsbeschränkungen vorsehen, nach denen sich die von einer Gesellschaft erteilten Lizenzen, von einigen geringfügigen Ausnahmen abgesehen, auf das Gebiet des EWR-Landes beschränken, in dem diese Gesellschaft ansässig ist (im Folgenden: Gebietsbeschränkungen auf das Inland) (Randnr. 38 der angefochtenen Entscheidung). 15 Die Kommission habe anhand der von den Verwertungsgesellschaften im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben nicht mit Sicherheit feststellen können, ob tatsächlich 17 Verwertungsgesellschaften die Ausschließlichkeitsklausel und sämtliche Verwertungsgesellschaften die Nichteinmischungsklausel jeweils vollständig aus ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen gestrichen hätten (Randnrn. 37 und 40 der angefochtenen Entscheidung). C – Betroffene Märkte 16 Die kollektive Verwaltung von Urheberrechten nach dem Mustervertrag habe folgende drei Produktmärkte umfasst: erstens Urheberrechtsverwaltungsdienste für Rechteinhaber, zweitens Urheberrechtsverwaltungsdienste für andere Verwertungsgesellschaften und drittens die Lizenzierung der Rechte zur öffentlichen Aufführung an die Nutzer zur Verwertung über Internet, Satellit oder Kabel (Randnr. 49 der angefochtenen Entscheidung). 17 In räumlicher Hinsicht umfasse der erstgenannte Markt das jeweilige Inland, könnte ohne die Mitgliedschaftsbeschränkungen aber größer sein (Randnrn. 58 und 59 der angefochtenen Entscheidung). 18 Der zweitgenannte Markt weise einen Inlandsbezug auf, habe aber gleichzeitig auch grenzüberschreitende Merkmale. Da die Tätigkeiten der Übertragung über Internet nicht auf ein einziges EWR-Land beschränkt seien, beantragten die Unternehmen dieser Branchen Mehrgebietslizenzen, die die Verwertungsgesellschaften ohne die in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Einschränkungen erteilen könnten. Ebenso könnte für die Übertragung über Satellit oder die Kabelweiterverbreitung jede Verwertungsgesellschaft, die innerhalb des Abstrahlungsbereichs des Satelliten niedergelassen sei, Lizenzen für das Gebiet des gesamten Abstrahlungsbereichs erteilen (Randnrn. 60 bis 62 der angefochtenen Entscheidung). 19 Der drittgenannte Markt schließlich sei zwar in der Vergangenheit aufgrund der erforderlichen Nutzungskontrolle vor Ort als inländischer Markt definiert worden, dies gelte jedoch nicht unbedingt für die Verwertungen über Internet, Satellit oder Kabel, da in diesen Bereichen eine Fernüberwachung möglich sei (Randnrn. 63 und 64 der angefochtenen Entscheidung). D – Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen 1. Mitgliedschafts-, Ausschließlichkeits- und Nichteinmischungsklausel 20 Für die Zwecke der vorliegenden Sache sei die Mitgliedschaftsklausel als Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen zu werten (Randnrn. 123 bis 137 der angefochtenen Entscheidung). 21 Bei der Prüfung der Ausschließlichkeits- und der Nichteinmischungsklausel habe sich ferner herausgestellt, dass die Ausschließlichkeitsklausel die Abschottung des Inlandsmarkts der Verwertungsgesellschaften bewirke, denen Ausschließlichkeit garantiert worden sei, da keine Verwertungsgesellschaft im Inlandsgebiet einer anderen Verwertungsgesellschaft eine Lizenz erteilen könne. Es sei sogar ausgeschlossen, dass eine Verwertungsgesellschaft einem Nutzer unmittelbar eine nur ihr eigenes Repertoire betreffende Lizenz für Aufführungen erteile, die im Inlandsgebiet einer anderen Verwertungsgesellschaft stattfänden (im Folgenden: Direktlizenz). 22 Hinsichtlich der Nichteinmischungsklausel weist die Kommission darauf hin, dass sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Wesentlichen davon ausgegangen sei, dass sie die Ausschließlichkeitsklausel verstärke. Aufgrund der Stellungnahmen bestimmter Verwertungsgesellschaften, wonach die Nichteinmischungsklausel die Erteilung von Direktlizenzen nicht verhindert habe, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Klausel in bestimmten Gegenseitigkeitsvereinbarungen gestrichen worden sei, habe sie davon Abstand genommen, in Bezug auf diese Bestimmung des Mustervertrags tätig zu werden (Randnrn. 138 bis 152 der angefochtenen Entscheidung). 2. Abgestimmtes Verhalten in Bezug auf die Gebietsbeschränkungen auf das Inland 23 Nach Ansicht der Kommission sind die Gebietsbeschränkungen auf das Inland das Ergebnis eines den Wettbewerb beschränkenden abgestimmten Verhaltens (Randnrn. 154 und 155 der angefochtenen Entscheidung). 24 Die Gebietsbeschränkungen auf das Inland könnten nämlich nicht einfach durch ein von Marktkräften bestimmtes unabhängiges Verhalten erklärt werden. Die Verwertungsgesellschaften hätten daher die Risiken des Wettbewerbs durch die Zusammenarbeit untereinander ersetzt, um eine gewisse Sicherheit zu erhalten, dass diese Beschränkungen von den anderen Verwertungsgesellschaften nicht nur auf der Grundlage der Gegenseitigkeit akzeptiert, sondern auch in allen Gegenseitigkeitsvereinbarungen umgesetzt würden (Randnrn. 156 und 157 der angefochtenen Entscheidung). 25 Der Grund für diese Sicherheit sei die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Verwertungsgesellschaften, insbesondere auf dem Gebiet der Offline-Anwendungen, die Kontrollnetze vor Ort erforderten. Für die Erteilung von Lizenzen und die Erhebung von Lizenzgebühren im Ausland sei daher jede Verwertungsgesellschaft von den anderen abhängig und setze sich Vergeltungsmaßnahmen aus, wenn sie auf dem Gebiet der Online-Rechte die historische Marktaufteilung nicht fortschreiben wolle (Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung). 26 Das Vorliegen eines abgestimmten Verhaltens ergebe sich aus einer Reihe von Umständen. 27 Erstens hätten die Verwertungsgesellschaften die Standardisierung ihrer Musterverträge im Rahmen der Tätigkeiten der Klägerin diskutiert (Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung). 28 Zweitens belege die Vereinbarung von Santiago (Chile), die von mehreren Verwertungsgesellschaften bei der Kommission für eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG angemeldet worden sei, dass die Frage der territorialen Abgrenzung der unter die Gegenseitigkeitsvereinbarungen fallenden Mandate, insbesondere derjenigen, die neue Verwertungsformen erfassten, Gegenstand multilateraler Gespräche zwischen den Verwertungsgesellschaften gewesen sei. Die Vereinbarung von Santiago, mit der sich die Verwertungsgesellschaften verpflichtet hätten, weltweite Lizenzen zu erteilen, aber nur an die in ihrem Inlandsgebiet ansässigen Nutzer, sei nach ihrem Auslaufen Ende 2004 im Anschluss an die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission im Rahmen des Verfahrens zur Erlangung der vorgenannten Freistellung an die Verwertungsgesellschaften gesandt habe (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte „Santiago“), nicht verlängert worden, was zu einer Rückkehr zu den Gebietsbeschränkungen auf das Inland geführt habe. Die Kommission bewertet in der angefochtenen Entscheidung die Aufgabe der Vereinbarung von Santiago als einen Hinweis darauf, dass die Verwertungsgesellschaften ihr Verhalten in Bezug auf den Anwendungsbereich der Lizenzen für die Internetnutzung sehr wohl koordinierten (Randnrn. 158 und 169 der angefochtenen Entscheidung). 29 Drittens müsse das Parallelverhalten hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland im Licht der vorherigen Situation beurteilt werden, in der die Gegenseitigkeitsvereinbarungen die Ausschließlichkeitsklausel enthalten hätten. Die Tatsache, dass es hinsichtlich dieser Beschränkungen nach der Streichung der Ausschließlichkeitsklausel zu keiner Verhaltensänderung gekommen sei, sei ein Indiz für ein abgestimmtes Verhalten. In der angefochtenen Entscheidung wird jedoch eingeräumt, dass dies nicht der Fall sei, wenn es andere Gründe gebe, die zeigten, dass die Marktaufteilung das Ergebnis individuellen Verhaltens sei (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung). 30 Was das Vorliegen solcher Gründe im vorliegenden Fall anbelangt, weist die Kommission als Erstes darauf hin, dass zwar das Urheberrecht und der Anwendungsbereich seines Schutzes vom nationalen Recht bestimmt seien, dass dies jedoch nicht bedeute, dass die Lizenzen für ein bestimmtes Land von der nationalen Verwertungsgesellschaft erteilt werden müssten. Sie beruft sich insoweit auf die Vereinbarung von Santiago (Randnrn. 159 und 160 der angefochtenen Entscheidung). 31 Als Zweites bestreitet die Kommission, dass der einschlägige rechtliche Rahmen, insbesondere die Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248, S. 15), das Verhalten der Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der Übertragung über Satellit rechtfertige. Diese Richtlinie beschränke sich nämlich darauf, das auf die Verwertung geschützter Werke über Satellit anwendbare Recht zu bestimmen, nämlich dasjenige des EWR-Landes, in dem die programmtragenden Signale in eine ununterbrochene Kommunikationskette eingegeben würden, die zum Satelliten und zurück zur Erde führe. 32 Die Richtlinie 93/83 bestimme jedoch nicht, dass nur die in dem betreffenden EWR-Land ansässige Verwertungsgesellschaft die für diese Form der Verwertung von Urheberrechten erforderlichen Lizenzen erteilen dürfe. Im Übrigen benötigten die Nutzer, da nach dieser Richtlinie die Wiedergabe ausschließlich in dem genannten Land erfolge, eine Lizenz nur für dieses Land. Durch die Richtlinie 93/83 sei daher die Vereinbarung von Sydney (Australien) überholt, mit dem die Verwertungsgesellschaften im Jahr 1987 eine Bestimmung in den Mustervertrag eingefügt hätten, wonach die Verwertungsgesellschaft, die in dem Land ansässig sei, in dem die programmtragenden Signale zum Satelliten gesandt würden, befugt sei, Lizenzen für den gesamten Abstrahlungsbereich des Satelliten zu erteilen, gegebenenfalls nach Konsultation mit den anderen betroffenen Verwertungsgesellschaften oder deren Zustimmung (Randnrn. 163 bis 165 der angefochtenen Entscheidung). 33 Als Drittes seien die Verwertungsgesellschaften in Bezug auf ihre Effizienz, ihre Verwaltungskosten und ihre Repertoires sehr unterschiedlich. Eine Verwertungsgesellschaft könnte daher daran interessiert sein, eine andere Verwertungsgesellschaft mit besonders guten Werten mit der Erteilung von Lizenzen für ein größeres Gebiet als das zu beauftragen, in dem die beauftragte Gesellschaft ansässig sei, oder mehr als eine Verwertungsgesellschaft in einigen Regionen zu beauftragen, um die Verbreitung ihres Repertoires und somit die Vergütung für ihre Autoren zu steigern (Randnrn. 167 und 168 der angefochtenen Entscheidung). 34 Als Viertes betreffe die angefochtene Entscheidung nur die legale Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken (Randnr. 11 der angefochtenen Entscheidung); die Notwendigkeit einer lokalen Überwachung erkläre somit nicht die Gebietsbeschränkungen auf das Inland. Für die Verwertung über Internet, Satellit und die Kabelweiterverbreitung gebe es nämlich technische Lösungen, die eine Kontrolle des Lizenznehmers auch dann ermöglichten, wenn die Nutzung außerhalb des Inlandsgebiets der Verwertungsgesellschaft erfolge oder der Lizenznehmer außerhalb dieses Gebiets ansässig sei. Wie insbesondere die Erteilung von Direktlizenzen belege, wendeten die Verwertungsgesellschaften bereits Lizenzierungspraktiken an, die zeigten, dass sie in der Lage seien, Nutzungen und Nutzer außerhalb ihres inländischen Gebiets zu kontrollieren. Außerdem beruhe das gegenwärtige System nicht auf dem Grundsatz der Nähe zum Lizenznehmer, da die Gebietsbeschränkung des Mandats impliziere, dass jede Verwertungsgesellschaft unabhängig vom Wohnsitz des Lizenznehmers Lizenzen für die Nutzung innerhalb ihres Gebiets erteile (Randnrn. 171 bis 174 der angefochtenen Entscheidung). 35 Die Randnrn. 186 bis 199 der angefochtenen Entscheidung enthalten weitere Ausführungen der Kommission zu den einzelnen von dieser Entscheidung erfassten Verwertungsformen. Was das Internet anbelangt, nimmt sie insbesondere auf die Simulcasting-Vereinbarung Bezug, die mit der Entscheidung 2003/300/EG der Kommission vom 8. Oktober 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.014 – IFPI „Simulcasting“) (ABl. 2003, L 107, S. 58) freigestellt wurde. Diese Vereinbarung ermögliche Sendeanstalten und -unternehmen, deren Signale ausgehend vom EWR übertragen würden, bei jeder Verwertungsgesellschaft, die Partei dieser Vereinbarung sei, eine Mehrgebiets- und Mehrprogrammlizenz für die Übertragung als Simulcasting (gleichzeitige Verbreitung über das Internet von Tonaufzeichnungen mit der Übertragung der Rundfunk- und/oder Fernsehsignale durch Rundfunk- und Fernsehsender) zu beantragen. Das Gleiche gelte für eine weitere Vereinbarung, die Webcasting-Vereinbarung (Randnr. 191 der angefochtenen Entscheidung). 36 Die Kommission nimmt darüber hinaus auf das „nordische und baltische“ Kooperationsmodell (im Folgenden: NCB-Modell) Bezug, nach dem ein Nutzer eine einzige multiterritoriale Online-Lizenz sowohl für die mechanischen Vervielfältigungsrechte als auch für die Aufführungsrechte erwerben könne, die für Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Schweden, Island und Norwegen gelte (Randnr. 179 der angefochtenen Entscheidung). 37 Außerdem hätten im Januar 2006 die deutsche Verwertungsgesellschaft und die des Vereinigten Königreichs, die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) und die Performing Right Society Ltd, das Gemeinschaftsunternehmen Celas gegründet, das als paneuropäische zentrale Anlaufstelle für die Lizenzierung der Online- und Mobilfunkrechte des angloamerikanischen Repertoires eines bestimmten Verlags fungiere (Randnr. 193 der angefochtenen Entscheidung). 38 Das Bestehen dieser Vereinbarungen belege, dass eine Präsenz vor Ort nicht erforderlich sei (Randnr. 190 der angefochtenen Entscheidung). Wenn die ohne eine solche Präsenz durchgeführte Kontrolle Verstöße aufdecke, die die Einleitung rechtlicher Schritte erforderten, oder wenn Konten an Ort und Stelle überprüft werden müssten, könnte die Verwertungsgesellschaft, die eine Lizenz für ein anderes Gebiet erteilt habe als das des Mitgliedstaats, in dem sie ansässig sei, diese Aufgaben einer anderen Person, z. B. der ortsansässigen Verwertungsgesellschaft, anvertrauen, die über eine Präsenz vor Ort und die erforderlichen Kenntnisse des Rechtssystems des betreffenden Landes verfüge (Randnrn. 177 und 178 der angefochtenen Entscheidung). 39 Nachdem die Kommission diese Umstände angeführt hat, um zu belegen, dass die Gebietsbeschränkungen auf das Inland in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen nur durch das Vorliegen eines abgestimmten Verhaltens zu erklären seien, räumt sie ein, dass die Entscheidung, keine Lizenzierungsbefugnis außerhalb des Gebiets zu erteilen, in dem eine Verwertungsgesellschaft ihren Sitz habe, unter besonderen Umständen darauf zurückzuführen sein könne, dass die andere Verwertungsgesellschaft technisch nicht in der Lage sei, eine wirksame Kontrolle und Durchsetzung zu gewährleisten, oder darauf, dass die Rechtsordnung eines EWR-Landes Merkmale aufweise, die dazu führten, dass die inländische Gesellschaft bei der Auswahl des Auftragnehmers privilegiert sei, z. B. aufgrund des besonderen Status, den sie bei Rechtsstreitigkeiten vor inländischen Gerichten innehabe. Eine Gebietsbeschränkung, die sich aus der Würdigung dieser Umstände ergebe, stelle normalerweise kein wettbewerbsbeschränkendes abgestimmtes Verhalten dar. Hingegen ließe sich die systematische Praxis der Gebietsbeschränkungen auf das Inland in allen Gegenseitigkeitsvereinbarungen nicht durch diese Umstände erklären (Randnrn. 182 und 183 der angefochtenen Entscheidung). 40 Nachdem die Kommission somit zu dem Ergebnis gelangt war, dass das Vorgehen der Verwertungsgesellschaften ein abgestimmtes Verhalten darstelle, prüfte sie die Frage, ob dieses Verhalten den Wettbewerb beschränke. Sie bejahte dies, da dieses Verhalten einer jeden Verwertungsgesellschaft garantiere, dass nur sie den Nutzern Mehrprogrammlizenzen für das Land ihrer Niederlassung im EWR erteilen könne (Randnrn. 207 bis 209 der angefochtenen Entscheidung). 41 Dies führe im Ergebnis dazu, dass jede Verwertungsgesellschaft für die Verwaltung der Rechte und die Erteilung von Lizenzen ohne Wettbewerbsdruck von Seiten anderer Gesellschaften Verwaltungsgebühren erheben könne. Dieser mangelnde Wettbewerb könnte auch für die Urheber negative Auswirkungen haben, deren Einnahmen unterschiedlich ausfallen könnten, je nachdem, welche Gesellschaft ihre Rechte verwalte (Randnrn. 134 und 210 der angefochtenen Entscheidung). 42 Auf das von einigen Verwertungsgesellschaften in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argument, dass der Wettbewerb zwischen Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der Lizenzeinnahmen der Rechteinhaber zu einem Wettlauf nach unten führen werde, entgegnet die Kommission unter Hinweis auf die Entscheidung 2003/300, dass Art. 81 Abs. 3 EG es erlaube, einen Tarifmechanismus zu entwickeln, der den Wettbewerb bei den Preisen für Lizenzen auf die Verwaltungskosten begrenze, ohne sich auf die Vergütungen der Rechteinhaber auszuwirken. Jedenfalls könnte die ein Mandat erteilende Verwaltungsgesellschaft lediglich eine Einkommenshöhe für ihr Repertoire gegenüber anderen Verwertungsgesellschaften, die Lizenzen im Ausland erteilten, festlegen. Sie erhielte so einen garantierten Großhandelspreis für ihr Repertoire, und die das betreffende Repertoire lizenzierenden Verwertungsgesellschaften könnten um die Höhe der Marge konkurrieren, die sie auf diesen Großhandelspreis aufschlügen (Randnrn. 217 bis 219 der angefochtenen Entscheidung). 43 Insoweit würde durch bestimmte Änderungen am Preisfestsetzungssystem ein Anreiz für die Verwertungsgesellschaften geschaffen, miteinander in Wettbewerb zu treten. Ein aktueller Markttrend bestätige nämlich, dass es eine effiziente Strategie für die Rechteinhaber und somit auch für die Verwertungsgesellschaften sein könne, ihre Rechte mehreren konkurrierenden Verwertungsgesellschaften zu übertragen. So habe eine Verlagsgruppe ihre Absicht erklärt, mehrere Verwertungsgesellschaften zu bestimmen, die befugt sein würden, Nutzern paneuropäische Lizenzen für die Nutzung der angloamerikanischen mechanischen Vervielfältigungsrechte an ihrem Repertoire für die Online-Anwendung zu erteilen (Randnr. 220 der angefochtenen Entscheidung). 44 In der angefochtenen Entscheidung wird weiter auf die Entscheidung K(2006) 4350 der Kommission vom 4. Oktober 2006 betreffend ein Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.681 – Die erweiterte Vereinbarung von Cannes) (ABl. 2007, L 296, S. 27) über Lizenzen für mechanische Vervielfältigungsrechte hingewiesen, die verbindliche Verpflichtungen festgelegt habe, die einen Mechanismus für die Erteilung von Mehrgebietslizenzen vorsähen, der durch die Festlegung eines zwischen allen Verwertungsgesellschaften vereinbarten einheitlichen Satzes gewährleiste, dass die Vergütungen der Rechteinhaber nicht angetastet würden, und gleichzeitig, indem er für die Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit einführe, Plattenfirmen einen auf die Verwaltungskosten beschränkten Höchstrabatt einzuräumen, einen gewissen Wettbewerb zulasse (Randnr. 82 der angefochtenen Entscheidung). E – Verfügender Teil 45 Insbesondere auf der Grundlage dieser Erwägungen und nach der Feststellung, dass die in Rede stehenden bilateralen Vereinbarungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigten und die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 53 Abs. 3 EWR-Abkommen nicht vorlägen, entschied die Kommission, ohne eine Geldbuße zu verhängen, wie folgt: „Artikel 1 Die folgenden [24] Unternehmen haben durch die Anwendung der in Artikel 11 Absatz [2] des Mustervertrags … enthaltenen Beschränkungen der Mitgliedschaft in ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen oder durch die Anwendung von De-facto-Beschränkungen der Mitgliedschaft gegen Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen: … Artikel 2 Die folgenden 17 Unternehmen haben durch die in Artikel 1 Absätze [1] und [2] des … Mustervertrags vorgesehene und in ihre Gegenseitigkeitsvereinbarungen aufgenommene Gewährung von ausschließlichen Rechten gegen Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen: … Artikel 3 Die folgenden [24] Unternehmen haben durch die Koordinierung der territorialen Abgrenzungen, durch die der Geltungsbereich einer Lizenz auf das jeweilige Inlandsgebiet der Verwertungsgesellschaft beschränkt wird, gegen Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen: … Artikel 4 1.   Die in den Artikeln 1 und 2 aufgeführten Unternehmen stellen die in diesen Artikeln aufgeführten Zuwiderhandlungen unverzüglich ab, soweit dies nicht bereits geschehen ist, und unterrichten die Kommission über alle Maßnahmen, die sie zu diesem Zweck beschlossen haben. 2.   Die in Artikel 3 aufgeführten Unternehmen stellen innerhalb von 120 Tagen ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung die in diesem Artikel genannte Zuwiderhandlung ab und unterrichten die Kommission innerhalb dieses Zeitraums [über] alle Maßnahmen, die sie zu diesem Zweck beschlossen haben. Insbesondere überprüfen die in Artikel 3 genannten Unternehmen gegenseitig mit jedem anderen der in Artikel 3 genannten Unternehmen die territoriale Abgrenzung ihrer Mandate für Satellitenübertragung, Kabelweiterverbreitung sowie Internet-Verwendung in jeder ihrer Gegenseitigkeitsvereinbarungen und übersenden der Kommission Kopien der überprüften Vereinbarungen. 3.   Die Adressaten der vorliegenden Entscheidung sehen künftig von der Wiederholung der in den Artikeln 1, 2 und 3 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen oder Verhaltensweisen ab, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben. …“ Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten 46 Mit Klageschrift, die am 3. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin eine Klage auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben. 47 Mit Schriftsatz, der am 27. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die European Broadcasting Union (EBU), ein Verband von Rundfunk- und Fernsehunternehmen, die zu den größten Nutzern zählen, beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Der Antrag auf Zulassung als Streithelferin wurde den Parteien gemäß Art. 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zugestellt; sie haben keine Einwände erhoben. 48 Mit besonderem Schriftsatz, der am 30. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 114 der Verfahrensordnung gegen die vorliegende Klage die Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Am 25. Februar 2009 beantragte sie, ihr zu gestatten, ein Schreiben der Klägerin vom 16. Februar 2009 vorzulegen, mit dem diese auf ein Auskunftsverlangen, das die Kommission am 30. Januar 2009 gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an sie gerichtet hatte (im Folgenden: Auskunftsverlangen vom 30. Januar 2009), geantwortet hatte. Mit Beschluss vom 12. März 2009 gestattete der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts dies. 49 Die Klägerin hat fristgerecht schriftliche Stellungnahmen zur Einrede der Unzulässigkeit und zum Schreiben vom 16. Februar 2009 eingereicht. 50 Mit Beschluss vom 2. Juni 2009 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts die EBU als Streithelferin zugelassen. 51 Am 13. August 2009 hat die EBU ihren auf die Frage der Zulässigkeit beschränkten Streithilfeschriftsatz eingereicht, zu dem die Parteien fristgerecht Stellung genommen haben. 52 Mit Beschluss des Gerichts (Siebte Kammer) vom 22. Oktober 2009 wurde die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten. 53 Das schriftliche Verfahren, in dessen Rahmen neben der Klagebeantwortung der Streithilfeschriftsatz zur Begründetheit, die Erwiderung, die Gegenerwiderung und die Stellungnahmen der Parteien zu dem genannten Streithilfeschriftsatz eingereicht worden sind, ist am 29. April 2010 geschlossen worden. 54 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter als Präsident der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist. 55 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, mehrere Fragen zu beantworten. Allein die Parteien haben diesen Aufforderungen Folge geleistet. 56 Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 19. Oktober 2011 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 57 Da der Berichterstatter an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts die Rechtssache einem anderen Berichterstatter zugewiesen und gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung einen anderen Richter bestimmt, um die Sechste Kammer zu ergänzen. 58 Mit Beschluss vom 11. Januar 2012 hat das Gericht (Sechste Kammer) in seiner neuen Zusammensetzung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet, und die Verfahrensbeteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass sie in einer erneuten mündlichen Verhandlung gehört würden. 59 Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 4. Juni 2012 erneut mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 60 Der Präsident der Sechsten Kammer hat die mündliche Verhandlung daraufhin geschlossen. 61 Die Klägerin und die EBU beantragen, — Art. 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 62 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung A – Zu der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit 63 Da die Klägerin nicht Adressatin der angefochtenen Entscheidung ist, ist zu prüfen, ob diese, insbesondere ihr Art. 3, gegen den der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung gerichtet ist, sie im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betrifft. 64 Nach Auffassung der Kommission ist die Klägerin nicht Adressatin der angefochtenen Entscheidung, weil hinsichtlich der abgestimmten Verhaltensweise, auf die sich Art. 3 dieser Entscheidung beziehe, nicht hinreichend bewiesen sei, dass sie bei der Zuwiderhandlung eine eigenständige Rolle gespielt und ein von ihren Mitgliedern, den Verwertungsgesellschaften, gesondertes Verhalten gezeigt habe. Da angenommen worden sei, dass die Klägerin für die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte abgestimmte Verhaltensweise nicht verantwortlich sei, betreffe diese sie nicht unmittelbar und individuell. 65 Speziell zu der Frage, ob die angefochtene Entscheidung die Klägerin unmittelbar betrifft, macht die Kommission geltend, dass diese Frage nicht deshalb zu bejahen sei, weil die genannte Entscheidung eine Einmischung in die Rolle der Klägerin als Förderin der Tätigkeiten ihrer Mitglieder darstelle. Die angefochtene Entscheidung wirke sich nämlich nicht auf den Inhalt des Mustervertrags aus und stelle weder die Existenz der Gegenseitigkeitsvereinbarungen als solche in Frage noch die Möglichkeit, dass die Klägerin Zusammenkünfte organisiere, bei denen die Verwertungsgesellschaften über bestimmte Themen diskutierten; außerdem gehe nicht jede Änderung der Gegenseitigkeitsvereinbarungen unmittelbar auf die angefochtene Entscheidung zurück, da die Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der Wahl der Modalitäten der Beendigung der von der Kommission festgestellten Verhaltensweise über einen Ermessensspielraum verfügten. Der vorliegende Fall liege anders als der, in dem das Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission (C-386/96 P, Slg. 1998, I-2309), ergangen sei, in dem bei der Klägerin angenommen worden sei, dass der streitige Rechtsakt sie unmittelbar betreffe, u. a., weil seine Adressaten hinsichtlich seiner Durchführung nicht über einen solchen Ermessensspielraum verfügt hätten. 66 Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Zulässigkeit einer Klage, was die unmittelbare Betroffenheit angeht, erstens voraus, dass die beanstandete Maßnahme sich auf die Rechtsstellung des Klägers unmittelbar auswirkt, und zweitens, dass sie ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung anderer Durchführungsvorschriften ergibt (Urteile des Gerichtshofs vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C-486/01 P, Slg. 2004, I-6289, Randnr. 34, und vom 10. September 2009, Kommission/Ente per le Ville Vesuviane und Ente per le Ville Vesuviane/Kommission, C-445/07 P und C-455/07 P, Slg. 2009, I-7993, Randnr. 45). 67 Insofern ergibt sich unmittelbar aus Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der angefochtenen Entscheidung, dass die Verwertungsgesellschaften die territoriale Begrenzung der in ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate überprüfen müssen, und zwar bilateral, d. h. außerhalb des Rahmens der von der Klägerin organisierten Aktivitäten. Die Verwertungsgesellschaften verfügen also, was die Bilateralität der Verhandlungen angeht, über keinen Ermessensspielraum. 68 Im Übrigen stellt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Frage der territorialen Begrenzungen der gegenseitigen Mandate Gegenstand multilateraler Gespräche zwischen den Verwertungsgesellschaften im Rahmen der Aktivitäten der Klägerin gewesen sei. Im Stadium der Prüfung der Zulässigkeit der Klage kann die Kommission daher nicht geltend machten, die angefochtene Entscheidung betreffe die Klägerin nicht unmittelbar. 69 Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Kommission in Frage gestellt, wonach die Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 30. Januar 2009 bestätige, dass die angefochtene Entscheidung die Klägerin nicht unmittelbar betreffe, weil die Klägerin darin selbst eingeräumt habe, dass sie davon ausgehe, nicht verpflichtet zu sein, auf Art. 3 der angefochtenen Entscheidung hin irgendeine Maßnahme zu ergreifen. 70 Aus dem der Stellungnahme der Klägerin zur Einrede der Unzulässigkeit beigefügten Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats der Klägerin, die am 26. August 2008, also wenige Tage nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung (16. Juli 2008), stattfand, geht nämlich hervor, dass bei dieser Gelegenheit die Auffassung vertreten wurde, dass die Klauseln des Mustervertrags zu den Gebieten nicht geändert werden sollten („The Board unanimously agreed that the territorial provisions of the CISAC Model contract should be left intact“). 71 Als die Kommission jedoch über den Inhalt des Entwurfs des Protokolls dieser Sitzung unterrichtet wurde, richtete sie an die Klägerin das Auskunftsverlangen vom 30. Januar 2009, in dem sie diese u. a. aufforderte, — die endgültige Fassung des Protokolls der genannten Sitzung vorzulegen; — zu erläutern, was der in der vorstehenden Randnummer angeführte Satz bedeute; — die vorläufigen und endgültigen Fassungen der Protokolle aller Sitzungen ihres Verwaltungsrats vorzulegen, die von August 2008 bis Januar 2009 stattgefunden hätten, zusammen mit dem Schriftwechsel mit den Verwertungsgesellschaften über diese Sitzungen; — jeden Schriftwechsel, jedes Protokoll über Gespräche und jedes andere Dokument vorzulegen, das die Klägerin mit den Verwertungsgesellschaften zum Thema der territorialen Begrenzungen der in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate ausgetauscht habe. 72 Dies zeigt, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob die Verwertungsgesellschaften dabei sind, der angefochtenen Entscheidung nachzukommen, indem sie die in deren Art. 3 festgestellte Zuwiderhandlung abstellen und es vermeiden, sich in Zukunft ähnlich zu verhalten, nach Auffassung der Kommission ganz klar auf die Aktivitäten ankommt, an denen die Klägerin teilnimmt und die sie selbst leitet. 73 Zur individuellen Betroffenheit ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung, wie die Klägerin geltend macht, deren Rolle als Förderin der Zusammenarbeit zwischen den Verwertungsgesellschaften beeinträchtigt, insbesondere ihre Rolle als Vermittlerin bei den Verhandlungen zwischen den einzelnen Verwertungsgesellschaften über Fragen im Zusammenhang mit der Erteilung von Mehrgebietslizenzen. 74 Nach der Rechtsprechung ist aber eine der Fallgestaltungen, in denen ein Verband von Unternehmen, der nicht Adressat des angefochtenen Rechtsakts ist, durch diesen individuell betroffen ist, gerade diejenige, dass der Verband ein eigenes Interesse hat, insbesondere weil seine Position als Verhandlungspartner durch die angefochtene Handlung beeinträchtigt worden ist (vgl. Beschluss des Gerichts vom 18. September 2006, Wirtschaftskammer Kärnten und best connect Ampere Strompool/Kommission, T-350/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). 75 Die Rolle der Klägerin als Förderin ist bestätigt worden durch ihre Beteiligung am Verwaltungsverfahren als wichtiger Ansprechpartner der Kommission, der an der Aushandlung von Verpflichtungszusagen beteiligt gewesen ist, die die Kommission hätten veranlassen können, keine Entscheidung zu erlassen, mit der hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. 76 Im Übrigen ist festzustellen, dass, auch wenn die Tatsache, dass die Klägerin Adressatin der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewesen ist, nicht bereits den Schluss zulässt, dass die angefochtene Entscheidung sie individuell betrifft, sie aber doch die Feststellung stützt, dass die Klägerin eng in das Verwaltungsverfahren eingebunden war, und zwar gerade wegen ihrer Rolle als Förderin der Zusammenarbeit zwischen den Verwertungsgesellschaften. 77 Entgegen dem Vorbringen der Kommission befand sich die Klägerin im Verwaltungsverfahren in der besonderen Konstellation, eine klar umschriebene und mit dem Gegenstand der Entscheidung zusammenhängende Stellung als Verhandlungspartner einzunehmen, die für sie tatsächliche Umstände begründete, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushoben. Nach der Rechtsprechung bestätigt dies aber, dass die angefochtene Entscheidung die Klägerin individuell betrifft (vgl. entsprechend in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C-313/90, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 29 und 30, und vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C-319/07 P, Slg. 2009, I-5963, Randnr. 87). 78 Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung, ausgelegt im Licht der Begründung, betrifft die Aktivitäten der Klägerin entgegen dem Vorbringen der Kommission mithin unmittelbar und individuell. 79 Folglich ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. B – Zur Begründetheit 80 Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf die folgenden beiden Klagegründe: — Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 253 EG dadurch, dass die Kommission das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht bewiesen habe; — hilfsweise, Verstoß gegen Art. 81 EG, weil die abgestimmte Verhaltensweise, selbst wenn sie vorläge, den Wettbewerb nicht einschränke. 1. Vorbemerkungen 81 Zunächst ist auf einige Aspekte des Kontexts der vorliegenden Rechtssache hinzuweisen. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass sich die angefochtene Entscheidung nur auf die Verwertung von Urheberrechten über Internet und Satellit sowie mittels Kabelweiterverbreitung bezieht, nicht aber auf die herkömmlichen Offline-Verwertungen, während der Mustervertrag und die Gegenseitigkeitsvereinbarungen für alle Verwertungsformen gelten. 82 Die Verwertungsgesellschaften und die Klägerin haben für die von der angefochtenen Entscheidung erfassten Verwertungsformen nicht aus dem Nichts ein neues Verwaltungssystem geschaffen, das sich von dem für die herkömmlichen Verwertungsformen vorgesehenen unterscheidet. Allerdings wurde der 1936 für die herkömmlichen Verwertungsformen geschaffene Mustervertrag mit dem Fortschreiten der Technologie angepasst, insbesondere durch die Vereinbarungen von Sydney und Santiago. 83 Die Kommission beanstandet weder die Existenz eines Mustervertrags als solche noch bestreitet sie, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Verwertungsgesellschaften erforderlich ist, sofern diese nicht gegen die Wettbewerbsregeln verstößt. 84 Die in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Gebietsbeschränkungen auf das Inland wurden von der Kommission vor dem Aufkommen der neuen Technologien nicht beanstandet und stellten somit den Bezugsrahmen der Urheberrechtswahrnehmung dar, in dem sich die Verwertungsgesellschaften befanden, als sich die neuen Technologien schrittweise entwickelten. In der angefochtenen Entscheidung ist kein Zeitpunkt angegeben, ab dem die Begrenzungen gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen haben sollen. 85 Darüber hinaus beanstandet die Kommission selbst bei den Verwertungen mittels neuer Technologien die Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht als solche, sondern lediglich die Tatsache, dass sie in allen Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthalten seien, was zwangsläufig auf eine Abstimmung zurückzuführen sei. 86 Die vorliegende Klage ist insbesondere unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte zu prüfen. 2. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 253 EG dadurch, dass die Kommission das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht bewiesen habe 87 Die Klägerin macht, unterstützt durch die EBU, geltend, die Kommission habe das Vorliegen der in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung genannten abgestimmten Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht bewiesen. Die Kommission habe sich auf die Feststellung beschränkt, dass bei den Urheberrechtsverwertungsformen, die in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden seien, das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften, das darin bestehe, dass alle Gegenseitigkeitsvereinbarungen Gebietsbeschränkungen auf das Inland enthielten, nicht auf normale Marktbedingungen zurückzuführen sei. Für dieses Parallelverhalten gebe es jedoch andere Erklärungen als das Vorliegen einer Abstimmung. 88 Die Kommission hält diesem Vorbringen entgegen, sie habe sich bei der Feststellung, dass eine abgestimmte Verhaltensweise vorliege, nicht nur auf das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften gestützt, sondern auch auf folgende anderen Anhaltspunkte: — auf die Gespräche über die Reichweite der in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate, die die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten geführt hätten; — auf die Vereinbarung von Santiago; — auf die Vereinbarung von Sydney; — auf den historischen Zusammenhang zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland. 89 Die in der vorstehenden Randnummer unter dem ersten, dem zweiten und dem vierten Gedankenstrich genannten Anhaltspunkte werden in Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich als Belege für die abgestimmte Verhaltensweise erwähnt. Vor dem Gericht hat sich die Kommission zum Beweis dafür, dass die territoriale Reichweite der Mandate Gegenstand multilateraler Gespräche zwischen den Verwertungsgesellschaften gewesen sei, zudem auf die Vereinbarung von Sydney gestützt. 90 Nach Auffassung der Kommission stellen die in der vorstehenden Randnr. 88 angeführten Anhaltspunkte „Unterlagen“ im Sinne des Urteils des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“ (T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Slg. 1999, II-931, Randnr. 727), dar; sie habe daher nicht prüfen müssen, ob sich die Parallelität des Verhaltens der Verwertungsgesellschaften anders erklären lasse als mit einer Abstimmung. 91 Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und ständiger Rechtsprechung hat die Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 86; Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2011, Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, T-348/08, Slg. 2011, II-7583 , Randnr. 90). 92 Hat das Gericht insoweit Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht darauf schließen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm daran noch Zweifel bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt (Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T-44/02 OP, T-54/02 OP, T-56/02 OP, T-60/02 OP und T-61/02 OP, Slg. 2006, II-3567, Randnr. 60, und vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T-11/06, Slg. 2011, I-6681 , Randnr. 129). 93 Es ist nämlich die Unschuldsvermutung, wie sie sich insbesondere aus Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt, zu berücksichtigen, die zu den Grundrechten gehört, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs allgemeine Grundsätze des Unionsrechts darstellen. Angesichts der Art der fraglichen Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der Sanktionen, die ihretwegen verhängt werden können, gilt die Unschuldsvermutung auch in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, in denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C-199/92 P, Slg. 1999, I-4287, Randnrn. 149 und 150, und Montecatini/Kommission, C-235/92 P, Slg. 1999, I-4539, Randnrn. 175 und 176; vgl. auch Urteil Romana Tabacchi/Kommission, Randnr. 129). 94 Diese Rechtsprechung ist in Rechtssachen entwickelt worden, in denen von der Kommission eine Geldbuße verhängt worden war; sie kann aber auch auf den Fall, wie er hier vorliegt, übertragen werden, dass mit der Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, am Ende keine Geldbuße verhängt wird. Im vorliegenden Fall wurde im Übrigen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in Betracht gezogen, die Feststellung der Zuwiderhandlung mit der Verhängung einer Geldbuße zu verbinden. 95 Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Feststellung, dass eine natürliche oder juristische Person an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln beteiligt gewesen ist, für diese eine nicht unerhebliche Schädigung ihres Rufes darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 18. April 2012, Posten Norge/ESA, E-15/10, noch nicht im EFTA Court Report veröffentlicht, Randnr. 90). 96 Daher ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen (Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, Randnr. 62) und die feste Überzeugung zu begründen, dass die behaupteten Verstöße eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellen (Urteile des Gerichts vom 21. Januar 1999, Riviera Auto Service u. a./Kommission, T-185/96, T-189/96 und T-190/96, Slg. 1999, II-93, Randnr. 47, und Romana Tabacchi/Kommission, Randnr. 129). 97 Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (Urteile Dresdner Bank u. a./Kommission, Randnr. 63, und Romana Tabacchi/Kommission, Randnr. 130). 98 Da das Verbot, an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Vereinbarungen teilzunehmen, sowie die Sanktionen, die Zuwiderhandelnden auferlegt werden können, bekannt sind, ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen diese Verhaltensweisen und Vereinbarungen verbunden sind, insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die entsprechenden Unterlagen auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die – wie z. B. die Protokolle einer Zusammenkunft – eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, sodass bestimmte Einzelheiten häufig durch Schlussfolgerungen rekonstruiert werden müssen. In den meisten Fällen muss eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C-407/08 P, Slg. 2010, I-6375, Randnrn. 48 und 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 In dem von der Kommission angeführten Urteil PVC II ist das Gericht zu einer Lösung gelangt, mit der diese Grundsätze zum Ausgleich gebracht werden. Dort hat das Gericht nämlich die Rechtsprechung bestätigt, wonach in dem Fall, dass die Kommission bei ihren Überlegungen unterstellt, dass sich die in ihrer Entscheidung festgestellten Tatsachen allein mit einer Abstimmung zwischen den Unternehmen erklären lassen, die Kläger nur Umstände nachzuweisen brauchen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere Erklärung dieses Sachverhalts ermöglichen, als sie die Kommission gegeben hat. Allerdings findet diese Rechtsprechung dem Gericht zufolge keine Anwendung, wenn sich der Beweis der Abstimmung zwischen den Unternehmen nicht auf die bloße Feststellung eines parallelen Marktverhaltens stützt, sondern auf Unterlagen, die belegen, dass die Verhaltensweisen abgesprochen waren. Unter diesen Umständen können sich die Kläger nicht darauf beschränken, eine vermeintlich andere Erklärung für den von der Kommission festgestellten Sachverhalt zu geben, sondern müssen diese Tatsachen, die durch die von der Kommission vorgelegten Schriftstücke nachgewiesen sind, entkräften (Urteil PVC II, Randnrn. 725 bis 728; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 28. März 1984, Compagnie royale asturienne des mines und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 16, und vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85, Slg. 1993, I-1307, Randnrn. 71 und 126). 100 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin in erster Linie geltend, das Parallelverhalten sei nicht auf eine abgestimmte Verhaltensweise zurückzuführen, für die in der angefochtenen Entscheidung kein Beweismittel angeführt sei, sondern durch eine Reihe anderer Faktoren zu erklären. Die EBU vertritt die Auffassung, die Vereinbarung von Santiago und der Mustervertrag könnten nicht als Beweise für das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise angesehen werden. 101 Vor der Beurteilung der Frage, ob sich das Parallelverhalten anders erklären lässt als durch eine Abstimmung, ist zu prüfen, ob die Kommission das Vorliegen der Zuwiderhandlung hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland, wie von ihr behauptet, mit Beweismitteln nachgewiesen hat, die über die bloße Feststellung eines Parallelverhaltens hinausgehen, was von der Klägerin bestritten wird. Vor der Prüfung dieser Frage ist zu erörtern, ob die anderen Erklärungen als die Abstimmung stichhaltig sind; sollte das Gericht nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass solche Beweise in der angefochtenen Entscheidung geliefert worden sind, stellten diese Erklärungen, selbst wenn sie plausibel wären, die Feststellung der genannten Zuwiderhandlung nicht in Frage. Außerdem ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung nicht dieselbe – zweistufige – Struktur aufweist wie das Vorbringen der Kommission vor dem Gericht, wonach zum einen der Beweis der abgestimmten Verhaltensweise durch Unterlagen im Sinne des Urteils PVC II erbracht worden sei und es zum anderen wegen dieser Unterlagen und ihrer Beweiskraft für den Beweis dieser Verhaltensweise auf die anderen Erklärungen für das Parallelverhalten nicht ankomme. 102 Somit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Kommission das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise mit anderen Beweismitteln als der Parallelität des Verhaltens der Verwertungsgesellschaften nachgewiesen hat, die „Unterlagen“ im Sinne der durch das Urteil PVC II begründeten Rechtsprechung, auf das sich die Kommission beruft, gleichgestellt werden können. Um den Ursprung des Kartells zu ermitteln, um das es in diesem Urteil ging, hatte sich die Kommission auf den Wortlaut der Planungsdokumente, die Auskünfte, die eine der Klägerinnen zu diesen Dokumenten als Antwort auf ein an sie gerichtetes Auskunftsverlangen gegeben hatte, sowie die enge Korrelation zwischen den in diesen Dokumenten beschriebenen geplanten Verhaltensweisen und den auf dem Markt festgestellten Verhaltensweisen gestützt (Urteil PVC II, Randnr. 582). 103 Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2012 hat die Kommission eingeräumt, dass sie nicht über Beweismittel wie E-Mails, Schreiben oder Sitzungsberichte zu den Gebietsbeschränkungen auf das Inland verfüge. Zum Beweis für die Abstimmung zwischen den Verwertungsgesellschaften kommen mithin die in Randnr. 88 des vorliegenden Urteils genannten Beweismittel in Frage, d. h. die Gespräche über die Reichweite der in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate, die die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten geführt haben sollen, die Vereinbarung von Santiago, die Vereinbarung von Sydney und der historische Zusammenhang zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland. 104 Insoweit ist der Umstand, dass es speziell für die Gebietsbeschränkungen auf das Inland an schriftlichen Beweisen fehlt, umso erstaunlicher, als die Kommission einräumt, dass bestimmte Verwertungsgesellschaften diese Beschränkungen aufgeben wollten. Die betreffenden Verwertungsgesellschaften hätten doch ein Interesse daran gehabt, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, indem sie ihr schriftliche Beweise für das Vorhandensein einer Abstimmung vorlegen. Da die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre Absicht geäußert hatte, eine Geldbuße gegen alle Adressaten dieser Mitteilung zu verhängen, hätten die interessierten Verwertungsgesellschaften nämlich mit ihr zusammenarbeiten können, um das Risiko der Verhängung einer Geldbuße gegen sie zu senken oder zumindest deren Betrag zu begrenzen. Darüber hinaus hätten diese Verwertungsgesellschaften der Kommission Beweise für die Tatsache vorlegen können, dass die anderen Verwertungsgesellschaften Druck auf sie ausübten, um sie zu zwingen, die untereinander abgestimmten Gebietsbeschränkungen auf das Inland aufrechtzuerhalten – was sie nicht getan haben. 105 Unter diesen Umständen ist die Beweiskraft der von der Kommission geltend gemachten Beweiselemente zu prüfen. a) Zur Beweiskraft der von der Kommission vorgebrachten Gesichtspunkte, die den Nachweis der abgestimmten Verhaltensweise unabhängig von der Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften erbringen sollen Zu den Gesprächen über die Reichweite der in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate, die die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten geführt haben 106 Was die Gespräche betrifft, die die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten geführt haben (siehe oben, Randnr. 88, erster Gedankenstrich), ist festzustellen, dass die Kommission selbst darauf hinweist, dass die angefochtene Entscheidung weder das System der gegenseitigen Vertretung der Verwertungsgesellschaften noch jegliche Form der territorialen Abgrenzung der Mandate, die sie sich erteilten, verbiete (Randnrn. 95 und 259 der angefochtenen Entscheidung). Auch wirft die Kommission den Verwertungsgesellschaften nicht vor, dass im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten eine gewisse Zusammenarbeit zwischen ihnen stattgefunden habe. Die Kritik der Kommission richtet sich vielmehr gegen die Abgestimmtheit des Vorgehens aller Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der territorialen Beschränkungen. 107 Somit stellt die bloße Tatsache, dass sich die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten getroffen haben und Formen der Zusammenarbeit zwischen ihnen existieren, als solche kein Indiz für eine verbotene Abstimmung dar. Ergibt sich nämlich aus dem Kontext, in dem die Zusammenkünfte der Unternehmen, denen Wettbewerbsverstöße vorgeworfen werden, stattgefunden haben, dass diese Zusammenkünfte erforderlich waren, um gemeinsam Fragen zu besprechen, die keinen Bezug zu Wettbewerbsverstößen aufweisen, kann die Kommission nicht davon ausgehen, dass mit diesen Zusammenkünften bezweckt wurde, wettbewerbswidrige Verhaltensweisen abzustimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, Randnrn. 105 und 145). Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission keinen Beweis dafür erbracht hat, dass es bei den von der Klägerin organisierten Zusammenkünften um die mit den Gebietsbeschränkungen auf das Inland zusammenhängende Einschränkung des Wettbewerbs gegangen wäre. 108 Was schließlich speziell die Gespräche über den Mustervertrag angeht, ist festzustellen, dass dieser ausdrücklich keine Gebietsbeschränkungen auf das Inland vorsieht, sondern die Verwertungsgesellschaften lediglich auffordert, die territoriale Reichweite der Mandate, die sie sich in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen erteilen, festzulegen. Zur Vereinbarung von Santiago 109 Die Vereinbarung von Santiago (siehe oben, Randnr. 88, zweiter Gedankenstrich) sah vor, dass hinsichtlich der Nutzung der Urheberrechte über das Internet jede Verwertungsgesellschaft, die Partei dieser Vereinbarung war, Lizenzen für alle Gebiete und alle Repertoires erteilen durfte (erster Aspekt), aber nur Nutzern mit wirtschaftlichem Sitz in dem EWR-Land, in dem die lizenzerteilende Verwertungsgesellschaft ansässig ist (zweiter Aspekt). Unter der Geltung des Systems der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu Artikel [81 EG] und Artikel [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) wurde diese Vereinbarung von einigen Verwertungsgesellschaften bei der Kommission angemeldet, um eine Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG zu erhalten. Die Kommission beanstandete die Klausel, die jede Verwertungsgesellschaft an der Erteilung von Lizenzen an Nutzer hinderte, die nicht im Sitzland der betreffenden Verwertungsgesellschaft ansässig waren, und versandte die Mitteilung der Beschwerdepunkte „Santiago“. Daher wurde die Vereinbarung von Santiago nach ihrem Auslaufen, das von Anfang an für Ende 2004 vereinbart war, von keiner Verwertungsgesellschaft verlängert. Nach dem Auslaufen dieser Vereinbarung traten somit die in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Gebietsbeschränkungen auf das Inland – die für andere Nutzungen als solche über das Internet auch während des Geltungszeitraums der Vereinbarung von Santiago weitergegolten hatten – zwischen allen Verwertungsgesellschaften auch für die Verwertung von Urheberrechten über das Internet wieder in Kraft, da die Ausnahmeklausel, die infolge der Vereinbarung von Santiago für die Verwertung über das Internet in die Gegenseitigkeitsvereinbarungen eingefügt worden war, ausgelaufen war. 110 Der Auffassung der Kommission, diese Rückkehr aller Verwertungsgesellschaften zu den Gebietsbeschränkungen auf das Inland sei ein Beweis für eine Abstimmung, kann nicht gefolgt werden. Mangels eines Beweises dafür, dass sich die Verwertungsgesellschaften zu diesem Zweck abgestimmt haben, belegt eine solche Rückkehr zu den Gebietsbeschränkungen auf das Inland nämlich nicht das Vorliegen einer Abstimmung über diese Beschränkungen, sondern kann als bloße automatische Folge der Nichtverlängerung der Vereinbarung von Santiago angesehen werden, die ihren Sinn verloren hatte, weil die Kommission ihren zweiten Aspekt nicht akzeptiert hatte. Dass die Verwertungsgesellschaften zum status quo ante zurückgekehrt sind, beweist für sich genommen nicht, dass sie sich dahin gehend abgesprochen hätten. 111 Die Rückkehr zum status quo ante lässt sich einfach damit erklären, dass die Verwertungsgesellschaften nicht jede Form der Zusammenarbeit zwischen ihnen über die Formen der Verwertung der Urheberrechte in Bezug auf die neuen Technologien aussetzen konnten, bis sie bi- oder sogar multilateral, aber wettbewerbsrechtskonform andere Lösungen als die in der Vereinbarung von Santiago enthaltene gefunden haben. 112 Im Übrigen vertritt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht die Auffassung, dass die in Art. 3 dieser Entscheidung genannte Zuwiderhandlung nach dem Auslaufen der Vereinbarung von Santiago begonnen habe, sondern nimmt, ohne das genaue Anfangsdatum anzugeben, offenbar an, dass sie dieser Vereinbarung vorausgegangen sei. 113 Die Vereinbarung von Santiago ist entweder nach dem in der angefochtenen Entscheidung nicht genau bezeichneten Zeitpunkt geschlossen worden, in dem die mit den Gebietsbeschränkungen auf das Inland zusammenhängende Zuwiderhandlung begonnen haben soll, sodass sie nicht als Beweis für die ursprüngliche Abstimmung herangezogen werden kann, gegenüber der sie eher eine Unterbrechung darstellt; oder aber diese Vereinbarung ist vor der Zuwiderhandlung in Bezug auf die Gebietsbeschränkungen auf das Inland geschlossen worden, in welchem Fall sie jedoch die betreffende Zuwiderhandlung nicht beweisen könnte, weil sie nicht dieselbe Einschränkung des Wettbewerbs betrifft. Die in Vereinbarung von Santiago enthaltene Niederlassungsklausel führte nämlich zu einer anderen Situation als derjenigen, die sich aus den Gebietsbeschränkungen auf das Inland ergibt. Im ersten Fall darf eine Verwertungsgesellschaft Lizenzen für mehrere Repertoires ohne territoriale Beschränkungen erteilen, allerdings nur Nutzern, die in dem Gebiet ansässig sind in dem sie selbst ansässig ist, während sie in dem anderen Fall hingegen jedem beliebigen Nutzer Lizenzen erteilen darf, soweit die Verwertung der betreffenden Urheberrechte in dem Gebiet erfolgt, in dem sie selbst ansässig ist. 114 Nach alledem können sich weder aus der Existenz der Vereinbarung von Santiago noch aus den Umständen ihrer Beendigung Beweise für eine Abstimmung hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland ergeben. Zur Vereinbarung von Sydney 115 Mit der Vereinbarung von Sydney (siehe oben, Randnr. 88, dritter Gedankenstrich) haben die Verwertungsgesellschaften 1987 in den Mustervertrag eine Klausel eingefügt, nach der die Verwertungsgesellschaft, die in dem Land ansässig ist, in dem die programmtragenden Signale zum Satelliten übertragen werden, befugt ist, Lizenzen für mehrere Repertoires für den gesamten Abstrahlungsbereich des Satelliten zu erteilen, gegebenenfalls nach Konsultation der anderen betroffenen Verwertungsgesellschaften oder deren Zustimmung. 116 Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Vereinbarung von Sydney erwähnt, um darzutun, dass sie keine angemessene Antwort auf die Einwände dargestellt habe, die sie gegen die abgestimmte Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland erhoben hatte (Randnr. 165 und Abschnitt 7.6.1.2 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung). In Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung, in der es speziell um die Gesichtspunkte geht, die das Vorliegen der abgestimmten Verhaltensweise belegen sollen, wird diese Vereinbarung nicht ausdrücklich genannt. Sodann stellt die Kommission fest, dass, da nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/83 die Wiedergabe von Musikwerken über Satellit nur in dem Land stattfinde, in dem das erste Signal in eine ununterbrochene Kommunikationskette, die zum Satelliten und zurück zur Erde führe, eingegeben werde, die Nutzer dieser Werke für ein Tätigwerden im gesamten Abstrahlungsbereich des Satelliten nur eine einzige auf dieses Land bezogene Lizenz benötigten. Infolgedessen ist die Vereinbarung von Sydney, wie die Kommission selbst einräumt, überholt, was die Geltung der Lizenzen für die Verwertung über Satellit für mehrere Gebiete angeht (Randnrn. 162, 163 und 165 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich weist die Kommission darauf hin, dass die Vereinbarung von Sydney im Rahmen der angefochtenen Entscheidung nicht bewertet werde und sie sich das Recht vorbehalte, sie im Zusammenhang mit den Wettbewerbsregeln zu prüfen (Fn. 132 der angefochtenen Entscheidung). 117 Da nach der Vereinbarung von Sydney Lizenzen für mehrere Repertoires für alle von einem bestimmten Satelliten bedienten Gebiete erteilt werden konnten, hat diese Vereinbarung keine Wirkungen hervorgebracht, die mit denen der Gebietsbeschränkungen auf das Inland vergleichbar wären, die gerade bewirken, dass jede Verwertungsgesellschaft Lizenzen für mehrere Repertoires nur für ein Gebiet erteilen kann. 118 Außerdem ist die Vereinbarung von Sydney seit dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 93/83, nämlich dem 1. Januar 1995 (vgl. Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie), überholt, sodass ein möglicherweise darin enthaltener Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln bereits nicht mehr zur Anwendung kam, als das Verwaltungsverfahren begann, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt hat. Somit ist der Zusammenhang zwischen der Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 3 der angefochtenen Entscheidung und der sich möglicherweise aus der Vereinbarung von Sydney ergebenden Zuwiderhandlung – schon aus rein chronologischen Gründen – nicht offensichtlich. 119 Nach alledem stellt die Vereinbarung von Sydney, selbst wenn sie das Ergebnis einer verbotenen Abstimmung wäre, keine Unterlage im Sinne des Urteils PVC II dar, mit der sich das Vorliegen einer Abstimmung hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland beweisen ließe. Zum angeblichen historischen Zusammenhang zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland 120 Hinsichtlich des angeblichen historischen Zusammenhangs zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland (siehe oben Randnr. 88, vierter Gedankenstrich) hat die Kommission in ihrer schriftlichen Antwort auf eine der vom Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellten Fragen ausgeführt, dass die Ausschließlichkeitsklausel und die Gebietsbeschränkungen auf das Inland untrennbar miteinander verbunden seien, weil die Frage, ob ein Gebiet einer einzigen beauftragten Verwertungsgesellschaft anvertraut werde, maßgeblich vom Umfang des Mandats abhänge. Da im Mustervertrag exklusive Mandate empfohlen worden seien, habe sich das einer Verwertungsgesellschaft anvertraute Gebiet auf kein Gebiet erstrecken können, für das eine andere Gesellschaft beauftragt gewesen sei. Die systematische Festlegung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland in allen Gegenseitigkeitsvereinbarungen sei mithin das notwendige Gegenstück zu der Umsetzung der im Mustervertrag geforderten Exklusivität. Die Gebietsbeschränkungen auf das Inland hätten daher ihren Ursprung und ihren Ausgangspunkt in den bei der Klägerin geführten Gesprächen. 121 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass die Gebietsbeschränkungen auf das Inland und die Einfügung der Ausschließlichkeitsklausel in die Gegenseitigkeitsvereinbarungen Bestandteil ein und derselben Zuwiderhandlung sind. Nach Auffassung der Kommission ergibt sich die Ausschließlichkeit daraus, dass in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen ausschließliche Rechte eingeräumt würden, wie in Art. 1 Abs. 1 und 2 des Mustervertrags vorgesehen, wohingegen die Gebietsbeschränkungen auf das Inland durch eine abgestimmte Verhaltensweise koordiniert worden seien. Wie die Kommission in Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung ausführt, hat die Aufhebung der ausdrücklichen Ausschließlichkeit zu keiner wesentlichen Änderung des Verhaltens der Verwertungsgesellschaften geführt. In dieser Randnummer weist die Kommission selbst darauf hin, dass sich die Frage stelle, ob nach der Aufhebung der Ausschließlichkeitsklausel andere Umstände vorgelegen hätten als eine Abstimmung, durch die sich die Gebietsbeschränkungen auf das Inland erklären ließen. 122 In der vorliegenden Rechtssache ist demzufolge, auch wenn zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland ein Zusammenhang besteht, das Verhalten der Verwertungsgesellschaften nach der Aufhebung dieser Klausel zu untersuchen, was zu der Prüfung führt, ob es andere plausible Erklärungen für die Aufrechterhaltung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland gibt als eine Abstimmung (siehe unten, Randnrn. 134 bis 181). 123 Soweit die Kommission vor dem Gericht geltend macht, dass es sich bei den Gebietsbeschränkungen auf das Inland nur um eine Fortsetzung der Ausschließlichkeit nach der Streichung der entsprechenden Klausel aus den Gegenseitigkeitsvereinbarungen handele, ist schließlich festzustellen, dass Art. 81 EG nach der Rechtsprechung durchaus anwendbar ist, wenn ein Parallelverhalten nach dem Außerkrafttreten einer alten Vereinbarung, ohne dass eine neue erfolgt, fortgesetzt wird, weil es bei außer Kraft getretenen Kartellen für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ausreicht, dass ihre Wirkungen über ihr formales Außerkrafttreten hinaus fortbestehen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juli 1985, Binon, 243/83, Slg. 1985, 2015, Randnr. 17; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T-59/99, Slg. 2003, II-5257, Randnr. 182). 124 Im vorliegenden Fall wird aber in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung das bloße Vorhandensein der Ausschließlichkeitsklausel in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen beanstandet und nicht der Umstand, dass sich mehrere Verwertungsgesellschaften darauf verständigt hätten, dass diese Klausel in allen ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthalten sein müsse. Bei den Gebietsbeschränkungen auf das Inland hingegen räumt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ein, dass sie als solche den Wettbewerb nicht einschränkten; es liege aber eine Zuwiderhandlung vor, weil sich die Verwertungsgesellschaften darauf verständigt hätten, dass in allen ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen dieselben Beschränkungen enthalten sein müssten. Diese beiden Zuwiderhandlungen sind, wie sie in der angefochtenen Entscheidung dargestellt sind, daher verschiedenartig. 125 Im Übrigen sind durch die Aufgabe der Ausschließlichkeitsklausel bestimmte Entwicklungen des Marktes ermöglicht worden, nämlich die Erteilung der ersten Direktlizenzen, die für eine Überwindung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland erforderlich sind. 126 Eine Verwertungsgesellschaft, die sich mit der Möglichkeit beschäftigt, für ihr Repertoire in einem anderen Gebiet als dem, in dem sie ansässig ist, Lizenzen durch andere Verwertungsgesellschaften als der ortsansässigen erteilen zu lassen, wird sich nämlich zunächst fragen, ob sie nicht in der Lage ist, selbst Direktlizenzen für dieses Gebiet zu vergeben. Ebenso muss eine Verwertungsgesellschaft, die von anderen Verwertungsgesellschaften Mandate erhalten möchte, die über das Gebiet hinausgehen sollen, in dem sie ansässig ist, gleichfalls über eine Struktur verfügen, die es ihr ermöglicht, Direktlizenzen in anderen Ländern zu erteilen. Solange die Ausschließlichkeitsklausel galt, hätten solche Lizenzen gegen das der ortsansässigen Verwertungsgesellschaft erteilte ausschließliche Mandat verstoßen. Das ist nach dem Entfallen der Ausschließlichkeitsklausel nicht mehr so, auch wenn die Gebietsbeschränkungen auf das Inland fortbestehen. Somit kann nicht angenommen werden, dass es sich um die Fortsetzung derselben Beschränkung mit anderen Mitteln handelt. 127 Zwar befand sich der Markt für Direktlizenzen, wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine der Fragen des Gerichts eingeräumt hat, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung noch in einem embryonalen Stadium. Für die Verbreitung von Direktlizenzen war insbesondere das Aufkommen einer entsprechenden Nachfrage seitens der Großnutzer erforderlich, die anstatt sich an die Verwertungsgesellschaften aller Länder zu wenden, in denen sie tätig sind, lieber Direktlizenzen mit weltweiter Geltung für die sie interessierenden Repertoires erwerben. 128 Dass diese Entwicklungen nicht sofort stattgefunden und die Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht sofort beeinträchtigt haben, lässt also nicht den Schluss zu, dass mit Letzteren – im Wege einer abgestimmten Verhaltensweise – das Kartell hinsichtlich der Ausschließlichkeitsklausel aufrechterhalten worden wäre. 129 Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Strukturen der Urheberrechtswahrnehmung für die von der angefochtenen Entscheidung erfassten Verwertungsformen auf die bei den herkömmlichen Verwertungsformen verwendeten Strukturen zurückgehen, bei denen die Kommission die Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln ansieht. 130 Das Aufkommen neuer Informationstechnologien, die eine Onlinenutzung von Werken ermöglichen, bedeutet aber nicht, dass die genannten Strukturen auf einen Schlag überholt wären oder dass die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer den Willen zeigen müssten, sofort miteinander in Wettbewerb zu treten. Somit könnte selbst die Tatsache, dass die Verwertungsgesellschaften die Gebietsbeschränkungen auf das Inland nach der Streichung der Ausschließlichkeitsklausel nicht schnell geändert haben, ein Beweis dafür sein, dass diese Beschränkungen durch andere Gründe zu erklären sind als die Fortführung der Ausschließlichkeit in anderer Form. 131 Dass die Kommission das Vorliegen eines Kartells hinsichtlich der Ausschließlichkeitsklausel bewiesen hat, hat somit nicht zur Folge, dass dieser Beweis auch hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland erbracht wäre. Ergebnis zu den von der Kommission geltend gemachten Beweiselementen 132 Aus der vorstehenden Analyse ergibt sich, dass die von der Kommission geltend gemachten Gesichtspunkte das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise der Verwertungsgesellschaften zur Festlegung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht rechtlich hinreichend belegen. 133 Somit ist nun zu prüfen, ob die Kommission hinreichende Anhaltspunkte vorgetragen hat, um den anderen Erklärungen als dem Vorliegen einer Abstimmung, die die Klägerin für die Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften gegeben hat, die Plausibilität zu nehmen. b) Zur Plausibilität der anderen Erklärungen als dem Vorliegen einer Abstimmung für das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften Vorbemerkungen 134 Die Klägerin macht, unterstützt durch die EBU, geltend, die Gebietsbeschränkungen auf das Inland seien das Ergebnis in praktischer und wirtschaftlicher Hinsicht durchdachter und rationaler individueller Entscheidungen unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen des Marktes, und nicht das Ergebnis einer abgestimmten Verhaltensweise. 135 Das Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen anderer Erklärungen für die Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften als das Vorliegen einer Abstimmung lässt sich dahin zusammenfassen, dass zur wirksamen Überwachung der Nutzung der Urheberrechte eine Präsenz vor Ort erforderlich sei und dass gewährleistet werden müsse, dass die Vergütungen, die die Urheber erhalten, nicht sänken. Außerdem verweist die Klägerin auf die Bedeutung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland für die Erhaltung der nationalen zentralen Anlaufstellen, bei denen Nutzer Lizenzen für das Weltrepertoire erhalten könnten. Diese letztere Erklärung wird von der EBU noch weiter entwickelt. 136 Der Gerichtshof hat sich in seinen Urteilen vom 13. Juli 1989, Tournier (395/87, Slg. 1989, 2521) und Lucazeau u. a. (110/88, 241/88 und 242/88, Slg. 1989, 2811), mit zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen französischer Gerichte auseinandergesetzt, die die Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln in einer Situation betrafen, in der bei herkömmlichen Formen der Offline-Verwertung von Urheberrechten die Verwertungsgesellschaft B sich weigerte, das Repertoire B im Gebiet A zu lizenzieren, wodurch die Nutzer im Land A gezwungen waren, sich an die Verwertungsgesellschaft A zu wenden, die höhere Tarife verlangte. 137 Der Gerichtshof hat für Recht erkannt, dass die Gegenseitigkeitsvereinbarungen als den Wettbewerb einschränkendes Kartell einzustufen wären, wenn sie eine Ausschließlichkeitsregelung in dem Sinne schüfen, dass die Verwertungsgesellschaften verpflichtet wären, im Ausland ansässigen Nutzern keine Direktlizenzen zu erteilen. Er wies jedoch darauf hin, dass entsprechende Klauseln, die früher Bestandteil der Gegenseitigkeitsvereinbarungen gewesen seien, auf Verlangen der Kommission abgeschafft worden seien. Sodann hat der Gerichtshof die Frage geprüft, ob die Tatsache, dass die Abschaffung dieser Klauseln nicht zu einer Verhaltensänderung bei den Verwertungsgesellschaften geführt hat, den Schluss zulasse, dass diese durch eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise ihre Ausschließlichkeitsrechte aufrechterhalten haben. Insoweit hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein bloßes Parallelverhalten unter gewissen Umständen ein wichtiges Indiz für eine abgestimmte Verhaltensweise darstellen kann, wenn es zu Wettbewerbsbedingungen führt, die nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen. Allerdings sei eine derartige Abstimmung nicht zu vermuten, wenn sich das Parallelverhalten durch andere Gründe als das Vorliegen einer Abstimmung erklären ließe; dies könne der Fall sein, wenn die Verwertungsgesellschaften für die Erteilung von Direktlizenzen genötigt wären, in einem anderen Land ein eigenes Verwertungs- und Kontrollsystem aufzubauen. Die Beurteilung der Frage, ob eine nach den Wettbewerbsregeln verbotene Abstimmung tatsächlich stattgefunden hat, wurde den nationalen Gerichten, die die Vorabentscheidungsersuchen eingereicht hatten, überlassen (Urteile Tournier, Randnrn. 20 bis 25, und Lucazeau u. a., Randnrn. 14 bis 19). 138 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Kommission annehmen durfte, dass das Vorhandensein von Gebietsbeschränkungen auf das Inland in allen Gegenseitigkeitsvereinbarungen nicht den normalen Marktbedingungen entsprach. Nach der Rechtsprechung obliegt es der Partei oder Behörde, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln behauptet, dafür den Beweis zu erbringen; das Unternehmen bzw. der Unternehmensverband, das oder der gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung ein Verteidigungsmittel geltend macht, hat den Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für dessen Anerkennung erfüllt sind, was zur Folge hat, dass die genannte Behörde auf andere Beweismittel zurückgreifen muss. Auch wenn die Beweislast nach diesen Grundsätzen entweder der Kommission oder dem betreffenden Unternehmen bzw. Unternehmensverband obliegt, können die tatsächlichen Gesichtspunkte, auf die sich eine Partei beruft, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen, ohne die der Schluss zulässig ist, dass der Beweislast Genüge getan wurde (vgl. Urteil Knauf Gips/Kommission, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung). 139 Sodann ist zu beachten, dass die Kommission nicht geltend gemacht hat, dass die in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen vorgenommene Beschränkung des räumlichen Geltungsbereichs der gegenseitigen Mandate auf die nationalen Hoheitsgebiete nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen kann. Es wird lediglich festgestellt, dass alle Gegenseitigkeitsvereinbarungen eine solche Beschränkung enthalten, was sich nach Ansicht der Kommission nur durch eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise erklären lässt. Insoweit ist im Übrigen festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der von ihr erfassten Formen der Verwertung des Urheberrechts weder wirtschaftliche Daten noch eine wirtschaftliche Analyse zu den finanziellen Anreizen enthält, die die Verwertungsgesellschaften hätten veranlassen können, die Gebietsbeschränkungen auf das Inland aufzugeben, obgleich unstreitig ist, dass diese Beschränkungen für die herkömmlichen Verwertungsformen zweckmäßig waren. Zur Erforderlichkeit einer Präsenz vor Ort, um die Wirksamkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen von Musikwerken zu gewährleisten 140 Die Klägerin und die EBU machten geltend, die Verwertungsgesellschaften seien der Auffassung, dass es im Interesse ihrer Mitglieder sei, und somit rational, in ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen Gebietsbeschränkungen auf das Inland vorzusehen, weil diese es ermöglichten, die Effizienz der Bekämpfung unbefugter Nutzungen von Musikwerken zu gewährleisten. 141 Es ist zu prüfen, ob die Punkte, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, die Annahme erlauben, dass diese Erklärung nicht plausibel ist. 142 Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission in Randnr. 11 der angefochtenen Entscheidung betont hat, dass Gegenstand ihrer Prüfung ausschließlich die legale Verwertung von urheberrechtlich geschütztem Material sei. Ebenso bekräftigt die Kommission in Randnr. 47 der angefochtenen Entscheidung, dass diese ausschließlich die rechtmäßige Verwertung von Werken betreffe und Piraterie oder die Nutzung von Werken ohne die entsprechende Verwertungslizenz nicht ihr Gegenstand seien. In dieser Randnummer heißt es weiter, dass die Überlegungen und Bewertungen in der angefochtenen Entscheidung nur im Rahmen der üblichen und normalen Beziehung zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern maßgeblich seien. 143 Allerdings hat die Kommission in Randnr. 46 der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass die Verwertungsgesellschaften die Verwertung der Urheberrechte kontrollierten, die Abrechnungen der Nutzer prüften und bei Urheberrechtsverletzungen die verletzten Rechte durchsetzten. In Randnr. 11 der angefochtenen Entscheidung hat sie ferner ausgeführt, dass Verwertungsgesellschaften durch die angefochtene Entscheidung, wie u. a. in deren Abschnitt 7.6.1.4 dargelegt, nicht daran gehindert würden, den Markt zu überwachen, um eine unerlaubte Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken festzustellen oder entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. 144 Angesichts dieser mehrdeutigen Ausführungen der Kommission ist festzustellen, dass, wenn sich die Kommission mit diesen darauf beschränkt hätte, nur die rechtmäßigen Nutzungen zu berücksichtigen, die Entscheidung aus diesem Grund für nichtig zu erklären wäre, da in ihr nicht erläutert wird, wie sich die Tätigkeit der Kontrolle gestatteter Nutzungen von der Tätigkeit der Aufdeckung und Verfolgung unbefugter Nutzungen trennen lassen soll. Zwar hat die Kommission im Verfahren vor dem Gericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2012, geltend gemacht, dass die Bekämpfung der Piraterie im Wesentlichen Aufgabe der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) sei, einer internationalen Organisation, die die Schallplattenfirmen vertrete und von ihrem Büro in London (Vereinigtes Königreich) aus agiere. Falls die Kommission mit dieser – im Übrigen nicht untermauerten – Behauptung aber geltend machen will, dass die Verwertungsgesellschaften in keiner Weise an den Kontrollen zur Feststellung unbefugter Nutzungen beteiligt seien, ist festzustellen, dass dies aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervorgeht. Das Gericht kann jedoch einen Umstand, den die Kommission zum ersten Mal während des Verfahrens geltend gemacht hat, nicht berücksichtigen, da die in der angefochtenen Entscheidung insoweit fehlende Begründung im Verfahren vor dem Unionsrichter nicht geheilt werden kann (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C-521/09 P, Slg. 2011, I-8947 , Randnr. 149 und die dort angeführte Rechtsprechung). 145 Allerdings geht ungeachtet der vorstehend genannten Ausführungen der Kommission aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich diese jedenfalls mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland auf deren Absicht zurückzuführen ist, unbefugte Nutzungen wirksam zu bekämpfen. Die Kommission scheint also selbst einzuräumen, dass diese Erklärung nicht durch die bloße Feststellung entkräftet werden kann, dass die angefochtene Entscheidung ausschließlich die rechtmäßige Nutzung der Urheberrechte betrifft. Somit ist zu prüfen, ob die diese Frage betreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung ausreichen, um dem in Randnr. 140 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen der Klägerin seine Plausibilität zu nehmen. 146 Die Kommission macht erstens geltend, das von ihr in der angefochtenen Entscheidung beanstandete System beruhe nicht auf dem Grundsatz der Nähe zwischen der Verwertungsgesellschaft, die eine Lizenz erteile, und dem Nutzer, der diese erwerbe, sondern auf dem Grundsatz, dass die Lizenz von der Verwertungsgesellschaft erteilt werde, die in dem Land ansässig sei, in dem die Nutzung stattfinde, ohne dass es auf das Land ankäme, in dem der Lizenznehmer ansässig sei. (Randnrn. 171 bis 173 der angefochtenen Entscheidung). 147 Insoweit ist festzustellen, dass es im Rahmen des von der Kommission beanstandeten Systems zwar durchaus möglich ist, dass die Verwertungsgesellschaft B, die einem Nutzer, der im Land A ansässig ist, für Nutzungen im Land B eine Lizenz erteilt hat, verwaltungsrechtliche oder gerichtliche Schritte gegen diesen Nutzer im Land A einleiten muss, d. h. aus der Ferne. 148 Jedoch kann in einem solchen System die Verwertungsgesellschaft B, wenn sie einem Nutzer eine Lizenz erteilt, der im Land A ansässig, aber im Land B tätig ist, bei Feststellung einer Verletzung der erteilten Lizenz nötigenfalls auf die Verwertungsgesellschaft A zurückgreifen. Letztere sähe in der Verwertungsgesellschaft B nämlich keine Wettbewerberin, da die Verwertungsgesellschaft A selbst keine Lizenzen für Nutzungen im Land B erteilen könnte. Außerdem hat die Verwertungsgesellschaft A, da sie ihr Repertoire hinsichtlich der Nutzungen im Land B der Verwertungsgesellschaft B anvertraut hat, ein Interesse an der wirksamen Verfolgung von Verletzungen der von der Verwertungsgesellschaft B erteilten Lizenzen. 149 In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass sich die Verwertungsgesellschaft, die einem in einem anderen Land ansässigen Nutzer eine Lizenz erteilt hat, für die Ausübung der Tätigkeiten der Kontrolle und „Durchsetzung“ der Urheberrechte, für die eine Präsenz vor Ort erforderlich sei, an ortsansässige Dienstleister wenden könne, insbesondere an die ortsansässige Verwertungsgesellschaft. Allerdings erläutert die Kommission nicht, wie eine solche Zusammenarbeit funktionieren soll, wenn sich die Verwertungsgesellschaften gegenseitig als Wettbewerber ansehen. Insbesondere hat sie in der angefochtenen Entscheidung nicht analysiert, welche finanziellen und kommerziellen Interessen für die ortsansässige Verwertungsgesellschaft einen Anreiz darstellen sollen, mit einer anderen Verwertungsgesellschaft zusammenzuarbeiten, die ihr in ihrem Gebiet Konkurrenz macht. 150 Die Kommission hat auch nicht erklärt, wer sich um die allgemeine Überwachung des Marktes kümmern würde, um die Nutzer zu zwingen, Lizenzen zu beantragen, und nicht nur um die Betreuung der bereits erteilten Lizenzen, wenn die Verwertungsgesellschaften nicht an der Erfüllung dieser Aufgabe mitwirken würden. Ohne dass ihr die Kommission insoweit widersprochen hätte, macht die Klägerin geltend, dass zu den Aufgaben der Verwertungsgesellschaften auch die Aufgabe gehöre, die Nutzer, die Musikwerke ohne Genehmigung nutzten, zu zwingen, die erforderliche Lizenz zu beantragen. Für die Erfüllung dieser Aufgabe sei für das jeweilige Gebiet am besten die lokale Verwertungsgesellschaft in der Lage, die den Markt ihres Niederlassungslandes am besten kenne. Wäre die Verwertungsgesellschaft, die die Kontrollen in einem bestimmten Gebiet durchführt, nicht sicher, dass ihre Kosten für die von ihr durchgeführte Überwachung über die für die erteilte Lizenz gezahlte Vergütung ausgeglichen werden, wäre diese Tätigkeit schlicht nicht durchführbar. Diese Sicherheit wäre in Gefahr, wenn mehrere Verwertungsgesellschaften für dasselbe Gebiet Lizenzen für dieselben Repertoires erteilen könnten. Die Kommission hat nichts dargetan, was diese Argumentation der Klägerin in Zweifel ziehen könnte. 151 Außerdem hat die Kommission nicht erklären können, wie Verwertungsgesellschaften zusammenarbeiten können sollen, die hinsichtlich der Erteilung von Lizenzen für sich überschneidende Repertoires und für dieselben Gebiete miteinander in Wettbewerb stehen. Zwar muss nach der den Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zugrunde liegenden Konzeption jeder Wirtschaftsteilnehmer selbständig bestimmen, welche Politik er auf dem Binnenmarkt verfolgen will; die Kommission räumt in der angefochtenen Entscheidung aber ein, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Verwertungsgesellschaften erforderlich sei, damit jede von ihnen Lizenzen für mehrere Repertoires anbieten könne (vgl. z. B. Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung). Insbesondere muss eine Verwertungsgesellschaft, um eine Lizenz für das Weltrepertoire erteilen zu können, mit allen anderen Verwertungsgesellschaften zusammenarbeiten. Die angefochtene Entscheidung enthält aber nichts, aus dem sich ergäbe, wie zwischen Verwertungsgesellschaften, die – wofür die Kommission eintritt – Wettbewerber geworden sind, eine Zusammenarbeit aussehen soll, die von der Kommission insbesondere bei bestimmten Tätigkeiten der Überwachung und der gerichtlichen Verfolgung von Verstößen für erforderlich gehalten wird (Randnrn. 177 und 178 der angefochtenen Entscheidung). 152 Vor dem Gericht hat die Kommission ausgeführt, die ortsansässige Verwertungsgesellschaft dürfe ihre Überwachungsrolle nicht aufgeben, da sie eine treuhänderische Pflicht gegenüber den Rechteinhabern habe, auch wenn sie mit anderen Verwertungsgesellschaften in Wettbewerb stehe. Hierzu ist festzustellen, dass die in Rede stehende treuhänderische Pflicht nur für das Verhältnis zwischen der Verwertungsgesellschaft und den ihr angehörenden Rechteinhabern gilt. Daher ist nicht gesagt, dass die lokale Verwertungsgesellschaft aufgrund dieser treuhänderischen Pflicht weiterhin zugunsten der Rechteinhaber, die den anderen Verwertungsgesellschaften angehören, tätig werden müsste, wenn sie nicht mehr die einzige Verwertungsgesellschaft wäre, die Lizenzen für das Gebiet erteilen kann, in dem sie ansässig ist. Im Übrigen ist unstreitig, dass die Verwertungsgesellschaft A keine Verpflichtung gegenüber der Verwertungsgesellschaft B hätte, wenn die Verwertungsgesellschaft B mit der Wahrnehmung der Rechte an dem Repertoire B im Gebiet A eine Verwertungsgesellschaft C betraut hätte, die nicht im Gebiet A ansässig ist. 153 Dem von der Kommission vor dem Gericht ebenfalls vorgebrachten Argument, dass die ortsansässige Verwertungsgesellschaft ein Interesse daran hätte, den Ruf, wirksame Kontrollen durchzuführen, den sie bei ihren Mitgliedern habe, nicht zu gefährden, damit diese sich nicht für andere Verwertungsgesellschaften entschieden, kann nicht gefolgt werden. Könnten nämlich Nutzer, deren unbefugte Nutzungen von Musikwerken von der ortsansässigen Verwertungsgesellschaft festgestellt worden sind, die für die legale Nutzung dieser Werke erforderliche Lizenz von anderen Verwertungsgesellschaften erhalten, könnte die ortsansässige Verwertungsgesellschaft die durch ihre Tätigkeit der Überwachung des Marktes verursachten Verwaltungskosten nicht über die Preise für diese Lizenzen auf die Nutzer abwälzen. Dies würde dem Ruf, den diese Verwertungsgesellschaft bei ihren Mitgliedern hat, schaden, weil die Mitglieder hinnehmen müssten, dass ihre Vergütungen wegen Verwaltungskosten, die mit der Überwachung des Marktes zusammenhängen und von der betreffenden Verwertungsgesellschaft nicht durch die Erteilung von Lizenzen ausgeglichen werden, sinken. Eine Verwertungsgesellschaft hat kein Interesse daran, Überwachungstätigkeiten durchzuführen, die Verwaltungskosten verursachen, die die Vergütungen, die sie an ihre Mitglieder ausschütten kann, senken, wenn sie nicht sichergehen kann, dass sie den Betrag dieser Kosten nach Feststellung unbefugter Nutzungen über die Erteilung von Lizenzen ausgleichen kann, zumal sich Urheber fortan der Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl anschließen könnten. 154 Im Übrigen wird das Vorbringen der Kommission, die Kosten der Überwachung, die die lokale Verwertungsgesellschaft zum Schutz ihrer Mitglieder durchführen müsse, fielen nicht deshalb höher aus, weil diese Verwertungsgesellschaft auch die Nutzung von Rechten anderer Urheber überwache, durch nichts gestützt. 155 Schließlich ist zu beachten, dass, selbst wenn eine Zusammenarbeit zwischen der ortsansässigen Verwertungsgesellschaft und der Verwertungsgesellschaft, die einem Nutzer eine Lizenz erteilt, möglich wäre, bei dieser Zusammenarbeit drei Verwertungsgesellschaften berücksichtigt wären, nämlich die ortsansässige Verwertungsgesellschaft C, die Verwertungsgesellschaft A, die das Mandat erteilt und Inhaber des Repertoires A ist, und die Verwertungsgesellschaft B, die aufgrund des ihr von der Verwertungsgesellschaft A erteilten Mandats Lizenzen für das Repertoire A im Gebiet C erteilen kann. Obgleich die Beteiligung der Verwertungsgesellschaft C Kosten verursachen kann, hat die Kommission nicht erklärt, welchen Nutzen die Verwertungsgesellschaft A daraus ziehen soll, dass sie mit der Wahrnehmung der Rechte an dem Repertoire A im Gebiet C nicht die Verwertungsgesellschaft C, sondern die Verwertungsgesellschaft B betraut, obwohl dies mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. 156 Zweitens macht die Kommission geltend, dass es für die von der angefochtenen Entscheidung erfassten Formen der Verwertung von Urheberrechten technische Lösungen gebe, die eine Kontrolle des Lizenznehmers aus der Ferne ermöglichten. Die Verwertungsgesellschaften wendeten bereits Lizenzierungspraktiken an, die zeigten, dass sie in der Lage seien, Nutzungen und Nutzer außerhalb des Gebiets zu kontrollieren, in dem sie jeweils ansässig seien (Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung). 157 Die Kommission kann aber die von der Klägerin für die Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften gegebene Erklärung, es sei erforderlich, unbefugte Nutzungen zu bekämpfen, nicht mit der bloßen Behauptung widerlegen, es gebe bei den von der angefochtenen Entscheidung erfassten Verwertungsformen technische Lösungen, die eine Kontrolle aus der Ferne ermöglichten. 158 Zwar hat die Kommission in Randnr. 189 der angefochtenen Entscheidung ergänzend ausgeführt, dass in der mündlichen Anhörung insbesondere von der European Digital Media Association (Europäischer Verband für digitale Medien, EDIMA), einem Verband, der Unternehmen vertritt, die im Bereich der Onlinebereitstellung von Audio- und audiovisuellen Inhalten tätig sind, gezeigt worden sei, dass die Fernkontrolle der Onlinebereitstellung von Musik in der Praxis machbar sei. Jedes musikalische Werk habe nämlich eine elektronische Identität und jeder PC eine Internetprotokolladresse. Aufgrund dieser Informationen könne die Verwertungsgesellschaft, wenn sie eine Lizenz erteile, sicherstellen, dass der Nutzer in der Lage sei, genau zu wissen, welches musikalische Werk von welchem Computer und für welche Art von Verwendung genutzt werde. Der Nutzer, der die Lizenz erhalten habe, könne diese Daten anschließend den Verwertungsgesellschaften übermitteln, die diese Informationen nutzen würden, um die Lizenzeinnahmen korrekt unter den Rechteinhabern aufzuteilen. 159 Diese Erklärung gilt aber nur für die Überwachung erteilter Lizenzen; sie beantwortet nicht die Frage, wie und durch wen unbefugte Nutzungen aufgespürt und verfolgt werden. Ihr lässt sich noch weniger entnehmen, welche ökonomischen Anreize für die Verwertungsgesellschaften bestehen sollen, aus der Ferne einen bestimmten Markt zu kontrollieren, während die Nutzer, die auf diesem Markt aktiv sind, ohne über die erforderliche Lizenz zu verfügen, eine Lizenz bei einer anderen Verwertungsgesellschaft als derjenigen beantragen könnten, die die Überwachung durchführt. 160 Mangels Ausführungen zu der Frage, ob die in Randnr. 189 der angefochtenen Entscheidung angeführten technischen Lösungen es ermöglichen, unbefugte Nutzungen wirksam zu bekämpfen, ist zu prüfen, ob die Beispiele, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung als Antwort auf die Argumente der Klägerin angeführt hat, der von der Klägerin gegebenen Erklärung, dass mit den Gebietsbeschränkungen auf das Inland die Wirksamkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen von Musikwerken gewährleistet werden solle, ihre Plausibilität nehmen. 161 Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kommission, wenn sie auf bestimmte Beispiele zurückgreift, um dem Vorbringen der Klägerin seine Plausibilität zu nehmen, zu beweisen hat, weshalb diese Beispiele einschlägig sind. Außerdem kann sie der Klägerin nicht vorwerfen, ihre Alternativerklärung nicht weiter erläutert zu haben, da die Kommission die Zuwiderhandlung zu beweisen hat. Vertritt die Kommission im Stadium des Verwaltungsverfahrens die Auffassung, dass die Klägerin ihre Erklärung nicht hinreichend untermauert hat, muss sie also den Sachverhalt weiter ermitteln oder feststellen, dass die Beteiligten nicht in der Lage waren, die erforderlichen Angaben zu machen. Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung aber nicht hervor, dass die ungenügende Analyse der Kommission darauf zurückzuführen wäre, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, von der Klägerin und den Verwertungsgesellschaften die Informationen zu erhalten, die sie für die Prüfung der Frage benötigte, ob es für das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften plausible Erklärungen gab. – Zum NCB-Modell 162 Die Kommission hat an erster Stelle das NCB-Modell angeführt (siehe oben, Randnr. 36), zu dem sie in Randnr. 179 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass es dieses Modell ermögliche, eine einzige Lizenz für die mechanischen Rechte und die Aufführungsrechte zu erteilen, und zwar für alle Länder, in denen die an diesem Modell teilnehmenden Verwertungsgesellschaften ansässig seien. Die „nordischen und baltischen“ Verwertungsgesellschaften hätten außerdem argumentiert, dass die Erfahrung mit dem NCB-Modell u. a. gezeigt habe, dass in einem Mehrgebietslizenzierungsmodell die Existenz eines Netzes nationaler Gesellschaften, die beim Schutz der Rechte und Interessen der Rechteinhaber zusammenarbeiteten, von entscheidender Bedeutung sei, wobei die Präsenz vor Ort notwendig sei, um Missbrauch feststellen und die Nutzung der Rechte überwachen zu können. 163 Vor dem Gericht hat die Kommission hingegen in ihrer schriftlichen Antwort auf eine ihr im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellte Frage vorgetragen, dass das NCB-Modell zumindest zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht für die Aufführungsrechte, sondern nur für die mechanischen Rechte gegolten habe. Unbeschadet dessen könne dieses Modell aber – so die Kommission weiter – zur Stützung der Ansicht herangezogen werden, dass die Lizenzierung von Aufführungsrechten für mehrere Gebiete keine Schwierigkeiten bereite, weil bei der Überwachung der Nutzung mechanischer Rechte im Internet dieselben Probleme aufträten wie bei Aufführungsrechten. Im Verfahren vor dem Gericht hat die Kommission geltend gemacht, dass das NCB-Modell nicht zu einer Änderung der Gegenseitigkeitsvereinbarungen der beteiligten Verwertungsgesellschaften geführt habe und dass es sich bei der multiterritorialen Lizenzierung für Aufführungsrechte im Rahmen dieses Modells um eine Art „Bündel“ von Eingebietslizenzen gehandelt habe, die in Wirklichkeit von den einzelnen Verwertungsgesellschaften für ihr jeweiliges Gebiet erteilt und von der Verwertungsgesellschaft, an die sich ein Nutzer gewandt habe, „gebündelt“ worden seien. 164 Hierzu ist festzustellen, dass die Unschlüssigkeiten, wenn nicht Widersprüche bei der Beschreibung des NCB-Modells durch die Kommission zeigen, dass dieses Modell in der angefochtenen Entscheidung nicht eingehend analysiert worden ist. 165 Jedenfalls hat die Kommission, sofern das NCB-Modell nur die mechanischen Rechte betrifft, nicht dargelegt, warum davon auszugehen wäre, dass die Überwachung der Aufführungsrechte im Wesentlichen dieselben Schwierigkeiten bereitet wie die Überwachung der mechanischen Rechte. Falls hingegen das NCB-Modell auch die Aufführungsrechte betrifft, aber lediglich die Erteilung eines Bündels von Eingebietslizenzen ermöglicht, hat die Kommission nicht dargelegt, inwiefern die Probleme, die speziell bei der Überwachung solcher Lizenzierungsmodalitäten auftreten, mit den Problemen bei Mehrgebietslizenzen vergleichbar sind. 166 Da die Kommission das genannte Modell in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend analysiert hat, kann das Gericht hieraus keine Folgerung für die Richtigkeit der Behauptung der Kommission ziehen, dass die Erforderlichkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen urheberrechtlich geschützter Werke die Entscheidung der Klägerin, die Gebietsbeschränkungen auf das Inland in ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen beizubehalten, nicht rechtfertige. – Zu der Simulcasting- und der Webcasting-Vereinbarung 167 In Randnr. 191 der angefochtenen Entscheidung beruft sich die Kommission auf die Simulcasting- und die Webcasting-Vereinbarung (siehe oben, Randnr. 35), die deutlich machten, dass es technisch nicht notwendig sei, dass Verwertungsgesellschaften über eine territoriale Präsenz verfügten, um Mehrgebiets- und Multi-Repertoire-Lizenzen für Internetübertragungen anzubieten und deren Verwendung angemessen zu kontrollieren. 168 Es ist unstreitig, dass die Simulcasting- und die Webcasting-Vereinbarung nicht die Aufführungsrechte, sondern andere Arten von Rechten des geistigen Eigentums wie die sogenannten „verwandten“ Rechte betreffen. In der angefochtenen Entscheidung wird aber nicht erläutert, warum die für die letztgenannten Rechte gefundenen Lösungen auf die von der angefochtenen Entscheidung erfassten Rechte übertragbar sein sollten. Die angefochtene Entscheidung enthält keinen Vergleich hinsichtlich der Merkmale oder des wirtschaftlichen Werts der in Rede stehenden verschiedenen Formen von Rechten des geistigen Eigentums und auch keine Angaben zur praktischen Anwendung der Simulcasting- und der Webcasting-Vereinbarung. 169 Daher kann nicht angenommen werden, dass mit dem von der Kommission vorgenommenen Verweis auf diese Vereinbarungen die Erklärung widerlegt werden könnte, dass die Beibehaltung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen auf die Absicht zurückzuführen sei, die Bekämpfung der unbefugten Nutzungen zu gewährleisten. – Zur Vereinbarung von Santiago 170 In Randnr. 192 der angefochtenen Entscheidung hat sich die Kommission auf die Vereinbarung von Santiago (siehe oben, Randnrn. 28, 30 und 109 bis 114) gestützt, die belege, dass es möglich sei, Mehrgebietslizenzen zu erteilen. 171 Dieser Verweis auf die Vereinbarung von Santiago geht aber fehl, da die Kommission lediglich deren ersten Aspekt betrachtet, nämlich die Möglichkeit, räumlich unbegrenzte Lizenzen zu erteilen, ohne deren zweiten Aspekt zu berücksichtigen, nämlich die Beschränkung der Möglichkeit der Erteilung solcher Lizenzen auf Nutzer, die in demselben Gebiet ansässig sind wie die Verwertungsgesellschaft, die die Lizenz erteilt. Die Kommission nennt in der angefochtenen Entscheidung keine Gründe, weshalb das in der Vereinbarung von Santiago vorgesehene System – auch ohne seinen zweiten Aspekt – die Wirksamkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen gewährleisten soll. 172 Zwar ist es nicht Sache des Gerichts, sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zur Stichhaltigkeit der Gründe zu äußern, aus denen die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte „Santiago“ die Auffassung vertreten hat, dass die betreffende Vereinbarung gerade deshalb gegen Art. 81 EG verstoße, weil sie einer einzigen Verwertungsgesellschaft die Möglichkeit garantiere, Nutzern, die in einem bestimmten Gebiet ansässig sind, Lizenzen zu erteilen; es darf jedoch nicht übersehen werden, dass das in der Vereinbarung von Santiago vorgesehene System, das sich zwar von dem sich aus den Gebietsbeschränkungen auf das Inland ergebenden System unterscheidet, aber auf einer gewissen Ausschließlichkeit beruht, die der lokalen Verwertungsgesellschaft garantiert wird, keine Schlüsse auf die Wirksamkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen in einem Kontext zulässt, in dem die Verwertungsgesellschaften miteinander in Wettbewerb stünden. 173 Aus denselben Gründen kann sich die Kommission auch nicht auf die Ausführungen der tschechischen Verwertungsgesellschaft, der Ochranný svaz Autorský pro práva k dílům hudebním (OSA), in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte stützen, die in den Randnrn. 180 und 181 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben werden. Die OSA hat nämlich lediglich erläutert, dass sie Lizenzen im Wesentlichen auf der Grundlage der Vereinbarung von Santiago – also durchaus Mehrgebietslizenzen – erteilt habe, aber ausschließlich an in der Tschechischen Republik ansässige Nutzer. – Zu dem Gemeinschaftsunternehmen Celas, der Erteilung von Direktlizenzen und der Initiative eines Verlags 174 In Randnr. 193 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 37) verweist die Kommission darauf, dass die deutsche Verwertungsgesellschaft und die des Vereinigten Königreichs im Januar 2006 ein Gemeinschaftsunternehmen, Celas, gegründet hätten, das als paneuropäische zentrale Anlaufstelle für die Lizenzierung der Online- und Mobilfunkrechte des angloamerikanischen Repertoires eines Verlags fungieren werde. Celas erteile paneuropäische Lizenzen an gewerbliche Nutzer in allen EWR-Ländern. Dieses neue Modell sei daher ein Beispiel, das die technische Fähigkeit der Verwertungsgesellschaften zeige, eine Mehrgebietslizenz anzubieten, und dafür, dass die Argumente bezüglich der Kontroll-, Berichterstattungs- und Durchsetzungsaufgaben der Verwertungsgesellschaften und der erforderlichen geografischen Nähe zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer das derzeitige parallele Verhalten hinsichtlich der territorialen Begrenzungen nicht rechtfertigten. 175 Es ist festzustellen, dass Celas, wie die Kommission selbst einräumt, Lizenzen für mechanische Rechte, und nicht für Aufführungsrechte, erteilt. Da die Kommission nicht dargelegt hat, inwieweit bei der Überwachung der Nutzung der ersten Kategorie von Rechten vergleichbare Probleme auftreten wie bei der Überwachung der Nutzung der zweiten Kategorie, können die Argumente der Klägerin mit dem Beispiel von Celas nicht widerlegt werden. Zwar werden die Lizenzen von Celas, wie aus einer schriftlichen Antwort der Kommission auf eine Frage des Gerichts hervorgeht, durch von der Performing Right Society Ltd und der GEMA erteilte Lizenzen für die entsprechenden Aufführungsrechte ergänzt. Bei den letztgenannten Lizenzen handelt es sich aber nur um eine Form von Direktlizenzen, da diese beiden Verwertungsgesellschaften nur Lizenzen erteilen, die zwar für mehrere Gebiete gelten, aber beschränkt sind auf das Repertoire, das ihnen unmittelbar von den Rechteinhabern, und nicht auf dem Umweg über Gegenseitigkeitsvereinbarungen, anvertraut worden ist. 176 Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, ob das Phänomen der Direktlizenzen Schlüsse hinsichtlich des Beweises der in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung genannten abgestimmten Verhaltensweise zulässt. Die Existenz solcher Lizenzen stellt die Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften nicht in Frage, da die in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht dadurch berührt werden, dass die das Mandat erteilende Verwertungsgesellschaft selbst Lizenzen für ihr Repertoire erteilt, die auch für das Gebiet der beauftragten Verwertungsgesellschaft gelten. Die Erteilung von Direktlizenzen führt aber nicht dazu, dass zwei Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der Erteilung von Lizenzen an dieselben Nutzer miteinander in Wettbewerb treten. Wie aus der schriftlichen Antwort der Kommission auf eine Frage des Gerichts hervorgeht, vergeben die Verwertungsgesellschaften, zumindest diejenigen, die über die erforderliche Struktur verfügen, nämlich Direktlizenzen nur an Großnutzer, weil nur bei diesen die Kosten für die Überwachung der Nutzung der Lizenzen durch die große Zahl der von diesen Nutzern vorgenommenen Nutzungshandlungen ausgeglichen werden. Erteilt die Verwertungsgesellschaft A den im Land B tätigen Großnutzern Direktlizenzen, ändert dies nichts daran, dass anderen Nutzern, die im Land B tätig sind, Lizenzen u. a. für das Repertoire A nur von der Verwertungsgesellschaft B erteilt werden können. 177 Folglich bereitet das Phänomen der Direktlizenzen, dem die Tätigkeiten von Celas und der Verwertungsgesellschaften, die diese Gesellschaft gegründet haben und ergänzende Lizenzen zu denen von Celas erteilen, zuzurechnen sind, keine Schwierigkeiten bei der Überwachung, die mit den von der Klägerin genannten Schwierigkeiten vergleichbar wären. Daher können diese von der Kommission angeführten Gesichtspunkte mangels ergänzender Erläuterungen das Vorbringen der Klägerin nicht entkräften. 178 Dasselbe gilt für die Initiative eines Verlags (siehe oben, Randnr. 43), auf die sich die Kommission in Randnr. 220 der angefochtenen Entscheidung bezieht. Auch wenn dies nicht aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, räumt die Kommission in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht ein, dass diese Initiative nur die mechanischen Rechte betraf. Im Übrigen hat die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, zu keinem Zeitpunkt und erst recht nicht in der angefochtenen Entscheidung erläutert, inwiefern die Bedingungen, unter denen ein großer Verlag agiert, der über ein Repertoire verfügt, das sich international vermarkten lässt, mit den Bedingungen vergleichbar wären, unter denen die Verwertungsgesellschaften agieren. – Zum Dokument mit dem Titel „Cross border collective management of online rights in Europe“ 179 In Randnr. 194 der angefochtenen Entscheidung macht die Kommission geltend, der Umstand, dass einige Verwertungsgesellschaften ein Dokument mit dem Titel „Cross border collective management of online rights in Europe“ (Grenzüberschreitende Wahrnehmung von Onlinerechten in Europa) unterzeichnet hätten, in dem sie sich für ein System der Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires aussprächen, belege, dass die Aufgabe der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht zu technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen werde. 180 Hierzu ist festzustellen, dass die Verwertungsgesellschaften, die dieses Dokument unterzeichnet haben, dennoch Klagen gegen die angefochtene Entscheidung erhoben haben, was die Beweiskraft dieses Dokuments für die Tatsache, dass der Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires keine technischen Hindernisse entgegenstehen, schwächen könnte. Jedenfalls ist die Beweiskraft dieses Dokuments sehr gering, weil aus den Akten nicht hervorgeht, dass die betreffenden Verwertungsgesellschaften irgendetwas unternommen hätten, um den darin genannten Vorschlag umzusetzen. 181 Daher genügen die von der Kommission geltend gemachten Gesichtspunkte nicht, um der von der Klägerin gegebenen Erklärung, dass das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften nicht auf eine Abstimmung, sondern auf das Erfordernis zurückzuführen sei, die Wirksamkeit der Bekämpfung der unbefugten Nutzungen von Werken der Musik zu gewährleisten, ihre Plausibilität zu nehmen. 3. Ergebnis 182 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland rechtlich nicht hinreichend bewiesen hat; sie hat nämlich weder bewiesen, dass sich die Verwertungsgesellschaften insoweit abgestimmt hätten, noch Gesichtspunkte vorgebracht, die einer von der Klägerin gegebenen Erklärung für das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften ihre Plausibilität genommen hätten. 183 Daher ist Art. 3 der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerin betrifft (siehe oben, Randnr. 78), für nichtig zu erklären, ohne dass das übrige Vorbringen der Klägerin und der EBU im Rahmen des ersten Klagegrundes – u. a. zur Bedeutung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland für die Verhinderung des Sinkens der Vergütungen der Rechteinhaber auf ein niedrigeres Niveau und für die Erhaltung der nationalen zentralen Anlaufstellen – und der zweite Klagegrund geprüft zu werden brauchen. Kosten 184 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen der Klägerin und der EBU die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 3 der Entscheidung K(2008) 3435 endgültig der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC) wird für nichtig erklärt, soweit er die International Confederation of Societies of Authors and Composers (CISAC) betrifft. 2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten. Kanninen Soldevila Fragoso Van der Woude Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. April 2013. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung A – Verwaltungsverfahren B – Betroffene Klauseln des Mustervertrags C – Betroffene MärkteII D – Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen 1. Mitgliedschafts-, Ausschließlichkeits- und Nichteinmischungsklausel 2. Abgestimmtes Verhalten in Bezug auf die Gebietsbeschränkungen auf das Inland E – Verfügender Teil Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten Rechtliche Würdigung A – Zu der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit B – Zur Begründetheit 1. Vorbemerkungen 2. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 253 EG dadurch, dass die Kommission das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise hinsichtlich der Gebietsbeschränkungen auf das Inland nicht bewiesen habe a) Zur Beweiskraft der von der Kommission vorgebrachten Gesichtspunkte, die den Nachweis der abgestimmten Verhaltensweise unabhängig von der Parallelität der Verhaltensweisen der Verwertungsgesellschaften erbringen sollen Zu den Gesprächen über die Reichweite der in den Gegenseitigkeitsvereinbarungen enthaltenen Mandate, die die Verwertungsgesellschaften im Rahmen der von der Klägerin geleiteten Aktivitäten geführt haben Zur Vereinbarung von Santiago Zur Vereinbarung von Sydney Zum angeblichen historischen Zusammenhang zwischen der Ausschließlichkeitsklausel und den Gebietsbeschränkungen auf das Inland Ergebnis zu den von der Kommission geltend gemachten Beweiselementen b) Zur Plausibilität der anderen Erklärungen als dem Vorliegen einer Abstimmung für das Parallelverhalten der Verwertungsgesellschaften Vorbemerkungen Zur Erforderlichkeit einer Präsenz vor Ort, um die Wirksamkeit der Bekämpfung unbefugter Nutzungen von Musikwerken zu gewährleisten – Zum NCB-Modell – Zu der Simulcasting- und der Webcasting-Vereinbarung – Zur Vereinbarung von Santiago – Zu dem Gemeinschaftsunternehmen Celas, der Erteilung von Direktlizenzen und der Initiative eines Verlags – Zum Dokument mit dem Titel „Cross border collective management of online rights in Europe“ 3. Ergebnis Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013.#Koda gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung.#Rechtssache T‑425/08.
62008TJ0425
ECLI:EU:T:2013:183
2013-04-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 20. März 2013 .#Nexans France gegen Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie.#Öffentliche Lieferaufträge – Euratom – Ausschreibungsverfahren des gemeinsamen Unternehmens Fusion for Energy – Lieferung von elektrischer Ausrüstung – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Offenes Verfahren – Angebot unter Vorbehalten – Rechtssicherheit – Berechtigtes Vertrauen – Verhältnismäßigkeit – Interessenkonflikt – Vergabeentscheidung – Klage auf Nichtigerklärung – Fehlende unmittelbare Betroffenheit – Unzulässigkeit – Außervertragliche Haftung.#Rechtssache T‑415/10.
62010TJ0415
ECLI:EU:T:2013:141
2013-03-20T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 20. März 2013 (*1) „Öffentliche Lieferaufträge — Euratom — Ausschreibungsverfahren des gemeinsamen Unternehmens Fusion for Energy — Lieferung von elektrischer Ausrüstung — Ablehnung des Angebots eines Bieters — Offenes Verfahren — Angebot unter Vorbehalten — Rechtssicherheit — Berechtigtes Vertrauen — Verhältnismäßigkeit — Interessenkonflikt — Vergabeentscheidung — Klage auf Nichtigerklärung — Fehlende unmittelbare Betroffenheit — Unzulässigkeit — Außervertragliche Haftung“ In der Rechtssache T-415/10 Nexans France mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-P. Tran Thiet, J.-F. Le Corre und M. Pigeat, Klägerin, gegen Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie mit Sitz in Barcelona (Spanien), vertreten durch A. Verpont als Bevollmächtigten im Beistand von C. Kennedy-Loest und C. Thomas, Solicitors, Rechtsanwälte J. Derenne und N. Pourbaix sowie M. Farley, Solicitor, Beklagter, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung, das Angebot der Klägerin abzulehnen, und der Entscheidung, den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, sowie auf Schadensersatz erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie des Richters S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter) und der Richterin M. Kancheva, Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2012 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1. Darstellung des gemeinsamen Unternehmens 1 Am 21. November 2006 schlossen die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom), die Volksrepublik China, die Republik Indien, Japan, die Republik Korea, die Russische Föderation und die Vereinigten Staaten von Amerika das Übereinkommen über die Gründung der Internationalen ITER-Fusionsenergieorganisation für die gemeinsame Durchführung des ITER-Projekts (ABl. 2006, L 358, S. 62). 2 Mit der Entscheidung 2007/198/Euratom vom 27. März 2007 über die Errichtung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür (ABl. L 90, S. 58) schuf der Rat der Europäischen Union ein gemeinsames Unternehmen im Sinne von Art. 45 EA, genannt „Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie (Fusion for Energy)“ (im Folgenden: gemeinsames Unternehmen). 3 Nach Art. 1 der Entscheidung 2007/198 hat das gemeinsame Unternehmen folgende Aufgaben: Leistung des Beitrags der Euratom an die Internationale ITER-Fusionsenergieorganisation (Art. 1 Abs. 2 Buchst. a), Leistung des Euratom-Beitrags zu gemeinsamen Tätigkeiten mit Japan im Rahmen des „breiter angelegten Konzepts“ zur schnellen Nutzung der Fusionsenergie (Art. 1 Abs. 2 Buchst. b) sowie Vorbereitung und Koordinierung eines Maßnahmenprogramms in Vorbereitung des Baus eines Fusionsreaktors zu Demonstrationszwecken mit den zugehörigen Einrichtungen (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c). Zu den Aufgaben des gemeinsamen Unternehmens gehört insbesondere die Durchführung, auf Antrag der Internationalen ITER-Organisation, von Vergabeverfahren für die Bereitstellung der für den europäischen Beitrag zum ITER-Projekt erforderlichen Ausrüstung und Dienstleistungen sowie die Lieferung bestimmter Bauteile für den japanischen Versuchsreaktor für die Kernfusion JT-60SA im Rahmen eines besonderen Übereinkommens zwischen der Euratom und Japan (im Folgenden: JT-60SA-Projekt). 4 Nach Art. 5 der Entscheidung 2007/198 hat das gemeinsame Unternehmen eine eigene Finanzordnung, die auf den Grundsätzen der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) beruht, von der es aber vorbehaltlich einer vorherigen Konsultation mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften abweichen kann, sofern dies aufgrund besonderer betrieblicher Erfordernisse des gemeinsamen Unternehmens erforderlich ist. 5 Mit zwei Entscheidungen vom 22. Oktober 2007, geändert am 18. Dezember 2007, erließ der Vorstand des gemeinsamen Unternehmens seine Finanzordnung (im Folgenden: Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens) samt Durchführungsbestimmungen (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). 2. Vergabeverfahren 6 In den Jahren 2007, 2008 und 2009 schloss das gemeinsame Unternehmen Lieferverträge mit der Internationalen ITER-Organisation. Gemäß diesen Verträgen verpflichtete sich das gemeinsame Unternehmen u. a. zur Lieferung bestimmter für die Entwicklung der Projekte ITER und JT-60SA erforderlicher Supraleiter. 7 Gleichzeitig mit diesen Verträgen schloss das gemeinsame Unternehmen mit der am ITER-Projekt teilnehmenden russischen Mitgliedsstelle einen Vertrag über die Durchführung der Käufe, nach dessen Bestimmungen die russische Mitgliedsstelle die für die Herstellung von Supraleitern für poloidale Feldspulen (im Folgenden: PF-Leiter) erforderlichen Kabel zu liefern hatte, die Gegenstand des Beitrags des gemeinsamen Unternehmens zum ITER-Projekt sein sollten, während das gemeinsame Unternehmen die Ummantelung der PF-Leiter übernehmen würde, die Gegenstand des russischen Beitrags zum ITER-Projekt sein sollten. 8 Am 6. August 2009 veröffentlichte das gemeinsame Unternehmen die Bekanntmachung F4E-2009-OPE-018 über die Vergabe eines Lieferauftrags im Rahmen eines offenen Verfahrens (im Folgenden: Auftrag) betreffend den Kauf zum einen von PF-Leitern und zum anderen von Supraleitern für toroidale Feldspulen (im Folgenden: TF-Leiter) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2009/S 149-218279). 9 Gegenstand des Auftrags war erstens die Verkabelung und Ummantelung der TF-Leiter, die von der Euratom an das ITER-Projekt geliefert werden sollten, zweitens die Ummantelung der PF-Leiter, die von der Euratom und der Russischen Föderation an das ITER-Projekt geliefert werden sollten, und drittens die Verkabelung und Ummantelung derjenigen TF-Leiter, die von der Französischen Republik und der Italienischen Republik für die Euratom an das Projekt JT-60SA geliefert werden sollten. 10 Nach der Auftragsbekanntmachung handelte es sich um ein offenes Verfahren, das der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens sowie den Durchführungsbestimmungen unterlag. 11 Die Ausschreibungsunterlagen umfassten ein Lastenheft und 18 Anhänge, darunter die „Verwaltungsspezifikationen“ (Anhang A, im Folgenden: Verwaltungsspezifikationen), die „technischen Spezifikationen für die Lieferung von TF- und PF-Leitern“ (Anhang B, im Folgenden: technische Spezifikationen) und ein Vertragsmuster (Anhang 1, im Folgenden: Mustervertrag). Die technischen Spezifikationen umfassten u. a. einen Lieferplan. 12 Nach Punkt 3.1 des Lastenhefts waren die verschiedenen Leiter, die Gegenstand der Auftrags waren, gemäß dem in Abschnitt 3 der technischen Spezifikationen angeführten Zeitplan zu liefern. Nach Punkt 3.2 des Lastenhefts mussten die Lieferungen den Bestimmungen des Mustervertrags, den Verwaltungsspezifikationen und den technischen Spezifikationen entsprechen. 13 Punkt 4.1 („Allgemeine Geschäftsbedingungen“) des Lastenhefts lautete wie folgt: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen. [Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen. Dieser Abschnitt definiert die Voraussetzungen, die für die Abgabe der Angebote gelten, d. h. die Voraussetzungen, die die Bieter bei der Vorbereitung und der Einreichung ihres Angebots zu erfüllen haben, um die Annahme dieser Angebote zu ermöglichen und ein gutes Verständnis und eine richtige Beurteilung der übermittelten Informationen durch die Bewerter zu erleichtern. Die Angebote haben deutlich und knapp gefasst zu sein. Sie müssen gut lesbar sein und keinen Zweifel über den Sinn der Begriffe und der Zahlenangaben zulassen. Da die Bieter ausschließlich aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden, müssen sie klar erkennen lassen, dass sie in der Lage sind, den in den [technischen Spezifikationen] und den [Verwaltungsspezifikationen] enthaltenen Anforderungen zu genügen und die geforderten Arbeiten ausführen zu können. … Die Angebote haben gemäß dem vorliegenden Lastenheft verfasst zu sein und die Formulare im Anhang zu verwenden. Die Angebote müssen von dem oder den berechtigten Vertretern des Bieters unterschrieben sein. Ausgaben für die Vorbereitung und Einreichung des Angebots werden [vom gemeinsamen Unternehmen] nicht erstattet. Es werden keine Auskünfte zum Stand der Angebotsbewertung erteilt. Die Erfüllung der Ausschreibungsbedingungen und/oder die Einleitung eines Ausschreibungsverfahrens verpflichtet [das gemeinsame Unternehmen] nicht zur Auftragsvergabe. [Das gemeinsame Unternehmen] ist nicht verpflichtet, Bieter, die nicht berücksichtigt wurden, zu entschädigen, selbst wenn es entscheiden sollte, den Auftrag nicht zu vergeben.“ 14 Punkt 6 („Vertragliche Bestimmungen“) des Lastenhefts stellte außerdem klar, dass für das Verfahren der in Anhang 1 enthaltene Mustervertrag galt und dessen Bestimmungen Bestandteil des Lastenhefts waren. 15 Punkt 13.1.1 des Lastenhefts sah vor, dass die in den Angeboten enthaltenen technischen Informationen den Verwaltungsspezifikationen und den technischen Spezifikationen entsprechen mussten. In diesem Punkt wurde außerdem auf Folgendes hingewiesen: „Hinsichtlich der oben genannten Unterlagen führt das vollständige oder teilweise Fehlen wesentlicher Angaben oder die Unvereinbarkeit des Angebots mit den Mindestanforderungen der [Verwaltungsspezifikationen] und der [technischen Spezifikationen] zur Ablehnung des Angebots. Der Bieter wird daher aufgefordert, die fraglichen Spezifikationen genau zu lesen, in seinem Angebot alle erforderlichen Angaben zu machen und alle zusätzlichen Umstände anzugeben, die die Prüfung des Angebots durch das [gemeinsame Unternehmen] erleichtern können.“ 16 Nach Punkt 3 der technischen Spezifikationen bestimmte ein Lieferplan, in Monaten nach Inkrafttreten des Mustervertrags, den Zeitpunkt, zu dem die verschiedenen Arten von Leitern vom Vertragspartner an das gemeinsame Unternehmen geliefert werden mussten. 17 Die Klägerin, Nexans France, reichte am 23. Oktober 2009 ein Angebot (im Folgenden: Angebot) ein. Dieses umfasste einen Anhang C 1 („Liste der wichtigsten Änderungen des Mustervertrags, die zur Neuformulierung bestimmter Klauseln führen“), in dem mehrere Änderungen des Mustervertrags (im Folgenden: Vorbehalte) vorgeschlagen wurden. Die Vorbehalte betrafen insbesondere folgende Vertragsbestimmungen: Erstens wollte die Klägerin das Inkrafttreten des Vertrags von der Leistung einer Vorauszahlung durch das gemeinsame Unternehmen sowie von der Erteilung einer Baugenehmigung für ihr Werk in Cortaillod (Schweiz) abhängig machen; zweitens wollte die Klägerin jede Haftung bei Problemen ausschließen, die auf das vom gemeinsamen Unternehmen festgelegte Design der Kabel zurückzuführen waren oder die durch vom gemeinsamen Unternehmen gelieferte Zwischenprodukte oder von der Klägerin selbst hergestellte, aber vom gemeinsamen Unternehmen bearbeitete Produkte verursacht wurden; drittens wollte die Klägerin den Lieferplan in Frage stellen; sie legte einen anderen Plan vor, nach dem die erste Lieferung um zwölf Monate und die letzte Lieferung um einen Monat verschoben werden sollte, d. h. die letzte vertragliche Lieferung sollte nach 55 statt 54 Monaten erfolgen; viertens verlangte die Klägerin, dass die Vertragsstrafen bei Nichterfüllung auf der Grundlage des Wertes der nicht rechtzeitig gelieferten Produkte und nicht des gesamten Auftragswerts berechnet würden und die Höhe der Vertragsstrafe 1 % pro Woche bis zu einer Obergrenze von 15 % der nicht rechtzeitig gelieferten Produkte und 10 % des gesamten Auftragswerts betrage; fünftens wollte die Klägerin die Vertragsbestimmungen über das Verschieben von Lieferterminen, die Teilzahlungsregelung, die Garantiedauer für ihre Produkte, den Höchstbetrag ihrer Haftung und den Fixpreisgrundsatz in Frage stellen; sechstens forderte die Klägerin das Recht, im Fall technischer Schwierigkeiten kostenlos Zugang zu einer neuen Technologie zu erhalten, die ihr das gemeinsame Unternehmen zur Verfügung stellen sollte, anderenfalls das Recht zur einseitigen Auflösung des Vertrags; siebtens wollte die Klägerin weiter gehende Rechte des geistigen Eigentums zuerkannt haben als die nach dem Mustervertrag vorgesehenen; achtens wollte die Klägerin, dass ihr ein einseitiges entschädigungsloses Auflösungsrecht für den Fall zuerkannt wird, dass das gemeinsame Unternehmen Zahlungen nicht fristgerecht leistet, ihre Zahlungsanforderungen bestreitet oder sie nicht in der Lage ist, die angeforderten Leiter gemäß den technischen Spezifikationen des gemeinsamen Unternehmens herzustellen; schließlich äußerte die Klägerin neuntens einen Vorbehalt zu Art. II.26 des Mustervertrags, dessen Wortlaut unvollständig ist. 18 Mit Schreiben vom 19. November 2009 forderte ein Mitglied der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens, Frau R., die Klägerin auf, Klarstellungen zum Angebot zu machen. Frau R. wies die Klägerin auf Punkt 4.1 des Lastenhefts hin (siehe oben, Randnr. 13) und forderte sie außerdem auf, ein unterschriebenes Exemplar des Mustervertrags vorzulegen und die Annahme aller Vertragsbestimmungen zu bestätigen. Punkt A dieses Schreibens schloss mit den folgenden zwei Absätzen: „Können Sie bestätigen, dass Sie die Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge akzeptieren? Wenn dies der Fall ist, können Sie bestätigen, dass die [Vorbehalte] bloße Hinweise und keine Vertragsbestimmungen sind? Können Sie ein auf jeder Seite paraphiertes und von einer dazu berechtigten Person Ihres Unternehmens unterzeichnetes Exemplar des Mustervertrags übermitteln? Wenn Sie nicht bestätigen, dass Sie die Vertragsbestimmungen akzeptieren, wird [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt.“ 19 Im Originalschreiben an die Klägerin waren die Worte „ohne weitere Prüfung abgelehnt“ unterstrichen. 20 Das Schreiben von Frau R. umfasste auch einen Punkt B („Ausschlusskriterien“) und einen Punkt C („Technische und fachliche Leistungsfähigkeit“). Die Fragen in diesen beiden Punkten des Schreibens wurden durch folgende fett gedruckte Passage eingeleitet: „Vorbehaltlich der Bestätigung, dass Sie die Vertragsbestimmungen wie oben ausgeführt akzeptieren, beantworten Sie bitte folgende Fragen …“ 21 Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin, Herr B., antwortete darauf mit Schreiben vom 26. November 2009. Darin vertrat er die Auffassung, dass die Vorbehalte zu berücksichtigen seien und als Grundlage für die Verhandlungen zwischen der Klägerin und dem gemeinsamen Unternehmen zu dienen hätten, da die finanziellen Bedingungen des Angebots nach Maßgabe dieser Vorbehalte festgelegt worden seien. Er habe einem am 23. November 2009 geführten Telefongespräch entnommen, dass das gemeinsame Unternehmen die Annahme des Mustervertrags als Vorbedingung für die Prüfung des Angebots ansehe. Punkt 4.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnr. 13) enthalte jedoch keine zwingende Regelung, sondern räume dem gemeinsamen Unternehmen einen Ermessensspielraum ein. Er fordere dieses daher auf, seine Auslegung von Punkt 4.1 des Lastenhefts zu überdenken und das Angebot unter Berücksichtigung der Vorbehalte anzunehmen. Außerdem nannte er die Gründe, die das Äußern dieser Vorbehalte rechtfertigten. Dem Schreiben waren auch die Antworten der Klägerin auf die Fragen in den Punkten B und C des Schreibens vom 19. November 2009 beigefügt (siehe oben, Randnr. 20). 22 Während und nach diesem Schriftwechsel fanden telefonische Kontakte zwischen der Klägerin und dem gemeinsamen Unternehmen statt. 23 Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 wiederholte der Vorstandsvorsitzende der Klägerin, Herr V., die Vorbehalte und forderte das gemeinsame Unternehmen auf, zu ihnen Stellung zu nehmen. Außerdem wies der Vorstandsvorsitzende der Klägerin in diesem Schreiben das gemeinsame Unternehmen auf einen möglichen Interessenkonflikt hin, in dem sich einer ihrer Wettbewerber befinde. 24 In einem Gespräch mit dem gemeinsamen Unternehmen am 25. März 2010 erläuterte die Klägerin erneut ihren Standpunkt. 25 Mit Schreiben vom 13. April 2010 antwortete der Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens auf die Schreiben vom 26. November 2009 (siehe oben, Randnr. 21) und vom 26. Februar 2010 (siehe oben, Randnr. 23). Der Leiter der Beschaffungsabteilung des gemeinsamen Unternehmens wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass dieses die Behauptungen der Klägerin zum Vorliegen eines Interessenkonflikts berücksichtigen werde. Dieses Schreiben umfasste auch folgenden Abschnitt: „Zur Ausschreibung, auf die Sie sich beziehen …, beachten Sie bitte, dass die Prüfung derzeit im Gange ist und folglich das [gemeinsame Unternehmen] insoweit keine weiteren Informationen preisgeben kann. Wir sind jedoch überzeugt, dass durch die Korrespondenz zwischen der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des [gemeinsamen Unternehmens] und Nexans die allgemeinen Geschäftsbedingungen und die für Vergabeverfahren geltenden Grenzen klargestellt werden konnten. Dazu müssen wir in Beantwortung Ihres Schreibens vom 26. November 2009 betonen, dass dieses Schreiben von Nexans als Antwort auf ein Klarstellungsersuchen des [gemeinsamen Unternehmens] übermittelt wurde. Da Nexans in diesem Schreiben alle erforderlichen Klarstellungen übermittelt hatte, musste das gemeinsame Unternehmen darauf im Rahmen der Prüfung nicht antworten.“ 26 In einem Schreiben an den Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens vom 16. April 2010 bekräftigte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin, dass ein Interessenkonflikt vorliege, da dem Vorstand des gemeinsamen Unternehmens eine bei der Agenzia nazionale per le nuove tecnologie, l’energia e lo sviluppo economico sostenibile (Nationale Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, im Folgenden: ENEA) beschäftigte Person angehöre. In diesem Schreiben wurde auch auf einen möglichen Missbrauch vertraulicher Informationen betreffend die Klägerin sowie einen Verstoß gegen ihre Rechte des geistigen Eigentums hingewiesen. 27 In zwei Berichten, die in Anwendung von Art. 122 der Durchführungsbestimmungen am 25. März und 6. April 2010 erstellt wurden und an den Direktor sowie an den Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens gerichtet waren, schlug der Ausschuss für die Prüfung der Angebote vor, das Angebot abzulehnen und den Auftrag an ein „Italian Consortium for Applied Superconductivity (ICAS)“ genanntes Konsortium (im Folgenden: ICAS-Konsortium) zu vergeben, den einzigen anderen Bieter, bestehend aus der ENEA, der Tratos Cavi SpA und der Criotec Impianti Srl. 28 Zum Angebot wies der Ausschuss für die Prüfung der Angebote auf Folgendes hin. Erstens sei die ehrenwörtliche Erklärung zu den Ausschlusskriterien unvollständig. Zweitens habe die Klägerin kein unterschriebenes Exemplar des Mustervertrags vorgelegt, sondern im Gegenteil mehrere Vorbehalte zu den Vertragsbestimmungen über den Lieferplan, die technischen und finanziellen Bedingungen und den Umfang der Garantieverpflichtung des Bieters geäußert. Drittens habe die Klägerin in ihrer Antwort auf ein Ersuchen um Klarstellung ihre Vorbehalte aufrechterhalten und zusätzliche Informationen zu den Ausschlusskriterien übermittelt, aus denen sich ergebe, dass sie im Jahr 2007 wegen einer im Jahr 2001 begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verurteilt worden sei. Im Ergebnis schlug der Ausschuss für die Prüfung der Angebote vor, das Angebot insbesondere deshalb abzulehnen, weil die Klägerin die mit mehreren wesentlichen Anforderungen aus dem Lastenheft, dem Mustervertrag und den technischen Spezifikationen unvereinbaren Vorbehalte aufrechterhielt, ohne dass es erforderlich sei, sich zu den Ausschlusskriterien zu äußern. 29 Folglich wurde nur das Angebot des ICAS-Konsortiums bewertet. Da dieses Konsortium als Einziges für die Vergabe des Auftrags verblieben war, wurden auf Wunsch des gemeinsamen Unternehmens auf der Grundlage von Art. 139 Abs. 6 der Durchführungsbestimmungen Verhandlungen aufgenommen. 30 Bei seiner 21. Sitzung am 19. und 20. Mai 2010 bestätigte der Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens, der gemäß Art. 124 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen befasst worden war, da der Auftrag einen Wert von über 1 Mio. Euro hatte, den ordnungsgemäßen Ablauf des Vergabeverfahrens. 31 Am 8. Juli 2010 lehnte der Direktor des gemeinsamen Unternehmens das Angebot ab (im Folgenden: Ablehnungsentscheidung) und vergab den Auftrag an das ICAS-Konsortium (im Folgenden: Vergabeentscheidung). 32 Mit Schreiben vom 16. Juli 2010 unterrichtete Frau R. die Klägerin gemäß Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen von der Ablehnung des Angebots, da diese wegen ihrer Weigerung, ein Exemplar des Mustervertrags zu unterschreiben, und wegen der Vorbehalte bestimmte im Lastenheft vorgesehene „wesentliche Bedingungen“ nicht erfülle. In diesem Schreiben wurde der Klägerin auch die Vergabeentscheidung mitgeteilt. Außerdem wurde die Vergabeentscheidung am selben Tag an das ICAS-Konsortium übermittelt. 33 Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 beantragte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin beim gemeinsamen Unternehmen, die Vergabeentscheidung und die Ablehnungsentscheidung (im Folgenden gemeinsam: angefochtene Entscheidungen) aufzuheben und das Ausschreibungsverfahren wieder aufzunehmen. Außerdem wurde das gemeinsame Unternehmen darauf hingewiesen, dass es wegen Missbrauchs geschützter vertraulicher Informationen verklagt werden könnte. 34 Dieses Schreiben wurde vom Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens in einem Schreiben vom 3. August 2010 beantwortet. Verfahren und Anträge der Parteien 35 Mit Klageschrift, die am 18. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 36 Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidungen beantragt. 37 Mit Schriftsatz, der am 5. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das gemeinsame Unternehmen das Gericht über die Einleitung einer internen Untersuchung betreffend den in der Klage behaupteten Interessenkonflikt unterrichtet und die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zum Abschluss dieser Untersuchung beantragt. 38 Der Antrag der Klägerin auf einstweiligen Rechtsschutz ist mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15. Oktober 2010 zurückgewiesen worden; die Kostenentscheidung ist vorbehalten worden. 39 Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 hat die Klägerin ihre Zustimmung zu einer möglichen Aussetzung des vorliegenden Verfahrens erklärt. 40 Mit Beschluss vom 19. November 2010 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts gemäß Art. 77 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts das vorliegende Verfahren bis zum 15. Dezember 2010 ausgesetzt. 41 Im Rahmen der oben in Randnr. 37 angeführten internen Untersuchung sind die Klägerin und das ICAS-Konsortium zur Stellungnahme aufgefordert worden. Die Dienststellen des gemeinsamen Unternehmens haben anschließend einen Bericht verfasst, der dem Direktor des gemeinsamen Unternehmens am 29. November 2010 vorgelegt worden ist. Im Hinblick auf diesen Bericht hat der Direktor des gemeinsamen Unternehmens entschieden, die angefochtenen Entscheidungen zu bestätigen. Folglich wurde am 9. Dezember 2010 der Vertrag mit dem ICAS-Konsortium geschlossen und die Klägerin davon am selben Tag unterrichtet. Der Untersuchungsbericht wurde der Klägerin am 18. Januar 2011 übermittelt. 42 Mit Schriftsatz, der am 12. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, dass das Gericht dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgebe, das technische und kaufmännische Angebot des ICAS-Konsortiums und den mit diesem Konsortium am 9. Dezember 2010 geschlossenen Vertrag, gegebenenfalls in nicht vertraulicher Fassung, vorzulegen. 43 Mit Schriftsatz, der am 17. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das gemeinsame Unternehmen die Zurückweisung dieses Antrags beantragt. Es hat jedoch eine nicht vertrauliche Fassung des mit dem ICAS-Konsortium geschlossenen Vertrags sowie dessen Anhang B vorgelegt, der den Lieferplan enthält. 44 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung den Parteien schriftlich Fragen gestellt, auf die diese innerhalb der ihnen gewährten Fristen geantwortet haben. 45 In der Sitzung vom 27. November 2012 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 46 Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, — die angefochtenen Entscheidungen für nichtig zu erklären; — alle nachfolgenden Handlungen für nichtig zu erklären; — das gemeinsame Unternehmen zur Zahlung eines Betrags von 175453 Euro, Ergänzung vorbehalten, zuzüglich Zinsen zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr ihres Erachtens entstanden ist; — hilfsweise, falls kein neues Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden kann, das gemeinsame Unternehmen zur Zahlung eines Betrags von 50175453 Euro, Ergänzung vorbehalten, zuzüglich Zinsen zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr ihres Erachtens entstanden ist; — dem gemeinsamen Unternehmen die Kosten aufzuerlegen. 47 Das gemeinsame Unternehmen beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit der Anträge auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit des zweiten Antrags der Klägerin 48 Neben der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen beantragt die Klägerin mit ihrem zweiten Antrag die Nichtigerklärung „alle[r] nachfolgenden Handlungen“. 49 Nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend Anwendung findet, in Verbindung mit Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss jede Klageschrift Angaben zum Streitgegenstand enthalten. Diese Angaben müssen so genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglicht wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, T-447/10, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50 Im vorliegenden Fall gibt die Klägerin jedoch nicht an, welche anderen Handlungen außer den angefochtenen Entscheidungen von ihrem Antrag auf Nichtigerklärung betroffen sind. Ein solcher Antrag ist nicht hinreichend genau, um eine Beurteilung seiner Tragweite zu ermöglichen, und ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 25 bis 28, und Beschluss des Gerichts vom 24. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-442/11, Randnr. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur Klagebefugnis der Klägerin gegen die Vergabeentscheidung 51 Das gemeinsame Unternehmen macht geltend, dass das Angebot nicht dem Lastenheft entsprochen habe und es folglich gehalten gewesen sei, dieses abzulehnen. Unter diesen Umständen habe die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Vergabeentscheidung. In Bezug auf diese Entscheidung sei die Klage daher als unzulässig abzuweisen. 52 Die Klägerin bezieht sich hingegen auf den Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 20. Juli 2006, Globe/Kommission (T-114/06 R, Slg. 2006, II-2627, Randnrn. 30 ff.), und macht geltend, dass ein Bewerber, der von einem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen worden sei, immer unmittelbar und individuell von der Entscheidung, den Auftrag einem anderen Bieter zu erteilen, betroffen sei. Sie hält daher ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung für zulässig. 53 Gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV, der nach Art. 106a EA auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen Klage erheben. Da die Vergabeentscheidung unstreitig an das ICAS-Konsortium und nicht an die Klägerin gerichtet ist, ist zu prüfen, ob Letztere von dieser Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist. 54 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine natürliche oder juristische Person von einer Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nur unmittelbar betroffen sein, wenn sich diese auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission, C-386/96 P, Slg. 1998, I-2309, Randnrn. 43 und 45, und Urteil des Gerichts vom 26. September 2000, Starway/Rat, T-80/97, Slg. 2000, II-3099, Randnr. 61). 55 Es wurde wiederholt entschieden, dass, wenn das Angebot eines Bieters vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wird, so dass es nicht mit den anderen Angeboten verglichen wird, die Zulässigkeit der Klage des betroffenen Bieters bezüglich der Vergabeentscheidung von der Nichtigerklärung der sein Angebot ablehnenden Entscheidung abhängt (Urteile des Gerichts vom 13. September 2011, Dredging International und Ondernemingen Jan de Nul/EMSA, T-8/09, Slg. 2011, II-6123, Randnrn. 134 und 135, und vom 22. Mai 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-17/09, Randnrn. 118 und 119). 56 Nur wenn die letztgenannte Entscheidung für nichtig erklärt wird, kann sich nämlich die Vergabeentscheidung unmittelbar auf die Rechtsstellung des Bieters auswirken, dessen Angebot vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wird. Wird hingegen der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit der das Angebot abgelehnt wird, zurückgewiesen, kann die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags für den Bieter, dessen Angebot vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wurde, keine rechtlichen Folgen haben. In diesem Fall verhindert die Ablehnungsentscheidung, dass der betroffene Bieter durch die nachfolgende Entscheidung, mit der der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird, unmittelbar beeinträchtigt wird. 57 Wurde also, wie im vorliegenden Fall, das Angebot eines Bewerbers wegen Nichterfüllung mehrerer wesentlicher Anforderungen des Lastenhefts abgelehnt, kann dieser Bewerber nur dann nachweisen, dass sein Angebot mit denen der anderen Bieter hätte verglichen werden müssen und sich folglich die Entscheidung, mit der der Auftrag an einen anderen Bewerber vergeben wurde, unmittelbar auf seine Rechtsstellung auswirkt, wenn er beweisen kann, dass sein Angebot zu Unrecht aus diesem Grund abgelehnt wurde. 58 Folglich hängt im vorliegenden Fall die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung davon ab, ob die Klägerin die Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung erlangen kann. Daher sind zunächst die Argumente betreffend die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Zur Begründetheit des Antrags auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung Vorbemerkungen 59 Die Klägerin macht zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung, die gleichermaßen gegen die Ablehnungsentscheidung wie gegen die Vergabeentscheidung gerichtet sind, vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten, der sich in drei Teile gliedert, rügt sie jeweils einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens sowie den Grundsatz der Transparenz. Der zweite Klagegrund besteht aus vier Teilen und betrifft einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit der Bewerber während des Verfahrens. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung sowie gegen die Art. 84 und 94 der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens gerügt. Mit dem vierten Klagegrund rügt die Klägerin schließlich einen Rechtsirrtum bei der Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen. 60 Es ist darauf hinzuweisen, dass das Angebot vom gemeinsamen Unternehmen vor der vergleichenden Phase der Prüfung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass es nicht mit den den Bietern in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebenen Bedingungen vereinbar sei. Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem gerügt wird, dass das ICAS-Konsortium für die Erstellung seines Angebots über Informationen verfügt habe, die ihm einen Vorteil verschafft hätten, ist daher in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung irrelevant. 61 Mit ihrem Vorbringen will die Klägerin zum einen im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit der Bedingungen in Frage stellen, die den Bietern in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschrieben wurden und im Hinblick auf die das gemeinsame Unternehmen ihr Angebot bewertet hat. 62 Das Gericht hält es daher zunächst für angebracht, die dazu im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes, des ersten und des zweiten Teils des zweiten Klagerundes sowie des dritten und des vierten Klagegrundes vorgetragenen Argumente zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen gemeinsam zu prüfen. 63 Zum anderen ist die Klägerin ferner der Ansicht, dass selbst unter der Annahme, dass die Ausschreibungsbedingungen rechtmäßig gewesen seien, sich das gemeinsame Unternehmen zu Unrecht für berechtigt gehalten habe, das Angebot vor der Phase des Vergleichs der Vorzüge der Angebote abzulehnen. 64 Das Gericht sieht es daher als zweckdienlich an, zweitens das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des ersten Klagegrundes, des zweiten und des vierten Teils des zweiten Klagegrundes sowie des dritten und des vierten Klagegrundes zur Anwendung der Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen auf den vorliegenden Fall zu prüfen. 65 Drittens wird das Gericht das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens prüfen. Zur Rechtmäßigkeit der Ausschreibungsunterlagen 66 Die Kritik der Klägerin an den Ausschreibungsunterlagen kann in drei Argumentationslinien unterteilt werden. Erstens wirft die Klägerin im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes sowie des vierten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen einen unklaren Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen vor, der sie unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz daran gehindert habe, den Umfang der ihr damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen. Zweitens wendet die Klägerin im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes die Rechtswidrigkeit des Lastenhefts und der technischen Spezifikationen ein, da die Lieferfristen so vorgesehen worden seien, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Im Rahmen des dritten Klagegrundes meint die Klägerin außerdem, dass das Vorschreiben dieses Lieferplans einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstelle. Drittens wirft die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen vor, der ENEA ermöglicht zu haben, die Ausschreibungsbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen, was zu einem Interessenkonflikt geführt habe. – Zur Bestimmtheit der für das Ausschreibungsverfahren geltenden Regeln 67 Die Klägerin wirft im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen einen unklaren Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen vor, der sie unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz daran gehindert habe, den Umfang der ihr damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen. Diese Kritik wird von der Klägerin in ihrem Vorbringen zum vierten Klagegrund wiederholt. 68 Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, die Ausschreibungsunterlagen hätten nicht klargestellt, dass die Bieter verpflichtet gewesen seien, den Mustervertrag anzunehmen, ohne die Möglichkeit zu haben, Änderungen dazu vorzuschlagen. In dem ihr vom gemeinsamen Unternehmen am 19. November 2009 übermittelten Schreiben (siehe oben, Randnr. 18) sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass die Ablehnung des Angebots wegen der Äußerung von Vorbehalten unvermeidlich sei, sondern nur darauf, dass diese Ablehnung möglich sei. Zu keinem Zeitpunkt vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung habe das gemeinsame Unternehmen auf Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen verwiesen. Die Klägerin habe daher weder vernünftigerweise annehmen können, dass das gemeinsame Unternehmen diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall anwenden werde, noch dass die im Lastenheft genannten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“„wesentliche Voraussetzungen“ im Sinne dieser Bestimmung darstellten. Außerdem gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Einhaltung des Lieferplans eine „wesentliche Bedingung“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen darstelle. Unter diesen Umständen habe das gemeinsame Unternehmen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen. 69 Ferner ermögliche Punkt 4.1 des Lastenhefts dem gemeinsamen Unternehmen, zu beurteilen, ob die von einem Bieter vorgeschlagenen Änderungen zum Mustervertrag angenommen werden könnten. Das gemeinsame Unternehmen sei daher bei der Entscheidung nicht gebunden gewesen, sondern habe über einen Ermessensspielraum verfügt. Das gemeinsame Unternehmen habe jedoch der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass es Punkt 4.1 des Lastenhefts anders auslege. Vielmehr habe das gemeinsame Unternehmen die Rechtsgrundlage, auf der es die Ablehnungsentscheidung erlassen habe, verschleiert. Es habe damit gegen den Grundsatz der Transparenz verstoßen. 70 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 71 Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (Urteile des Gerichtshofs vom 10. März 2009, Heinrich, C-345/06, Slg. 2009, I-1659, Randnr. 44, und vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C-343/09, Slg. 2010, I-7027, Randnr. 79). Der Grundsatz der Transparenz, der einen allgemeinen Grundsatz darstellt, der für das gemeinsame Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nach Art. 79 seiner Finanzordnung gilt, verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder im Lastenheft klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, HI, C-92/00, Slg. 2002, I-5553, Randnr. 45, und vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P, Slg. 2004, I-3801, Randnrn. 109 bis 111; Urteil des Gerichts vom 12. März 2008, European Service Network/Kommission, T-332/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 126 und 127). 72 Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Ausschreibungsunterlagen diesen Anforderungen entsprechen. Die Einwände der Klägerin hiergegen können zu zwei Rügen zusammengefasst werden: Zum einen sei es nicht offensichtlich gewesen, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans durch die Bieter verpflichtend gewesen sei. Zum anderen sei es auch nicht offensichtlich gewesen, dass das Angebot eines Bieters, der sich weigere, dieser Verpflichtung nachzukommen, abgelehnt werden müsse. 73 Zur ersten Rüge genügt es, auf Punkt 4.1 Unterabs. 1 des Lastenhefts zu verweisen (siehe oben, Randnr. 13), der wie folgt lautet: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen.“ 74 Aus dieser Bestimmung des Lastenhefts ergibt sich klar und ohne die geringste Zweideutigkeit, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans (der Teil der technischen Spezifikationen ist) für die Bieter verpflichtend war und dass diese ausnahmslos auf jede eigene Vertragsbestimmung verzichten mussten. 75 Die Verpflichtung, dem Lieferplan nachzukommen, ergibt sich außerdem aus den Punkten 3.1 und 13.1.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnrn. 12 und 15). Zur Annahme des Mustervertrags stellt Punkt 6 des Lastenhefts klar, dass dieser dem Lastenheft als Anhang 1 beigefügt ist, für das Verfahren gilt und seine Bestimmungen Bestandteil des Lastenhefts sind (siehe oben, Randnr. 14). 76 Es wird außerdem in Punkt 4.1 Unterabs. 3 des Lastenhefts klargestellt, dass die in diesem Punkt insgesamt angeführten Verpflichtungen – nämlich insbesondere die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans – „für die Abgabe der Angebote gelten“, und dass es sich mit anderen Worten um „die Voraussetzungen [handelt], die die Bieter bei der Vorbereitung und der Einreichung ihres Angebots zu erfüllen haben, um die Annahme dieser Angebote zu ermöglichen“. Ferner wird in Punkt 4.1 Unterabs. 4 klargestellt, dass „die Bieter ausschließlich aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden“ und sie folglich „… klar erkennen lassen [müssen], dass sie in der Lage sind, den in den [technischen Spezifikationen] und den [Verwaltungsspezifikationen] enthaltenen Anforderungen zu genügen“. 77 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass zwar der Sinn dieser Bestimmungen für sich allein genommen klar erscheinen möge, sich aber die Unbestimmtheit der Tragweite der Verpflichtungen der Bieter aus der allgemeinen Systematik der gesamten Ausschreibungsunterlagen ergebe. Die Klägerin hat jedoch keine einzige Bestimmung des Lastenhefts oder der anderen Ausschreibungsunterlagen konkret benannt, die eine solche Unbestimmtheit hätte bewirken können, und hat zum Beweis dafür, dass es bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen, insbesondere der oben in den Randnrn. 73 bis 76 angeführten Verpflichtungen, in den Augen eines durchschnittlich sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmers nicht klar gewesen sei, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans durch die Bieter verpflichtend und eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit ihres Angebots mit den Anforderungen des Lastenhefts gewesen sei, nichts vorgebracht. 78 Folglich ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 79 Daher ist die zweite Rüge betreffend einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz zu prüfen, wobei die Klägerin dazu die Auffassung vertritt, dass sich die Ablehnung der Angebote, die den oben in Randnr. 77 wiedergegebenen Anforderungen nicht entsprechen, nicht klar aus dem Lastenheft ergebe. 80 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der öffentliche Auftraggeber, wenn er im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens die Bedingungen festlegt, die er den Bietern auferlegen möchte, seine Ermessensausübung beschränkt und überdies von den so festgelegten Bedingungen nicht gegenüber einem der Bieter abweichen kann, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen den Bewerbern zu verstoßen. Daher ist das Lastenheft im Hinblick auf die Grundsätze der Selbstbeschränkung und der Gleichbehandlung der Bewerber auszulegen, um festzustellen, ob dieses, wie die Klägerin behauptet, dem gemeinsamen Unternehmen die Annahme der Vorbehalte ermöglichte. 81 Dazu genügt wiederum ein Hinweis auf Punkt 4.1 des Lastenhefts, dessen Unterabs. 2 wie folgt lautet: „[Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen.“ 82 Es ist festzustellen, dass der Wortsinn dieser Bestimmung der Auslegung der Klägerin, wonach das gemeinsame Unternehmen über einen Ermessensspielraum verfügen und die Möglichkeit haben müsse, Abweichungen von den in Punkt 4.1. Unterabs. 1 des Lastenhefts genannten Anforderungen (siehe oben, Randnrn. 13 und 73) zuzulassen, offensichtlich widerspricht. Punkt 4.1 Unterabs. 2, der dem gemeinsamen Unternehmen keineswegs die Möglichkeit gibt, allfällige Änderungen des Mustervertrags und des Lieferplans zu berücksichtigen, ermächtigt dieses nämlich nur, allfällige Vorschläge für eine Abweichung unberücksichtigt zu lassen, und ermöglicht ihm, rechtmäßig jedes den Anforderungen widersprechende Angebot abzulehnen. 83 Daraus folgt, dass das gemeinsame Unternehmen entgegen der Auffassung der Klägerin über keinen Ermessensspielraum verfügte, der ihm ermöglichte, von der Ablehnung eines Angebots mit Abweichungen vom Mustervertrag oder vom Lieferplan abzusehen, sondern dass sein einziger Ermessensspielraum die Frage betraf, ob die Abweichungen, aufgrund derer das Angebot nicht den Anforderungen entsprach, unberücksichtigt gelassen werden konnten, wobei es im gegenteiligen Fall dieses Angebot ablehnen musste. 84 Außerdem stellt Punkt 13.1.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnr. 15), wonach „die Unvereinbarkeit des Angebots mit den Mindestanforderungen der [Verwaltungsspezifikationen] und der [technischen Spezifikationen] zur Ablehnung des Angebots [führt]“, eine zusätzliche Warnung vor den Folgen der Nichteinhaltung der im Lieferplan genannten Fristen durch die Bieter dar. 85 Weiter wird in dem der Klage als Anhang A 2 beigefügten Lastenheft zweimal, in den Punkten 1 und 14, darauf hingewiesen, dass für das Ausschreibungsverfahren die Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens sowie die Durchführungsbestimmungen gelten. Punkt 4.2 des Lastenhefts stellt ferner klar, dass das fragliche Verfahren ein offenes Verfahren im Sinne von Art. 81 Abs. 4 der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens und Art. 84 der Durchführungsbestimmungen ist. Solche Verfahren sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass der öffentliche Auftraggeber mit den verschiedenen Bietern nicht verhandeln kann, sondern diese ausschließlich, wie in Punkt 4.1 Unterabs. 4 des Lastenhefts festgehalten, aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden. 86 Überdies war das vom gemeinsamen Unternehmen an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18) hinsichtlich der Tragweite der für das fragliche Verfahren geltenden Regeln deutlich. Das gemeinsame Unternehmen wies nämlich zu den im Angebot geäußerten Vorbehalten auf Folgendes hin: „Können Sie bestätigen, dass Sie die Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge akzeptieren? Wenn dies der Fall ist, können Sie bestätigen, dass die [Vorbehalte] bloße Hinweise und keine Vertragsbestimmungen sind? Können Sie ein auf jeder Seite paraphiertes und von einer dazu berechtigten Person Ihres Unternehmens unterzeichnetes Exemplar des Mustervertrags übermitteln? Wenn Sie nicht bestätigen, dass Sie die Vertragsbestimmungen akzeptieren, wird [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt.“ 87 Die Folgen für die Klägerin, wenn sie darauf hingewiesen hätte, dass ihre Vorbehalte vertraglicher Art seien und sie vorhabe, diese dem gemeinsamen Unternehmen entgegenzuhalten, wurden auch durch den konditionalen Charakter der in der oben wiedergegebenen Passage desselben Schreibens enthaltenen Fragen hervorgehoben. Diese Fragen, die die Ausschluss- und Auswahlkriterien betrafen, wurden nämlich mit folgendem Hinweis eingeleitet: „Vorbehaltlich der Bestätigung, dass Sie die Vertragsbestimmungen wie oben ausgeführt akzeptieren, beantworten Sie bitte folgende Fragen …“ 88 Die Klägerin trägt daher zu Unrecht vor, das gemeinsame Unternehmen habe, sei es bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen oder durch sein Verhalten während des in Rede stehenden Vergabeverfahrens, die Rechtsgrundlage, nämlich Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen, auf die es die Ablehnungsentscheidung gestützt habe, „verschleiert“. 89 Wie nämlich oben in Randnr. 85 ausgeführt, konnte der Klägerin bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen nicht entgehen, dass für das Verfahren, dem sie sich unterworfen hatte, die Durchführungsbestimmungen galten, deren Art. 120 Abs. 4 wie folgt lautet: „Angebote, die nicht allen in den Ausschreibungsunterlagen dargelegten wesentlichen Bedingungen oder den in diesen Unterlagen genannten besonderen Bedingungen entsprechen, werden abgelehnt. Der Prüfungsausschuss oder [das gemeinsame Unternehmen] können von den Bietern verlangen, zusätzliche Informationen zu liefern oder die mit ihrem Angebot vorgelegten Unterlagen innerhalb der von ihnen gesetzten Frist zu verdeutlichen.“ 90 Die zweite Rüge der Klägerin, wonach die Ablehnung derjenigen Angebote, die nicht mit der Verpflichtung im Einklang standen, die Bestimmungen des Mustervertrags sowie die im Lieferplan vorgesehenen Fristen einzuhalten, für die Bieter nicht ausreichend vorhersehbar gewesen sei, ist daher ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 91 Nach alledem ist weder das Vorbringen der Klägerin, die in den technischen Spezifikationen enthaltene Verpflichtung der Bieter, den Mustervertrag und den Lieferplan zu akzeptieren, sowie die Ablehnung der nicht mit diesen Anforderungen vereinbaren Angebote habe sich nicht offensichtlich aus den Ausschreibungsunterlagen ergeben, noch ihr Vorbringen, diese Bedingungen seien ihr nicht mit hinreichender Deutlichkeit zugänglich gemacht worden, begründet. Daraus folgt, dass ihr Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz zurückzuweisen ist. – Zur Rechtfertigung der durch den Lieferplan vorgeschriebenen Fristen 92 Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes und zur Stützung des dritten Klagegrundes wendet die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Lastenhefts und der technischen Spezifikationen ein, da die Lieferfristen so vorgesehen worden seien, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin ist daher der Ansicht, dass das Vorschreiben dieses Lieferplans einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der auf einem Interessenkonflikt beruhe, sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstelle. 93 Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, dass die Fristen nach dem durch die technischen Spezifikationen vorgeschriebenen Lieferplan eine unverhältnismäßige Beschränkung darstellten, da nur die Unternehmen, die zum für die Vergabe des Auftrags vorgesehenen Zeitpunkt über eine passende Fertigungslinie verfügt hätten, eine Chance gehabt hätten, den Auftrag zu erhalten. Diese äußerst kurzen Fristen hätten daher nur zum Ziel gehabt, die Bewerbung des ICAS-Konsortiums, dem die ENEA angehört habe, zu begünstigen, was durch die Tatsache untermauert werde, dass kein anderes Angebot vorgelegt worden sei. Die neunmonatige Verspätung, mit der das gemeinsame Unternehmen den Vertrag mit dem ICAS-Konsortium geschlossen habe, beweise, dass die vorgeschriebenen Fristen nicht objektiv gerechtfertigt gewesen seien. 94 Im Rahmen des dritten Klagegrundes macht die Klägerin außerdem geltend, das gemeinsame Unternehmen habe sich, indem es die Lieferfristen so festgelegt habe, dass nur das ICAS-Konsortium den Auftrag habe erhalten können, um die Möglichkeit gebracht, vorteilhaftere Angebote als das des Konsortiums zu erhalten. Daher verstoße die Festlegung der Lieferfristen nicht nur gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, sondern auch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. 95 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 96 Zunächst ist festzustellen, dass, wie das gemeinsame Unternehmen zu Recht geltend macht, die Argumente, mit denen die Klägerin die Rechtmäßigkeit der die Lieferfristen betreffenden Ausschreibungsbedingungen in Frage stellen will, nicht durchgreifen, da die Ablehnungsentscheidung darauf gestützt ist, dass ein mit Vorbehalten versehenes Angebots nicht zugelassen werden kann und die im Angebot geäußerten Vorbehalte nicht ausschließlich die Lieferfristen betrafen. 97 Wie nämlich oben in Randnr. 17 ausgeführt, war die geforderte Abweichung von den im Lieferplan vorgesehenen Fristen nur einer der vielen Vorbehalte, die im Angebot geäußert worden waren. Die Klägerin verlangte vom gemeinsamen Unternehmen außerdem, dass dieses u. a. akzeptiere, dass das Inkrafttreten des Vertrags von der Erlangung einer Baugenehmigung abhänge und bis zur Erlangung dieser Genehmigung aufgeschoben werde, weigerte sich, die Fixpreisklausel zu akzeptieren, und forderte die Abmilderung der Vertragsstrafen sowie eine Verringerung ihrer Haftung. Mit anderen Worten weigerte sich die Klägerin aus Gründen, die mit der Frage der Einhaltung der im Lieferplan vorgesehenen Fristen nichts zu tun hatten und von denen jeder eine Abweichung von den Bestimmungen des Mustervertrags darstellte, die Auftragsbedingungen so zu akzeptieren, wie sie vom gemeinsamen Unternehmen festgelegt worden waren. 98 Unter diesen Umständen hat sich jedoch die Klägerin, selbst wenn man annimmt, ihre gegen den Lieferplan gerichtete Kritik sei begründet, geweigert, den Mustervertrag zu akzeptieren, und bereits aufgrund dieser Weigerung allein musste das gemeinsame Unternehmen, wie sich aus den Randnrn. 71 bis 91 oben ergibt, das Angebot ablehnen. Daher kann die Einrede der Rechtswidrigkeit, die die Klägerin auf den diskriminierenden und unverhältnismäßigen Charakter des Lieferplans stützt, nicht dazu führen, dass sie mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung durchdringt. Diese Rüge ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen. 99 Darüber hinaus ist diese Rüge jedenfalls unbegründet. 100 Nach der Rechtsprechung verfügen nämlich die öffentlichen Auftraggeber bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung zu berücksichtigen sind, über einen weiten Ermessensspielraum. Insoweit verfügen sie auch über einen weiten Ermessensspielraum bei der Beurteilung sowohl des Inhalts als auch der Anwendung der Vorschriften über die Vergabe eines Auftrags im Wege einer Ausschreibung (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2012, Astrim und Elyo Italia/Kommission, T-216/09, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). 101 Es ist auch darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf den weiten Ermessensspielraum, über den der öffentliche Auftraggeber verfügt, die Kontrolle durch das Gericht sich auf die Prüfung beschränken muss, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet wurden, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Astrim und Elyo Italia/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 Jedoch muss das gemeinsame Unternehmen, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung beachten. Nach Art. 79 seiner Finanzordnung ist es als öffentlicher Auftraggeber in jedem Abschnitt eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet. Außerdem gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, was voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sind (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C-19/00, Slg. 2001, I-7725, Randnr. 34, und Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 108; Urteile des Gerichts vom 19. März 2010, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-50/05, Slg. 2010, II-1071, Randnrn. 55 und 56). 103 Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin nicht, dass nicht alle Bewerber den gleichen Bedingungen unterlagen, sondern sie macht geltend, die Bedingungen, die allen Bewerbern auferlegt wurden, seien so abgefasst worden, dass das ICAS-Konsortium begünstigt worden sei. Dieses Vorbringen stützt die Klägerin darauf, dass nur ein Unternehmen, das über eine passende Fertigungslinie verfügt habe, in der Lage gewesen sei, den Auftrag zu erhalten, und dass kein anderer Bewerber als das ICAS-Konsortium ein Angebot eingereicht habe, das den Fristen entsprochen habe, die in den technischen Spezifikationen der Ausschreibung vorgeschrieben worden seien. 104 Insoweit ist es erstens zwar richtig, dass kein anderes zulässiges Angebot als das des ICAS-Konsortiums eingereicht wurde, doch wurde das Vorbringen, wonach in Anbetracht der vorgeschriebenen Fristen nur ein Unternehmen mit einer passenden Fertigungslinie als Bewerber habe auftreten können, nicht nachgewiesen. 105 Zweitens trägt das gemeinsame Unternehmen vor, dass die Lieferfristen so festgelegt worden seien, dass es seinen Verpflichtungen nachkommen könne, die es gegenüber der Internationalen ITER-Organisation, Russland und Japan übernommen habe und die Gegenstand des im vorliegenden Fall in Rede stehenden Auftrags seien (siehe oben, Randnrn. 6 und 7). Dieses Vorbringen wird durch die Vorlage der drei betreffenden Verträge sowie durch den von der Internationalen ITER-Organisation vorgeschriebenen Plan erhärtet, die der Klagebeantwortung beigefügt sind (Anlagen B 7, B 8, B 10, B 31 bis B 35). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das gemeinsame Unternehmen nachgewiesen hat, dass die in den technischen Spezifikationen vorgeschriebenen Fristen objektiv gerechtfertigt waren und nicht die Begünstigung einer bestimmten Bewerbung bezweckten. 106 Hingegen tritt das gemeinsame Unternehmen dem Gegenvorbringen der Klägerin, wonach das gemeinsame Unternehmen, indem es den Vertragsschluss mit dem ICAS-Konsortium um neun Monate verschoben habe, durch sein Verhalten gezeigt habe, dass es an diese Fristen nicht, wie behauptet, gebunden gewesen sei, ernsthaft entgegen. Dieses hat nämlich bei der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass der Vertragsschluss nicht im Sommer 2010 habe erfolgen können, da die Mitglieder des ICAS-Konsortiums die für den Vertragsschluss erforderlichen Verwaltungs- und Finanzunterlagen nicht hätten übermitteln können. Außerdem setzte das gemeinsame Unternehmen auf den Vorwurf des Interessenkonflikts, den ihm gegenüber die Klägerin vor der Einreichung der vorliegenden Klage unmittelbar geäußert hatte und der auch Teil dieser Klage ist, unstreitig die Vergabeentscheidung aus und leitete eine Untersuchung zu diesen Vorwürfen ein. Der Vertragsschluss erfolgte dann tatsächlich unmittelbar nach dem Abschluss dieser Untersuchung (siehe oben, Randnrn. 37 und 39 bis 41). 107 Drittens besteht schließlich nach der Klägerin der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darin, dass sich das gemeinsame Unternehmen freiwillig um die Möglichkeit gebracht habe, vorteilhaftere Angebote zu erhalten, indem es entschieden habe, den Lieferplan so festzulegen, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Aus dem Vorherigen ergibt sich jedoch, dass die im Lieferplan vorgeschriebenen Fristen durch die internationalen Verpflichtungen des gemeinsamen Unternehmens gerechtfertigt waren. Dieses beging keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als es in Ausübung des ihm auf diesem Gebiet von der Rechtsprechung zuerkannten weiten Ermessensspielraums (siehe oben, Randnr. 100) davon ausging, dass seine Verpflichtung, seine internationalen Zusagen einzuhalten, Vorrang vor der Aussicht auf eine größere Zahl von Bewerbungen habe, wenn es weniger strenge Lieferfristen festgelegt hätte. 108 Nach alledem hat die Klägerin weder nachgewiesen, dass die vom Lieferplan vorgeschriebenen Fristen so abgefasst waren, dass die Bewerbung des ICAS-Konsortiums begünstigt wurde, noch dass sie unverhältnismäßig waren. Daher gehen die eine Rechtswidrigkeit des Lieferplans betreffenden Rügen der Klägerin ins Leere und sind jedenfalls auch unbegründet und daher zurückzuweisen. – Zum Vorliegen eines der Festlegung der den Bietern vorgeschriebenen Bedingungen anhaftenden Interessenkonflikts 109 Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen vor, der ENEA, die in verschiedenen Organen des gemeinsamen Unternehmens vertreten und auch ein Mitglied des ICAS-Konsortiums sei, gestattet zu haben, die Ausschreibungsbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen, was zu einem Interessenkonflikt führe. 110 Die Herren M. und P., beide Mitarbeiter der ENEA und jeweils Mitglieder des Exekutivausschusses sowie des Vorstands des gemeinsamen Unternehmens, seien nämlich an der Vorbereitung der Ausschreibung beteiligt gewesen. Sie hätten so die Möglichkeit gehabt, die Festlegung der den Bewerbern auferlegten Bedingungen in einem für die Bewerbung der ENEA günstigen Sinne zu beeinflussen. 111 Außerdem sei die ENEA am Design der für das Projekt JT-60SA bestimmten TF-Leiter beteiligt gewesen, und die technischen Spezifikationen seien der ENEA vor Beginn der Ausschreibung zur Bestätigung übermittelt worden. 112 Schließlich habe ein Mitarbeiter der ENEA im Rahmen eines Besuchs der Anlagen von Nexans Korea Zugang zu vertraulichen Informationen über die Klägerin erhalten. 113 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 114 Nach der Rechtsprechung bewirkt die Möglichkeit eines Bieters, die Bedingungen für einen öffentlichen Auftrag, und sei es unbeabsichtigt, in einem für ihn günstigen Sinne zu beeinflussen, einen Interessenkonflikt. Der Interessenkonflikt stellt einen Verstoß gegen die Gleichbehandlung der Bewerber und die Chancengleichheit zwischen den Bietern dar (Urteil des Gerichtshofs vom 3. März 2005, Fabricom, C-21/03 und C-34/03, Slg. 2005, I-1559, Randnrn. 29 und 30, sowie Urteil des Gerichts vom 17. März 2005, AFCon Management Consultants u. a./Kommission, T-160/03, Slg. 2005, II-981, Randnr. 74). 115 Erstens ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff des Interessenkonflikts objektiven Charakter hat und dadurch gekennzeichnet ist, dass die Absichten der Betroffenen außer Betracht zu lassen sind, insbesondere ihre Gutgläubigkeit (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2001, Ismeri Europa/Rechnungshof, C-315/99 P, Slg. 2001, I-5281, Randnrn. 44 bis 48). 116 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass keine uneingeschränkte Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber besteht, Bieter, die sich in einem Interessenkonflikt befinden, systematisch auszuschließen, da ein solcher Ausschluss in den Fällen nicht gerechtfertigt ist, in denen nachgewiesen werden kann, dass sich der Interessenkonflikt nicht auf das Gebaren der Bieter im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens ausgewirkt hat und keine tatsächliche Gefahr besteht, dass es zu einer Praxis gekommen ist, die geeignet ist, den Wettbewerb zwischen den Bietern zu verfälschen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Fabricom, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 33 bis 36, vom 19. Mai 2009, Assitur, C-538/07, Slg. 2009, I-4219, Randnrn. 26 bis 30, sowie vom 23. Dezember 2009, Serrantoni und Consorzio stabile edili, C-376/08, Slg. 2009, I-12169, Randnrn. 39 und 40). 117 Drittens ist hingegen der Ausschluss eines Bieters, der sich in einem Interessenkonflikt befindet, unerlässlich, wenn es keine angemessenere Lösung gibt, um einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu verhindern (Urteil des Gerichts vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-345/03, Slg. 2008, II-341, Randnrn. 71 ff.; vgl. auch in diesem Sinne Urteile Assitur, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnr. 21, sowie Serrantoni und Consorzio stabile edili, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnrn. 39 und 40). 118 Daher ist im Licht dieser Erwägungen das Vorbringen zu prüfen, wonach die Beteiligung der ENEA, einem der Bieter im Rahmen des ICAS-Konsortiums, an der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und insbesondere an der Festlegung der technischen Spezifikationen einen Interessenkonflikt darstelle, der zur Rechtswidrigkeit der Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen führe, da diese so abgefasst worden seien, dass die Bewerbung dieses Konsortiums begünstigt worden sei. 119 In dieser Hinsicht ist zunächst das Vorbringen des gemeinsamen Unternehmens, wonach die Vertreter der ENEA, die Mitglieder des Vorstands und des Exekutivausschusses seien, nicht als Vertreter der ENEA Mitglieder dieser Organe seien, nicht geeignet, das Vorliegen eines gegen den Grundsatz der Gleichheit der Bieter verstoßenden Interessenkonflikts auszuschließen. Das gemeinsame Unternehmen macht nämlich geltend, dass Herr P., Mitglied des Vorstands, die Italienische Republik und nicht die ENEA vertrete, und dass Herr M. nicht als Vertreter der ENEA, sondern als anerkannter Experte auf dem Gebiet der Kernfusion Mitglied des Exekutivausschusses sei. Die Tatsache allein, dass diese qualifizierten Personen nicht als Mitarbeiter der ENEA Mitglieder der Leitungsorgane des gemeinsamen Unternehmens sind, kann sie jedoch nicht daran hindern, ihre Stellung im gemeinsamen Unternehmen zu nützen, um den Interessen der italienischen nationalen Agentur zu dienen, was eben einen Interessenkonflikt darstellen würde. 120 Daher kann diese Rechtfertigung des gemeinsamen Unternehmens nicht durchgreifen, sondern es ist vielmehr die tatsächliche Rolle zu prüfen, die diese Mitarbeiter der ENEA sowie die ENEA selbst bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und insbesondere bei der Festlegung der technischen Spezifikationen spielen konnten. 121 Sodann weist das gemeinsame Unternehmen darauf hin, dass weder der Vorstand noch der Exekutivausschuss an der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen beteiligt gewesen seien. In seiner Antwort auf die schriftlichen Fragen, die dem gemeinsamen Unternehmen vor der mündlichen Verhandlung gestellt worden sind, hat dieses die verschiedenen aufeinanderfolgenden Abschnitte der Ausarbeitung der fraglichen Unterlagen besonders genau dargelegt. Die Klägerin hat sich vor und in der mündlichen Verhandlung jeder Kritik in Bezug auf die Erklärungen des gemeinsamen Unternehmens enthalten. Diese Erklärungen erhärten das Vorbringen des gemeinsamen Unternehmens, wonach der Vorstand und der Exekutivausschuss nicht die geringste Rolle bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen gespielt haben. Unter diesen Umständen ist die die Anwesenheit von Bediensteten der ENEA in diesen Organen des gemeinsamen Unternehmens betreffende Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 122 Ferner ist zum Vorbringen der Klägerin, wonach die technischen Spezifikationen zu den für das Projekt JT-60SA bestimmten TF-Leitern vor Beginn der Ausschreibung der ENEA zur Bestätigung übermittelt wurden, was vom gemeinsamen Unternehmen zugegeben wurde, darauf hinzuweisen, dass der Beitrag der Euratom zum Projekt JT-60SA von der Italienischen Republik sowie der Französischen Republik für die Euratom zu liefern war, und dass daher die nationalen Agenturen dieser Mitgliedstaaten, nämlich die ENEA und der CEA, als solche zu Rate gezogen wurden, da das gemeinsame Unternehmen bei der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags anstelle dieser Agenturen gehandelt hat. 123 Nach den Erläuterungen des gemeinsamen Unternehmens in der mündlichen Verhandlung, die die Klägerin nicht bestritten hat, konnte jedoch die ENEA weder einen Vorteil aus der Übermittlung der technischen Spezifikationen vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens ziehen noch die Festlegung der technischen Spezifikationen in einem Sinne beeinflussen, der sich später als günstig für ihre Interessen erwiesen hätte. Das gemeinsame Unternehmen hat nämlich unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die von der ENEA vorgeschlagenen technischen Spezifikationen schließlich nicht angenommen worden seien. Es hat außerdem geltend gemacht, insoweit ebenfalls unwidersprochen von der Klägerin, dass die mögliche Vorkenntnis der ENEA aufgrund ihrer Beteiligung zum einen an der Entwicklungsphase der Prototypen im Projekt JT-60SA und zum anderen an der Festlegung der schließlich für dieses Projekt angenommenen technischen Spezifikationen ihr keinen komparativen Vorteil habe verschaffen können, da sich die fraglichen Spezifikationen nur auf die Kalibrierung und Parametrierung der für den Verkabelungs- und Ummantelungsvorgang verwendeten Anlagen und nicht auf die Art dieser Anlagen ausgewirkt habe, während sich die Prüfung der Angebote nur auf die Fähigkeit der Bewerber bezogen habe, über die fraglichen Anlagen zu verfügen und sie zu betreiben. 124 Schließlich kann das Vorbringen der Klägerin, ein Experte der ENEA habe bei einem Besuch der Anlagen von Nexans Korea vertrauliche Informationen erhalten, nicht für die Feststellung einer Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen ausreichen, da die Klägerin nicht näher erläutert hat, inwiefern sich diese Informationen auf die Erstellung dieser Unterlagen hätten auswirken können. 125 Nach alledem konnte die Klägerin nicht dartun, dass die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen unter dem Einfluss oder zum Vorteil der ENEA verfasst wurden und nicht rechtmäßig allen Bietern vorgeschrieben werden konnten. 126 Daraus folgt, dass das Vorbringen, die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen seien wegen eines Interessenkonflikts rechtswidrig gewesen, als unbegründet zurückzuweisen ist. 127 Daher kann die Klägerin nicht beanstanden, dass die Vereinbarkeit des Angebots mit diesen Bedingungen eine notwendige Voraussetzung dafür war, dass es vom gemeinsamen Unternehmen berücksichtigt werden konnte. Folglich ist nunmehr zu prüfen, ob das gemeinsame Unternehmen zu Recht annahm, dass das Angebot diesen Bedingungen nicht entsprochen habe. Zur Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen 128 Die Klägerin macht zur Anfechtung der Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen fünf zusätzliche Rügen geltend. Erstens vertritt sie im Rahmen des vierten Klagegrundes die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Annahme des Mustervertrags und zur Einhaltung des Lieferplans keine „wesentliche Bedingung“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen darstelle. Zweitens wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen des ersten Klagegrundes vor, es habe sie vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung nicht über seine Auslegung informiert, wonach es sich als gehalten angesehen habe, ihr Angebot abzulehnen, da dieses nicht den Anforderungen entsprochen habe. Drittens vertritt sie im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes die Ansicht, die übermäßigen Anforderungen an die Bieter hätten sich negativ auf ihren Angebotspreis ausgewirkt. Viertens beanstandet die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes die Teilnahme eines Mitarbeiters der ENEA am Verfahren der Angebotsprüfung. Fünftens meint die Klägerin schließlich, die ENEA habe vertrauliche Informationen besessen, die sie betroffen hätten. – Zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen 129 Im Rahmen des vierten Klagegrundes vertritt die Klägerin die Auffassung, die von ihr geäußerten Vorbehalte hätten die „allgemeinen Bedingungen“ des Lastenhefts und nicht die „wesentlichen Bedingungen“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen betroffen. Folglich habe das gemeinsame Unternehmen die Ablehnung ihres Angebots rechtsfehlerhaft auf diese Bestimmung gestützt. Nur die in den Ausschreibungsunterlagen als „wesentlich“ bezeichneten Bedingungen könnten zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen führen. Außerdem hätte laut der Klägerin das gemeinsame Unternehmen in Anwendung von Punkt 4.1 des Lastenhefts die Vorbehalte unberücksichtigt lassen können, statt ihr Angebot abzulehnen. 130 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 131 Wie oben in Randnr. 89 ausgeführt, bestimmt Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen: „Angebote, die nicht allen in den Ausschreibungsunterlagen dargelegten wesentlichen Bedingungen oder den in diesen Unterlagen genannten besonderen Bedingungen entsprechen, werden abgelehnt. Der Prüfungsausschuss oder [das gemeinsame Unternehmen] können von den Bietern verlangen, zusätzliche Informationen zu liefern oder die mit ihrem Angebot vorgelegten Unterlagen innerhalb der von ihnen gesetzten Frist zu verdeutlichen.“ 132 Außerdem lautet Punkt 4.1 Unterabs. 1 und 2 des Lastenhefts, wie oben in den Randnrn. 73 und 81 ausgeführt, wie folgt: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen. [Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen.“ 133 Der äußerst formalistischen Auslegung der Klägerin, wonach nur die in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich als „wesentlich“ bezeichneten Bedingungen zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen führen könnten, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr sind diejenigen Bedingungen als „wesentlich“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen, aus denen sich bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen in der Vorstellung eines durchschnittlich aufmerksamen und sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmers klar ergibt, dass sie zwingenden Charakter haben und im Hinblick auf den Gegenstand des in Rede stehenden Auftrags und auf die Ziele, die von den für öffentliche Ausschreibungen geltenden Rechtsvorschriften verfolgt werden, nicht nur von geringfügiger Bedeutung sind. 134 Wie oben in den Randnrn. 72 bis 91 ausgeführt, ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen klar, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans zwingende Bedingungen darstellten, deren Einhaltung erforderlich war, damit die Angebote der Bieter geprüft werden konnten. 135 Außerdem steht fest, dass die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte darauf abzielten, diese Bedingungen in Frage zu stellen, da sie sowohl zahlreiche Klauseln des Mustervertrags als auch den Lieferplan betrafen (siehe oben, Randnr. 17) und sich wesentlich auf den Inhalt des Auftrags selbst, wie auf das Datum des Inkrafttretens, den Lieferplan, die Grundsätze der Preisbestimmung und die Haftung des Vertragspartners, auswirkten. 136 Angesichts der Bedeutung dieser Bedingungen und der Tragweite der Folgen, die mit einem möglichen Verstoß gegen sie eindeutig verbunden waren, sind die Anforderungen, auf die sich die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte bezogen, offensichtlich als „wesentliche Bedingungen“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen anzusehen. Insoweit steht aus den oben in Randnr. 133 angeführten Gründen der Umstand, dass die fraglichen Anforderungen im Lastenheft als „allgemeine Bedingungen“ bezeichnet wurden, dieser rechtlichen Einstufung nicht entgegen. 137 Daher ist das Vorbringen der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe das Angebot nicht rechtmäßig ablehnen können, da Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen, der nur die Ablehnung der Angebote vorgesehen habe, die nicht allen wesentlichen Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen entsprochen hätten, im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei, unbegründet. 138 Die Klägerin trägt jedoch auch vor, dass selbst unter der Annahme, dass die Vorbehalte wesentliche Bedingungen im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen betroffen hätten, das gemeinsame Unternehmen ihr Angebot nicht hätte ablehnen müssen, da es in Anwendung von Art. 4.1 des Lastenhefts hätte entscheiden können, diese Vorbehalte unberücksichtigt zu lassen. 139 Zunächst geht dieses Vorbringen ins Leere, da, wie oben in den Randnrn. 131 bis 137 festgestellt, das Angebot rechtmäßig abgelehnt werden konnte. So kann ein Bieter, der ein Angebot eingereicht hat, das den Anforderungen des Lastenhefts widerspricht, aus Punkt 4.1 des Lastenhefts keinen Anspruch ableiten, dass sein Angebot geprüft werde, und zwar selbst dann nicht, wenn das gemeinsame Unternehmen die vorgeschlagenen Änderungen auch rechtmäßig hätte unberücksichtigt lassen können. Nach Punkt 4.1 Unterabs. 2 des Lastenhefts „[kann das gemeinsame Unternehmen] … jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen“, und außerdem „behält [es] sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen“. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, wie oben in Randnr. 82 festgestellt, dass Punkt 4.1 Unterabs. 2 des Lastenhefts dem gemeinsamen Unternehmen keineswegs die Möglichkeit gibt, allfällige Änderungen des Mustervertrags und des Lieferplans zu berücksichtigen, sondern es nur ermächtigt, allfällige Vorschläge für eine Abweichung unberücksichtigt zu lassen, und ihm ermöglicht, rechtmäßig jedes den Anforderungen widersprechende Angebot abzulehnen. 140 Jedenfalls ist zur Begründetheit dieses Vorbringens darauf hinzuweisen, dass sich die Tragweite der Abweichungen aufgrund der Vorbehalte sowohl von den Bestimmungen des Mustervertrags als auch vom Lieferplan aus dem von der Klägerin eingereichten Angebot selbst ergab und dass die Klägerin selbst, in Beantwortung eines Ersuchens um Klarstellung, das das gemeinsame Unternehmen an sie gerichtet hatte (siehe oben, Randnr. 18), zumindest zweimal schriftlich bestätigte (siehe oben, Randnrn. 21 und 23), dass sie ihren Vorbehalten Vertragscharakter geben wolle. Unter Berücksichtigung dieser Klarstellungen konnte das gemeinsame Unternehmen nicht mehr entscheiden, die Vorbehalte unberücksichtigt zu lassen, ohne das Angebot zu verfälschen und ohne im Übrigen gegen den Grundsatz der Gleichheit der Bieter zu verstoßen, der in einem offenen Verfahren verlangt, dass die vorgelegten Angebote wörtlich genommen und vom öffentlichen Auftraggeber nicht frei uminterpretiert werden. 141 Daher konnte das gemeinsame Unternehmen die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte nicht außer Betracht lassen und war gehalten, das Angebot auf der Grundlage von Punkt 4.1 des Lastenhefts in Verbindung mit Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen abzulehnen, ohne seine Vorzüge zu prüfen. 142 Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe die Ablehnungsentscheidung nicht erlassen können, ohne gegen Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen zu verstoßen, als teilweise ins Leere gehend und im Übrigen jedenfalls unbegründet zurückzuweisen ist. – Zur Rüge, das gemeinsame Unternehmen habe die Klägerin weder über seine Auslegung der Tragweite von Punkt 4.1 des Lastenhefts noch über seine Absicht informiert, das Angebot auf der Grundlage von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen abzulehnen 143 Im Rahmen des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen vor, sie vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung nicht über seine Auslegung informiert zu haben, wonach es sich als verpflichtet angesehen habe, ihr Angebot abzulehnen, da es nicht den Anforderungen entsprochen habe. Das Schweigen des gemeinsamen Unternehmens zu diesem Punkt habe sie daran gehindert, ihr Angebot anzupassen, den Inhalt des Lastenhefts anzufechten oder vor der Zustellung der Vergabeentscheidung eine Verwaltungsbeschwerde oder Klage einzureichen. 144 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 145 Zum einen ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht nicht zutrifft, da das gemeinsame Unternehmen die Klägerin in dem an sie gerichteten Ersuchen um Klarstellung (siehe oben, Randnr. 18) darauf hingewiesen hat, dass „[w]enn [s]ie nicht bestätig[t], dass [s]ie die Vertragsbestimmungen akzeptier[t], … [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt [wird]“. 146 Zum anderen ist ergänzend festzustellen, dass dieses Argument ins Leere geht, da keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz dem öffentlichen Auftraggeber in einem offenen Verfahren vorschreibt, einen Bieter darauf hinzuweisen, dass sein Angebot nicht mit den Anforderungen des Lastenhefts vereinbar sei. Selbst wenn somit das gemeinsame Unternehmen die Klägerin nicht darauf hingewiesen hätte, dass seines Erachtens die Vorbehalte dazu führen, dass das Angebot den Bedingungen widerspreche, hätte das Schweigen zu diesem Punkt keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung gehabt. 147 Daher ist die Rüge der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe es unterlassen, sie darauf hinzuweisen, dass das Angebot aufgrund der Vorbehalte abgelehnt werden könne, als in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffend und im Übrigen ins Leere gehend zurückzuweisen. – Zur Rüge, unverhältnismäßige Ausschreibungsbedingungen hätten die Qualität des Angebots vermindert 148 Im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes vertritt die Klägerin die Auffassung, die übermäßigen Anforderungen an die Bieter hätten eine negative Auswirkung auf ihren Angebotspreis gehabt, da die Produktionskosten auf ungerechtfertigte Weise erhöht worden seien. 149 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 150 Da das Angebot ohne Prüfung abgelehnt wurde, greift das vorliegende Argument nicht durch und muss zurückgewiesen werden. Der Angebotspreis und seine anderen Merkmale hatten nämlich auf seine Ablehnung keine Auswirkung. 151 In Bezug auf die Begründetheit dieses Arguments wurde jedenfalls die Unverhältnismäßigkeit der den Bietern vom gemeinsamen Unternehmen vorgeschriebenen Anforderungen nicht nachgewiesen. 152 Zum einen konnte die Klägerin aus den oben in den Randnrn. 96 bis 108 dargelegten Gründen nicht nachweisen, dass der Lieferplan nicht objektiv gerechtfertigt war. 153 Zum anderen hat die Klägerin die Gründe nicht dargelegt, aus denen sie die anderen Anforderungen als den Lieferplan, auf die sich die von ihr geäußerten Vorbehalte beziehen, für unverhältnismäßig hält. 154 Daraus folgt, dass der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht dargetan worden ist. Folglich kann die Klägerin nicht beanstanden, dass diese Anforderungen eine Auswirkung auf die Qualität des Angebots hatten. 155 Vor diesem Hintergrund ist die Rüge der Klägerin, unverhältnismäßige Ausschreibungsbedingungen hätten die Qualität des Angebots vermindert, als ins Leere gehend zurückzuweisen und im Übrigen jedenfalls unbegründet. – Zu den Folgen der Teilnahme von Bediensteten der ENEA am Angebotsprüfungsverfahren 156 Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes beanstandet die Klägerin die Teilnahme eines Bediensteten der ENEA am Angebotsprüfungsverfahren. Herr M. hätte nämlich somit als Mitglied des Exekutivausschusses beim Ausschluss des Angebots eine entscheidende Rolle spielen können. 157 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 158 Aus denselben Gründen wie den oben in den Randnrn. 120 und 121 angeführten hängt die Begründetheit des Vorbringens der Klägerin, die Bediensteten der ENEA hätten ihre Mitgliedschaft im Vorstand und im Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens nutzen können, um den Erlass der Ablehnungsentscheidung zu beeinflussen, von der Rolle ab, die diese Organe beim Erlass dieser Entscheidung tatsächlich spielten. 159 Aus den Erklärungen des gemeinsamen Unternehmens, die die Klägerin nicht bestritten hat, ergibt sich jedoch, dass die von der Klägerin und dem ICAS-Konsortium eingereichten Angebote von einem Prüfungsausschuss geprüft wurden, der vorschlug, das Angebot wegen seiner Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen abzulehnen. Außerdem steht fest, dass kein Bediensteter der ENEA diesem Ausschuss angehörte. 160 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedschaft eines Bediensteten der ENEA im Vorstand keine Auswirkung auf den Erlass der Ablehnungsentscheidung haben konnte, da die Klägerin nicht bestreitet, dass sich dieses Organ an keiner Phase des Verfahrens der Auswahl der Angebote beteiligte. 161 Gleiches gilt für die Mitgliedschaft von Herrn M. im Exekutivausschuss, obwohl dieses Organ vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen zu Rate gezogen wurde. 162 Es ergibt sich nämlich aus Art. 124 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen, dass sich die Befugnisse des Exekutivausschusses auf die Billigung der Ergebnisse der Prüfung durch den Auswahlausschuss und insbesondere auf die Bestätigung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens beschränken. Außerdem ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich der Exekutivausschuss in Bezug auf das Angebot darauf beschränkt hat, die Erklärungen des Prüfungsausschusses zu billigen, wonach dieses nicht mit Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen vereinbar war. Das gemeinsame Unternehmen war jedoch, wie oben in den Randnrn. 131 bis 141 festgestellt wurde, gehalten, das Angebot abzulehnen, da es nicht den Anforderungen entsprach. Daher hatte unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Tätigkeit des Exekutivausschusses keine Auswirkung auf den Inhalt der Entscheidung, die das gemeinsame Unternehmen in Bezug auf das Angebot zu treffen hatte. Unter diesen Umständen liegt der von der Klägerin behauptete Interessenkonflikt hinsichtlich der Teilnahme eines Mitglieds der ENEA an der Sitzung des Exekutivausschusses, in der der ordnungsgemäße Ablauf des Prüfungsverfahrens bestätigt wurde, nicht vor, ohne dass die Begründetheit der vom gemeinsamen Unternehmen vorgetragenen Rechtfertigungsgründe betreffend die Passivität dieses Mitglieds bei der in Rede stehenden Sitzung geprüft zu werden brauchte. 163 Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerin betreffend das Vorliegen eines Interessenkonflikts aufgrund der Teilnahme eines Bediensteten der ENEA an der Sitzung, in der der Exekutivausschuss über den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens der Angebotsprüfung entschied, als unbegründet zurückzuweisen ist. – Zur Behauptung, die ENEA habe vertrauliche Informationen besessen, die die Klägerin betroffen hätten 164 Zum Vorbringen der Klägerin, ein Mitarbeiter der ENEA habe im Rahmen einer Dienstreise für die Internationale ITER-Organisation möglicherweise Zugang zu Informationen über eine Gesellschaft der Nexans Gruppe in Korea gehabt, genügt der Hinweis, dass dieser Umstand, sein Vorliegen einmal unterstellt, keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Gründe haben konnte, auf die die Ablehnungsentscheidung gestützt ist, und dass folglich diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen ist. 165 Nach alledem kann die Klägerin, vorbehaltlich der nun vorzunehmenden Prüfung des Vorbringens zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, die Ablehnung ihres Angebots durch das gemeinsame Unternehmen nicht beanstanden. Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes 166 Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend. Das gemeinsame Unternehmen habe gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem es ihr mehrmals zugesichert habe, dass es ihr Angebot nicht ablehnen werde. 167 Dazu beruft sich die Klägerin auf Punkt 4.1 des Lastenhefts, das Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18), auf Zusicherungen, die ihr während des Gesprächs vom 25. März 2010 gemacht worden seien (siehe oben, Randnr. 24), das Schreiben vom 13. April 2010 (siehe oben, Randnr. 25) sowie schließlich auf die Tatsache, dass das gemeinsame Unternehmen absichtlich „zwischen November 2009 und Mai 2010 eine unklare Situation geschaffen hat, indem es die Zulässigkeit ihres Angebots im Zweifel gelassen hat“. 168 Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 169 Eine Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist möglich, wenn die Unionsverwaltung dem Betroffenen von zuständiger und zuverlässiger Seite präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen macht, diese Zusicherungen außerdem geeignet sind, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken und sie den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteile des Gerichts vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission, T-271/04, Slg. 2007, II-1375, Randnrn. 108 und 138, und vom 4. Februar 2009, Omya/Kommission, T-145/06, Slg. 2009, II-145, Randnr. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). 170 Keine der Stellungnahmen, die die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen zurechnet, erfüllt die oben angeführten Anforderungen. 171 Zunächst kann, wie festgestellt wurde, Punkt 4.1 des Lastenhefts das Vorbringen der Klägerin nicht stützen, da er klar darauf hinweist, dass die Einhaltung des Mustervertrags und des Lieferplans ohne Abweichung eine Bedingung für die Vereinbarkeit der Angebote mit dem Auftragsgegenstand darstellt. Derselbe Punkt verweist außerdem klar auf die Möglichkeit des gemeinsamen Unternehmens, jeden Vorbehalt unberücksichtigt zu lassen und Angebote, die nicht den Anforderungen entsprechen, abzulehnen. Daher entbehrt das Vorbringen der Klägerin, Punkt 4.1 des Lastenhefts stelle eine präzise Zusicherung dar, dass das Angebot trotz der Vorbehalte geprüft werde, der Grundlage. 172 Sodann wurde die Klägerin im Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18) klar darauf hingewiesen, dass das Angebot abgelehnt werden könnte, es sei denn die Vorbehalte hätten keinerlei Vertragscharakter. Ein solcher Hinweis stellt offensichtlich keine präzise Zusicherung dar, dass das Angebot trotz der Vorbehalte geprüft werde. 173 Ferner erbringt die Klägerin keinen Beweis dafür, dass ihr solche Zusicherungen während des Gesprächs vom 25. März 2010 gemacht wurden. Das gemeinsame Unternehmen bestreitet seinerseits die Behauptungen der Klägerin nachdrücklich, indem es umfassende Zeugenaussagen seiner Mitarbeiter vorlegt. Unter diesen Umständen hat die Klägerin die ihr im vorliegenden Fall obliegende Beweisführungspflicht nicht erfüllt. 174 Außerdem enthielt auch das Schreiben vom 13. April 2010 keine Zusicherung, aufgrund derer sich die Klägerin erhoffen konnte, dass ihr Angebot geprüft würde. In diesem Schreiben (siehe oben, Randnr. 25) wurde nämlich gegenüber der Klägerin nur klargestellt, dass das Prüfungsverfahren gerade im Gange sei, das gemeinsame Unternehmen bis zu seinem Abschluss keine Informationen zum Verfahren preisgeben könne und die Klägerin die von ihr verlangten Klarstellungen vorgenommen habe. Die Klarstellungen, auf die sich dieses Schreiben bezieht, sind nämlich die, die die Klägerin in Beantwortung des ihr übermittelten Klarstellungsersuchens abgegeben hatte und die die Frage betrafen, ob die im Angebot geäußerten Vorbehalte unberücksichtigt gelassen werden konnten oder nicht (siehe oben, Randnrn. 18 bis 21). 175 Schließlich erfüllte selbst unter der Annahme, dass, wie die Klägerin vorbringt, das gemeinsame Unternehmen „zwischen November 2009 und Mai 2010 eine unklare Situation geschaffen hat, indem es die Zulässigkeit ihres Angebots im Zweifel gelassen hat“, was im Übrigen nach allen vorangehenden Feststellungen widerlegt ist, dieser Umstand jedenfalls nicht die Anforderungen der oben in Randnr. 169 angeführten Rechtsprechung, nach der es erforderlich ist, dass präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen gemacht werden. 176 Daher entbehrt das Vorbringen der Klägerin, die Ablehnungsentscheidung sei unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes erlassen worden, der Grundlage. 177 Folglich ist nach alledem der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung 178 Aus den oben in den Randnrn. 54 bis 58 dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Zurückweisung des Antrags auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung zur Folge hat, dass die Klägerin den Nachweis schuldig geblieben ist, dass sie von der Vergabeentscheidung unmittelbar betroffen ist. Daraus folgt, dass die Klägerin keine Klagebefugnis gegen diese Entscheidung hat und die Anträge auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung als unzulässig zurückzuweisen sind. 2. Zum Antrag auf Schadensersatz 179 Nach Art. 9 Abs. 2 der Entscheidung 2007/198 ersetzt das gemeinsame Unternehmen im Bereich der außervertraglichen Haftung die von seinen Bediensteten in Ausübung ihrer Tätigkeit verursachten Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Insoweit hängt die außervertragliche Haftung des gemeinsamen Unternehmens vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. entsprechend, zur Haftung der Union und der Euratom, Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, und vom 27. März 1990, Grifoni/Kommission, C-308/87, Slg. 1990, I-1203, Randnr. 6; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T-175/94, Slg. 1996, II-729, Randnr. 44). 180 Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag auf Schadensersatz insgesamt zurückzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C-146/91, Slg. 1994, I-4199, Randnrn. 19 und 81, und Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2002, Förde-Reederei/Rat und Kommission, T-170/00, Slg. 2002, II-515, Randnr. 37). 181 Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung stützt die Klägerin ihren Antrag auf Schadensersatz auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen. 182 Aus der Prüfung der Anträge der Klägerin auf Nichtigerklärung ergibt sich jedoch, dass ihr Vorbringen, die Ablehnungsentscheidung sei rechtswidrig, unbegründet ist. Der vorliegende Antrag auf Schadensersatz ist daher zurückzuweisen, soweit er sich auf die behaupteten Rechtsfehler in der Ablehnungsentscheidung stützt. 183 Zum Umfang der Haftung des gemeinsamen Unternehmens, die sich aus der Vergabeentscheidung ergeben könnte, deren Rechtmäßigkeit im Rahmen der Prüfung der Anträge der Klägerin auf Nichtigerklärung nicht beurteilt wurde, ist zunächst zu prüfen, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Schädigung der Klägerin und dieser Entscheidung festgestellt werden kann, ob die Schädigung nachgewiesen wurde und ob der Schaden ersatzfähig ist. 184 Der erste Schaden, auf den sich die Klägerin beruft, besteht in den Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren. Aus der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung ergibt sich jedoch, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hatte, den Auftrag zu erhalten, da das Angebot ohne Prüfung abgelehnt werden musste. Die Ausgaben der Klägerin für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren haben daher unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Vergabeentscheidung zu ihren Lasten zu gehen, da sie sich selbst in eine Lage brachte, in der ausgeschlossen war, dass sie den Auftrag erhalten konnte. Unter diesen Umständen ist der Kausalzusammenhang zwischen dem ersten behaupteten Schaden und der Vergabeentscheidung nicht nachgewiesen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass dieser Schaden nicht ersatzfähig ist, da nach Punkt 4.1 des Lastenhefts „Ausgaben für die Vorbereitung und Einreichung des Angebots … [vom gemeinsamen Unternehmen] nicht erstattet [werden]“. 185 Der zweite behauptete Schaden besteht in den Kosten, die der Klägerin für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen entstanden sind. Insoweit kann dem Antrag auf Ersatz des zweiten Schadens nicht stattgegeben werden, ohne der Klägerin aus demselben Grund zweimal Schadensersatz zu gewähren, da die Klägerin die Verurteilung des gemeinsamen Unternehmens zu den Kosten beantragt. Selbst wenn man unterstellt, die Vergabeentscheidung sei rechtswidrig, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass festgestellt wurde, dass der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung unzulässig war und unter diesen Umständen die Kosten, die sie zu diesem Zweck aufgewendet haben soll, keinen ersatzfähigen Schaden darstellen können. 186 Der dritte und der vierte behauptete Schaden betreffen den Verlust der Chance, den Auftrag zu erhalten, und den Verlust des Wettbewerbsvorteils, den die Auftragserteilung der Klägerin verschafft hätte. Dazu ergibt sich aus der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung, dass die Klägerin keine Chance hatte, den Auftrag zu erhalten. Es besteht daher kein Kausalzusammenhang zwischen der Vergabeentscheidung und dem behaupteten Verlust der Chance und des Wettbewerbsvorteils. 187 Daraus folgt, dass für jeden der von der Klägerin behaupteten Schäden zumindest eine der nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen fehlt, der Antrag auf Schadensersatz daher zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen ist. 3. Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen 188 Die Klägerin hat beantragt, dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Vorlage des technischen und kaufmännischen Angebots des ICAS-Konsortiums und des mit diesem Konsortium am 9. Dezember 2010 geschlossenen Vertrags, allenfalls in nicht vertraulicher Fassung, aufzugeben. 189 Das gemeinsame Unternehmen hat eine nicht vertrauliche Fassung des Vertrags sowie den in Anhang B des Vertrags enthaltenen Lieferplan vorgelegt, tritt dem Antrag jedoch im Übrigen entgegen. 190 Da der vom ICAS-Konsortium geschlossene Vertrag vorgelegt wurde und die Klägerin den Umfang der vom gemeinsamen Unternehmen auferlegten Vertraulichkeit nicht gerügt hat, ist über den Antrag auf prozessleitende Maßnahmen betreffend dieses Dokument nicht mehr zu entscheiden. 191 Da das Angebot des ICAS-Konsortiums zur Lösung des vorliegenden Rechtsstreits nichts beitragen kann, da es keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung hat, ist der auf seine Vorlage abzielende Antrag auf prozessleitende Maßnahmen zurückzuweisen. Kosten 192 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des gemeinsamen Unternehmens die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Nexans France trägt die Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten. Azizi Frimodt Nielsen Kancheva Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. März 2013. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits 1. Darstellung des gemeinsamen Unternehmens 2. Vergabeverfahren Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit der Anträge auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit des zweiten Antrags der Klägerin Zur Klagebefugnis der Klägerin gegen die Vergabeentscheidung Zur Begründetheit des Antrags auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung Vorbemerkungen Zur Rechtmäßigkeit der Ausschreibungsunterlagen – Zur Bestimmtheit der für das Ausschreibungsverfahren geltenden Regeln – Zur Rechtfertigung der durch den Lieferplan vorgeschriebenen Fristen – Zum Vorliegen eines der Festlegung der den Bietern vorgeschriebenen Bedingungen anhaftenden Interessenkonflikts Zur Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen – Zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen – Zur Rüge, das gemeinsame Unternehmen habe die Klägerin weder über seine Auslegung der Tragweite von Punkt 4.1 des Lastenhefts noch über seine Absicht informiert, das Angebot auf der Grundlage von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen abzulehnen – Zur Rüge, unverhältnismäßige Ausschreibungsbedingungen hätten die Qualität des Angebots vermindert – Zu den Folgen der Teilnahme von Bediensteten der ENEA am Angebotsprüfungsverfahren – Zur Behauptung, die ENEA habe vertrauliche Informationen besessen, die die Klägerin betroffen hätten Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung 2. Zum Antrag auf Schadensersatz 3. Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen Kosten (*1) Verfahrenssprache: Französisch. Parteien Entscheidungsgründe Tenor Parteien In der Rechtssache T-415/10 Nexans France mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-P. Tran Thiet, J.-F. Le Corre und M. Pigeat, Klägerin, gegen Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie mit Sitz in Barcelona (Spanien), vertreten durch A. Verpont als Bevollmächtigten im Beistand von C. Kennedy-Loest und C. Thomas, Solicitors, Rechtsanwälte J. Derenne und N. Pourbaix sowie M. Farley, Solicitor, Beklagter, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung, das Angebot der Klägerin abzulehnen, und der Entscheidung, den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, sowie auf Schadensersatz erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie des Richters S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter) und der Richterin M. Kancheva, Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2012 folgendes Urteil Entscheidungsgründe Vorgeschichte des Rechtsstreits 1. Darstellung des gemeinsamen Unternehmens 1. Am 21. November 2006 schlossen die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom), die Volksrepublik China, die Republik Indien, Japan, die Republik Korea, die Russische Föderation und die Vereinigten Staaten von Amerika das Übereinkommen über die Gründung der Internationalen ITER-Fusionsenergieorganisation für die gemeinsame Durchführung des ITER-Projekts (ABl. 2006, L 358, S. 62). 2. Mit der Entscheidung 2007/198/Euratom vom 27. März 2007 über die Errichtung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür (ABl. L 90, S. 58) schuf der Rat der Europäischen Union ein gemeinsames Unternehmen im Sinne von Art. 45 EA, genannt „Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie (Fusion for Energy)“ (im Folgenden: gemeinsames Unternehmen). 3. Nach Art. 1 der Entscheidung 2007/198 hat das gemeinsame Unternehmen folgende Aufgaben: Leistung des Beitrags der Euratom an die Internationale ITER-Fusionsenergieorganisation (Art. 1 Abs. 2 Buchst. a), Leistung des Euratom-Beitrags zu gemeinsamen Tätigkeiten mit Japan im Rahmen des „breiter angelegten Konzepts“ zur schnellen Nutzung der Fusionsenergie (Art. 1 Abs. 2 Buchst. b) sowie Vorbereitung und Koordinierung eines Maßnahmenprogramms in Vorbereitung des Baus eines Fusionsreaktors zu Demonstrationszwecken mit den zugehörigen Einrichtungen (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c). Zu den Aufgaben des gemeinsamen Unternehmens gehört insbesondere die Durchführung, auf Antrag der Internationalen ITER-Organisation, von Vergabeverfahren für die Bereitstellung der für den europäischen Beitrag zum ITER-Projekt erforderlichen Ausrüstung und Dienstleistungen sowie die Lieferung bestimmter Bauteile für den japanischen Versuchsreaktor für die Kernfusion JT-60SA im Rahmen eines besonderen Übereinkommens zwischen der Euratom und Japan (im Folgenden: JT-60SA-Projekt). 4. Nach Art. 5 der Entscheidung 2007/198 hat das gemeinsame Unternehmen eine eigene Finanzordnung, die auf den Grundsätzen der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) beruht, von der es aber vorbehaltlich einer vorherigen Konsultation mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften abweichen kann, sofern dies aufgrund besonderer betrieblicher Erfordernisse des gemeinsamen Unternehmens erforderlich ist. 5. Mit zwei Entscheidungen vom 22. Oktober 2007, geändert am 18. Dezember 2007, erließ der Vorstand des gemeinsamen Unternehmens seine Finanzordnung (im Folgenden: Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens) samt Durchführungsbestimmungen (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). 2. Vergabeverfahren 6. In den Jahren 2007, 2008 und 2009 schloss das gemeinsame Unternehmen Lieferverträge mit der Internationalen ITER-Organisation. Gemäß diesen Verträgen verpflichtete sich das gemeinsame Unternehmen u. a. zur Lieferung bestimmter für die Entwicklung der Projekte ITER und JT-60SA erforderlicher Supraleiter. 7. Gleichzeitig mit diesen Verträgen schloss das gemeinsame Unternehmen mit der am ITER-Projekt teilnehmenden russischen Mitgliedsstelle einen Vertrag über die Durchführung der Käufe, nach dessen Bestimmungen die russische Mitgliedsstelle die für die Herstellung von Supraleitern für poloidale Feldspulen (im Folgenden: PF-Leiter) erforderlichen Kabel zu liefern hatte, die Gegenstand des Beitrags des gemeinsamen Unternehmens zum ITER-Projekt sein sollten, während das gemeinsame Unternehmen die Ummantelung der PF-Leiter übernehmen würde, die Gegenstand des russischen Beitrags zum ITER-Projekt sein sollten. 8. Am 6. August 2009 veröffentlichte das gemeinsame Unternehmen die Bekanntmachung F4E-2009-OPE-018 über die Vergabe eines Lieferauftrags im Rahmen eines offenen Verfahrens (im Folgenden: Auftrag) betreffend den Kauf zum einen von PF-Leitern und zum anderen von Supraleitern für toroidale Feldspulen (im Folgenden: TF-Leiter) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2009/S 149-218279). 9. Gegenstand des Auftrags war erstens die Verkabelung und Ummantelung der TF-Leiter, die von der Euratom an das ITER-Projekt geliefert werden sollten, zweitens die Ummantelung der PF-Leiter, die von der Euratom und der Russischen Föderation an das ITER-Projekt geliefert werden sollten, und drittens die Verkabelung und Ummantelung derjenigen TF-Leiter, die von der Französischen Republik und der Italienischen Republik für die Euratom an das Projekt JT-60SA geliefert werden sollten. 10. Nach der Auftragsbekanntmachung handelte es sich um ein offenes Verfahren, das der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens sowie den Durchführungsbestimmungen unterlag. 11. Die Ausschreibungsunterlagen umfassten ein Lastenheft und 18 Anhänge, darunter die „Verwaltungsspezifikationen“ (Anhang A, im Folgenden: Verwaltungsspezifikationen), die „technischen Spezifikationen für die Lieferung von TF- und PF-Leitern“ (Anhang B, im Folgenden: technische Spezifikationen) und ein Vertragsmuster (Anhang 1, im Folgenden: Mustervertrag). Die technischen Spezifikationen umfassten u. a. einen Lieferplan. 12. Nach Punkt 3.1 des Lastenhefts waren die verschiedenen Leiter, die Gegenstand der Auftrags waren, gemäß dem in Abschnitt 3 der technischen Spezifikationen angeführten Zeitplan zu liefern. Nach Punkt 3.2 des Lastenhefts mussten die Lieferungen den Bestimmungen des Mustervertrags, den Verwaltungsspezifikationen und den technischen Spezifikationen entsprechen. 13. Punkt 4.1 („Allgemeine Geschäftsbedingungen“) des Lastenhefts lautete wie folgt: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen. [Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen. Dieser Abschnitt definiert die Voraussetzungen, die für die Abgabe der Angebote gelten, d. h. die Voraussetzungen, die die Bieter bei der Vorbereitung und der Einreichung ihres Angebots zu erfüllen haben, um die Annahme dieser Angebote zu ermöglichen und ein gutes Verständnis und eine richtige Beurteilung der übermittelten Informationen durch die Bewerter zu erleichtern. Die Angebote haben deutlich und knapp gefasst zu sein. Sie müssen gut lesbar sein und keinen Zweifel über den Sinn der Begriffe und der Zahlenangaben zulassen. Da die Bieter ausschließlich aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden, müssen sie klar erkennen lassen, dass sie in der Lage sind, den in den [technischen Spezifikationen] und den [Verwaltungsspezifikationen] enthaltenen Anforderungen zu genügen und die geforderten Arbeiten ausführen zu können. … Die Angebote haben gemäß dem vorliegenden Lastenheft verfasst zu sein und die Formulare im Anhang zu verwenden. Die Angebote müssen von dem oder den berechtigten Vertretern des Bieters unterschrieben sein. Ausgaben für die Vorbereitung und Einreichung des Angebots werden [vom gemeinsamen Unternehmen] nicht erstattet. Es werden keine Auskünfte zum Stand der Angebotsbewertung erteilt. Die Erfüllung der Ausschreibungsbedingungen und/oder die Einleitung eines Ausschreibungsverfahrens verpflichtet [das gemeinsame Unternehmen] nicht zur Auftragsvergabe. [Das gemeinsame Unternehmen] ist nicht verpflichtet, Bieter, die nicht berücksichtigt wurden, zu entschädigen, selbst wenn es entscheiden sollte, den Auftrag nicht zu vergeben.“ 14. Punkt 6 („Vertragliche Bestimmungen“) des Lastenhefts stellte außerdem klar, dass für das Verfahren der in Anhang 1 enthaltene Mustervertrag galt und dessen Bestimmungen Bestandteil des Lastenhefts waren. 15. Punkt 13.1.1 des Lastenhefts sah vor, dass die in den Angeboten enthaltenen technischen Informationen den Verwaltungsspezifikationen und den technischen Spezifikationen entsprechen mussten. In diesem Punkt wurde außerdem auf Folgendes hingewiesen: „Hinsichtlich der oben genannten Unterlagen führt das vollständige oder teilweise Fehlen wesentlicher Angaben oder die Unvereinbarkeit des Angebots mit den Mindestanforderungen der [Verwaltungsspezifikationen] und der [technischen Spezifikationen] zur Ablehnung des Angebots. Der Bieter wird daher aufgefordert, die fraglichen Spezifikationen genau zu lesen, in seinem Angebot alle erforderlichen Angaben zu machen und alle zusätzlichen Umstände anzugeben, die die Prüfung des Angebots durch das [gemeinsame Unternehmen] erleichtern können.“ 16. Nach Punkt 3 der technischen Spezifikationen bestimmte ein Lieferplan, in Monaten nach Inkrafttreten des Mustervertrags, den Zeitpunkt, zu dem die verschiedenen Arten von Leitern vom Vertragspartner an das gemeinsame Unternehmen geliefert werden mussten. 17. Die Klägerin, Nexans France, reichte am 23. Oktober 2009 ein Angebot (im Folgenden: Angebot) ein. Dieses umfasste einen Anhang C 1 („Liste der wichtigsten Änderungen des Mustervertrags, die zur Neuformulierung bestimmter Klauseln führen“), in dem mehrere Änderungen des Mustervertrags (im Folgenden: Vorbehalte) vorgeschlagen wurden. Die Vorbehalte betrafen insbesondere folgende Vertragsbestimmungen: Erstens wollte die Klägerin das Inkrafttreten des Vertrags von der Leistung einer Vorauszahlung durch das gemeinsame Unternehmen sowie von der Erteilung einer Baugenehmigung für ihr Werk in Cortaillod (Schweiz) abhängig machen; zweitens wollte die Klägerin jede Haftung bei Problemen ausschließen, die auf das vom gemeinsamen Unternehmen festgelegte Design der Kabel zurückzuführen waren oder die durch vom gemeinsamen Unternehmen gelieferte Zwischenprodukte oder von der Klägerin selbst hergestellte, aber vom gemeinsamen Unternehmen bearbeitete Produkte verursacht wurden; drittens wollte die Klägerin den Lieferplan in Frage stellen; sie legte einen anderen Plan vor, nach dem die erste Lieferung um zwölf Monate und die letzte Lieferung um einen Monat verschoben werden sollte, d. h. die letzte vertragliche Lieferung sollte nach 55 statt 54 Monaten erfolgen; viertens verlangte die Klägerin, dass die Vertragsstrafen bei Nichterfüllung auf der Grundlage des Wertes der nicht rechtzeitig gelieferten Produkte und nicht des gesamten Auftragswerts berechnet würden und die Höhe der Vertragsstrafe 1 % pro Woche bis zu einer Obergrenze von 15 % der nicht rechtzeitig gelieferten Produkte und 10 % des gesamten Auftragswerts betrage; fünftens wollte die Klägerin die Vertragsbestimmungen über das Verschieben von Lieferterminen, die Teilzahlungsregelung, die Garantiedauer für ihre Produkte, den Höchstbetrag ihrer Haftung und den Fixpreisgrundsatz in Frage stellen; sechstens forderte die Klägerin das Recht, im Fall technischer Schwierigkeiten kostenlos Zugang zu einer neuen Technologie zu erhalten, die ihr das gemeinsame Unternehmen zur Verfügung stellen sollte, anderenfalls das Recht zur einseitigen Auflösung des Vertrags; siebtens wollte die Klägerin weiter gehende Rechte des geistigen Eigentums zuerkannt haben als die nach dem Mustervertrag vorgesehenen; achtens wollte die Klägerin, dass ihr ein einseitiges entschädigungsloses Auflösungsrecht für den Fall zuerkannt wird, dass das gemeinsame Unternehmen Zahlungen nicht fristgerecht leistet, ihre Zahlungsanforderungen bestreitet oder sie nicht in der Lage ist, die angeforderten Leiter gemäß den technischen Spezifikationen des gemeinsamen Unternehmens herzustellen; schließlich äußerte die Klägerin neuntens einen Vorbehalt zu Art. II.26 des Mustervertrags, dessen Wortlaut unvollständig ist. 18. Mit Schreiben vom 19. November 2009 forderte ein Mitglied der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens, Frau R., die Klägerin auf, Klarstellungen zum Angebot zu machen. Frau R. wies die Klägerin auf Punkt 4.1 des Lastenhefts hin (siehe oben, Randnr. 13) und forderte sie außerdem auf, ein unterschriebenes Exemplar des Mustervertrags vorzulegen und die Annahme aller Vertragsbestimmungen zu bestätigen. Punkt A dieses Schreibens schloss mit den folgenden zwei Absätzen: „Können Sie bestätigen, dass Sie die Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge akzeptieren? Wenn dies der Fall ist, können Sie bestätigen, dass die [Vorbehalte] bloße Hinweise und keine Vertragsbestimmungen sind? Können Sie ein auf jeder Seite paraphiertes und von einer dazu berechtigten Person Ihres Unternehmens unterzeichnetes Exemplar des Mustervertrags übermitteln? Wenn Sie nicht bestätigen, dass Sie die Vertragsbestimmungen akzeptieren, wird [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt.“ 19. Im Originalschreiben an die Klägerin waren die Worte „ohne weitere Prüfung abgelehnt“ unterstrichen. 20. Das Schreiben von Frau R. umfasste auch einen Punkt B („Ausschlusskriterien“) und einen Punkt C („Technische und fachliche Leistungsfähigkeit“). Die Fragen in diesen beiden Punkten des Schreibens wurden durch folgende fett gedruckte Passage eingeleitet: „Vorbehaltlich der Bestätigung, dass Sie die Vertragsbestimmungen wie oben ausgeführt akzeptieren, beantworten Sie bitte folgende Fragen …“ 21. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin, Herr B., antwortete darauf mit Schreiben vom 26. November 2009. Darin vertrat er die Auffassung, dass die Vorbehalte zu berücksichtigen seien und als Grundlage für die Verhandlungen zwischen der Klägerin und dem gemeinsamen Unternehmen zu dienen hätten, da die finanziellen Bedingungen des Angebots nach Maßgabe dieser Vorbehalte festgelegt worden seien. Er habe einem am 23. November 2009 geführten Telefongespräch entnommen, dass das gemeinsame Unternehmen die Annahme des Mustervertrags als Vorbedingung für die Prüfung des Angebots ansehe. Punkt 4.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnr. 13) enthalte jedoch keine zwingende Regelung, sondern räume dem gemeinsamen Unternehmen einen Ermessensspielraum ein. Er fordere dieses daher auf, seine Auslegung von Punkt 4.1 des Lastenhefts zu überdenken und das Angebot unter Berücksichtigung der Vorbehalte anzunehmen. Außerdem nannte er die Gründe, die das Äußern dieser Vorbehalte rechtfertigten. Dem Schreiben waren auch die Antworten der Klägerin auf die Fragen in den Punkten B und C des Schreibens vom 19. November 2009 beigefügt (siehe oben, Randnr. 20). 22. Während und nach diesem Schriftwechsel fanden telefonische Kontakte zwischen der Klägerin und dem gemeinsamen Unternehmen statt. 23. Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 wiederholte der Vorstandsvorsitzende der Klägerin, Herr V., die Vorbehalte und forderte das gemeinsame Unternehmen auf, zu ihnen Stellung zu nehmen. Außerdem wies der Vorstandsvorsitzende der Klägerin in diesem Schreiben das gemeinsame Unternehmen auf einen möglichen Interessenkonflikt hin, in dem sich einer ihrer Wettbewerber befinde. 24. In einem Gespräch mit dem gemeinsamen Unternehmen am 25. März 2010 erläuterte die Klägerin erneut ihren Standpunkt. 25. Mit Schreiben vom 13. April 2010 antwortete der Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens auf die Schreiben vom 26. November 2009 (siehe oben, Randnr. 21) und vom 26. Februar 2010 (siehe oben, Randnr. 23). Der Leiter der Beschaffungsabteilung des gemeinsamen Unternehmens wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass dieses die Behauptungen der Klägerin zum Vorliegen eines Interessenkonflikts berücksichtigen werde. Dieses Schreiben umfasste auch folgenden Abschnitt: „Zur Ausschreibung, auf die Sie sich beziehen …, beachten Sie bitte, dass die Prüfung derzeit im Gange ist und folglich das [gemeinsame Unternehmen] insoweit keine weiteren Informationen preisgeben kann. Wir sind jedoch überzeugt, dass durch die Korrespondenz zwischen der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des [gemeinsamen Unternehmens] und Nexans die allgemeinen Geschäftsbedingungen und die für Vergabeverfahren geltenden Grenzen klargestellt werden konnten. Dazu müssen wir in Beantwortung Ihres Schreibens vom 26. November 2009 betonen, dass dieses Schreiben von Nexans als Antwort auf ein Klarstellungsersuchen des [gemeinsamen Unternehmens] übermittelt wurde. Da Nexans in diesem Schreiben alle erforderlichen Klarstellungen übermittelt hatte, musste das gemeinsame Unternehmen darauf im Rahmen der Prüfung nicht antworten.“ 26. In einem Schreiben an den Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens vom 16. April 2010 bekräftigte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin, dass ein Interessenkonflikt vorliege, da dem Vorstand des gemeinsamen Unternehmens eine bei der Agenzia nazionale per le nuove tecnologie, l’energia e lo sviluppo economico sostenibile (Nationale Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, im Folgenden: ENEA) beschäftigte Person angehöre. In diesem Schreiben wurde auch auf einen möglichen Missbrauch vertraulicher Informationen betreffend die Klägerin sowie einen Verstoß gegen ihre Rechte des geistigen Eigentums hingewiesen. 27. In zwei Berichten, die in Anwendung von Art. 122 der Durchführungsbestimmungen am 25. März und 6. April 2010 erstellt wurden und an den Direktor sowie an den Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens gerichtet waren, schlug der Ausschuss für die Prüfung der Angebote vor, das Angebot abzulehnen und den Auftrag an ein „Italian Consortium for Applied Superconductivity (ICAS)“ genanntes Konsortium (im Folgenden: ICAS-Konsortium) zu vergeben, den einzigen anderen Bieter, bestehend aus der ENEA, der Tratos Cavi SpA und der Criotec Impianti Srl. 28. Zum Angebot wies der Ausschuss für die Prüfung der Angebote auf Folgendes hin. Erstens sei die ehrenwörtliche Erklärung zu den Ausschlusskriterien unvollständig. Zweitens habe die Klägerin kein unterschriebenes Exemplar des Mustervertrags vorgelegt, sondern im Gegenteil mehrere Vorbehalte zu den Vertragsbestimmungen über den Lieferplan, die technischen und finanziellen Bedingungen und den Umfang der Garantieverpflichtung des Bieters geäußert. Drittens habe die Klägerin in ihrer Antwort auf ein Ersuchen um Klarstellung ihre Vorbehalte aufrechterhalten und zusätzliche Informationen zu den Ausschlusskriterien übermittelt, aus denen sich ergebe, dass sie im Jahr 2007 wegen einer im Jahr 2001 begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verurteilt worden sei. Im Ergebnis schlug der Ausschuss für die Prüfung der Angebote vor, das Angebot insbesondere deshalb abzulehnen, weil die Klägerin die mit mehreren wesentlichen Anforderungen aus dem Lastenheft, dem Mustervertrag und den technischen Spezifikationen unvereinbaren Vorbehalte aufrechterhielt, ohne dass es erforderlich sei, sich zu den Ausschlusskriterien zu äußern. 29. Folglich wurde nur das Angebot des ICAS-Konsortiums bewertet. Da dieses Konsortium als Einziges für die Vergabe des Auftrags verblieben war, wurden auf Wunsch des gemeinsamen Unternehmens auf der Grundlage von Art. 139 Abs. 6 der Durchführungsbestimmungen Verhandlungen aufgenommen. 30. Bei seiner 21. Sitzung am 19. und 20. Mai 2010 bestätigte der Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens, der gemäß Art. 124 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen befasst worden war, da der Auftrag einen Wert von über 1 Mio. Euro hatte, den ordnungsgemäßen Ablauf des Vergabeverfahrens. 31. Am 8. Juli 2010 lehnte der Direktor des gemeinsamen Unternehmens das Angebot ab (im Folgenden: Ablehnungsentscheidung) und vergab den Auftrag an das ICAS-Konsortium (im Folgenden: Vergabeentscheidung). 32. Mit Schreiben vom 16. Juli 2010 unterrichtete Frau R. die Klägerin gemäß Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen von der Ablehnung des Angebots, da diese wegen ihrer Weigerung, ein Exemplar des Mustervertrags zu unterschreiben, und wegen der Vorbehalte bestimmte im Lastenheft vorgesehene „wesentliche Bedingungen“ nicht erfülle. In diesem Schreiben wurde der Klägerin auch die Vergabeentscheidung mitgeteilt. Außerdem wurde die Vergabeentscheidung am selben Tag an das ICAS-Konsortium übermittelt. 33. Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 beantragte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Klägerin beim gemeinsamen Unternehmen, die Vergabeentscheidung und die Ablehnungsentscheidung (im Folgenden gemeinsam: angefochtene Entscheidungen) aufzuheben und das Ausschreibungsverfahren wieder aufzunehmen. Außerdem wurde das gemeinsame Unternehmen darauf hingewiesen, dass es wegen Missbrauchs geschützter vertraulicher Informationen verklagt werden könnte. 34. Dieses Schreiben wurde vom Leiter der Abteilung für Verträge und öffentliche Aufträge des gemeinsamen Unternehmens in einem Schreiben vom 3. August 2010 beantwortet. Verfahren und Anträge der Parteien 35. Mit Klageschrift, die am 18. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 36. Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidungen beantragt. 37. Mit Schriftsatz, der am 5. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das gemeinsame Unternehmen das Gericht über die Einleitung einer internen Untersuchung betreffend den in der Klage behaupteten Interessenkonflikt unterrichtet und die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zum Abschluss dieser Untersuchung beantragt. 38. Der Antrag der Klägerin auf einstweiligen Rechtsschutz ist mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15. Oktober 2010 zurückgewiesen worden; die Kostenentscheidung ist vorbehalten worden. 39. Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 hat die Klägerin ihre Zustimmung zu einer möglichen Aussetzung des vorliegenden Verfahrens erklärt. 40. Mit Beschluss vom 19. November 2010 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts gemäß Art. 77 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts das vorliegende Verfahren bis zum 15. Dezember 2010 ausgesetzt. 41. Im Rahmen der oben in Randnr. 37 angeführten internen Untersuchung sind die Klägerin und das ICAS-Konsortium zur Stellungnahme aufgefordert worden. Die Dienststellen des gemeinsamen Unternehmens haben anschließend einen Bericht verfasst, der dem Direktor des gemeinsamen Unternehmens am 29. November 2010 vorgelegt worden ist. Im Hinblick auf diesen Bericht hat der Direktor des gemeinsamen Unternehmens entschieden, die angefochtenen Entscheidungen zu bestätigen. Folglich wurde am 9. Dezember 2010 der Vertrag mit dem ICAS-Konsortium geschlossen und die Klägerin davon am selben Tag unterrichtet. Der Untersuchungsbericht wurde der Klägerin am 18. Januar 2011 übermittelt. 42. Mit Schriftsatz, der am 12. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, dass das Gericht dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgebe, das technische und kaufmännische Angebot des ICAS-Konsortiums und den mit diesem Konsortium am 9. Dezember 2010 geschlossenen Vertrag, gegebenenfalls in nicht vertraulicher Fassung, vorzulegen. 43. Mit Schriftsatz, der am 17. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das gemeinsame Unternehmen die Zurückweisung dieses Antrags beantragt. Es hat jedoch eine nicht vertrauliche Fassung des mit dem ICAS-Konsortium geschlossenen Vertrags sowie dessen Anhang B vorgelegt, der den Lieferplan enthält. 44. Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung den Parteien schriftlich Fragen gestellt, auf die diese innerhalb der ihnen gewährten Fristen geantwortet haben. 45. In der Sitzung vom 27. November 2012 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 46. Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, – die angefochtenen Entscheidungen für nichtig zu erklären; – alle nachfolgenden Handlungen für nichtig zu erklären; – das gemeinsame Unternehmen zur Zahlung eines Betrags von 175 453 Euro, Ergänzung vorbehalten, zuzüglich Zinsen zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr ihres Erachtens entstanden ist; – hilfsweise, falls kein neues Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden kann, das gemeinsame Unternehmen zur Zahlung eines Betrags von 50 175 453 Euro, Ergänzung vorbehalten, zuzüglich Zinsen zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr ihres Erachtens entstanden ist; – dem gemeinsamen Unternehmen die Kosten aufzuerlegen. 47. Das gemeinsame Unternehmen beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit der Anträge auf Nichtigerklärung Zur Zulässigkeit des zweiten Antrags der Klägerin 48. Neben der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen beantragt die Klägerin mit ihrem zweiten Antrag die Nichtigerklärung „alle[r] nachfolgenden Handlungen“. 49. Nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend Anwendung findet, in Verbindung mit Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss jede Klageschrift Angaben zum Streitgegenstand enthalten. Diese Angaben müssen so genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglicht wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, T-447/10, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50. Im vorliegenden Fall gibt die Klägerin jedoch nicht an, welche anderen Handlungen außer den angefochtenen Entscheidungen von ihrem Antrag auf Nichtigerklärung betroffen sind. Ein solcher Antrag ist nicht hinreichend genau, um eine Beurteilung seiner Tragweite zu ermöglichen, und ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 25 bis 28, und Beschluss des Gerichts vom 24. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-442/11, Randnr. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur Klagebefugnis der Klägerin gegen die Vergabeentscheidung 51. Das gemeinsame Unternehmen macht geltend, dass das Angebot nicht dem Lastenheft entsprochen habe und es folglich gehalten gewesen sei, dieses abzulehnen. Unter diesen Umständen habe die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Vergabeentscheidung. In Bezug auf diese Entscheidung sei die Klage daher als unzulässig abzuweisen. 52. Die Klägerin bezieht sich hingegen auf den Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 20. Juli 2006, Globe/Kommission (T-114/06 R, Slg. 2006, II-2627, Randnrn. 30 ff.), und macht geltend, dass ein Bewerber, der von einem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen worden sei, immer unmittelbar und individuell von der Entscheidung, den Auftrag einem anderen Bieter zu erteilen, betroffen sei. Sie hält daher ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung für zulässig. 53. Gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV, der nach Art. 106a EA auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen Klage erheben. Da die Vergabeentscheidung unstreitig an das ICAS-Konsortium und nicht an die Klägerin gerichtet ist, ist zu prüfen, ob Letztere von dieser Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist. 54. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine natürliche oder juristische Person von einer Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nur unmittelbar betroffen sein, wenn sich diese auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission, C-386/96 P, Slg. 1998, I-2309, Randnrn. 43 und 45, und Urteil des Gerichts vom 26. September 2000, Starway/Rat, T-80/97, Slg. 2000, II-3099, Randnr. 61). 55. Es wurde wiederholt entschieden, dass, wenn das Angebot eines Bieters vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wird, so dass es nicht mit den anderen Angeboten verglichen wird, die Zulässigkeit der Klage des betroffenen Bieters bezüglich der Vergabeentscheidung von der Nichtigerklärung der sein Angebot ablehnenden Entscheidung abhängt (Urteile des Gerichts vom 13. September 2011, Dredging International und Ondernemingen Jan de Nul/EMSA, T-8/09, Slg. 2011, II-6123, Randnrn. 134 und 135, und vom 22. Mai 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-17/09, Randnrn. 118 und 119). 56. Nur wenn die letztgenannte Entscheidung für nichtig erklärt wird, kann sich nämlich die Vergabeentscheidung unmittelbar auf die Rechtsstellung des Bieters auswirken, dessen Angebot vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wird. Wird hingegen der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit der das Angebot abgelehnt wird, zurückgewiesen, kann die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags für den Bieter, dessen Angebot vor dem der Vergabeentscheidung vorangehenden Stadium abgelehnt wurde, keine rechtlichen Folgen haben. In diesem Fall verhindert die Ablehnungsentscheidung, dass der betroffene Bieter durch die nachfolgende Entscheidung, mit der der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird, unmittelbar beeinträchtigt wird. 57. Wurde also, wie im vorliegenden Fall, das Angebot eines Bewerbers wegen Nichterfüllung mehrerer wesentlicher Anforderungen des Lastenhefts abgelehnt, kann dieser Bewerber nur dann nachweisen, dass sein Angebot mit denen der anderen Bieter hätte verglichen werden müssen und sich folglich die Entscheidung, mit der der Auftrag an einen anderen Bewerber vergeben wurde, unmittelbar auf seine Rechtsstellung auswirkt, wenn er beweisen kann, dass sein Angebot zu Unrecht aus diesem Grund abgelehnt wurde. 58. Folglich hängt im vorliegenden Fall die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung davon ab, ob die Klägerin die Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung erlangen kann. Daher sind zunächst die Argumente betreffend die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Zur Begründetheit des Antrags auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung Vorbemerkungen 59. Die Klägerin macht zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung, die gleichermaßen gegen die Ablehnungsentscheidung wie gegen die Vergabeentscheidung gerichtet sind, vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten, der sich in drei Teile gliedert, rügt sie jeweils einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens sowie den Grundsatz der Transparenz. Der zweite Klagegrund besteht aus vier Teilen und betrifft einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit der Bewerber während des Verfahrens. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung sowie gegen die Art. 84 und 94 der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens gerügt. Mit dem vierten Klagegrund rügt die Klägerin schließlich einen Rechtsirrtum bei der Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen. 60. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Angebot vom gemeinsamen Unternehmen vor der vergleichenden Phase der Prüfung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass es nicht mit den den Bietern in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebenen Bedingungen vereinbar sei. Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem gerügt wird, dass das ICAS-Konsortium für die Erstellung seines Angebots über Informationen verfügt habe, die ihm einen Vorteil verschafft hätten, ist daher in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidu ng irrelevant. 61. Mit ihrem Vorbringen will die Klägerin zum einen im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit der Bedingungen in Frage stellen, die den Bietern in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschrieben wurden und im Hinblick auf die das gemeinsame Unternehmen ihr Angebot bewertet hat. 62. Das Gericht hält es daher zunächst für angebracht, die dazu im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes, des ersten und des zweiten Teils des zweiten Klagerundes sowie des dritten und des vierten Klagegrundes vorgetragenen Argumente zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen gemeinsam zu prüfen. 63. Zum anderen ist die Klägerin ferner der Ansicht, dass selbst unter der Annahme, dass die Ausschreibungsbedingungen rechtmäßig gewesen seien, sich das gemeinsame Unternehmen zu Unrecht für berechtigt gehalten habe, das Angebot vor der Phase des Vergleichs der Vorzüge der Angebote abzulehnen. 64. Das Gericht sieht es daher als zweckdienlich an, zweitens das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des ersten Klagegrundes, des zweiten und des vierten Teils des zweiten Klagegrundes sowie des dritten und des vierten Klagegrundes zur Anwendung der Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen auf den vorliegenden Fall zu prüfen. 65. Drittens wird das Gericht das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens prüfen. Zur Rechtmäßigkeit der Ausschreibungsunterlagen 66. Die Kritik der Klägerin an den Ausschreibungsunterlagen kann in drei Argumentationslinien unterteilt werden. Erstens wirft die Klägerin im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes sowie des vierten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen einen unklaren Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen vor, der sie unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz daran gehindert habe, den Umfang der ihr damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen. Zweitens wendet die Klägerin im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes die Rechtswidrigkeit des Lastenhefts und der technischen Spezifikationen ein, da die Lieferfristen so vorgesehen worden seien, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Im Rahmen des dritten Klagegrundes meint die Klägerin außerdem, dass das Vorschreiben dieses Lieferplans einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstelle. Drittens wirft die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen vor, der ENEA ermöglicht zu haben, die Ausschreibungsbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen, was zu einem Interessenkonflikt geführt habe. – Zur Bestimmtheit der für das Ausschreibungsverfahren geltenden Regeln 67. Die Klägerin wirft im Rahmen des ersten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes dem gemeinsamen Unternehmen einen unklaren Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen vor, der sie unter Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz daran gehindert habe, den Umfang der ihr damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen. Diese Kritik wird von der Klägerin in ihrem Vorbringen zum vierten Klagegrund wiederholt. 68. Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, die Ausschreibungsunterlagen hätten nicht klargestellt, dass die Bieter verpflichtet gewesen seien, den Mustervertrag anzunehmen, ohne die Möglichkeit zu haben, Änderungen dazu vorzuschlagen. In dem ihr vom gemeinsamen Unternehmen am 19. November 2009 übermittelten Schreiben (siehe oben, Randnr. 18) sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass die Ablehnung des Angebots wegen der Äußerung von Vorbehalten unvermeidlich sei, sondern nur darauf, dass diese Ablehnung möglich sei. Zu keinem Zeitpunkt vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung habe das gemeinsame Unternehmen auf Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen verwiesen. Die Klägerin habe daher weder vernünftigerweise annehmen können, dass das gemeinsame Unternehmen diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall anwenden werde, noch dass die im Lastenheft genannten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ „wesentliche Voraussetzungen“ im Sinne dieser Bestimmung darstellten. Außerdem gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Einhaltung des Lieferplans eine „wesentliche Bedingung“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen darstelle. Unter diesen Umständen habe das gemeinsame Unternehmen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen. 69. Ferner ermögliche Punkt 4.1 des Lastenhefts dem gemeinsamen Unternehmen, zu beurteilen, ob die von einem Bieter vorgeschlagenen Änderungen zum Mustervertrag angenommen werden könnten. Das gemeinsame Unternehmen sei daher bei der Entscheidung nicht gebunden gewesen, sondern habe über einen Ermessensspielraum verfügt. Das gemeinsame Unternehmen habe jedoch der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass es Punkt 4.1 des Lastenhefts anders auslege. Vielmehr habe das gemeinsame Unternehmen die Rechtsgrundlage, auf der es die Ablehnungsentscheidung erlassen habe, verschleiert. Es habe damit gegen den Grundsatz der Transparenz verstoßen. 70. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 71. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (Urteile des Gerichtshofs vom 10. März 2009, Heinrich, C-345/06, Slg. 2009, I-1659, Randnr. 44, und vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C-343/09, Slg. 2010, I-7027, Randnr. 79). Der Grundsatz der Transparenz, der einen allgemeinen Grundsatz darstellt, der für das gemeinsame Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nach Art. 79 seiner Finanzordnung gilt, verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder im Lastenheft klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, HI, C-92/00, Slg. 2002, I-5553, Randnr. 45, und vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P, Slg. 2004, I-3801, Randnrn. 109 bis 111; Urteil des Gerichts vom 12. März 2008, European Service Network/Kommission, T-332/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 126 und 127). 72. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Ausschreibungsunterlagen diesen Anforderungen entsprechen. Die Einwände der Klägerin hiergegen können zu zwei Rügen zusammengefasst werden: Zum einen sei es nicht offensichtlich gewesen, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans durch die Bieter verpflichtend gewesen sei. Zum anderen sei es auch nicht offensichtlich gewesen, dass das Angebot eines Bieters, der sich weigere, dieser Verpflichtung nachzukommen, abgelehnt werden müsse. 73. Zur ersten Rüge genügt es, auf Punkt 4.1 Unterabs. 1 des Lastenhefts zu verweisen (siehe oben, Randnr. 13), der wie folgt lautet: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen.“ 74. Aus dieser Bestimmung des Lastenhefts ergibt sich klar und ohne die geringste Zweideutigkeit, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans (der Teil der technischen Spezifikationen ist) für die Bieter verpflichtend war und dass diese ausnahmslos auf jede eigene Vertragsbestimmung verzichten mussten. 75. Die Verpflichtung, dem Lieferplan nachzukommen, ergibt sich außerdem aus den Punkten 3.1 und 13.1.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnrn. 12 und 15). Zur Annahme des Mustervertrags stellt Punkt 6 des Lastenhefts klar, dass dieser dem Lastenheft als Anhang 1 beigefügt ist, für das Verfahren gilt und seine Bestimmungen Bestandteil des Lastenhefts sind (siehe oben, Randnr. 14). 76. Es wird außerdem in Punkt 4.1 Unterabs. 3 des Lastenhefts klargestellt, dass die in diesem Punkt insgesamt angeführten Verpflichtungen – nämlich insbesondere die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans – „für die Abgabe der Angebote gelten“, und dass es sich mit anderen Worten um „die Voraussetzungen [handelt], die die Bieter bei der Vorbereitung und der Einreichung ihres Angebots zu erfüllen haben, um die Annahme dieser Angebote zu ermöglichen“. Ferner wird in Punkt 4.1 Unterabs. 4 klargestellt, dass „die Bieter ausschließlich aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden“ und sie folglich „… klar erkennen lassen [müssen], dass sie in der Lage sind, den in den [technischen Spezifikationen] und den [Verwaltungsspezifikationen] enthaltenen Anforderungen zu genügen“. 77. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass zwar der Sinn dieser Bestimmungen für sich allein genommen klar erscheinen möge, sich aber die Unbestimmtheit der Tragweite der Verpflichtungen der Bieter aus der allgemeinen Systematik der gesamten Ausschreibungsunterlagen ergebe. Die Klägerin hat jedoch keine einzige Bestimmung des Lastenhefts oder der anderen Ausschreibungsunterlagen konkret benannt, die eine solche Unbestimmtheit hätte bewirken können, und hat zum Beweis dafür, dass es bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen, insbesondere der oben in den Randnrn. 73 bis 76 angeführten Verpflichtungen, in den Augen eines durchschnittlich sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmers nicht klar gewesen sei, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans durch die Bieter verpflichtend und eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit ihres Angebots mit den Anforderungen des Lastenhefts gewesen sei, nichts vorgebracht. 78. Folglich ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 79. Daher ist die zweite Rüge betreffend einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz zu prüfen, wobei die Klägerin dazu die Auffassung vertritt, dass sich die Ablehnung der Angebote, die den oben in Randnr. 77 wiedergegebenen Anforderungen nicht entsprechen, nicht klar aus dem Lastenheft ergebe. 80. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der öffentliche Auftraggeber, wenn er im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens die Bedingungen festlegt, die er den Bietern auferlegen möchte, seine Ermessensausübung beschränkt und überdies von den so festgelegten Bedingungen nicht gegenüber einem der Bieter abweichen kann, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen den Bewerbern zu verstoßen. Daher ist das Lastenheft im Hinblick auf die Grundsätze der Selbstbeschränkung und der Gleichbehandlung der Bewerber auszulegen, um festzustellen, ob dieses, wie die Klägerin behauptet, dem gemeinsamen Unternehmen die Annahme der Vorbehalte ermöglichte. 81. Dazu genügt wiederum ein Hinweis auf Punkt 4.1 des Lastenhefts, dessen Unterabs. 2 wie folgt lautet: „[Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen.“ 82. Es ist festzustellen, dass der Wortsinn dieser Bestimmung der Auslegung der Klägerin, wonach das gemeinsame Unternehmen über einen Ermessensspielraum verfügen und die Möglichkeit haben müsse, Abweichungen von den in Punkt 4.1. Unterabs. 1 des Lastenhefts genannten Anforderungen (siehe oben, Randnrn. 13 und 73) zuzulassen, offensichtlich widerspricht. Punkt 4.1 Unterabs. 2, der dem gemeinsamen Unternehmen keineswegs die Möglichkeit gibt, allfällige Änderungen des Mustervertrags und des Lieferplans zu berücksichtigen, ermächtigt dieses nämlich nur, allfällige Vorschläge für eine Abweichung unberücksichtigt zu lassen, und ermöglicht ihm, rechtmäßig jedes den Anforderungen widersprechende Angebot abzulehnen. 83. Daraus folgt, dass das gemeinsame Unternehmen entgegen der Auffassung der Klägerin über keinen Ermessensspielraum verfügte, der ihm ermöglichte, von der Ablehnung eines Angebots mit Abweichungen vom Mustervertrag oder vom Lieferplan abzusehen, sondern dass sein einziger Ermessensspielraum die Frage betraf, ob die Abweichungen, aufgrund derer das Angebot nicht den Anforderungen entsprach, unberücksichtigt gelassen werden konnten, wobei es im gegenteiligen Fall dieses Angebot ablehnen musste. 84. Außerdem stellt Punkt 13.1.1 des Lastenhefts (siehe oben, Randnr. 15), wonach „die Unvereinbarkeit des Angebots mit den Mindestanforderungen der [Verwaltungsspezifikationen] und der [technischen Spezifikationen] zur Ablehnung des Angebots [führt]“, eine zusätzliche Warnung vor den Folgen der Nichteinhaltung der im Lieferplan genannten Fristen durch die Bieter dar. 85. Weiter wird in dem der Klage als Anhang A 2 beigefügten Lastenheft zweimal, in den Punkten 1 und 14, darauf hingewiesen, dass für das Ausschreibungsverfahren die Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens sowie die Durchführungsbestimmungen gelten. Punkt 4.2 des Lastenhefts stellt ferner klar, dass das fragliche Verfahren ein offenes Verfahren im Sinne von Art. 81 Abs. 4 der Finanzordnung des gemeinsamen Unternehmens und Art. 84 der Durchführungsbestimmungen ist. Solche Verfahren sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass der öffentliche Auftraggeber mit den verschiedenen Bietern nicht verhandeln kann, sondern diese ausschließlich, wie in Punkt 4.1 Unterabs. 4 des Lastenhefts festgehalten, aufgrund des Inhalts ihres schriftlichen Angebots beurteilt werden. 86. Überdies war das vom gemeinsamen Unternehmen an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18) hinsichtlich der Tragweite der für das fragliche Verfahren geltenden Regeln deutlich. Das gemeinsame Unternehmen wies nämlich zu den im Angebot geäußerten Vorbehalten auf Folgendes hin: „Können Sie bestätigen, dass Sie die Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge akzeptieren? Wenn dies der Fall ist, können Sie bestätigen, dass die [Vorbehalte] bloße Hinweise und keine Vertragsbestimmungen sind? Können Sie ein auf jeder Seite paraphiertes und von einer dazu berechtigten Person Ihres Unternehmens unterzeichnetes Exemplar des Mustervertrags übermitteln? Wenn Sie nicht bestätigen, dass Sie die Vertragsbestimmungen akzeptieren, wird [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt.“ 87. Die Folgen für die Klägerin, wenn sie darauf hingewiesen hätte, dass ihre Vorbehalte vertraglicher Art seien und sie vorhabe, diese dem gemeinsamen Unternehmen entgegenzuhalten, wurden auch durch den konditionalen Charakter der in der oben wiedergegebenen Passage desselben Schreibens enthaltenen Fragen hervorgehoben. Diese Fragen, die die Ausschluss- und Auswahlkriterien betrafen, wurden nämlich mit folgendem Hinweis eingeleitet: „Vorbehaltlich der Bestätigung, dass Sie die Vertragsbestimmungen wie oben ausgeführt akzeptieren, beantworten Sie bitte folgende Fragen …“ 88. Die Klägerin trägt daher zu Unrecht vor, das gemeinsame Unternehmen habe, sei es bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen oder durch sein Verhalten während des in Rede stehenden Vergabeverfahrens, die Rechtsgrundlage, nämlich Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen, auf die es die Ablehnungsentscheidung gestützt habe, „verschleiert“. 89. Wie nämlich oben in Randnr. 85 ausgeführt, konnte der Klägerin bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen nicht entgehen, dass für das Verfahren, dem sie sich unterworfen hatte, die Durchführungsbestimmungen galten, deren Art. 120 Abs. 4 wie folgt lautet: „Angebote, die nicht allen in den Ausschreibungsunterlagen dargelegten wesentlichen Bedingungen oder den in diesen Unterlagen genannten besonderen Bedingungen entsprechen, werden abgelehnt. Der Prüfungsausschuss oder [das gemeinsame Unternehmen] können von den Bietern verlangen, zusätzliche Informationen zu liefern oder die mit ihrem Angebot vorgelegten Unterlagen innerhalb der von ihnen gesetzten Frist zu verdeutlichen.“ 90. Die zweite Rüge der Klägerin, wonach die Ablehnung derjenigen Angebote, die nicht mit der Verpflichtung im Einklang standen, die Bestimmungen des Mustervertrags sowie die im Lieferplan vorgesehenen Fristen einzuhalten, für die Bieter nicht ausreichend vorhersehbar gewesen sei, ist daher ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 91. Nach alledem ist weder das Vorbringen der Klägerin, die in den technischen Spezifikationen enthaltene Verpflichtung der Bieter, den Mustervertrag und den Lieferplan zu akzeptieren, sowie die Ablehnung der nicht mit diesen Anforderungen vereinbaren Angebote habe sich nicht offensichtlich aus den Ausschreibungsunterlagen ergeben, noch ihr Vorbringen, diese Bedingungen seien ihr nicht mit hinreichender Deutlichkeit zugänglich gemacht worden, begründet. Daraus folgt, dass ihr Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Transparenz zurückzuweisen ist. – Zur Rechtfertigung der durch den Lieferplan vorgeschriebenen Fristen 92. Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes und zur Stützung des dritten Klagegrundes wendet die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Lastenhefts und der technischen Spezifikationen ein, da die Lieferfristen so vorgesehen worden seien, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin ist daher der Ansicht, dass das Vorschreiben dieses Lieferplans einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der auf einem Interessenkonflikt beruhe, sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstelle. 93. Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, dass die Fristen nach dem durch die technischen Spezifikationen vorgeschriebenen Lieferplan eine unverhältnismäßige Beschränkung darstellten, da nur die Unternehmen, die zum für die Vergabe des Auftrags vorgesehenen Zeitpunkt über eine passende Fertigungslinie verfügt hätten, eine Chance gehabt hätten, den Auftrag zu erhalten. Diese äußerst kurzen Fristen hätten daher nur zum Ziel gehabt, die Bewerbung des ICAS-Konsortiums, dem die ENEA angehört habe, zu begünstigen, was durch die Tatsache untermauert werde, dass kein anderes Angebot vorgelegt worden sei. Die neunmonatige Verspätung, mit der das gemeinsame Unternehmen den Vertrag mit dem ICAS-Konsortium geschlossen habe, beweise, dass die vorgeschriebenen Fristen nicht objektiv gerechtfertigt gewesen seien. 94. Im Rahmen des dritten Klagegrundes macht die Klägerin außerdem geltend, das gemeinsame Unternehmen habe sich, indem es die Lieferfristen so festgelegt habe, dass nur das ICAS-Konsortium den Auftrag habe erhalten können, um die Möglichkeit gebracht, vorteilhaftere Angebote als das des Konsortiums zu erhalten. Daher verstoße die Festlegung der Lieferfristen nicht nur gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, sondern auch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. 95. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 96. Zunächst ist festzustellen, dass, wie das gemeinsame Unternehmen zu Recht geltend macht, die Argumente, mit denen die Klägerin die Rechtmäßigkeit der die Lieferfristen betreffenden Ausschreibungsbedingungen in Frage stellen will, nicht durchgreifen, da die Ablehnungsentscheidung darauf gestützt ist, dass ein mit Vorbehalten versehenes Angebots nicht zugelassen werden kann und die im Angebot geäußerten Vorbehalte nicht ausschließlich die Lieferfristen betrafen. 97. Wie nämlich oben in Randnr. 17 ausgeführt, war die geforderte Abweichung von den im Lieferplan vorgesehenen Fristen nur einer der vielen Vorbehalte, die im Angebot geäußert worden waren. Die Klägerin verlangte vom gemeinsamen Unternehmen außerdem, dass dieses u. a. akzeptiere, dass das Inkrafttreten des Vertrags von der Erlangung einer Baugenehmigung abhänge und bis zur Erlangung dieser Genehmigung aufgeschoben werde, weigerte sich, die Fixpreisklausel zu akzeptieren, und forderte die Abmilderung der Vertragsstrafen sowie eine Verringerung ihrer Haftung. Mit anderen Worten weigerte sich die Klägerin aus Gründen, die mit der Frage der Einhaltung der im Lieferplan vorgesehenen Fristen nichts zu tun hatten und von denen jeder eine Abweichung von den Bestimmungen des Mustervertrags darstellte, die Auftragsbedingungen so zu akzeptieren, wie sie vom gemeinsamen Unternehmen festgelegt worden waren. 98. Unter diesen Umständen hat sich jedoch die Klägerin, selbst wenn man annimmt, ihre gegen den Lieferplan gerichtete Kritik sei begründet, geweigert, den Mustervertrag zu akzeptieren, und bereits aufgrund dieser Weigerung allein musste das gemeinsame Unternehmen, wie sich aus den Randnrn. 71 bis 91 oben ergibt, das Angebot ablehnen. Daher kann die Einrede der Rechtswidrigkeit, die die Klägerin auf den diskriminierenden und unverhältnismäßigen Charakter des Lieferplans stützt, nicht dazu führen, dass sie mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung durchdringt. Diese Rüge ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen. 99. Darüber hinaus ist diese Rüge jedenfalls unbegründet. 100. Nach der Rechtsprechung verfügen nämlich die öffentlichen Auftraggeber bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung zu berücksichtigen sind, über einen weiten Ermessensspielraum. Insoweit verfügen sie auch über einen weiten Ermessensspielraum bei der Beurteilung sowohl des Inhalts als auch der Anwendung der Vorschriften über die Vergabe eines Auftrags im Wege einer Ausschreibung (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2012, Astrim und Elyo Italia/Kommission, T-216/09, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). 101. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf den weiten Ermessensspielraum, über den der öffentliche Auftraggeber verfügt, die Kontrolle durch das Gericht sich auf die Prüfung beschränken muss, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet wurden, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Astrim und Elyo Italia/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102. Jedoch muss das gemeinsame Unternehmen, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung beachten. Nach Art. 79 seiner Finanzordnung ist es als öffentlicher Auftraggeber in jedem Abschnitt eines Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit der Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet. Außerdem gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, was voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sind (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C-19/00, Slg. 2001, I-7725, Randnr. 34, und Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 108; Urteile des Gerichts vom 19. März 2010, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-50/05, Slg. 2010, II-1071, Randnrn. 55 und 56). 103. Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin nicht, dass nicht alle Bewerber den gleichen Bedingungen unterlagen, sondern sie macht geltend, die Bedingungen, die allen Bewerbern auferlegt wurden, seien so abgefasst worden, dass das ICAS-Konsortium begünstigt worden sei. Dieses Vorbringen stützt die Klägerin darauf, dass nur ein Unternehmen, das über eine passende Fertigungslinie verfügt habe, in der Lage gewesen sei, den Auftrag zu erhalten, und dass kein anderer Bewerber als das ICAS-Konsortium ein Angebot eingereicht habe, das den Fristen entsprochen habe, die in den technischen Spezifikationen der Ausschreibung vorgeschrieben worden seien. 104. Insoweit ist es erstens zwar richtig, dass kein anderes zulässiges Angebot als das des ICAS-Konsortiums eingereicht wurde, doch wurde das Vorbringen, wonach in Anbetracht der vorgeschriebenen Fristen nur ein Unternehmen mit einer passenden Fertigungslinie als Bewerber habe auftreten können, nicht nachgewiesen. 105. Zweitens trägt das gemeinsame Unternehmen vor, dass die Lieferfristen so festgelegt worden seien, dass es seinen Verpflichtungen nachkommen könne, die es gegenüber der Internationalen ITER-Organisation, Russland und Japan übernommen habe und die Gegenstand des im vorliegenden Fall in Rede stehenden Auftrags seien (siehe oben, Randnrn. 6 und 7). Dieses Vorbringen wird durch die Vorlage der drei betreffenden Verträge sowie durch den von der Internationalen ITER-Organisation vorgeschriebenen Plan erhärtet, die der Klagebeantwortung beigefügt sind (Anlagen B 7, B 8, B 10, B 31 bis B 35). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das gemeinsame Unternehmen nachgewiesen hat, dass die in den technischen Spezifikationen vorgeschriebenen Fristen objektiv gerechtfertigt waren und nicht die Begünstigung einer bestimmten Bewerbung bezweckten. 106. Hingegen tritt das gemeinsame Unternehmen dem Gegenvorbringen der Klägerin, wonach das gemeinsame Unternehmen, indem es den Vertragsschluss mit dem ICAS-Konsortium um neun Monate verschoben habe, durch sein Verhalten gezeigt habe, dass es an diese Fristen nicht, wie behauptet, gebunden gewesen sei, ernsthaft entgegen. Dieses hat nämlich bei der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass der Vertragsschluss nicht im Sommer 2010 habe erfolgen können, da die Mitglieder des ICAS-Konsortiums die für den Vertragsschluss erforderlichen Verwaltungs- und Finanzunterlagen nicht hätten übermitteln können. Außerdem setzte das gemeinsame Unternehmen auf den Vorwurf des Interessenkonflikts, den ihm gegenüber die Klägerin vor der Einreichung der vorliegenden Klage unmittelbar geäußert hatte und der auch Teil dieser Klage ist, unstreitig die Vergabeentscheidung aus und leitete eine Untersuchung zu diesen Vorwürfen ein. Der Vertragsschluss erfolgte dann tatsächlich unmittelbar nach dem Abschluss dieser Untersuchung (siehe oben, Randnrn. 37 und 39 bis 41). 107. Drittens besteht schließlich nach der Klägerin der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darin, dass sich das gemeinsame Unternehmen freiwillig um die Möglichkeit gebracht habe, vorteilhaftere Angebote zu erhalten, indem es entschieden habe, den Lieferplan so festzulegen, dass jede andere Bewerbung als die des ICAS-Konsortiums ausgeschlossen gewesen sei. Aus dem Vorherigen ergibt sich jedoch, dass die im Lieferplan vorgeschriebenen Fristen durch die internationalen Verpflichtungen des gemeinsamen Unternehmens gerechtfertigt waren. Dieses beging keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als es in Ausübung des ihm auf diesem Gebiet von der Rechtsprechung zuerkannten weiten Ermessensspielraums (siehe oben, Randnr. 100) davon ausging, dass seine Verpflichtung, seine internationalen Zusagen einzuhalten, Vorrang vor der Aussicht auf eine größere Zahl von Bewerbungen habe, wenn es weniger strenge Lieferfristen festgelegt hätte. 108. Nach alledem hat die Klägerin weder nachgewiesen, dass die vom Lieferplan vorgeschriebenen Fristen so abgefasst waren, dass die Bewerbung des ICAS-Konsortiums begünstigt wurde, noch dass sie unverhältnismäßig waren. Daher gehen die eine Rechtswidrigkeit des Lieferplans betreffenden Rügen der Klägerin ins Leere und sind jedenfalls auch unbegründet und daher zurückzuweisen. – Zum Vorliegen eines der Festlegung der den Bietern vorgeschriebenen Bedingungen anhaftenden Interessenkonflikts 109. Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen vor, der ENEA, die in verschiedenen Organen des gemeinsamen Unternehmens vertreten und auch ein Mitglied des ICAS-Konsortiums sei, gestattet zu haben, die Ausschreibungsbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen, was zu einem Interessenkonflikt führe. 110. Die Herren M. und P., beide Mitarbeiter der ENEA und jeweils Mitglieder des Exekutivausschusses sowie des Vorstands des gemeinsamen Unternehmens, seien nämlich an der Vorbereitung der Ausschreibung beteiligt gewesen. Sie hätten so die Möglichkeit gehabt, die Festlegung der den Bewerbern auferlegten Bedingungen in einem für die Bewerbung der ENEA günstigen Sinne zu beeinflussen. 111. Außerdem sei die ENEA am Design der für das Projekt JT-60SA bestimmten TF-Leiter beteiligt gewesen, und die technischen Spezifikationen seien der ENEA vor Beginn der Ausschreibung zur Bestätigung übermittelt worden. 112. Schließlich habe ein Mitarbeiter der ENEA im Rahmen eines Besuchs der Anlagen von Nexans Korea Zugang zu vertraulichen Informationen über die Klägerin erhalten. 113. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 114. Nach der Rechtsprechung bewirkt die Möglichkeit eines Bieters, die Bedingungen für einen öffentlichen Auftrag, und sei es unbeabsichtigt, in einem für ihn günstigen Sinne zu beeinflussen, einen Interessenkonflikt. Der Interessenkonflikt stellt einen Verstoß gegen die Gleichbehandlung der Bewerber und die Chancengleichheit zwischen den Bietern dar (Urteil des Gerichtshofs vom 3. März 2005, Fabricom, C-21/03 und C-34/03, Slg. 2005, I-1559, Randnrn. 29 und 30, sowie Urteil des Gerichts vom 17. März 2005, AFCon Management Consultants u. a./Kommission, T-160/03, Slg. 2005, II-981, Randnr. 74). 115. Erstens ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff des Interessenkonflikts objektiven Charakter hat und dadurch gekennzeichnet ist, dass die Absichten der Betroffenen außer Betracht zu lassen sind, insbesondere ihre Gutgläubigkeit (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2001, Ismeri Europa/Rechnungshof, C-315/99 P, Slg. 2001, I-5281, Randnrn. 44 bis 48). 116. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass keine uneingeschränkte Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber besteht, Bieter, die sich in einem Interessenkonflikt befinden, systematisch auszuschließen, da ein solcher Ausschluss in den Fällen nicht gerechtfertigt ist, in denen nachgewiesen werden kann, dass sich der Interessenkonflikt nicht auf das Gebaren der Bieter im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens ausgewirkt hat und keine tatsächliche Gefahr besteht, dass es zu einer Praxis gekommen ist, die geeignet ist, den Wettbewerb zwischen den Bietern zu verfälschen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Fabricom, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 33 bis 36, vom 19. Mai 2009, Assitur, C-538/07, Slg. 2009, I-4219, Randnrn. 26 bis 30, sowie vom 23. Dezember 2009, Serrantoni und Consorzio stabile edili, C-376/08, Slg. 2009, I-12169, Randnrn. 39 und 40). 117. Drittens ist hingegen der Ausschluss eines Bieters, der sich in einem Interessenkonflikt befindet, unerlässlich, wenn es keine angemessenere Lösung gibt, um einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu verhindern (Urteil des Gerichts vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-345/03, Slg. 2008, II-341, Randnrn. 71 ff.; vgl. auch in diesem Sinne Urteile Assitur, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnr. 21, sowie Serrantoni und Consorzio stabile edili, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnrn. 39 und 40). 118. Daher ist im Licht dieser Erwägungen das Vorbringen zu prüfen, wonach die Beteiligung der ENEA, einem der Bieter im Rahmen des ICAS-Konsortiums, an der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und insbesondere an der Festlegung der technischen Spezifikationen einen Interessenkonflikt darstelle, der zur Rechtswidrigkeit der Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen führe, da diese so abgefasst worden seien, dass die Bewerbung dieses Konsortiums begünstigt worden sei. 119. In dieser Hinsicht ist zunächst das Vorbringen des gemeinsamen Unternehmens, wonach die Vertreter der ENEA, die Mitglieder des Vorstands und des Exekutivausschusses seien, nicht als Vertreter der ENEA Mitglieder dieser Organe seien, nicht geeignet, das Vorliegen eines gegen den Grundsatz der Gleichheit der Bieter verstoßenden Interessenkonflikts auszuschließen. Das gemeinsame Unternehmen macht nämlich geltend, dass Herr P., Mitglied des Vorstands, die Italienische Republik und nicht die ENEA vertrete, und dass Herr M. nicht als Vertreter der ENEA, sondern als anerkannter Experte auf dem Gebiet der Kernfusion Mitglied des Exekutivausschusses sei. Die Tatsache allein, dass diese qualifizierten Personen nicht als Mitarbeiter der ENEA Mitglieder der Leitungsorgane des gemeinsamen Unternehmens sind, kann sie jedoch nicht daran hindern, ihre Stellung im gemeinsamen Unternehmen zu nützen, um den Interessen der italienischen nationalen Agentur zu dienen, was eben einen Interessenkonflikt darstellen würde. 120. Daher kann diese Rechtfertigung des gemeinsamen Unternehmens nicht durchgreifen, sondern es ist vielmehr die tatsächliche Rolle zu prüfen, die diese Mitarbeiter der ENEA sowie die ENEA selbst bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und insbesondere bei der Festlegung der technischen Spezifikationen spielen konnten. 121. Sodann weist das gemeinsame Unternehmen darauf hin, dass weder der Vorstand noch der Exekutivausschuss an der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen beteiligt gewesen seien. In seiner Antwort auf die schriftlichen Fragen, die dem gemeinsamen Unternehmen vor der mündlichen Verhandlung gestellt worden sind, hat dieses die verschiedenen aufeinanderfolgenden Abschnitte der Ausarbeitung der fraglichen Unterlagen besonders genau dargelegt. Die Klägerin hat sich vor und in der mündlichen Verhandlung jeder Kritik in Bezug auf die Erklärungen des gemeinsamen Unternehmens enthalten. Diese Erklärungen erhärten das Vorbringen des gemeinsamen Unternehmens, wonach der Vorstand und der Exekutivausschuss nicht die geringste Rolle bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen gespielt haben. Unter diesen Umständen ist die die Anwesenheit von Bediensteten der ENEA in diesen Organen des gemeinsamen Unternehmens betreffende Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 122. Ferner ist zum Vorbringen der Klägerin, wonach die technischen Spezifikationen zu den für das Projekt JT-60SA bestimmten TF-Leitern vor Beginn der Ausschreibung der ENEA zur Bestätigung übermittelt wurden, was vom gemeinsamen Unternehmen zugegeben wurde, darauf hinzuweisen, dass der Beitrag der Euratom zum Projekt JT-60SA von der Italienischen Republik sowie der Französischen Republik für die Euratom zu liefern war, und dass daher die nationalen Agenturen dieser Mitgliedstaaten, nämlich die ENEA und der CEA, als solche zu Rate gezogen wurden, da das gemeinsame Unternehmen bei der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags anstelle dieser Agenturen gehandelt hat. 123. Nach den Erläuterungen des gemeinsamen Unternehmens in der mündlichen Verhandlung, die die Klägerin nicht bestritten hat, konnte jedoch die ENEA weder einen Vorteil aus der Übermittlung der technischen Spezifikationen vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens ziehen noch die Festlegung der technischen Spezifikationen in einem Sinne beeinflussen, der sich später als günstig für ihre Interessen erwiesen hätte. Das gemeinsame Unternehmen hat nämlich unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die von der ENEA vorgeschlagenen technischen Spezifikationen schließlich nicht angenommen worden seien. Es hat außerdem geltend gemacht, insoweit ebenfalls unwidersprochen von der Klägerin, dass die mögliche Vorkenntnis der ENEA aufgrund ihrer Beteiligung zum einen an der Entwicklungsphase der Prototypen im Projekt JT-60SA und zum anderen an der Festlegung der schließlich für dieses Projekt angenommenen technischen Spezifikationen ihr keinen komparativen Vorteil habe verschaffen können, da sich die fraglichen Spezifikationen nur auf die Kalibrierung und Parametrierung der für den Verkabelungs- und Ummantelungsvorgang verwendeten Anlagen und nicht auf die Art dieser Anlagen ausgewirkt habe, während sich die Prüfung der Angebote nur auf die Fähigkeit der Bewerber bezogen habe, über die fraglichen Anlagen zu verfügen und sie zu betreiben. 124. Schließlich kann das Vorbringen der Klägerin, ein Experte der ENEA habe bei einem Besuch der Anlagen von Nexans Korea vertrauliche Informationen erhalten, nicht für die Feststellung einer Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen ausreichen, da die Klägerin nicht näher erläutert hat, inwiefern sich diese Informationen auf die Erstellung dieser Unterlagen hätten auswirken können. 125. Nach alledem konnte die Klägerin nicht dartun, dass die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen unter dem Einfluss oder zum Vorteil der ENEA verfasst wurden und nicht rechtmäßig allen Bietern vorgeschrieben werden konnten. 126. Daraus folgt, dass das Vorbringen, die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen seien wegen eines Interessenkonflikts rechtswidrig gewesen, als unbegründet zurückzuweisen ist. 127. Daher kann die Klägerin nicht beanstanden, dass die Vereinbarkeit des Angebots mit diesen Bedingungen eine notwendige Voraussetzung dafür war, dass es vom gemeinsamen Unternehmen berücksichtigt werden konnte. Folglich ist nunmehr zu prüfen, ob das gemeinsame Unternehmen zu Recht annahm, dass das Angebot diesen Bedingungen nicht entsprochen habe. Zur Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen 128. Die Klägerin macht zur Anfechtung der Ablehnungsentscheidung im Hinblick auf die Bedingungen nach den Ausschreibungsunterlagen fünf zusätzliche Rügen geltend. Erstens vertritt sie im Rahmen des vierten Klagegrundes die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Annahme des Mustervertrags und zur Einhaltung des Lieferplans keine „wesentliche Bedingung“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen darstelle. Zweitens wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen des ersten Klagegrundes vor, es habe sie vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung nicht über seine Auslegung informiert, wonach es sich als gehalten angesehen habe, ihr Angebot abzulehnen, da dieses nicht den Anforderungen entsprochen habe. Drittens vertritt sie im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes die Ansicht, die übermäßigen Anforderungen an die Bieter hätten sich negativ auf ihren Angebotspreis ausgewirkt. Viertens beanstandet die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes die Teilnahme eines Mitarbeiters der ENEA am Verfahren der Angebotsprüfung. Fünftens meint die Klägerin schließlich, die ENEA habe vertrauliche Informationen besessen, die sie betroffen hätten. – Zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen 129. Im Rahmen des vierten Klagegrundes vertritt die Klägerin die Auffassung, die von ihr geäußerten Vorbehalte hätten die „allgemeinen Bedingungen“ des Lastenhefts und nicht die „wesentlichen Bedingungen“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen betroffen. Folglich habe das gemeinsame Unternehmen die Ablehnung ihres Angebots rechtsfehlerhaft auf diese Bestimmung gestützt. Nur die in den Ausschreibungsunterlagen als „wesentlich“ bezeichneten Bedingungen könnten zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen führen. Außerdem hätte laut der Klägerin das gemeinsame Unternehmen in Anwendung von Punkt 4.1 des Lastenhefts die Vorbehalte unberücksichtigt lassen können, statt ihr Angebot abzulehnen. 130. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 131. Wie oben in Randnr. 89 ausgeführt, bestimmt Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen: „Angebote, die nicht allen in den Ausschreibungsunterlagen dargelegten wesentlichen Bedingungen oder den in diesen Unterlagen genannten besonderen Bedingungen entsprechen, werden abgelehnt. Der Prüfungsausschuss oder [das gemeinsame Unternehmen] können von den Bietern verlangen, zusätzliche Informationen zu liefern oder die mit ihrem Angebot vorgelegten Unterlagen innerhalb der von ihnen gesetzten Frist zu verdeutlichen.“ 132. Außerdem lautet Punkt 4.1 Unterabs. 1 und 2 des Lastenhefts, wie oben in den Randnrn. 73 und 81 ausgeführt, wie folgt: „Die Einreichung eines Angebots impliziert die Annahme sämtlicher Bestimmungen des Mustervertrags und seiner Anhänge, einschließlich der [technischen Spezifikationen] und der [Verwaltungsspezifikationen] sowie den Verzicht des Bieters auf seine eigenen allgemeinen oder besonderen Geschäftsbedingungen. [Das gemeinsame Unternehmen] kann insoweit jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen und behält sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen.“ 133. Der äußerst formalistischen Auslegung der Klägerin, wonach nur die in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich als „wesentlich“ bezeichneten Bedingungen zur Anwendung von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen führen könnten, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr sind diejenigen Bedingungen als „wesentlich“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen, aus denen sich bei der Lektüre der Ausschreibungsunterlagen in der Vorstellung eines durchschnittlich aufmerksamen und sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmers klar ergibt, dass sie zwingenden Charakter haben und im Hinblick auf den Gegenstand des in Rede stehenden Auftrags und auf die Ziele, die von den für öffentliche Ausschreibungen geltenden Rechtsvorschriften verfolgt werden, nicht nur von geringfügiger Bedeutung sind. 134. Wie oben in den Randnrn. 72 bis 91 ausgeführt, ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen klar, dass die Annahme des Mustervertrags und des Lieferplans zwingende Bedingungen darstellten, deren Einhaltung erforderlich war, damit die Angebote der Bieter geprüft werden konnten. 135. Außerdem steht fest, dass die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte darauf abzielten, diese Bedingungen in Frage zu stellen, da sie sowohl zahlreiche Klauseln des Mustervertrags als auch den Lieferplan betrafen (siehe oben, Randnr. 17) und sich wesentlich auf den Inhalt des Auftrags selbst, wie auf das Datum des Inkrafttretens, den Lieferplan, die Grundsätze der Preisbestimmung und die Haftung des Vertragspartners, auswirkten. 136. Angesichts der Bedeutung dieser Bedingungen und der Tragweite der Folgen, die mit einem möglichen Verstoß gegen sie eindeutig verbunden waren, sind die Anforderungen, auf die sich die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte bezogen, offensichtlich als „wesentliche Bedingungen“ im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen anzusehen. Insoweit steht aus den oben in Randnr. 133 angeführten Gründen der Umstand, dass die fraglichen Anforderungen im Lastenheft als „allgemeine Bedingungen“ bezeichnet wurden, dieser rechtlichen Einstufung nicht entgegen. 137. Daher ist das Vorbringen der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe das Angebot nicht rechtmäßig ablehnen können, da Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen, der nur die Ablehnung der Angebote vorgesehen habe, die nicht allen wesentlichen Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen entsprochen hätten, im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei, unbegründet. 138. Die Klägerin trägt jedoch auch vor, dass selbst unter der Annahme, dass die Vorbehalte wesentliche Bedingungen im Sinne von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen betroffen hätten, das gemeinsame Unternehmen ihr Angebot nicht hätte ablehnen müssen, da es in Anwendung von Art. 4.1 des Lastenhefts hätte entscheiden können, diese Vorbehalte unberücksichtigt zu lassen. 139. Zunächst geht dieses Vorbringen ins Leere, da, wie oben in den Randnrn. 131 bis 137 festgestellt, das Angebot rechtmäßig abgelehnt werden konnte. So kann ein Bieter, der ein Angebot eingereicht hat, das den Anforderungen des Lastenhefts widerspricht, aus Punkt 4.1 des Lastenhefts keinen Anspruch ableiten, dass sein Angebot geprüft werde, und zwar selbst dann nicht, wenn das gemeinsame Unternehmen die vorgeschlagenen Änderungen auch rechtmäßig hätte unberücksichtigt lassen können. Nach Punkt 4.1 Unterabs. 2 des Lastenhefts „[kann das gemeinsame Unternehmen] … jeden Vorbehalt und jede Haftungsausschlussklausel, die im Angebot enthalten sind, unberücksichtigt lassen“, und außerdem „behält [es] sich das Recht vor, solche Angebote abzulehnen, ohne die Gründe, die sie mit dem Lastenheft unvereinbar machen, im Einzelnen bewerten zu müssen“. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, wie oben in Randnr. 82 festgestellt, dass Punkt 4.1 Unterabs. 2 des Lastenhefts dem gemeinsamen Unternehmen keineswegs die Möglichkeit gibt, allfällige Änderungen des Mustervertrags und des Lieferplans zu berücksichtigen, sondern es nur ermächtigt, allfällige Vorschläge für eine Abweichung unberücksichtigt zu lassen, und ihm ermöglicht, rechtmäßig jedes den Anforderungen widersprechende Angebot abzulehnen. 140. Jedenfalls ist zur Begründetheit dieses Vorbringens darauf hinzuweisen, dass sich die Tragweite der Abweichungen aufgrund der Vorbehalte sowohl von den Bestimmungen des Mustervertrags als auch vom Lieferplan aus dem von der Klägerin eingereichten Angebot selbst ergab und dass die Klägerin selbst, in Beantwortung eines Ersuchens um Klarstellung, das das gemeinsame Unternehmen an sie gerichtet hatte (siehe oben, Randnr. 18), zumindest zweimal schriftlich bestätigte (siehe oben, Randnrn. 21 und 23), dass sie ihren Vorbehalten Vertragscharakter geben wolle. Unter Berücksichtigung dieser Klarstellungen konnte das gemeinsame Unternehmen nicht mehr entscheiden, die Vorbehalte unberücksichtigt zu lassen, ohne das Angebot zu verfälschen und ohne im Übrigen gegen den Grundsatz der Gleichheit der Bieter zu verstoßen, der in einem offenen Verfahren verlangt, dass die vorgelegten Angebote wörtlich genommen und vom öffentlichen Auftraggeber nicht frei uminterpretiert werden. 141. Daher konnte das gemeinsame Unternehmen die von der Klägerin geäußerten Vorbehalte nicht außer Betracht lassen und war gehalten, das Angebot auf der Grundlage von Punkt 4.1 des Lastenhefts in Verbindung mit Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen abzulehnen, ohne seine Vorzüge zu prüfen. 142. Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe die Ablehnungsentscheidung nicht erlassen können, ohne gegen Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen zu verstoßen, als teilweise ins Leere gehend und im Übrigen jedenfalls unbegründet zurückzuweisen ist. – Zur Rüge, das gemeinsame Unternehmen habe die Klägerin weder über seine Auslegung der Tragweite von Punkt 4.1 des Lastenhefts noch über seine Absicht informiert, das Angebot auf der Grundlage von Art. 120 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen abzulehnen 143. Im Rahmen des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen vor, sie vor dem Erlass der Ablehnungsentscheidung nicht über seine Auslegung informiert zu haben, wonach es sich als verpflichtet angesehen habe, ihr Angebot abzulehnen, da es nicht den Anforderungen entsprochen habe. Das Schweigen des gemeinsamen Unternehmens zu diesem Punkt habe sie daran gehindert, ihr Angebot anzupassen, den Inhalt des Lastenhefts anzufechten oder vor der Zustellung der Vergabeentscheidung eine Verwaltungsbeschwerde oder Klage einzureichen. 144. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 145. Zum einen ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht nicht zutrifft, da das gemeinsame Unternehmen die Klägerin in dem an sie gerichteten Ersuchen um Klarstellung (siehe oben, Randnr. 18) darauf hingewiesen hat, dass „[w]enn [s]ie nicht bestätig[t], dass [s]ie die Vertragsbestimmungen akzeptier[t], … [das Angebot] ohne weitere Prüfung abgelehnt [wird]“. 146. Zum anderen ist ergänzend festzustellen, dass dieses Argument ins Leere geht, da keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz dem öffentlichen Auftraggeber in einem offenen Verfahren vorschreibt, einen Bieter darauf hinzuweisen, dass sein Angebot nicht mit den Anforderungen des Lastenhefts vereinbar sei. Selbst wenn somit das gemeinsame Unternehmen die Klägerin nicht darauf hingewiesen hätte, dass seines Erachtens die Vorbehalte dazu führen, dass das Angebot den Bedingungen widerspreche, hätte das Schweigen zu diesem Punkt keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung gehabt. 147. Daher ist die Rüge der Klägerin, das gemeinsame Unternehmen habe es unterlassen, sie darauf hinzuweisen, dass das Angebot aufgrund der Vorbehalte abgelehnt werden könne, als in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffend und im Übrigen ins Leere gehend zurückzuweisen. – Zur Rüge, unverhältnismäßige Ausschreibungsbedingungen hätten die Qualität des Angebots vermindert 148. Im Rahmen des vierten Teils des zweiten Klagegrundes vertritt die Klägerin die Auffassung, die übermäßigen Anforderungen an die Bieter hätten eine negative Auswirkung auf ihren Angebotspreis gehabt, da die Produktionskosten auf ungerechtfertigte Weise erhöht worden seien. 149. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 150. Da das Angebot ohne Prüfung abgelehnt wurde, greift das vorliegende Argument nicht durch und muss zurückgewiesen werden. Der Angebotspreis und seine anderen Merkmale hatten nämlich auf seine Ablehnung keine Auswirkung. 151. In Bezug auf die Begründetheit dieses Arguments wurde jedenfalls die Unverhältnismäßigkeit der den Bietern vom gemeinsamen Unternehmen vorgeschriebenen Anforderungen nicht nachgewiesen. 152. Zum einen konnte die Klägerin aus den oben in den Randnrn. 96 bis 108 dargelegten Gründen nicht nachweisen, dass der Lieferplan nicht objektiv gerechtfertigt war. 153. Zum anderen hat die Klägerin die Gründe nicht dargelegt, aus denen sie die anderen Anforderungen als den Lieferplan, auf die sich die von ihr geäußerten Vorbehalte beziehen, für unverhältnismäßig hält. 154. Daraus folgt, dass der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht dargetan worden ist. Folglich kann die Klägerin nicht beanstanden, dass diese Anforderungen eine Auswirkung auf die Qualität des Angebots hatten. 155. Vor diesem Hintergrund ist die Rüge der Klägerin, unverhältnismäßige Ausschreibungsbedingungen hätten die Qualität des Angebots vermindert, als ins Leere gehend zurückzuweisen und im Übrigen jedenfalls unbegründet. – Zu den Folgen der Teilnahme von Bediensteten der ENEA am Angebotsprüfungsverfahren 156. Im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes beanstandet die Klägerin die Teilnahme eines Bediensteten der ENEA am Angebotsprüfungsverfahren. Herr M. hätte nämlich somit als Mitglied des Exekutivausschusses beim Ausschluss des Angebots eine entscheidende Rolle spielen können. 157. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 158. Aus denselben Gründen wie den oben in den Randnrn. 120 und 121 angeführten hängt die Begründetheit des Vorbringens der Klägerin, die Bediensteten der ENEA hätten ihre Mitgliedschaft im Vorstand und im Exekutivausschuss des gemeinsamen Unternehmens nutzen können, um den Erlass der Ablehnungsentscheidung zu beeinflussen, von der Rolle ab, die diese Organe beim Erlass dieser Entscheidung tatsächlich spielten. 159. Aus den Erklärungen des gemeinsamen Unternehmens, die die Klägerin nicht bestritten hat, ergibt sich jedoch, dass die von der Klägerin und dem ICAS-Konsortium eingereichten Angebote von einem Prüfungsausschuss geprüft wurden, der vorschlug, das Angebot wegen seiner Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen abzulehnen. Außerdem steht fest, dass kein Bediensteter der ENEA diesem Ausschuss angehörte. 160. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedschaft eines Bediensteten der ENEA im Vorstand keine Auswirkung auf den Erlass der Ablehnungsentscheidung haben konnte, da die Klägerin nicht bestreitet, dass sich dieses Organ an keiner Phase des Verfahrens der Auswahl der Angebote beteiligte. 161. Gleiches gilt für die Mitgliedschaft von Herrn M. im Exekutivausschuss, obwohl dieses Organ vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen zu Rate gezogen wurde. 162. Es ergibt sich nämlich aus Art. 124 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen, dass sich die Befugnisse des Exekutivausschusses auf die Billigung der Ergebnisse der Prüfung durch den Auswahlausschuss und insbesondere auf die Bestätigung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens beschränken. Außerdem ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich der Exekutivausschuss in Bezug auf das Angebot darauf beschränkt hat, die Erklärungen des Prüfungsausschusses zu billigen, wonach dieses nicht mit Anforderungen nach den Ausschreibungsunterlagen vereinbar war. Das gemeinsame Unternehmen war jedoch, wie oben in den Randnrn. 131 bis 141 festgestellt wurde, gehalten, das Angebot abzulehnen, da es nicht den Anforderungen entsprach. Daher hatte unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Tätigkeit des Exekutivausschusses keine Auswirkung auf den Inhalt der Entscheidung, die das gemeinsame Unternehmen in Bezug auf das Angebot zu treffen hatte. Unter diesen Umständen liegt der von der Klägerin behauptete Interessenkonflikt hinsichtlich der Teilnahme eines Mitglieds der ENEA an der Sitzung des Exekutivausschusses, in der der ordnungsgemäße Ablauf des Prüfungsverfahrens bestätigt wurde, nicht vor, ohne dass die Begründetheit der vom gemeinsamen Unternehmen vorgetragenen Rechtfertigungsgründe betreffend die Passivität dieses Mitglieds bei der in Rede stehenden Sitzung geprüft zu werden brauchte. 163. Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerin betreffend das Vorliegen eines Interessenkonflikts aufgrund der Teilnahme eines Bediensteten der ENEA an der Sitzung, in der der Exekutivausschuss über den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens der Angebotsprüfung entschied, als unbegründet zurückzuweisen ist. – Zur Behauptung, die ENEA habe vertrauliche Informationen besessen, die die Klägerin betroffen hätten 164. Zum Vorbringen der Klägerin, ein Mitarbeiter der ENEA habe im Rahmen einer Dienstreise für die Internationale ITER-Organisation möglicherweise Zugang zu Informationen über eine Gesellschaft der Nexans Gruppe in Korea gehabt, genügt der Hinweis, dass dieser Umstand, sein Vorliegen einmal unterstellt, keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Gründe haben konnte, auf die die Ablehnungsentscheidung gestützt ist, und dass folglich diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen ist. 165. Nach alledem kann die Klägerin, vorbehaltlich der nun vorzunehmenden Prüfung des Vorbringens zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, die Ablehnung ihres Angebots durch das gemeinsame Unternehmen nicht beanstanden. Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes 166. Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend. Das gemeinsame Unternehmen habe gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem es ihr mehrmals zugesichert habe, dass es ihr Angebot nicht ablehnen werde. 167. Dazu beruft sich die Klägerin auf Punkt 4.1 des Lastenhefts, das Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18), auf Zusicherungen, die ihr während des Gesprächs vom 25. März 2010 gemacht worden seien (siehe oben, Randnr. 24), das Schreiben vom 13. April 2010 (siehe oben, Randnr. 25) sowie schließlich auf die Tatsache, dass das gemeinsame Unternehmen absichtlich „zwischen November 2009 und Mai 2010 eine unklare Situation geschaffen hat, indem es die Zulässigkeit ihres Angebots im Zweifel gelassen hat“. 168. Das gemeinsame Unternehmen tritt diesem Vorbringen entgegen. 169. Eine Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist möglich, wenn die Unionsverwaltung dem Betroffenen von zuständiger und zuverlässiger Seite präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen macht, diese Zusicherungen außerdem geeignet sind, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken und sie den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteile des Gerichts vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission, T-271/04, Slg. 2007, II-1375, Randnrn. 108 und 138, und vom 4. Februar 2009, Omya/Kommission, T-145/06, Slg. 2009, II-145, Randnr. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). 170. Keine der Stellungnahmen, die die Klägerin dem gemeinsamen Unternehmen zurechnet, erfüllt die oben angeführten Anforderungen. 171. Zunächst kann, wie festgestellt wurde, Punkt 4.1 des Lastenhefts das Vorbringen der Klägerin nicht stützen, da er klar darauf hinweist, dass die Einhaltung des Mustervertrags und des Lieferplans ohne Abweichung eine Bedingung für die Vereinbarkeit der Angebote mit dem Auftragsgegenstand darstellt. Derselbe Punkt verweist außerdem klar auf die Möglichkeit des gemeinsamen Unternehmens, jeden Vorbehalt unberücksichtigt zu lassen und Angebote, die nicht den Anforder ungen entsprechen, abzulehnen. Daher entbehrt das Vorbringen der Klägerin, Punkt 4.1 des Lastenhefts stelle eine präzise Zusicherung dar, dass das Angebot trotz der Vorbehalte geprüft werde, der Grundlage. 172. Sodann wurde die Klägerin im Schreiben vom 19. November 2009 (siehe oben, Randnr. 18) klar darauf hingewiesen, dass das Angebot abgelehnt werden könnte, es sei denn die Vorbehalte hätten keinerlei Vertragscharakter. Ein solcher Hinweis stellt offensichtlich keine präzise Zusicherung dar, dass das Angebot trotz der Vorbehalte geprüft werde. 173. Ferner erbringt die Klägerin keinen Beweis dafür, dass ihr solche Zusicherungen während des Gesprächs vom 25. März 2010 gemacht wurden. Das gemeinsame Unternehmen bestreitet seinerseits die Behauptungen der Klägerin nachdrücklich, indem es umfassende Zeugenaussagen seiner Mitarbeiter vorlegt. Unter diesen Umständen hat die Klägerin die ihr im vorliegenden Fall obliegende Beweisführungspflicht nicht erfüllt. 174. Außerdem enthielt auch das Schreiben vom 13. April 2010 keine Zusicherung, aufgrund derer sich die Klägerin erhoffen konnte, dass ihr Angebot geprüft würde. In diesem Schreiben (siehe oben, Randnr. 25) wurde nämlich gegenüber der Klägerin nur klargestellt, dass das Prüfungsverfahren gerade im Gange sei, das gemeinsame Unternehmen bis zu seinem Abschluss keine Informationen zum Verfahren preisgeben könne und die Klägerin die von ihr verlangten Klarstellungen vorgenommen habe. Die Klarstellungen, auf die sich dieses Schreiben bezieht, sind nämlich die, die die Klägerin in Beantwortung des ihr übermittelten Klarstellungsersuchens abgegeben hatte und die die Frage betrafen, ob die im Angebot geäußerten Vorbehalte unberücksichtigt gelassen werden konnten oder nicht (siehe oben, Randnrn. 18 bis 21). 175. Schließlich erfüllte selbst unter der Annahme, dass, wie die Klägerin vorbringt, das gemeinsame Unternehmen „zwischen November 2009 und Mai 2010 eine unklare Situation geschaffen hat, indem es die Zulässigkeit ihres Angebots im Zweifel gelassen hat“, was im Übrigen nach allen vorangehenden Feststellungen widerlegt ist, dieser Umstand jedenfalls nicht die Anforderungen der oben in Randnr. 169 angeführten Rechtsprechung, nach der es erforderlich ist, dass präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen gemacht werden. 176. Daher entbehrt das Vorbringen der Klägerin, die Ablehnungsentscheidung sei unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes erlassen worden, der Grundlage. 177. Folglich ist nach alledem der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung 178. Aus den oben in den Randnrn. 54 bis 58 dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Zurückweisung des Antrags auf Nichtigerklärung der Ablehnungsentscheidung zur Folge hat, dass die Klägerin den Nachweis schuldig geblieben ist, dass sie von der Vergabeentscheidung unmittelbar betroffen ist. Daraus folgt, dass die Klägerin keine Klagebefugnis gegen diese Entscheidung hat und die Anträge auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung als unzulässig zurückzuweisen sind. 2. Zum Antrag auf Schadensersatz 179. Nach Art. 9 Abs. 2 der Entscheidung 2007/198 ersetzt das gemeinsame Unternehmen im Bereich der außervertraglichen Haftung die von seinen Bediensteten in Ausübung ihrer Tätigkeit verursachten Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Insoweit hängt die außervertragliche Haftung des gemeinsamen Unternehmens vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. entsprechend, zur Haftung der Union und der Euratom, Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, und vom 27. März 1990, Grifoni/Kommission, C-308/87, Slg. 1990, I-1203, Randnr. 6; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T-175/94, Slg. 1996, II-729, Randnr. 44). 180. Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag auf Schadensersatz insgesamt zurückzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C-146/91, Slg. 1994, I-4199, Randnrn. 19 und 81, und Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2002, Förde-Reederei/Rat und Kommission, T-170/00, Slg. 2002, II-515, Randnr. 37). 181. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung stützt die Klägerin ihren Antrag auf Schadensersatz auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen. 182. Aus der Prüfung der Anträge der Klägerin auf Nichtigerklärung ergibt sich jedoch, dass ihr Vorbringen, die Ablehnungsentscheidung sei rechtswidrig, unbegründet ist. Der vorliegende Antrag auf Schadensersatz ist daher zurückzuweisen, soweit er sich auf die behaupteten Rechtsfehler in der Ablehnungsentscheidung stützt. 183. Zum Umfang der Haftung des gemeinsamen Unternehmens, die sich aus der Vergabeentscheidung ergeben könnte, deren Rechtmäßigkeit im Rahmen der Prüfung der Anträge der Klägerin auf Nichtigerklärung nicht beurteilt wurde, ist zunächst zu prüfen, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Schädigung der Klägerin und dieser Entscheidung festgestellt werden kann, ob die Schädigung nachgewiesen wurde und ob der Schaden ersatzfähig ist. 184. Der erste Schaden, auf den sich die Klägerin beruft, besteht in den Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren. Aus der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung ergibt sich jedoch, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hatte, den Auftrag zu erhalten, da das Angebot ohne Prüfung abgelehnt werden musste. Die Ausgaben der Klägerin für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren haben daher unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Vergabeentscheidung zu ihren Lasten zu gehen, da sie sich selbst in eine Lage brachte, in der ausgeschlossen war, dass sie den Auftrag erhalten konnte. Unter diesen Umständen ist der Kausalzusammenhang zwischen dem ersten behaupteten Schaden und der Vergabeentscheidung nicht nachgewiesen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass dieser Schaden nicht ersatzfähig ist, da nach Punkt 4.1 des Lastenhefts „Ausgaben für die Vorbereitung und Einreichung des Angebots … [vom gemeinsamen Unternehmen] nicht erstattet [werden]“. 185. Der zweite behauptete Schaden besteht in den Kosten, die der Klägerin für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen entstanden sind. Insoweit kann dem Antrag auf Ersatz des zweiten Schadens nicht stattgegeben werden, ohne der Klägerin aus demselben Grund zweimal Schadensersatz zu gewähren, da die Klägerin die Verurteilung des gemeinsamen Unternehmens zu den Kosten beantragt. Selbst wenn man unterstellt, die Vergabeentscheidung sei rechtswidrig, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass festgestellt wurde, dass der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung unzulässig war und unter diesen Umständen die Kosten, die sie zu diesem Zweck aufgewendet haben soll, keinen ersatzfähigen Schaden darstellen können. 186. Der dritte und der vierte behauptete Schaden betreffen den Verlust der Chance, den Auftrag zu erhalten, und den Verlust des Wettbewerbsvorteils, den die Auftragserteilung der Klägerin verschafft hätte. Dazu ergibt sich aus der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung, dass die Klägerin keine Chance hatte, den Auftrag zu erhalten. Es besteht daher kein Kausalzusammenhang zwischen der Vergabeentscheidung und dem behaupteten Verlust der Chance und des Wettbewerbsvorteils. 187. Daraus folgt, dass für jeden der von der Klägerin behaupteten Schäden zumindest eine der nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen fehlt, der Antrag auf Schadensersatz daher zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen ist. 3. Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen 188. Die Klägerin hat beantragt, dem gemeinsamen Unternehmen im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Vorlage des technischen und kaufmännischen Angebots des ICAS-Konsortiums und des mit diesem Konsortium am 9. Dezember 2010 geschlossenen Vertrags, allenfalls in nicht vertraulicher Fassung, aufzugeben. 189. Das gemeinsame Unternehmen hat eine nicht vertrauliche Fassung des Vertrags sowie den in Anhang B des Vertrags enthaltenen Lieferplan vorgelegt, tritt dem Antrag jedoch im Übrigen entgegen. 190. Da der vom ICAS-Konsortium geschlossene Vertrag vorgelegt wurde und die Klägerin den Umfang der vom gemeinsamen Unternehmen auferlegten Vertraulichkeit nicht gerügt hat, ist über den Antrag auf prozessleitende Maßnahmen betreffend dieses Dokument nicht mehr zu entscheiden. 191. Da das Angebot des ICAS-Konsortiums zur Lösung des vorliegenden Rechtsstreits nichts beitragen kann, da es keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung hat, ist der auf seine Vorlage abzielende Antrag auf prozessleitende Maßnahmen zurückzuweisen. Kosten 192. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des gemeinsamen Unternehmens die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen. Tenor Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Nexans France trägt die Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.
BESCHLUSS DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer) 21. Februar 2013.#Luigi Marcuccio gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Soziale Sicherheit – Schwere Krankheit – Erstattung von Krankheitskosten – Entscheidung der Kommission, mit der die Erstattung der dem Kläger entstandenen Krankheitskosten zu 100 % abgelehnt wird – Begründungspflicht – Art. 72 des Statuts – Vom Ärztebeirat aufgestellte Kriterien – Vorlage des Gutachtens des Vertrauensarztes im Laufe des Verfahrens – Zuständigkeit des Leiters der Abrechnungsstelle – Offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel.#Rechtssache T‑85/11 P.
62011TO0085
ECLI:EU:T:2013:90
2013-02-21T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – Sammlung von Rechtssachen im öffentlichen Dienst
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Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 12. Dezember 2012.#Ecka Granulate GmbH & Co. KG und non ferrum Metallpulver GmbH & Co. KG gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrien im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Geldbußen – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen – Einrede der Rechtswidrigkeit – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Verhältnismäßigkeit – Leistungsfähigkeit.#Rechtssache T‑400/09.
62009TJ0400
ECLI:EU:T:2012:675
2012-12-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
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Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 12. Dezember 2012.#Almamet GmbH Handel mit Spänen und Pulvern aus Metall gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und des Vereinigten Königreichs – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Verteidigungsrechte – Nachprüfungsbefugnisse der Kommission – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Verhältnismäßigkeit – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen.#Rechtssache T‑410/09.
62009TJ0410
ECLI:EU:T:2012:676
2012-12-12T00:00:00
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Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012.#Nynäs Petroleum AB und Nynas Belgium AB gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Markt für Straßenbaubitumen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechnung der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Erheblicher Mehrwert – Gleichbehandlung.#Rechtssache T-347/06.
62006TJ0347
ECLI:EU:T:2012:480
2012-09-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62006TJ0347 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 27. September 2012 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Geldbußen — Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren — Erheblicher Mehrwert — Gleichbehandlung“ In der Rechtssache T-347/06 Nynäs Petroleum AB mit Sitz in Stockholm (Schweden), Nynas Belgium AB mit Sitz in Stockholm, Prozessbevollmächtigte: A. Howard, Barrister, M. Dean und D. McGowan, Solicitors, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt L. Gyselen, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]), hilfsweise wegen Ermäßigung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter), Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2011 folgendes Urteil Sachverhalt 1 Der Nynas-Konzern ist hauptsächlich im Bereich der Erzeugung und der Vermarktung von Bitumen und Naphta-Spezialölen tätig. Nynäs Petroleum AB (im Folgenden: Nynäs AB), die Muttergesellschaft des Nynas-Konzerns, mit Sitz in Schweden, betrieb das Bitumengeschäft in Kontinentaleuropa über die belgische Gesellschaft Nynas NV/SA (im Folgenden: Nynas NV), die sich zu 100 % in ihrer Hand befand und die in einer Raffinerie in Antwerpen (Belgien) Bitumen herstellte und einen Teil davon in den Niederlanden vermarktete. Am 14. Februar 2003 wurde der Vertrieb von Bitumen von Nynas NV auf Nynas Belgium AB (im Folgenden: Nynas Belgium), eine zu 100 % von Nynäs AB gehaltene schwedische Tochtergesellschaft, übertragen. Am 31. Dezember 2007 wurden die Aktiva der Nynas Belgium auf Nynas NV übertragen, aber Nynas Belgium hält weiterhin 99,99 % von deren Aktien. 2 Mit Schreiben vom 20. Juni 2002 zeigte British Petroleum (im Folgenden: BP) der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an, dass auf dem niederländischen Straßenbaubitumenmarkt ein mutmaßliches Kartell bestehe, und beantragte gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) den Erlass von Geldbußen. 3 Am 1. und 2. Oktober 2002 nahm die Kommission u. a. in den Räumlichkeiten von Nynas NV in Belgien unangekündigte Nachprüfungen vor. Am 30. Juni 2003 versandte die Kommission an mehrere Gesellschaften, u. a. an Nynas NV, Auskunftsverlangen. Nachdem Nynas Belgium der Kommission mitgeteilt hatte, dass sie das Bitumengeschäft von Nynas NV übernommen habe, richtete die Kommission am 23. Juli 2003 ein neues Auskunftsverlangen an Nynas Belgium, auf das diese am 2. Oktober 2003 antwortete. Die Kommission versandte am 10. Februar 2004 ein weiteres Auskunftsverlangen, auf das Nynäs AB am 25. März 2004 antwortete, und ein Letztes am 5. April 2004, auf das diesmal Nynas Belgium am 22. Mai 2004 und ergänzend am 19. Oktober 2004 antwortete. 4 Am 18. Oktober 2004 leitete die Kommission ein Verfahren ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie am 19. Oktober 2004 an mehrere Unternehmen, u. a. an die Klägerinnen Nynäs AB und Nynas Belgium übersandte. Am 24. Mai 2005 antworteten die Klägerinnen getrennt auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte. 5 Nach der Anhörung der betroffenen Gesellschaften am 15. und 16. Juni 2005 ergänzten die Klägerinnen ihre Erklärungen, die ExxonMobil, eine Bitumenlieferantin, gegen die die Kommission keine Sanktionen verhängt hat, betrafen und die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte verwendet und von mehreren Teilnehmern an der Anhörung in Frage gestellt worden waren. Diese Ergänzungen wurden allen Teilnehmern an der Anhörung mitgeteilt und riefen verschiedene Reaktionen hervor. 6 Am 13. September 2006 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 4090 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. Juli 2007 (ABl. L 196, S. 40) veröffentlicht ist und die den Klägerinnen am 26. September 2006 zugestellt wurde. 7 In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, an einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG gewesen seien, die darin bestanden habe, dass sie während der betreffenden Zeiträume für den Verkauf und Einkauf von Straßenbaubitumen in den Niederlanden regelmäßig gemeinsam den Bruttopreis, einen einheitlichen Rabatt auf den Bruttopreis für an dem Kartell beteiligte Straßenbauunternehmen und einen geringeren maximalen Rabatt auf den Bruttopreis für sonstige Straßenbauunternehmen festgesetzt hätten. 8 Bei den Klägerinnen wurde festgestellt, dass sie für diese Zuwiderhandlung vom 1. April 1994 bis 15. April 2002 mitverantwortlich gewesen seien, und es wurde gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 13,5 Mio. Euro festgesetzt, für die sie gesamtschuldnerisch haften. 9 Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße stufte die Kommission die Zuwiderhandlung, obwohl der relevante räumliche Markt begrenzt war, aufgrund ihrer Art als besonders schwer ein (Randnr. 316 der angefochtenen Entscheidung). 10 Um jeweils der spezifischen Bedeutung des rechtswidrigen Verhaltens der einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen und dessen tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen, differenzierte die Kommission bei den betroffenen Unternehmen nach der am Marktanteil gemessenen Bedeutung auf dem relevanten Markt und teilte sie in sechs Kategorien ein. 11 Bei den Klägerinnen ergab sich so ein Ausgangsbetrag von 7,5 Mio. Euro (Randnr. 322 der angefochtenen Entscheidung). 12 Zur Dauer der Zuwiderhandlung stellte die Kommission fest, die Klägerinnen hätten eine Zuwiderhandlung von langer Dauer begangen, da diese länger als fünf Jahre gedauert habe, und legte eine Gesamtdauer von acht Jahren, vom 1. April 1994 bis zum 15. April 2002, zugrunde; sie erhöhte den Ausgangsbetrag daher um 80 % (Randnr. 326 der angefochtenen Entscheidung). Der anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung festgelegte Grundbetrag der Geldbuße wurde für die Klägerinnen also auf 13,5 Mio. Euro festgesetzt (Randnr. 335 der angefochtenen Entscheidung). 13 Die Kommission berücksichtigte bei den Klägerinnen keinen erschwerenden Umstand. Sie war außerdem der Ansicht, dass kein mildernder Umstand anerkannt werden könne, da ein eventuelles Kartellverhalten auf einer dritten Ebene, von dem das Unternehmen Nynas (im Folgenden: Nynas) ausgeschlossen gewesen sei, nicht als solcher berücksichtigt werden könne (Randnr. 354 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission wies schließlich auch den Antrag der Klägerinnen zurück, ihre aktive Zusammenarbeit, nämlich die Antworten auf die Auskunftsverlangen, die Einräumung des Sachverhalts und die Verfolgung einer entsprechenden Politik der Repression und Prävention als mildernden Umstand anzuerkennen (Randnrn. 367 bis 371 der angefochtenen Entscheidung). 14 Die Kommission wandte die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht an, da sie der Auffassung war, dass die von den Klägerinnen übermittelten Informationen keinen erheblichen Mehrwert darstellten (Randnrn. 389 bis 393 der angefochtenen Entscheidung). Verfahren und Anträge der Parteien 15 Mit Klageschrift, die am 4. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben. 16 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts den Parteien schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben diese Fragen fristgerecht beantwortet. 17 In der Sitzung vom 15. Juni 2011 haben die Parteien mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet. 18 Da ein Mitglied der Sechsten Kammer verhindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung sich selbst dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen. 19 Mit Beschluss vom 18. November 2011 hat das Gericht (Sechste Kammer) in seiner neuen Zusammensetzung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet, und die Parteien sind darauf hingewiesen worden, dass sie in einer erneuten mündlichen Verhandlung gehört würden. 20 Mit Schreiben vom 25. und vom 28. November 2011 haben die Kommission und die Klägerinnen dem Gericht jeweils mitgeteilt, dass sie auf eine erneute Anhörung verzichteten. 21 Der Präsident des Gerichts hat daraufhin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu schließen. 22 Die Klägerinnen beantragen, — Art. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären soweit Nynäs AB darin für die Zuwiderhandlung gemeinsam und gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wird; — Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er eine Geldbuße in Höhe von 13,5 Mio. Euro gegen sie verhängt, oder hilfsweise diese Geldbuße in angemessenem Umfang zu ermäßigen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 23 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Entscheidung 24 Zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Entscheidung führen die Klägerinnen einen einzigen Klagegrund an, und zwar offensichtliche Beurteilungsfehler und einen Rechtsfehler der Kommission, indem sie Nynäs AB die Verantwortung ihrer Tochtergesellschaft Nynas NV zugerechnet habe. Zum Rechtsfehler Vorbringen der Parteien 25 Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Kommission die Rechtsprechung zur Zurechnung der Handlungen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C-286/98 P, Slg. 2000, I-9925, Randnrn. 27 bis 30) fehlerhaft angewandt habe und dass eine Muttergesellschaft tatsächlich aktiv an den Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaft beteiligt gewesen sein müsse, damit ihr die Verantwortung dafür zugerechnet werden könne. 26 In ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts hinsichtlich der Folgerungen, die aus den Urteilen des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237), und vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission (C-90/09 P, Slg. 2011, I-1), zu ziehen seien, haben die Klägerinnen ihr Vorbringen zur Auslegung der auf dem Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, oben in Randnr. 25 angeführt, beruhenden Rechtsprechung im ersten Teil ihres einzigen Nichtigkeitsgrundes fallen gelassen, was vom Gericht in den Akten vermerkt wurde. Sie haben jedoch ihr Vorbringen zu den Modalitäten der Widerlegung der Vermutung beibehalten, dass eine Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt, die von ihr zu 100 % gehalten wird. 27 Somit kann nach Ansicht der Klägerinnern eine Vermutung, nach der eine Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften ausübe, ab dem Zeitpunkt widerlegt werden, zu dem die Muttergesellschaft nachweise, dass ihre Tochtergesellschaft unabhängig gehandelt habe. Die Kommission habe aber die Rechtsprechung nicht korrekt ausgelegt, da sie von einer Muttergesellschaft fordere, den Nachweis zu erbringen, dass sie von ihrer Weisungsbefugnis gegenüber ihrer Tochtergesellschaft keinen Gebrauch gemacht habe und dass diese Tochtergesellschaft alle ihre strategischen Entscheidungen getroffen habe, ohne sie ihr unterbreitet zu haben. Ein solcher Beweis könne in der Praxis nicht erbracht werden und widerspreche dem Grundsatz der persönlichen Verantwortung (Urteil vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T-45/98 und T-47/98, Slg. 2001, II-3757, Randnr. 63). 28 Die Klägerinnen sind nämlich der Ansicht, dass eine Muttergesellschaft immer gehalten sei, Einfluss, selbst wenn er gering sei, auf ihre Tochtergesellschaft auszuüben. Nach schwedischem Recht müssten Muttergesellschaften zum Schutz von Aktionären und Dritten bestimmte Bedingungen hinsichtlich der Kontrolle ihrer Tochtergesellschaften erfüllen, wie die Zustimmung zu Transaktionen ab einer bestimmten Höhe, die Beachtung interner Berichtspflichten oder die Einrichtung konsolidierter Konten. Somit sei es Sache der Kommission, zu beurteilen, ob die Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft auf dem relevanten Markt und nicht in abstrakt-genereller Weise ausgeübt hat. 29 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerinnen in vollem Umfang zurück. Würdigung durch das Gericht 30 Die Kommission vertrat in der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 252 bis 264) die Ansicht, dass, obwohl Nynas NV die unmittelbar an dem Kartell beteiligte Rechtspersönlichkeit gewesen sei, Nynäs AB als Muttergesellschaft, die sie zu 100 % hielt, im Zuwiderhandlungszeitraum einen entscheidenden Einfluss auf ihre Handelspolitik ausüben konnte. 31 Zunächst ist festzustellen, dass das Wettbewerbsrecht der Union die Tätigkeit von Unternehmen betrifft (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnr. 59) und dass der Begriff „Unternehmen“ im Sinne von Art. 81 EG wirtschaftliche Einheiten umfasst, die jeweils in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel bestehen, mit der dauerhaft ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und die an einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Vorschrift beteiligt sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Zusammenhang ist unter dem Begriff „Unternehmen“ eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C-217/05, Slg. 2006, I-11987, Randnr. 40). 32 Das wettbewerbswidrige Verhalten eines Unternehmens, das sein Marktverhalten nicht selbständig bestimmt, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen und rechtlichen Bindungen zu einem anderen Unternehmen im Wesentlichen dessen Weisungen befolgt hat, kann dem anderen Unternehmen zugerechnet werden (Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C-294/98 P, Slg. 2000, I-10065, Randnr. 27, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 117, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 58). Das Verhalten einer Tochtergesellschaft kann daher der Muttergesellschaft zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, da diese beiden Unternehmen dann eine wirtschaftliche Einheit bilden (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Randnrn. 133 und 134). 33 Nicht ein zwischen Mutter- und Tochterunternehmen in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im vorstehend genannten Sinne darstellen, gibt somit der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen einer Unternehmensgruppe zu richten. Nach dem Wettbewerbsrecht der Union stellen nämlich verschiedene Gesellschaften, die zum selben Konzern gehören, eine wirtschaftliche Einheit und somit ein Unternehmen im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG dar, wenn sie ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T-203/01, Slg. 2003, II-4071, Randnr. 290). 34 In dem speziellen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die eine Zuwiderhandlung begangen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und zum anderen besteht eine widerlegliche Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 35 Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um zu vermuten, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft als gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen die Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße haftbar ansehen, sofern die Muttergesellschaft, der die Widerlegung dieser Vermutung obliegt, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (Urteile Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 29, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 61). 36 Die Klägerinnen vertreten die Auffassung, so wie sie von der Kommission ausgelegt werde, sei die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft ausübe, unwiderlegbar. 37 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es jedoch, um die Vermutung zu widerlegen, dass eine Muttergesellschaft, die 100 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf diese ausübt, Sache dieser Muttergesellschaft, der Kommission und später gegebenenfalls dem Unionsrichter alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft zur Würdigung vorzulegen hat, die ihres Erachtens dem Nachweis dienen können, dass sie keine wirtschaftliche Einheit bilden und die von Fall zu Fall variieren und daher nicht abschließend aufgezählt werden können (Urteile Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 65, und General Química u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnrn. 51 und 52). Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen handelt es sich also um eine widerlegbare Vermutung, die zu widerlegen Sache der Klägerinnen ist. 38 Die Klägerinnen sind außerdem der Ansicht, dass die Verpflichtungen, denen eine Muttergesellschaft nach nationalem Recht unterliege, eine Widerlegung der genannten Vermutung unmöglich machten. Es ist jedoch festzustellen, dass eine Gesellschaft sich nicht auf eine nationale Regelung berufen kann, um sich den Regeln der Union zu entziehen, da die vom Unionsrecht verwendeten Begriffe grundsätzlich in der gesamten Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Februar 1972, Hagen, 49/71, Slg. 1972, 23, Randnr. 6). Aus den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen über das Bestehen einer solchen Vermutung und die Kriterien, nach denen sie widerlegt werden kann, ergibt sich jedenfalls, dass die Verpflichtungen, die das schwedische Recht den Muttergesellschaften gegenüber ihren Tochtergesellschaften auferlegt und mit denen zum Schutz von Aktionären und Dritten eine strenge Kontrolle der Tochtergesellschaften eingerichtet werden soll, die Vermutung der Kommission in Bezug auf die von Nynäs AB über ihre Tochtergesellschaft Nynas NV ausgeübte Kontrolle stärken. 39 Schließlich vertreten die Klägerinnen die Auffassung, so wie sie von der Kommission ausgelegt werde, widerspreche die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft ausübe, dem Grundsatz der persönlichen Verantwortung. Die Klägerinnen beziehen sich auf die Rechtsprechung, die auf dem Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, beruht, nach der eine natürliche oder juristische Person nur für solche Taten bestraft werden darf, die ihr individuell zur Last gelegt werden. Sie führen aus, dass die Kommission nach diesem Grundsatz von einer Muttergesellschaft nicht verlangen dürfe, dass sie, damit ihr die Verantwortung für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft nicht zugerechnet werde, nachweise, dass sie nicht von ihrer Weisungsbefugnis Gebrauch gemacht habe, um einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft auszuüben, und dass diese Tochtergesellschaft alle ihre strategischen Entscheidungen getroffen habe, ohne sie ihr vorzulegen. 40 Nach der Rechtsprechung stellt die Tatsache, dass die Muttergesellschaft eines Konzerns, die einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften ausübt, für die von Letzteren begangenen Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden kann, keinesfalls eine Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit dar, sondern ist vielmehr Ausdruck dieses Grundsatzes, weil die Muttergesellschaft und die ihrem bestimmenden Einfluss unterliegenden Tochtergesellschaften zusammen ein einziges Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union bilden, für das sie verantwortlich sind, und wenn dieses Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Wettbewerbsregeln verstößt, haften sämtliche juristische Personen, die Teil der Konzernstruktur sind, persönlich und gesamtschuldnerisch (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit von der Rechtsprechung anerkannt (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 145, vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C-279/98 P, Slg. 2000, I-9693, Randnr. 78, und vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C-280/06, Slg. 2007, I-10893, Randnr. 39), aber er ist auf Unternehmen anwendbar und nicht auf Gesellschaften. Auch diese Rüge greift daher nicht durch. 41 Nach alledem hat die Kommission keinen Rechtsfehler begangen, indem sie Nynäs AB die Verantwortung für die von ihrer Tochtergesellschaft Nynas NV begangene Zuwiderhandlung zugerechnet hat. Zu den offensichtlichen Beurteilungsfehlern im vorliegenden Fall bei der Zurechnung der Verantwortung an Nynäs AB Vorbringen der Parteien 42 Erstens hat die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die weitgehende geschäftliche Eigenständigkeit der Tochtergesellschaften in ihrem Konzern nicht beachtet habe. Ihr Organigramm zeige, dass Nynas NV für die Handelsgeschäfte und die strategischen Ausrichtung der Abteilung „Bitumen“ in den Niederlanden zuständig gewesen sei und dass ihre Schwestergesellschaften, die im Bitumengeschäft in Europa tätig seien, ihr die politischen und wichtigen operationellen Entscheidungen übertragen hätten. Aufgabe der Muttergesellschaft sei nur gewesen, bestimmten außergewöhnlichen Geschäften zuzustimmen, ohne die Eigenständigkeit von Nynas NV anzutasten. 43 Zweitens habe die Kommission das Verhalten von Nynäs AB und ihrer Tochtergesellschaft Nynas NV auf dem in Rede stehenden Markt offensichtlich falsch beurteilt. So habe die Kommission zum einen nicht beachtet, dass die Aufgabe von Nynas NV ausschließlich auf das Aushandeln von Verträgen und die Einstellung von Personal auf dem niederländischen Bitumenmarkt beschränkt gewesen sei, und zum anderen, dass sich die Funktion von Nynäs AB klar auf Fragen der Führungsstrategie, des globalen Risikos und der Koordination des Konzerns beschränkte, und dass ihr auf dem in Rede stehenden Markt keine Aufgabe zukam. Die Kommission habe somit Nynäs AB offensichtlich fehlerhaft eine entscheidende Stellung im Hinblick auf die Festlegung der Ziele und der Strategie für diesen Markt beigemessen, obwohl die Schwellenwerte, ab denen sie an den Entscheidungen von Nynas NV mitzuwirken gehabt habe, sehr hoch gewesen seien und die Geschäftsvorgänge, die ihrer Zustimmung bedurft hätten, Ausnahmen geblieben seien. Die Kommission habe im Übrigen kein Beweismaterial vorgelegt, das eine Beurteilung der Rolle von Nynäs AB bei dem in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhalten von Nynas NV ermögliche. 44 Drittens seien die Punkte, auf die sich die Kommission für ihre Auffassung gestützt habe, dass Nynäs AB tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf Nynas NV ausgeübt habe, sehr formalistisch. So habe sie Umständen wie der Existenz von Unterrichtungsmechanismen (Reporting) zwischen Nynas NV und Nynäs AB und von konsolidierten Konten oder der Beteiligung von Mitgliedern des Vorstands von Nynas NV an der Geschäftsleitung von Nynäs AB eine zu große Bedeutung beigemessen. Sie habe außerdem nicht berücksichtigt, dass sich die Aufgaben des „Chief Business Executive“ (Geschäftsbereichsleiter, im Folgenden: CBE) der Abteilung „Bitumen“ von Nynas NV auf die Übermittlung von Informationen und die Analyse der finanziellen Ergebnisse im Exekutivkomitee von Nynäs AB beschränkt habe. 45 Die Kommission widerspricht dem gesamten Vorbringen der Klägerinnen. Würdigung durch das Gericht 46 Hinsichtlich der Rügen, wonach die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie Nynäs AB die Zuwiderhandlung der Nynas NV zugerechnet habe, ist zu prüfen, ob die Klägerinnen Beweismaterial vorgelegt haben, das die Vermutung widerlegen kann, dass Nynäs AB einen bestimmenden Einfluss auf Nynas NV ausgeübt hat. 47 In den Randnrn. 252 bis 264 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission dar, sie habe in Anbetracht der zwischen den beiden Gesellschaften bestehenden Beteiligungsstruktur von 100 % vermuten können, dass Nynäs AB in der Zeit vom 1. April 1994 bis zum 15. April 2002 tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf Nynas NV ausgeübt habe. Weiter werde diese Vermutung zusätzlich von mehreren Merkmalen der Unternehmensstruktur gestützt. So übe Nynas NV innerhalb des Konzerns zwar die Funktion der Hauptverwaltung Europa für das Bitumengeschäft aus, doch sei sie nicht berechtigt, oberhalb eines Höchstvolumens ohne die Beteiligung von Nynäs AB bestimmte Entscheidungen zu treffen (Investitionsausgaben, Aushandeln und Abschluss von Verträgen, Vergabe von Krediten an Kunden und das Verschrotten von Anlagen). Im Übrigen entscheide die Muttergesellschaft mittels ihres Exekutivkomitees über die Zielsetzungen, die Strategien und die Leitlinien der gesamten Unternehmensgruppe und treffe auf hoher Unternehmensebene Entscheidungen über den Haushalt des Konzerns und ihre Großprojekte und übernehme die Koordinierungsfunktion. Darüber hinaus sei die Muttergesellschaft vertikal organisiert und delegiere bestimmte Befugnisse über die Ausschüsse an ihre Tochtergesellschaften. Schließlich gehörten zwei der drei Vorstandsmitglieder von Nynas NV zu Nynäs AB, bei der sie die Funktionen des Vorsitzenden und des „Chief refining officer“ ausübten, das dritte Mitglied des Vorstands von Nynas NV sei deren Vorsitzender, der auch dem Vorstand von Nynäs AB angehöre. – Zur Eigenständigkeit der Geschäftspolitik von Nynas NV 48 Zwar beschränkt sich nach der Rechtsprechung, wie oben in Randnr. 37 ausgeführt, die Beurteilung des Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft nicht auf die Prüfung der Geschäftspolitik im engeren Sinne, der Unionsrichter hat jedoch weiterhin die Möglichkeit, Aspekte der Geschäftspolitik zu berücksichtigen, um zu beurteilen, ob die beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilden. 49 Es ergibt sich u. a. aus dem „Organisation Book“ des Nynas-Konzerns, dass seine Struktur sehr integriert und hierarchisch ist. Der Konzern ist nach Geschäftsbereichen in drei Abteilungen unterteilt, von denen jede von einem CBE geleitet wird. Nynas NV ist somit die Abteilung, die für die operative Leitung und die Führung der täglichen Geschäfte sämtlicher Tochtergesellschaften zuständig ist, die zur Abteilung „Bitumen“ gehören. 50 Die Gesamtkoordination der Abteilungen wird vom Präsidenten der Nynäs AB sichergestellt, während für die tägliche Koordination aller Tochtergesellschaften auf Konzernebene tätige, nach Aufgaben spezialisierte Ausschüsse zuständig sind („Corporate Functional Managers“ und „Coordinators“), insbesondere im geschäftlichen Bereich. Diese Ausschüsse, von denen die meisten unmittelbar der Muttergesellschaft unterstellt sind, während manche direkt bei den Tochtergesellschaften angesiedelt sind, müssen alle Informationen unmittelbar dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Muttergesellschaft übermitteln. Die CBE jeder Abteilung sind ständige Mitglieder des Exekutivkomitees der Muttergesellschaft Nynäs AB, dem außerdem der Präsident und der Vizepräsident der Nynäs AB angehören. Dieses Exekutivkomitee hat die Aufgabe, auf hoher Konzernebene monatlich die Zielsetzungen, die Strategie, die Leitlinien und die Haushaltsentscheidungen des Konzerns, seine Großprojekte und seine funktionelle Koordinierung festzulegen. 51 Zwar tragen die Klägerinnen vor, die CBE übermittelten der Muttergesellschaft nur eine monatliche Analyse ihrer finanziellen Leistungen, ohne sie über die laufenden Entscheidungen über An- und Verkäufe zu informieren, die Prüfung der Organisation des Konzerns zeigt jedoch, dass die Muttergesellschaft über das Exekutivkomitee und die Fachausschüsse regelmäßig eng in die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften mit eingebunden ist. Die Klägerinnen haben im Übrigen kein Beweismaterial vorgelegt, das die Feststellung erlaubt, dass Nynäs AB nicht von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, einen bestimmenden Einfluss auf Nynas NV auszuüben. Außerdem kann die Tatsache, dass Nynas NV bis zu einer gewissen Höchstgrenze eine relativ eigenständige Geschäftspolitik betrieben hat, für sich allein nicht die Feststellung entkräften, dass Nynäs AB als 100%ige Aktionärin und in Anbetracht der Gesellschaftsstruktur des Konzerns tatsächlich einen entscheidenden Einfluss auf Nynas NV ausübte. 52 Die Klägerinnen sind im Übrigen der Ansicht, dass der Umstand, dass Nynas NV mit der operativen Leitung und der Führung der täglichen Geschäfte sämtlicher Tochtergesellschaften der Abteilung „Bitumen“ betraut gewesen sei und diese Tochtergesellschaften ihre Befugnisse, grundlegende Entscheidungen zur Politik und zu operativen Fragen zu erlassen, in einem „Management Service Agreement“ auf sie übertragen hätten, die Feststellung erlaube, dass ihre Aufgaben über die gewöhnlichen Aufgaben einer Tochtergesellschaft hinausgingen und dass sie somit weitgehend eigenständig gewesen sei. Jedoch wird vom Unionsrichter eingeräumt, dass, wenn eine Gesellschaft eine Schwestergesellschaft beaufsichtigt, die an einer Zuwiderhandlung beteiligt ist, die Kommission vermuten kann, dass die gemeinsame Muttergesellschaft diese Aufsichtsbefugnisse auf diese Schwestergesellschaft übertragen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Randnr. 129). Somit ist die Tatsache, dass Nynas NV im Bitumensektor über andere Gesellschaften des Konzerns eine gewisse Aufsicht ausgeübt hat, obwohl diese anderen Gesellschaften nicht ihre eigenen Tochtergesellschaften waren, ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass es zwischen Nynäs AB und Nynas NV hierarchische Kanäle gibt, da Letzterer die Kontrolle, die sie über ihre Schwestergesellschaften ausübt, nur von der Muttergesellschaft übertragen worden sein kann. – Zum Verhalten der Muttergesellschaft auf dem in Rede stehenden Markt und ihrer Rolle bei der Zuwiderhandlung 53 Die Klägerinnen tragen vor, dass die Kommission sich auf die Angaben hätte stützen müssen, die die Beurteilung der Rolle der Muttergesellschaft bei dem in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhalten erlaubt hätten, um davon auszugehen, dass sie für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar sein könne. Wie oben in Randnr. 33 ausgeführt, muss jedoch nach ständiger Rechtsprechung die Kontrolle der Muttergesellschaft über die Tochtergesellschaft nicht zwangsläufig einen Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Verhalten aufweisen (Urteile Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 59, und General Química u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnrn. 38, 102 und 103). Im Übrigen musste die Kommission keine den Umstand, dass Nynäs AB das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, ergänzenden Beweise vorlegen, um zu vermuten, dass Nynäs AB einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Tochtergesellschaft ausgeübt hat. Es ist folglich nicht notwendig, zu untersuchen, ob Nynäs AB auf die Zuwiderhandlung von Nynas NV tatsächlich Einfluss genommen hat. – Zur Berücksichtigung der zu formalistischen Merkmale 54 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe Merkmalen wie dem Vorhandensein von Informationsmechanismen zwischen Nynas NV und Nynäs AB und von konsolidierten Konten sowie der Beteiligung von Vorstandsmitgliedern von Nynas NV an der Geschäftsleitung von Nynäs AB zu große Bedeutung beigemessen. 55 Wie oben in Randnr. 37 ausgeführt, muss der Unionsrichter jedoch nach der Rechtsprechung bei der Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft sämtliche ihm von den Parteien vorgelegte Angaben in Bezug auf zwischen den beiden Gesellschaften bestehende organisatorische, wirtschaftliche, und rechtliche Verbindungen, deren Charakter und Bedeutung entsprechend den jedem Fall eigenen Merkmalen variieren kann, berücksichtigen (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 65). Zwar sind bestimmte Umstände, wie die Konsolidierung der Konten auf Konzernebene unerheblich (Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 108), andere Merkmale, die für sich allein den Nachweis einer wirtschaftlichen Einheit nicht erbringen können, können dennoch in ihrer Gesamtheit ein Bündel ausreichender übereinstimmender Hinweise darstellen. 56 Somit sind Merkmale zu berücksichtigen, die starke hierarchische Verbindungen zwischen den beiden Gesellschaften erkennen lassen, wie im vorliegenden Fall die Informationsmechanismen zwischen Tochter- und Muttergesellschaft und die gegenseitige Präsenz von leitenden Mitgliedern der einen Gesellschaft in den Entscheidungsgremien der anderen. Im Übrigen ist der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung irrtümlich erwähnt, dass der CBE von Nynas NV im Vorstand von Nynäs AB sei, während er im Exekutivkomitee von Nynäs AB sitzt, ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, da sich aus den Akten ergibt, dass das Exekutivkomitee von Nynäs AB eine grundlegende Rolle bei den Entscheidungen auf hoher Konzernebene spielt (siehe oben, Randnr. 50). 57 Nach alledem kann das von den Klägerinnen vorgelegte Beweismaterial nicht die Vermutung widerlegen, dass Nynäs AB dadurch, dass sie 100 % des Kapitals von Nynas NV hält, einen bestimmenden Einfluss auf die Politik von Nynas NV ausgeübt hat. Daher ist festzustellen, dass Nynäs AB mit ihrem Tochterunternehmen ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG darstellt, ohne dass geprüft werden müsste, ob Nynäs AB Einfluss auf das in Rede stehende Verhalten ausgeübt hat. Der erste Klagegrund ist folglich insgesamt zurückzuweisen. 58 Nach alledem sind die Klageanträge auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen. 2. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung 59 Die Klägerinnen machen zwei Klagegründe zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung geltend. Mit dem ersten Klagegrund werden offensichtliche Beurteilungsfehler, Rechtsfehler und die Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes durch die Kommission bei der Anwendung der Vorschriften von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gerügt, und der zweite Klagegrund zielt auf die Feststellung, dass die Kommission gemäß Nr. 3 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3) (im Folgenden: Leitlinien), außerhalb der Bestimmungen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 die aktive Zusammenarbeit der Klägerinnen hätte berücksichtigen müssen. Zur Ablehnung der Gewährung einer Ermäßigung auf der Grundlage der Vorschriften von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 60 Nr. 20 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bestimmt: „Unternehmen, die die Voraussetzungen [für einen Erlass der Geldbuße] in Abschnitt A nicht erfüllen, kann eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden, die andernfalls verhängt worden wäre.“ In Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 wird weiter ausgeführt: „Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen“. Darüber hinaus bestimmt Nr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002: „Der Begriff Mehrwert bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission im Allgemeinen schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts einen größeren Wert beimessen als solchen, die zeitlich später einzuordnen sind. Ebenso werden Beweismittel, die den fraglichen Sachverhalt unmittelbar beweisen, höher eingestuft als jene, die nur einen mittelbaren Bezug aufweisen.“ 61 Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass Nynas, ohne einen formalen Antrag auf Ermäßigung ihrer Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu stellen, in ihrer Erwiderung vom 2. Oktober 2003 auf das Auskunftsverlangen detaillierte Informationen geliefert hat. Diese Informationen beinhalteten u. a. eine neun Seiten umfassende genaue Beschreibung des Systems der Kartelltreffen, die von ihr nicht verlangt worden war, und stellten somit einen erheblichen Mehrwert dar. Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass diese Angaben ihr nicht geholfen hätten, die Sachverhalte zu beweisen, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits über Schriftstücke, die bei den Inspektionen beschlagnahmt worden seien, über Anträge auf Anwendung der Kronzeugenregelung von BP und Kuwait Petroleum und über bestimmte Antworten auf ihre am 30. Juni 2003 verschickte erste Serie von Auskunftsverlangen verfügt habe. Außerdem sei es ihr aufgrund dieser Beweise nicht möglich gewesen, neue wichtige Merkmale des Kartells festzustellen, insbesondere weil Nynas bestimmte Erklärungen zu ExxonMobil neu formuliert habe. Die Kommission war deshalb der Ansicht, dass sie Nynas, da sie keine Informationen mit einem erheblichen Mehrwert geliefert habe, keine Ermäßigung der Geldbuße in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 habe gewähren können (Randnrn. 389 bis 393 der angefochtenen Entscheidung). 62 Der Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Kommission in dem Bereich über ein gewisses Ermessen verfügt und dass die Kontrolle des Richters auf die Kontrolle eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers beschränkt ist. Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt eine Zusammenarbeit, die nicht über das hinausgeht, wozu die Unternehmen nach Art. 18 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) verpflichtet sind, nicht eine Ermäßigung der Geldbuße (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T-12/89, Slg. 1992, II-907, Randnrn. 341 und 342, und vom 14. Mai 1998, Cascades/Kommission, T-308/94, Slg. 1998, II-925, Randnr. 260). Dagegen ist eine solche Herabsetzung gerechtfertigt, wenn das Unternehmen Auskünfte gegeben hat, die weit über das hinausgehen, was die Kommission nach Art. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verlangen kann (Urteile des Gerichts Cascades/Kommission, Randnrn. 261 und 262, und vom 9. Juli 2003, Daesang und Sewon Europe/Kommission, T-230/00, Slg. 2003, II-2733, Randnr. 137). Die Herabsetzung einer Geldbuße aufgrund der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln festzustellen und zu verfolgen; außerdem muss das Verhalten ein Zeichen echter Zusammenarbeit sein. Das Gericht hat daher zum einen zu prüfen, ob die Kommission falsch beurteilt hat, inwieweit die Zusammenarbeit der fraglichen Unternehmen über das nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 erforderliche Maß hinausging. Insoweit übt es eine umfassende Kontrolle aus, die insbesondere die Grenzen betrifft, die sich aus den Verteidigungsrechten der Unternehmen für die Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsverlangen ergeben. Zum anderen hat das Gericht, wie im vorliegenden Fall, zu prüfen, ob die Kommission im Hinblick auf die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 den Nutzen einer Kooperation für den Nachweis der Zuwiderhandlung korrekt beurteilt hat. Innerhalb der durch diese Mitteilung vorgegebenen Grenzen verfügt die Kommission über ein Ermessen bei der Beurteilung der Frage, ob Auskünfte oder Schriftstücke, die die Unternehmen freiwillig geliefert haben, ihre Aufgabe erleichtert haben und ob einem Unternehmen ein Nachlass gemäß dieser Mitteilung zu gewähren ist. Diese Beurteilung unterliegt einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C-511/06 P, Slg. 2009, I-5843, Randnr. 152; Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T-259/02 bis T-264/02 und T-271/02, Slg. 2006, II-5169, Randnr. 529 bis 532, bestätigt vom Gerichtshof im Urteil vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Randnr. 249). 63 Im Übrigen ist die Kommission zwar verpflichtet, anzugeben, aus welchen Gründen sie der Ansicht ist, dass die von den Unternehmen im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gemachten Angaben einen Beitrag darstellen, der eine Herabsetzung der festgesetzten Geldbuße rechtfertigt oder auch nicht, demgegenüber haben aber die Unternehmen, die die entsprechende Entscheidung der Kommission anfechten wollen, nachzuweisen, dass diese in Ermangelung derartiger, von diesen Unternehmen freiwillig gelieferter Angaben nicht in der Lage gewesen wäre, die wesentlichen Elemente der Zuwiderhandlung zu beweisen und somit eine Entscheidung über die Festsetzung von Geldbußen zu erlassen (Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 297). 64 Im Rahmen der Anwendung der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207 S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) war der Unionsrichter der Ansicht, dass die Gewährung einer Ermäßigung der Geldbuße in Anwendung dieser Vorschriften voraussetzt, dass das betreffende Unternehmen als erstes Angaben macht, die für den Beweis des Bestehens des Kartells von entscheidender Bedeutung sind, und dass die Angaben zwar nicht unbedingt als solche für den Beweis des Bestehens des Kartells ausreichen, doch hierfür von entscheidender Bedeutung sein müssen. Es darf sich daher nicht nur um eine Orientierungshilfe für die von der Kommission durchzuführenden Untersuchungen handeln, sondern es müssen Angaben sein, die unmittelbar als Hauptbeweisgrundlage für eine Entscheidung herangezogen werden können, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird (Urteile vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T-15/02, Slg. 2006, II-497, Randnrn. 492, 493, 517, 518, 521, 522, 526 und 568, und Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T-26/02, Slg. 2006, II-713, Randnrn. 150, 156, 157 und 162). 65 Nach den Nrn. 7, 21 und 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 muss die Kommission den Beitrag, den das Unternehmen tatsächlich zum Nachweis des Kartells geleistet hat, sowohl hinsichtlich der Qualität als auch des Zeitpunkts beurteilen, und der Begriff „erheblicher Mehrwert“ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den Sachverhalt der Zuwiderhandlung nachzuweisen. So misst die Kommission Beweisen eine besondere Bedeutung bei, die ihr zusammen mit anderen Beweisen, die sie bereits besitzt, den Nachweis des Bestehens eines Kartells ermöglichen können, oder Beweisen, die ihr eine Verstärkung bereits vorliegender Beweise ermöglichen würden, oder solchen, die sich unmittelbar auf die Schwere oder die Dauer des Kartells auswirken würden. Dagegen ist das entscheidende Kriterium entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht darauf beschränkt, ob ein Unternehmen zur „Erleichterung der Aufgabe der Kommission beigetragen hat“. Die Rechtsprechung, auf die sich die Klägerinnen in dieser Hinsicht berufen möchten (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T-347/94, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 331) betrifft nicht die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und beschränkt sich jedenfalls darauf, zu bestätigen, dass ein Unternehmen, das ausdrücklich erklärt, den zur Last gelegten Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Rügen stützt, nicht zu bestreiten, als Unternehmen angesehen werden kann, das zur Erleichterung der Aufgabe der Kommission beigetragen hat, und deshalb in den Genuss einer Ermäßigung der Geldbuße kommen kann. 66 Im Übrigen kann der Umstand einer kontinuierlichen Zusammenarbeit eines Unternehmens nicht im Stadium der Beurteilung des erheblichen Mehrwerts der gelieferten Informationen berücksichtigt werden, da Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 die Berücksichtigung von Umfang und Kontinuität der Zusammenarbeit auf das Stadium beschränkt, in dem innerhalb einer bestimmten Bandbreite die genaue Höhe der Ermäßigung ermittelt wird, wenn die Kommission schon entschieden hat, dass die gelieferten Informationen einen erheblichen Mehrwert darstellen. 67 Im Licht dieser Grundsätze ist das Vorbringen der Klägerinnen zur Stützung ihres Klagegrundes zu untersuchen, in dem gerügt wird, die Kommission habe bei der Anwendung der Vorschriften in Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen und den Gleichheitsgrundsatz nicht beachtet. Zu den Rechtsfehlern – Vorbringen der Parteien 68 Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe drei Rechtsfehler begangen. So habe sie erstens bei der Beurteilung des Mehrwerts der gelieferten Informationen zu Unrecht im Stadium des vorläufigen Ergebnisses, das spätestens zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte stattfinden müsse, die gleichen Kriterien angewandt wie im Stadium der endgültigen Entscheidung. Zweitens habe sie unverständlicherweise angenommen, dass die Neuformulierung der Erklärungen zu ExxonMobil den Wert der anderen Beweise, die die Klägerinnen freiwillig vorgelegt hätten, mindere. Schließlich habe die Kommission drittens bei der Beurteilung des Mehrwerts ihrer Informationen der Chronologie ungerechtfertigterweise eine zu große Bedeutung beigemessen. In welchem Umfang die Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten, dürfe nämlich nach der Rechtsprechung nicht nur nach zufälligen Kriterien wie der Reihenfolge, in der sie von der Kommission befragt worden seien, beurteilt werden (Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 246). 69 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerinnen insgesamt zurück. – Würdigung durch das Gericht 70 Erstens haben die Klägerinnen in der Erwiderung vorgetragen, dass die Kommission im vorläufigen Ergebnis nicht die gleichen Beurteilungskriterien für den Mehrwert der gelieferten Informationen anwenden könne wie in der endgültigen Entscheidung. Sie sind der Ansicht, dass die Kommission im vorläufigen Stadium die von einem Unternehmen übermittelten Informationen im Verhältnis zu denjenigen, die von den anderen Unternehmen übermittelt worden seien, nur isoliert beurteilen dürfe. 71 Was die Zulässigkeit dieses Vorbringens im Hinblick auf Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung betrifft, die von der Kommission in der Gegenerwiderung erörtert wird, ist zu betonen, dass dieses Vorbringen in der Erwiderung nur darauf abzielt, nähere Ausführungen zu dem in der Klageschrift vorgetragenen Klagegrund zu machen, mit dem Rechtsfehler gerügt werden, die die Kommission begangen habe, indem sie eine Ermäßigung der Geldbuße von Nynas aufgrund der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 abgelehnt habe, und dass dies gemäß der Rechtsprechung somit als zulässig anzusehen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 1958, Compagnie des hauts fourneaux de Chasse/Hohe Behörde, 2/57, Slg. 1958, 135, 150). 72 Im Übrigen ergibt sich in der Sache aus den Nrn. 26 und 27 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 betreffend das Verfahren Folgendes: „Gelangt die Kommission zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Beweismittel des Unternehmens einen Mehrwert im Sinne von [Nr.] 22 darstellen, teilt sie dem Unternehmen spätestens zum Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte schriftlich ihre Absicht mit, die Geldbuße innerhalb einer bestimmten Bandbreite gemäß [Nr.] 23 Buchst. b zu ermäßigen. … Die Kommission bestimmt in ihrer Entscheidung am Ende des Verwaltungsverfahrens die Ermäßigungen, die den Unternehmen, die eine Ermäßigung der Geldbuße beantragt haben, endgültig gewährt werden.“ 73 Die Klägerinnen führen aus, Nr. 26 nehme nur auf Nr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und nicht, wie die Kommission ausgeführt habe, auf Nr. 21 Bezug, so dass festgestellt werden könne, dass Nr. 26 sich nur auf den einfachen „Mehrwert“ und nicht auf den „erheblichen Mehrwert“ der von einem Unternehmen vorgelegten Informationen beziehe. 74 Es ist jedoch offensichtlich, dass Nr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit, der eine Definition des Begriffs „Mehrwert“ enthält, nur bezweckt, Nr. 21 zu erläutern, der auf den Begriff „erheblicher Mehrwert“ verweist. Im Übrigen enthält der Begriff „Mehrwert“ selbst den Hinweis, dass die Kommission, in welchem Stadium des Verwaltungsverfahrens auch immer, den Wert der vorgelegten Informationen im Vergleich zu anderen Beweisen beurteilen muss, die ihr entweder in der Folge von Inspektionen oder weil sie ihr von anderen Unternehmen übermittelt worden sind, zur Verfügung stehen. Selbst wenn man der Argumentation der Klägerinnen folgt, hätte die eventuelle Anerkennung eines Mehrwerts der übermittelten Informationen im vorläufigen Stadium keine Auswirkung auf die endgültige Beurteilung der Kommission und auf die Höhe der dem Unternehmen gewährten Ermäßigung, die erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Dieses Argument ist folglich zurückzuweisen. 75 Zweitens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, sie dafür zu bestrafen, dass sie ihre Erklärungen zur Beteiligung von ExxonMobil an dem Kartell geändert hätten. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nur erwähnt hat, dass die von Nynas übermittelten Beweismittel der Kommission nicht ermöglichten, neue wichtige Merkmale des Kartells nachzuweisen, insbesondere da Nynas bestimmte Erklärungen in Bezug auf ExxonMobil neu formuliert habe. Somit hat die Kommission Nynas nicht für ihre Neuformulierung bestraft, sondern sich darauf beschränkt, die Informationen zu ExxonMobil, die in ihrer Antwort vom 2. Oktober 2003 auf das Auskunftsverlangen enthalten waren, dahin zu bewerten, dass sie keinen erheblichen Mehrwert für sie darstellten. Dieses Argument ist folglich zurückzuweisen. 76 Drittens sind die Klägerinnen der Ansicht, die Kommission habe bei der Beurteilung des Mehrwerts ihrer Informationen der Chronologie eine zu große Bedeutung beigemessen. Zur Stützung dieses Vorbringens berufen sie sich auf das Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt. Es ist jedoch festzustellen, dass dieses Urteil die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 betrifft und nicht diejenige von 2002, die im vorliegenden Fall anwendbar ist. Im Übrigen behandelt dieses Urteil die Anwendung der Bestimmungen des Abschnitts D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 betreffend Unternehmen, die in den Genuss einer spürbar niedrigeren Festsetzung ihrer Geldbuße kommen können, der keine unterschiedliche Behandlung der betreffenden Unternehmen entsprechend der Reihenfolge, in der sie mit der Kommission zusammengearbeitet haben, vorsah. Umgekehrt hat die Rechtsprechung zu den Abschnitten B und C der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 betreffend Unternehmen, die in den Genuss einer Nichtfestsetzung der Geldbuße oder einer wesentlich niedrigeren oder erheblich niedrigeren Festsetzung der Geldbuße kommen, in denen ausdrücklich auf das Kriterium der Chronologie Bezug genommen wird, die Möglichkeit der Kommission, den Zeitfaktor zu berücksichtigen, festgelegt (Urteile des Gerichts BASF/Kommission, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 550, vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T-322/01, Slg. 2006, II-3137, Randnrn. 237 bis 239, und Archer Daniels Midland, T-329/01, Slg. 2006, II-3255, Randnrn. 319 bis 321 und 341). Was die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 betrifft, ergibt sich aus ihren Nrn. 7 und 23 ausdrücklich, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des Wertes der gelieferten Informationen den Zeitpunkt berücksichtigen muss, zu dem sie ihr mitgeteilt worden sind. Die Rechtsprechung betreffend diese Mitteilung hat im Übrigen die Bedeutung des Zeitpunkts der Übermittlung der Informationen bestätigt (Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 2008, General Química u. a./Kommission, T-85/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 147, 148 und 152 bis 154). Auch dieses Argument ist somit zurückzuweisen. 77 Im Ergebnis ist das Gericht der Ansicht, dass die Kommission dadurch, dass sie es abgelehnt hat, den Klägerinnen eine Ermäßigung der Geldbuße auf der Grundlage von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu gewähren, keine Rechtsfehler begangen hat. Zu den offensichtlichen Beurteilungsfehlern – Vorbringen der Parteien 78 Die Klägerinnen tragen erstens vor, die Kommission habe den Umfang und den Wert ihrer freiwilligen Zusammenarbeit unterschätzt. So habe sie weder die Ausführlichkeit und Genauigkeit der gelieferten Auskünfte berücksichtigt, noch den entscheidenden Charakter bestimmter Informationen, die nur von ihnen allein vorgelegt worden seien und die in großem Umfang in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung verwendet worden seien. Sie habe ebenfalls das außergewöhnliche Verhalten, das sie während des Verfahrens gezeigt hätten, indem sie freiwillig die organisatorischen Änderungen, die im Konzern stattgefunden hätten, angezeigt und somit auf die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte verzichtet hätten, indem sie Angaben zu einer weiteren Kartellebene geliefert hätten und indem sie Informationen, die sie von einer dritten Gesellschaft erhalten hätten, übermittelt hätten, nicht beachtet. Die Kommission sei aber nach Nr. 23 Buchst. b der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gehalten, den Umfang und die Kontinuität der Zusammenarbeit zu berücksichtigen 79 Zweitens sind sie der Ansicht, der Umstand, dass sie ihre Antwort der Kommission erst am 2. Oktober 2003 vorgelegt hätten, sei nur der Kommission zuzurechnen, die ursprünglich ihr Auskunftsverlangen an Nynas NV statt an Nynas Belgium gerichtet habe. 80 Drittens sei die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass Nynas Belgium in ihrer Antwort vom 2. Oktober 2003 nicht den Wunsch ausgedrückt habe, eine Ermäßigung der Geldbuße zu erhalten, obwohl diese ausgeführt habe, dass sie die Kommission bei ihrer Untersuchung unterstützen wolle, indem sie einen erheblichen Mehrwert liefere. 81 Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerinnen entgegen. – Würdigung durch das Gericht 82 Vorab ist zu betonen, dass die Klägerinnen sich nicht auf ein behauptetes außergewöhnliches Verhalten berufen können, um in den Genuss der Bestimmungen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 kommen zu können. Was nämlich die Tatsache betrifft, dass Nynas Belgium sich freiwillig bei der Kommission als Nachfolgerin von Nynas NV gemeldet hat, ist zu betonen, dass die Kommission wahrscheinlich auf alle Fälle die Zuwiderhandlung der wirtschaftlichen Nachfolgerin von Nynas NV hätte zurechnen können. Was im Übrigen die Informationen betrifft, die die Klägerinnen zu einem Kartellverhalten auf einer dritten Ebene geliefert haben sollen, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 354) der Ansicht war, dass sie insoweit nicht über genügend Belege verfüge und dass sie deshalb die von den Klägerinnen dazu vorgelegten Informationen nicht verwendet habe. Schließlich haben die Klägerinnen der Kommission dadurch, dass sie Informationen über Petroplus erhalten hat, ermöglicht, zu vermeiden, Auskunftsverlangen an diese Gesellschaft zu schicken, aber dieser Umstand allein kann die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht rechtfertigen. 83 Erstens ist es im Hinblick auf die oben in den Randnrn. 62 bis 66 genannten Grundsätze klar, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie es abgelehnt hat, die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 auf die Klägerinnen anzuwenden. 84 In der Tat waren zwar, wie die Kommission einräumt, die von den Klägerinnen am 2. Oktober 2003 gelieferten Informationen sehr ausführlich, sie haben jedoch der Kommission nicht dazu verholfen, die Zuwiderhandlung nachzuweisen, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits über Informationen, die von BP übermittelt worden waren, und über Schriftstücke, die bei den im Oktober 2002 durchgeführten Inspektionen beschlagnahmt worden waren, über den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung von BP und andere Informationen, die diese im weiteren Verlauf des Verfahrens vorgelegt hat, über den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung von Kuwait Petroleum vom 12. September 2003 sowie über die Antworten der meisten Gesellschaften auf die Reihe von Auskunftsverlangen, die am 30. Juni 2003 versandt worden war, verfügte. 85 Außerdem ist den Schriftstücken der Parteien zu entnehmen, dass die Informationen, die die Klägerinnen als ausschließlich von ihnen beigebracht betrachten, für die Kommission nicht entscheidend waren, um die Zuwiderhandlung nachweisen zu können. 86 Dies gilt ebenso für die Teilnahme von Nynas an den Vortreffen und den Treffen über die Abstimmung des Preises von Bitumen, die die Kommission bereits mit Beweisen und Aussagen anderer Gesellschaften, wie den Schriftstücken, die bei den Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der Heijmans Infrastructuur en Milieu BV (im Folgenden „Heijmans“) beschlagnahmt worden waren, und den von Kuwait Petroleum am 16. September 2003 und von BP im Jahr 2002 gelieferten Informationen (siehe Randnrn. 57, 68 und 77 der angefochtenen Entscheidung), nachweisen konnte. 87 Ebenso ergibt sich aus den Akten, dass die Namen der Gesellschaften und der Personen, die an dem Kartell beteiligt waren, bereits von anderen Gesellschaften mitgeteilt worden waren (vgl. Fn. 145, 201, 202, 224 und 226 der angefochtenen Entscheidung) und dass die Kommission in Bezug auf die Namen der Mitarbeiter von ExxonMobil und weiterer Mitarbeiter von Shell, die sie noch nicht besaß, nicht in der Lage war, diese Informationen zu untermauern und sie nicht in der angefochtenen Entscheidung verwendet hat. Hinsichtlich der Namen der Mitarbeiter von Esha (Gruppe, die in den Niederlanden Bitumen herstellte und vertrieb und die als an der Zuwiderhandlung beteiligt angesehen wurde und gegen die eine Geldbuße in Höhe von 11,5 Mio. Euro verhängt wurde) trifft es zwar zu, dass in der angefochtenen Entscheidung (Fn. 216) die Erklärung der Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003 und die Antwort von Esha auf ein Auskunftsverlangen vom 30. Dezember 2003 erwähnt werden, die nach der Antwort der Klägerinnen auf ein Auskunftsverlangen erfolgten; dieser Punkt allein scheint jedoch nicht ausreichend, um davon auszugehen, dass die Klägerinnen Informationen vorgelegt haben, die einen erheblichen Mehrwert für die Kommission darstellen, da Letztere bereits aufgrund früherer Schriftstücke von Heijmans, HGB, BP und Kuwait Petroleum Kenntnis davon hatte, dass Esha an dem Kartell beteiligt war (vgl. Randnrn. 57 und 68 der angefochtenen Entscheidung). 88 Was die Orte der Vortreffen der Bitumenlieferanten betrifft, ist zu betonen, dass die Klägerinnen gegenüber den Erklärungen von BP von 2002 und einer Antwort auf ein Auskunftsverlangen von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 nur einen zusätzlichen Ort erwähnt haben und dass diese Information nicht belegt werden konnte, in den Anhörungen in Frage gestellt wurde und folglich in der angefochtenen Entscheidung nicht verwendet wurde (Randnr. 69 der angefochtenen Entscheidung, Fn. 176 und 177). Ebenso hat die Kommission zwar einen Auszug aus der Antwort der Klägerinnen auf ein Auskunftsverlangen vom 2. Oktober 2003 zitiert, um zu bestätigen, dass die Kartelltreffen im Allgemeinen in den Räumlichkeiten der Koninklijke Wegenbouw Stevin BV (im Folgenden: KWS) stattfanden (Randnr. 59 der angefochtenen Entscheidung), doch war sie bereits aufgrund von Schriftstücken, die bei Nachprüfungen bei KWS beschlagnahmt worden waren, einer Antwort von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen und einer Erklärung von Kuwait Petroleum vom 1. Oktober 2003 im Besitz dieser Informationen (siehe Anlage 2 zur Mitteilung der Beschwerdepunkte). 89 Ebenso ist hinsichtlich der Beteiligung von Ballast Nedam und von Dura Vermeer am Kartell anzumerken, dass die Kommission bereits Beweise besaß, die den Nachweis der Beteiligung anhand von Schriftstücken, die bei Nachprüfungen in den Geschäftsräumen von NBM Noord-West BV, von Hollandsche Beton Groep Civiel BV und von KWS beschlagnahmt worden waren, und anhand einer Antwort vom 12. September 2003 von Dura Vermeer auf ein Auskunftsverlangen ermöglichten (vgl. Randnrn. 76 und 77 der angefochtenen Entscheidung, Fn. 200, 220, 223, 224 und 226). 90 Was schließlich die Sanktionsmechanismen gegenüber Bitumenlieferanten betrifft, die sich nicht an die Kartellvereinbarung hielten, haben die von Nynas übermittelten Schriftstücke (ein von der Hollandsche Beton Groep verschicktes Telefax und eine Heijmans und Ballast Nedam belastende Rechnung) auch nur Informationen, die der Kommission schon vorlagen, bestätigt und präzisiert. BP hatte nämlich in ihren Erklärungen vom 12. Juli 2002 und vom 16. September 2003, ebenso wie Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 12. September 2003, u. a. bereits Informationen zu diesem Punkt übermittelt (Randnrn. 84 und 86 der angefochtenen Entscheidung). Der Sanktionsmechanismus war auch in den Schriftstücken erwähnt, die im Rahmen der Nachprüfungen bei Shell Nederland Verkoopmaatschappij BV und KWS beschlagnahmt worden waren (Fn. 238 und 286). 91 Nach alledem haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass die Kommission ohne die von ihnen freiwillig gelieferten Informationen nicht in der Lage gewesen wäre, die wesentlichen Merkmale der Zuwiderhandlung zu beweisen und somit eine Entscheidung zu erlassen, mit der Geldbußen verhängt werden. 92 Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie ausgeschlossen hat, dass die ausschließlich von den Klägerinnen gelieferten Informationen einen erheblichen Mehrwert darstellen, keinen offensichtlicher Beurteilungsfehler begangen hat. 93 Zweitens tragen die Klägerinnen vor, die verspätete Übermittlung ihrer Informationen an die Kommission sei dieser zuzurechnen, da sie ihr Auskunftsersuchen an Nynas NV anstatt an Nynas Belgium gerichtet habe; diese habe das Auskunftsverlangen erst am 23. Juli 2003 erhalten, d. h. drei Wochen nach den anderen Unternehmen, die es schon am 30. Juni 2003 erhalten hätten. 94 Aus der Akte und insbesondere aus dem Schriftwechsel zwischen dem Rechtsanwalt von Nynas und der Kommission ergibt sich, dass das erste Auskunftsverlangen an Nynas NV, und zwar an dieselbe Kontaktperson und an dieselbe Adresse wie diejenige, die später von Nynas Belgium angegeben wurde, gerichtet worden war und dass Letztere eingeräumt hatte, das Auskunftsverlangen zum gleichen Zeitpunkt erhalten zu haben wie die anderen Empfänger, d. h. am 4. Juli 2003. Jedenfalls hat der Zeitpunkt des Versendens oder des Empfangs des förmlichen Auskunftsverlangens der Kommission keinen Einfluss auf die Beurteilung der Chronologie der im vorliegenden Fall von den Unternehmen gestellten Anträge auf Anwendung der Kronzeugenregelung, da diese jederzeit gestellt werden könnten, insbesondere im Anschluss an die von der Kommission durchgeführten unangekündigten Nachprüfungen und unabhängig vom Zeitpunkt des Versendens des Auskunftsverlangens. 95 Drittens betonen die Klägerinnen, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Nynas Belgium in ihrer Antwort vom 2. Oktober 2003 nicht den Wunsch ausgedrückt habe, eine Ermäßigung der Geldbuße zu erhalten. Nach den Nrn. 24 und 25 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hat „[e]in Unternehmen, das eine Ermäßigung der Geldbuße anstrebt, … der Kommission Beweismittel bezüglich des mutmaßlichen Kartells vorzulegen“, und „[d]as Unternehmen erhält von der Generaldirektion Wettbewerb eine Empfangsbestätigung, auf der das Datum vermerkt ist, an dem die betreffenden Beweismittel vorgelegt wurden“. Die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sieht also keine spezifische formelle Verpflichtung für die Einreichung eines Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung vor. Die Antwort von Nynas vom 2. Oktober 2003 auf das Auskunftsverlangen enthält keine klare Formulierung, dass sie sich auf die Bestimmungen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 berufen möchte, da ihr Vorstand sich auf den Hinweis beschränkte, es sei ihr gelungen, Kopien der Schriftstücke zu erhalten, die die Untersuchung der Kommission, wie sie hoffe, dadurch unterstützten, dass sie einen erheblichen Mehrwert lieferten. Jedenfalls ist eine Feststellung zu der Frage, ob die Antwort vom 2. Oktober 2003 von Nynas Belgium bereits einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung darstellt, ohne Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits, da die Kommission die endgültige Wertung der Qualität der gelieferten Beweise erst am Ende des Verwaltungsverfahrens vornimmt und da sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Kommission, obwohl sie der Ansicht war, dass Nynas keinen förmlichen Antrag auf Ermäßigung ihrer Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gestellt hat, dieses Schriftstück berücksichtigt hat, um die Möglichkeit zu beurteilen, die gegen Nynas verhängte Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu ermäßigen. 96 Im Ergebnis ist das Gericht der Ansicht, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie der Meinung war, dass die von den Klägerinnen gelieferten Informationen keinen erheblichen Mehrwert hätten und sie ihnen folglich keine Ermäßigung der Geldbuße in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewähren könne. Zum Gleichheitsgrundsatz – Vorbringen der Parteien 97 Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Kommission den Gleichheitsgrundsatz verletzt habe, indem sie sie anders behandelt habe als Kuwait Petroleum, ohne dass es eine Rechtfertigung dafür gebe. Zunächst berufen sie sich darauf, dass kein anderes Unternehmen dafür bestraft worden sei, dass es seine Erklärungen gegen ExxonMobil neu formuliert habe, und dass Kuwait Petroleum eine Ermäßigung ihrer Geldbuße in Höhe von 30 % gewährt worden sei, obwohl sie genauso gehandelt habe wie die Klägerinnen. Außerdem werfen sie der Kommission vor, ihre Auskünfte anders behandelt zu haben als diejenigen von Kuwait Petroleum. Letztere habe erst am 9. Oktober 2003 entscheidende Informationen geliefert, die nur Informationen untermauert hätten, die bei den unangekündigten Nachprüfungen erlangt worden seien und die auf alle Fälle weniger ausführlich seien als die von Nynas Belgium gelieferten Informationen. In der angefochtenen Entscheidung habe sich die Kommission jedoch dafür entschieden, sich auf die Erklärungen von Kuwait Petroleum zu stützen anstatt auf diejenigen der Klägerinnen, und sie habe es darüber hinaus unterlassen, sie als Quelle zahlreicher Tatsachenelemente zu zitieren. Durch dieses Verhalten habe die Kommission ihre Pflichten zu ordnungsgemäßer Verwaltung und zur Begründung ihrer Entscheidungen verletzt. 98 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerinnen zurück. – Würdigung durch das Gericht 99 Vorab ist wie oben in Randnr. 75 darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihrer Entscheidung nur ausgeführt hat, dass es ihr aufgrund der Angaben von Nynas nicht möglich gewesen sei, neue wichtige Merkmale des Kartells festzustellen, insbesondere deshalb, weil Nynas bestimmte Erklärungen betreffend ExxonMobil neu formuliert habe, dass sie aber Nynas für diese Neuformulierungen nicht bestraft habe. Somit ist das Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung mit Kuwait Petroleum in diesem Punkt zurückzuweisen. 100 Nach der Rechtsprechung darf die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens hinsichtlich der Zusammenarbeit der Unternehmen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht außer Acht lassen, der verletzt ist, wenn gleiche Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden und eine Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist; die Kommission darf nach diesem Grundsatz die Zusammenarbeit der von ein und derselben Entscheidung betroffenen Unternehmen nicht unterschiedlich behandeln (vgl. Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 533 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Kommission lässt diesen Grundsatz jedoch nicht außer Acht, wenn sie eine Ermäßigung der Geldbuße in Abhängigkeit von der Zusammenarbeit des betreffenden Unternehmens mit ihr im Verwaltungsverfahren gewährt oder nicht gewährt (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T-311/94, Slg. 1998, II-1129, Randnrn. 309 bis 313, und Weig/Kommission, T-317/94, Slg. 1998, II-1235, Randnrn. 287 bis 289). Darüber hinaus kann eine unterschiedliche Behandlung der betreffenden Unternehmen nur durch einen unterschiedlichen Grad der Zusammenarbeit gerechtfertigt sein, insbesondere durch die Lieferung unterschiedlicher Informationen oder die Lieferung der Informationen in unterschiedlichen Abschnitten des Verwaltungsverfahrens oder unter nicht gleichartigen Umständen (Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 2005, Brouwerij Haacht/Kommission, T-48/02, Slg. 2005, II-5259, Randnrn. 108 und 109). 101 Außerdem konnte zwar die Meinung vertreten werden, dass die Zusammenarbeit von Unternehmen, um als vergleichbar angesehen zu werden, nicht notwendig am selben Tag, jedoch im selben Stadium des Verfahrens beginnen muss (Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission, T-13/03, Slg. 2009, II-947, Randnr. 178), doch galt dieser Grundsatz für Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, die im Gegensatz zur Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 (siehe oben, Randnr. 76) keine Differenzierung der Unternehmen entsprechend der Reihenfolge, in der sie mit der Kommission zusammengearbeitet haben, vorsah. 102 Bestätigt schließlich ein Unternehmen bei der Kooperation nur bestimmte Aufschlüsse, die ein anderes Unternehmen bei der Kooperation bereits gegeben hat, und geschieht dies zudem weniger genau und weniger explizit, so kann der Mitwirkungsumfang dieses Unternehmens, selbst wenn er nicht eines gewissen Nutzens für die Kommission entbehren mag, nicht als gleich dem Ausmaß der Mitarbeit des Unternehmens angesehen werden, das die betreffenden Aufschlüsse als Erstes gegeben hat. Eine Erklärung, die lediglich in gewissem Umfang die der Kommission bereits vorliegenden Erklärungen erhärtet, erleichtert nämlich die Aufgabe der Kommission nicht nennenswert. Sie genügt deshalb nicht, um eine Herabsetzung der Geldbuße wegen Zusammenarbeit zu rechtfertigen (Urteile des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnr. 455, und vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, T-343/08, Slg. 2011, II-2287, Randnr. 137). 103 Im vorliegenden Fall ist klar, dass die Kommission den Gleichheitsgrundsatz nicht außer Acht gelassen hat, indem sie Kuwait Petroleum eine Ermäßigung der Geldbuße in Höhe von 30 % auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährt und die Gewährung einer solchen Ermäßigung für die Klägerinnen abgelehnt hat, da sich diese Unternehmen in verschiedenen Situationen befanden. Es ist nämlich daran zu erinnern, dass Kuwait Petroleum bereits am 12. September 2003 einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, dem eine Unternehmenserklärung beigefügt war, eingereicht hat, und dass sie beantragt hat, einen Teil der am 16. September 2003 mitgeteilten Informationen im Rahmen ihres Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung zu berücksichtigen. Am 18. September 2003 fand ein Treffen zwischen der Kommission und Kuwait Petroleum statt, und am 1. und 9. Oktober 2003 wurden drei ehemalige Mitarbeiter von Kuwait Petroleum von der Kommission angehört. Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die am 12. und 16. September 2003 sowie am 1. und 9. Oktober 2003 gelieferten Informationen ihr durch ihre Ausführlichkeit dazu verholfen hätten, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zu beweisen, dass sie jedoch berücksichtigen müsse, dass der Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung erst elf Monate nach der Durchführung der unangekündigten Nachprüfungen und nach dem Versenden ihres Auskunftsverlangens gestellt worden sei, dass sie bereits im Besitz einiger Beweise gewesen sei, die von anderen Gesellschaften übermittelt worden seien, und dass Kuwait Petroleum einige ihrer Erklärungen gegen ExxonMobil neu formuliert habe. Somit hat Kuwait Petroleum entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht bis zum 9. Oktober 2003 gewartet, um entscheidende Informationen zu liefern, sondern hat der Kommission bereits am 12. September 2003 ermöglicht, die vorhandenen Informationen zu untermauern und somit das Bestehen der Zuwiderhandlung nachzuweisen, insbesondere indem sie als Erste unmittelbare Beweise für die Bitumengespräche geliefert hat, da BP, das erste Unternehmen, das die Kommission über das Bestehen des Kartells informiert hatte, nicht regelmäßig an diesen Gesprächen teilgenommen hat (Randnr. 383 der angefochtenen Entscheidung). 104 Letzten Endes ergibt sich aus verschiedenen Hinweisen in den Akten, dass die Lage der Klägerinnen nicht vergleichbar war mit derjenigen von Kuwait Petroleum, sowohl was den Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen an die Kommission betrifft als auch ihren Inhalt. Die Klägerinnen haben im Übrigen selbst eingeräumt, dass die Qualität des Beweismaterials, das von Kuwait Petroleum vorgelegt worden war, besser gewesen sei. Darüber hinaus haben die Klägerinnen, als sie in der mündlichen Verhandlung u. a. zu diesem Punkt befragt wurden, ihr Vorbringen, dass die Kommission, um die Anhörung eines ehemaligen Mitarbeiters von Kuwait Petroleum am 9. Oktober 2003 durchzuführen, sich auf Angaben gestützt habe, die sie ihr am 2. Oktober 2003 übermittelt hätten, durch nichts untermauert. Schließlich hat der Umstand, dass die Kommission den Informationen, die Kuwait Petroleum in der Anhörung vom 9. Oktober 2003 geliefert hat, einen erheblichen Mehrwert beigemessen hat, keine Auswirkung auf die Beurteilung des Werts des zuvor von dieser Gesellschaft gelieferten Beweismaterials durch die Kommission und folglich auch keine Auswirkung auf die Beurteilung, die für den Wert der von den Klägerinnen gelieferten Informationen vorgenommen wurde. 105 Folglich war die Situation von Kuwait Petroleum und die der Klägerinnen nicht vergleichbar, da Letztere der Kommission Informationsmaterial erst verspätet vorlegten und dieses nicht das gleiche Qualitätsniveau hatte, so dass die Kommission den Gleichheitsgrundsatz nicht außer Acht gelassen hat, indem sie es abgelehnt hat, den Klägerinnen eine Ermäßigung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu gewähren. 106 Die Klägerinnen rügen im Rahmen dieses Klagegrundes außerdem einen Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Begründungspflicht und beschränken sich dabei auf die Ausführungen, dass die Kommission gleichwertige Beweise als Grundlage ihres Ergebnisses heranzuziehen hatte und sie gerecht anerkennen musste. 107 Gemäß Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten, und diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung nicht den Erfordernissen der Verfahrensordnung entspricht. Entsprechende Erfordernisse gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge (Urteile des Gerichts vom 12. Januar 1995, Viho/Kommission, T-102/92, Slg. 1995, II-17, Randnr. 68, und vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T-352/94, Slg. 1998, II-1989, Randnr. 333). 108 Im vorliegenden Fall ist die Formulierung der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung durch die Kommission zu ungenau, um dem Gericht zu ermöglichen, den eigentlichen Gegenstand festzustellen. Die Klägerinnen stellen nämlich nicht klar, in welchen spezifischen Punkten der angefochtenen Entscheidung sich die Kommission willkürlich auf Erklärungen von Kuwait Petroleum anstatt auf ihre gestützt haben soll und in welchen sie es darüber hinaus unterlassen habe, die Klägerinnen als Quelle zu zitieren. Diese Rüge ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen. 109 Auch die Rüge einer fehlenden Begründung der angefochtenen Entscheidung ist sehr vage formuliert. Jedoch muss, selbst wenn man diese Rüge für zulässig erachtet, die Begründungspflicht nach der Rechtsprechung zum einen dem Betroffenen ermöglichen, die Begründung der getroffenen Maßnahme zu erfahren, um gegebenenfalls seine Rechte geltend zu machen und zu überprüfen, ob die Entscheidung begründet ist oder nicht, und zum anderen den Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzen, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen insbesondere der Inhalt der betreffenden Maßnahme, die Art der angeführten Gründe und der Kontext zählen, in dem die Maßnahme erlassen wurde (Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 129). 110 Im vorliegenden Fall ist klar, dass die Kommission die Gründe für ihre Entscheidung, Kuwait Petroleum eine Ermäßigung und den Klägerinnen keine Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren, hinreichend klar und genau dargelegt hat. Den Randnrn. 382 bis 385 und 389 bis 393 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission der Ansicht war, dass die von Kuwait Petroleum am 12. und 16. September 2003 sowie am 1. und 9. Oktober 2003 gelieferten Informationen ihr durch ihre Genauigkeit dazu verholfen haben, die Zuwiderhandlung nachzuweisen, während die von Nynas am 2. Oktober 2003 gelieferten Informationen, obwohl sie sehr ausführlich waren und freiwillig erfolgten, der Kommission nicht dazu verholfen haben, die Zuwiderhandlung nachzuweisen, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits über die notwendigen Informationen verfügte, um die wesentlichen Merkmale der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Die Kommission hat insbesondere die anderen Quellen angegeben, über die sie bereits verfügte und die ihr ihres Erachtens erlaubten, die wesentlichen Merkmale der Zuwiderhandlung nachzuweisen. 111 Somit ist diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen. Nach alledem ist der Klagegrund, der die Ablehnung der Gewährung einer Ermäßigung auf der Grundlage von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 betrifft, insgesamt zurückzuweisen. Zur Weigerung, eine Ermäßigung auf der Grundlage der Leitlinien zu gewähren Vorbringen der Parteien 112 Die Klägerinnen tragen hilfsweise vor, die Kommission hätte gemäß Nr. 3 der Leitlinien ihre aktive Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 berücksichtigen müssen. 113 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerinnen zurück. Würdigung durch das Gericht 114 Gemäß Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien kann die Kommission den Grundbetrag für „aktive Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung [über die Zusammenarbeit von] 1996 betreffend die Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung von Geldbußen“ verringern. So hat der Unionsrichter festgestellt, dass die Kommission einem Unternehmen, das im Verlauf eines Verfahrens wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zusammengearbeitet hat, eine Ermäßigung der Geldbuße auf der Grundlage dieser Bestimmungen der Leitlinien nur in dem Fall gewähren konnte, in dem die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 nicht anwendbar war (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 380 bis 382, und BASF/Kommission, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnrn. 585 und 586). 115 Entsprechend der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, die sie unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 14. Februar 2002 ersetzt, gilt die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 für geheime Absprachen zwischen zwei oder mehr Wettbewerbern zur Festsetzung von Preisen, Produktions- oder Absatzquoten, zur Aufteilung von Märkten, zur Einschränkung von Ein- oder Ausfuhren sowie Submissionsabsprachen und schließt somit vertikale Vereinbarungen oder Vereinbarungen, die in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG fallen, aus. 116 Da im vorliegenden Fall die Zuwiderhandlung sehr wohl in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 fällt, waren die Bestimmungen von Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien nicht auf die Klägerinnen anwendbar. Der vorliegende Klagegrund, mit dem die Nichtbeachtung von Vorschriften gerügt wird, die im vorliegenden Fall nicht anwendbar sind, ist als ins Leere gehend zurückzuweisen. 117 Nach alledem sind die Klageanträge auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen. 3. Zu den Anträgen auf Ermäßigung der Geldbuße 118 Was die Anträge auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung betrifft, war im vorliegenden Fall kein Punkt geeignet, eine Ermäßigung der Geldbuße zu rechtfertigen, so dass diesem Antrag nicht stattzugeben ist. Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 119 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß den Anträgen der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Nynäs Petroleum AB und Nynas Belgium AB tragen die Kosten. Jaeger Wahl Soldevila Fragoso Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2012. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Entscheidung Zum Rechtsfehler Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zu den offensichtlichen Beurteilungsfehlern im vorliegenden Fall bei der Zurechnung der Verantwortung an Nynäs AB Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht – Zur Eigenständigkeit der Geschäftspolitik von Nynas NV – Zum Verhalten der Muttergesellschaft auf dem in Rede stehenden Markt und ihrer Rolle bei der Zuwiderhandlung – Zur Berücksichtigung der zu formalistischen Merkmale 2. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung Zur Ablehnung der Gewährung einer Ermäßigung auf der Grundlage der Vorschriften von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Zu den Rechtsfehlern – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zu den offensichtlichen Beurteilungsfehlern – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum Gleichheitsgrundsatz – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zur Weigerung, eine Ermäßigung auf der Grundlage der Leitlinien zu gewähren Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3. Zu den Anträgen auf Ermäßigung der Geldbuße Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012.#Total SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechnung der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung.#Rechtssache T‑344/06.
62006TJ0344
ECLI:EU:T:2012:479
2012-09-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012 – Total/Kommission (Rechtssache T-344/06) „Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird –Zurechnung der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung“ 1.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaften, deren Kapital sie vollständig oder fast vollständig hält – Von der Kommission berücksichtigte zusätzliche Gesichtspunkte – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft, die im Verwaltungsverfahren als ein einziger Ansprechpartner aufgetreten sind – Übertragung von Aufsichtsbefugnissen durch die Muttergesellschaft – Beurteilung (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnrn. 32-38, 56, 64) 2.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaften, deren Kapital sie vollständig oder fast vollständig hält – Beweisrechtliche Obliegenheiten der Gesellschaft, die diese Vermutung widerlegen will (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnrn. 41, 65, 73) 3.                     Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – Heilung eines Begründungsmangels im gerichtlichen Verfahren – Unzulässigkeit – Zusätzliche Anhaltspunkte, mit denen eine hinreichende Begründung ergänzt und auf das Vorbringen des Klägers entgegnet werden soll – Zulässigkeit (Art. 81 EG, 82 EG und 230 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnr. 55) 4.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält – Umkehr der Beweislast und Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung – Fehlen (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnr. 81) 5.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Entscheidungsspielraum der Kommission – Verstoß gegen die Grundsätze der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen sowie der Rechtssicherheit – Fehlen (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 86-87) 6.                     Gerichtliches Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Erweiterung eines bereits vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels – Zulässigkeit (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2) (vgl. Randnr. 98) 7.                     Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche juristische Person – Beendigung ihrer Existenz – Beendigung ihrer Existenz infolge Übernahme durch ein anderes Unternehmen – Auferlegung der Verantwortung an den Erwerber – Zulässigkeit (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnrn. 101-102) 8.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Abschreckungswirkung der Geldbuße – Fähigkeit großer Unternehmen, die Tragweite ihres Verhaltens zu ermessen – Zu berücksichtigender Umsatz (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A Abs. 4 und 5) (vgl. Randnrn. 108-111) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren nach Art. 81 EG (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]) sowie, hilfsweise, auf Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerin verhängten Geldbuße Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Total SA trägt die Kosten.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 2. Februar 2012.#Denki Kagaku Kogyo Kabushiki Kaisha und Denka Chemicals GmbH gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Chloropren-Kautschuk – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Preisfestsetzung – Marktaufteilung – Beweis für die Beteiligung am Kartell – Beweis für eine Distanzierung vom Kartell – Dauer der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Keine Rückwirkung – Berechtigtes Vertrauen – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Mildernde Umstände.#Rechtssache T‑83/08.
62008TJ0083
ECLI:EU:T:2012:48
2012-02-02T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 2. Februar 2012 – Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission (Rechtssache T‑83/08) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Chloropren-Kautschuk – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Preisfestsetzung – Marktaufteilung – Beweis für die Beteiligung am Kartell – Beweis für eine Distanzierung vom Kartell – Dauer der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Keine Rückwirkung – Berechtigtes Vertrauen – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Mildernde Umstände“ 1.                     Wettbewerb – Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Wettbewerbsfeindlichkeit – Hinreichende Feststellung (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 51, 181) 2.                     Wettbewerb – Kartelle – Teilnahme eines Unternehmens an einer wettbewerbswidrigen Initiative – Stillschweigende Billigung ohne offene Distanzierung oder Anzeige bei den zuständigen Behörden ausreichend für die Verantwortlichkeit des Unternehmens (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 52‑53, 61‑62, 64, 184) 3.                     Wettbewerb – Kartelle – Beweis – Grad an Genauigkeit, den die von der Kommission verwendeten Beweise aufweisen müssen (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 54) 4.                     Wettbewerb – Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff –Mit der Pflicht jedes Unternehmens, sein Marktverhalten selbständig zu bestimmen, unvereinbare Koordinierung und Zusammenarbeit – Erhalt von Informationen eines Wettbewerbers über dessen künftiges Marktverhalten durch einen Wirtschaftsteilnehmer (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 67) 5.                     Verfahren – Frist für den Beweisantritt – Art. 48 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts – Geltungsbereich (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 1 und 66 § 2) (vgl. Randnr. 69) 6.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Umfang – Weigerung, ein Dokument zu übermitteln – Folgen – Notwendigkeit, bei der dem betroffenen Unternehmen obliegenden Beweislast zwischen belastenden und entlastenden Schriftstücken zu unterscheiden (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 27 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 82‑84) 7.                     Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften – Geltungsbereich – Wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängte Geldbußen – Einbeziehung – Möglicher Verstoß aufgrund der Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen auf eine vor ihrer Einführung begangene Zuwiderhandlung – Vorhersehbarkeit der durch die Leitlinien eingeführten Änderungen – Kein Verstoß (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilungen der Kommission 98/C 9/03 und 2006/C 210/02) (vgl. Randnrn. 115‑124) 8.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln – Keine Verpflichtung zur Anwendung des milderen Gesetzes (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnr. 126) 9.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Berücksichtigter Umsatz – Referenzjahr – Letztes vollständiges Jahr der Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission) (vgl. Randnrn. 134‑135) 10.                     Wettbewerb – Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Nachweis der Zuwiderhandlung – Beweislast (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 173‑178) 11.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Heranziehung von Erklärungen anderer an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen als Beweise – Zulässigkeit –Voraussetzungen (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnr. 179) 12.                     Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Unternehmen, denen eine Zuwiderhandlung in Form der Teilnahme an einem Gesamtkartell zur Last gelegt werden kann – Kriterien (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 180) 13.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Gesamtbeurteilung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission) (vgl. Randnrn. 237‑239, 242‑256) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 5910 final der Kommission vom 5. Dezember 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR‑Abkommen (Sache COMP/38.629 – Chloropren-Kautschuk), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, auf Herabsetzung der durch diese Entscheidung gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Denki Kagaku Kogyo Kabushiki Kaisha und die Denka Chemicals GmbH tragen die Kosten.
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer) 27. September 2011.#Sarah Whitehead gegen Europäische Zentralbank (EZB).#Öffentlicher Dienst – Personal der EZB – Jährliche Überprüfung der Gehälter und Zulagen – Beurteilungsjahr 2008 – Jährliches Beurteilungsverfahren – Beurteilungskriterien – Anhörung der Personalvertretung – Berücksichtigung der krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz – Festlegung der Ziele.#Rechtssache F‑98/09.
62009FJ0098
ECLI:EU:F:2011:156
2011-09-27T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung – Sammlung von Rechtssachen im öffentlichen Dienst
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Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 29. März 2011.#ThyssenKrupp Nirosta GmbH gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel - Wettbewerb - Kartelle - Gemeinschaftsmarkt für Flacherzeugnisse aus nichtrostendem Stahl - Entscheidung, mit der nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein Verstoß gegen Art. 65 KS festgestellt wird - Zuständigkeit der Kommission - Grundsatz nulla poena sine lege und Grundsatz der Rechtskraft - Verteidigungsrechte - Zurechnung der Zuwiderhandlung - Haftungsübergang durch eine Erklärung - Verjährung - Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren.#Rechtssache C-352/09 P.
62009CJ0352
ECLI:EU:C:2011:191
2011-03-29T00:00:00
Bot, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-02359
Rechtssache C‑352/09 P ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG gegen Europäische Kommission „Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Gemeinschaftsmarkt für Flacherzeugnisse aus nichtrostendem Stahl – Entscheidung, mit der nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein Verstoß gegen Art. 65 KS festgestellt wird – Zuständigkeit der Kommission – Grundsatz nulla poena sine lege und Grundsatz der Rechtskraft – Verteidigungsrechte – Zurechnung der Zuwiderhandlung – Haftungsübergang durch eine Erklärung – Verjährung – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren“ Leitsätze des Urteils 1.        Wettbewerb – Kartelle – Kartelle, die sachlich und zeitlich unter den EGKS-Vertrag fallen – Auslaufen des EGKS-Vertrags – Aufrechterhaltung einer Kontrolle durch die Kommission im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 (Art. 65 § 1 KS; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) 2.        Handlungen der Organe – Zeitliche Geltung – Auslaufen des EGKS-Vertrags – Entscheidung der Kommission, die nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags gegen ein Unternehmen erlassen wurde und einen davor liegenden Sachverhalt betrifft – Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Tragweite – Haftung der Unternehmen für ihr gegen die Wettbewerbsregeln verstoßendes Verhalten im Kontext der Ersetzung des EKGS-Vertrags durch den EG-Vertrag – Materiell-rechtliche Vorschriften – Verfahrensvorschriften (Art. 65 §§ 1 und 5 KS; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 49 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 7 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2) 3.        Nichtigkeitsklage – Nichtigkeitsurteil – Tragweite – Absolute Rechtskraft – Umfang 4.        Rechtsmittel – Gründe – Urteilsgründe, die gegen das Unionsrecht verstoßen – Urteilsformel, die aus anderen Rechtsgründen richtig ist – Zurückweisung 5.        Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Zuwiderhandlung, die von einer weiter bestehenden Einheit begangen und von einer anderen, ihr in der wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem betreffenden Markt nachgefolgten Einheit fortgesetzt wurde – Zurechnung der gesamten Zuwiderhandlung an diese andere Einheit (Art. 81 Abs. 1 und Art. 230 Abs. 4 EG) 6.        Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Verfolgungsverjährung – Zurechnung der Zuwiderhandlung an eine andere juristische Person als die während der Zuwiderhandlung für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche Person (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 25 Abs. 1 bis 6; allgemeine Entscheidung Nr. 715/78, Art. 1 Abs. 1 bis 3) 7.        Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen (Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission) 8.        Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachenwürdigung – Unzulässigkeit – Überprüfung der Tatsachenwürdigung des Gerichts durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung (Art. 225 Abs. 1EG und Art. 229 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31) 1.        Nach einem den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen, auf das römische Recht zurückgehenden Grundsatz ist bei Änderungen der Gesetzgebung, soweit der Gesetzgeber nicht einen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat, die Kontinuität der Rechtsstrukturen zu gewährleisten. Dieser Grundsatz gilt auch für Änderungen des Primärrechts der Union. Es gibt diesbezüglich keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Unionsgesetzgeber Kartellverhalten, das nach dem EGKS-Vertrag verboten war, nach dem Auslaufen dieses Vertrags sanktionsfrei stellen wollte. Durch das Aufeinanderfolgen des EGKS-, des EG- und des AEU-Vertrags ist im Hinblick auf die Gewährleistung eines freien Wettbewerbs sichergestellt, dass die Kommission jedes dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechende Verhalten, gleichgültig, ob es vor oder nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags am 23. Juli 2002 stattgefunden hat, ahnden konnte bzw. ahnden kann. Unter diesen Umständen liefe es dem Zweck und der Kohärenz der Verträge zuwider und wäre mit der Kontinuität der Unionsrechtsordnung unvereinbar, wenn die Kommission nicht befugt wäre, eine einheitliche Anwendung der Normen sicherzustellen, die im Zusammenhang mit dem EGKS-Vertrag stehen und weiterhin auch nach dessen Außerkrafttreten Wirkungen zeitigen. Das Gericht begeht daher keinen Rechtsfehler, wenn es die Verordnung Nr. 1/2003 dahin auslegt, dass sie die Kommission ermächtigt, Kartelle in Bereichen, die sachlich und zeitlich unter den EGKS-Vertrag fallen, nach dessen Auslaufen festzustellen und zu ahnden. (vgl. Randnrn. 72-74, 77-78) 2.        Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Delikten und Sanktionen, wie er in Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, verlangt, dass eine unionsrechtliche Regelung klar die Zuwiderhandlungen und die Sanktionen definiert. Zudem verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass eine solche Regelung den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können. Da die Verträge die Zuwiderhandlungen sowie Art und Umfang der gegen Unternehmen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängbaren Sanktionen klar definieren, garantieren der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Delikten und Sanktionen und der Grundsatz der Rechtssicherheit den Unternehmen insoweit nicht, dass spätere Änderungen der Rechtsgrundlagen und der Verfahrensvorschriften ihnen ermöglichen, jeder Sanktion in Bezug auf ihr beendetes rechtswidriges Verhalten zu entgehen. In Bezug auf eine Entscheidung der Kommission, die einen eindeutig vor dem Auslaufen des EGKS-Vertrags entstandenen Sachverhalt betrifft und nach dem Auslaufen dieses Vertrags gegen ein Unternehmen erlassen wurde, begeht das Gericht keinen Rechtsfehler, wenn es zum einen feststellt, dass es zur Einhaltung der Grundsätze über das intertemporale Recht und wegen der Erfordernisse im Zusammenhang mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geboten ist, die materiell-rechtlichen Vorschriften des Art. 65 §§ 1 und 5 KS auf einen Sachverhalt anzuwenden, der sich vor dem Auslaufen des EGKS-Vertrags zugetragen hat und sachlich und zeitlich gesehen in den Geltungsbereich dieses Vertrags fällt. Art. 65 §§ 1 und 5 KS enthielt insoweit eine klare Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Sanktion wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln, so dass ein sorgfältiges Unternehmen zu keinem Zeitpunkt über die Folgen seines Verhaltens in Unkenntnis sein oder sich darauf verlassen konnte, dass der Umstand, dass der rechtliche Rahmen des EG-Vertrags an die Stelle des rechtlichen Rahmens des EGKS-Vertrags trat, zur Folge haben werde, dass es jeder Ahndung beendeter Zuwiderhandlungen gegen Art. 65 KS entgehen könne. Zum anderen hat das Gericht in Bezug auf die anwendbaren Verfahrensvorschriften zutreffend festgestellt, dass die Kommission befugt ist, das Verfahren gemäß Art. 7 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zu führen. Die Bestimmung, die die Rechtsgrundlage eines Rechtsakts bildet und das Unionsorgan zum Erlass dieses Rechtsakts ermächtigt, muss nämlich zum Zeitpunkt seines Erlasses in Kraft sein, und Verfahrensvorschriften sind im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt anwendbar, zu dem sie in Kraft treten. (vgl. Randnrn. 79-83, 86-88) 3.        Der Grundsatz der Rechtskraft ist sowohl in der Unionsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen von grundlegender Bedeutung. Die Rechtskraft erstreckt sich lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren. Wenn sich der Unionsrichter darauf beschränken muss, den Inhalt einer Erklärung eines Unternehmens zu ermitteln, um feststellen, dass diese einen Haftungsübergang von einem Unternehmen auf ein anderes bewirken soll, bildet die Feststellung, ob dieser Vorgang rechtmäßig ist, ein vom Unionsrichter außerhalb des Rahmens des bei ihm anhängigen Rechtsstreits geäußertes obiter dictum, mit dem weder tatsächlich noch notwendigerweise eine Rechtsfrage entschieden worden ist. Es kann deshalb nicht von der Rechtskraft erfasst sein. (vgl. Randnrn. 123, 131-132) 4.        Ein Rechtsmittel ist zurückzuweisen, wenn zwar die Gründe des Urteils des Gerichts eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist. (vgl. Randnr. 136) 5.        Grundsätzlich muss die natürliche oder juristische Person, die ein Unternehmen leitete, als eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen wurde, für diese einstehen, auch wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, nicht mehr für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist. Was die Frage betrifft, unter welchen Umständen einer Einrichtung, obwohl sie nicht Urheberin der Zuwiderhandlung ist, dennoch dafür Sanktionen auferlegt werden können, liegt ein solcher Fall vor, wenn die Einrichtung, die die Zuwiderhandlung begangen hat, rechtlich oder wirtschaftlich nicht mehr besteht, da eine Sanktion gegen ein Unternehmen, das keine wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausübt, unter dem Gesichtspunkt der Abschreckung kaum wirksam wäre. Wenn ein Unternehmen, das aus einer Zusammenlegung der Tätigkeiten von zwei Gesellschaften entstanden ist, durch eine Erklärung ausdrücklich bestätigt, dass es als Unternehmen, das die von einem Kartell erfassten wirtschaftlichen Tätigkeiten fortführe, die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten einer zu einer dieser Gesellschaften gehörenden Einrichtung im Hinblick auf die Geldbuße übernehmen wollte, die die Kommission im Rahmen der wegen dieses Kartells eingeleiteten Verfolgung gegen sie verhängen kann, ist die Rechtsfolge der von dem Unternehmen mit dieser Erklärung bewirkten Haftungsübernahme völlig eindeutig und vorhersehbar für es. Das Unternehmen, das diese Verantwortung übernommen hat, kann seine Erklärung auch nicht mehr widerrufen, wenn die Kommission auf ihrer Grundlage tatsächlich eine Geldbuße gegen es festgesetzt hat. Der Umstand, dass die Erklärung anschließend nicht mehr widerrufen werden kann, hindert das Unternehmen jedoch nicht daran, im Rechtsweg vor den Unionsgerichten die Auslegung des Inhalts der Erklärung oder das ausdrückliche oder stillschweigende Eingeständnis tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte während des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission anzugreifen, da die fehlende Möglichkeit des Widerrufs nicht die Ausübung des Rechts natürlicher und juristischer Personen aus Art. 230 Abs. 4 EG, beim Gericht Klage zu erheben, an sich einschränken kann. (vgl. Randnrn. 143-144, 149-150, 153-155) 6.        Sowohl nach Art. 1 Abs. 1 der allgemeinen Entscheidung Nr. 715/78 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Geltungsbereich des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl als auch nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verjährt die Befugnis der Kommission, wegen Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts Geldbußen festzusetzen, grundsätzlich in fünf Jahren. Diese Frist beginnt nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 715/78 und Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist oder beendet ist, und kann nach den Art. 2 und 3 der Entscheidung Nr. 715/78 sowie Art. 25 Abs. 3 bis 6 der Verordnung Nr. 1/2003 unterbrochen werden und ruhen. Hinsichtlich einer Entscheidung der Kommission, eine Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln gegen ein Unternehmen zu festzusetzen, das als Erwerber einer wirtschaftlichen Einheit die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten der betreffenden Einrichtung übernommen hat, ist die Verjährung nur in Bezug auf das Unternehmen, das die Verantwortung übernommen hat, zu prüfen, wenn die Kommission nur gegen dieses Unternehmen eine Geldbuße festsetzt. Insbesondere können zwar einige Handlungen der übergegangenen Einrichtung dem Unternehmen, das die Verantwortung übernommen hat, gegenüber weiterhin Wirkung entfalten und kann eine gegenüber dieser Einrichtung eingetretene Verjährung nicht durch eine Übertragung der Haftung umgangen werden, doch folgt daraus nicht, dass die Verjährung in Bezug auf die genannte Einrichtung zu prüfen ist. (vgl. Randnrn. 166-168) 7.        Eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen kann nur gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens als Zeichen einer echten Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können. (vgl. Randnr. 176) 8.        Wenn das Gericht entscheidet, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, ein Unternehmen solle nicht in den Genuss einer zusätzlichen Herabsetzung der Geldbuße über die bereits gewährten 20 % hinaus kommen, nimmt es in Ausübung seiner nach Art. 229 EG durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine Tatsachenbeurteilung vor, die im Rahmen eines Rechtsmittels der Kontrolle des Gerichtshofs entzogen ist. Nach Art. 225 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs ist allein das Gericht zuständig für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, ist der Gerichtshof nach Art. 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt. (vgl. Randnrn. 179-180) URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 29. März 2011(*) „Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Gemeinschaftsmarkt für Flacherzeugnisse aus nichtrostendem Stahl – Entscheidung, mit der nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein Verstoß gegen Art. 65 KS festgestellt wird – Zuständigkeit der Kommission – Grundsatz nulla poena sine lege und Grundsatz der Rechtskraft – Verteidigungsrechte – Zurechnung der Zuwiderhandlung – Haftungsübergang durch eine Erklärung – Verjährung – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren“ Inhaltsverzeichnis I –  Rechtlicher Rahmen A –  Bestimmungen des EGKS-Vertrags B –  Bestimmungen des EG-Vertrags C –  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 D –  Bestimmungen über die Bemessung der Geldbuße II –  Vorgeschichte des Rechtsstreits III –  Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil IV –  Anträge der Verfahrensbeteiligten V –  Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung VI –  Zum Rechtsmittel A –  Zum ersten Rechtsmittelgrund und zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes: Verstoß gegen den Grundsatz nulla poena sine lege und den „Bestimmtheitsgrundsatz“ sowie fehlende Zuständigkeit der Kommission 1.  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 2.  Würdigung durch den Gerichtshof B –  Zum zweiten Rechtsmittelgrund und zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes 1.  Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes: rechtsfehlerhafte Auslegung von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission durch das Gericht a)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten b)  Würdigung durch den Gerichtshof 2.  Zum ersten Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes, mit dem eine Verkennung der Reichweite des Grundsatzes der Rechtskraft durch das Gericht und eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend gemacht wird a)  Zur Zulässigkeit des Arguments i)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten ii)  Würdigung durch den Gerichtshof b)  Zur Begründetheit i)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten ii)  Würdigung durch den Gerichtshof 3.  Zum zweiten Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes und zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, mit denen geltend gemacht wird, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht zu einem Haftungsübergang geführt habe und dass gegen den „Bestimmtheitsgrundsatz“ verstoßen worden sei a)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten b)  Würdigung durch den Gerichtshof C –  Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Verjährungsvorschriften 1.  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 2.  Würdigung durch den Gerichtshof D –  Zum fünften Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Bemessung der Geldbuße 1.  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 2.  Würdigung durch den Gerichtshof VII –  Kosten In der Rechtssache C‑352/09 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 2. September 2009, ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG, mit Sitz in Duisburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt M. Klusmann und S. Thomas, Universitätsprofessor, Rechtsmittelführerin, andere Verfahrensbeteiligte: Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und R. Sauer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.‑C. Bonichot, K. Schiemann, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J.‑J. Kasel, der Richter E. Juhász, G. Arestis, A. Borg Barthet und T. von Danwitz sowie der Richterin C. Toader, Generalanwalt: Y. Bot, Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Oktober 2010 folgendes Urteil 1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG, die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Juli 2009, ThyssenKrupp Stainless/Kommission (T‑24/07, Slg. 2009, II‑2309, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht sowohl ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2006 in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag (Sache COMP/F/39.234 − Legierungszuschläge, Neuentscheidung) (im Folgenden: streitige Entscheidung) als auch ihren Hilfsantrag auf Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat. 2        Mit der streitigen Entscheidung stellte die Europäische Kommission fest, dass die Thyssen Stahl AG (im Folgenden: Thyssen Stahl) vom 16. Dezember 1993 bis zum 31. Dezember 1994 durch abgestimmte Änderung der Referenzwerte der Formel zur Berechnung des Legierungszuschlags und durch Anwendung dieser Änderung gegen Art. 65 § 1 KS verstoßen habe, und verhängte deshalb gegen die ThyssenKrupp Stainless AG eine Geldbuße in Höhe von 3 168 000 Euro. I –  Rechtlicher Rahmen A –  Bestimmungen des EGKS-Vertrags 3        Art. 65 KS sah vor: „§ 1 Verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, alle Beschlüsse von Verbänden von Unternehmen und alle verabredeten Praktiken, die darauf abzielen würden, auf dem Gemeinsamen Markt unmittelbar oder mittelbar den normalen Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, insbesondere a)      die Preise festzusetzen oder zu bestimmen; b)      die Erzeugung, die technische Entwicklung oder die Investitionen einzuschränken oder zu kontrollieren; c)      die Märkte, Erzeugnisse, Abnehmer oder Versorgungsquellen aufzuteilen. … § 4   Nach Paragraf 1 dieses Artikels untersagte Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig; eine Berufung auf sie ist vor keinem Gericht der Mitgliedstaaten zulässig. Vorbehaltlich der bei dem Gerichtshof zu erhebenden Klagen ist die Kommission ausschließlich zuständig, darüber zu entscheiden, ob die genannten Vereinbarungen oder Beschlüsse mit den Bestimmungen dieses Artikels in Einklang stehen. § 5      Gegen Unternehmen, die eine nichtige Vereinbarung getroffen oder im Wege eines Schiedsverfahrens, einer Vertragsstrafe, des Boykotts oder irgendeines anderen Mittels eine Vereinbarung oder einen nichtigen Beschluss oder eine Vereinbarung, deren Genehmigung abgelehnt oder widerrufen worden ist, angewendet oder anzuwenden versucht haben, oder die Vergünstigung einer Genehmigung durch vorsätzlich falsche oder entstellte Auskünfte erlangen, oder zu den Bestimmungen des Paragrafen 1 im Widerspruch stehende Praktiken anwenden, kann die Kommission Geldbußen und Zwangsgelder festsetzen; der Höchstbetrag dieser Geldbußen und Zwangsgelder darf das Doppelte des Umsatzes nicht überschreiten, der in den Erzeugnissen erzielt worden ist, die Gegenstand der Vereinbarung, des Beschlusses oder der Praktiken waren, die zu den Bestimmungen dieses Artikels im Widerspruch stehen; war eine Beschränkung der Produktion, der technischen Entwicklung oder der Investitionen beabsichtigt, so wird dieser Höchstbetrag bis auf höchstens 10 v. H. des Jahresumsatzes der betreffenden Unternehmen erhöht, soweit es sich um die Geldbuße handelt, und bis auf höchstens 20 v. H. des Tagesumsatzes, soweit es sich um die Zwangsgelder handelt.“ 4        Der EGKS-Vertrag lief gemäß Art. 97 KS am 23. Juli 2002 aus. B –  Bestimmungen des EG-Vertrags 5        Art. 305 Abs. 1 EG lautete: „Dieser Vertrag ändert nicht die Bestimmungen des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten, der Befugnisse der Organe dieser Gemeinschaft und der Vorschriften des genannten Vertrags für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl.“ C –  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 6        Nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) verfügt die Kommission „[z]ur Anwendung der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] … über die in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnisse“. 7        Art. 7 („Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen“) der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt: „(1)      Stellt die Kommission auf eine Beschwerde hin oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] des Vertrags fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen. … Soweit die Kommission ein berechtigtes Interesse hat, kann sie auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist. …“ 8        Nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG verstoßen. D –  Bestimmungen über die Bemessung der Geldbuße 9        Abschnitt D der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) sieht vor: „1.      Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt. 2.      Dies gilt insbesondere, wenn –        ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen; –        ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“ II –  Vorgeschichte des Rechtsstreits 10      Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende, in den Randnrn. 10 bis 32 des angefochtenen Urteils dargestellte Sachverhalt kann wie folgt zusammengefasst werden. 11      Die Krupp Thyssen Nirosta GmbH, eine Gesellschaft deutschen Rechts, entstand am 1. Januar 1995 aus der Zusammenlegung der Tätigkeiten von Thyssen Stahl und der Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp im Bereich nichtrostender Flachstahlerzeugnisse. In anderen Sektoren setzte Thyssen Stahl ihre Tätigkeiten unabhängig fort. Aus der Krupp Thyssen Nirosta GmbH wurde nach mehreren Änderungen der Firmenbezeichnung die ThyssenKrupp Stainless AG und schließlich die ThyssenKrupp Nirosta GmbH. 12      Rostfreier Stahl ist ein Edelstahl, der aufgrund der Verwendung verschiedener Legierungselemente (Nickel, Chrom, Molybdän) korrosionsbeständig ist. Er wird für Flacherzeugnisse (Bleche oder Rollen; warm‑ oder kaltgewalzt) oder für Langerzeugnisse (Stäbe, Walzdraht, Profile; warmgewalzt oder fertig bearbeitet) eingesetzt, von denen die meisten unter den EGKS-Vertrag fielen. 13      Am 16. März 1995 ersuchte die Kommission eine Reihe von Herstellern von rostfreiem Stahl, ihr Informationen über einen Aufpreis zu übermitteln, der unter der Bezeichnung „Legierungszuschlag“ bekannt ist, entsprechend den Kursen der Legierungselemente berechnet wird und um den sich der Grundpreis für rostfreien Stahl erhöht. Die Kosten dieser Legierungselemente, die starken Schwankungen unterliegen, machen einen sehr hohen Anteil der gesamten Herstellungskosten aus. Aufgrund der eingegangenen Informationen sandte die Kommission am 19. Dezember 1995 an 19 Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 14      Im Dezember 1996 und Januar 1997 teilten einige Unternehmen, darunter die Rechtsmittelführerin und Thyssen Stahl, der Kommission ihren Wunsch nach Zusammenarbeit mit. Am 24. April 1997 übermittelte die Kommission jedem der betroffenen Unternehmen, darunter die Rechtsmittelführerin und Thyssen Stahl, eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte, die diese beiden Unternehmen getrennt beantworteten. 15      Mit Schreiben an die Kommission vom 23. Juli 1997 (im Folgenden: Erklärung vom 23. Juli 1997) erklärte die Rechtsmittelführerin: „[I]m Zusammenhang mit dem im Betreff genannten Verfahren [Sache IV/35.814 – ThyssenKrupp Stainless] haben Sie gegenüber dem Rechtsvertreter [von Thyssen Stahl] um eine ausdrückliche Bestätigung der [Rechtsmittelführerin] gebeten, dass diese infolge der Übertragung des Geschäftsbereichs Rostfrei-Flach [von Thyssen Stahl] die Verantwortung für etwaige Verhaltensweisen [von Thyssen Stahl] übernimmt, soweit Rostfrei-Flachprodukte, die Gegenstand des genannten Verfahrens sind, und zwar auch, soweit sie bis ins Jahr 1993 zurückreichen, betroffen sind. Dies bestätigen wir Ihnen hiermit ausdrücklich.“ 16      Mit der Entscheidung 98/247/EGKS vom 21. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag (Sache IV/35.814 – Legierungszuschlag) (ABl. L 100, S. 55, im Folgenden: ursprüngliche Entscheidung) stellte die Kommission fest, dass die Mehrheit der Hersteller von Flacherzeugnissen aus rostfreiem Stahl, darunter die Rechtsmittelführerin und Thyssen Stahl, bei einer Zusammenkunft in Madrid (Spanien) am 16. Dezember 1993 vereinbart habe, ihre Preise vom 1. Februar 1994 an in abgestimmter Weise durch eine Änderung der Berechnungsparameter für den Legierungszuschlag anzuheben. Sie leitete daraus ab, dass die betreffenden Unternehmen gegen Art. 65 § 1 KS verstoßen hätten. 17      Die ursprüngliche Entscheidung wurde der Rechtsmittelführerin, nicht aber Thyssen Stahl mitgeteilt, da die Kommission die Rechtsmittelführerin aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 als für das Verhalten von Thyssen Stahl verantwortlich ansah. Die Kommission verhängte daher gegen sie auch wegen des Thyssen Stahl zur Last gelegten Sachverhalts, der den Zeitraum von Dezember 1993 bis 1. Januar 1995 betraf, eine Geldbuße. 18      Am 11. März 1998 erhob die Rechtsmittelführerin Klage u. a. auf Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung. 19      Mit Urteil vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission (T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757), erklärte das Gericht die ursprüngliche Entscheidung für nichtig, soweit darin der Rechtsmittelführerin die Verantwortung für die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung gegen Art. 65 § 1 KS auferlegt wurde, und setzte infolgedessen die Geldbuße herab. Nach Ansicht des Gerichts hatte die Kommission der Rechtsmittelführerin keine Gelegenheit gegeben, zu den Thyssen Stahl zur Last gelegten Handlungen Stellung zu nehmen, und daher die Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführerin verletzt. 20      Mit Urteil vom 14. Juli 2005, ThyssenKrupp/Kommission (C‑65/02 P und C‑73/02 P, Slg. 2005, I‑6773), wies der Gerichtshof die Rechtsmittel der Rechtsmittelführerin und der Kommission gegen dieses Urteil zurück. 21      Nach einem Schriftwechsel mit der Rechtsmittelführerin und Thyssen Stahl übersandte die Kommission der Rechtsmittelführerin am 5. April 2006 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Mit Schreiben vom 17. Mai 2006 beantwortete die Rechtsmittelführerin die Mitteilung der Beschwerdepunkte; eine öffentliche Anhörung fand am 15. September 2006 statt. 22      Am 20. Dezember 2006 erließ die Kommission die streitige Entscheidung. Laut ihrer Präambel ist diese Entscheidung u. a. auf den EGKS-Vertrag, insbesondere dessen Art. 65, sowie auf den EG-Vertrag und die Verordnung Nr. 1/2003 gestützt. Der verfügende Teil der Entscheidung sieht u. a. vor: „Artikel 1 [Thyssen Stahl] hat zwischen 16. Dezember 1993 und 31. Dezember 1994 durch abgestimmte Änderung der Referenzwerte der Formel zur Berechnung des Legierungszuschlags und durch Anwendung dieser Änderung gegen Artikel 65 § 1 EGKS-Vertrag verstoßen, wobei diese Handlungsweise die Beschränkung und Verfälschung des normalen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt sowohl zum Ziel als auch zur Folge hatte. Artikel 2 1.      Wegen der in Artikel 1 genannten Verstöße wird eine Geldbuße in Höhe von 3 168 000 EUR festgesetzt. 2.      Da die [Rechtsmittelführerin] mit [Erklärung] vom 23. Juli 1997 die Verantwortung für das Verhalten [von Thyssen Stahl] übernommen hat, wird die Geldbuße der [Rechtsmittelführerin] auferlegt.“ III –  Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 23      Die Rechtsmittelführerin erhob mit Klageschrift, die am 6. Februar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, gemäß den Art. 225 EG und 230 EG Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. 24      Mit ihrem ersten Klagegrund machte sie einen Verstoß gegen den Grundsatz nulla poena sine lege aufgrund der Anwendung von Art. 65 § 1 KS nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags geltend. Mit dem zweiten Klagegrund rügte sie die Rechtswidrigkeit der Anwendung der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 65 KS. Mit dem dritten Klagegrund beanstandete sie einen Verstoß gegen die Rechtskraft, weil der Gerichtshof in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission entschieden habe, dass sie für das Verhalten von Thyssen Stahl nicht hafte. 25      Im Rahmen des vierten Klagegrundes machte die Rechtsmittelführerin geltend, die Erklärung vom 23. Juli 1997 könne ebenso wenig ihre Verantwortlichkeit wie die Übertragung der materiell-rechtlichen Bußgeldverantwortlichkeit begründen. Mit dem fünften Klagegrund machte sie geltend, die streitige Entscheidung verstoße gegen den „Bestimmtheitsgrundsatz“, da weder die Sanktionsgrundlage noch das Konzept einer „Haftungsübernahme durch private Erklärung“ hinreichend klar umrissen seien. 26      Mit dem sechsten Klagegrund rügte die Rechtsmittelführerin, dass mit der Haftungsübernahme durch private Erklärung gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen worden sei. Mit dem siebten Klagegrund machte sie geltend, die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung sei verjährt. Mit dem achten und dem neunten Klagegrund machte sie eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend, die darin bestehe, dass zum einen gegen das Recht auf Akteneinsicht verstoßen worden sei und zum anderen die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ordnungsgemäß gewesen sei. 27      Hilfsweise trug die Rechtsmittelführerin im Rahmen eines zehnten Klagegrundes vor, dass die Bußgeldbemessung rechtswidrig sei, da die Kommission dem Umstand, dass sie den Verstoß in vollem Umfang eingeräumt habe, keine Bedeutung beigemessen habe. 28      In den Randnrn. 37 und 38 des angefochtenen Urteils wird festgestellt, dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2008 gehört worden seien und dass die Rechtsmittelführerin in dieser Sitzung mitgeteilt habe, dass sie die Erklärung vom 23. Juli 1997 widerrufe, was in das Protokoll der Sitzung aufgenommen worden sei. 29      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage abgewiesen und der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. 30      Das Gericht hat zunächst die Ansicht vertreten, dass die Anwendung des Art. 65 § 1 KS nach dem 23. Juli 2002 auf vor diesem Zeitpunkt liegende Sachverhalte nicht gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoße und dass die Kommission ihre Zuständigkeit für diese Anwendung auf die Verordnung Nr. 1/2003 habe stützen können. Der Gerichtshof habe im Urteil ThyssenKrupp/Kommission, das rechtskräftig geworden sei, festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 für das Verhalten von Thyssen verantwortlich sei. 31      Sodann hat das Gericht ausgeführt, dass die Rechtsgrundlagen der Sanktion und des genannten Haftungsübergangs zum einen in Art. 7 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und zum anderen in der Erklärung vom 23. Juli 1997 hinreichend klar umrissen seien. Die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem hat das Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung aufgrund dieser Erklärung der Rechtsmittelführerin zuzurechnen gewesen sei. Diese Zuwiderhandlung sei auch nicht verjährt gewesen, da die Verjährung in Bezug auf die Rechtsmittelführerin zu prüfen sei und da sie während des die ursprüngliche Entscheidung betreffenden gerichtlichen Verfahrens geruht habe. 32      Schließlich hat das Gericht festgestellt, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte ordnungsgemäß gewesen sei und dass die Kommission weder das Recht der Rechtsmittelführerin auf Akteneinsicht verletzt noch einen Fehler begangen habe, als sie das Vorbringen, dass die Rechtsmittelführerin den Verstoß eingeräumt habe, unberücksichtigt gelassen habe. IV –  Anträge der Verfahrensbeteiligten 33      Die Rechtsmittelführerin beantragt, –        das angefochtene Urteil aufzuheben; –        hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen; –        weiter hilfsweise, die in Art. 2 der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 34      Die Kommission beantragt, –        das Rechtsmittel unter Aufrechterhaltung des angefochtenen Urteils zurückzuweisen; –        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen. V –  Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung 35      Die Kommission hat mit am 28. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenem Schriftsatz die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß Art. 61 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs für den Fall beantragt, dass sich der Gerichtshof mit den Fragen befassen sollte, ob eine „Einschränkung des Grundsatzes res iudicata durch das ‚principe du contradictoire‘ [Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens]“ erfolge, ob die Kommission in einem nach Verkündung des vorliegenden Urteils liegenden Verwaltungsabschnitt eine Geldbuße wegen des streitigen Verhaltens gegen Thyssen Stahl verhängen könne und welche Auswirkungen die Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung auf das Ruhen der Verjährung habe. Diese Fragen habe der Generalanwalt in den Nrn. 155, 174 bis 176 und 198 bis 212 seiner Schlussanträge geprüft, sie seien jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits und seien zwischen den Verfahrensbeteiligten auch nicht erörtert worden. 36      Der Generalanwalt ist gemäß Art. 61 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu diesem Antrag angehört worden. 37      Der Gerichtshof kann gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009, I‑7633, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). 38      Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass er im vorliegenden Fall über alle erforderlichen Angaben verfügt, um den Rechtsstreit zu entscheiden, und dass die Rechtssache nicht mit Blick auf ein vor ihm nicht erörtertes Vorbringen geprüft werden muss. 39      Daher besteht keine Veranlassung, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen. VI –  Zum Rechtsmittel 40      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Rechtsmittelgründe. Mit dem ersten dieser Rechtsmittelgründe rügt sie einen Verstoß gegen den Grundsatz nulla poena sine lege, weil Art. 65 § 1 KS nach dem 23. Juli 2002 angewandt worden sei, die fehlerhafte Anwendung von Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 auf eine Zuwiderhandlung gegen Art. 65 § 1 KS, die Verletzung der Souveränität der EGKS-Signatarstaaten und die mangelnde Einschlägigkeit des Urteils des Gerichts vom 12. September 2007, González y Díez/Kommission (T‑25/04, Slg. 2007, II‑3121). 41      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, ihre Haftung für das Verhalten von Thyssen Stahl sei im Urteil ThyssenKrupp/Kommission nicht rechtskräftig festgestellt worden, das Gericht habe die Reichweite des Grundsatzes res iudicata verkannt, es habe ihre Verteidigungsrechte verletzt und es habe zu Unrecht entschieden, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 einen Übergang der Haftung von Thyssen Stahl auf sie selbst bewirkt habe. 42      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird die mangelnde Bestimmtheit sowohl der Rechtsgrundlage der streitigen Entscheidung als auch des Haftungsübergangs gerügt, die das Gericht zu Unrecht nicht festgestellt habe. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe gegen die Verjährungsvorschriften verstoßen. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund rügt sie einen Verstoß gegen die Grundsätze der Bemessung der Geldbuße. A –  Zum ersten Rechtsmittelgrund und zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes: Verstoß gegen den Grundsatz nulla poena sine lege und den „Bestimmtheitsgrundsatz“ sowie fehlende Zuständigkeit der Kommission 1.     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 43      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin erstens geltend, dass die Anwendung des Art. 65 § 1 KS nach dem 23. Juli 2002 gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoße, da der EGKS-Vertrag und die dadurch der Kommission übertragenen Ermächtigungen nach Art. 97 KS zu diesem Datum erloschen seien. Nach dem im Gemeinschaftsrecht und im internationalen Recht verankerten Analogieverbot für straf‑ und bußgeldrechtliche Vorschriften müsse sich die gesetzliche Grundlage der Sanktion klar und unzweideutig aus dem geschriebenen Recht ergeben. 44      Aus dem Umstand, dass nach dem 23. Juli 2002 bestimmte Verhaltensweisen, die früher unter den EGKS-Vertrag gefallen wären, unter den EG-Vertrag fallen könnten, lasse sich nichts für die Beantwortung der Frage ableiten, inwieweit nach diesem Datum Verstöße nach Art. 65 § 1 KS geahndet werden könnten, die vor diesem Datum beendet worden seien. 45      Das Gericht habe die Begriffe der Einheit und der Kontinuität der gemeinschaftlichen Rechtsordnung verkannt, als es aus diesen Begriffen abgeleitet habe, dass der EGKS-Vertrag unter dem EG-Vertrag weiterhin angewandt werden könne. Da der EGKS-Vertrag und der EG-Vertrag völkerrechtliche Verträge seien, unterfielen sie den in Art. 70 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge aufgestellten Grundsätzen, wonach mit Außerkrafttreten eines völkerrechtlichen Vertrags aus ihm keine Vertragspflichten und auch keine Befugnisse mehr hergeleitet werden könnten. 46      Selbst wenn man annähme, dass die Gemeinschaftsverträge nach einheitlichen Grundsätzen auszulegen seien, bedeute dies nicht, dass die Kommission eine Allzuständigkeit für ihren Vollzug besäße, die vom Bestand der jeweiligen Vertragsrechtsordnung losgelöst wäre. Aus mehreren Rechtsakten des Gemeinschaftsrechts folge nämlich, dass die Organe nur über die sich aus rechtlich selbständigen Verträgen ergebenden Einzelermächtigungen verfügten. 47      Da die Kommission nicht mehr über Befugnisse aus dem EGKS-Vertrag verfüge, sei die Frage, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 65 KS und des Art. 81 EG sich entsprochen hätten und in gleicher Weise ausgelegt worden seien, belanglos. So bedeute auch der Umstand, dass in bestimmten nationalen Rechtsordnungen Tatbestandsmerkmale von Kartellen ähnlich ausgelegt würden wie die Tatbestandsmerkmale der Art. 81 EG und 82 EG, nicht, dass die Kommission zur Anwendung dieser nationalen Vorschriften befugt sei. 48      Die Rechtsmittelführerin weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichts die Tatsache, dass es sich beim EGKS- Vertrag um eine lex specialis zum EG-Vertrag gehandelt habe, nach Auslaufen des EGKS-Vertrags keine Befugnis der Kommission aus Art. 65 § 5 KS begründen könne. Sie ist der Ansicht, dass diese Aussage auf Art. 65 § 1 KS auszuweiten sei, da er Bestandteil der Sanktionsgrundlage sei. Deshalb lasse sich die Anwendbarkeit des außer Kraft getretenen Art. 65 § 1 KS nicht mit dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali begründen, da dieser Grundsatz nur das Verhältnis zweier anwendbarer Normen zueinander regle. 49      In Ermangelung von Übergangsregelungen mit Rechtsnormcharakter – der für die Mitteilung über bestimmte Aspekte der Behandlung von Wettbewerbsfällen nach Auslaufen des EGKS-Vertrags (ABl. C 152, S. 5), die von der Kommission am 18. Juni 2002 erlassen worden sei, zu verneinen sei –, die der Kommission die Ahndung von Verstößen gegen Art. 65 § 1 KS nach dem 23. Juli 2002 noch ermöglichen würden, sei weder im Primär‑ noch im Sekundärrecht an irgendeiner Stelle vorgesehen, dass die Kommission nach dem 23. Juli 2002 noch eine Entscheidung wie die streitige Entscheidung erlassen könne. 50      Zweitens gebe es nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags keine Rechtsnorm mehr, die Sanktionen für einen Verstoß gegen Art. 65 § 1 KS vorsehe, da § 5 dieser Bestimmung zusammen mit dem EGKS-Vertrag ausgelaufen sei, was das Gericht in seiner früheren Rechtsprechung anerkannt habe. 51      Indem das Gericht befunden habe, dass Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen sei, dass er die Kommission zu einer Ahndung von Verstößen gegen den EGKS-Vertrag ermächtige, und dies obwohl diese Vorschrift nicht auf Art. 65 KS Bezug nehme, habe es gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoßen, aus dem folge, dass der Wortsinn die äußerste Grenze strafrechtlicher Vorschriften bilde. Sie dürften nicht einer erweiternden historischen, systematischen oder teleologischen Auslegung unterworfen werden, da dies einer analogen Anwendung gleichkäme, die im Bereich des Sanktionsrechts verboten sei. 52      Hierzu verweist die Rechtsmittelführerin auf die Rechtsprechung, der zufolge eine Sanktion nur dann verhängt werden dürfe, wenn sie auf einer klaren und unzweideutigen Rechtsgrundlage beruhe, die ausdrücklich die Auferlegung einer Sanktion für den in Rede stehenden Fall vorsehe. Sie zieht daraus die Schlussfolgerung, dass der Gerichtshof im Bereich des Sanktionsrechts jede erweiternde systematische oder teleologische Auslegung über den Wortsinn der Bestimmungen hinaus abgelehnt habe. Das Gericht aber habe eine unzulässige Analogie vorgenommen. 53      Drittens lägen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 auf eine Zuwiderhandlung gegen Art. 65 § 1 KS nicht vor. Es sei nämlich erforderlich, dass der Tatbestand eine Ähnlichkeit mit dem in Art. 23 geregelten Fall aufweise und dass im Hinblick auf die Ziele des Gesetzgebers eine planwidrige Regelungslücke vorliege. 54      Selbst unter der Annahme, dass Art. 65 § 1 KS in allen wesentlichen Punkten mit Art. 81 EG identisch sei – was nicht der Fall sei, da die Tatbestände in mehrfacher Hinsicht voneinander abwichen –, bestehe jedoch keine im Hinblick auf die Ziele des Gesetzgebers planwidrige Regelungslücke. Der Richter sei aus Gründen des Demokratieprinzips und der Gewaltenteilung nur zur Schließung von Gesetzeslücken befugt, die dem Gesetzgeber planwidrig unterlaufen seien. Er sei nicht dazu ermächtigt, den Gesetzgeber in der Weise zu korrigieren, dass er seine eigenen Vorstellungen von einer sinnvollen Regelung an die Stelle des geltenden Rechts setze. 55      Im vorliegenden Fall sprächen gegen das Vorliegen einer solchen Regelungslücke die Umstände, dass der Normgeber keine Übergangsregelung geschaffen habe, während in verschiedenen anderen Bereichen des EGKS-Vertrags Verlängerungs‑ oder Übergangsregelungen erlassen worden seien, und dass der Rat der Europäischen Union und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten durch die Entschließung vom 20. Juli 1998 zum Ablauf der Geltungsdauer des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (ABl. C 247, S. 5) unter Hinweis darauf, dass sie bereit seien, alle notwendigen Maßnahmen aufgrund des Vertragsablaufs zu ergreifen, die Kommission ersucht hätten, Vorschläge für andere Bereiche, die von diesem Ablauf der Geltungsdauer betroffen seien, zu unterbreiten, ohne dass die Kommission diesem Ersuchen hinsichtlich des Kartellrechts entsprochen habe. 56      Viertens ist die Rechtsmittelführerin der Ansicht, die Anwendung des Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 auf Art. 65 § 1 KS verletze die Art. 5 EG, 7 Abs. 1 EG und 83 EG, da sie nicht weiter gehen könne, als es die Ermächtigungsgrundlage dieser Verordnung gestatte. Selbst wenn der Rat Art. 23 hätte dahin gehend ausgestalten wollen, dass er eine Ahndung von Verstößen gegen Art. 65 § 1 KS erlaube, wäre dies nicht möglich gewesen, da der EG-Vertrag nur zum Vollzug der Bestimmungen des EG-Vertrags ermächtige. 57      Aus den Art. 5 EG, 7 Abs. 1 Satz 2 EG und 211 EG gehe hervor, dass der EG-Vertrag die Zuständigkeiten und Befugnisse der Kommission im Rahmen der Wahrnehmung der aus ihm resultierenden Aufgaben der Gemeinschaftsorgane strikt auf diesen Vertrag beschränke. Da der materielle Tatbestand der Zuwiderhandlung und ihre Rechtsfolgen gemeinsam die Sanktionsgrundlage bildeten, gelte dies sowohl für die unmittelbaren Rechtsfolgen als auch für den materiellen Tatbestand der Zuwiderhandlung. 58      Art. 83 EG ermächtige den Rat nur dazu, eine Verordnung zum Vollzug der Art. 81 EG und 82 EG zu erlassen. Infolgedessen sei die Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 auf die Bestimmungen des EG-Vertrags kein redaktionelles Versehen, das einer Korrektur durch analoge Anwendung des Art. 23 auf Verstöße gegen Art. 65 § 1 KS bedürfte. 59      Das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 als eine Verfahrensvorschrift angesehen habe. Art. 23 sei nämlich eine materiell-rechtliche Regelung, die eine Sanktionsbefugnis einräume, indem sie die Kommission ermächtige, bei Zuwiderhandlungen gegen die Art. 81 EG und 82 EG Geldbußen zu verhängen, die nicht unmittelbar im EG-Vertrag vorgesehen seien. 60      In Randnr. 85 des angefochtenen Urteils sei dem Gericht dadurch ein logischer Fehler unterlaufen, dass es die Anwendbarkeit des Art. 65 § 1 KS mit den Regeln des intertemporalen Rechts habe begründen wollen, wonach das zur Tatzeit anwendbare materielle Recht gelten müsse. Die zeitliche Anwendbarkeit einer nicht mehr existenten Norm setze aber voraus, dass die Kommission noch zum Vollzug der Normen der betreffenden Rechtsordnung befugt sei, was in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall sei. 61      Fünftens verletze das angefochtene Urteil die Souveränität der EGKS-Signatarstaaten, weil nach Auslaufen des EGKS-Vertrags die Kompetenz zur Verhängung von Sanktionen in dem betreffenden Bereich an die Mitgliedstaaten zurückgefallen sei, da die Signatarstaaten der Kommission die Sanktionsbefugnis nur bis zu diesem Datum übertragen hätten. 62      Sechstens habe sich das Gericht zu Unrecht auf die Randnrn. 57 ff. seines Urteils González y Díez/Kommission berufen. Selbst wenn man die Richtigkeit dieses Urteils unterstellte, sei es doch im Bereich des Beihilferechts ergangen. Im Bereich des Kartellrechts gälten aber nach dem Grundsatz nulla poena sine lege für die Verhängung von Geldbußen strengere Regeln. 63      Zudem habe das Gericht darauf hingewiesen, dass die zeitlichen Wirkungen einer Wettbewerbsverzerrung, die sich aus der Nichtbeachtung der Regeln für staatliche Beihilfen ergebe, nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags zum Tragen kommen könnten. Dagegen betreffe die vorliegende Rechtssache eine Zuwiderhandlung gegen Art. 65 KS, die im Januar 1998 beendet worden sei und die daher zum Zeitpunkt der Bebußung am 20. Dezember 2006 keinerlei Wirkungen mehr gehabt habe, die erst durch die Verhängung einer Geldbuße hätten beseitigt werden können. 64      Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe mit der Feststellung, dass aus der streitigen Entscheidung hervorgehe, dass die Kommission Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 mit Art. 65 § 1 KS habe kombinieren wollen, den Grundsatz der Bestimmtheit der Rechtsgrundlage verkannt, wonach eine Sanktion nur dann verhängt werden dürfe, wenn sie auf einer klaren und unzweideutigen Rechtgrundlage beruhe, die für den konkreten Fall eine Sanktion vorsehe. Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sehe aber Sanktionen nicht im Fall eines Verstoßes gegen Art. 65 § 1 KS vor, sondern nur im Fall eines Verstoßes gegen Art. 81 EG oder Art. 82 EG. 2.     Würdigung durch den Gerichtshof 65      Einleitend ist zunächst festzustellen, dass die Kommission wegen jeder dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechenden Vereinbarung, die vor dem Auslaufen des EGKS-Vertrags am 23. Juli 2002 getroffen oder durchgeführt wurde, bis zu diesem Datum eine auf Art. 65 § 5 KS gestützte Entscheidung erlassen konnte, mit der sie gegen die Unternehmen, die an der Vereinbarung oder ihrer Durchführung beteiligt waren, Geldbußen verhängte. 66      Sodann ist festzustellen, dass die Kommission wegen jeder dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechenden Vereinbarung, die zwischen dem 24. Juli 2002 und dem 30. November 2009 getroffen oder durchgeführt wurde, eine solche Entscheidung gestützt auf Art. 81 EG und Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), oder Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen konnte. 67      Schließlich steht ebenfalls fest, dass die Kommission wegen jeder dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechenden Vereinbarung, die seit dem 1. Dezember 2009 getroffen oder durchgeführt worden ist, eine solche Entscheidung gestützt auf die Art. 101 AEUV und 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen kann. 68      Im vorliegenden Fall widerspricht die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen der Feststellung des Gerichts, dass ihr die Kommission mit der nach dem 23. Juli 2002 erlassenen streitigen Entscheidung aufgrund einer Kombination des Art. 65 §§ 1 und 5 KS und der Art. 7 Abs. 1 und 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 eine Geldbuße habe auferlegen können, weil sie vor dem 23. Juli 2002 am Abschluss und an der Durchführung einer dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechenden Vereinbarung beteiligt gewesen sei. 69      Was erstens die Zuständigkeit der Kommission betrifft, hat das Gericht in Randnr. 74 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift, die die Rechtsgrundlage eines Rechtsakts bilde und das Organ der Europäischen Union zu seinem Erlass ermächtige, bei Erlass des Rechtsakts in Kraft sein müsse, was auf Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zutreffe. 70      In den Randnrn. 76 bis 79 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass der EGKS-Vertrag gemäß Art. 305 Abs. 1 EG eine lex specialis gewesen sei, die vom EG-Vertrag als lex generalis abgewichen sei, und dass wegen des Auslaufens des EGKS-Vertrags am 23. Juli 2002 der Geltungsbereich der allgemeinen Regelung des EG-Vertrags am 24. Juli 2002 auf die Bereiche ausgedehnt worden sei, die ursprünglich durch den EGKS-Vertrag geregelt gewesen seien. 71      In den Randnrn. 80 bis 82 des angefochtenen Urteils hat das Gericht erläutert, dass der Umstand, dass der rechtliche Rahmen des EG-Vertrags an die Stelle des rechtlichen Rahmens des EGKS-Vertrags getreten sei, im Zusammenhang mit der Kontinuität der Unionsrechtsordnung und ihrer Ziele zu sehen sei, wobei die Errichtung und die Erhaltung eines Systems des freien Wettbewerbs eines der Hauptziele sowohl des EG-Vertrags als auch des EGKS-Vertrags darstellten. Es hat insoweit unterstrichen, dass die Begriffe „Vereinbarung“ und „verabredete Praktiken“ nach Art. 65 § 1 KS den Begriffen „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweisen“ im Sinne des Art. 81 EG entsprächen und dass diese beiden Bestimmungen vom Unionsrichter in gleicher Weise ausgelegt würden. 72      In den Randnrn. 83 und 84 des angefochtenen Urteils ist das Gericht deshalb zu dem Schluss gelangt, dass die Kontinuität der Unionsrechtsordnung erfordere, dass die Kommission bei im Rahmen des EGKS-Vertrags entstandenen Situationen für die Einhaltung der seinerzeit sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für Einzelpersonen nach dem EGKS-Vertrag geltenden Rechte und Pflichten Sorge trage, und dass Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 folglich dahin auszulegen sei, dass er die Kommission ermächtige, nach dem 23. Juli 2002 Kartelle in Bereichen, die sachlich und zeitlich unter den EGKS-Vertrag fielen, zu ahnden. 73      Diese Erwägungen sind rechtsfehlerfrei. Aus der Rechtsprechung geht nämlich hervor, dass nach einem den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen, auf das römische Recht zurückgehenden Grundsatz bei Änderungen der Gesetzgebung, soweit der Gesetzgeber nicht einen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat, die Kontinuität der Rechtsstrukturen zu gewährleisten ist, und dass dieser Grundsatz auch für Änderungen des Primärrechts der Union gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 1969, Klomp, 23/68, Slg. 1969, 43, Randnr. 13). 74      Wie die Kommission zutreffend vorgetragen hat, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Unionsgesetzgeber Kartellverhalten, das nach dem EGKS-Vertrag verboten war, nach dem Auslaufen dieses Vertrags sanktionsfrei stellen wollte. 75      Zum einen hat die Rechtsmittelführerin, wie aus Randnr. 55 des vorliegenden Urteils hervorgeht, selbst betont, dass der Rat und die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten darauf hingewiesen hatten, dass sie bereit seien, alle notwendigen Maßnahmen aufgrund des Ablaufs des EGKS-Vertrags zu ergreifen. Zum anderen hat die Kommission erläutert, dass sie Vorschläge für Übergangsregelungen nur habe unterbreiten sollen, soweit dies für erforderlich angesehen worden sei, und dass ihrer Auffassung nach im Bereich des Kartellrechts vor dem Hintergrund der geltenden allgemeinen Rechtsprinzipien ein solches Erfordernis nicht bestanden habe. 76      Daraus folgt, dass die Rechtsmittelführerin aus dem Fehlen einschlägiger Übergangsregelungen kein stichhaltiges Argument herleiten kann. 77      Darüber hinaus ergibt sich aus den Feststellungen in den Randnrn. 65 bis 67 des vorliegenden Urteils, dass durch das Aufeinanderfolgen des EGKS‑, des EG‑ und des AEU-Vertrags im Hinblick auf die Gewährleistung eines freien Wettbewerbs sichergestellt ist, dass die Kommission jedes dem Tatbestand des Art. 65 § 1 KS entsprechende Verhalten, gleichgültig, ob es vor oder nach dem 23. Juli 2002 stattgefunden hat, ahnden konnte bzw. ahnden kann. 78      Unter diesen Umständen liefe es dem Zweck und der Kohärenz der Verträge zuwider und wäre mit der Kontinuität der Unionsrechtsordnung unvereinbar, wenn die Kommission nicht befugt wäre, eine einheitliche Anwendung der Normen sicherzustellen, die im Zusammenhang mit dem EGKS-Vertrag stehen und weiterhin auch nach dessen Außerkrafttreten Wirkungen zeitigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2007, Lucchini, C‑119/05, Slg. 2007, I‑6199, Randnr. 41). 79      Zweitens hat das Gericht zum letztgenannten Gesichtspunkt in den Randnrn. 85, 86 und 89 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass es zur Einhaltung der Grundsätze über das intertemporale Recht und wegen der Erfordernisse im Zusammenhang mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geboten sei, die materiell-rechtlichen Vorschriften des Art. 65 §§ 1 und 5 KS auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles anzuwenden, der sachlich und zeitlich gesehen in den Geltungsbereich des EGKS‑Vertrags falle. 80      Soweit die Rechtsmittelführerin beanstandet, dass die streitige Entscheidung gegen den Grundsatz nulla poena sine lege und einen geltend gemachten „Bestimmtheitsgrundsatz“ verstoße, insbesondere weil weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch Art. 83 EG auf Art. 65 KS verweise, ist zu beachten, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Delikten und Sanktionen (nullum crimen, nulla poena sine lege), wie er in Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, verlangt, dass eine unionsrechtliche Regelung klar die Zuwiderhandlungen und die Sanktionen definiert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnrn. 49 und 50). 81      Zudem verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass eine solche Regelung den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (Urteil vom 10. März 2009, Heinrich, C‑345/06, Slg. 2009, I‑1659, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). 82      In diesem Zusammenhang ist zu unterstreichen, dass Art. 65 §§ 1 und 5 KS zur Tatzeit eine klare Rechtsgrundlage für die im vorliegenden Fall verhängte Sanktion enthielt, so dass die Rechtsmittelführerin über die Folgen ihres Verhaltens nicht in Unkenntnis sein konnte. Im Übrigen ergibt sich aus den Feststellungen in den Randnrn. 65 bis 67 des vorliegenden Urteils, dass die Kommission ein gleiches Verhalten auch zu jedem späteren Zeitpunkt durch eine solche Sanktion hätte ahnden können. 83      Da die Verträge bereits vor dem Tatzeitpunkt die Zuwiderhandlungen sowie Art und Umfang der ihretwegen verhängbaren Sanktionen klar definierten, garantieren die genannten Grundsätze den Unternehmen nicht, dass spätere Änderungen der Rechtsgrundlagen und der Verfahrensvorschriften ihnen ermöglichen, jeder Sanktion in Bezug auf ihr beendetes rechtswidriges Verhalten zu entgehen. 84      Überdies hat die Kommission bereits vor dem Auslaufen des EGKS-Vertrags darauf hingewiesen, dass keine Möglichkeit besteht, einer solchen Ahndung zu entgehen, indem sie in Nr. 31 ihrer am 18. Juni 2002 erlassenen Mitteilung über bestimmte Aspekte der Behandlung von Wettbewerbsfällen nach Auslaufen des EGKS-Vertrags klargestellt hat, dass, wenn sie in einem unter den EGKS-Vertrag fallenden Bereich einen Verstoß feststellt, unabhängig vom Zeitpunkt der Anwendung die materiellen Rechtsvorschriften anwendbar sind, die bei Vornahme der tatbestandlichen Handlung in Kraft waren, und dass nach Auslaufen des EGKS-Vertrags das Verfahrensrecht des EG-Vertrags gilt. 85      Auch der Grundsatz lex mitior steht im vorliegenden Fall der Anwendung von Art. 65 § 5 KS nicht entgegen, weil die durch die streitige Entscheidung verhängte Geldbuße jedenfalls unterhalb der Höchstgrenze liegt, die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 für die Verhängung von Geldbußen wegen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln der Union festgelegt ist. 86      Nach alledem konnte ein sorgfältiges Unternehmen in der Lage der Rechtsmittelführerin zu keinem Zeitpunkt über die Folgen seines Verhaltens in Unkenntnis sein oder sich darauf verlassen, dass der Umstand, dass der rechtliche Rahmen des EG-Vertrags an die Stelle des rechtlichen Rahmens des EGKS-Vertrags trat, zur Folge haben werde, dass es jeder Ahndung beendeter Zuwiderhandlungen gegen Art. 65 KS entgehen werde. 87      Zur Rechtsgrundlage und zu den anwendbaren Verfahrensvorschriften hat das Gericht ferner in den Randnrn. 84 und 87 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass sich die Befugnis der Kommission, durch die streitige Entscheidung die fragliche Geldbuße zu verhängen, aus Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergebe und dass das Verfahren gemäß dieser Verordnung habe geführt werden müssen. 88      Aus der Rechtsprechung geht nämlich hervor, dass die Bestimmung, die die Rechtsgrundlage eines Rechtsakts bildet und das Unionsorgan zum Erlass dieses Rechtsakts ermächtigt, zum Zeitpunkt seines Erlasses in Kraft sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2000, Kommission/Rat, C‑269/97, Slg. 2000, I‑2257, Randnr. 45) und dass Verfahrensvorschriften im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt, zu dem sie in Kraft treten, anwendbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnr. 9, und vom 23. Februar 2006, Molenbergnatie, C‑201/04, Slg. 2006, I‑2049, Randnr. 31). 89      Zu ergänzen ist, dass die Anwendung der Verordnung Nr. 1/2003 durch die Kommission die Verfahrensgarantien, die den betroffenen Unternehmen durch den rechtlichen Rahmen des EGKS-Vertrags eingeräumt werden, nicht eingeschränkt, sondern eher erweitert hat, was die Rechtsmittelführerin auch nicht bestreitet. 90      Das Gericht konnte daher in den Randnrn. 87 und 89 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei zum einen folgern, dass sich die Befugnis der Kommission, durch die streitige Entscheidung die fragliche Geldbuße zu verhängen, aus Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergebe und dass das Verfahren gemäß dieser Verordnung habe geführt werden müssen, und zum anderen, dass Art. 65 §§ 1 und 5 KS das die Sanktion vorsehende anwendbare materielle Recht sei. 91      Somit sind der erste Rechtsmittelgrund und der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. B –  Zum zweiten Rechtsmittelgrund und zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes 1.     Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes: rechtsfehlerhafte Auslegung von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission durch das Gericht a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 92      Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist das Gericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gerichtshof in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission angenommen habe, sie hafte für die von Thyssen Stahl begangenen Zuwiderhandlungen. In diesem Urteil habe der Gerichtshof mit einer ergänzenden Begründung ihre materielle Verantwortlichkeit gerade abgelehnt. Der prozessuale Kontext, auf den sich das Gericht zur Stützung seiner Auslegung bezogen habe, erlaube es nicht, dem Wortlaut von Randnr. 88 eine andere Bedeutung zu geben. Um seine eigene Auslegung zugrunde legen zu können, hätte das Gericht zunächst einen Antrag auf Auslegung nach Art. 102 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs stellen müssen. 93      Im Übrigen hält die Rechtsmittelführerin den vom Gericht vorgenommenen Ausschluss der Erklärung vom 23. Juli 1997 für unverständlich, da Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission auf alle in den Randnrn. 85 und 86 des Urteils genannten Erklärungen verweise und sich in dieselbe Aussage einfüge. Desgleichen macht die Rechtsmittelführerin in Bezug auf die vom Gericht vertretene Ansicht, die Erklärung vom 23. Juli 1997 könne deshalb nicht gemeint sein, weil sie sich nicht auf die Geschäftstätigkeiten von Thyssen Stahl bezogen habe, geltend, dass sich diese Erklärung gerade auf deren Geschäftstätigkeiten bezogen habe. 94      In Bezug auf die im angefochtenen Urteil gegebene Begründung, dass für den Gerichtshof kein Anlass bestanden hätte, sich noch zum zweiten und zum dritten Anschlussrechtsmittelgrund zu äußern, wenn Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission in dem von der Rechtsmittelführerin vorgeschlagenen Sinne auszulegen sei, betont die Rechtsmittelführerin schließlich, dass die Unionsgerichte neben einem Klage- oder Rechtsmittelgrund, der durchgreife, regelmäßig noch weitere Gründe prüften. b)     Würdigung durch den Gerichtshof 95      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission entschieden hat, dass zu den in Randnr. 79 des Urteils genannten außergewöhnlichen Umständen, die von der Kommission geltend gemacht worden waren, der Hinweis genügt, dass die Rechtsmittelführerin nicht der wirtschaftliche Nachfolger von Thyssen Stahl ist, da Thyssen Stahl weiterhin als eigenständige juristische Person bis zum Erlass der streitigen Entscheidung bestand, und dass die Handlungseinheit, die möglicherweise das Verhalten von Thyssen Stahl und der Rechtsmittelführerin nach dem 1. Januar 1995 kennzeichnete, wegen des in Randnr. 82 des Urteils angeführten Grundsatzes, dass eine juristische Person nur für die Handlungen mit einer Sanktion belegt werden kann, die ihr individuell zur Last gelegt worden sind, nicht genügt, um der Rechtsmittelführerin die Handlungen von Thyssen Stahl vor diesem Zeitpunkt zurechnen zu können. Der Gerichtshof hat ergänzt, dass zu den Erklärungen der Rechtsmittelführerin im Verwaltungsverfahren bezüglich der Geschäftstätigkeiten von Thyssen Stahl in den Randnrn. 85 und 86 des Urteils bereits festgestellt worden ist, dass sie es nicht erlauben, der Rechtsmittelführerin die Verantwortung für die Handlungen von Thyssen Stahl vor diesem Zeitpunkt aufzuerlegen. 96      Das Gericht hat in Randnr. 118 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich das Rechtsmittel der Rechtsmittelführerin, das zum Urteil ThyssenKrupp/Kommission geführt habe, nicht auf die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Haftungsübergangs von Thyssen auf die Rechtsmittelführerin bezogen habe. Diese vom Gericht im angefochtenen Urteil getroffene Feststellung ist im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen worden. 97      In den Randnrn. 119 bis 121 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Kommission auf dieses Rechtsmittel hin ein Anschlussrechtsmittel eingelegt habe, mit dem sie u. a. die Verfälschung bestimmter Beweisunterlagen und Rechtsfehler bei der Beurteilung des Übergangs der Verantwortlichkeit geltend gemacht habe. Das Gericht hat erläutert, dass die Parteien darüber stritten, wie die in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission enthaltene Antwort des Gerichtshofs auf diesen Anschlussrechtsmittelgrund auszulegen sei. Diese Auslegung hänge mit der Tragweite des genannten Rechtsmittelgrundes und dem genauen Wortlaut der von der Kommission zu seiner Stützung entwickelten Argumentation zusammen. 98      In Randnr. 122 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Auffassung vertreten, aus den Randnrn. 73 bis 79 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission ergebe sich, dass die Kommission mit dem genannten Anschlussrechtsmittelgrund nicht die Feststellung des Gerichts in Frage habe stellen wollen, dass aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 die Verantwortlichkeit übergegangen sei, sondern lediglich seine anschließende Schlussfolgerung, nach der die genannte Erklärung nicht so habe verstanden werden können, dass die Rechtsmittelführerin damit auch auf ihr Recht verzichtet hätte, zu den Thyssen Stahl vorgeworfenen Handlungen gehört zu werden. 99      In den Randnrn. 126 bis 128 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass der Gerichtshof in den Randnrn. 81 und 82 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission auf die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 keinen Verzicht der Rechtsmittelführerin auf ihr Anhörungsrecht enthalte, hingewiesen und sie bestätigt habe und dass er in den Randnrn. 83 bis 86 des Urteils das Argument der Kommission, das Gericht habe andere Beweismittel im Zusammenhang mit dieser Erklärung außer Acht gelassen und damit verfälscht, geprüft und zurückgewiesen habe. Dem Gericht zufolge kam der Gerichtshof daher in Randnr. 87 des Urteils zu dem Ergebnis, dass das Gericht weder die Erklärung vom 23. Juli 1997 noch andere Beweismittel verfälscht habe. 100    In Randnr. 129 des angefochtenen Urteils hat das Gericht unterstrichen, dass es in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission nur darum gegangen sei, dass der Gerichtshof „ein weiteres Argument der Kommission [prüfte und verwarf], das sich auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände bezog, die nach Ansicht der Kommission darin bestanden, dass [die Rechtsmittelführerin] angeblich die wirtschaftliche Nachfolgerin von Thyssen [Stahl] sei, eine offensichtliche Handlungseinheit zwischen den beiden Wirtschaftsteilnehmern bestanden habe und [die Rechtsmittelführerin] im Verwaltungsverfahren Erklärungen im Namen von Thyssen [Stahl] abgegeben habe“. 101    In den Randnrn. 131 bis 135 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass sich im Licht des Gegenstands des ersten Anschlussrechtsmittelgrundes der Kommission aus einer Lektüre des dritten Satzes von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission ergebe, dass dieser Satz lediglich auf die in den Randnrn. 85 und 86 des Urteils vorgenommene Prüfung anderer von der Rechtsmittelführerin im Verwaltungsverfahren abgegebener Erklärungen zu den Geschäftstätigkeiten von Thyssen Stahl als der Erklärung vom 23. Juli 1997 verweise, nämlich die Stellungnahmen der Rechtsmittelführerin zu den beiden Mitteilungen der Beschwerdepunkte und ihr Schreiben vom 17. Dezember 1996. 102    Aus diesen Erwägungen ist das Gericht in Randnr. 136 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die von der Rechtsmittelführerin vertretene Auslegung von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission auf die Annahme „hinaus[liefe], der Gerichtshof hätte eine Feststellung zur Verletzung des Anhörungsrechts ohne Begründung und durch einen einfachen Verweis in eine Schlussfolgerung hinsichtlich des Haftungsübergangs umgeändert, wovon nicht ausgegangen werden kann“, und hat daher in Randnr. 138 des angefochtenen Urteils den dritten Klagegrund der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen, da er auf einer unzutreffenden Lektüre von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission beruhe. 103    Diese im angefochtenen Urteil enthaltenen Erwägungen sind rechtsfehlerfrei. Erstens hat nämlich das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin im angefochtenen Urteil nicht festgestellt, dass es der Gerichtshof in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission für zulässig gehalten habe, dass ihr die Verantwortung für die von Thyssen Stahl begangenen Zuwiderhandlungen auferlegt werde. Es hat vielmehr in den Randnrn. 118 und 122 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich das Rechtsmittel der Rechtsmittelführerin, das zum Urteil ThyssenKrupp/Kommission geführt habe, nicht auf die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Übergangs der Haftung für das Thyssen Stahl vorgeworfene rechtswidrige Verhalten auf die Rechtsmittelführerin bezogen habe und dass sich Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission auf das Anschlussrechtsmittel der Kommission beziehe, mit dem ein solcher Haftungsübergang ebenfalls nicht in Frage gestellt worden sei. 104    Zweitens ist der Gerichtshof, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission speziell auf das in Randnr. 79 des Urteils dargestellte Vorbringen der Kommission eingegangen. In dieser Randnr. 79 wird aber lediglich das Vorbringen in den Randnrn. 84 bis 87 der Anschlussrechtsmittelschrift zusammengefasst, in denen auf die Randnrn. 60 bis 64 der Anschlussrechtsmittelschrift verwiesen wird. 105    Hierzu lässt sich den Verfahrensakten entnehmen, dass das gesamte Vorbringen der Kommission in den genannten Randnummern der Anschlussrechtsmittelschrift ausschließlich andere von der Rechtsmittelführerin im Verwaltungsverfahren abgegebene Erklärungen als die Erklärung vom 23. Juli 1997 betraf. 106    Demnach haben weder die Kommission noch die Rechtsmittelführerin vor dem Gerichtshof erörtert, ob der Rechtsmittelführerin aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 die Verantwortung für das streitige Verhalten von Thyssen Stahl auferlegt werden könne. Außerdem hat der Gerichtshof in Randnr. 83 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission festgestellt, dass zu prüfen ist, ob es andere Beweismittel als die genannte Erklärung gibt. Der Verweis im letzten Satz von Randnr. 88 des Urteils auf die in den Randnrn. 85 und 86 des Urteils erwähnten Erklärungen bezieht sich damit ausschließlich auf andere Erklärungen der Rechtsmittelführerin als die vom 23. Juli 1997. 107    Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. 2.     Zum ersten Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes, mit dem eine Verkennung der Reichweite des Grundsatzes der Rechtskraft durch das Gericht und eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend gemacht wird a)     Zur Zulässigkeit des Arguments i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 108    Nach Ansicht der Kommission steht die Argumentation der Rechtsmittelführerin im Gegensatz zu ihren Ausführungen im ersten Rechtszug, wo sie geltend gemacht habe, dass der Unionsrichter die Frage der Haftungsübernahme bereits rechtskräftig entschieden habe. Dieses Angriffsmittel sei neu und deshalb im Stadium des Rechtsmittels nicht mehr zulässig. ii)  Würdigung durch den Gerichtshof 109    Aus den Randnrn. 105 bis 109 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht mit dem vierten Klagegrund, den sie zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung vorgebracht hatte, geltend gemacht hatte, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht zum Übergang der Verantwortung für das streitige Verhalten von Thyssen Stahl auf sie selbst habe führen können. 110    Die Rechtsmittelführerin hatte diesen Klagegrund aber eindeutig für den Fall vorgebracht, dass das Gericht die von ihr im Rahmen ihres dritten Klagegrundes vertretene Auslegung von Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission verwerfen sollte und dass weder dieses Urteil noch das Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission insoweit Rechtskraft erlangt haben sollte. 111    In den Randnrn. 139 bis 147 des angefochtenen Urteils hat das Gericht unter Berufung auf die Rechtskraft seiner Feststellung in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, wonach die Kommission wegen der Erklärung vom 23. Juli 1997 ausnahmsweise berechtigt gewesen sei, der Rechtsmittelführerin die Verantwortung für das streitige Verhalten aufzuerlegen, den vierten Klagegrund ohne Prüfung seiner Begründetheit zurückgewiesen. 112    Der Rechtsmittelführerin kann daher nicht verwehrt werden, diese Beurteilung, die das Gericht im angefochtenen Urteil erstmals vorgenommen hat und die die Grundlage für seine Zurückweisung des vierten Klagegrundes zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung bildete, mit ihrem Rechtsmittel in Frage zu stellen. 113    Folglich ist das erste Argument, das zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes angeführt wird, zulässig. b)     Zur Begründetheit i)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 114    Die Rechtsmittelführerin macht erstens geltend, dass das Gericht den Grundsatz der Rechtskraft verkannt habe. Da dieser Grundsatz die gerichtliche Unangreifbarkeit des Streitgegenstands bezeichne, könne sein Umfang nicht weiter reichen als der Streitgegenstand des früheren Verfahrens. Da der Streitgegenstand durch den gestellten Antrag und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt werde, betreffe dieser Grundsatz im Fall der Anfechtung einer behördlichen Entscheidung ausschließlich die angefochtene Entscheidung. Daraus folge, dass der Grundsatz der Rechtskraft einer Klage gegen eine neue Entscheidung nicht entgegenstehen könne, selbst wenn sich die beiden Entscheidungen auf dieselben Tatsachen bezögen. 115    Im vorliegenden Fall beziehe sich somit die Rechtskraft jedenfalls nur auf die ursprüngliche Entscheidung. Die Frage, ob der Rechtsmittelführerin die Haftung für das Verhalten von Thyssen Stahl auferlegt werden könne, habe daher in der streitigen Entscheidung erneut geprüft werden müssen. Hierbei betont die Rechtsmittelführerin, dass sie in den vorhergehenden Gerichtsverfahren nur die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte gerügt habe. Die vom Gericht vertretene Auslegung des Grundsatzes der Rechtskraft würde ihr infolgedessen Klagegründe abschneiden, die sie noch nicht geltend gemacht habe. 116    Außerdem habe sich der Sachverhalt in Bezug auf die angebliche Übertragung der Haftung von Thyssen Stahl auf sie selbst in der Zeit zwischen der ursprünglichen Entscheidung und der streitigen Entscheidung geändert, da sie die Erklärung vom 23. Juli 1997 widerrufen habe. Eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse könne aber, anders als das Gericht in Randnr. 147 des angefochtenen Urteils entschieden habe, niemals von einer Rechtskraftwirkung überlagert werden. 117    Zweitens macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass die vom Gericht vertretene Auslegung des Grundsatzes der Rechtskraft eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte darstelle. Da die ursprüngliche Entscheidung deshalb aufgehoben worden sei, weil ihr in Bezug auf die Auferlegung der Haftung für die Handlungen von Thyssen Stahl kein rechtliches Gehör gewährt worden sei, habe dieses rechtliche Gehör durch das neue Verfahren erstmals gewährt werden sollen. Wenn nun aber ihre Haftung für dieses Verhalten bereits aufgrund der Rechtskraft feststünde, wäre die Durchführung eines neuen Verfahrens ohne jeglichen Sinn und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör somit bedeutungslos. 118    Die Kommission macht geltend, es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass sich die Rechtskraft auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen erstrecke, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand des betreffenden Urteils gewesen seien. Sowohl das gerichtliche Verfahren gegen die ursprüngliche Entscheidung als auch das Verfahren, das zu dem angefochtenen Urteil geführt habe, hätten die Prüfung der Frage erfordert, ob sie auf der Grundlage der Erklärung vom 23. Juli 1997 die Rechtsmittelführerin für die Zuwiderhandlung von Thyssen Stahl zur Verantwortung habe ziehen können. 119    Diese Erklärung sei damit in diesen Verfahren Gegenstand des Rechtsstreits gewesen, und das Gericht habe in den Randnrn. 59 und 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission die Feststellung, dass die fragliche Zurechenbarkeit gegeben sei, getroffen, die im Rechtsmittelverfahren nicht angegriffen und außerdem vom Gerichtshof inhaltlich bestätigt worden sei. Da die Kommission nach Art. 233 EG die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen habe ergreifen müssen, sei sie verpflichtet gewesen, diese Feststellungen zu berücksichtigen. Da zudem der Erlass der streitigen Entscheidung in demselben Verwaltungsverfahren erfolgt sei, das auch zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung geführt habe, könne die Rechtsmittelführerin nicht zu denselben Tatsachen unterschiedliche Behauptungen aufstellen. 120    Die Kommission hebt außerdem hervor, dass die Rechtskraft, falls sie nur gegen eine erneute Anfechtung derselben Entscheidung geltend gemacht werden könnte, allein im Fall einer Bestätigung der Entscheidung im ersten Verfahren Wirkung entfalten würde. Dieser Grundsatz gelte aber auch bei Aufhebung wegen eines Verfahrensfehlers, soweit in diesem Rahmen bereits bestimmte Vorfragen entschieden worden seien. 121    Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erklärte Widerruf der Erklärung vom 23. Juli 1997 sei rechtlich nicht mehr möglich gewesen, da in der Zwischenzeit die streitige Entscheidung erlassen worden sei. Deshalb könne die Haftungsübernahme als Grundlage dieser Entscheidung nicht mehr beseitigt werden. Außerdem widerspreche sich die Rechtsmittelführerin, wenn sie einerseits argumentiere, die Rechtskraft erstrecke sich nur auf die Folgen der vorhergehenden Urteile für die streitige Entscheidung, und andererseits, der Gerichtshof habe in Randnr. 88 des Urteils ThyssenKrupp/Kommission rechtskräftig entschieden, dass sie materiell-rechtlich nicht hafte. 122    Schließlich sei zwar die ursprüngliche Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben worden; für eine wirksame Übernahme der Verantwortlichkeit von Thyssen Stahl habe aber kein rechtliches Gehör gewährt zu werden brauchen, weil die Rechtsmittelführerin selbst und in Kenntnis der Folgen erklärt habe, dass sie die Haftung übernehme. ii)  Würdigung durch den Gerichtshof 123    Der Gerichtshof hat wiederholt zum einen auf die große Bedeutung hingewiesen, die dem Grundsatz der Rechtskraft sowohl in der Unionsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen zukommt (Urteile vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, Slg. 2003, I‑10239, Randnr. 38, vom 16. März 2006, Kapferer, C‑234/04, Slg. 2006, I‑2585, Randnr. 20, und vom 29. Juni 2010, Kommission/Luxemburg, C‑526/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26), und zum anderen betont, dass sich die Rechtskraft lediglich auf diejenigen Tatsachen‑ und Rechtsfragen erstreckt, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren (Urteil Kommission/Luxemburg, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). 124    Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission festgestellt: „Es ist unstreitig, dass die Kommission wegen der Erklärung [der Rechtsmittelführerin] vom 23. Juli 1997 ausnahmsweise berechtigt war, diesem Unternehmen die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten von Thyssen Stahl für die Zeit von Dezember 1993 bis 1. Januar 1995 aufzuerlegen. Eine solche Erklärung, die insbesondere auf wirtschaftlichen Gründen bei Zusammenschlüssen von Unternehmen beruht, führt nämlich dazu, dass die juristische Person, die die Verantwortung für die Geschäftstätigkeiten einer anderen juristischen Person übernommen hat, nach dem Ende der aus diesen Tätigkeiten resultierenden Zuwiderhandlung für diese einstehen muss, obwohl für diese grundsätzlich die natürliche oder juristische Person verantwortlich ist, die das betreffende Unternehmen zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung leitete.“ 125    Das Gericht hat sich somit in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission zur Rechtmäßigkeit des durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 erfolgten Übergangs der Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten geäußert. 126    In den Randnrn. 139 und 140 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass diese Rechtsfrage daher von der Rechtskraft erfasst sei, da sie vom Unionsrichter tatsächlich entschieden worden sei. 127    Wie aus Randnr. 115 des vorliegenden Urteils hervorgeht, argumentiert die Rechtsmittelführerin jedoch, dass sie in den Rechtssachen, in denen die Urteile Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission sowie ThyssenKrupp/Kommission ergangen seien, nur die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte gerügt habe und dass ihr die vom Gericht im angefochtenen Urteil vertretene Auslegung des Grundsatzes der Rechtskraft infolgedessen Klagegründe abschneide, die sie noch nicht geltend gemacht habe. 128    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht selbst in Randnr. 51 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission festgestellt hatte, die Rechtsmittelführerin habe lediglich vorgetragen, dass „ihr Recht auf Anhörung zu den Thyssen Stahl vorgeworfenen Handlungen nicht beachtet worden sei“ und dass sie „sich damit einverstanden erklärt [habe], als Erwerberin die Verantwortung für etwaige Zuwiderhandlungen [von Thyssen Stahl] zu übernehmen“. Im Übrigen hat das Gericht in Randnr. 62 dieses Urteils unterstrichen, dass der Übergang der Verantwortlichkeit von Thyssen Stahl durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 unstreitig sei. 129    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Rechtmäßigkeit des durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 erfolgten Haftungsübergangs nicht Gegenstand des Rechtsstreits war, der zum Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission geführt hat. 130    Angesichts der Argumente, die in jener Rechtssache vor dem Gericht vorgetragen wurden, beschränkte sich dessen Aufgabe nämlich darauf, zu prüfen, ob die Rechtsmittelführerin durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 auf ihr Recht auf Anhörung speziell zum rechtswidrigen Verhalten von Thyssen Stahl verzichtet hatte. 131    Zwar musste das Gericht im Rahmen dieser Prüfung den Inhalt der Erklärung ermitteln und konnte daher feststellen, dass diese den Haftungsübergang bewirken sollte, doch durfte es nicht über die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs befinden, da es sonst möglicherweise ultra petita entschieden hätte. 132    Da die Rechtmäßigkeit des Haftungsübergangs durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 somit nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Gericht war, bildet die Feststellung in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission folglich ein vom Gericht außerhalb des Rahmens des bei ihm anhängigen Rechtsstreits geäußertes obiter dictum, und mit ihr ist daher weder tatsächlich noch notwendigerweise eine Rechtsfrage entschieden worden. Diese Feststellung kann deshalb nicht von der Rechtskraft erfasst sein. 133    Darüber hinaus ist in den Randnrn. 96 und 102 bis 106 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden, dass weder das Rechtsmittel der Rechtsmittelführerin noch das Anschlussrechtsmittel der Kommission, die zum Urteil ThyssenKrupp/Kommission geführt haben, die Frage der Rechtmäßigkeit des durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 erfolgten Haftungsübergangs betrafen. Der Gerichtshof hat diese Rechtsfrage mithin bis jetzt nicht entschieden. 134    Aus diesen Erwägungen ist festzustellen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es in den Randnrn. 139 bis 145 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass seine Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Haftungsübergangs in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission von der Rechtskraft erfasst sei. 135    Nach alledem ist das erste Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes für begründet zu erklären, ohne dass die weiteren Argumente der Rechtsmittelführerin geprüft werden müssten. 136    Ein Rechtsmittel ist jedoch zurückzuweisen, wenn zwar die Gründe eines Urteils des Gerichts eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig darstellt (Urteil vom 13. Juli 2000, Salzgitter/Kommission, C‑210/98 P, Slg. 2000, I‑5843, Randnr. 58). 137    In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gericht mit der Feststellung, dass seine Beurteilung der Rechtmäßigkeit des fraglichen Haftungsübergangs in Randnr. 62 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission von der Rechtskraft erfasst sei, den vierten vor ihm vorgebrachten Klagegrund zurückgewiesen hat, der die Rechtmäßigkeit dieses Haftungsübergangs auf der Grundlage der Erklärung vom 23. Juli 1997 betraf. 138    Unter diesen Umständen ist das zweite Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes zu prüfen, mit dem die Rechtsmittelführerin ihren vor dem Gericht vorgebrachten vierten Klagegrund im Wesentlichen wieder aufgreift. 3.     Zum zweiten Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes und zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, mit denen geltend gemacht wird, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht zu einem Haftungsübergang geführt habe und dass gegen den „Bestimmtheitsgrundsatz“ verstoßen worden sei a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 139    Mit ihrem zweiten Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes trägt die Rechtsmittelführerin vor, sie habe vor dem Gericht geltend gemacht, dass sie nach der Rechtsprechung nicht als Unternehmen, das in die Rechte und Pflichten von Thyssen Stahl eingetreten sei, haftbar gemacht werden könne, da diese noch existiere. Soweit das Gericht ihr diese Haftung aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 auferlegt habe, macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass sie lediglich erklärt habe, sie habe zivilrechtlich für die Verbindlichkeiten von Thyssen Stahl einzustehen, und dass diese Erklärung, selbst wenn sie noch Bestand hätte – was nicht der Fall sei –, nicht erlaube, ihr die bußgeldrechtliche Haftung aufzuerlegen. 140    Die Rechtsmittelführerin stellt klar, dass sie von der Kommission um die Abgabe einer Erklärung gebeten worden sei, ohne darüber informiert zu werden, dass die Kommission diese Erklärung zur Grundlage für eine transferierte Bußgeldhaftung machen wollte. Diese Bitte sei so verstanden worden, dass sie allein die zivilrechtliche Haftung betreffe. Um der Fehlinterpretation der Erklärung durch die Kommission ein Ende zu setzen, habe die Rechtsmittelführerin die Erklärung in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts widerrufen. 141    Jedenfalls könne eine solche von einem Unternehmen abgegebene private Erklärung nicht die Verantwortlichkeit für einen Kartellverstoß übertragen, weil es sich bei der Bußgeldpflicht um eine hoheitliche Sanktion handele, die sich einschließlich der Benennung der mit der Sanktion belegten Person allein aus dem Gesetz ergebe. Nach dem Grundsatz ius publicum privatorum pactis mutari non potest könnten weder die Behörde noch die Unternehmen durch eine Haftungsübertragung von der gesetzlichen Bußgeldpflicht abweichen. 142    Schließlich vertritt die Rechtsmittelführerin im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes die Auffassung, dass das Gericht mit der Feststellung, aus der streitigen Entscheidung gehe hervor, dass die Kommission die Haftung der Rechtsmittelführerin auf die Erklärung vom 23. Juli 1997 gestützt habe, den „Bestimmtheitsgrundsatz“ verletzt habe, da es in der lex lata keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine private Erklärung eines Unternehmens zu einem Übergang der Haftung für die Zahlung einer Geldbuße führen könne, und da auch die Reichweite und die Grenzen eines solchen Übergangs nicht definiert seien. b)     Würdigung durch den Gerichtshof 143    Nach ständiger Rechtsprechung muss grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die das fragliche Unternehmen leitete, als die Zuwiderhandlung begangen wurde, für diese einstehen, auch wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, nicht mehr für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist (Urteile vom 16. November 2000, KNP BT/Kommission, C‑248/98 P, Slg. 2000, I‑9641, Randnr. 71, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693, Randnr. 78, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnr. 37, und SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, Slg. 2000, I‑10101, Randnr. 27). 144    Hinsichtlich der Frage, unter welchen Umständen einer Einrichtung, obwohl sie nicht Urheberin der Zuwiderhandlung ist, dennoch dafür Sanktionen auferlegt werden können, hat der Gerichtshof bereits klargestellt, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn die Einrichtung, die die Zuwiderhandlung begangen hat, rechtlich oder wirtschaftlich nicht mehr besteht, da eine Sanktion gegen ein Unternehmen, das keine wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausübt, unter dem Gesichtspunkt der Abschreckung kaum wirksam wäre (Urteil vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C‑280/06, Slg. 2007, I‑10893, Randnr. 40). 145    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Einrichtung, der das streitige rechtswidrige Verhalten angelastet wurde, zum Tatzeitpunkt zu Thyssen Stahl gehörte und unter deren Kontrolle tätig war. Außerdem ist unstreitig, dass Thyssen Stahl zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung rechtlich weiter bestand und ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten weiter ausübte. Nach der in den Randnrn. 143 und 144 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung war die Kommission somit grundsätzlich verpflichtet, die fragliche Geldbuße gegen Thyssen Stahl zu verhängen. 146    Aus den Verfahrensakten geht hierzu hervor, dass die von der Kommission wegen des fraglichen rechtswidrigen Verhaltens eingeleitete Verfolgung ursprünglich Thyssen Stahl betraf und dass die Kommission auch nach der Übertragung der betreffenden Einrichtung auf die Rechtsmittelführerin weiter Thyssen Stahl wegen des genannten Verhaltens verfolgte. 147    Die Kommission hat erläutert, dass nach der Übertragung der genannten Einrichtung auf die Rechtsmittelführerin sowohl diese als auch Thyssen Stahl sie gedrängt hätten, das Verfahren nur noch gegen die Rechtsmittelführerin zu richten. Sie sei aber der Ansicht gewesen, dass eine Einstellung der Ermittlungen gegen Thyssen Stahl nur in Betracht komme, wenn die Rechtsmittelführerin schriftlich die Verantwortung für die Zuwiderhandlung übernehme. 148    Wie sich bereits aus dem Wortlaut der in Randnr. 15 des vorliegenden Urteils zitierten Erklärung vom 23. Juli 1997 ergibt, gab die Rechtsmittelführerin diese Erklärung in Antwort auf die Bitte zur schriftlichen Übernahme der Verantwortung für das Thyssen Stahl vorgeworfene rechtswidrige Verhalten ab. Diese Erklärung wurde nach ihrem eigenen Wortlaut zum einen in Bezug auf das Verfahren wegen der Verfolgung des in Rede stehenden Kartells und auf die Bitte der Kommission hin abgegeben und betraf zum anderen die Verantwortung der Rechtsmittelführerin für die Verhaltensweisen von Thyssen Stahl infolge der Übertragung des fraglichen Geschäftsbereichs. 149    Angesichts dieses Wortlauts ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, dass sie von der Kommission um die Abgabe einer Erklärung gebeten worden sei, ohne darüber informiert zu werden, dass die Kommission diese Erklärung zur Grundlage für eine transferierte Bußgeldhaftung machen wollte, weshalb diese Bitte so verstanden worden sei, dass sie allein die zivilrechtliche Haftung betreffe. Die Rechtsmittelführerin hatte nämlich mit dieser Erklärung ausdrücklich bestätigt, dass sie als Unternehmen, das die vom Kartell erfassten wirtschaftlichen Tätigkeiten fortführe, die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten im Hinblick auf die Geldbuße übernehmen wollte, die die Kommission im Rahmen der wegen dieses Kartells eingeleiteten Verfolgung verhängen konnte. 150    Unter diesen Umständen war die Rechtsfolge der von der Rechtsmittelführerin mit Erklärung vom 23. Juli 1997 bewirkten Haftungsübernahme entgegen ihrem eigenen Vorbringen völlig eindeutig und vorhersehbar für sie. 151    Darüber hinaus geht aus den Verfahrensakten zum einen hervor, dass sich die Kommission auf diese Erklärung gestützt hat, um gegen die Rechtsmittelführerin die Geldbuße zu verhängen, mit der grundsätzlich Thyssen Stahl belegt werden konnte, und zum anderen, dass die Rechtsmittelführerin weder mit ihrer Klage gegen die ursprüngliche Entscheidung dieses rechtliche Vorgehen der Kommission angegriffen hat noch mit ihrem Rechtsmittel gegen das Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission die Feststellung des Gerichts in Randnr. 62 dieses Urteils in Frage gestellt hat, dass die Kommission wegen dieser Erklärung ausnahmsweise berechtigt gewesen sei, ihr die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten von Thyssen Stahl aufzuerlegen. 152    Wie von der Kommission vorgetragen, hat nämlich die Rechtsmittelführerin eindeutig erstmals in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in dem Verfahren, das zur streitigen Entscheidung geführt hat, und damit in einem Stadium, in dem die Verfolgung des rechtswidrigen Verhaltens von Thyssen Stahl dieser gegenüber verjährt war, geltend gemacht, dass sie durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht die Verantwortung für dieses Verhalten übernommen habe. Darüber hinaus hat die Rechtsmittelführerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht in dem Verfahren, das zum angefochtenen Urteil geführt hat, erklärt, dass sie die Erklärung widerrufe. 153    Unter diesen besonderen und spezifischen Umständen des vorliegenden Falles – erstens die Übertragung der zu Thyssen Stahl gehörenden Einrichtung, die auf dem Markt für nichtrostende Flachstahlerzeugnisse tätig war, auf die Rechtsmittelführerin, zweitens die Erklärung vom 23. Juli 1997, mit der die Rechtsmittelführerin der Kommission ausdrücklich bestätigte, dass sie als Käuferin der genannten Einrichtung die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten im Hinblick auf die Geldbuße übernehmen wolle, die die Kommission verhängen konnte, und drittens der Umstand, dass die Rechtsmittelführerin trotz mehrfacher Gelegenheit keine Einwände gegen die Auslegung dieser Erklärung durch die Kommission erhob, bevor die Verfolgung des rechtswidrigen Verhaltens gegenüber Thyssen Stahl verjährt war – konnte die Kommission der Rechtsmittelführerin die Verantwortung für das Thyssen Stahl vorgeworfene Verhalten auferlegen und die fragliche Geldbuße gegen sie verhängen. 154    Im Übrigen ist festzustellen, dass der Widerruf der Erklärung vom 23. Juli 1997 entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin im Stadium der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht nicht mehr möglich war. Der Inhalt dieser Erklärung, die der Kommission ermöglichen sollte, die Geldbuße gegen die Rechtsmittelführerin statt gegen Thyssen Stahl zu verhängen, schloss aus, dass eine solche Möglichkeit zu einem Zeitpunkt bestand, zu dem die Kommission auf der Grundlage dieser Erklärung durch den Erlass der streitigen Entscheidung tatsächlich eine Geldbuße gegen die Rechtsmittelführerin festgesetzt hatte. 155    In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass der Umstand, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 anschließend nicht mehr widerrufen werden konnte, die Rechtsmittelführerin nicht daran hindert, im Rechtsweg vor den Unionsgerichten die Auslegung des Inhalts der Erklärung, wie er aus den Randnrn. 64 bis 66 des Urteils Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission hervorgeht, oder das ausdrückliche oder stillschweigende Eingeständnis tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte während des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission anzugreifen, da dieses Eingeständnis nicht die Ausübung des Rechts natürlicher und juristischer Personen aus Art. 230 Abs. 4 EG, beim Gericht Klage zu erheben, an sich einschränken kann (Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 90). 156    Nach alledem sind das zweite Argument zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes, mit dem die Rechtsmittelführerin ihren vor dem Gericht vorgebrachten vierten Klagegrund im Wesentlichen wieder aufgreift, und der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. 157    Unter diesen Umständen bleibt der in Randnr. 134 des vorliegenden Urteils festgestellte Rechtsfehler des Gerichts ohne Folgen für die Prüfung des vorliegenden Rechtsmittels, da zwar die Gründe des angefochtenen Urteils eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, die Urteilsformel aber aus anderen Rechtsgründen richtig ist, so dass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist (vgl. in diesem Urteil Salzgitter/Kommission, Randnr. 58). C –  Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Verjährungsvorschriften 1.     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 158    Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe durch die Zurückweisung ihres siebten Klagegrundes in den Randnrn. 193 bis 214 des angefochtenen Urteils Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung Nr. 715/78/EGKS der Kommission vom 6. April 1978 über die Verfolgungs‑ und Vollstreckungsverjährung im Geltungsbereich des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (ABl. L 94, S. 22) verletzt. 159    Da diese Bestimmung den Eintritt der Verjährung fünf Jahre nach Beendigung der Zuwiderhandlung vorsehe und die in Rede stehende Zuwiderhandlung am 31. Dezember 1994 mit der Übertragung des Geschäftsbereichs der Thyssen Stahl auf die Rechtsmittelführerin geendet habe, sei die Zuwiderhandlung 1999 verjährt. Wenn der Zeitpunkt der Beendigung auf den Zeitpunkt festgelegt würde, zu dem die anderen Teilnehmer die Zuwiderhandlung beendet hätten, nämlich 1998, wäre die Verjährung 2003 eingetreten. Dasselbe gälte bei Anwendung des Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 oder der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs‑ und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs‑ und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1). 160    Gegenüber Thyssen Stahl sei keine die Verjährung unterbrechende Handlung nach Art. 2 der Entscheidung Nr. 715/78 vorgenommen worden. Es sei auch nicht zu einem Ruhen der Verjährung nach Art. 3 dieser Entscheidung gekommen, da Thyssen Stahl gegen die ursprüngliche Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt habe und die von der Rechtsmittelführerin erhobene Klage gegenüber Thyssen Stahl nicht zum Ruhen der Verjährung geführt habe, weil das Ruhen nur inter partes wirke. 161    Soweit das Gericht befunden habe, dass hinsichtlich des Ruhens der Verjährung auf die Rechtsmittelführerin abzustellen sei, da sie wegen der Erklärung vom 23. Juli 1997 so anzusehen sei, als habe sie die fragliche Zuwiderhandlung selbst begangen, weist die Rechtsmittelführerin darauf hin, dass die Haftung, die ihr auferlegt worden sei, keine Haftung sei, die ein Unternehmen treffe, das auf ein anderes Unternehmen nachfolge, sondern allenfalls eine ersatzweise Haftung. Demgegenüber sei die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung eine separate Zuwiderhandlung, für die die Haftung anschließend auf die Rechtsmittelführerin übergegangen sei. 162    Das Gericht selbst habe festgestellt, dass die Übernahme der Haftung von Thyssen Stahl durch die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht erlaube, die beiden von der Rechtsmittelführerin und Thyssen Stahl begangenen Zuwiderhandlungen als eine einzige anzusehen. Folglich könnten die beiden Zuwiderhandlungen auch im Hinblick auf die Verjährung nicht als eine einzige angesehen werden, deren rechtliches Schicksal sich nur noch nach den Verfahrenshandlungen der Rechtsmittelführerin richte. 163    Auch der Verweis des Gerichts auf das Urteil vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission (C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065), gehe fehl, da der Gerichtshof in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, über die Möglichkeit zu entscheiden gehabt habe, zwei Unternehmen aufgrund des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen ihnen eine gesamtschuldnerische Geldbuße aufzuerlegen. Zwischen diesem Sachverhalt und dem Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache, bei dem es um die Auferlegung der Verantwortung allein aufgrund der Erklärung vom 23. Juli 1997 gehe, bestehe jedoch keinerlei Ähnlichkeit. 164    Selbst wenn aber die Rechtsmittelführerin so angesehen werden könnte, als habe sie die fragliche Zuwiderhandlung selbst begangen, hätte dies keine Auswirkung auf die Verjährung. Aus der Rechtsprechung folge, dass im Kartellrecht der Haftungsübergang bedeute, dass einer Person die Verantwortung für das wettbewerbswidrige Verhalten einer anderen Person auferlegt werde. Die Rechtsmittelführerin schließt daraus, dass selbst bei einer Übertragung der Bußgeldpflicht das rechtliche Schicksal dieser Fremdhaftung weiterhin an das verfahrensrechtliche Verhalten des ursprünglich Zuwiderhandelnden anknüpfe. 165    Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, dass aufgrund dieses Umstands Tatbestände, die in der Person des ursprünglich Handelnden verwirklicht worden seien und dessen Verantwortlichkeit beseitigten oder mitigierten, wie beispielsweise Leniency-Anträge, denjenigen, auf den die Haftung übergegangen sei, bänden und ihm gegenüber Wirkungen entfalteten. Ebenso könne in dem Fall, dass die vom ursprünglich Handelnden begangene Zuwiderhandlung diesem gegenüber verjährt sei, diese Rechtsfolge nicht durch eine Übertragung der Haftung auf einen Dritten umgangen werden. 2.     Würdigung durch den Gerichtshof 166    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts sowohl nach Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung Nr. 715/78 als auch nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 einer Verjährungsfrist von fünf Jahren unterliegt, die nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 715/78 und Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 mit dem Tag beginnt, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist oder beendet ist und die nach den Art. 2 und 3 der Entscheidung Nr. 715/98 sowie Art. 25 Abs. 3 bis 6 der Verordnung Nr. 1/2003 unterbrochen werden und ruhen kann. 167    Zum anderen ist festzustellen, dass in der streitigen Entscheidung eine Geldbuße nur gegen die Rechtsmittelführerin festgesetzt worden ist. Nur in Bezug auf diese ist daher die Verjährung zu prüfen. 168    Zwar ist die Feststellung der Rechtsmittelführerin zutreffend, dass einige Handlungen von Thyssen Stahl ihr gegenüber weiterhin Wirkung entfalten könnten und dass eine gegenüber diesem Unternehmen eingetretene Verjährung nicht durch eine Übertragung der Haftung umgangen werden könne, doch folgt daraus nicht, dass die Verjährung in Bezug auf das genannte Unternehmen zu prüfen ist. 169    Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass das Gericht bezüglich der Verjährung auf Thyssen Stahl hätte abstellen müssen, ist demnach zurückzuweisen. 170    Da die Rechtsmittelführerin nicht bestreitet, dass die Kommission die ursprüngliche Entscheidung ihr gegenüber innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren erlassen hat, und da sie zu angeblichen Fehlern des Gerichts bei der Beurteilung der Zeitspannen der Unterbrechung und des Ruhens der Verjährung ihr gegenüber keine Argumente angeführt hat, ist folglich der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. D –  Zum fünften Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Bemessung der Geldbuße 1.     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 171    Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe durch seine Zurückweisung des zehnten Klagegrundes in den Randnrn. 295 bis 315 des angefochtenen Urteils die Mitteilung über Zusammenarbeit verletzt. Ihr hätte wegen ihrer vollumfänglichen Zusammenarbeit in dem Verfahren eine weiter gehende Bußgeldermäßigung eingeräumt werden müssen, die über die 20 % hinausgehe, die ihr nach Abschnitt D der Mitteilung für ihre Zusammenarbeit im Rahmen des Verfahrens, das zum Erlass der ursprünglichen Entscheidung geführt habe, gewährt worden seien. Sie betont in dieser Hinsicht, dass sie den Sachverhalt und den Verstoß gegen Art. 65 § 1 EGKS eingeräumt habe. 172    Keine der Erwägungen, die das Gericht zu dem Schluss geführt hätten, dass das Verhalten der Rechtsmittelführerin nicht Ausdruck einer echten Zusammenarbeit sei, könne diese Einschätzung entkräften. 173    In Bezug auf das Argument, dass sich das Nichtbestreiten des Sachverhalts nicht auf den Zeitraum 1993/1994 bezogen habe und ohne jeden Nutzen gewesen sei, da die Rechtsmittelführerin ihre Verantwortung für die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung nicht anerkannt habe, weist die Rechtsmittelführerin zum einen darauf hin, dass sie vor dem Gericht vorgetragen habe, dass sich ihr Nichtbestreiten auf diesen Zeitraum beziehe. Zum anderen macht sie geltend, der Nachweis der fraglichen Zuwiderhandlung habe im Zweitverfahren neu geführt werden müssen und dieses Nichtbestreiten habe daher der Kommission den Tatnachweis erleichtert. 174    In Bezug auf die Erwägung, die Rechtsmittelführerin habe die Befugnis der Kommission bestritten, nach dem 23. Juli 2002 noch eine Sanktion gemäß Art. 65 § 1 KS zu verhängen, betont die Rechtsmittelführerin, dass diese Frage nicht den Nachweis der Tat betreffe, sondern eine rechtliche Bewertung und somit eine Rechtsfrage. Da die Kommission aber auf jeden Fall den feststehenden Sachverhalt rechtlich richtig zu bewerten habe, könne das Bestreiten oder Nichtbestreiten dieser Bewertung durch die Betroffenen weder nachteilig sein noch einen Nutzen erbringen. 175    In Bezug auf die Aussage, sie habe erstmals seit der Einleitung des ursprünglichen Verfahrens der Erklärung vom 23. Juli 1997 die Wirksamkeit abgesprochen, weist die Rechtsmittelführerin zum einen darauf hin, dass sie die Existenz der Erklärung nicht bestritten habe, sondern lediglich den Rechtsstandpunkt vertreten habe, dass diese Erklärung es nicht erlaube, ihr die Haftung für die von Thyssen Stahl begangene Zuwiderhandlung aufzuerlegen. Zum anderen macht sie geltend, sie habe vor dem Gericht vorgetragen, dass sie bereits in dem Verfahren, das zur ursprünglichen Entscheidung geführt habe, klargestellt habe, dass diese Erklärung nicht im Sinne einer Übernahme der Bußgeldverpflichtung verstanden werden dürfe. 2.     Würdigung durch den Gerichtshof 176    Nach der Rechtsprechung kann eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit nur gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und das Verhalten des betreffenden Unternehmens als Zeichen einer echten Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 395). 177    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach den Art. 229 EG und 31 der Verordnung Nr. 1/2003 die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann, da es bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung hat. 178    Wenn also das Gericht in den Randnrn. 305 bis 314 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, die Rechtsmittelführerin solle nicht in den Genuss einer zusätzlichen Herabsetzung der Geldbuße über die bereits gewährten 20 % hinaus kommen, hat es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine Tatsachenbeurteilung vorgenommen. Die Kommission macht deshalb zu Recht geltend, dass die Rechtsmittelführerin mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund die Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigungen des Gerichts in Frage stelle. 179    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 225 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs allein das Gericht zuständig ist für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, ist der Gerichtshof gemäß Art. 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt (Urteil vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnr. 51, und Beschluss vom 29. September 2010, EREF/Kommission, C‑74/10 P und C‑75/10 P, Randnr. 41). 180    Der Gerichtshof hat außerdem klargestellt, dass die Tatsachenwürdigung, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage darstellt, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 85, und Beschluss EREF/Kommission, Randnr. 42). 181    Die Rechtsmittelführerin hat aber nichts vorgetragen, was eine Verfälschung der Beweismittel durch das Gericht belegen könnte. 182    Zum Vorbringen, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich das Nichtbestreiten des Sachverhalts nicht auf den Zeitraum 1993/1994 bezogen habe, ist festzustellen, dass aus Randnr. 306 und dem ersten Satz von Randnr. 307 des angefochtenen Urteils hervorgeht, dass das Gericht nicht der Auffassung war, Randnr. 75 der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sich nicht auf diesen Zeitraum erstreckt, sondern, dass diese Randnr. 75 nicht hinreichend konkret und klar sei, um für die Kommission von Nutzen zu sein. 183    Soweit die Rechtsmittelführerin geltend macht, dass sie schon nach der Einleitung des Verfahrens, das zur ursprünglichen Entscheidung geführt habe, darauf hingewiesen habe, dass die Erklärung vom 23. Juli 1997 nicht im Sinne einer Übernahme der Bußgeldverpflichtung verstanden werden dürfe, ist bereits in Randnr. 152 der vorliegenden Urteils festgestellt worden, dass dies nicht der Fall war. 184    Demnach ist der fünfte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. 185    Folglich ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. VII –  Kosten 186    Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 2.      Die ThyssenKrupp Nirosta GmbH trägt die Kosten. Unterschriften * Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022.#Société Air France gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Voraussetzungen für die Gewährung der Immunität – Gleichbehandlung – Begründungspflicht – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-338/17.
62017TJ0338
ECLI:EU:T:2022:180
2022-03-30T00:00:00
Gericht
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